L 7 R 98/25 ZV

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 22 R 761/21 ZV
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 98/25 ZV
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten "langjährigen ununterbrochenen Tätigkeit und Pflichterfüllung" handelte.

Bemerkung

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion

  1. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Februar 2025 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten, weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Zuflussjahre 1982 bis 1990 in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion festzustellen.

 

Der 1949 geborene Kläger ist, nach erfolgreichem Abschluss eines in der Zeit von September 1968 bis Juli 1971 absolvierten Fachschulstudiums in der Fachrichtung "Elektronische Datenverarbeitungsanlagen" an der Ingenieurhochschule  Z...., aufgrund Urkunde vom 2. Juli 1971 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur " zu führen; nach einem weiteren (berufsbegleitend absolvierten) Hochschulstudium in der Fachrichtung "Informationselektronik" an der Ingenieurhochschule  Z.... ist er zudem aufgrund Zeugnisses vom 31. August 1975 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Hochschulingenieur für Informationstechnik" zu führen. Er war vom 1. September 1971 bis 14. September 1971 als Entwicklungsingenieur im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat  Y...., vom 4. Oktober 1971 bis 31. August 1979 als Entwicklungsingenieur und Mitarbeiter Forschung und Entwicklung im VEB  X....  Z.... sowie vom 1. September 1979 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Prüffeldingenieur, Gruppenleiter Prüffeld und Abteilungsleiter Montage und Prüffeld im VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z...., einem Betrieb mit Bereichen der speziellen Produktion (= Betriebe, deren Reproduktionsprozess durch die Produktion für die bewaffneten Organe bestimmt wurde), beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

 

Am 28. November 2002 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte (drei) Entgeltbescheinigung der DISOS GmbH vom 3. September 2003 (für den Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1979 bis 30. Juni 1990), vom 10. September 2003 (für den Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1971 bis 17. September 1971) sowie vom 4. Dezember 2003 (für den Beschäftigungszeitraum vom 4. Oktober 1971 bis 31. August 1979) vor. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. September 1971 bis 17. September 1971 und vom 4. Oktober 1971 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigungen der DISOS GmbH vom 3. September 2003, vom 10. September 2003 und vom 4. Dezember 2003, fest.

 

Mit Überprüfungsantrag vom 15. Juli 2019 (Eingang bei der Beklagten am 18. Juli 2019) begehrte der Kläger die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion bei den festgestellten Arbeitsentgelten und legte diesbezügliche arbeitsvertragliche Unterlagen vor.

 

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2021 mit der Begründung ab, die Zahlung von zusätzlichen Belohnungen habe der Kläger nicht nachgewiesen.

 

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 2. Juni 2021 (Eingang bei der Beklagten am 2. Juni 2021) Widerspruch ein.

 

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2021 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion sei nicht nachgewiesen worden. Die Gewährung und die Höhe der zusätzlichen Belohnungen des Einzelnen seien von der Leistung und persönlichen Voraussetzungen abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr zweifelsfrei nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne nicht erfolgen, zumal ein individuell zu ermittelnder Arbeitsverdienst Berechnungsgrundlage gewesen sei.

 

Hiergegen erhob der Kläger am 30. Juli 2021 Klage zum Sozialgericht Dresden (im Verfahren S 35 R 761/21 ZV), begehrte die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für die Zuflussjahre 1982 bis 1990 im Rahmen der Glaubhaftmachung und legte erneut diesbezügliche arbeitsvertragliche Unterlagen vor.

 

Das Sozialgericht Dresden hat – nach Einholung einer schriftlichen Auskunft des Zeugen  V.... vom 29. August 2024 – mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2025 (im Verfahren S 22 R 761/21 ZV) die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 10. Mai 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2021 verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 17. Dezember 2023 (gemeint: 17. Dezember 2003) dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte des Klägers für die Jahre 1982 bis 1990 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten wie folgt festzustellen sind:

Beschäftigungsjahr

Betrag in Mark der DDR

1982

550,71

1983

558,21

1984

577,51

1985

1.028,84

1986

1.090,33

1987

1.143,73

1988

1.057,43

1989

1.119,19

1990

759,15

Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe den Bezug der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach glaubhaft gemacht. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (Urteil vom 22. Mai 2023 im Verfahren L 7 R 540/22 ZV) bezogen.

 

Gegen den ihr am 19. Februar 2025 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 6. März 2025 Berufung eingelegt, mit der sie die Klageabweisung weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus: Das Sozialgericht verletze mit seiner Entscheidung die Vorschriften von §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 AAÜG. Die Beklagte halte den rechtlichen Ansatz des Sozialgerichts, zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben mit spezieller Produktion als Arbeitsverdienst im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu bewerten für rechtsfehlerhaft. Die angefochtene Entscheidung lehne sich inhaltlich und teilweise wortwörtlich an die Judikatur des 7. Senats des Berufungsgerichts an. Mit seiner Rechtsprechung vertrete der 7. Senat des Berufungsgerichts einen isolierten Rechtsstandpunkt. Bisher habe sich kein anderes Obergericht der Auffassung des 7. Senats des Berufungsgerichts angeschlossen. Die Spruchpraxis des 7. Senats des Berufungsgerichts werde von der Beklagten abgelehnt. Sie überzeuge nicht. Die Beklagte komme in ihrer subjektiven Überzeugungsbildung bei einer Gesamtabwägung und unter Berücksichtigung aller Umstände weiterhin zu dem Ergebnis, dass die zusätzliche Belohnung in Kombinaten, Betrieben und Betriebsteilen mit spezieller Produktion nicht als Entlohnung, sondern ganz überwiegend im Interesse des hinter dem VEB stehenden staatlichen Auftraggebers für die produzierten Rüstungsgüter (spezielle Produktion) gewährt worden sei. Es seien die maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung durch die Volkswirtschaft als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen und auszuwerten, denn in deren Gesamtkontext hätten die, die zusätzlichen Belohnungen regelnden, speziellen Betriebsordnungen gestanden. Diesen Regelungen sei unter anderem zu entnehmen, dass

  • die Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung der strengsten Geheimhaltung nach den dafür geltenden Bestimmungen unterlegen hätten und besondere Leistungen zur Gewährung des Geheimnisschutzes moralisch oder materiell zu würdigen gewesen seien,
  • die Beschäftigten mit Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung besondere Pflichten als Geheimnisträger zu erfüllen gehabt hätten,
  • "Pflichterfüllung" nicht an die Erfüllung von Arbeitspflichten zu knüpfen sei,
  • die materiellen und finanziellen Fonds zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung nicht wie betriebliche Fonds durch die Betriebe zu planen gewesen seien,
  • es Aufgabe der speziellen Betriebe und Betriebsteile gewesen sei, für die Aufgaben der ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung Stammbelegschaften zu erhalten und zu entwickeln und sie für diese Aufgabe von zuständigen Staatsorganen und bewaffneten Organen zu unterstützen gewesen seien,
  • die Beschäftigten mit Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung besondere Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen erfahren hätten,
  • es sich unter anderem bei der zusätzlichen Belohnung nach dem Sprachgebrauch der DDR um Vergünstigungen gehandelt habe, über die der Vorsitzende des Ministerrates zu entscheiden gehabt hätte,
  • die zusätzliche Belohnung gewährt worden sei, auch wenn keine Arbeitsleistungen für die spezielle Produktion mehr erbracht worden seien beziehungsweise hätten erbracht werden können.

Mit den zusätzlichen Belohnungen sei nicht die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (Werktätigen) abgegolten worden. Abgegolten worden sei zum einen die Bindung des Werktätigen an den Betrieb und zum anderen die Erfüllung von besonderen Pflichten, die sich aus den geltenden Bestimmungen über Sicherheit und Geheimhaltung ergeben hätten. "Pflichterfüllung" sei danach die Einhaltung von Geheimhaltungspflichten und Kontaktverboten jeglicher Art gewesen. Die zusätzliche Belohnung sei als materielle Anerkennung für langjährige Berufserfahrung in Abhängigkeit von der Beschäftigungsdauer in einem bestimmten Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig bzw. in einem bestimmten Beruf definiert worden. Der Personenkreis der Anspruchsberechtigten, die Zeiten bis zum Erwerb des Anspruchs, anwartschaftssteigernde bzw. anwartschaftserhaltende Zeiten, Höhe und Zeitpunkt der Gewährung und anderes seien in jeweiligen Rechtsvorschriften und Rahmenkollektivverträgen festgelegt worden. Zusätzliche Belohnungen könnten damit in Abhängigkeit von den jeweiligen Rechtsvorschriften und den dortigen Regelungen "Lohnzahlungen" sein, müssten es jedoch nicht. Allein die Kriterien "Pflichterfüllung" und "langjährige ununterbrochene Tätigkeit" würden die zusätzliche Belohnung nicht als Gegenleistung des Betriebes für die vom Werktätigen zu erbringende Arbeitsleistung klassifizieren. Die zusätzliche Belohnung in Betrieben mit spezieller Produktion in der DDR sei nicht an die Erfüllung von Arbeitsleistungen gebunden gewesen, die der Beschäftigte aufgrund des mit Arbeitsvertrag geschlossenen Arbeitsrechtsverhältnisses dem Beschäftigungsbetrieb geschuldet habe, weil diese Zahlungen nicht aus der Beschäftigung erzielt worden seien und keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung dargestellt hätten. Vielmehr habe es sich bei den Vergünstigungen lediglich um arbeitgeberseitige (staatliche) Zuwendungen gehandelt, die sich ganz überwiegend als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen dargestellt hätten. Danach habe es sich bei den vom Kläger begehrten zusätzlichen Belohnungen um Vergünstigungen und nicht um finanzielle Zahlungen mit Lohncharakter gehandelt. Ferner sei es dem insoweit beweisbelasteten Kläger nicht gelungen, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, in welchen einzelnen Jahren ihm in welcher konkreten Höhe zusätzliche Belohnungen zugeflossen seien. Die Beklagte halte den Weg des Sozialgerichts Dresden, den Bezug und die Höhe der zusätzlichen Belohnung für den Kläger glaubhaft zu machen, für rechtsfehlerhaft. Das Sozialgericht Dresden habe allein für die Bestimmung bzw. Berechnung der ununterbrochenen Beschäftigungsdauer und der Höhe der zusätzlichen Belohnung § 21 Abs. 1 der Speziellen Betriebsordnung 1975 bzw. 17 Abs. 1 der Speziellen Betriebsordnung 1983 zugrunde gelegt. Keine Prüfung sei hinsichtlich § 21 Abs. 2 und 3 der Speziellen Betriebsordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 4 im Zusammenhang mit § 18 Abs. 1 bis 4 der Speziellen Betriebsordnung 1983 erfolgt. Eine Beurteilung sei aus Sicht der Beklagten allerdings auch nicht möglich, da keine Unterlagen, Angaben bzw. Aussagen hierzu vom Kläger oder von Zeugen vorlägen. Schon daher sei die Glaubhaftmachung der Höhe der zusätzlichen Belohnung nicht möglich.

 

Die Beklagte beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Februar 2025 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

 

Der Senat hat arbeitsvertragliche Unterlagen vom Kläger beigezogen.

 

Zudem hat der Senat – nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 19. März 2025 – mit Beschluss vom 16. April 2025 das Berufungsverfahren auf den Berichterstatter, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, übertragen.

 

Mit Schriftsätzen vom 27. Mai 2025 (Beklagte) und vom 17. Juni 2025 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

Aufgrund des Beschlusses des Senats vom 16. April 2025 konnte das Berufungsverfahren durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern durch Urteil entschieden werden (§ 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Der (sog. kleine) Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 SGG).

 

II.

Die statthafte (§ 143 SGG) und zulässige (§ 145 SGG) Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2025 zu Recht verurteilt hat, die dem Kläger in den Jahren 1982 bis 1990 zugeflossenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe in den konkret austenorierten Höhen festzustellen. Insoweit schließt sich der Senat nach Überprüfung den Gründen im angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Februar 2025 an und nimmt darauf zur Vermeidung von überflüssigen Wiederholungen zunächst vollständig Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:

 

1.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Februar 2025 entspricht der – den Beteiligten hinlänglich bekannten – ständigen Rechtsprechung des 5. Senats und des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, der sich der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts vollinhaltlich angeschlossen hat. Auf die den Beteiligten bekannten und jeweils rechtskräftigen Entscheidungen des 5. Senats, des 4. Senats und des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts wird lediglich der Vollständigkeit halber hingewiesen:

  • Urteil vom 13. September 2016 im Verfahren L 5 RS 738/12 (JURIS-Dokument, RdNr. 76-97 – insoweit rechtskräftig, da nicht von der Revision im Verfahren B 5 RS 11/16 R erfasst),
  • Urteil vom 13. März 2018 im Verfahren L 5 RS 615/15 (JURIS-Dokument, RdNr. 18-77 – rechtskräftig; mit Kurzanmerkung von: Lindner, NZS 2018, 548),
  • Urteil vom 21. August 2018 im Verfahren L 4 RS 464/16 (nicht veröffentlicht – rechtskräftig),
  • Urteilsbeschluss vom 9. März 2020 im Verfahren L 7 R 350/19 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 25-55 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 4. November 2021 im Verfahren L 7 R 277/21 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 25-41 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 4. November 2021 im Verfahren L 7 R 350/21 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 26-58 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 8. September 2022 im Verfahren L 7 R 773/19 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 180-199 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 22. Mai 2023 im Verfahren L 7 R 540/22 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 24-47 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 29. Juni 2023 im Verfahren L 7 R 51/23 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 25-48 – rechtskräftig),
  • Urteil vom 29. Juni 2023 im Verfahren L 7 R 54/23 ZV (JURIS-Dokument, RdNr. 22-49 – rechtskräftig).

 

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 18. Februar 2025 entspricht dabei – im Gegensatz zu anderen erstinstanzlichen Entscheidungen – nicht nur im Abstrakten dieser ständigen Rechtsprechung des 5. Senats, des 4. Senats und des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, sondern – wenngleich in den Urteilsgründen nur knapp erwähnt – auch im Konkreten. Jedenfalls die erforderlichen Ermittlungsanstrengungen hat das Sozialgericht Dresden geleistet. Denn der konkrete Einzelfall – und nur um diesen geht es jeweils – wurde vom Sozialgericht Dresden dabei – sowohl was die Ermittlungen als auch was deren Würdigung anbelangt – konkret in den Blick genommen. Im vorliegenden Fall liegen

  1. eine konkrete individuelle Zeugenaussage (vom 29. August 2024) des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers der Betriebsabteilung (Betriebsteil bzw. Außenstelle  U....) mit spezieller Produktion (V....) bezogen auf den konkreten streitgegenständlichen Zeitraum vor, in der die Auszahlung (per Liste gegen Quittung in bar) von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion an den Kläger in den Zuflussjahren 1982 bis 1990 dem Grunde nach glaubhaft bestätigt wird und ausgeführt wird, dass der Kläger im streitigen Zeitraum ununterbrochen im Bereich der speziellen Produktion tätig war und im gesamten Zeitraum seine Arbeitspflichten ordnungsgemäß erfüllte, sowie
  2. arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers (Vereinbarung zwischen dem VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... und dem Kläger über die Zahlung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion vom 2. April 1981, Schreiben des VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... vom 29. Januar 1990, Bescheinigung des VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... vom 26. April 1990, Arbeitsänderungsverträge mit kontinuierlichen Lohnsteigerungen vom 18. Juli 1985, vom 1. April 1986 und vom 23. August 1989) vor, die belegen, dass der Kläger vom Anwendungsbereich der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion mit einem Anwartschaftsbeginn am 1. September 1979 erfasst war, zusätzliche Belohnungen bis einschließlich 31. Januar 1990 bezogen hat, einen durchgängigen Anrechnungszeitraum vom 1. September 1979 bis 31. Januar 1990 erreicht hatte und seine betrieblichen Pflichten (mit vom Betrieb ausgesprochenem Dank "für die [vom Kläger] geleistete Tätigkeit im Rahmen der speziellen Produktions- und Leistungsaufgaben") erfüllt hatte.

 

 

2.

Soweit die Beklagte im konkreten Verfahren ausführt, bei den zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion habe es sich nicht um finanzielle Zahlungen mit Lohncharakter, also nicht um Arbeitsentgelt, sondern um Begünstigungen ohne Lohncharakter gehandelt, vermag sich der Senat dem ebenso wenig anzuschließen, wie der Ansicht der Beklagten, die Belohnungen seien von der Arbeitsleistung losgelöst, im ganz überwiegenden Interesse des hinter dem VEB stehenden staatlichen Auftraggebers für die produzierten Rüstungsgüter (spezielle Produktion) gewährt worden.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die Norm definiert den Begriff des Arbeitsentgeltes zwar nicht selbst. Aus dem Wort "erzielt", folgt aber im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden, ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Dabei muss es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln, wobei unerheblich ist, ob das erzielte Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich nach dem bundesdeutschen Arbeitsentgeltbegriff nach § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV - (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 31; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist es – dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsprechend – ausreichend, wenn ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 - B 4 RA 19/03 R - SozR 4-8570 § 8 Nr. 1, RdNr. 18 = JURIS-Dokument, RdNr. 18), weil der Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich weit gefasst ist. Insofern stellen grundsätzlich alle direkten und indirekten Leistungen des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erfüllende Arbeitspflicht dar und werden im Hinblick hierauf gewährt. Etwas Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn sich für die Einnahme eine andere Ursache nachweisen lässt. Leistungen, die aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden, sind keine Gegenleistungen für die Arbeitsleistung oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und daher kein Arbeitsentgelt. Dies gilt insbesondere für Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen (dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 44; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 39; ebenso: Knospe in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB IV, § 14, RdNr. 27 [Stand: Februar 2016] und Werner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, § 14, RdNr. 63 [Stand: August 2021]).

 

Handelt es sich um Arbeitsentgelt, ist (in einem zweiten Schritt) weiter zu prüfen, ob die bundesrechtliche Qualifizierung als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass "einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten". Auf der Grundlage dieser Ermächtigung ist die ArEV ergangen. Sie ist auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 übergeleitet worden (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34). § 1 ArEV regelt, dass "einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV (Ausnahme für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung) nichts Abweichendes ergibt". Diese Regelung ist bei der Bestimmung des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu beachten (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). Maßgeblich ist dabei ausschließlich die bundesrepublikanische Rechtslage des Steuerrechts im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35 und RdNr. 39; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16).

 

Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten "langjährigen ununterbrochenen Tätigkeit und Pflichterfüllung" handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und nicht sozialversicherungspflichtig war (= erster Schritt im Prüfungsschema des BSG). Die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion sind daher Einnahmen aus der Beschäftigung des Klägers in Betrieben mit spezieller Produktion und waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (= zweiter Schritt im Prüfungsschema des BSG). Denn ein bundesrepublikanischer Tatbestand des Steuerrechts, der die Steuerfreiheit der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion regeln würde, liegt nicht vor. Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

 

Soweit die Beklagte meint, die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben mit spezieller Produktion in der DDR seien

  • nicht an die Erfüllung von Arbeitsleistungen gebunden gewesen, die der Beschäftigte aufgrund des mit Arbeitsvertrag geschlossenen Arbeitsrechtsverhältnisses dem Beschäftigungsbetrieb geschuldet habe,
  • keine finanziellen Zahlungen mit Lohncharakter gewesen,
  • vielmehr arbeitgeberseitige (staatliche) Zuwendungen gewesen, die sich ganz überwiegend als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen dargestellt hätten,

trifft dies nicht zu:

 

1.

Mit § 1 der "Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion" des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR vom 18. August 1975 (nachfolgend: Anordnung 1975) wurde die "Ordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion - Spezielle Betriebsordnung –" (nachfolgend: Ordnung 1975) für verbindlich erklärt. Sie trat nach § 3 der Anordnung 1975 am 1. Januar 1976 in Kraft. Nach § 1 der Ordnung 1975 waren Betriebe mit spezieller Produktion (als spezielle Betriebe bezeichnet) solche, deren Reproduktionsprozess durch Produktion und Leistungen für die bewaffneten Organe bestimmt wurde. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1975 wurde den Werktätigen in den speziellen Betrieben als materielle Anerkennung für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung eine zusätzliche Belohnung gewährt. Diese zusätzliche Belohnung betrug

  • nach zwei Jahren:      vier Prozent,
  • nach fünf Jahren:       acht Prozent,
  • nach zehn Jahren:     zehn Prozent und
  • nach 15 Jahren:         zwölf Prozent

des Bruttolohnes (§ 21 Abs. 1 Satz 2 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung für Werktätige in den speziellen Betrieben, die eine Treueprämie für eine ununterbrochene Beschäftigungsdauer nach der "Fünften Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz - Zuschläge für ununterbrochene Beschäftigungsdauer –" vom 24. Januar 1956 (DDR-GBl. 1956 I, Nr. 18, S. 163) erhielten, betrug

  • nach zehn Jahren:     zwei Prozent und
  • nach 15 Jahren:         vier Prozent

des Bruttolohnes (§ 21 Abs. 2 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung war für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September des Jahres zum Jahrestag der DDR, dem 7. Oktober, und für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März zum Tag der NVA, dem 1. März, nach den festgelegten Prozentsätzen und Bedingungen zu zahlen (§ 21 Abs. 4 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung war steuerfrei, unterlag nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung und gehörte nicht zum Durchschnittsverdienst (§ 21 Abs. 5 der Ordnung 1975).

 

Die Regelungen der Ordnung 1975 galten bis zum 31. Juli 1983.

 

Mit § 1 der "Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe mit spezieller Produktion" des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR vom 22. Juni 1983 (nachfolgend: Anordnung 1983; registriert im Bundesarchiv unter der Signatur: DL 20/16566) wurde die "Ordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe mit spezieller Produktion - Spezielle Betriebeordnung –" (nachfolgend: Ordnung 1983) für verbindlich erklärt. Sie trat nach § 3 Abs. 1 der Anordnung 1983 am 1. August 1983 in Kraft; zugleich trat nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Anordnung 1983 die Anordnung 1975 außer Kraft. Nach § 2 der Ordnung 1983 waren Betriebe mit spezieller Produktion (nach § 1 der Ordnung 1983 als spezielle Betriebe bezeichnet) solche, deren Reproduktionsprozess durch spezielle Produktions- und Leistungsaufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung und der inneren Sicherheit und Ordnung bestimmt wurde. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1983 wurde den Werktätigen in den speziellen Betrieben als materielle Anerkennung für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung eine zusätzliche Belohnung gewährt. Diese zusätzliche Belohnung betrug

  • nach zwei Jahren:      vier Prozent,
  • nach fünf Jahren:       acht Prozent,
  • nach zehn Jahren:     zehn Prozent und
  • nach 15 Jahren:         zwölf Prozent

des Jahresbruttolohnes, der zur Berechnung des Durchschnittslohnes zu Grunde gelegt wurde (§ 17 Abs. 1 Satz 2 der Ordnung 1983). Für Zeiten, unter anderem, der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Quarantäne war für die Berechnung der zusätzlichen Belohnung der nach den Rechtsvorschriften berechnete Durchschnittslohn zu Grunde zu legen (§ 17 Abs. 2 Buchstabe a) der Ordnung 1983). Die Berechnung der zusätzlichen Belohnung hatte vom Ersten des Monats an zu erfolgen in dem die Jahre der ununterbrochenen Beschäftigungsdauer erreicht wurden (§ 17 Abs. 5 der Ordnung 1983). Die zusätzliche Belohnung unterlag nicht der Lohnsteuer und der Beitragspflicht der Sozialversicherung und gehörte nicht zum Durchschnittsverdienst (§ 17 Abs. 6 der Ordnung 1983). Die zusätzliche Belohnung war für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli des Jahres anlässlich des Jahrestages der DDR, dem 7. Oktober, und für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Januar anlässlich des Tages der NVA, dem 1. März, nach den festgelegten Prozentsätzen und Bedingungen zu zahlen (§ 17 Abs. 8 der Ordnung 1983). Bestimmte Zeiten (wie der Wehrdienst in der NVA, in den Grenztruppen und bewaffneten Organen) wurden anwartschaftssteigernd auf die ununterbrochene Beschäftigungsdauer angerechnet (§ 17 Abs. 9 in Verbindung mit Anlage 5 der Ordnung 1983).

 

Der Honorierungszweck der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion wurde in den maßgeblichen Gewährungsvorschriften der Ordnungen 1975 und 1983 ausschließlich mit: "für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung" umschrieben. Die "langjährige ununterbrochene Tätigkeit" knüpft dabei an die im Beschäftigungsverhältnis erbrachte Betriebstreue an. Die "Pflichterfüllung" knüpft an die Erfüllung der Arbeitspflichten an. Soweit die Beklagte in Bezug auf das Merkmal der "Pflichterfüllung" meint, es sollte nicht die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (Werktätigen) abgegolten werden, sondern die Bindung des Werktätigen an den Betrieb sowie die Sicherheit, die Geheimhaltung, die planmäßige Erfüllung der Aufgaben für die Landesverteidigung in der Industrie, die Erfüllung von besonderen Pflichten, die aus der Berufsausübung bei einem Hersteller von Rüstungsgütern resultierten bzw. die bei einem Betrieb erwuchsen, der Teile für die Waffenproduktion zulieferte, abgegolten werden, ergibt sich dies weder aus der Ordnung 1975 noch aus der Ordnung 1983. Die Ansicht der Beklagten, "Pflichterfüllung" in diesem speziellen Industriezweig habe die Beachtung von Geheimhaltungspflichten und von Kontaktverboten gemeint, spiegelt sich im Belohnungszweck der Vorschriften (§ 21 der Ordnung 1975 und § 17 der Ordnung 1983) gerade nicht wider. Hiergegen spricht zudem, dass § 26 der Ordnung 1975 und § 21 der Ordnung 1983 eigenständige Regelungen statuierten, die sich der Sicherheit und Geheimhaltung widmeten und weder einen (wörtlichen, oder systematischen) Bezug, noch eine Verbindung zu den zusätzlichen Belohnungen herstellen.

 

Eine andere Bewertung der Rechtslage ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten bemühten Rückgriffe auf, im angeblichen Gesamtkontext zu erachtende, maßgebliche DDR-rechtliche Regelungen zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung durch die Volkswirtschaft, weil diese von der Beklagten herangezogenen Vorschriften die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion weder regeln, noch mit auch nur irgendeinem Wort erwähnen oder in direkten Bezug nehmen. Die/Der

  • "Anordnung des Ministerrates der DDR über die Planung der Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung im Frieden" vom 18. Dezember 1974 samt Maßnahmeplan zur Durchführung des § 3 der vorstehenden Anordnung und Anlage: "Militärökonomische Planungsordnung 1974",
  • "Anordnung des Vorsitzenden des Ministerrates über die territoriale Planung der Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung im Frieden" vom 11. März 1983 samt Anlage: "Territoriale militärökonomische Planungsordnung 1983",
  • "Anordnung des Ministerrates der DDR zur Planung, Vorbereitung und Durchführung der Investitionen und Baureparaturen der Landesverteidigung" vom 18. Dezember 1974 samt Anlage: "Spezielle Investitionsordnung 1974",
  • "Anordnung des Ministerrates der DDR zur Planung, Vorbereitung und Durchführung der Investitionen und Baureparaturen der Landesverteidigung" vom 11. März 1983 samt Anlage: "Spezielle Investitionsordnung 1983",
  • "Anordnung des Ministerrates der DDR über die Sicherheit und Geheimhaltung bei der Erfüllung der Aufgaben der Volkswirtschaft zur Sicherstellung der Landesverteidigung im Frieden" vom 10. November 1976 samt Anlage: "Sicherheitsordnung 1976",
  • "Beschluss des Ministerrates der DDR zur Direktive über Geheimnisträger" vom 10. April 1973 samt Anlage: "Direktive über Geheimnisträger 1973",
  • "Beschluss des Ministerrates der DDR zur Direktive über Geheimnisträger vom 22. Mai 1985 samt Anlage: "Direktive über Geheimnisträger 1985",
  • "Anordnung zum Schutz der Staatsgeheimnisse - Staatsgeheimnisanordnung (SGAO)" vom 15. Januar 1988,
  • Verfügung Nr. 400/1976 des Vorsitzenden des Ministerrates vom 23. Februar 1976 (Vertrauliche Verschlusssache, VVS-Nr. B 2 - 104/76),
  • "Anordnung Nr. 05/78 des Ministers für Nationale Verteidigung über die Auswahl von Angehörigen der NVA und der Grenztruppen der DDR, die aus dem aktiven Wehrdienst entlassen werden, zum Einsatz in der Volkswirtschaft bei der Schaffung von Kapazitäten für die spezielle Produktion" vom 28. April 1978 (Vertrauliche Verschlusssache, VVS-Nr. A 522 504, VVS-Nr. A 398 641) einschließlich 1. Ergänzung bis 5. Ergänzung und Außerkraftsetzung der militärischen Bestimmung vom 29. Dezember 1989,

treffen gerade keinerlei Regelungen zu den zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion und determinieren damit auch nicht deren Zweck. Was die Beklagte mit ihrer Argumentation – wonach den maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung durch die Volkswirtschaft "im Gesamtkontext" zu entnehmen sei, dass

  • die Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung der strengsten Geheimhaltung nach den dafür geltenden Bestimmungen unterlegen hätten,
  • besondere Leistungen zur Gewährung des Geheimnisschutzes moralisch oder materiell zu würdigen gewesen wären,
  • die Beschäftigten mit Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung besondere Pflichten als Geheimnisträger zu erfüllen gehabt hätten,
  • "Pflichterfüllung" nicht an die Erfüllung von Arbeitspflichten zu knüpfen sei,
  • die materiellen und finanziellen Fonds zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung nicht wie betriebliche Fonds durch die Betriebe zu planen gewesen wären,
  • es Aufgabe der speziellen Betriebe und Betriebsteile gewesen sei, für die Aufgaben der ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung Stammbelegschaften zu erhalten und zu entwickeln und sie für diese Aufgabe von zuständigen Staatsorganen und bewaffneten Organen zu unterstützen gewesen wären,
  • die Beschäftigten mit Aufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung besondere Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen erfahren hätten,
  • es sich unter anderem bei der "zusätzlichen Belohnung" nach dem Sprachgebrauch der DDR um "Vergünstigungen" gehandelt habe, über die der Vorsitzende des Ministerrates zu entscheiden gehabt hätte,
  • die "zusätzliche Belohnung" gewährt worden sei, auch wenn keine Arbeitsleistungen für die spezielle Produktion mehr erbracht worden seien bzw. hätten erbracht werden können

– herauszudestillieren versucht, geht über den Regelungsgehalt der Normen zu den zusätzlichen Belohnungen hinaus. Die Beklagte verlässt damit den Boden der Auslegung der streitgegenständlichen DDR-Vorschriften (Ordnungen 1975 und 1983 im Bereich der speziellen Produktion) und begibt sich auf den Boden der Einlegung, indem sie sinnentstellend auf andere DDR-Vorschriften abstellt, die keinerlei Aussage über die streitgegenständlichen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion treffen. Die von der Beklagten herangezogenen DDR-Vorschriften bilden nicht den Beurteilungsmaßstab zur Bestimmung des Zwecks einer, auf der Grundlage von anderen DDR-rechtlichen Regelungen, gewährten Zahlung. Beurteilungsrelevant sind lediglich die maßgeblichen, die Zahlungen selbst regelnden, DDR-rechtlichen Regelungen, die als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw. als "generelle Tatsachen" heranzuziehen sind (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise deutlich: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 14 ff.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25 ff.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25 ff.). Die Beurteilung des Zwecks einer (staatlich) gewährten Zahlung erfolgt allein unter Zugrundelegung der insoweit maßgeblichen abstrakt-generellen Vorgaben des die Zahlung regelnden DDR-Rechts (BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 46; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 3/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2020 - B 5 RS 1/20 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25).

 

Auch soweit die Beklagte wiederholt ausführt, die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion seien "keine Lohnzahlungen" gewesen, trifft dies nicht zu. "Zusätzliche Belohnungen für ununterbrochene Tätigkeit ... und ähnliche Zahlungen" wurden in § 3 Abs. 2 Buchstabe a) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) ausdrücklich als "Lohnzahlungen" deklariert.

 

Auch der Umstand, dass die zusätzlichen Belohnungen anlassbezogen am Tag der Nationalen Volksarmee (1. März) und zum Jahrestag der DDR (7. Oktober) gezahlt wurden, spricht nicht gegen einen Lohncharakter dieser finanziellen Zuwendung, weil die Auszahlung "zusätzlicher Belohnungen" in der DDR regelmäßig an staatlichen Ehrentagen erfolgte (Beispiele: Auszahlung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau am "Tag des deutschen Bergmanns" [= erster Sonntag im Monat Juli], Auszahlung der jährlichen zusätzlichen Vergütung für Mitarbeiter in Einrichtungen der Volksbildung am "Tag des Lehrers" [= 12. Juni]), sodass der Zahltag kein Indiz für einen bestimmten Zahlungszweck liefert.

 

Soweit die Beklagte (in anderen Verfahren) meint, bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung seien auch die Einleitungstexte der Anordnungen 1975 und 1983 nicht außer Acht zu lassen, die auf die "Gewährleistung der ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung" (Präambel der Anordnung 1975) bzw. auf die "Gewährleistung der ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung und der inneren Sicherheit und Ordnung" (Präambel der Anordnung 1983) abstellen, ergibt sich hieraus ebenfalls keine andere Bewertung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Denn diese Zielbeschreibungen in den Präambeln der Anordnungen 1975 und 1983 beziehen sich nicht auf die hier streitgegenständlichen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion, sondern ausdrücklich auf die in diesen Betrieben zu beachtende, mit veränderter Schwerpunktsetzung zu berücksichtigende "Anwendung" der "Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB" vom 28. März 1973 (DDR-GBl. 1973 I, Nr. 15, S. 129) bzw. "Anwendung" der "Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe" vom 8. November 1979 (DDR-GBl. 1979 I, Nr. 38, S. 355). Zudem wurden die Regelungen über die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion ausdrücklich jeweils im "V. Abschnitt" der Ordnung 1975 und 1983, der jeweils die "Arbeits- und Lebensbedingungen" der Werktätigen in den Betrieben mit spezieller Produktion regelte, getroffen. Sie wurden zudem ausdrücklich als "materielle Anerkennung" deklariert (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Ordnung 1975, § 17 Abs. 1 Satz 1 Ordnung 1983).

 

3.

Auch die sonstigen Einwände der Beklagten führen im konkreten Fall des Klägers zu keiner anderen Bewertung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage:

 

a)

Soweit die Beklagte meint, ferner sei es dem insoweit beweisbelasteten Kläger nicht gelungen, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, in welchen einzelnen Jahren ihm in welcher konkreten Höhe zusätzliche Belohnungen zugeflossen seien, vermag der Senat diesem Einwand nicht zu folgen, weil die Beklagte den Maßstab der Glaubhaftmachung unzulässig verengt:

 

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht aber die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

 

"In welchen einzelnen Jahren" der Kläger den Zufluss von zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion glaubhaft gemacht hat, ergibt sich im konkreten Fall aus den – bereits zuvor erörterten und vom Sozialgericht Dresden im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2025 gewürdigten – individuellen Umständen, nämlich

  1. der Zeugenerklärung des unmittelbaren Vorgesetzten  V.... vom 29. August 2024, in der die Auszahlung (per Liste gegen Quittung in bar) von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion an den Kläger in den Zuflussjahren 1982 bis 1990 ausdrücklich bestätigt wird und ausgeführt wird, dass der Kläger im streitigen Zeitraum ununterbrochen im Bereich der speziellen Produktion tätig war und im gesamten Zeitraum seine Arbeitspflichten ordnungsgemäß erfüllte, sowie
  2. den konkreten arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers (Vereinbarung zwischen dem VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... und dem Kläger über die Zahlung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion vom 2. April 1981, Schreiben des VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... vom 29. Januar 1990, Bescheinigung des VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... vom 26. April 1990, Arbeitsänderungsverträge mit kontinuierlichen Lohnsteigerungen vom 18. Juli 1985, vom 1. April 1986 und vom 23. August 1989), die (mindestens glaubhaft) belegen, dass der Kläger vom Anwendungsbereich der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion mit einem Anwartschaftsbeginn am 1. September 1979 erfasst war, zusätzliche Belohnungen bis einschließlich 31. Januar 1990 bezogen hat, einen durchgängigen Anrechnungszeitraum vom 1. September 1979 bis 31. Januar 1990 belegt hatte und seine betrieblichen Pflichten (mit vom Betrieb ausgesprochenem Dank "für die [vom Kläger] geleistete Tätigkeit im Rahmen der speziellen Produktions- und Leistungsaufgaben") erfüllt hatte.

 

"In welcher konkreten Höhe" dem Kläger in den Zuflussjahren 1982 bis 1990 zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion ausgezahlt worden sind, ergibt sich in glaubhaft gemachter Weise im konkreten Fall aus den – ebenfalls bereits zuvor erörterten und ebenfalls vom Sozialgericht Dresden im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2025 zu Grunde gelegten – DDR-rechtlichen Regelungen (§ 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 und § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983), die einen nach Anwartschaftsjahren konkret gestaffelten Prozentsatz des Bruttolohnes bzw. Jahresbruttolohnes als Belohnungsbetrag festsetzen. Dieser Betrag ist im Fall des Klägers bekannt, sodass der Belohnungsbetrag berechenbar ist. Denn die DDR-rechtlichen Regelungen stellen eindeutig auf den Bruttolohn (§ 21 Abs. 1 der Ordnung 1975) bzw. auf den Jahresbruttolohn, der zur Berechnung des Durchschnittslohns zugrunde gelegt wird (§ 17 Abs. 1 der Ordnung 1983), ab. Dieser "Bruttolohn" des Klägers wird in der vom Sozialgericht Dresden zugrunde gelegten Arbeitsentgeltbescheinigung der DISOS GmbH vom 3. September 2003 bescheinigt ("Bruttoverdienst"), sodass hiervon ausgehend ohne Weiteres der jeweilige konkrete Prozentsatz mit den konkreten Steigerungssätzen ermittelt werden kann. Dass teilweise zu berücksichtigende Zuschläge (wie die monatlich gezahlten leistungsorientierten Gehaltszuschläge bzw. Teile des aufgabengebundenen Leistungszuschlags – § 18 Abs. 1 der Ordnung 1983) nicht bekannt und nachträglich oftmals auch nicht mehr bestimmbar sind, spricht im Übrigen nicht dagegen, den, den Arbeitsentgeltbescheinigungen zu entnehmenden, bekannten Jahresbruttoverdienst als Mindestberechnungsbasis für die Glaubhaftmachung der Höhe der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion zu Grunde zu legen. Jeder Glaubhaftmachung mag ein gewisses Maß an Ungenauigkeit innewohnen. Dem trägt indessen die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Insbesondere auf diesem Wege werden etwaige Ungenauigkeiten pauschal ausgeglichen. Im Übrigen ist es innerhalb eines zahlenmäßig teilbaren Geldbetrages gerade nicht ausgeschlossen nur für einen betragsmäßigen Anteil die Voraussetzungen des nach § 6 Abs. 6 AAÜG abgesenkten Beweisgrades zu bejahen (vgl. dazu insgesamt: BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 4/22 B - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 3/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 4/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 5/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 6/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 7/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13). Dadurch wird auch nicht der Beweismaßstab im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit vermindert, sondern der in § 6 Abs. 6 AAÜG vorgesehene Beweismaßstab angewendet und dabei nur ein Teilbetrag als glaubhaft gemacht angesehen (BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 4/22 B - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 3/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 4/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 5/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 6/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 7. September 2023 - B 5 RS 7/23 B - JURIS-Dokument, RdNr. 13).

 

b)

Soweit die Beklagte zudem meint, das Sozialgericht Dresden habe für die Bestimmung bzw. Berechnung der ununterbrochenen Beschäftigungsdauer und der Höhe der zusätzlichen Belohnung allein § 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983 zugrunde gelegt und keine Prüfung hinsichtlich § 21 Abs. 2 und 3 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 4 im Zusammenhang mit § 18 Abs. 1 bis 4 der Ordnung 1983 vorgenommen, erschöpft sie sich in Mutmaßungen, die dem konkreten Fall des Klägers nicht gerecht werden:

 

Aus den arbeitsvertraglichen Unterlagen des Klägers ergibt sich keinerlei Hinweis darauf, dass der Kläger eine Treueprämie für eine ununterbrochene Beschäftigungsdauer nach der "Fünften Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz - Zuschläge für ununterbrochene Beschäftigungsdauer –" vom 24. Januar 1956 (DDR-GBl. 1956 I, Nr. 18, S. 163) mit der Folge erhalten hätte, dass sich die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion nicht nach § 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983 gerichtet hätten. Im Gegenteil: Ausweislich der Vereinbarung zwischen dem VEB  Y.... Messelektronik " W...."  Z.... und dem Kläger über die Zahlung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion vom 2. April 1981 erfolgte die Zahlung der zusätzlichen Belohnung an den Kläger "nach der in der Anordnung 1975 festgelegten Staffelung im § 21". Eine "Staffelung", also im Wortsinne eine Steigerung in mehr-/vielfacher Hinsicht, enthalten jedoch lediglich § 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983, währenddessen – die von der Beklagten – angesprochenen Normen des § 21 Abs. 2 der Ordnung 1975 bzw. des § 17 Abs. 4 im Zusammenhang mit § 18 Abs. 3 Satz 1 der Ordnung 1983 lediglich eine einmalige "Steigerung" vorsahen.

 

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten vermisste Prüfung des § 21 Abs. 3 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 4 im Zusammenhang mit § 18 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 der Ordnung 1983 zu keinem anderen Resultat führen würde, weil sich die Berechnung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion unter den nach diesen Vorschriften genannten Voraussetzungen im Ergebnis jeweils nach den – vom Sozialgericht Dresden zugrunde gelegten – Normen des § 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983 richtete.

 

All diese Umstände in der Gesamtwürdigung führen zu dem – vom Sozialgericht Dresden im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2025 begründeten – Ergebnis, dass die "gute Möglichkeit" besteht, dass die dem Kläger im konkreten Einzelfall zugeflossenen zusätzlichen Belohnungen auf der Grundlage der Maßgaben der Normen des § 21 Abs. 1 der Ordnung 1975 bzw. § 17 Abs. 1 der Ordnung 1983 erfolgten. Diese "gute Möglichkeit" genügt – wie bereits dargelegt – zur Erfüllung des Erfordernisses der Glaubhaftmachung.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Verfahrens.

 

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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