1. Eine Angelegenheit ist schwierig iS der amtlichen Anmerkung zu Nr 2300 VV RVG, wenn sie fundierte Kenntnisse der Grundsätze des ärztlichen Zulassungsrechts erfordert.
2. Die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung vor einem Berufungsausschuss für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ist ein Indiz für eine umfangreiche Tätigkeit des Anwalts iS der amtlichen Anmerkung zu Nr 2300 VV RVG, zumal eine gesonderte Berücksichtigung im Rahmen der Vergütung nicht vorgesehen ist.
3. Die Abrechnung eines 2,0-fachen Ansatzes der Geschäftsgebühr ist in einem solchen Fall des Vertragsarztrechts nicht außerhalb billigen Ermessens iSv § 14 Abs 1 Satz 4 RVG.
4. Reisekosten für Strecken auch außerhalb von Bundesländern können als Grundlage einer Erstattung nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X notwendig sein, wenn sie eine Erklärung in der Auswahl von Spezialisten im Vertragsarztrecht aus einem weiteren Bereich finden. Die Fortbildung zum Fachanwalt für Medizin- oder Sozialrecht stellt allein keine solche Spezialisierung dar.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Januar 2023 und der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2020 abgeändert und der Beklagte verpflichtet, die wegen des Widerspruchsverfahrens zu erstattenden Kosten mit insgesamt 2.790,79 € festzusetzen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird mit 838,24 € festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Rechtsanwaltsgebühren streitig, die der Beklagte im Rahmen eines für den Kläger erfolgreichen Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat.
Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Im Jahre 2019 war er als Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Klinikum M. beschäftigt. Am 16. Oktober 2018 beantragte er eine Ermächtigung zur Teilnahme an den multidisziplinären Fallkonferenzen gemäß der EBM Nr. 01758 und 40852 auf Veranlassung durch die programmverantwortlichen Ärzte im Rahmen des Mammografie-Screening-Programms in Sachsen-Anhalt als chirurgisch tätiger, angestellter Krankenhausarzt bei dem Zulassungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Weiterhin stellte er einen Antrag auf Ermächtigung zur konsiliarischen Betreuung von Problemfällen in der Gynäkologie.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2019 ermächtigte der Zulassungsausschuss den Kläger wie beantragt zur Teilnahme an den Fallkonferenzen, lehnte aber mit weiterem Bescheid vom selben Tag den Antrag auf Erteilung einer persönlichen Ermächtigung zur konsiliarischen Betreuung von Problemfällen ab. Hiergegen legte der Kläger - vertreten durch die Rechtsanwältin K. in H. - Widerspruch ein. Seine Rechtsanwältin bat im Weiteren um Akteneinsicht und insbesondere um Übersendung der Stellungnahmen der befragten niedergelassenen Praxen. Dem kam der beklagte Berufungsausschuss nach. Sodann begründete die beauftragte Rechtsanwältin den Widerspruch in einem vierseitigen Schriftsatz.
Nach einer mündlichen Verhandlung am Sitz des Beklagten am 12. Juni 2019 hob dieser den angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses auf und ermächtigte den Kläger antragsgemäß für die Zeit vom 13. Juni 2019 bis 30. Juni 2021 zur konsiliarischen Betreuung von Patienten mit gynäkologischen Tumorerkrankungen. Außerdem stellte der Beklagte fest, dass die Widerspruchsgebühr zu erstatten sei.
Im Weiteren beantragte der Kläger eine Kostenerstattung für die Gebühren und Auslagen seiner Rechtsanwältin. Diese berechnete er wie folgt:
Gegenstandswert: 40.000,00 €
2,0 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG 2.026,00 €
1/1 Geschäftsreise, Tage- und Abwesenheitsgeld
für mehr als acht Stunden Nr. 7005 Nr. 3 VV RVG 70,00 €
1/1 Geschäftsreise,
Benutzung des eigenen Kfz Nr. 7003 VV RVG
Kfz-Benutzung am 12.06.2019
764,00 km Hin- und Rückweg x 0,30 € 229,20 €
Zwischensumme der Gebührenpositionen 2.325,20 €
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme netto 2.345,20 €
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 445,59 €
Gesamtsumme 2.790,79 €
Da es sich um einen Erstantrag handele und noch keine Informationen zum zu erwartenden Umsatz vorgelegen hätten, sei auf den Regelstreitwert in Höhe von 5.000 € je Quartal bezogen auf einen Zeitraum von zwei Jahren abzustellen. Daraus ergebe sich der Streitwert in Höhe von 40.000 €.
Am 13. Januar 2020 setzte der Beklagte die notwendigen Kosten auf 1.952,55 € fest und bekräftigte dies mit Bescheid vom 30. März 2020. Er stellte fest, es handele sich nicht um einen besonders einfach gelagerten Fall, der eine Ausnahme von der Regel rechtfertige, wonach die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Widerspruchsverfahren in vertragsärztlichen Angelegenheiten dem Grunde nach notwendig sei. Er ging von folgenden zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 40.000,00 € aus:
1,6 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 W RVG 1.620,80 €
Pauschale für Post- und Telekommunikation Nr. 7002 W RVG € 20,00 €
Zwischensumme 1.640 80 €
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 311,75 €
Gesamtsumme: 1.952,55 €
Am 21. April 2020 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben und ausgeführt, der von ihm angesetzte 2,0fache Ansatz der Geschäftsgebühr sei gerechtfertigt. Es handele sich hier um ein komplexes und schwieriges Rechtsgebiet. Das Vertragsarztrecht sei als schwierig einzustufen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass umfangreiche Recherchen zu der Bedarfssituation in der Umgebung und zum Leistungsspektrum des Klägers hätten angestellt werden müssen. Zur weiteren Begründung hat der Kläger darauf verwiesen, dass ein Termin vor Ort stattgefunden habe (die mündliche Verhandlung). Im Gerichtsverfahren könne hier eine Terminsgebühr (1,5) zusätzlich zur Verfahrensgebühr (1,3) angesetzt werden. Gleichwohl habe man den Gebührensatz nicht bis zum 2,5-fachen ausgeschöpft, sondern nur den 2,0-fachen Satz gefordert. Dies sei nur eine Gebührenerhöhung von 0,7 im Vergleich zum Durchschnittssatz.
Weiterhin hat der Kläger die Erstattung der vollen Reisekosten für seine Rechtsanwältin zu der mündlichen Verhandlung im Widerspruchsverfahren verlangt. Es sei nicht zumutbar gewesen, einen vor Ort ansässigen Verfahrensvertreter zu bestellen. Dies sei dann möglich, wenn zu dem auswärtigen Anwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe oder es sich um einen besonderen Spezialisten handle, der im Gerichtsbezirk nicht zu finden sei. Ein solcher Fall liege vor. Die gewählte Rechtsanwältin betreue das Klinikum M. schon seit vielen Jahren. Dies habe sie auch schon vor Gründung ihrer eigenen Kanzlei in der zuvor tätigen Kanzlei B.-W. getan. Innerhalb des Medizinrechts lägen die besonderen Schwerpunkte der beauftragten Rechtsanwältin im Bereich Notfallambulanzen und persönliche Ermächtigungen. Ebenso korrekt sei das Tage- und Abwesenheitsgeld angesetzt worden. Außerdem hätten dann zumindest die fiktiven Reisekosten eines vor Ort ansässigen Kollegen erstattet werden müssen.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 hat der Kläger mitgeteilt, dass er nunmehr von der Rechtsanwaltskanzlei B.-W. vertreten werde. Seine bisherige Rechtsanwältin sei in diese Kanzlei gewechselt. Weiterhin hat der Kläger auf das Urteil des BGH vom 14. September 2021 (VIII ZB 85/20) hingewiesen. Der Beklagte hat dem Vortrag des Klägers ausführlich widersprochen.
Mit Urteil vom 18. Januar 2023 hat das Sozialgericht Magdeburg der Klage teilweise stattgegeben und die zu erstattenden Kosten auf 2.294,80 € festgesetzt sowie die Berufung zugelassen. Die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG sei mit dem 1,8-fachem Satz festzusetzen. Das Vertragsarztrecht sei eine schwierige Rechtsmaterie. Hinzu komme, dass eine mündliche Verhandlung anberaumt werden könne bzw. müsse. Eine noch höhere Gebühr sei aber angesichts des geringen konkret feststellbaren Aufwandes nicht angezeigt. Ferner habe der Kläger Anspruch auf Erstattung der Reisekosten. Diese seien allerdings begrenzt auf den Ersatz der Kosten eines Anwaltes, der im Gerichtsbezirk (hier: Land Sachsen-Anhalt) seinen Sitz habe. Hier schätze das Gericht die zugrunde zu legende einfache Fahrtstrecke mit 100 km ein.
Gegen das ihm am 31. Januar 2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Februar 2023 Berufung eingelegt und betont, dass er Akteneinsicht genommen habe. Im Übrigen hat er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Januar 2023 insoweit abzuändern, als die Klage abgewiesen wurde,
den Bescheid des Beklagten vom 30. März 2020 abzuändern und
den Beklagten zu verpflichten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren von insgesamt 2.790,79 € zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Januar 2023 im Übrigen aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Er hat gegen das ihm am 25. Januar 2023 zugestellte Urteil am 9. Februar 2023 Berufung eingelegt und vorgetragen, dass allein aufgrund der Rechtsmaterie des Vertragsarztrechts die Erhöhung der Mittelgebühr nicht gerechtfertigt sein könne. Auch unter Zugrundelegung der Ausführungen im Urteil könne nicht erkannt werden, worin eine besondere Schwierigkeit gelegen haben könne. Die Klägerseite habe keine Akteneinsicht genommen, was einen gewissen Aufwand erspart habe. Auch die Reisekosten seien nicht zu erstatten. Aufgrund der Kostenminimierungspflicht hätte sich der Kläger einen Rechtsanwalt in M. suchen können. Dort seien mehrere Fachanwälte für Medizinrecht ansässig. Gemäß § 63 SGB X seien nur die notwendigen Kosten zu erstatten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagter mit Schriftsatz vom 18. März 2024; Kläger mit Schriftsatz vom 28. März 2024).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund der Berufungszulassung durch das Sozialgericht statthaft, form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung des Klägers ist begründet und die Berufung des Beklagten nicht begründet. Hierüber konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Verpflichtungsklage und nicht um eine Leistungsklage auf Zahlung.
Ein Widerspruchsverfahren gegen die Kostenentscheidung des Beklagten war nicht erforderlich. Da gegen Entscheidungen der Berufungs- und Beschwerdeausschüsse kein Widerspruchsverfahren stattfinden kann, ist bei einer Kostenfestsetzung durch sie direkt die Klage zulässig (st. Rspr. BSG, 6.5. 2009, B 6 KA 7/08 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 9 Rn. 13; BSG, 19.10. 2011, B 6 KA 35/10 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 16, Rn. 12).
Die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens gemäß § 14 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) besteht nicht. Diese Pflicht entsteht allenfalls im Verhältnis gerade zwischen dem Anwalt oder einem der Anwaltskammer angehörenden Rechtsbeistand und dem Auftraggeber oder dessen Rechtsnachfolger, also nicht bei einer Klage gegen den Gegner (Hartmann in: Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lieferung, 11/2022, § 14 RVG, Rn. 28).
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat seinen Anspruch zutreffend beziffert. Der Feststellungsanspruch berechnet sich wie folgt:
Gegenstandswert: 40.000,00 € (dazu bei 4.)
2,0 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG 2.026,00 €
(dazu bei 2.)
1/1 Geschäftsreise, Tage- und Abwesenheitsgeld
für mehr als acht Stunden Nr. 7005 Nr. 3 VV RVG 70,00 €
1/1 Geschäftsreise,
Benutzung des eigenen Kfz Nr. 7003 VV RVG
Kfz-Benutzung am 12.06.2019
764,00 km Hin- und Rückweg x 0,30 € 229,20 €
(dazu bei 3.).
Zwischensumme der Gebührenpositionen 2.325,20 €
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme netto 2.345,20 €
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 445,59 €
Gesamtsumme 2.790,79 €
1. Verfahrensfehler liegen nicht vor. Der angegriffene Beschluss des Beklagten ist in zutreffender und vollständiger Besetzung erfolgt (vgl. BSG, 6.5.2009, B 6 KA 7/08 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 9, SozR 4-2500 § 97 Nr. 2, Rn. 18).
2. Der Satz für die Geschäftsgebühr war mit 2,0 festzusetzen (so auch in Zulassungsstreitigkeiten LSG Nordrhein-Westfalen, 16.12.2015, L 11 KA 14/14, juris Rn. 44 - 45; LSG Niedersachsen-Bremen, 17.10.2012, L 3 KA 2/12, juris Rn. 34; Bayerisches LSG, 23.9.2009, L 12 KA 65/08, juris Rn. 38; LSG Baden-Württemberg, 13.12.2006, L 5 KA 5567/05, juris Rn. 33).
Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) sind die „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten“ (siehe zur Anwendbarkeit dieser Norm in Fällen wie vorliegend BSG, 6.5.2009, B 6 KA 7/08 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 9, SozR 4-2500 § 97 Nr. 2, Rn. 16).
§ 63 Abs. 2 SGB X stellt klar, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Dies war hier angesichts der schwierigen Rechtsfragen der Fall; dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für die Tätigkeit im Vorverfahren, die grundsätzlich erstattungsfähig sind, ergeben sich aus den Bestimmungen des anwaltlichen Gebührenrechts (vgl. Schütze/Roos/Blüggel, 9. Aufl. 2020, SGB X § 63 Rn. 33, beck-online). Maßgeblich ist das RVG.
Die Nr. 2300 VV RVG, die die Geschäftsgebühr für die Vertretung durch einen Anwalt im Verwaltungsverfahren (ohne nachfolgendes Gerichtsverfahren) regelt, gibt einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vor. Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei den hier geltenden Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl. BSG, 6.6.2009, B 6 KA 7/08 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 9, SozR 4-2500 § 97 Nr. 2, Rn. 30). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr ist verbindlich, wenn sie billigem Ermessen entspricht (BeckOGK/Mutschler, Stand: 15.2.2025, SGB X § 63 Rn. 61, beck-online). Ob dies der Fall ist, unterliegt der Wertung.
Billiges Ermessen ist nicht positiv zu bestimmen, sondern lässt sich nur negativ abgrenzen, indem festgestellt wird, dass eine konkret bestimmte Gebühr außerhalb des Bereichs liegt, der vom billigen Ermessen abgedeckt ist. Maßgebend können nur die Umstände des Einzelfalls sein. Dabei ist zu beachten, dass das grundsätzliche Gebührenbestimmungsrecht des Anwalts nicht ausgehöhlt werden darf. Jede Ermessensausübung bewegt sich innerhalb eines durch die Umstände bestimmten Rahmens. Eine Ermessensausübung ist auch dann noch billig, wenn sie an den oberen Rand des durch die Umstände bestimmten Rahmens geht. Erst dann, wenn dieser obere Rand überschritten wird, ist die Gebühr unbillig. Erst dann ist für das Gericht der Weg frei, das anwaltliche Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen (LSG Nordrhein-Westfalen, 14.11.2007, L 10 KA 24/07, juris).
Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Korrektur nicht auf grobe Unbilligkeit beschränkt ist, sonst hätte der Gesetzgeber sich des Begriffs der offenbaren Unbilligkeit, wie sie z.B. in § 319 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch formuliert ist, bedient. Unbilligkeit kann dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt einen auf der Hand liegenden Faktor überhaupt nicht beachtet oder einen offensichtlich völlig abwegigen Faktor zum Maßstab gemacht hat. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, muss ausdrücklich festgestellt werden, dass die bestimmte Gebühr unbillig hoch ist. Zweifel gehen zu Lasten des Dritten. Im Allgemeinen werden Abweichungen von bis zu 20% noch als verbindlich angesehen (BSG, 26.2.1992, 9a RVs 3/90, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, 16.8.2006, L 10 B 7/06 SB, juris).
Ausgehend von den in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG aufgeführten Grundsätzen ist vorliegend im Ergebnis der Ansatz eines Gebührensatzes von 2,0 nicht unbillig. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann allerdings nach der amtlichen Anmerkung zu Nr. 2300 VV nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Voraussetzungen „umfangreich“ und „schwierig“ nicht kumulativ vorliegen müssen, sondern es ausreicht, dass sie alternativ gegeben sind, also die Tätigkeit entweder umfangreich oder schwierig war (LSG Nordrhein-Westfalen, 14.5.2014, L 11 KA 43/12, juris; LSG Baden-Württemberg, 13.12.2006, L 5 KA 5567/05, juris). Allerdings sind bei der Frage, welcher konkrete Gebührensatz innerhalb des Gebührenrahmens von 0,5 bis 2,5 noch billig ist, je nach Gestaltung des Einzelfalls beide Kriterien zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall spricht das kumulative Vorliegen beider Tatbestandsmerkmale gegen die Unbilligkeit einer Geschäftsgebühr von 2,0.
a) Die anwaltliche Tätigkeit war überdurchschnittlich schwierig.
Bei dieser Bewertung kommt es allerdings, wie sich schon aus dem Wortlaut der Nr. 2300 VV RVG ergibt, nicht auf die individuellen Fähigkeiten des eingeschalteten Rechtsanwalts an (vgl. dazu auch im Einzelnen LSG Baden-Württemberg, 13.12.2006, L 5 KA 5567/05, juris).
Für einen hoch spezialisierten Rechtsanwalt werden regelmäßig Probleme aus dem Rechtsgebiet, auf das er sich spezialisiert hat, innerhalb kürzerer Zeit zu lösen sein als für einen Anwalt, der sich mit der Materie bisher noch nicht eingehend beschäftigt hat. Es kann nicht im Einzelfall geprüft werden, welche Rechtskenntnisse ein Anwalt hat. Dies kann im Gerichts- und Verwaltungsalltag nicht geleistet werden. Eine weitere nicht akzeptable Konsequenz wäre zudem, dass ein Rechtsanwalt mit nur geringen Kenntnissen regelmäßig einen höheren Vergütungsanspruch hätte als ein Anwalt mit sehr guten Rechtskenntnissen, der unbedarfte Anwalt also eine höhere Vergütung erhielte als der qualifizierte. Es ist deshalb der Auffassung der Vorzug zu geben, dass nicht auf die konkreten Vorkenntnisse des Anwaltes abzustellen ist, sondern auf die Schwierigkeiten, die typischerweise mit der Rechtsmaterie verbunden sind. Rechtsgebiete, die eine lange Einarbeitungszeit und eine Auseinandersetzung mit komplexen, vom Gesetzgeber in verschiedenen Rechtsvorschriften geregelten Materien verlangen, sind somit als schwerer einzustufen, als die Rechtsstreitigkeiten, deren Kenntnis der Jurist bereits in der Ausbildung erworben hat (so in der Tendenz auch Otto, NJW 2006,1472). Dies ist bei Fragen des Vertragsarztrechts der Fall.
Wenn deshalb vielfach vertreten wird, dass „Probleme des Kassenarztrechts“ stets „als schwierige Rechtsmaterien“ einzustufen seien (vgl. LSG Baden-Württemberg, 13.12.2006, L 5 KA 5567/05, juris zur Sonderbedarfszulassung von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten), existiert kein gefestigter Rechtsgrundsatz, dass Angelegenheiten des Vertragsarztrechts regelhaft mit der Folge als schwierig einzustufen sind, dass stets ein höherer bzw. der höchste Gebührensatz nach Nr. 2300 VV RVG in Ansatz zu bringen ist (LSG Nordrhein-Westfalen, 14.11.2007, a.a.O.). Auch im Vertragsarztrecht gibt es Rechtsbereiche von unterschiedlicher Schwierigkeit.
Streitgegenständlich war hier ein Antrag auf Erteilung einer persönlichen Ermächtigung zur konsiliarischen Betreuung von Problemfällen. Zu diesem Problembereich finden sich selbst in der Juris-Datenbank nur wenige Entscheidungen (rund sieben in den letzten 10 Jahren), die deutlich anders gelagert sind. Um im vorliegenden Fall eine zuverlässige Beurteilung der Rechtslage vornehmen zu können, muss der Rechtsanwalt umfassende Kenntnisse der Grundsätze des Zulassungsrechts besitzen. Er muss sich dazu insbesondere in die übrige, höchst umfangreiche Rechtsprechung bzw. Literatur einlesen bzw. diese verfolgen und die dort aufgestellten Rechtssätze auf den konkreten, anders gelagerten Fall anwenden. Neben diesen unbedingt erforderlichen Rechtskenntnissen erfordert die fallbezogene Umsetzung tiefgehendes Verständnis über die relevanten Zusammenhänge.
b) Zudem ist jedenfalls im vorliegenden Fall der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Leistung zu werten. Das schriftliche Vorbringen auf vier Seiten ist allerdings als verhältnismäßig kurz zu bewerten.
Zwar war zur Erfassung des Sachverhalts Akteneinsicht erforderlich und wurde ausweislich der Verwaltungsakten auch genommen. Die in Einsicht genommenen Dokumente haben nur einen geringen Umfang und bestehen ausschließlich neben den angefochtenen Beschluss des Zulassungsausschusses nur in den Stellungnahmen der angehörten Ärzte. Weiter waren Besprechungen bzw. Rücksprachen mit dem Kläger notwendig. Dies ist aber der Regelfall. Warum der Kläger Recherchen für sein eigenes Leistungsspektrum für geboten hielt, um den Widerspruch zu begründen, erschließt sich dem Senat nicht. Auch eine Recherche zur Bedarfssituation in der Umgebung war zumindest nicht umfangreich erforderlich. Dies ist der Widerspruchsbegründung auch nicht zu entnehmen.
Allerdings hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Dies ist in einem Verwaltungsverfahren ungewöhnlich und indiziert einen besonderen Umfang. Dies gilt auch hier, obgleich die Zeit der stattgefundenen mündlichen Verhandlung von 45 Minuten einschließlich der geheimen Beratung durchschnittlich ist. Für eine mündliche Verhandlung innerhalb eines Widerspruchsverfahrens sieht das RVG keine gesonderte Terminsgebühr vor. Für eine fiktive Geschäftsgebühr gibt das Gesetz keine Grundlage, so dass auch nicht auf anderem Wege hierfür ein Ersatz gefordert werden kann. Allerdings ist es gerechtfertigt, dies im Rahmen der Gebührenerhöhung im Rahmen des Zeitaufwandes zu berücksichtigen.
3. Die Fahrtkosten (Nr. 7003 f. VV RVG) sowie Tage- und Abwesenheitsgelder (Nr. 7005 VV RVG) sind ebenfalls zu erstatten. Sie sind notwendige Aufwendungen im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Kläger muss sich nicht darauf verweisen lassen, einen in M. ansässigen Anwalt zu beauftragen, was die Kosten allerdings verringert hätte.
Gemäß Vorbemerkung 7 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 VV RVG liegt eine Geschäftsreise nur vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwaltes befindet.
Rechtsgrundlage ist nicht (unmittelbar) § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 2 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), sondern § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Einschränkungen des Inhalts, dass Reisekosten eines nicht am Sitz des Gerichts tätigen oder wohnenden Rechtsanwalts nur erstattungsfähig sind, wenn seine Zuziehung notwendig war, kennt § 63 SGB X allerdings ebenso wenig wie § 162 VwGO. Die für den Zivilprozess insoweit in § 91 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessrecht (ZPO) getroffene Regelung findet hier keine Anwendung.
Allerdings regelt § 63 SGB X abweichend von § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht, dass Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten „stets“ erstattungsfähig sind. Unabhängig davon ist in Rechtsprechung und Literatur ohnedies die Auffassung vorherrschend, dass auch die Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO, was die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung gerichtlicher Termine angeht, immer unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO steht, wonach es sich um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen handeln muss (vgl. auch BVerwG, 27.3.2023, 3 KSt 1/22, Rn. 4, juris m.w.N.).
Denn § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X ist dem gleichlautenden § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nachgebildet worden (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs zum SGB - Verwaltungsverfahren, BT-Drucks. 8/2034 S. 36 zu § 61 des Entwurfs), der wiederum an den weitgehend mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 193 Abs. 2 SGG übereinstimmenden § 162 Abs. 1 VwGO anknüpft (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zum VwVfG, BT-Drucks 7/910 S. 91 zu § 76 des Entwurfs). Somit ist davon auszugehen, dass die Grenzen der Erstattungsfähigkeit von Kosten in § 63 SGB X grundsätzlich nicht weiter gezogen sind, als in den genannten Regelungen der anderen Verfahrensordnungen. Mithin können die von der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätze hier entsprechend angewandt werden (BSG vom 25.11.1999, B 13 RJ 23/99 R, juris Rn. 23; Bayerisches LSG, Beschluss vom 17.2.2022, L 7 AS 131/21 NZB, juris Rn. 26).
Die Notwendigkeit außergerichtlicher Aufwendungen ist aus der Sicht eines verständigen Beteiligten zu beurteilen, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (BVerwG, 2.3.2020, GrSen 1/19, juris Rn. 15; Bayerisches LSG, a.a.O. juris Rn. 27). Der Grundsatz der Kostenminimierungspflicht ist bei der Anwaltswahl mit der Folge zu beachten, dass ohne nähere Prüfung Reisekosten eines Rechtsanwalts nur dann voll zu erstatten seien, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz bzw. Geschäftssitz seines Mandanten oder in dessen Nähe hat (vgl. BVerwG, 11.9.2007, 9 KSt 5/07, juris Rn. 3; VGH M., 27.7.2006, 2 N 04.2476, juris Rn. 2; OVG M., 1.11.2005, 4 O 327/05, juris Rn. 3).
a) Überwiegend wird es aber als unzumutbar angesehen, bloß zum Zweck der Kostenersparnis einen Anwaltswechsel zu vollziehen, wenn zwischen dem Mandanten und dem auswärtigen Rechtsanwalt bereits ein Vertrauensverhältnis besteht (BVerwG, 11.9.2007, 9 KSt 5/07, juris Rn. 4 m.w.N.). Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO (BGH, 12.12.2002, I ZB 29/02, juris) werden allerdings an ein erhaltenswertes besonderes Vertrauensverhältnis teilweise strenge Maßstäbe angelegt (vgl. OVG H., 5.3.2007, 3 So 5/06, NVwZ-RR 2007, 565; Just in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht 5. Auflage 2021, § 162 VwGO Rn. 30).
Eine vorangegangene Mandatierung der tätigen Rechtsanwältin durch den Kläger wird nicht behauptet. Vielmehr weist seine Prozessbevollmächtigte darauf hin, sie betreue das Klinikum M. schon seit vielen Jahren. Dies ist aber rechtlich vom Kläger zu unterscheiden. Der Kontakt zwischen Klinik und Rechtsanwalt ist auch keine primäre Aufgabe der Chefärzte, wie den Berufsrichtern des erkennenden Senats - die alle ebenfalls seit Jahren auch im Krankenversicherungssenat des LSG Sachsen-Anhalt tätig sind - bekannt ist.
Hinzu kommt, dass die Vertretung dieser Großkanzlei vor Ort regelmäßig durch die in M. tätigen Anwälte wahrgenommen wird, was ohnehin naheliegt. Selbst die schriftliche Korrespondenz erfolgte zumindest oft mit den in M. ansässigen Anwälten (S.ufer, M.). Aus diesem Grund konnte sich hier kein enges Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und der beauftragten Rechtsanwältin ergeben. Dies gilt umso mehr angesichts der großen Entfernung zwischen dem Kanzleisitz und dem Sitz der Klinik.
b) Unabhängig von der Entfernung zum Wohnort bzw. Geschäftssitz des Mandanten oder zum Sitz oder Bezirk des angerufenen Gerichts kann auch ein bestimmter Anwalt beauftragt werden, wenn er über Spezialkenntnisse verfügt und der Fall Fragen aus dem Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass ein verständiger Beteiligter die Hinzuziehung eines solchen Anwalts für ratsam erachten würde. Dies ist aber nicht schon dann anzunehmen, wenn der Anwalt die einschlägige Fachanwaltsbezeichnung für das Rechtsgebiet führt (vgl. VGH M., 27.7.2006, 2 N 04.2476, juris Rn. 3).
Trotz der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgangslage sieht auch der BGH die Kosten eines auswärtigen Rechtsanwalts im Zivilrecht als erstattungsfähig an, wenn dieser über besondere Kenntnisse in tatsächlicher Hinsicht verfügt. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn er nahezu ausschließlich eine bestimmte Gruppe von Mandanten oder Mandanten aus einer bestimmten Branche vertritt und dadurch über vertiefte Kenntnisse der branchenüblichen Gepflogenheiten und der den Rechtsstreitigkeiten zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Sachverhalte verfügt, sondern auch, wenn er einschlägig besonders umfangreich, also über die bloße vorprozessuale Vertretung hinaus, mit den Angelegenheiten des Mandanten vorbefasst war (BGH, 14.9.2021, VIII ZB 85/20, juris; BGH, 20.12.2011 XI ZB 13/11, BB 2012, 458; OVG B., 9.10.2001, 2 E 84/00, NVwZ-RR 2002, 317; FG H., 12.11.2015, 3 KO 117/15, Rn. 34, juris).
Ähnlich ist im Strafverfahren die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines auswärtigen Anwalts - unabhängig von (Amts-)Gerichtsbezirken - grundsätzlich nur dann bejaht worden, wenn das Verfahren ein schwieriges und abgelegenes Rechtsgebiet betrifft, weshalb nur ein Anwalt mit besonderen Kenntnissen auf diesem Spezialgebiet zur ordnungsgemäßen Verteidigung in der Lage ist und ein solcher Spezialist am Sitz des Prozessgerichts nicht ansässig ist (vgl. LG Hildesheim, 12.12.2022, 22 Qs 18/22, juris Rn. 6 m.w.N.).
Hier durfte der Kläger die Hilfe einer auf Streitigkeiten des Vertragsarztrechts spezialisierten Anwältin in Anspruch nehmen. Wie bereits oben ausgeführt, war der Fall auch als überdurchschnittlich schwierig zu bewerten. Die daraus folgenden Mehrkosten hat der Beklagte zu erstatten.
Die Mehrheit der Rechtsanwälte, die in den letzten Jahren Verfahren in Zulassungsstreitigkeiten vor dem Senat geführt haben, hatten ihren Sitz weit entfernt von Sachsen-Anhalt, sofern es sich um Fachanwälte für Sozialrecht oder Medizinrecht handelte. Zwar kann aus einer Tatsache (Tätigkeit überwiegend auswärtiger Anwälte vor dem Senat) nicht ohne weiteres auf die Auslegung einer Rechtsnorm geschlossen werden. Dieser Umstand eines ungewöhnlichen Kreises von Bevollmächtigten zeigt aber objektiv die besondere Stellung und Problematik des Vertragsarztrechts. Dafür spricht auch, dass in der hier bevollmächtigten Kanzlei für Medizinrecht nur rund 1/10 einen Schwerpunkt auf diesem Gebiet haben. Der (heutige) Internetauftritt der aktuell tätigen Rechtsanwaltskanzlei benennt von insgesamt 22 tätigen Rechtsanwälten nur zwei mit dem Schwerpunkt Vertragsarztrecht. Beide haben ihren Kanzleisitz in B.
Der Kläger durfte eine hochspezialisierte und -qualifizierte Anwältin beauftragen. Das Vertragsarztrecht unterscheidet sich erheblich von den Streitigkeiten im übrigen Krankenversicherungsrecht. Berührungspunkte existieren praktisch nicht, wofür der zugrundeliegende Ausgangsstreit exemplarisch ist. Daher kann nicht von einer Spezialisierung (z.B. auf Abrechnungsstreitigkeiten von Krankenhäusern mit Krankenkassen) auf eine besondere Kompetenz für Streitigkeiten auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts geschlossen werden. Die Qualifikation als Fachanwalt für Medizinrecht oder Sozialrecht umfasst viele Rechtsgebiete, die nur schwer oder gar nicht alle kompetent vertreten werden können. Eine Vertretung durch einen entsprechend qualifizierten Anwalt ist für einen Erfolg notwendig. Vergleichbare Anwälte oder Anwältinnen waren in Sachsen-Anhalt nicht zu finden.
Zu berücksichtigen ist auch, dass zum Zeitpunkt der Mandatierung zu Beginn des Widerspruchsverfahrens keinesfalls feststand, dass eine mündliche Verhandlung stattfinden werde. Der Kläger musste diese Möglichkeit nicht notwendig in Betracht ziehen. Bei der Frage der Notwendigkeit von bestimmten Kosten ist aber ex ante auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlungen abzustellen (BVerwG, 2.3.2020, GrSen 1/19, juris Rn. 15).
Angesichts der Komplexität und der bereits erfolgten Einarbeitung war es im Weiteren nicht notwendig, vor Ort einen anderen Anwalt zu beauftragen. Eine Niederlassung in Sachsen-Anhalt hatte die damals beauftragte Kanzlei nicht.
4. Der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 40.000,00 € beruht auf § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass es sich um einen Erstantrag handele und noch keine Informationen zum zu erwartenden Umsatz vorgelegen haben. Für einen höheren Wert fehlen greifbare Anhaltspunkte. Da die Ermächtigung hier für zwei Jahre erteilt worden war und dies dem Regelfall entsprach, ist der Regelstreitwert für acht Quartale zugrunde zu legen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, 9.12.2009, L 3 KA 29/08, juris). Dieser Wert ist von dem Beklagten nicht angegriffen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat weicht nicht von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab.