L 8 U 1778/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2757/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1778/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.05.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand


Streitig ist die Feststellung einer Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken oberen Sprunggelenks als Unfallfolge.

Der 1975 in der Türkei geborene Kläger war bei der D1 AG, Werk M1, als Maschinenbediener beschäftigt. Am 06.04.2017 fiel ihm ein etwa 6 kg wiegender Zylinderkopf auf den linken Fuß. Der Kläger trug dabei Sicherheitsschuhe. Der Durchgangsarztbericht des Klinikums E1 vom 06.04.2027 diagnostizierte eine Grundgliedfraktur der Großzehe links, welche am 24.04.2017 in der M2 Klinik K1, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, operativ mittels Reposition und Osteosynthese versorgt wurde.

Postoperativ entwickelte sich ein Wundinfekt, weshalb sich der Kläger vom 09.05.2017 bis zum 19.05.2017 nochmals in stationärer Behandlung in der M2 Klinik in K1 befand. Am 30.05.2017 erfolgte eine Arthrodese des Interphalangealgelenkes der linken Großzehe mit Mini-Fixateur in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T1, Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, im Rahmen einer stationären Behandlung vom 19.05.2017 bis zum 06.06.2017. Der Kläger befand sich vom 08.06.2017 bis zum 09.06.2017 in stationärer Behandlung in der Abteilung für Neurologie der BG-Klinik T1 wegen einer CT-morphologischen Läsion rechtshemisphärisch am Schädel sowie paroxysmaler Ereignisse seit mehreren Jahren mit Übelkeit über Minuten und nachfolgender ungerichteter Angst, Panikattacken, DD Panikstörung, DD epileptisch. Der weitere intra- und postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Der Kläger erhielt in der Folgezeit Verletztengeld über seine Krankenkasse ausgezahlt.

Eine Untersuchung des Klägers bei F1, Abteilung für Septische Chirurgie, BG-Klinik T1 vom 25.10.2017 ergab noch Schmerzen im Bereich des Vorfußes, woraufhin eine Einlagenversorgungsoptimierung und eine Schuhversorgung rezeptiert wurden. Auf Grund eines noch bestehenden ausgeprägten Belastungsdefizites, der Schmerzhaftigkeit sowie der Schwellneigung des linken Fußes empfahl F1 in seinem Bericht vom 16.04.2018 die Durchführung einer komplex stationären Rehabilitation (KSR), die in der BG-Klinik T1 vom 17.05.2018 bis zum 14.06.2018 durchgeführt wurde und zu keiner Verbesserung des Gangbildes führte.

Ein Verlaufsbericht vom 15.10.2018 von S1 und W1 von der BG-Klinik T1 führte ein noch anhaltendes Belastungs- und Ausdauerdefizit mit rückläufigen Beschwerden an der Großzehe bei nicht anatomisch verheilter Großzehengrundgliedfraktur auf.

Der H1 übersandte am 06.11.2018 Befundberichte vom 12.07.2018 und vom 09.10.2018 (Diagnosen u.a.: mittelgradige depressive Episode, V. a. posttraumatische Belastungsstörung, Panikstörung). R1 teilte am 22.11.2018 als vorläufige Diagnose eine Anpassungsstörung mit depressiver und ängstlicher Symptomatik gemischt mit.

W1 teilte in einer Sondersprechstunde in der BG-Klinik T1 am 24.01.2019 mit, dass die Unfallfolgen gut und belastungsstabil verheilt seien. Die orthopädischen Arbeitsschuhe seien gut gearbeitet und mit einer guten Abrollhilfe versehen, sodass der Verletzte den linken Fuß physiologisch abrollen könne. Eine Arbeitsaufnahme im Rahmen einer Arbeits- und Belastungserprobung sei angezeigt. Der Kläger begegnete dieser mit Vorbehalten und trat diese zunächst infolge einer Arbeitsunfähigkeit vom 28.01.2019 bis zum 15.02.2019 nicht an. Nach Genesung des Klägers wurde die Belastungserprobung ab 18.02.2019 erfolgreich durchgeführt. Im Anschluss daran war der Kläger wieder vollschichtig auf seinem alten Arbeitsplatz tätig.

Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 29.01.2019 stellte die Beklagte daher die Zahlung von Verletztengeld mit Bescheid vom 22.02.2019 mit Ablauf des 01.03.2019 ein. Diese Entscheidung wurde bestandskräftig.

Ab 17.07.2019 war der Kläger wieder infolge der Diagnosen Gelenkschmerz im Unterschenkel (Fibula, Tibia, Kniegelenk), posttraumatische Belastungsstörung sowie depressive Episode arbeitsunfähig.

Bei einer Untersuchung in der BG-Klinik T1 am 20.12.2019 diagnostizierten B1 und L1 anhaltende chronische Schmerzen sowie eine Gangbildstörung mit vermehrter Abrollung über den Fußaußenrand. Unfallunabhängig bestehe der Verdacht auf eine Depression. Es liege ein medizinischer Endzustand vor.

Am 01.02.2020 knickte der Kläger im privatem Bereich beim Laufen mit dem linken OSG um und zog sich dabei eine partielle Außenbandläsion mit Teilruptur des Ligamentum fibulotalare anterius und des Ligamentum fibulocalcaneare zu.

Mit Bescheid vom 13.02.2020 anerkannte die Beklagte das Ereignis vom 06.04.2017 als Arbeitsunfall und als Unfallfolge eine Belastungseinschränkung des linken Fußes nach operativ versorgter, nicht anatomisch verheilter Großzehengrundgliedfraktur mit Versteifung des Großzehenendgelenkes. Die Anerkennung der lschämie (Durchblutungsstörung) und der psychoreaktiven Störung im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode als Unfallfolgen wurde ebenso die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt.

Hiergegen legte der durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger mit Schreiben vom 26.02.2020 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 03.03.2020 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Arbeitsunfähigkeit seit dem 01.10.2019 als Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 und des Umknicktraumas vom 01.02.2020 als Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 ab. Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers legte auch hiergegen mit Schreiben vom 23.03.2020 Widerspruch ein.

Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers trug zur Begründung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 13.02.2020 mit Schreiben vom 23.03.2020 vor, dass sich der Widerspruch gegen die Nichtanerkennung der psychoreaktiven Störung als Unfallfolge (Ziff. 3 des Bescheides) sowie gegen die Nichtanerkennung des Ausmaßes der verbliebenen körperlichen Unfallfolgen und die Verwehrung einer Rente nach einer MdE von mind. 20 v.H. (Ziff. 4) richte. Die streitige Unfallfolge sei tatsächlich erst im Zusammenhang mit dem Heilungsprozess aufgetreten. Damit aber sei sie als mittelbare Unfallfolge anzuerkennen. Selbst eine wesentliche Verschlimmerung eines bereits bestehenden Vorschadens, der ohne den Arbeitsunfall nicht in diesem Umfang oder nicht annähernd zur selben Zeit eingetreten wäre, wäre anzuerkennen. Die Angaben im Bescheid zu den Verletzungsfolgen seien unrichtig, da die Angabe eines regelrechten Gangbildes bei der Abschlussuntersuchung vom 28.02.2019 überholt sei. Beim Gehen sei dem Kläger der übliche Bewegungsablauf in Gestalt des Abrollens über die Großzehe nicht mehr möglich. Er bewege den Fuß daher in einer Ausweichbewegung über den Außenrand. Diese Ausweichbewegung/Schonhaltung wirke sich auch auf die Wadenmuskulatur und das Knie aus und verursache eine Muskelverschmächtigung, Bewegungsschmerzen sowie nächtliche Ruheschmerzen, die sich in letzter Zeit deutlich verstärkt hätten. Diese Beeinträchtigungen in der Statik hätten mittlerweile auch zu Hüft-, Schulter- und Nackenschmerzen geführt. Das Gehen falle dem Kläger so schwer, dass er am 01.02.2020 mit dem Sprunggelenk umgeknickt sei und sich eine Außenbandläsion mit Teilruptur zweier Bänder zugezogen habe. Zusammen mit der anhaltenden psychoreaktiven Störung ergebe sich eine MdE von mind. 20 v.H..

Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung des Klägers durch den L2 mit testpsychologischer Zusatzuntersuchung durch die V1. L2 teilte in seinem neurologisch-psychiatrischen Befundbericht zur Heilverfahrenskontrolle vom 19.06.2020 erhebliche diagnostische Unsicherheiten mit. Zwar würden die beklagten Beschwerden und die erhobenen Befunde eine depressive Störung oder auch eine Angststörung möglich erscheinen lassen. Eine hinreichende sichere Zuordnung bei unzureichender Offenheit (fehlende Medikamenteneinnahme, fehlende Anstrengungsbereitschaft bei der testpsychologischen Untersuchung) sei jedoch nicht möglich.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 07.10.2020 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 13.02.2020 und 03.03.2020 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers jeweils am 03.11.2020 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 13.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020 wird unter dem Az. S 9 U 2756/20 geführt.

Der Prozessbevollmächtigte hat zur Klagebegründung unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.04.2017 eine psychoreaktive Störung und Kniegelenksschmerzen geltend gemacht. Der Arbeitsunfall könne nicht hinweggedacht werden, ohne dass die streitgegenständlichen Beeinträchtigungen entfielen. Aufgrund der infolge des Arbeitsunfalles versteiften Großzehe komme es zu einer starken Bewegungseinschränkung im linken Vorfuß mit gestörter Abrollfähigkeit und dadurch zu Distorsionen am linken Sprunggelenk mit Außenbandruptur, Bone bruise am Talus und Os naviculare. Ohne die durch den Unfall bestehenden Gangbeeinträchtigungen wäre es nicht zu dem Umknicktrauma am 01.02.2020 gekommen. Er hat zudem einen Bericht von H1 vom 30.06.2021 eingereicht.

Zur Sachaufklärung hat das SG zunächst ein Gutachten bei dem F2 eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30.06.2021 im Bereich der unteren Extremitäten eine chronische Instabilität im linken USG, einen Z.n. Teil-Versteifung im Großzehengrundgelenk und eine Muskelminderung des linken Beines diagnostiziert. Den Z.n. Teil-Versteifung im Großzehengrundgelenk und die Muskelminderung des linken Beines hat er als Unfallfolgen eingestuft und mit einer MdE um 10 v.H. bewertet. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 01.03.2019 vorgelegen. Die in den AU-Bescheinigungen ab 01.10.2019 angeführten Diagnosen würden keinen Zusammenhang mit den unfallbedingten Gesundheitsstörungen erkennen lassen. Das Supinationstrauma vom 01.02.2020 hat er als schicksalhaftes Ereignis und nicht als Folge der verbliebenen Gesundheitsstörungen des Unfallereignisses vom 06.04.2017 bewertet.

Nachfolgend hat das SG ein Gutachten bei dem W2 eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 19.11.2021 zwar eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik für möglich erachtet, bei Hinweisen auf verminderte Anstrengungsbereitschaft bzw. negative Antwortverzerrung jedoch Zweifel an der vom Kläger demonstrierten depressiven Symptomatik und dem Vorliegen einer Anpassungsstörung geäußert. Das Vorliegen einer PTBS und einer Panikstörung hat er verneint, ebenso wie eine messbare MdE und eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit.

Der Kläger hat in der Folge ärztliche Befundberichte des B2 vom 10.03.2022 und vom 11.05.2023, der H2 vom 01.06.2022 und des A1 vom 11.05.2022 sowie vom 10.11.2023 und von O1 vom 27.11.2023 vorgelegt.

Das SG hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen F2 eingeholt, der mit Schreiben vom 29.09.2023 an seiner Einschätzung festgehalten hat.

Das SG hat mit Urteil vom 07.05.2024 den Bescheid vom 03.03.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020 insoweit aufgehoben, als die die Beklagte damit die Anerkennung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers seit dem 01.10.2019 als Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 abgelehnt hat. Im Übrigen, soweit die Beklagte das Umknicktrauma vom 01.02.2020 als Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 abgelehnt hat, hat es die Klage abgewiesen. Die in dem Bescheid vom 03.03.2020 getroffene ablehnende Feststellung unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2019 könne nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein, weil es sich hierbei um eine unzulässige Elementenfeststellung handeln würde. Die Beklagte habe keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über die Gewährung einer bestimmten Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung getroffen. Einen konkreten Antrag auf die Gewährung einer bestimmten Leistung (z.B. Verletztenrente, Erstattung von Zuzahlungen), über den die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid (inzident) eine Entscheidung getroffen habe, habe der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht gestellt. Damit sei eine ablehnende, anfechtbare Verwaltungsentscheidung der Beklagten über einen Anspruch auf eine (bestimmte) Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ergangen, insbesondere auch nicht über Verletztengeld. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid sei im Verfügungssatz Ziff. 1 nach seinem objektiven Sinngehalt vielmehr ausschließlich unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.10.2019 abgelehnt worden. Diese Feststellung sei deshalb auf die Anfechtungsklage im Hinblick auf die andernfalls drohende negative Feststellungswirkung, jedenfalls aber klarstellend, aufzuheben. Im Übrigen sei nach dem Gutachten von F2 nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.04.2017 zum Zustandekommen des am 01.02.2020 erlittenen Umknicktraumas wesentlich beigetragen hätten. F2 habe zu Recht darauf hingewiesen, dass erstmals ein Supinationstrauma des linken Sprunggelenkes vom 01.02.2020 aktenkundig sei. Hinweise auf rezidivierende Ereignisse hätten sich zuvor nicht ergeben. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger bereits seit längerem mit orthopädischen Schuhen versorgt und an das Gehen in den Schuhen gewohnt gewesen. Nachvollziehbar habe F2 daher das Supinationstrauma vom 01.02.2020 als schicksalhaftes Ereignis und nicht als Folge der verbliebenen Gesundheitsstörungen des Unfallereignisses vom 06.04.2017 bewertet.

Ein Nachweis über die Zustellung des Urteils befindet sich nicht in den Akten.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 10.06.2024 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und unter Vorlage eines Abdrucks des Urteils mitgeteilt, dass dieses am 14.05.2024 zugestellt worden sei. Die Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.04.2017 hätten zum Zustandekommen des am 01.02.2020 erlittenen Umknicktraumas mit partieller Außenbandläsion und Teilruptur des Ligamentum fibulotalare anterius und des Ligamentum fibulocalcaneare wesentlich beigetragen. Sofern die Beklagte auf H2 verweise, habe diese einen Zusammenhang zwischen den Beschwerden am Fuß und dem oberen Sprunggelenk lediglich aus organisatorischen Gründen nicht herzustellen vermögen („[...]im Rahmen der regelhaften Sprechstunde nicht möglich[...]") - eine medizinische Aussage werde gerade nicht getroffen. Das SG habe auch die Stellungnahmen von A1 unzutreffend bewertet. Insbesondere in seiner Stellungnahme vom 10.11.2023 lege A1 dar, dass die geltend gemachten Beeinträchtigungen Folge des Arbeitsunfalls seien. Er führe gerade nicht aus, dass der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich sei. Er lege sich in seiner Stellungnahme nach eindeutigem Dafürhalten fest. B2 führe in seinem Bericht vom 11.05.2023 aus, dass die Kniebeschwerden sowie Sprunggelenksbeschwerden am ehesten durch eine Fehlbelastung durch die Versteifung der linken Zehe kämen. Reserveursachen würden gerade nicht angeführt. Vor diesem Hintergrund werde eine erneute Begutachtung des Klägers angeregt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Ulm vom 07.05.2024 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die am 01.02.2020 erlittene Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken Sprunggelenks als Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 anzuerkennen,

hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass die am 01.02.2020 erlittene Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken Sprunggelenks eine Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 ist, ein Sachverständigengutachten nach § 109 SGG bei S2, M3str.,  L3 einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf den Inhalt der Akte und das erstinstanzliche Urteil verwiesen, in dem schlüssig und nachvollziehbar begründet dargelegt werde, aus welchen Gründen das Umknicktrauma vom 01.02.2020 nicht als mittelbare Unfallfolge des anerkannten Arbeitsunfalls des Klägers vom 06.04.2017 zu werten sei.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 07.11.2024 einen Befundbericht der Sportklinik S3 von F3 vom 08.08.2024 mit der Diagnose persistierende Gonalgie rechts bei beginnender patellofemoraler Chondromalazie II°sowie einen Bericht der G1 vom 27.06.2024 über ein MRT des rechten Kniegelenks eingereicht.

Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 03.12.2024 den Beteiligten mitgeteilt, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind und das Verfahren zur Verhandlung und Entscheidung vorgesehen ist.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 17.12.2024 mitgeteilt, dass der Kläger derzeit eine Antragstellung nach § 109 SGG prüfe. Ein möglicher Antrag hänge von einer Kostenübernahme der rechtsschutzgewährenden Gewerkschaft ab. Aufgrund der dortigen Schließzeiten zu Weihnachten/Neujahr, sei eine Abklärung allerdings erst bis voraussichtlich Ende Januar 2025 möglich. Es werde daher mit einer Entscheidung gebeten noch zuzuwarten; eine Sachstandsmeldung werde spätestens zum 31.01.2025 erfolgen.

Mit Schreiben vom 31.01.2025 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers angegeben, dass die Frage der Kostenübernahme hinsichtlich eines Antrags nach § 109 SGG leider erst nächste Woche geklärt werden könne, weshalb um kurzfristiges Zuwarten gebeten werde.

Mit Schreiben vom 03.02.2025 hat die Berichterstatterin dem Kläger den Hinweis erteilt, dass ein Antrag nach § 109 SGG bis zum 10.03.2025 zu stellen sei und innerhalb dieser Frist ein Kostenvorschuss i.H.v. 2.500 € einzuzahlen, der Arzt, dessen gutachterliche Äußerung beantragt werde, mit genauer Anschrift zu benennen sowie die beiliegenden Kostenverpflichtungserklärung ausgefüllt und unterschrieben vorzulegen sei. Ein verspätet gestellter Antrag könne nach § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt werden (vgl. Bl. 66 Senatsakte). Der Hinweis ist dem Klägerbevollmächtigten mit elektronischem Empfangsbekenntnis am 03.02.2025 zugestellt worden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 10.03.2025 um weiteres Zuwarten gebeten, da noch nicht habe geklärt werden können, ob aus den Mitteln des Klägers ein Gutachten finanziert werden könne.

Mit Schreiben vom 11.03.2025 hat die Berichterstatterin die beantragte Fristverlängerung abgelehnt. Das Verfahren sei zur Verhandlung und Entscheidung am 16.05.2025 vorgesehen.

Der Senatsvorsitzende hat das Verfahren mit Terminsbestimmung vom 04.04.2025 zur mündlichen Verhandlung am 16.05.2025 geladen.

Mit Schreiben vom 14.05.2025, übersandt per elektronischem Rechtsverkehr an das Gericht am 15.05.2025, hat der Prozessbevollmächtigte beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass die am 01.02.2020 erlittene Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken Sprunggelenks eine Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 ist, ein Sachverständigengutachten nach § 109 SGG bei S3, M3str., L3 einzuholen. Der Antrag sei nicht gestellt worden, um das Verfahren zu verschleppen. Im Gegenteil, dem Kläger sei an einem positiven Ausgang des Verfahrens gelegen, da er vor dem Arbeitsgericht gegen eine krankheitsbedingte Kündigung seines Arbeitsgebers vorgehe. Ein für den Kläger positiver Ausgang des vorliegenden Verfahrens könne dazu führen, dass die entsprechende Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu einem für den Kläger vorteilhaften Prozessverlauf führe. Ungeachtet der arbeitsrechtlichen Erwägungen sei der Kläger aber auch im Übrigen und aus ureigenem Interesse daran gelegen, den vorliegenden Prozess zu gewinnen. Der Kläger habe den für die Begutachtung vorgesehenen Arzt nicht früher benennen können. So habe der Kläger verschiedene Ärzte angefragt, u.a. W3, G2, M4hospital S3 (dort: Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie), K2hospital S3 (dort: Chirurgische Gutachtenstelle), um überall Absagen zu erhalten, in der Regel wegen bestehende Arbeitsüberlastung. Mit Schreiben vom 01.08.2023 habe die Beklagte erstinstanzlich mitgeteilt, dass die Schlussfolgerungen der den Kläger behandelnden (A1 und B2) den Gutachten der F2 und W2 diametral gegenüberstehen würden. Die Sachlage sei nicht ausermittelt; zwei voneinander unabhängig praktizierende Ärzte seien der Auffassung, dass die am 01.02.2020 erlittene Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken Sprunggelenks eine Folge des Arbeitsunfalles vom 06.04.2017 ist. Dass F2 erstinstanzlich in einer ergänzenden Stellungnahme sein Gutachten „verteidigt“ habe, überrasche nicht; aufgrund der eindeutigen Aussagen der A1 und B2 sehe der Kläger den Sachverhalt gerade nicht als ausermittelt an; hier solle das begehrte Gutachten nach § 109 SGG Klarheit verschaffen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenständlich ist im Berufungsverfahren der Bescheid vom 03.03.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020, soweit darin die Anerkennung der Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken unteren Sprunggelenks als weitere Unfallfolge des Arbeitsunfalls vom 06.04.2017 abgelehnt wurde. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten die Anfechtungsklage kombiniert mit der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –; BSG, Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 23/09 R –, juris). Bei dem Klageantrag in der durch den Bevollmächtigten formulierten Fassung handelt es sich nach sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens demnach um eine nach § 54 Abs. 1 SGG zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Feststellung einer weiteren Unfallfolge, welche mit den angefochtenen Bescheiden als weitere Unfallfolgen abgelehnt wurde (vgl. auch Senatsurteil vom 20.05.2022 – L 8 U 1273/21 –, juris Rn. 65 ff.).

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.03.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken unteren Sprunggelenks als Unfallfolge.

Die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge setzt voraus, dass sie Folge eines Versicherungsfalles, d.h. eines Arbeitsunfalls ist (§§ 7, 8 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Die Entstehung länger andauernder Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R = UV-Recht Aktuell 2006, 419-422 und B 2 U 26/04 R = UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 RBSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4 2700 § 8 Nr. 17; B 2 U 40/05 R, UV Recht Aktuell 2006, 419; B 2 U 26/04 R, UV Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in juris).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs – der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität – genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a.F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R und B 2 U 26/04 R – a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S. des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG, SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

In Anwendung dieser Maßgaben stellt der Senat im Ausgangspunkt fest, dass der Kläger 06.04.2017 einen Arbeitsunfall erlitten hat, als ihm bei seiner beruflichen Tätigkeit ein Zylinderkopf auf den linken Fuß fiel. Die Beklagte hat im Bescheid vom 13.02.2020 – insofern bestandskräftig und damit bindend – das Ereignis vom 06.04.2017 als Arbeitsunfall anerkannt.

Entgegen der Auffassung der Klägerseite ist jedoch die geltend gemachte weitere Unfallfolge nicht festzustellen. Die Beklagte hat zu Recht im Bescheid vom 03.03.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2020 die Anerkennung der Außenbandläsion mit Teilruptur im Bereich des linken unteren Sprunggelenks als Unfallfolge abgelehnt. Der Senat stellt dies mit den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen von F2 im Gutachten vom 30.06.2021 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.09.2023 fest.

F2 legt in seinem Gutachten vom 30.06.2021 dar, dass das Supinationstrauma des linken Sprunggelenkes nicht wesentlich kausal auf das teilversteifte Großzehengrundgelenk zurückzuführen ist. Zwar könne beim Barfußgehen aufgrund der Versteifung kein phsyiologisches Abrollverhalten erfolgen, was sich auch in der Untersuchung bestätigt habe. Der Kläger sei jedoch mit orthopädischen Schuhen versorgt, welche das physiologische Abrollverhalten wiederherstellten. Dass die orthopädische Schuhversorgung das Gangbild des Klägers gebessert hat, stellt der Gutachter überzeugend unter Verweis auf den Befundbericht von O1 vom 08.10.2018 fest. Auch nach dem Bericht von W1 vom 24.01.2019 sind die orthopädischen Schuhe gut gearbeitet und mit einer Abrollhilfe, welche ein physiologisches Abrollen erlaubt, versehen. Der Bericht von B1 vom 21.01.2020 über die Untersuchung vom 20.12.2019 teilt mit, dass der Kläger seit der Wiedereingliederungsmaßnahme arbeitsfähig gewesen sei. Der Kläger belaste beim Gehen einseitig die laterale Fußsäule und rolle nicht ab. Es bestehe eine Minderbelastbarkeit in diesem Bereich, ohne wesentliche arthrotische Veränderung des Großzehengrundgelenkes. Die vorhandene Schuheinlagenversorgung sei adäquat und der Kläger sei mit dem Schuhwerk zufrieden. Somit ist zwar nach dem Unfall ein Belastungsdefizit des linken Fußes verblieben, es kann jedoch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dieses auch wesentlich zur Außenbandläsion mit Teilruptur geführt hat. Insofern kommt auch ein schicksalhaftes Verdrehtrauma, welches auch im Behandlungsbericht vom 20.02.2020 von O1 geschildert wird, in Betracht. F2 weist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.09.2023 darauf hin, dass das MRT vom 27.12.2021 eine Besserung des Knochenmarködems im Talus beschrieben habe, was gegen eine Überlastungsreaktion spreche. Weitere MRT-Befunde oder klinische Befunde sind nach dem Gutachten vom 30.06.2021 nicht aktenkundig. Der Gutachter kommt somit schlüssig zum Ergebnis, dass belastbare Nachweise für eine wesentliche Kausalität des versteiften Zehengelenkes für das Umknicktrauma vom 01.02.2020 nicht vorliegen. Ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang folgt auch nicht aus den vom Kläger eingereichten Befundberichten im erstinstanzlichen Verfahren sowie im Berufungsverfahren. F2 hat auf Veranlassung des SG zu den im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Befundberichten von B2, H2 und A1 mit Schreiben vom 29.09.2023 ergänzend Stellung genommen. Weitere Befundberichte über wiederkehrende Umknicktraumata liegen nicht vor. Der Senat kann somit nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Folgen des Unfalles vom 06.04.2017 die wesentliche Ursache für die Außenbandläsion mit Teilruptur vom 01.02.2020 waren.

Soweit B2 in seinem Bericht vom 11.05.2023 die Kniebeschwerden am linken Knie auf eine mögliche Überlastungsreaktion des linken Fußes zurückführt, folgt hieraus ebenfalls keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts. So handelt es sich lediglich um eine Vermutung bei im Befundbericht von B2 bei unauffälligem Untersuchungsbefund des rechten Kniegelenks. Zudem ist die Anerkennung der Kniebeschwerden als Unfallfolgen kein zulässiger Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren. Es handelt sich um eine Gesundheitsstörung in einem bislang von der Beklagten nicht geprüften Funktionssystem, so dass eine Einbeziehung ins laufende Verfahren nicht möglich ist. Aus diesem Grund ändert sich auch durch den im Berufungsverfahren eingereichten Befundbericht der Sportklinik, Klinikum S3, vom 08.08.2024 mit MRT-Befund des rechten Knies vom 27.06.2024 und der Diagnose einer persistierenden Gonalgie rechts bei beginnender patellofemoraler Chondromalazie Grad II, möglicherweise in Folge einer Fehlbelastung des rechten Beines wegen Fehlbelastung linken Beines, nichts an der Bewertung des Sachverhaltes, da die Kniebeschwerden keinen zulässigen Streitgegenstand darstellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und insbesondere das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten von F2 vom 30.06.2021 haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eine wesentliche Befundverschlechterung wurde im Berufungsverfahren nicht dargelegt.

Der Senat war auch nicht gehalten, dem am 17.12.2024 angekündigten Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf „Prüfung einer Antragstellung gemäß § 109 SGG“ zu folgen.

Es liegt bereits kein ordnungsgemäßer Antrag nach § 109 SGG vor. Ein ordnungsgemäßer Antrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG setzt insbesondere voraus, dass der Antragsteller die gutachtliche Anhörung eines namentlich bestimmten oder mindestens bestimmbaren Arztes beantragt und dass das Beweisthema für die Entscheidung rechtserheblich ist (BSG, Urteil vom 04.07.1959 – 9 RV 862/56 – juris, Rn. 13; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 109 Rn. 4; Pitz, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 2. Aufl. 2022, § 109 Rn. 10; Roller, in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 109 Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers keinen bestimmten oder bestimmbaren Arzt bezeichnet, der gutachtlich gehört werden soll, sondern ohne weitere Erläuterung nur „die Prüfung einer Antragstellung gemäß § 109 SGG“ angekündigt. Es handelt sich mithin um eine bloße Anregung zur Beweisermittlung, welcher der Senat im Rahmen seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, hier nicht zu folgen braucht.

Soweit der Kläger mit Schreiben vom 14.05.2025 die Einholung eines Gutachtens nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG bei S2 beantragt hat, lehnt der Senat diesen Antrag gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 109 Abs. 2 SGG ab.

Gemäß § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 109 Abs. 2 SGG sind erfüllt. Durch die Zulassung des Antrags würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden, da der bereits am 16.05.2025 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung verlegt werden müsste, was zu einer Verzögerung der Entscheidung des Rechtsstreits führen würde. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht. Die Berichterstatterin hat dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 03.02.2025 einen Frist gesetzt, um einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG zu stellen, und den Kläger darauf hingewiesen, dass ein nach Ablauf dieser Frist gestellter Antrag abgelehnt werden kann, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Da zugleich auch der Hinweis erfolgte, dass eine weitere Fristverlängerung nicht gewährt werden wird, da das Verfahren zur Entscheidung am 16.05.2025 vorgesehen ist, musste der fachkundig vertretene Kläger spätestens mit Zustellung des Schreibens vom 03.02.2025 erkennen, dass das Gericht keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen durchführen wird, zumal bereits mit Schreiben vom 03.12.2024 hierauf hingewiesen worden war und der Kläger bereits zwei Mal mit Schreiben vom 17.12.2024 und mit Schreiben vom 31.01.2025 um Fristverlängerung gebeten hatte. Die verspätete Antragstellung beruht daher auf grober Nachlässigkeit (ebenso Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 109, Rn. 11; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.10.2024 – L 10 R 1768/23 –, juris Rn. 74). An dieser Bewertung ändert auch das Vorbringen des Klägers im Schreiben vom 14.05.2025 nichts, wonach der Kläger bei verschiedenen Ärzten angefragt habe, jedoch überall Absagen oftmals unter Verweis auf eine Arbeitsüberlastung erhalten habe. Der Kläger hat erstmals am 17.12.2024, nach dem Hinweis der Berichterstatterin vom 03.12.2024 bezüglich der Entscheidungsreife des Verfahrens und der beabsichtigten Verhandlung und Entscheidung, einen Antrag nach § 109 SGG angekündigt. Er hätte bereits seit diesem Zeitpunkt nicht nur die Frage der Kostentragung, sondern auch die Suche nach einem zur Erstellung eines Gutachtens bereiten Arztes bzw. einer Ärztin klären müssen. Spätestens seit dem Hinweis der Berichterstatterin vom 03.02.2025 war der Kläger zur Intensivierung seiner Bemühungen verpflichtet. Die erst einen Tag vor der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2025 und daher eindeutig verspätet erfolgte Benennung des Gutachters beruht somit angesichts der bereits seit dem 03.12.2024 feststehenden Entscheidungsreife und der mit Verfügung vom 04.04.2025 erfolgten Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 16.05.2025 auf grober Nachlässigkeit, so dass der am 15.05.2025 eingegangene Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei S2 nach § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen ist.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.



 

Rechtskraft
Aus
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