Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.09.2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Am 27.08.2020 beantragte der 00.00.0000 geborene Kläger die Weiterzahlung einer ihm seit dem Jahr 2013 (zuletzt mit Bescheid vom 24.07.2020) befristet bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung über Dezember 2020 hinaus.
Die Beklagte holte medizinische Unterlagen ein und ließ den Kläger durch die Fachärztin für Innere Medizin I. begutachten. In ihrem auf Grundlage ambulanter Untersuchung erstatteten Gutachten vom 14.01.2021 kam die Sozialmedizinerin zu dem Ergebnis, der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch vollschichtig verrichten. Vornehmlich auf Grund einer bestehenden peripheren arteriellen Verschlusserkrankung sei er (aber) nicht mehr in der Lage, viermal täglich Wege von 500 Metern in weniger als 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen.
Nach ergänzenden Ermittlungen bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin zunächst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Bescheid vom 12.02.2021). Sie sicherte die volle Kostenerstattung für Fahrtkosten (z.B. Taxikosten) zur Erlangung eines Arbeitsplatzes (Vorstellungsgespräche) zu und bewilligte (u.a.) die Erstattung erforderlicher Fahrtkosten bei Aufnahme eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses oder einer selbstständigen Tätigkeit. Im Anschluss gewährte sie ihm die Fortzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit von Januar bis Februar 2021 (Bescheid vom 19.02.2021).
Auf die Widersprüche des Klägers vom 02.03 und 11.03.2021 gegen die Befristung der Rentengewährung und die bewilligten Teilhabeleistungen veranlasste die Beklagte ein angiologisch-internistisches Gutachten des H. vom 08.10.2021. Dieser ging ebenfalls davon aus, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die täglich erforderlichen Wegstrecken zu einer Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Im Übrigen kreuzte er im Formblatt ein bestehendes Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2022 zurück. Nach Kompensation bestehender Wegeunfähigkeit durch den Teilhabebescheid vom 12.02.2021 bestehe kein Anspruch mehr auf Rente wegen Erwerbsminderung. Der Leistungsbeurteilung des H. sei auf Grundlage der moderaten Untersuchungsbefunde nicht zu folgen.
Hiergegen hat der Kläger am 11.02.2022 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben.
Er leide unter einer Vielzahl von Beschwerden, insbesondere einem schwer einstellbaren Diabetes mellitus Typ 2 mit Taubheit und Kribbeln in Armen und Beinen, einem schwer einstellbaren Bluthochdruck, Beinschmerzen bei „Schaufensterkrankheit“, einer chronischen Bronchitis mit Atemnot, einem operierten Bandscheibenvorfall mit starken Rückenschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und einem Tinnitus nach Hörsturz sowie (medikamentös bedingt) häufigem Harndrang. Infolge der daraus resultierenden Einschränkungen sei er nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Im Übrigen müsse der Arbeitsmarkt als verschlossen gelten, da ernstliche Zweifel bestünden, ob leidensadäquate Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl existierten. Die Leistungsbeurteilung der Beklagten auf Grundlage des Gutachtens der Frau I. sei vor dem Hintergrund einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seit Beginn der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nicht nachvollziehbar.
Das SG hat Befundberichte behandelnder Ärzte (Facharzt für Orthopädie F.; Fachärztin für Innere Medizin A. mit weiteren Arztbriefen) eingeholt und im weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Diabetologen V. mit Zusatzgutachten des Facharztes für Orthopädie N., jeweils auf Grundlage ambulanter Untersuchung.
N. hat in seinem Gutachten vom 03.01.2023 ein degeneratives Lendenwirbelsäulen-(LWS)-Syndrom bei bekanntem Bandscheibenvorfall L5/S1 und Voroperation der LWS im Jahr 1999 sowie multisegmentalen Bandscheibenprotrusionen und inaktivitätsbedingter deutlicher Reduktion der autochthonen Rückenmuskulatur als auch der Beweglichkeit der LWS mit lumboischalgieformen Beschwerden links ohne neurologische Ausfälle, ein bekanntes diabetisches Polyneuropathie-Syndrom mit multilokulären Missempfindungen sowohl der Waden als auch der Füße sowie der Hände, ein degeneratives Halswirbelsäulen-(HWS)-Syndrom ohne neurologische Ausfälle bei inaktivitätsbedingter Reduktion der HWS-Beweglichkeit und wiederkehrenden zervikal bedingten Kopfschmerzen, ein deutliches Impingement-Syndrom der linken Schulter mit inaktivitätsbedingter erheblicher Bewegungseinschränkung sowie ein Supraspinatussehnen-Syndrom bei stattgehabter Schulteroperation rechts 2016 und postoperativ kompensiertem Beschwerdezustand festgestellt. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig regelmäßig an fünf Tagen in der Woche verrichten. Die Arbeiten sollten in einem Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen durchgeführt und Arbeiten in nur einer dieser Haltungen, wie z.B. vornehmlich im Sitzen, dem Kläger nicht mehr zugemutet werden.
V. hat in seinem Gutachten vom 09.01.2023 eine mittelschwere periphere arterielle Verschlusskrankheit in Stadium IIb vom Becken/Ober-/Unterschenkeltyp bei arteriosklerotischen Wandveränderungen beider Beckenarterien, Stenosierungen der Oberschenkelarterien und Verschlüssen der vorderen Schienbeinarterie links und der hinteren Schienbeinarterie rechts, einen Diabetes mellitus Typ 2 mit Erstdiagnose 1997 bei aktuell intensivierter Insulintherapie nach Plan, Stoffwechselkontrolle mittels Freestyle libre-System und leichtgradiger diabetischer Polyneuropathie der Füße, eine arterielle Hypertonie ohne Auswirkung auf den Herzmuskel, eine chronische Bronchitis bei Nikotinverbrauch ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktionsparameter, Lungenemphysem sowie eine chronische Gastritis ohne Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte bis ausnahmsweise mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, gelegentlich im Gehen und Stehen vollschichtig regelmäßig an fünf Wochentagen verrichten. Aktuell sei er nicht in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 Metern zurückzulegen. Aufgrund der derzeit – bei noch nicht ausgeschöpften Behandlungsmöglichkeiten und geplanten gefäßchirurgischen Maßnahmen – bestehenden Claudicatio im Stadium IIb liege die zu erwartende schmerzfreie Gehstrecke unter 200 Metern.
Der Kläger hat den Einwand der Unvollständigkeit, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen einer Funktionsstörung der Ohren, erhoben. Aus den widersprüchlichen Feststellungen der Sachverständigen zu Anforderungen an die Arbeitshaltung werde eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen i.S.d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erkennbar. Es sei keine Verweisungstätigkeit denkbar, die er noch ausüben könne.
Das SG hat eine ergänzende Stellungnahme des N. vom 03.01.2023 und sodann ein weiteres schriftliches Gutachten des E. vom 28.09.2023 eingeholt. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde hat nach ambulanter Untersuchung eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links bei Tinnitus Aurium und eine geringgradige Schwerhörigkeit rechts diagnostiziert. Es bestehe der Verdacht auf einen gutartigen Lagerungsschwindel. Zeitliche Einschränkungen für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt resultierten nicht.
Abschließend hat das SG ergänzende Stellungnahmen des N. vom 28.11.2023 und des V. vom 27.11.2023 eingeholt, die bei ihren Feststellungen verblieben sind. V. hat resümiert, in der Zusammenschau seien dem Kläger leichte Tätigkeiten in wechselnder Körper- ohne Zwangshaltung vollschichtig möglich.
Der Kläger hat auch nach Kenntnisnahme der ergänzenden Stellungnahmen an seinem Rechtsschutzbegehren festgehalten und beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 12.02.2021 und vom 19.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm weiterhin eine Erwerbsminderungsrente, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.09.2024 abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lägen die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine (Weiter)gewährung der Erwerbsminderungsrente beim Kläger nicht vor. Die bei dem Kläger festgestellten Erkrankungen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit seien von den Sachverständigen Dres. V., N. und E. ausführlich und verständlich beschrieben worden. Sie erläuterten gut nachvollziehbar, weshalb die qualitativen Einschränkungen im Leistungsbild zu keiner quantitativen Leistungsminderung führten. Die Einschätzung des H. überzeuge in Ermangelung einer näheren Begründung bei insgesamt knappen gutachterlichen Ausführungen nicht. Möglicherweise schließe er aus der fehlenden Wegefähigkeit auf ein herabgesetztes quantitatives Leistungsvermögen. In Anbetracht des näher dargelegten Restleistungsvermögens bestehe bei dem Kläger weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung.
Gegen das ihm am 07.11.2024 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 09.12.2024, Berufung eingelegt und sein Vorbringen wiederholt und vertieft.
Zwar seien seine verschiedenen leistungseinschränkenden Erkrankungen durch die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten im Wesentlichen dargestellt. Er könne jedoch nicht nachvollziehen, dass bei zuvor befristet bewilligter Erwerbsminderungsrente nunmehr ein täglich sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen werde, obwohl sich seine gesundheitliche Problematik gegenteilig verschärft habe. Vom SG werde die widersprüchliche Darstellung des negativen Leistungsbildes in Bezug auf ihm möglicher Körperhaltungen im Abgleich der Gutachten der Dres. N. und V. verkannt. Die bei ihm vorliegenden Leistungseinschränkungen summierten sich derart, dass es der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes durch die Beklagte bedürfe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.09.2024 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2022 zu verurteilen, ihm ab 01.03.2021 weiterhin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Einen zunächst beabsichtigten Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (Schriftsatz vom 21.02.2025) hat der Kläger nicht gestellt.
Die Beteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 23.04.2025 darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete und beabsichtigt sei, diese gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Die Beteiligten haben sich hierzu – der Kläger trotz antragsgemäß gewährter Fristverlängerung und mehrfacher Erinnerung – nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers wird durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG zurückgewiesen. Zur Möglichkeit einer solchen Entscheidung sind die Beteiligten durch den erkennenden Senat mit Schreiben vom 23.04.2025 angehört worden (§ 153 Abs. 4 S. 2 SGG).
Gem. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG kann der Senat die Berufung außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Im Klageverfahren hat das SG nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung wird nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für erforderlich gehalten. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte in einem Verhandlungstermin ist nicht zu erwarten. Schließlich hat der Kläger ein weiteres Vorbringen zur Sache nicht angekündigt. Andere Aspekte, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens notwendig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar.
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 02.09.2024 ist nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist (allein) der Bescheid der Beklagten vom 19.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2022 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers vom 27.08.2020 auf Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 01.03.2021 abgelehnt hat. Im Berufungsverfahren hat sich der (anwaltlich vertretene) Kläger nicht mehr gegen den (ihn begünstigenden) Teilhabebescheid vom 12.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2022 gewendet.
Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) statthafte (vgl. LSG NRW Urt. v. 21.06.2024 – L 21 R 678/22 – juris Rn. 37) und auch im Übrigen zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert. Er hat keinen Anspruch auf (Weiter-)Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 28.02.2021 hinaus. Unbeachtlich ist dabei, ob sich der Gesundheitszustand des Klägers – wie er vorträgt – im Vergleich zum Zeitraum der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente verschlechtert hat. Denn aufgrund der Befristung der dem Streitzeitraum vorangehenden Rentenbewilligungen (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X – i.V.m. § 102 Abs. 1 S. 1 SGB VI) kommt es auf die Frage einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer wesentlichen Änderung nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht an (vgl. z.B. Kador in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 102 Rn. 12).
Gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 SGB VI haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, je Nr. 2 und 3 SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind bzw. Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI) und voll erwerbsgemindert – neben weiteren, hier nicht gegebenen besonderen Voraussetzungen – Versicherte, denen dies nicht mindestens drei Stunden täglich möglich ist (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 43 SGB VI müssen im Vollbeweis, d.h. mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, feststehen (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 20.09.2023 – L 8 R 788/22 – juris Rn. 29; Senatsurt. v. 04.05.2022 – L 8 R 945/12 ZVW – juris Rn. 35 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen eines Rentenanspruchs wegen Erwerbsminderung liegen nicht vor. Der Kläger verfügt über eine quantitativ vollschichtige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (dazu unter 1.). Eine Wegeunfähigkeit, die unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes eine Rente wegen Erwerbsminderung bedingen könnte, hat die Beklagte durch die Zusicherung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Bescheid vom 12.02.2021 für die Zeit ab März 2021 beseitigt (dazu unter 2.). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedurfte es nicht (dazu unter 3.).
1. Der Kläger ist im gesamten Streitzeitraum bis zur Entscheidung des Senats in seiner zeitlichen Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht rentenrechtlich relevant beschränkt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die zutreffende Würdigung durch das SG im Urteil vom 02.09.2024 Bezug und macht sich diese nach Prüfung zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat sich dabei auf die auch den Senat überzeugenden Sachverständigengutachten der Dres. E., N. und V. gestützt. Deren nach sorgfältiger Auswertung der Aktenlage und gründlichen eigenen Befunderhebungen detaillierte und schlüssige Leistungsbeurteilungen stimmen zudem mit der Einschätzung der Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin I. im Verwaltungsverfahren (Gutachten vom 14.01.2021) überein.
Die Annahme des Angiologen H. im Widerspruchsverfahren, das Leistungsvermögen des Klägers sei auf drei bis sechs Stunden herabgesetzt, überzeugt hingegen nicht. In der sozialmedizinischen Beurteilung des insgesamt sehr knapp gehaltenen Gutachtens vom 08.10.2021 nimmt H. eine Herabsetzung des Leistungsvermögens auf leichte Tätigkeiten unter qualitativen Gesichtspunkten an, ohne überhaupt auf quantitative Einschränkungen einzugehen. Die insoweit begründungslose Ansicht einer teilweisen Erwerbsminderung bleibt auch unter Einbeziehung des im Gutachten dargelegten Untersuchungsbefundes unverständlich.
Das Berufungsvorbringen, das sich im Wesentlichen in einer Wiederholung der erstinstanzlichen Einwände erschöpft, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die klägerseitig angenommene Widersprüchlichkeit zwischen den Feststellungen der Sachverständigen N. und V. in Bezug auf dem Kläger möglicher Körperhaltungen besteht nicht. Soweit N. erläutert hat, dass einseitige Körperhaltungen, insbesondere vornehmliches Sitzen, vermieden werden sollten (Gutachten vom 03.01.2023; ergänzende Stellungnahme vom 28.11.2023), hat V. – ausweislich der Klarstellung in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.11.2013 – ebenfalls (lediglich) die Möglichkeit eines Wechsels der Körperhaltungen für erforderlich gehalten.
2. Die Wegefähigkeit, die als Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zumutbar zu erreichen, zur Erwerbsfähigkeit zählt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2011 – B 13 R 21/10 R – juris Rn. 20 f.) und bei deren Fehlen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Prüfung einer Verweisungstätigkeit regelmäßig von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen ist (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 29), ist bei dem Kläger zwar unter Berücksichtigung seiner Leiden eingeschränkt (dazu unter a.). Die Beklagte hat die rentenrechtliche Wegeunfähigkeit jedoch für den streitigen Zeitraum beseitigt (dazu unter b.).
a. Hat der Kläger – wie hier – keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm möglich sein müssen, nach einem generalisierenden Maßstab. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. auch die zumutbare Benutzung eines (eigenen) Kfz (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2011 – B 13 R 21/10 R – juris Rn. 22 m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen war der Kläger im streitigen Zeitraum wegeunfähig. Nach den durchgeführten Ermittlungen konnte er die genannten Fußstrecken aufgrund seiner Leiden nicht bewältigen. Ein Kfz stand ihm nicht zur Verfügung.
b. Die Beklagte hat die entsprechende Einschränkung für den Zeitraum ab März 2021 jedoch aufgrund der mit Bescheid vom 12.02.2021 erfolgten Bewilligung von kompensierenden Rehabilitationsleistungen beseitigt und eine ausreichende Mobilität hergestellt.
Voraussetzung der Beseitigung einer (möglichen) Wegeunfähigkeit ist insoweit, dass die bewilligte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben den Versicherten in eine Lage versetzt, die derjenigen eines Versicherten gleicht, der einen Führerschein und ein privates Kfz besitzt und dem die Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses sowie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch an einem über 500 Meter entfernt liegenden Arbeitsplatz zuzumuten ist, weil er mit einem einigermaßen verlässlich einzuschätzenden Aufwand an Zeit und Kosten dorthin gelangen kann (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2011 – B 13 R 79/11 R – juris Rn. 26 f.; Urt. v. 21.03.2006 – B 5 RJ 51/04 R – juris Rn. 22). Ausreichend ist etwa die Bewilligung der Übernahme der notwendigen Kosten für Fahrten mit dem Taxi zur Wahrnehmung von Vorstellungsgesprächen und die vorbehaltlose Bereitschaft, im Falle der Arbeitsaufnahme Leistungen zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes in Form der tatsächlich anfallenden Beförderungskosten zu übernehmen (vgl. BSG Urt. v. 12.12.2011 – B 13 R 79/11 R – juris Rn. 30 ff.). Diesen Anforderungen trägt der Bescheid vom 12.02.2021 vollumfänglich Rechnung.
3. Der Ansicht des Klägers, es bedürfe angesichts der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, ist das SG ebenfalls mit zutreffender Begründung entgegengetreten, die der Senat in Bezug nimmt. Eine solche Benennung ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn der Versicherte in typischen Arbeitsfeldern noch hinreichend leistungsfähig ist (dazu unter a.). Im Übrigen liegen auch weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise einen konkreten Vergleich der Leistungsfähigkeit mit dem Anforderungsprofil einer bestimmten Verweisungstätigkeit erforderlich machen (dazu unter b.).
a. Bei Versicherten, die trotz qualitativer Leistungseinschränkungen noch zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten können, ist die Einsatzfähigkeit in einem Betrieb nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2011 – B 13 R 78/09 R – juris Rn. 36). Können diese (jedenfalls) noch körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten – ggf. unter weiteren gesundheitlichen Einschränkungen – wenigstens sechs Stunden täglich verrichten, sind sie regelmäßig in der Lage, "erwerbstätig zu sein" (sog. "offener" Arbeitsmarkt). Arbeitsplätze, auf denen ungelernte körperlich leichte Tätigkeiten zu erbringen sind, sind nicht generell "unüblich" (vgl. ausführlich BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 26 f.; Senatsurt. v. 28.08.2024 – L 8 R 606/21 – juris Rn. 39; Senatsbeschl. v. 24.05.2023 – L 8 R 446/22 – juris Rn. 31). Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Art der (qualitativen) Leistungseinschränkungen ist in den Fällen eines noch ausreichenden positiven (Rest-)Leistungsvermögens in typischen Arbeitsfeldern wie z.B. dem Bedienen von Maschinen, dem Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen nicht erforderlich (vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 32 m.w.N.; Urt. v. 19.10.2011 – B 13 R 78/09 R – juris Rn. 31, 36). Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es dann nicht (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 17, 22). Erst und nur dann, wenn Versicherte die genannten Tätigkeitsfelder mit ihrem Restleistungsvermögen nicht mehr auszufüllen vermögen, ist zu prüfen, ob derart ernste Zweifel an der Verwertbarkeit des verbliebenen Leistungsvermögens auf dem Arbeitsmarkt bestehen, dass ein individueller Abgleich mit einer Verweisungstätigkeit erfolgen muss (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 31, 33). Hieran fehlt es vorliegend.
Dass der Kläger entsprechende Tätigkeitsfelder noch ausüben kann, haben die Sachverständigen Dres. V., N. und E. indes übereinstimmend ausdrücklich und nachvollziehbar bestätigt.
b. Lediglich ergänzend wird insoweit darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger auch weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen könnten (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 28; Urt. v. 09.05.2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rn. 26 m.w.N.; Urt. v. 19.10.2011 – B 13 R 78/09 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Senatsurt. v. 28.08.2024 – L 8 R 606/21 – juris Rn. 37).
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist eine schwerwiegende Behinderung, die bereits alleine ein weites Feld an Einsatzmöglichkeiten versperrt. Als solche wurden zB die Einarmigkeit oder besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz angesehen (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 34 m.w.N.; Urt. v. 09.05.2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rn. 28 m.w.N.). Im Sinne eines Ähnlichkeitsvergleichs muss die "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" in ihrer Wirkung der schweren spezifischen Leistungsbehinderung gleichkommen. In Betracht kommt dies, wenn entweder (mindestens) zwei Leistungseinschränkungen vorliegen, die ihrer Art bzw Schwere nach (zB Wechselrhythmus in 20 bis 30 Minuten mit einigen Minuten dauerndem Wechsel; keine schnellen Arm- und Handbewegungen) jeweils für sich genommen schon eine erhebliche Einschränkung auf dem Arbeitsmarkt mit sich bringen oder wenn mehrere Leistungseinschränkungen gegeben sind, die sich aufgrund ihres Zusammentreffens insgesamt "ungewöhnlich" auswirken, sodass die Chance, einen Arbeitsplatz ausfüllen zu können, ebenso stark reduziert erscheint wie bei der schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Dabei genügt es für die Annahme eines Summierungsfalles nicht, auf die schiere Anzahl der von den Gutachtern genannten qualitativen Einschränkungen zu verweisen; eine Analyse, durch welche konkreten Einschränkungen das Feld der Einsatzmöglichkeiten nicht nur hinsichtlich einzelner Verrichtungen, sondern umfassender reduziert wird, bleibt unerlässlich. In den Blick zu nehmen ist insoweit eine besondere Addierungs- und Verstärkungswirkung mehrerer verschiedener, nur auf den ersten Blick "gewöhnlicher" Leistungseinschränkungen (vgl. BSG Urt. v. 11.12. 2019 – B 13 R 7/18 R – jruis Rn. 36 f.).
Eine wechselseitige Verstärkung der durch die einzelnen Gesundheitsstörungen verursachten Leistungseinschränkungen haben die Sachverständigen hingegen übereinstimmend nicht beschrieben. Vielmehr lassen die sozialmedizinischen Beurteilungen, die V. für jede von ihm festgestellte Gesundheitsstörung im Einzelnen vorgenommen hat, erkennen, dass die resultierenden Einschränkungen letztlich im Rahmen des zusammenfassend beschriebenen qualitativ negativen Leistungsbildes ineinander aufgehen. Auch N. hat in seiner (zweiten) ergänzenden Stellungnahme vom 28.11.2023 entsprechend bekräftigt, dass sich nach sozialmedizinischer Erfahrung ein ausreichender gesundheitlicher Spielraum für zahlreiche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ergebe.
Die bei dem Kläger nach den detaillierten Beurteilungen des V. leistungslimitierend im Vordergrund stehende periphere arterielle Verschlusskrankheit ist mit den o.a. Fallgruppen einer angenommenen schweren spezifischen Leistungseinschränkung nicht vergleichbar. Abseits einer Einschränkung der Wegefähigkeit (dazu schon unter 2.) führt diese Gesundheitsstörung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allein zur Notwendigkeit qualitativer Anforderungen an einen leidensgerechten Arbeitsplatz, so einer Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen mit der Möglichkeit (zeitweisen) Sitzens. Soweit im Zusammenhang mit den weiteren Gesundheitsstörungen nach der zusammenfassenden Beurteilung des V. weitere qualitative Einschränkungen bestehen, ist eine besondere Addierungswirkung dieser „gewöhnlichen“ Leistungseinschränkungen von den Sachverständigen nicht festgestellt und auch vom Kläger nicht dargelegt worden. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Einschränkung der Einsatzmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt dabei über diejenige hinausgeht, die sich bereits durch die Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten ergibt (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R – juris Rn. 38).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 S. 1 i.V.m. § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.