1. Die KdU-Richtlinie des Landkreis Börde auf der Grundlage der Mietwerterhebung mit Stichtag 1. Oktober 2016 in der Fassung der Korrekturberichte aus August 2019 und September 2023 beruht für den streitigen Zeitraum von August bis Dezember 2018 auf einem schlüssigen Konzept. Dabei beschränkt sich die Amtsermittlungspflicht auf eine nachvollziehende Verfahrenskontrolle. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen bedarf es nicht, wenn die Kläger weder gegen das ursprüngliche noch gegen das im Berufungsverfahren nachgebesserte Konzept fundierte Einwände erheben.
2. Die Fortschreibung des Konzepts für Zeiträume ab Januar 2018 nach Maßgabe des Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum von August bis Dezember 2018 in Form weiterer Unterkunftskosten streitig.
Die am ... 1987 geborene Klägerin bezog seit August 2010 Grundsicherungsleistungen vom Beklagten zusammen mit ihrem am ... 2010 geborenen Sohn (dem Kläger zu 2.). Beide bewohnten zusammen zunächst eine Wohnung in der E.-W.-Str. in Oebisfelde. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 11. August 2010 darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung unangemessen hoch seien. Die unangemessenen KdUH würden nur noch bis zum 31. Dezember 2010 übernommen. Dies setzte der Beklagte jedoch erst zum 1. Juli 2011 um.
Die Klägerin teilte am 3. September 2012 mit, dass sie mit ihrem Sohn zum 1. August 2012 in eine neue Wohnung in der L.straße in Oebisfelde umgezogen sei (72,24 m², 3-Raumwohnung, Mietvertrag vom 2. Juli 2012). Im Mietvertrag war eine Vorauszahlung für die Heizkosten i.H.v. 100 €/Monat vorgesehen. Für diese Wohnung fielen im streitigen Zeitraum KdUH i.H.v. 611,11 €/Monat an (Grundmiete 426,11 €/Monat, Betriebs- und Heizkostenabschlag i.H.v. 185 €/Monat einschließlich Warmwasser). Der Beklagte hatte keine Zusicherung zum Umzug erteilt und berücksichtigte weiterhin nur die nach seiner Auffassung angemessenen KdUH.
Die Kläger beantragten am 5. Juli 2018 die Weitergewährung der Leistung ab August 2018. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 11. Juli 2018 vorläufige Leistungen für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2018 i.H.v. 96,69 €/Monat. Mit dem Änderungsbescheid vom 31. Juli 2018 gewährte er vorläufige Leistungen für den Zeitraum von September bis Dezember 2018 i.H.v. 8,75 €. Hinsichtlich des Einkommens ging der Beklagte zunächst von Einnahmen der Klägerin i.H.v. 1.066,93 €/Monat netto aus einer abhängigen Beschäftigung sowie von Kindergeld i.H.v. 194 €/Monat und Unterhaltszahlungen i.H.v. 241 €/Monat aus. Die KdUH berücksichtigte der Beklagte i.H.v. 432,40 €/Monat (Bruttokaltmiete i.H.v. 332,40 €/Monat und Heizkosten i.H.v. 100 €/Monat).
Die Kläger reichten die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2017 beim Beklagten ein. Diese endete mit einer Nachzahlung i.H.v. 138,19 €, die im Juli 2018 fällig war. Zudem erhöhte sich ab August 2018 die Vorauszahlung auf 185 €/Monat.
Am 17. August 2018 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 31. Juli 2018. Die Einkommensbereinigung sei fehlerhaft erfolgt.
Mit dem Bescheid vom 18. September 2018 bewilligte der Beklagte endgültige Leistungen für August 2018 i.H.v. 77,44 €. Er ging dabei von KdUH i.H.v 438 € aus (Bruttokaltmiete i.H.v. 331,80 € und Heizkosten i.H.v. 106,20 €) aus. Zudem machte er mit Bescheid vom gleichen Tag eine Erstattung i.H.v. insgesamt 19,05 € gegenüber den Klägern geltend.
Mit dem Änderungsbescheid vom 18. September 2018 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von September bis Dezember 2018 Leistungen i.H.v. 88,27 €/Monat. Er ging dabei von KdUH i.H.v. 438 € aus (Bruttokaltmiete i.H.v. 331,80 €/Monat und Heizkosten i.H.v. 106,20 €/Monat).
Die Kläger legten Widerspruch gegen die Bescheide vom 18. September 2018 für den Zeitraum von August bis Dezember 2018 ein. Die Berücksichtigung der Fahrtkosten sei nicht zutreffend erfolgt. Zudem seien die Unterkunftskosten nicht in der tatsächlichen Höhe gewährt worden.
Nach Eingang der Verdienstbescheinigungen bewilligte der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2018 endgültige Leistungen für September 2018 i.H.v. 64,60 € und für Oktober 2018 i.H.v. 221,57 €. Die KdUH blieben unverändert. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 11. Januar 2019 bewilligte der Beklagte für Dezember 2018 Leistungen i.H.v. 144,07 €.
Der Beklagte hörte die Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2019 zu einer Überzahlung für November 2018 an. Leistungen seien i.H.v. 77,17 € für die Klägerin und i.H.v. 9,01 € für den Kläger überzahlt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Für den Zeitraum von August bis Dezember 2018 seien die Unterkunftskosten nur bis zu den Maximalwerten für die Kosten der Unterkunft (KdU) und für die Heizkosten zu berücksichtigen gewesen. Die Wohnung sei bereits ab dem Einzug ohne Zusicherung aufgrund der unangemessenen Größe auch unangemessen teuer gewesen. Die Einkommensberechnung sei anhand der eingereichten Verdienstbescheinigungen und mit den zutreffenden Fahrtkosten im Rahmen der Änderungsbescheide korrekt erfolgt. Die notwendigen Aufwendungen der Kläger im Widerspruchsverfahren würden zu 1/3 erstattet.
Mit dem Bescheid vom 7. Februar 2019 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für November 2018 i.H.v. 77,17 € gegenüber der Klägerin und i.H.v. 9,01 € gegenüber dem Kläger auf. Die Kläger seien aufgrund des bezogenen Einkommens überzahlt worden. Die genannten Beträge seien zu erstatten. Mit dem Änderungsbescheid vom gleichen Tag bewilligte der Beklagte für den Monat November 2018 Leistungen i.H.v. insgesamt 2,09 €.
Die Kläger haben am 18. Februar 2019 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Sie haben die Bewilligung höherer KdU geltend gemacht. Die tatsächlichen Kosten seien angemessen und zu berücksichtigen. Die Richtlinie des Beklagten beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Insbesondere sei die Vergleichsraumbildung nicht zutreffend erfolgt. Der Wohnort der Kläger sei verkehrstechnisch nach W. verbunden. Daher seien die Werte der Wohngeldtabelle zzgl. eines Sicherheitszuschlags heranzuziehen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19. November 2019 eine Nachbesserung infolge der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgelegt (Korrektur des Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016 sowie 2018 (Fortschreibung) vom August 2019). Danach sei die Wohnung der Kläger dem Vergleichsraum Haldensleben zuzuordnen. Aufgrund der nunmehr maßgeblichen Richtwerte für die KdU (hier: 340,80 €/Monat) ergebe sich eine Nachzahlung i.H.v. 9 €/Monat. Diese Nachzahlung hat der Beklagte anerkannt. Die Kläger haben das Teilanerkenntnis angenommen.
Sie haben sich im Weiteren gegen die Vergleichsraumbildung gewandt. Ihr Wohnort sei nicht dem Vergleichsraum Haldensleben zuzuordnen. Dieser sei räumlich zu groß. Die einzelnen Gemeinden wiesen ein stark schwankendes Mietniveau auf. Dies gelte insbesondere für Oebisfelde und sei auf die räumliche Nähe zu Wolfsburg zurückzuführen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16. August 2023 abgewiesen. Die Kläger hätten ihr Begehren zulässigerweise auf die KdUH beschränkt. Der Beklagte habe die maximal angemessenen Heizkosten i.H.v. 106,40 €/Monat nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel zugrundegelegt. Die Übernahme der tatsächlichen Heizkosten i.H.v. 122,50 €/Monat komme nicht in Betracht. Auch die Begrenzung auf die angemessenen KdU i.H.v. 340,80 € sei nicht zu beanstanden. Es bleibe bei der Kostenübernahme im Widerspruchsbescheid.
Der Beklagte habe die Kläger bereits im August 2010 in Bezug auf die vorherige Wohnung ordnungsgemäß zur Kostensenkung aufgefordert. Die Kläger seien im Nachgang in die noch teurere Wohnung umgezogen. Auf die Erforderlichkeit des Umzugs komme es daher nicht an.
Die Unterkunftskostenrichtlinie des Beklagten beruhe auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Insoweit könne auf das Urteil des erkennenden Senats vom 15. April 2021 (L 5 AS 593/19 ZVW) verwiesen werden. Auch hinsichtlich des Konzepts 2016 in der Fassung der Nachbesserung seien keine durchgreifenden Beanstandungen vorgetragen worden. Zurecht sei der Beklagte von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 m² ausgegangen. Die Wohnung der Kläger liege im Vergleichsraum Haldensleben Es ergebe sich ein angemessener Wert i.H.v. 340,80 €/Monat, den der Beklagte bereits im Rahmen des Teilanerkenntnisses berücksichtigt habe.
Ein Fall vorübergehender oder dauerhafter Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung könne nicht festgestellt werden. Nachweise zu erfolglosen Suchaktivitäten habe die Klägerin nicht beigebracht. Ein Wohnungswechsel wäre auch nicht unwirtschaftlich gewesen, da die Bruttowarmmiete die Gesamtangemessenheitsgrenze überstiegen habe.
Gegen das ihnen am 25. August 2023 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25. September 2023 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.
Der Beklagte hat eine Korrektur des Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Landkreis Börde 2016 (Korrekturbericht vom September 2023) und einen Bericht vom 1. September 2023 über die Fortschreibung 2018 des Konzeptes zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft 2016 in der Korrekturfassung vom August 2023 vorgelegt. Danach sei eine Gewichtung der erhobenen Daten nach Vermietertypen erfolgt. Hieraus ergebe sich für den streitigen Zeitraum und den Wohnort der Kläger eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 349,20 €. Den Differenzbetrag hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2025 anerkannt. Die Kläger haben das Teilanerkenntnis angenommen.
Sie haben darauf verwiesen, dass trotz der Nachbesserungen weiterhin kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG vorliege. Die Vergleichsraumbildung sei weiterhin zu beanstanden. Auf Grundlage der bisherigen Annahmen des Beklagten könne kein angemessener Wert ermittelt werden.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. August 2023 aufzuheben, die Bescheide vom 18. September 2018, den Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2018 und den Änderungsbescheid vom 11. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2019 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 7. Februar 2019 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2018 bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil in der Fassung der angenommenen Teilanerkenntnisse für zutreffend. Ein Anspruch auf höhere KdUH bestehe nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1.
Die Berufung der Kläger ist statthaft nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da sie die Übernahme weiterer KdUH i.H.v. 164,11 €/Monat für 5 Monate (insgesamt 820,55 €) geltend machen. Für die Wohnung der Kläger fielen Kosten i.H.v. 611,11 €/Monat an, wovon der Beklagte im Verfahren vor dem SG 447 €/Monat (KdU 340,80 €/Monat, Heizkosten 106,20 €/Monat) berücksichtigt hatte. Damit wird der Beschwerdewert i.H.v. 750 € überschritten. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
2.
Streitgegenständlich sind die Bescheide des Beklagten vom 18. September 2018, der Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2018 und der Änderungsbescheid vom 11. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2019 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 7. Februar 2019.
Die Kläger haben Widersprüche gegen den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 18. September 2018 für August 2018 und den Änderungsbescheid vom 31. Juli 2018 für den Zeitraum von September bis Dezember 2018 erhoben. Der Änderungsbescheid vom 18. September 2018 für den Zeitraum von September bis Dezember 2018, der Änderungsbescheid vom 29. Oktober 2018 für September und Oktober 2018, der Änderungsbescheid vom 11. Januar 2019 für Dezember 2018 und der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 7. Februar 2019 für November 2018 sind Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 SGG geworden.
Die Änderungsbescheide vom 11. und 31. Juli 2018, mit denen vorläufige Leistungen bewilligt worden waren, haben sich durch die nachfolgenden endgültigen Festsetzungen nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auf sonstige Weise erledigt (BSG, Urteil vom 5. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, juris, Rn. 15).
II.
Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Sie haben keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer KdUH für den Zeitraum von August bis Dezember 2018 über die angenommenen Teilanerkenntnisse hinaus.
1.
Die Kläger haben den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG) beantragt. Ein solches Grundurteil ist auch hinsichtlich der zwischen den Beteiligten allein strittigen Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft zulässig. Voraussetzung ist in Abgrenzung zu einer unzulässigen Elementenfeststellungsklage eine so umfassende Aufklärung zu Grund und Höhe des Anspruchs, dass mit Wahrscheinlichkeit von einer höheren Leistung ausgegangen werden kann, wenn der Begründung der Klage gefolgt wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris, Rn. 12; Urteil, vom 21. Juli 2021, B 14 AS 31/20 R, juris, Rn. 17). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, weil der Beklagte den Klägern Leistungen bewilligt hat und die Kläger Anspruch auf höhere Leistungen bzw. Reduzierung der Erstattungen haben, wenn ihrem Vorbringen zur Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für die KdU gefolgt wird.
Insbesondere waren Kläger Berechtigte i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II. Die Klägerin hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a SGB II noch nicht erreicht, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Der Kläger gehörte nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger verfügten über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen.
2.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der Bruttokaltmiete in tatsächlicher Höhe.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben sie Anspruch auf Leistungen für die KdU und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Dabei ist die Prüfung der Bedarfe für Unterkunft und der für die Heizung grundsätzlich getrennt vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der ab 1. Oktober 2016 eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II (dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris).
Bei der Prüfung der Angemessenheit der KdU sind in einem ersten Schritt die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete festzulegen. Dabei muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete („Referenzmiete“) ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris, Rn. 13). Der Quadratmeterpreis sowie die angemessene Wohnungsgröße ergeben die angemessene Miete. In einem zweiten Schritt ist die konkrete (=subjektive) Angemessenheit im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob die Leistungsberechtigten eine abstrakt angemessene Wohnung hätten anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris, Rn. 23).
a.
Die für eine Absenkung der KdU vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung ist erfolgt. Bereits unter dem 11. August 2010 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass die KdUH unangemessen hoch seien. Sie sind aufgefordert worden, die Unterkunftskosten bis zum 31. Dezember 2010 zu senken bzw. Senkungsbemühungen vorzulegen. Die Kläger konnten mit dem Beklagten in einen Dialog über die für sie angemessenen KdUH eintreten. Die Kostensenkung setzte der Beklagte zum Juli 2011 um.
Die Kostensenkungsaufforderung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Notwendig war nur die Benennung des - seinerzeit - aus Sicht des Beklagten für angemessen gehaltenen Höchstmietpreises (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, juris, Rn. 15). Es ist also an dieser Stelle nicht erheblich, ob der genannte Höchstpreis nach einem seinerzeit schlüssigen Konzept ermittelt wurde.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Kläger zum 1. August 2012 in eine andere Wohnung umgezogen sind. Die Kosten der Wohnung in der L.straße 20 waren noch erheblich höher. Der Beklagte berief sich nicht auf die Begrenzung der KdUH auf die Wert der bisherigen Wohnung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II, sondern gewährte vielmehr weiterhin die nach seiner Meinung angemessenen Höchstbeträge. Über diese sind die Kläger fortlaufend informiert worden.
b.
Die im August 2019 und September 2023 erfolgten Korrekturen des Konzepts für die Zeit ab Januar 2016 (bzw. die Fortschreibung ab Januar 2018) stellen kein unzulässiges Nachschieben von Gründen für die Gewährung der reduzierten Miete dar. Vielmehr hat der Beklagte die seinerzeit gewonnenen Erkenntnisse lediglich anders bewertet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, juris, Rn. 28; Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R, juris, Rn. 33). Eine in unzulässiger Weise beeinträchtigte Rechtsverteidigung der Kläger ist darin ebenfalls nicht zu sehen. Sie hatten Gelegenheit, sich in dem Klage- und Berufungsverfahren zu den neuen Werten zu äußern.
c.
Die vom Beklagten zuletzt angenommenen Angemessenheitswerte für die KdU beruhen auf einem schlüssigen Konzept.
aa.
Bei der Bestimmung der angemessenen KdU hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt abgestellt. Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen im Land Sachsen-Anhalt zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, juris, Rn. 37 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R, juris, Rn. 21). Anhaltspunkte für eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
bb.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Allerdings ist die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris, Rn. 26; Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, juris, Rn. 22; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 34). Die Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Eine ins Einzelne gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen - wie etwa Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der erhobenen Daten - verlangt, dass fundierte Einwände erhoben werden. Diese müssen insbesondere über ein bloßes Bestreiten der Stimmigkeit der Daten hinausgehen, oder aber auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben hindeuten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris, Rn. 30; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 34; bestätigt im Beschluss vom 4. Januar 2022, B 4/14 AS 187/21 B, juris, Rn. 6).
(1.)
Die Bestimmung der Vergleichsräume in dem Korrekturbericht vom August 2019 ist für den Senat nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Senat zunächst auf die Ausführungen im Urteil vom 15. April 2021 (L 5 AS 393/19 ZVW, juris). Demnach umfasst der Vergleichsraum Haldensleben in nicht zu beanstandender Weise auch den Wohnort der Kläger.
Soweit diese eingewendet haben, Oebisfelde sei aufgrund der räumlichen Nähe zur Stadt Wolfsburg gesondert zu betrachten, folgt dem der Senat nicht. Eine Vergleichsraumbildung über den Zuständigkeitsbereich des Beklagten hinweg war nicht vorzunehmen (BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 22). Das Mietpreisniveau muss zudem kein Kriterium für den Vergleichsraum sein. Gerade die Überlegung der Zusammenfassung von Regionen mit ähnlichem Mietpreisniveau lag der im ursprünglichen Konzept angewendeten „Clusteranalyse“ zugrunde. Der Beklagte hatte dafür Orte im gesamten Landkreis mit ähnlichem Mietpreisniveau zusammengefasst. Das BSG hat jedoch eine solche weitere Aufteilung von Städten und Gemeinden innerhalb eines Vergleichsraums für unzulässig gehalten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris, Rn. 35 „Flickenteppich“).
Der Beklagte war auch nicht gehalten, für Oebisfelde einen eigenen Vergleichsraum auszuweisen. Vielmehr hat er sich an objektiven Kriterien orientiert (Urteil vom 15. April 2021, L 5 AS 393/19 ZVW, juris, Rn. 40 ff.). Die Frage des Mietpreisniveaus innerhalb eines Vergleichsraums musste dabei bei der Bestimmung abstrakter Werte nicht als hauptsächliches oder zwingendes Kriterium berücksichtigt werden (vgl. zur vergleichbaren Fragestellung im Vergleichsraum W.: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. August 2022, L 5 AS 339/21, juris, Rn. 50 ff.).
Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass Oebisfelde ein besonders hohes Mietpreisniveau aufgewiesen hätte. So war die Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen im ursprünglichen Konzept dem Wohnungsmarkttyp II zugewiesen worden. Für diesen war für einen Zweipersonenhaushalt der niedrigste Wert für die Bruttokaltmiete im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ermittelt worden.
(2.)
Die Mietwerterhebung mit Stichtag 1. Oktober 2016 in der Auswertung der Korrekturberichte 2019 und 2023 beruhen für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen Konzept. Der Beklagte hat im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete gewählt. Die dafür erforderlichen methodischen Voraussetzungen sind erfüllt und nachvollziehbar (vgl. zu den Anforderungen im einzelnen etwa BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 19).
Das Konzept des Beklagten ist als Verwaltungsgutachten und somit als Urkundenbeweis eine geeignete Entscheidungsgrundlage für seine Richtlinie. Denn es erscheint überzeugend und ist im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig infrage gestellt worden (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 24). Der Beklagte hat die Beanstandungen des ursprünglichen Konzepts durch die Nachbesserungen in den Jahren 2019 und 2023 ausgeräumt. Dies ermöglicht dem erkennenden Senat die Überzeugung von dessen Schlüssigkeit. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind nachvollziehbar. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Datenerhebungen und -auswertungen „unschlüssig“, also willkürlich oder widersprüchlich wären oder auf fehlerhaften Prämissen beruhten. Ein Verstoß gegen die vom BSG geforderten verallgemeinerungsfähigen und entwicklungsoffenen Grundsätze ist nicht erkennbar.
(aa.)
Den Gegenstand der Beobachtung hat die Firma A. und K. (A&K) im Einzelnen nachvollziehbar definiert. Es wurden zur Ermittlung der Angemessenheitsbestimmung die Mieten der einzelnen Vergleichsräume im Landkreis Börde zugrunde gelegt (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, juris, Rn. 21). Dabei flossen die Bestandsmieten in der Zeit von September bis Dezember 2016 (Korrekturbericht September 2023, Seite 29), ferner die im Zeitraum vom Juli bis Dezember 2016 veröffentlichten Angebotsmieten (Korrekturbericht September 2023, Seite 32) sowie die im Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis 1. Oktober 2016 ermittelten Neuvertragsmieten (Korrekturbericht September 2023, Seite 31) in die Beurteilung ein. Die Metadaten wurden unabhängig vom Erhebungsdatum in Einklang mit den „Hinweisen zur Erstellung von Mietspiegeln“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Seite 12) jeweils zum Stichtag 1. Oktober 2016 erhoben (Korrekturbericht September 2023, Seite 29).
(bb.)
Die Art und Weise der Datenerhebung in den drei Vergleichsräumen ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt nicht auf Bedenken.
Die Mietwerterhebung für den Landkreis Börde 2016 basierte auf einer umfangreichen Vermieterbefragung. Zunächst wurden die größeren Vermieter und Wohnungsverwalter angeschrieben. Um einen umfassenden Überblick über das Mietniveau zu erhalten, wurden auch kleinere Vermieter in der Erhebung berücksichtigt. Hierfür wurden die Adressdaten der Abfallwirtschaft des Landkreises Börde zur Verfügung gestellt. Nach Abgleich der Daten mit den größeren Vermietern wurden 2.500 private Vermieter zufällig ausgewählt und angeschrieben (Korrekturbericht September 2023, Seite 28).
Es wurden dabei u.a. folgende Daten erhoben: Mietvertragsbeginn, letzte Mietänderung, Wohnungfläche, Netto-Kaltmiete, kalte Betriebskosten (Vorauszahlungsbetrag), kalte Betriebskosten mit Wasserkosten.
Ein SGB II-Datensatz ist im Korrekturbericht September 2023 unberücksichtigt geblieben (Seite 28 f., Wegfall der Erhebung Stufe 3).
Für die Erhebung der Angebotsmieten wurden folgende Quellen ausgewertet: Immoscout 24, Immonet, Immowelt (jeweils Internet-Immoblien-Suchportale), örtliche Tagespresse und Anzeigenblätter (Korrekturbericht September 2023, Seite 32).
Um die Angebotsmieten zu verifizieren, d.h. um das aktuelle Mietniveau zu beurteilen, wurden die Bestandmieten zusätzlich danach ausgewertet, welche Mieten bis elf Monaten vor dem Erhebungsstichtag (1. Oktober 2015 bis 1. Oktober 2016) als Neuvertragsmieten realisiert wurden (Korrekturbericht September 2023, Seite 31). Die Neuvertragsmieten sind mithin eine Teilmenge der erhobenen Bestandsmieten.
(cc.)
Die Datenerhebung ist valide. Die Validität ist ein Kriterium für die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung und deren Ergebnissen. Diesen Anforderungen wird die Datenerhebung gerecht. Der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten für den hier maßgeblichen Vergleichsraum Haldensleben liegt eine Datenerhebung zugrunde, die in diesem Vergleichsraum stattgefunden und die sich über den gesamten Vergleichsraum erstreckt hat.
Dass die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt wurde, ist nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris, Rn. 31; Beschluss vom 2. April 2014, B 4 AS 17/14 B, juris, Rn. 6).
Dabei blieb Wohnraum, der keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten gibt, unberücksichtigt. So wurden keine Wohnungen mit Substandard (ohne Bad und Sammelheizung) einbezogen. Nicht berücksichtigt wurden ferner Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerbliche oder teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), mietpreisreduzierte Wohnungen sowie Wohnungen zu Freundschaftsmieten und auch möblierte Wohnungen. Dieses Vorgehen der Selektion ist nicht zu beanstanden. Die Beschreibungen im Fragenkatalog waren insoweit eindeutig.
(dd.)
Der Umfang der erhobenen Daten ist auch hinreichend repräsentativ.
Der Senat hat zunächst keine Zweifel an der vollständigen Erfassung der statistischen Werte. Insgesamt ist im Landkreis Börde von einem Mietwohnungsbestand von 36.032 (bereits ohne Wohnheime) auszugehen. Hiervon in Abzug zu bringen sind die mietfreien Wohnungen und die bereits o.g. nicht den Mietmarkt beeinflussenden Wohnungen.
Es wurden insgesamt 8.035 Daten erhoben. Nach Abzug nicht relevanter Wohnungen konnten 7.428 Mieten verwendet werden. Nach der Extremwertkappung verblieben 7.063 Mietwerte für die weitere Auswertung. Diese Werte waren ausreichend, um eine repräsentative Datengrundlage zu schaffen. Sie lagen über dem Wert von 10 % des Gesamtbestands, der nach der Rechtsprechung des BSG nicht zwingend erreicht werden muss (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 21). Nach den Hinweisen des BBSR im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (3. Aufl. 2020, Seite 26) ist eine Stichprobengröße einschließlich einer Sicherheitsreserve von 3.000 bis 5.000 (bei Tabellenmietspiegeln mit 40 Feldern sollten 30 Daten in jedem Feld erhoben sein, mithin 1.200 Datensätze) bzw. von 500 Daten bzw. bis zu 1 % des relevanten Wohnungsbestands (bei Regressionsmietspiegeln) ausreichend, um einen Mietwohnungsmarkt abzubilden. Dies ist hier unproblematisch erfüllt.
Soweit auch Mieten, die älter als vier Jahre sind, verwendet wurden, ist dies nicht zu beanstanden. Die Heranziehung von älteren Bestandsmieten dient auch der Vermeidung von mietpreiserhöhenden Wirkungen und bildet den aktuellen örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht ab (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 27). Die Angabe des aktuell vertraglich vereinbarten Mietpreises reicht somit für die Erhebung der Bestandsmieten aus. Eine Herausnahme solcher Daten aus dem Datensatz könnte im Gegenteil das Ergebnis verfälschen. Eine unterbliebene Mieterhöhung für längere Zeiträume kann nämlich darauf hinweisen, dass das Mietpreisniveau nicht gestiegen ist.
Für die Auswertung der Bestandsmieten sind die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und den drei Vergleichsräumen und fünf Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden.
Um der Vermieterstruktur im Untersuchungsgebiet gerecht zu werden, ist eine gewichtete Auswertung hinsichtlich der Eigentümerstruktur im Kreisgebiet erfolgt. Dabei sind die privaten und institutionellen Anbieter entsprechend ihrem Marktanteil in der Grundgesamtheit in der Auswertung gewichtet worden. So gab es im Vergleichsraum Haldensleben 61 % private Vermieter. Diese Anteile sind als Gewichtungsfaktoren zur Berechnung der Netto-Kaltmiete verwendet worden (Korrekturbericht September 2023, Seite 42 Tab. 11).
(ee.)
Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze sind bei der Datenauswertung eingehalten worden.
Die Basis für die Auswertung bildet ein Tabellenraster, das die in Sachsen-Anhalt geltenden Wohnflächengrenzen erfasst. Für die Auswertung der Bestandsmieten sind zur Erstellung einer einheitlichen Datenbasis die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und die Mieten den jeweiligen Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden.
Beanstandungsfrei sind die Daten im Wege der Extremwertkappung bereinigt und so besonders hohe Werte für die Bestimmung des Nettokaltmietpreises herausgenommen worden. Diese Extremwertkappung ist eine wissenschaftlich anerkannte statistische Methode (vgl. v. Malottki, Schlüssiges Konzept und Statistik, info also 2014, 99, 104). Sie ist getrennt nach Vermietertypen, auf Basis des 95 %-Konfidenzintervalls über alle als mietwerterhebungsrelevant identifizierten Mieten vorgenommen worden. Die Repräsentativität wird hierdurch nicht beeinflusst, denn es sind im gesamten Landkreis Börde nur 365 von 7.428 Werten ausgenommen worden. Es verbleiben 7.063 Mietwerte für weitere Auswertungen. Im Vergleichsraum Haldensleben waren es 1.231 Daten.
Da die Daten 2016 nicht nur im unteren Wohnungsmarktsegment, sondern über alle Wohnungsbestände mit einfachem, mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard erhoben wurden, war eine Ableitung für das untere Wohnungsmarktsegment vorzunehmen. Um das erforderliche Mietangebotsvolumen zu ermitteln, ist das so genannte Perzentil-Verfahren zur Anwendung gekommen. Es ist hierfür nachvollziehbar, jeweils für die fünf Wohnungsgrößen und drei Vergleichsräume getrennt, der Median zwischen der unteren und der oberen Grenze des Konfidenzintervalls gebildet worden.
Es ist geprüft worden, wie hoch der Anteil der Wohnungen sein muss, um eine ausreichende Versorgung der Nachfrager im unteren Marktsegment sicherzustellen. Im Gegenzug ist in Betracht gezogen worden, welche Anteile der Angebotsmieten für den ermittelten Richtwert zur Verfügung stehen. Es ist berücksichtigt worden, dass verschiedene Haushaltsgrößen unterschiedlich starke Nachfragergruppen bilden. Dabei sind unter Anwendung eines iterativen Annäherungsverfahrens die Stärke verschiedener Wohnungsmarktanteile bei den unterschiedlichen Haushaltsgrößen ermittelt worden. Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 37).
(ff.)
Zur Festlegung der Bruttokaltmiete waren neben der Nettokaltmiete noch die Betriebskosten zu ermitteln.
Auch hier sind anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze zur Anwendung gekommen. Analog zu den Netto-Kaltmieten ist für die Berechnungen der gewichtete Mittelwert (Median) der Betriebskostenwerte, differenziert nach Wohnungsgröße in jedem Vergleichsraum zum Ansatz gebracht worden (Korrekturbericht September 2023, Seite 43 Tab. 12/13). Die Betriebskostenvorauszahlungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II sind hiermit abgeglichen worden. Der Beklagte hat den sich ergebenden Höchstwert berücksichtigt (Korrekturbericht September 2023, Seite 43).
(gg.)
Die Mietwertauswertungen hat A&K umgesetzt. Aus den Tabellenwerten ist jederzeit erkennbar, welche Bruttokaltmieten in welchen Vergleichsraum für welches Wohnsegment angemessen sind. Es ist dem Senat möglich gewesen, für den Vergleichsraum Haldensleben die als angemessen anzusehende Bruttokaltmiete zu ermitteln. Diese betrug für 2016 344,40 €/Monat für einen Zweipersonenhaushalt. Für den vorliegenden Fall ist nicht erheblich, dass dieser Wert nach der Unterkunftskostenrichtlinie des Beklagten erst zum 1. Juli 2017 angewendet worden ist.
d.
Der Beklagte hatte ab Januar 2018 die Daten des Konzepts nicht mehr herangezogen, sondern eine Indexfortschreibung vorgenommen. Damit wurde den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen. Die erfolgte Indexfortschreibung begegnet inhaltlich keinen Bedenken, sie erfolgte analog der Regelungen für qualifizierte Mietspiegel.
Soweit in Abweichung zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland, sondern auf den Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt (getrennt nach Wohnungskaltmieten und Wohnungsnebenkosten) abgestellt wurde, ist dies zu akzeptieren (vgl. auch Urteil des Senats vom 26. Oktober 2023, L 5 AS 440/21, juris, Rn. 104). Ein Rückgriff auf den bundesdeutschen Jahresverbraucherpreisindex wäre nicht zwingend gewesen. Nur für den Fall, dass ein Fortschreibungskonzept gar nicht vorliegt und auch nicht nachgeholt worden ist, stellt das BSG auf diesen ab (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16, juris, Rn. 20 f.). Hat ein Grundsicherungsträger jedoch - wie hier - selbst ein konkretes Fortschreibungskonzept entwickelt, ist dieses im Rahmen der Methodenfreiheit gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Das Abstellen auf die Entwicklung der Wohnungsmieten und -nebenkosten im Land Sachsen-Anhalt bewegt sich im Rahmen dieser Methodenfreiheit. Damit war das Ziel verbunden, die Entwicklungen des Wohnungsmarkts im Landkreis möglichst realitätsnah zu erfassen. Genau dies kann bei einem Rückgriff auf den bundesdeutschen Verbraucherpreisindex weniger verlässlich sichergestellt werden.
Schließlich ist auch der Vergleich der Indexentwicklung von Oktober 2016 (Stichtag der ersten Datenerhebung für den Bericht 2016) bis Oktober 2018 (Ablauf der Zwei-Jahresfrist nach Stichtag der Datenerhebung) von der Methodenfreiheit im Rahmen des schlüssigen Konzepts gedeckt.
Für einen Zweipersonenhaushalt im Vergleichsraum Haldensleben ergab sich danach eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 349,20 €/Monat. Dieser Wert ist für den streitigen Zeitraum von August bis Dezember 2018 vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 13. Februar 2025 anerkannt worden. Es kommt im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass die Indexfortschreibung bereits vor Ablauf von zwei Jahren nach der Datenerhebung erfolgt ist. Durch die damit einhergehende Berücksichtigung höherer KdU sind die Kläger nicht beschwert.
3.
Ein Anspruch auf höhere Leistungen für den streitigen Zeitraum ergibt sich auch nicht bzgl. der Heizkosten.
Der Beklagte hatte diese i.H.v. 106,20 €/Monat übernommen. Er ging von dem nach seiner Meinung maximal angemessenen Wert des bundesweiten Heizspiegels aus. Im Mietvertrag vom 2. Juli 2012 war aber ein Abschlag i.H.v. 100 €/Monat für die Heizkosten vereinbart worden. Eine Aufschlüsselung der angepassten Vorauszahlungen war durch den Vermieter in den späteren Nebenkostenabrechnungen nicht vorgenommen worden. Die Kläger selbst gingen im Antrag vom 5. Juli 2018 und im Schreiben vom 6. September 2018 von Heizkosten weit unter 100 €/Monat aus. Dies ist auch unter Zugrundlegung der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2017 nachvollziehbar. Hier entfiel auf die Heizkosten einschließlich Warmwasserkosten ein Betrag i.H.v. 789,34 €. Dies entsprach 38 % der gesamten Nebenkosten. Die Anpassung des Abschlags auf 185 €/Monat ab August 2018 enthielt danach Heizkosten i.H.v. ca. 70 €/Monat. Ein höherer Anspruch als bisher vom Beklagten berücksichtigt, ist daher nicht ersichtlich.
4.
Ein Fall einer vorübergehenden oder dauerhaften subjektiven Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung lässt sich nicht feststellen. Dies würde zwar nicht zur Angemessenheit der tatsächlichen KdUH führen, könnte jedoch eine Verlängerung der Frist für eine Kostensenkung erforderlich machen (BSG, Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris, Rn. 30). Die Darlegungslast für eine fehlende Möglichkeit und/oder die Unzumutbarkeit der geforderten Kostensenkung liegt beim Leistungsberechtigten. Nur bei schlüssiger Darlegung vergeblicher Suchaktivitäten liegt die Beweislast für eine zumutbare Kostensenkung bei der Behörde. Es müssen daher stets Einwände zur Unmöglichkeit eines Wohnungswechsels vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 4 AS 43/06 R, juris, Rn. 15, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R, juris, Rn. 13).
a.
Gründe dafür, dass die Regelfrist von sechs Monaten unzureichend gewesen und eine abweichende Festlegung der Kostensenkungsfrist erforderlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Die Kläger haben nichts vorgetragen, was für den notwendigen Verbleib in der bisherigen Wohnung sprechen würde. Soweit die Klägerin angegeben hat, ihre Wohnungssuche im Wohnort und der näheren Umgebung sei erfolglos geblieben, ist dies weder konkretisiert worden, noch sind Nachweise irgendwelcher Art vorgelegt worden. Zudem ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen worden, warum sich die Wohnungssuche auf den Wohnort bzw. Teile davon beschränken gemusst habe.
b.
Auch im Hinblick auf die Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II kommt eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung nicht in Betracht. Es ist hier zu prüfen, ob die ermittelten angemessenen Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, konkret angemessen sind. Dies gilt sowohl für eine zu hohe Bruttokaltmiete als auch für zu hohe Heizkosten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 10/18 R, juris, Rn. 21 und vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, juris, Rn. 30). Ein Wohnungswechsel ist unzumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Brutto-Warmkosten als bisher anfielen. Soweit die tatsächlichen Gesamtaufwendungen die Vergleichskosten nicht übersteigen, sind Kostensenkungsmaßnahmen nicht zumutbar. Übersteigen jedoch die tatsächlichen Gesamtkosten die Vergleichswerte, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz zumutbar (BSG, a.a.Oebisfelde, juris, Rn. 33).
Im Fall der Kläger lag die Bruttokaltmiete erheblich über dem Angemessenheitswert. Es ist bereits fraglich, ob aufgrund der Übernahme der tatsächlichen Heizkosten ein Wohnungswechsel nicht zu einer Kostensenkung (niedrigere Bruttowarmkosten) in einer alternativ zu beziehenden Wohnung geführt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2021, B14 AS 31/20 R, juris, Rn. 51).
Doch auch bei Berücksichtigung der maximalen Heizkosten aus dem bei Erlass der letzten Behördenentscheidung veröffentlichten bundesweiten Heizspiegels 2018 (Erdgas, Gebäudefläche 251 m² bis 500 m², 16,80 € × 60 m² : 12 = 84 €/Monat) und des Angemessenheitswerts für die Bruttokaltmiete wäre eine Kostensenkung durch Umzug zumutbar gewesen. Die Bruttowarmmiete der Kläger lag erheblich über der Gesamtangemessenheitsgrenze. Dabei ist auf den gleichen Vergleichsraum und das genutzte Heizmittel abzustellen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juli 2022, L 4 AS 149/18, juris, Rn. 89 ff.). Umzugskosten dürfen zudem nicht pauschal und fiktiv berücksichtigt werden, da diese naturgemäß nicht beziffert werden können. Es ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, ob überhaupt und in welcher Höhe solche Kosten zusätzlich anfallen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Obsiegen der Kläger aufgrund der Teilanerkenntnisse im Klage- und Berufungsverfahren war nur geringfügig und rechtfertigt keine Kostenquote. Es verbleibt daher der Kostenausspruch für das Widerspruchsverfahren im Urteil des SG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Frage der Bestimmung des Vergleichsraums und der Anforderungen an ein schlüssiges Konzept sind höchstrichterlich geklärt. Es handelt sich um tatrichterliche Beweiswürdigungen für allgemeinere Prüfungsmaßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 20).