Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 07.03.2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin die Gewährung einer höheren Verletztenrente für den am 00.00.0000 verstorbenen Versicherten C. P. unter Abänderung des bestandskräftigen Bescheides vom 11.02.1980.
Der am 00.00.0000 geborene Ehemann der Klägerin C. P. (Versicherter) erlitt am 19.04.1978 einen Arbeitsunfall mit Teilverlust des rechten Daumens unter Erhalt eines ca. 1,5 cm großen Grundgliedrestes. Nach einem von U. am 07.01.1980 erstellten zweiten Rentengutachten gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 11.02.1980 eine Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. Als Unfallfolgen erkannte sie dabei den Verlust des rechten Daumens unter Erhaltung eines etwa 1,5 cm großen Grundgliedrestes, starke Bewegungseinschränkung des rechten Daumensattelgelenkes und des rechten Daumengrundgelenkes, Narbenbildungen im Bereich des Amputationsstumpfes mit Glanzhautbildung, Verminderung des Kalksalzgehaltes im Bereich des 1. Mittelhandknochens rechts und im Bereich des Grundgliedknochenrestes und arthrotische Veränderungen im Bereich des Grundgelenkes sowie Beschwerden an. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Am 00.00.0000 verstarb der Versicherte.
Die Klägerin beantragte am 11.02.2021 die Prüfung einer höheren Verletztenrente aus Anlass des am 19.04.1978 erlittenen Arbeitsunfalls. Nach den aktuellen Begutachtungskriterien sei bei Verlust eines Daumens eine MdE von 30 v.h. zu gewähren.
Mit Bescheid vom 16.03.2021 lehnte die Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 11.02.1980 gemäß § 48 Zehntes Buch sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) und die Gewährung einer höheren Verletztenrente aus Anlass des am 19.04.1978 erlittenen Arbeitsunfalls ab. Die Verletztenrente sei auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. gewährt worden, weil mit einer Änderung der Folgen des Arbeitsunfalls nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Mit dem Stichtag 01.11.2019 seien die bis dahin geltenden MdE-Richtwerte dahingehend überarbeitet worden, dass für den kompletten Verlust des Daumens im Grundgelenk ein MdE-Richtwert von 30 v.H. angenommen werde. Da ein Dauerzustand vorgelegen habe und weder eine Überprüfung der MdE von Amts wegen noch ein Verschlimmerungsantrag oder Hinweise auf eine Verschlimmerung vorgelegen hätten, habe der Bescheid nach Bekanntwerden der neuen MdE-Richtwerte nicht von Amts wegen überprüft werden müssen. Ein direkter Rechtsanspruch ergebe sich zudem aus den MdE-Richtwerten nicht.
Hiergegen legte die Klägerin am 29.03.2021 Widerspruch ein. Nach der Überarbeitung der MdE-Richtwerte ergebe sich vorliegend eine MdE von 30 v.H.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2021 zurück. Der Stichtag der Geltung der neuen MdE-Richtwerte sei für die Umsetzung bei neu zu entscheidenden Fällen festgelegt worden und sei auch der maßgebliche Zeitpunkt im Rahmen der Überprüfung von Änderungen der Gesundheitsverhältnisse sowie bei Anträgen der Versicherten auf Prüfung einer wesentlichen Änderung nach § 48 SGB X. Der Versicherte habe zu Lebzeiten keinen Antrag auf Überprüfung der MdE gestellt. Die Klägerin habe erst nach dem Tod des Versicherten als Sonderrechtsnachfolgerin den Überprüfungsantrag gestellt. Unabhängig davon, ob sich überhaupt durch die geänderten MdE-Richtwerte eine Änderung in der MdE-Höhe ergebe, seien Leistungen gemäß § 59 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) ausgeschlossen. Hiernach erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tode des Berechtigten. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig sei. Da zum Todeszeitpunkt weder ein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen sei noch der Versicherte zu Lebzeiten einen Antrag gestellt habe, seien Ansprüche auf Geldleistungen (hier ggf. Erhöhung der Lebzeitenrente) ausgeschlossen.
Mit der am 24.08.2021 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Änderung der MdE-Bewertung bei Verlust des Daumens habe für die über die Sachkunde verfügende Beklagte Anlass geben müssen, vorliegend von Amts wegen die Rente zu erhöhen. Die Tatsache, dass die Beklagte dies pflichtwidrig unterlassen habe, könne nicht zur Notwendigkeit einer Antragstellung vor dem Todeszeitpunkt führen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2021 zu verurteilen, die Verletztenrente des verstorbenen Ehemannes aus Gründen der Amputation des rechten Daumens auf 30 v.H. zu erhöhen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen und ergänzend eine beratungsärztliche Stellungnahme des beratenden Arztes X. vom 09.05.2022 vorgelegt, der im Wesentlichen ausgeführt hat, dass keine komplette Amputation des rechten Daumens in Höhe des Daumengrundgelenkes vorgelegen habe und damit die MdE auch nach der MdE-Neueinschätzung durch die Expertengruppe lediglich mit 20 v.H. einzuschätzen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat ein handchirurgisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage vom Facharzt für Chirurgie, Handchirurgie J. vom 07.04.2023 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sich ausweislich der vorhandenen Unterlagen an der rechten Hand des Versicherten noch ein 1,5 cm langer Daumenstumpf befunden habe. Damit läge keine komplette Amputation des rechten Daumens in Höhe des Grundgelenks vor. In Abweichung zur beratungsärztlichen Stellungnahme von X. schätze er jedoch die MdE unter Zugrundelegung der neuen MdE-Richtwerte auf 25 v. H. Die erhaltene Daumenlänge von 1,5 cm sei sicherlich nicht wertlos und ein rudimentärer Zangengriff sei noch möglich. Dennoch seien auch erhebliche Beeinträchtigungen feststellbar, die mit der Narbenbildung und der beginnenden Gelenkspaltverschmälerung im Daumengrundgelenk zusammenhingen.
Sodann hat das SG die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 07.03.2024 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf rückwirkende Anerkennung einer höheren Verletztenrente. Die Verletztenrente des Versicherten sei nicht aufgrund der zum Stichtag 01.11.2019 neuen Eckwerte gemäß § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) abzuändern, da es vorliegend an einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen mangele. Zwar sei grundsätzlich eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen durch die Änderung der MdE-Erfahrungswerte für den Bereich des Verlustes einzelner Gliedmaßen eingetreten. Jedoch sei ausweislich des überzeugenden handchirurgischen Sachverständigengutachtens von J. die MdE zu Lebzeiten des Versicherten unter Anwendung der neuen MdE-Werte mit 25 v. H. einzuschätzen gewesen, so dass nach § 73 Abs. 3 SGB VII keine wesentliche Änderung vorliege. Unabhängig davon seien gemäß § 59 Satz 2 SGB I Ansprüche auf Geldleistungen erloschen, da sie im Zeitpunkt des Todes des Versicherten weder festgestellt, noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig gewesen sei. Die Rente auf unbestimmte Zeit sei zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bestandskräftig festgestellt gewesen, ein Überprüfungsantrag erst später durch die Klägerin gestellt worden. Die Beklagte sei auch nicht gehalten, Bestandsrenten von Amts wegen zu überprüfen.
Gegen das am zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.04.2024 Berufung eingelegt und vorgetragen, die MdE-Richtwerte hätten sich verändert, der Versicherte habe daher Rente nach einer MdE in Höhe von 30 v.H. erhalten müssen. Der Sachverständige J. habe eine MdE von 25 v.H. gesehen. Die verminderte Gebrauchsfähigkeit des Daumens habe nicht allein aus der Amputation des wesentlichen Teils des Daumens resultiert; zusätzlich hätten eine aus der Gebrauchsunfähigkeit resultierende Kalksalzminderung, ein Verlust der Beweglichkeit im Daumensattelgelenk, Druckschmerzhaftigkeit im Narbenbereich und eine Wackelbeweglichkeit des Daumenstumpfes vorgelegen. Ein Stumpfrest des Daumens, der nicht regelrecht bewegt werden könne, sei aufgrund des daraus resultierenden Funktionsverlustes mit einer Amputation gleichzusetzen. Zum Zeitpunkt des Todes hätte auch ein Verwaltungsverfahren anhängig sein müssen, ohne dass es eines eigenständigen Antrages des Versicherten selbst bedurft hätte, weil die Beklagte gewusst habe, dass Verletztenrente aus Anlass einer Amputationsverletzung eines Daumens gewährt wurde und dass die MdE-Werte sich zugunsten der Versichertengesellschaft verändert hätten. Eine vergleichsweise Lösung sei angemessen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 07.03.2024 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2021 zu verurteilen, den Bescheid vom 11.02.1980 abzuändern und aus Anlass des Arbeitsunfalles vom 19.04.1978 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Rentenerhöhung setze nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine wesentliche Verschlimmerung gegenüber den rentenmaßgeblichen Verhältnissen voraus. Nach § 73 Abs. 3 SGB VII liege eine wesentliche Verschlimmerung erst dann vor, wenn sich die MdE um mehr als 5 v.H. ändere. J. habe die MdE mit 25 v.H. bewertet. Damit mangele es an einer wesentlichen Änderung, so dass eine Rentenerhöhung ausscheide. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte, wonach sich die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens vor dem Tod des Versicherten hätte aufdrängen müssen. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 25.10.1984 – 11 RA 18/84 – festgestellt, dass eine verletzte Verpflichtung das Erlöschen des Anspruchs mit dem Tode des Versicherten nicht verhindern könne. § 59 SGB I stelle nicht darauf ab, welche Verfahrenslage im Zeitpunkt des Todes hätte bestehen können oder müssen; maßgebend sei nur die in diesem Zeitpunkt tatsächlich bestandene Verfahrenslage. Anlass für einen Vergleich bestehe nicht.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Beweis erhoben durch Einholen eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Z. vom 07.11.2024. Dieser führt aus, J. sei dahingehend zuzustimmen, dass die Schwere der Verletzung im vorliegenden Fall nicht einer Exartikulation im Daumengrundgelenk entsprochen habe. Bei einem Schadensbild, das schwerer als ein Daumenendgliedverlust und weniger schwer als eine Exartikulation im Daumengrundgelenk gewogen habe, ergebe sich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der MdE-Expertengruppe ein Bewertungsspielraum zwischen 15 v.H. und 25 v.H.. Der Stumpflängenunterschied zwischen Endgelenkexartikulation und basisnaher Amputation im Bereich der proximalen Drittelgrenze lasse eine Abweichung von mehr als 5 v.H. kaum begründen. Insofern verlasse die ehemals vorgenommene Bewertung der MdE mit 20 v.H. den Bewertungsrahmen im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung der aktuellen Konsensempfehlungen nicht zwingend. Die von J. empfohlene MdE von 25 v.H. sei plausibel begründet und erscheine in Anbetracht der Höherbewertung des Daumens grundsätzlich angemessen, stelle aber gleichzeitig die Obergrenze dar. Eine wesentliche Zustandsänderung der körperlichen Unfallfolgen gegenüber dem Gutachten aus 1980 könne nach Aktenlage nicht festgestellt werden.
Mit Schreiben vom 19.02.2025, 23.02.2025 und 20.03.2025 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstanden wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) durch die Berichterstatterin (§ 155 Abs. 3, Abs. 4 SGG) entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Entscheidungsform einverstanden erklärt haben. Bei der Ausübung des Ermessens (hierzu BSG, Urteil vom 08.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R -; BSG, Urteil vom 29.01.2019 - B 2 U 5/18 R -) hat das Gericht berücksichtigt, dass die Angelegenheit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die zulässige, insbesondere statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und fristgerecht erhobene (§ 151 SGG) Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid vom 16.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1, Abs. 5, § 56 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat – unabhängig von der Frage, ob Ansprüche bereits nach § 59 SGB I ausgeschlossen sind – keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mehr als 20 v.H. für den Versicherten.
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Bei Renten der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Änderung i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hinsichtlich der Höhe der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt (§ 73 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VII).
Der Verwaltungsakt vom 11.02.1980 war ein solcher mit Dauerwirkung. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn eine durch Verwaltungsakt getroffene Regelung in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus Wirkungen erzeugt. Da der Verwaltungsakt vom 11.02.1980 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. bewilligt hatte, kam ihm Dauerwirkung zu (vgl. auch BSG, Urteil vom 08.12.2021 – B 2 U 10/20 R –, juris, Rn. 14).
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Rente, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Auflage 2024, S. 156f.). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 2 U 5/10 R – Rn.16, juris). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 14/03 R – Rn. 12, juris). Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Rentenbegutachtung um eine reine Funktionsbegutachtung handelt und sich die Höhe der MdE grundsätzlich allein nach dem Ausmaß der unfallbedingten Einschränkungen der Körperfunktionen richtet (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.10. 2016 – L 14 U 267/14 – Rn. 34, juris).
Ausgehend von den im Bescheid vom 11.02.1980 festgestellten Unfallfolgen und einer MdE von 20 v.H. ist auch nach den seit 01.11.2019 geltenden Erfahrungssätzen eine Änderung der MdE um mehr als 5 v.H. nicht feststellbar. Eine i.S. von § 73 Abs. 3 SGB VII wesentliche Änderung ist nicht eingetreten. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen im Urteil des SG, die er sich nach Überprüfung zu eigen macht, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe diesbezüglich ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Dieses Ergebnis hat sich im Berufungsverfahren bestätigt. Das auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholte Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Z. vom 07.11.2024 bestätigt die von J. ausgesprochene Empfehlung zur Bewertung der MdE. Durchgreifende Argumente für eine abweichende Schätzung haben sich hingegen nicht ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).