In der Einlegung einer Berufung liegt nicht zugleich auch die Erhebung eines Widerspruchs.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 10.02.2025 wird zurückgewiesen.
Die auf Übernahme zukünftiger Hotelkosten, Pensionskosten oder Kosten einer Ferienwohnung sowie auf Übernahme der Krankenkassenbeiträge für die Zeit der Haft gerichtete Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt u. a. eine Untätigkeitsklage weiter.
Mit Bescheid vom 16.01.2024 lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 09.11.2023 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab Januar 2024 ab.
Die Klägerin erhob am 17.01.2024 u. a. eine Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm (S 11 AS 165/24) wegen des „abgelehnten Bewilligungsbescheid“ bzw. „des abgelehnten Weiterbewilligungsantrag“ durch den Beklagten. Der Beklagte trat dieser Klage damit entgegen, dass streitig der Bescheid vom 16.01.2024 sei, mit welchem der Weiterbewilligungsantrag der Klägerin auf Bürgergeld für die Zeit ab 01.01.2024 abgelehnt worden sei. Mit richterlicher Verfügung vom 31.01.2024 wurde darauf hingewiesen, dass mit der Klageerhebung gleichzeitig Widerspruch erhoben worden sein dürfte. Mit der Klageschrift habe die Klägerin jedenfalls die Überprüfung des Bescheids beantragt. Dieser Überprüfungsantrag dürfe nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz vorliegend als Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.01.2024 auszulegen sein. Aus diesem Grund werde der Beklagte gebeten, das Widerspruchsverfahren zeitnah durchzuführen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2024 zurückgewiesen.
Die Klägerin befand sich vom 14.02.2024 bis zum 25.10.2024 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt G1.
Am 30.10.2024 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen neuen Antrag auf Bürgergeld.
Die Klägerin hat am 14.11.2024 u. a. eine Klage zum SG Ulm erhoben (Aktenzeichen S 11 AS 2707/24) „wegen aktueller und rückständiger Krankenkassenbeiträge ab Januar 2024, und aktuellem Regelbedarf und Kosten der Unterkunft“. Sie habe mittlerweile u. a. Schulden von „über 2000 Euro“ bei der Krankenkasse. Regelbedarf und Kosten der Unterkunft seien auch nicht ausbezahlt worden „von dem aktuell im Oktober gestellten Antrag auf SGB2“.
Mit Bescheid vom 18.11.2024 hat der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 25.10.2024 bis zum 31.12.2024 bewilligt. Dabei ist lediglich der Regelbedarf berücksichtigt worden. Gemäß § 7 Abs. 4 SGB II bestehe in der Zeit vom 01.10.2024 bis zum 24.10.2024 kein Leistungsanspruch nach dem SGB II, da die Unterbringung in einer stationären Einrichtung länger als sechs Monate angedauert habe.
Der Bescheid war mit folgender Rechtsbehelfsbelehrung versehen: „Gegen diesen Bescheid kann jede betroffene Person oder ein von dieser bevollmächtigter Dritter innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Für minderjährige oder nicht geschäftsfähige Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Für die Erhebung des Widerspruchs stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: 1. Schriftlich oder zur Niederschrift Der Widerspruch kann schriftlich bei der im Briefkopf genannten Stelle eingelegt werden. Auch kann die im Briefkopf genannte Stelle aufgesucht und der Widerspruch dort schriftlich aufgenommen werden. 2. Auf elektronischem Weg 2.1 Durch E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur an die im Briefkopf genannte Stelle. Hierfür wird eine qualifizierte elektronische Signaturkarte benötigt. 2.2 Durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung, wenn die im Briefkopf genannte Stelle ebenfalls über eine De-Mail-Adresse verfügt. Dafür wird eine De-Mail-Adresse benötigt. 2.3 Durch Übermittelung mittels elektronischen Dokuments, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, über ein EGVP-Postfach oder das besondere Anwaltspostfach (beA) an das im SAFE-Verzeichnis (sichere Verzeichnisdienste) gelistete besondere Behördenpostfach (beBPo) der im Briefkopf genannten Stelle. Dafür wird ein EGVP-Postfach beziehungsweise ein besonderes Anwaltspostfach benötigt. 2.4 Über das Kundenportal der Bundesagentur für Arbeit. Dafür wird ein neuer elektronischer Personalausweis (nPA) oder eine eID-Karte oder ein elektronischer Aufenthaltstitel (eAT) benötigt. Hierbei kann die Funktion "Widerspruch einlegen" über die Internetseite https://www.arbeitsagentur.de/eservices genutzt werden. Außerdem ist die Anmeldung mit dem eigenen Benutzernamen und Passwort erforderlich.“
Am 26.11.2024 hat die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, woraufhin der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 29.11.2024 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2025 bis zum 31.03.2025 unter Berücksichtigung des Regelbedarfs gewährt hat.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 27.12.2024 hat das SG Ulm in dem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S 11 AS 2707/24 u. a. darauf hingewiesen, dass, da bei Erhebung der Klage noch kein Bescheid vorhanden gewesen sei, die Klage nur als Untätigkeitsklage ausgelegt werden könne, mit dem Begehren, über den gestellten Leistungsantrag vom 30.10.2024 zu entscheiden. Hierauf bezugnehmend hat die Klägerin am 20.01.2025 mitgeteilt, sie erhebe eine Untätigkeitsklage, woraufhin das SG Ulm darauf hingewiesen hat, dass sich die Untätigkeitsklage mit dem Bewilligungsbescheid vom 18.11.2024 erledigt habe. Mit Schreiben vom 23.01.2025 hat die Klägerin u. a. ausgeführt, ihr sei trotz Krankmeldung angedroht worden, die Leistungen zu sperren beziehungsweise zu kürzen, deswegen erhalte sie die Klage aufrecht, da sie ständig vom Beklagten schikaniert werde. Der Beklagte sei schuld, dass ihr ihre Kinder weggenommen worden seien und sie im Gefängnis gewesen sei.
Einen weiteren Leistungsantrag hat die Klägerin am 16.01.2025 gestellt. Einen Weiterbewilligungsantrag hat die Klägerin zudem am 11.02.2025 gestellt.
Mit dem am 13.02.2025 der Klägerin zugestellten streitbefangenen Gerichtsbescheid vom 10.02.2025 hat das SG Ulm die Klage wegen Unzulässigkeit abgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 28.02.2025 Revision zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Das BSG hat dieses Schreiben mit Schreiben vom 06.03.2025 an das SG Ulm mit der Bitte um weitere Veranlassung übermittelt und mit Beschluss vom 23.04.2025 (Aktenzeichen B 7 AS 27/25 AR) die Revision im Übrigen als unzulässig verworfen). Das SG Ulm hat das Schreiben der Klägerin vom 28.02.2025 am 11.03.2025 dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, das dieses als Berufung ausgelegt hat, vorgelegt.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2024 und des Bescheides vom 18.11.2024 zu verurteilen, Krankenkassenbeiträge für ihre Haftzeit ab dem 14.02.2024 zu übernehmen und den Beklagten zur Abgabe einer Zusicherung zu verpflichten, wonach zukünftig die Hotelkosten, Pensionskosten oder Kosten einer Ferienwohnung beziehungsweise einer größeren Wohnung übernommen werden, damit die Klägerin mit ihren zwei Kindern zusammenwohnen kann.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte hat ausgeführt, streitig sei zum einen die Bescheidung des Antrages vom 30.10.2024 sowie zum anderen der Bescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2024. Dieses Begehren sei bereits Gegenstand des beim SG Ulm anhängigen Verfahrens S 11 AS 165/24. Ebenfalls anhängig beim SG Ulm sei der Bewilligungszeitraum vom 01.07.2023 bis zum 31.12.2023 in dem Verfahren S 11 AS 2262/23 sowie der Bewilligungszeitraum vom 01.01.2025 bis zum 31.03.2025 in dem Verfahren S 11 AS 310/25. Die zulässige Berufung sei nicht begründet.
Mit Bewilligungsbescheid vom 11.03.2025 hat der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2025 bis zum 30.06.2025 unter Berücksichtigung des Regelbedarfs bewilligt.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.06.2025 – an die Klägerin zentral versandt am 24.06.2025 – wurde der Bescheid vom 18.11.2024 teilweise bezüglich des Leistungszeitraums vom 01.11.2024 bis 30.11.2024 in Höhe von 127,08 Euro aufgehoben und dieser Betrag zur Erstattung festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat war befugt, die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Klägerin durchzuführen und daraufhin durch Urteil zu entscheiden. Denn die Klägerin ist auf diese Möglichkeit in der Ladung zum Termin ausdrücklich hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Ein Hinweis auf § 126 SGG (Entscheidung nach Aktenlage) ermöglicht insofern erst recht den Erlass eines Urteils aufgrund (einseitiger) mündlicher Verhandlung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 37/93 –, juris Rn. 17).
Es liegt auch kein Fall vor, dass der Senatsvorsitzende nicht vor der mündlichen Verhandlung über einen Verlegungsantrag entschieden hätte. Zwar besteht im Grundsatz eine Verpflichtung zu einer solchen Entscheidung (zur grundsätzlichen Verpflichtung zu einer solchen Entscheidung vgl. BSG Beschl. v. 22.10.2014 – B 6 KA 25/14 B, Rn. 11, beck-online), einen nicht verbeschiedenen Antrag auf Terminsverlegung hatte die Klägerin jedoch nicht gestellt.
Mit Fax vom 23.06.2025 hatte die Klägerin einen „Eilantrag auf Verhandlung per Video wegen Wegeunfähigkeit“ gestellt und ergänzend angemerkt, ob es „eventuell“ möglich wäre, den Termin zu verschieben, weil sie in der Sache auch gerne einen Anwalt hätte. Bereits dieses Schreiben enthielt keinen Terminsverlegungsantrag, sondern einen Antrag auf Gestattung der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz. Die Wendung, ob es „eventuell“ möglich wäre, stellt aus Sicht des Senats keinen unbedingten Verlegungsantrag dar.
Der Senat hat der Klägerin daraufhin mit Beschluss vom 23.06.2025 gestattet, sich während der Verhandlung am 25.06.2025, 11:30 Uhr an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Hiervon ist die Klägerin sowohl per Mailboxmitteilung durch den Vorsitzenden als auch per E-Mail vom 23.06.2025 samt Übermittlung der notwendigen Einwahldaten zur Teilnahme an der Videokonferenz in Kenntnis gesetzt worden. Ferner ist die Klägerin auf diesen Wegen auch darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung wie geplant stattfinde und eine kurzfristige Verlegung nicht erfolge. Mit am Terminstag um 09:49 Uhr bei Gericht eingegangener E-Mail hat die Klägerin sodann folgendes mitgeteilt: „Ich weiß nicht ob ich an der Videoverhandlung teilnehmen kann, da ich im Krankenhaus bin.“ Hiermit hat die Klägerin keinen erneuten Terminsverlegungsantrag gestellt beziehungsweise einen gestellten Terminsverlegungsantrag aufrechterhalten, sondern das Gericht lediglich über ihre mögliche Abwesenheit informiert.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das daneben im Wege der Klageänderung verfolgte Klagebegehren ist unzulässig.
II. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG Ulm vom 25.02.2025 sowie der Bescheid vom 18.11.2024 sowie das bereits erstinstanzlich nach Ergehen des Bescheides vom 18.11.2024 fortgesetzte Begehren einer Untätigkeitsklage sowie die im weiteren erhobenen Begehren der Übernahme zukünftiger Hotelkosten, Pensionskosten oder Kosten einer Ferienwohnung beziehungsweise Übernahme der Krankenkassenbeiträge für die Zeit der Haft.
Nicht zur Auslegung des Begehrens der Klägerin im Berufungsverfahren waren heranzuziehen die zahlreichen E-Mails der Klägerin, worauf die Klägerin auch vom Senat hingewiesen wurde.
Nach § 65a Abs. 1 SGG können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen, Anträge und Erklärungen Dritter nach Maßgabe des § 65a Abs. 2 bis 6 SGG als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
Vorbereitende Schriftsätze nehmen entweder zu rechtlichen Problemen des Rechtsstreits Stellung, enthalten Anträge oder für die Entscheidung des Gerichts möglicherweise erheblichen Vortrag zur Sache (Mushoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 108 SGG [Stand: 03.01.2025] Rn. 26). Die Einreichung vorbereitender Schriftsätze – worauf die Klägerin vom Senat auch hingewiesen wurde – kommt mit einer einfachen E-Mail nicht in Betracht, da es sich hierbei um keinen zugelassenen Übermittlungsweg handelt (vgl. Mushoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 108 SGG [Stand: 03.01.2025] Rn. 31). Denn ist ein elektronisches Dokument weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen (§ 65a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGG) noch von der verantwortenden Person auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht (§ 65a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGG), ist die Einreichung unwirksam. Der Senat konnte den zahlreichen E-Mails der Klägerin mithin keine wirksamen Prozesshandlungen entnehmen, worauf die Klägerin vom Senat auch hingewiesen worden ist.
III. Der Senat hat das Schreiben der Klägerin vom 28.02.2025 als gegen den Gerichtsbescheid des SG Ulm vom 10.02.2025 erhobene Berufung ausgelegt.
1. Ob eine Berufung eingelegt worden ist, ist mittels Auslegung des entsprechenden Schriftsatzes und sonst vorliegender Unterlagen zu beurteilen. Dabei sind alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen, die dem Gericht bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt geworden sind. Ein Rechtsmittel als Prozesserklärung ist sinnvoll unter Beachtung des Willens des Erklärenden auszulegen, wie er den äußerlich in Erscheinung getretenen Umständen üblicherweise zu entnehmen ist. Es genügt, dass der Berufungskläger seine Unzufriedenheit mit dem Urteil zum Ausdruck bringt. Es muss ausreichend erkennbar sein, dass der Rechtsmittelkläger das erstinstanzliche Urteil nochmals durch eine höhere Instanz überprüfen lassen will. In einem solchen Fall ist es unschädlich, wenn der Rechtsmittelkläger das Rechtsmittel inkorrekt als Revision bezeichnet (vgl. BeckOGK/Sommer, SGG, Stand: 01.02.2025, § 151 Rn. 10, beck-online).
Hier hat die Klägerin mit dem benannten Schriftstück ausreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid des SG Ulm nicht einverstanden ist und diesen nochmals durch eine höhere Instanz überprüft haben möchte. Dieses Schriftstück ist mithin nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz (§ 123 SGG) als Berufung auszulegen.
2. Die Berufung ist fristgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist nach § 151 Abs. 1 SGG bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufung muss innerhalb der Frist beim zuständigen LSG bzw. SG eingelegt sein, d. h. zu Protokoll gegeben oder bei Gericht eingegangen, also in den Machtbereich oder die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt sein (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG, 14. Auflage 2023, § 151 Rn. 10, beck-online). Dies ist vorliegend der Fall. Denn das Schreiben der Klägerin vom 28.02.2025 „Revision gegen Bescheid des Sozialgerichts Ulms mit obigem Aktenzeichen“ – von der Klägerin benannt mit S 11 AS 2707/24 – ist jedenfalls am 06.03.2025 und somit noch innerhalb der Berufungsfrist in den Machtbereich des SG Ulm gelangt.
IV. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unzulässigkeit der Untätigkeitsklage.
Rechtsgrundlage für eine Untätigkeitsklage ist § 88 SGG. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig.
Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage ist, dass ein Antrag sachlich nicht beschieden worden ist. Sachlich nicht beschieden ist ein Antrag, wenn keine abschließende Entscheidung in der Hauptsache getroffen worden ist (Binder in: Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 88 Rn. 11; Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 88 [Stand: 15.06.2022] Rn. 17; BeckOGK/Diehm, SGG, § 88 [Stand 01.02.2025] Rn. 23, beck-online; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 88 Rn. 4, beck-online).
Mit der Klage vom 14.11.2024 hat die Klägerin eine Untätigkeitsklage erhoben. Das ergibt die Auslegung des Schreibens vom 14.11.2024 sowie die Reaktion der Klägerin mit Schreiben vom 20.01.2025 auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung des SG Ulm vom 27.12.2024. Gegenstand der Untätigkeitsklage ist die Verbescheidung des Leistungsantrages vom 30.10.2024, auf den die Klägerin in ihrer Klageschrift vom 14.11.2024 explizit Bezug genommen hat („… aktuell im Oktober gestellten Antrag auf SGB2“). Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 18.11.2024 verbeschieden. Insbesondere nimmt der Beklagte in dem Bescheid explizit Bezug auf den Antrag vom 30.10.2024.
Eine Untätigkeit endet nicht bereits mit der Fertigung und Absendung des Bescheides. Denn ein Verwaltungsakt wird nach § 39 Abs. 1 SGB X erst mit der Bekanntgabe (§ 37 SGB X) gegenüber dem Adressaten und nur mit dem bekanntgegebenen Inhalt wirksam, sodass er vor seiner Bekanntgabe rechtlich nicht existent ist. Eine rechtswirksame sachliche Bescheidung des Antrags im Sinne von § 88 Abs. 1 SGG kann damit auch erst mit der Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung vorliegen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.2022 – L 4 P 3924/20, juris Rn. 45). Zweifel daran, dass der Klägerin der Bescheid vom 18.11.2024 bekannt gegeben worden ist, hat der Senat nicht. Gegenteiliges hat die Klägerin auch, nachdem sie vom SG Ulm mit Verfügungen vom 27.12.2024 und 23.01.2025 über den Erlass dieses Bescheides in Kenntnis gesetzt worden ist, nicht behauptet.
Damit hat der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 30.10.2024 am 18.11.2024, mithin vor Ablauf der Sperrfrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG verbeschieden. Die vor Ablauf der Sperrfrist erhobene Untätigkeitsklage ist daher unzulässig (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 88 Rn. 10a, beck-online; BeckOGK/Diehm, SGG, Stand 01.02.2025, § 88 Rn. 90, beck-online).
Der Umstand, dass der Beklagte späterhin auf den Antrag vom 26.11.2024 Leistungen für die Zeit vom 01.01.2025 bis 31.03.2025 bewilligt hat beziehungsweise sich die Klägerin durch Maßnahmen des Beklagten schikaniert fühlt, steht mit dem vorliegenden Streitgegenstand der Verbescheidung des Antrags vom 30.10.2024 in keinem Verhältnis. Maßgeblich ist allein, dass dieser Antrag vom 30.10.2024 verbeschieden wurde.
2. Auch die von der Klägerin im Laufe des Berufungsverfahrens geänderte Klage ist unzulässig.
a) Soweit die Klägerin mit dem Schreiben vom 28.02.2025 nunmehr auch Leistungen geltend macht (Übernahme zukünftiger Hotelkosten, Pensionskosten oder Kosten einer Ferienwohnung sowie Übernahme der Krankenkassenbeiträge für die Zeit der Haft), stellt dies eine Klageänderung nach § 99 SGG dar.
Diese Klageänderung ist zulässig. Eine Änderung der Klage ist nach § 99 Abs. 1 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist nach § 99 Abs. 2 SGG anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben. Als eine Änderung der Klage ist es nach § 99 Abs. 3 SGG nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds 1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, 2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, 3. statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
Die Umstellung der Untätigkeitsklage auf eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage unterfällt nicht § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG (siehe LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.10.2007 – L 7 SO 4334/06, juris Rn. 22 sowie LSG Hamburg, Urteil vom 09.03.2022 – L 2 U 38/21, juris Rn. 23).
Hier liegt eine Einwilligung des Beklagten im Sinne von § 99 Abs. 2 SGG vor. Grundsätzlich kann eine Einwilligung ausdrücklich erteilt werden oder auch stillschweigend erfolgen. Nach § 99 Abs. 2 SGG ist eine Einwilligung der Beteiligten in eine Änderung der Klage unwiderleglich anzunehmen, wenn sich die übrigen Beteiligten schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage einlassen. Einer Einlassung zur Hauptsache, d. h. eines Gegenvorbringens zur geänderten Klage, bedarf es hierfür nicht. Es reicht aus, wenn sich der Beklagte ohne Widerspruch gegen die Klageänderung zur geänderten Klage – und sei es allein bezüglich deren Zulässigkeit – sachlich äußert; gleiches gilt, wenn sich der Beklagte, ohne der Änderung zu widersprechen, in der mündlichen Verhandlung durch einen uneingeschränkten Antrag auf Abweisung der Klage bzw. Zurückweisung der Berufung auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 99 SGG [Stand: 15.06.2022], Rn. 23-24). Vorliegend hat sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 24.03.2025 sachlich auf die Klageänderung eingelassen, indem er ausgeführt hat, u. a. sei der Bescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2024, mit dem Leistungen – mithin auch die Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ab Januar 2024 – abgelehnt worden seien, streitig.
b) Die Zulässigkeit der Klageänderung bedeutet jedoch nicht zugleich, dass die geänderte Klage zulässig wäre. Das Gericht hat die Prozessvoraussetzungen der neuen Klage zu prüfen und diese, soweit jene nicht vorliegen, als unzulässig abzuweisen. So muss für die Klagefrist bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Klageänderung abgestellt werden und ist die Klage insoweit unzulässig, als der Verwaltungsakt schon bestandskräftig ist (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 99 Rn. 13a, beck-online). Insbesondere ist mithin, wenn gegen einen Widerspruchsbescheid vorgegangen wird, die Klagefrist gemäß § 87 SGG zu wahren. Gegen einen ablehnenden Bescheid ist gemäß § 84 SGG ferner rechtzeitig Widerspruch einzulegen. Wenn der angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt der Klageänderung bereits bestandskräftig ist, ist die geänderte Klage unzulässig. Die Einhaltung der Frist ist nicht entbehrlich, weil kein Fall des § 96 SGG vorliegt und der Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid nicht automatisch Gegenstand der Untätigkeitsklage wird (vgl. Claus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 88 SGG [Stand: 15.06.2022] Rn. 63).
Vor diesem Hintergrund erweist sich die geänderte Klage der Klägerin als unzulässig. Diese war daher abzuweisen.
aa) Soweit die Klägerin die Übernahme von Krankenkassenbeiträgen für die Zeit der Haft begehrt, ist die geänderte Klage unzulässig.
(1) Die Klägerin befand sich vom 14.02.2024 bis zum 24.10.2024 in Untersuchungshaft, aus der sie am 25.10.2024 entlassen wurde. Soweit mithin der Zeitraum vom 14.02.2024 bis zum 30.09.2024 betroffen ist, ist die geänderte Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, denn dieser Zeitraum ist schon mit der gegen den den Antrag vom 09.11.2023 ablehnenden Bescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2024 am 17.01.2024 erhobenen und unter dem Aktenzeichen S 11 AS 165/24 geführten Klage anhängig gemacht worden. Die Wirkungsdauer des Antrags vom 09.11.2023 ist insoweit durch die mit Bescheid vom 18.11.2024 für die Zeit ab dem 01.10.2024 erfolgte Ablehnung von Leistungen und damit auf den Zeitraum bis zum 30.09.2024 begrenzt. Für die Zeit vom 01.10.2024 bis zum 24.10.2024 ist die Klage wegen der Bindungswirkung des jedenfalls für den Zeitraum bis zum 31.10.2024 bestandskräftig gewordenen (§ 77 SGG) Bescheides vom 18.11.2024 unzulässig.
(2) Für die Zeit vom 14.02.2024 bis zum 30.09.2024 ist die Klage, soweit das Begehren die Übernahme von Krankenkassenbeiträgen für die Zeit der Haft vom 14.02.2024 bis zum 30.09.2024 betrifft, wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Ein und derselbe Streitgegenstand kann nicht mehrfach anhängig gemacht werden, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG i. V. m. § 202 SGG. Das Prozesshindernis der doppelten Rechtshängigkeit ist von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachten (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 94 Rn. 8, beck-online).
Zunächst wurde die Wirkungsdauer des Antrags vom 09.11.2023 durch die mit Bescheid vom 18.11.2024 für die Zeit ab dem 01.10.2024 erfolgte Ablehnung von Leistungen auf den Zeitraum bis zum 30.09.2024 begrenzt.
Grundsätzlich wirkt ein Antrag auch fort, wenn und soweit der Grundsicherungsträger einen ablehnenden Bescheid erlassen hat, solange dieser noch nicht bestandskräftig (§ 77 SGG) ist, mit der Folge, dass sich der streitgegenständliche Zeitraum in einem gegen die Leistungsablehnung gerichteten Klageverfahren grundsätzlich auf den gesamten Bewilligungszeitraum bis zum Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz erstreckt (vgl. Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 37[ Stand: 24.01.2023] Rn. 34). Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Antragsteller selbst sein Begehren auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt oder die Wirkungsdauer der Leistungsablehnung durch eine andere, die ursprüngliche Entscheidung erledigende und überholende Regelung im Sinne von § 31 SGB X begrenzt wird, z. B. durch eine Leistungsbewilligung ab einem späteren Zeitpunkt oder durch eine erneute Leistungsablehnung auf einen weiteren Antrag hin (vgl. Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 37 [Stand: 24.01.2023] Rn. 34). Dies ist vorliegend mit Bescheid vom 18.11.2024 insoweit geschehen, als Leistungen für die Zeit vom 01.10.2024 bis zum 24.10.2024 abgelehnt und ab dem 25.10.2024 bewilligt worden sind.
Hieraus folgt, dass die Wirkungsdauer des Ablehnungsbescheides bezüglich des Weiterbewilligungsantrags vom 09.11.2023 (Ablehnungsbescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2024) durch die Ablehnung von Leistungen durch den Bescheid vom 18.11.2024 ab dem 01.10.2024 auf den 30.09.2024 begrenzt wurde.
Hieraus ergibt sich, dass soweit der Zeitraum vom 14.02.2024 bis zum 30.09.2024 betroffen ist, die geänderte Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig ist, da dieser Zeitraum bereits mit der gegen den den Antrag vom 09.11.2023 ablehnenden Bescheid vom 16.01.2024 am 17.01.2024 erhobenen und unter dem Aktenzeichen S 11 AS 165/24 geführten Klage anhängig gemacht worden ist.
(3) Auch hinsichtlich des Begehrens der Übernahme von Krankenkassenbeiträgen für die Zeit der Haft vom 01.10.2024 bis zum 24.10.2024 ist die geänderte Klage unzulässig. Denn in den Schreiben vom 20.01.2025 und vom 02.02.2025 sowie in dem den als Berufung ausgelegten Schreiben vom 28.02.2025 („Revision gegen den Bescheid des Sozialgerichts Ulms“) kann kein Widerspruch erblickt werden. Infolgedessen ist der Bescheid vom 18.11.2024 bestandskräftig geworden (§ 77 SGG) und steht der Zulässigkeit einer Klage entgegen.
Insbesondere erblickt der Senat in dem Schreiben vom 28.02.2025 keinen inzidenten Widerspruch. Der Senat ist sich der Tatsache bewusst, dass in einer Klage zugleich die Erhebung eines Widerspruchs liegen kann (vgl. Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 83 SGG [Stand: 15.06.2022] Rn. 14 sowie BSG, Urteil vom 18.02.1964 – 11/1 RA 90/61, juris Rn. 21). Indessen gilt dies nicht in gleicher Weise für die Einlegung der Berufung. Entschieden ist bereits, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das SG oder die Beschwerde keinen Widerspruch ersetzen. Denn ein Antrag an das Gericht auf eine vorläufige Regelung in einem Eilverfahren ist etwas grundlegend anderes als ein Antrag an die zuständige Behörde, einen Bescheid nochmals auf Rechtmäßigkeit und ggf. Zweckmäßigkeit zu überprüfen (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 11.04.2011 – L 7 AS 214/11 B ER, juris Rn. 15). Gleiches gilt für das konkrete Anliegen der Klägerin mit Schreiben vom 28.02.2025. Das dortige Anliegen („Revision gegen den Bescheid des Sozialgerichts Ulm“), das als Berufung ausgelegt wurde, und mit dem mithin eine gerichtliche Entscheidung durch eine höhere Instanz nachgeprüft werden soll, unterscheidet sich grundlegend von der Situation der Klage, in der eine Verwaltungsentscheidung durch das Gericht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden soll. Denn während die Klage mit Einwendungen gegen die Verwaltungsentscheidung verbunden ist, was die inzidente Annahme eines Widerspruchs rechtfertigt, ist die Berufung mit Einwendungen gegen eine gerichtliche Entscheidung verbunden, was die Annahme eines inzidenten Widerspruchs nicht rechtfertigt.
Nach Ansicht des Senats hat auch das BSG in der oben zitierten Entscheidung diesen Konnex zu Einwendungen gegen eine Verwaltungsentscheidung hergestellt, in dem es im Rahmen seiner Darlegung, dass in der Klage zugleich auch ein Widerspruch zu erblicken ist, u. a. auf die Fundstelle Haueisen, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1961, 2329 ff, 2330 Anm. 19 verwiesen hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.1964 – 11/1 RA 90/61, juris Rn. 21). Aus der benannten Fundstelle geht hervor, dass dem Vorschlag, in der Klage auch einen Widerspruch zu erblicken, ein praktisches Bedürfnis entspreche. Denn fast immer sei sich die beklagte Verwaltung in dem Zeitpunkt, in dem sie auf die Klage antworte, mithin die Einwendungen des Klägers gegen ihren Bescheid kenne, darüber klar, ob sie an dem strittigen Verwaltungsakt festhalten wolle oder nicht. Diese Situation ist nach Ansicht des Senats aber nicht der Situation der Einlegung einer Berufung vergleichbar, weil in dieser Situation sich die Verwaltung in erster Linie mit der Frage auseinandersetzt, ob sie die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung für überzeugend erachtet oder eben nicht.
Nur ergänzend ist hiernach auszuführen, dass vorliegend die Ablehnung von Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.10.2024 bis zum 24.10.2024 mit Bescheid vom 18.11.2024 rechtlich nicht zu beanstanden gewesen ist, nachdem die Klägerin sich vom 14.02.2024 bis zum 25.10.2024 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt G1 und damit länger als sechs Monate in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II befunden hat, was einem Leistungsanspruch der Klägerin entgegensteht.
Soweit der Beklagte nun die mit Bescheid vom 18.11.2024 ab dem 25.10.2024 getroffene Bewilligungsentscheidung über die Gewährung der Regelleistung für den Zeitraum vom 01.11.2024 bis 30.11.2024 mit Bescheid vom 24.06.2025 teilweise in Höhe von 127,08 Euro aufgehoben und den genannten Betrag zurückgefordert hat, ist letzterer Bescheid nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Denn es fehlt zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits an der Bekanntgabe dieses Bescheides gegenüber der Klägerin als Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 39 Abs. 1 SGB X). Der Bescheid wurde von dem Beklagten am 24.06.2025 zur Post gegeben und gilt nach § 37 Abs. 2 SGB X somit erst am 4. Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Anhaltspunkte für einen Zugang des Bescheides bei der Klägerin bis zum Ende der mündlichen Verhandlung hat der Senat nicht. Die Fiktionsregelung gilt im Übrigen selbst dann, wenn der Zugang tatsächlich früher erfolgt ist (Schütze/Engelmann, 9. Aufl. 2020, SGB X § 37 Rn. 28, beck-online). Überdies beschränkt sich die getroffene Aufhebungsentscheidung auf den Zeitraum vom 01.11.2024 bis zum 30.11.2024 und liegt damit außerhalb des hier zu verhandelnden Streitgegenstandes, da über den 24.10.2025 hinaus vorliegend bereits deshalb nicht um Krankenversicherungsbeiträge gestritten wird, weil sich die Klägerin ab dem 25.10.2024 im SGB II-Leistungsbezug befunden hat und sie mithin über den Leistungsbezug krankenversichert gewesen ist. Somit wäre der Bescheid vom 24.06.2025 selbst wenn er, wovon der Senat nicht ausgeht, bereits wirksam geworden wäre, nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nach § 96 Abs. 1 SGG geworden, weil der neue Verwaltungsakt zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein muss, was nicht der Fall ist, wenn ein Verwaltungsakt – wie hier der Bescheid vom 18.11.2024 – nur teilweise angefochten ist – vorliegend nur bis zum 24.10.2024 – und der neue Verwaltungsakt – hier der Bescheid vom 24.06.2025 – sich nicht auf den streitbefangenen Teil bezieht (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, SGG § 96 Rn. 4, beck-online).
bb) Soweit die Klägerin Leistungen für die Zukunft (Übernahme von Kosten der Unterkunft) begehrt, ist die geänderte Klage ebenfalls unzulässig, denn es fehlt an einem klagbaren Verwaltungsakt als Sachurteilsvoraussetzung für eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 06.06.2023 – B 4 AS 4/22 R, juris, Rn. 32), da der Beklagte insoweit noch keine Verwaltungsentscheidung getroffen hat.
Der Senat hat das mit Schreiben vom 28.02.2025 formulierte Begehren der Klägerin nach § 123 SGG dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin von der Beklagten eine Zusicherung dahingehend begehrt, dass zukünftig die Hotelkosten, Pensionskosten oder Kosten einer Ferienwohnung beziehungsweise einer größeren Wohnung übernommen werden, damit die Klägerin mit ihren zwei Kindern zusammenwohnen kann.
Gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II soll die leistungsberechtigte Person vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Gemäß § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II werden innerhalb der Karenzzeit nach § 22 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SGB II nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Gemäß § 22 Abs. 4 Satz 3 SGB II ist der kommunale Träger zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
Grundsätzlich stellt das im Gesetz genannte Erfordernis vorheriger Zusicherung des neuen kommunalen Trägers wegen des Obliegenheitscharakters der Vorschrift keine Anspruchsvoraussetzung dar (vgl. Luik/Harich/Luik, SGB II, 6. Auflage 2024, § 22 Rn. 232, beck-online). Das Zusicherungsverfahren hat vielmehr Aufklärungs- und Warnfunktion. Es dient dazu, dem Hilfebedürftigen vor Abschluss eines neuen Mietvertrages Klarheit darüber zu verschaffen, welche Aufwendungen als angemessen betrachtet und im Weiteren übernommen werden. So sollen zukünftige Streitigkeiten vermieden werden (vgl. Piepenstock/Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 22 [Stand: 21.03.2025] Rn. 211). Gegenstand der Zusicherung ist jedoch die Übernahme der Unterkunftskosten für eine konkrete Unterkunft in konkreter Höhe. Es besteht daher kein Anspruch auf eine pauschale Zusicherung für den Umzug in irgendeine Unterkunft mit angemessenen Kosten, wie von der Klägerin vorliegend begehrt (vgl. Piepenstock/Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 22[ Stand: 21.03.2025] Rn. 212).
Statthafte Klageart für die Zusicherung ist mithin die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Denn bei der von der Klägerin begehrten Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X handelt es sich um die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt mit einem bestimmten Inhalt später zu erlassen, und damit um einen mit einer Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R, juris Rn. 11).
Eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung über das Zusicherungsbegehren der Klägerin liegt jedoch nicht vor, es fehlt mithin an einem klagbaren Verwaltungsakt.
Nur ergänzend ist ferner darauf hinzuweisen, dass eine konkrete Unterkunft seitens der Klägerin im Verfahren nicht benannt wurde.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der hierfür in § 160 Abs. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.