L 2 AS 1659/25 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1210/25 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1659/25 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutz versagenden Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Mai 2025 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.



Gründe


I.
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Freiburg vom 07.05.2025 hat keinen Erfolg. Mit diesem Beschluss hat das SG den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner zu verpflichten, für die Anmietung einer angemessenen Wohnung im Stadtgebiet F1 eine monatliche Mietobergrenze von bis zu 1.800,00 Euro anzuerkennen und dem Antragsteller eine schriftliche Bestätigung dieser anerkannten Mietobergrenze auszuhändigen, die gegenüber potenziellen Vermietern als verbindliche Zusicherung verwendet werden könne, abgelehnt.

Der Antragsteller, der unstreitig nach wie vor in O1 wohnt und nach seinen Angaben derzeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter O1 bezieht, hat bundesweit bei verschiedenen SGs - darunter auch das SG Freiburg im vorliegenden Verfahren - ähnlich lautende Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und jeweils begehrt, eine bestimmte Summe als Mietobergrenze für die Anmietung einer Wohnung im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen SGB II-Leistungsträger anzuerkennen. Diese hat er vor der Antragstellung beim SG (zumeist) im Vorfeld nicht kontaktiert und auch im gerichtlichen Verfahren kein konkretes Wohnungsangebot vorgelegt. Hintergrund dieser Anträge ist ausweislich der Ausführungen des Antragstellers, dass sein bisheriger Vermieter "O1 hilft e.V." das bislang bestehende Mietverhältnis (für die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft) zum 31.07.2025 gekündigt hat und der Antragsteller deshalb umziehen möchte.

II.
Die am 20.05.2025 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangene Beschwerde gegen den Beschluss vom 07.05.2025 ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und nach § 173 SGG insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.

Das LSG Baden-Württemberg ist örtlich und sachlich für die Entscheidung zuständig. Dabei ist es an die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit durch das SG Freiburg, auch wenn der Antragsteller nicht in dessen Zuständigkeitsbereich wohnt, gebunden (
§ 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Mayer-Ladewig/Keller /Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG] Beschluss vom 02.05.2005 -1 BvR 569/05 -, BVerfGE 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 - juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - <beide juris> jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG Freiburg im angefochtenen Beschluss vom 07.05.2025 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragssteller hat keinen Anspruch auf
Erteilung einer (abstrakten) Zusicherung zur Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von bis zu 1.800 Euro für eine Wohnung im Stadtgebiet F1. Das SG hat zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Antragsteller begehrte Zusicherung dargelegt (§ 22 Abs. 4 SGB II) und zutreffend ausgeführt, dass ein solcher Anspruch ohne Nachweis eines konkreten Wohnungsangebotes nicht besteht. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren. Denn entgegen den Ausführungen des Antragstellers kann eine Zusicherung vom kommunalen Träger nur verlangt werden, wenn die zukünftigen Unterkunftskosten der Höhe nach bestimmt sind (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.01.2012 - L 14 AS 1818/09 -, juris, Rn. 20). Der kommunale Träger kann eine Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Einzelfall - der Antragsteller macht hier sogar ausdrücklich besondere Umstände des Einzelfalles geltend - erst dann vornehmen, wenn ein nach Lage der Wohnung sowie den aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Wohnungsangebot vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011
B 4 AS 5/10 R -, juris, Rn. 17). Aus der Zielrichtung der Zusicherung lässt sich demnach gerade kein Anspruch eines Leistungsberechtigten auf abstrakte Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ableiten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.10.2014
- L 19 AS 1098/14 -, juris)

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


 

Rechtskraft
Aus
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