L 8 SB 2956/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 SB 3210/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2956/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.09.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).

Der im Jahr 1971 geborene Kläger beantragte am 06.07.2015 erstmals die Feststellung eines GdB beim Landratsamt B1 (LRA). Das LRA lehnte die Feststellung eines GdB mit Bescheid vom 28.07.2015 ab, da kein GdB von wenigstens 20 vorliege. Die vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung Gebrauchseinschränkung der linken Hand bedinge keinen GdB von wenigstens 10.

Am 07.08.2018 beantragte der Kläger erneut beim LRA die Feststellung eines GdB und verwies zur Begründung auf ein Wirbelsäulenleiden. Er legte u.a. einen vorläufigen Entlassbericht des L1, der B2 und der G1 von der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie im M1hospital S1 über eine stationäre Behandlung vom 13.05.2018 bis zum 30.05.2018 aufgrund der Diagnose tiefe lumbale Schmerzen beidseits bei Osteochondrosis intervertebralis mit begleitender rechtsbetonter Protrusion und fraglicher Wurzelirritation S1 rechts im Recessus sowie einen Rehaentlassungsbericht der Z1 vom 12.04.2018 über eine ambulante Reha in der Einrichtung r1 vom 15.03.2018 bis zum 04.04.2018 aufgrund der Diagnose schmerzhafte Belastungseinschränkung der LWS bei leichten degenerativen Veränderungen L5/S1 vor.

L2 bewertete in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.09.2018 ein chronisches Schmerzsyndrom mit funktionellen Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 10 und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit muskulären Verspannungen mit einem Teil-GdB von 10 sowie den Gesamt-GdB mit 10.

Das LRA stellte mit Bescheid vom 08.10.2018 fest, dass dem Antrag des Klägers auf Feststellung des GdB nicht entsprochen werden könne. Die von dem Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen würden keinen GdB von wenigstens 20 bedingen.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 28.10.2018 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er habe seit über einem Jahr permanente Schmerzen, könne kaum laufen, Auto fahren und schlafen. Er sei ständig müde, lustlos und leblos. Hinzu kämen erhebliche psychische Belastungen wie Frust, Aggression und Scham. Er habe Angst um seinen Arbeitsplatz und seine Existenz. Es lägen daher deutliche Auswirkungen auf seinen Alltag vor. Ihn würden auch Selbstmordgedanken und Wahnvorstellungen verfolgen. Laut seinem Arzt stehe ihm mindestens ein GdB von 60 zu.

Das LRA zog weitere Behandlungsunterlagen des G2, des R2 sowie einen Befundbericht des T1 vom 22.02.2019 bei und ließ diese nochmals versorgungsmedizinisch auswerten. L2 teilte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.05.2019 mit, dass sich aus den im Widerspruchsverfahren vorgelegten Facharztberichten keine Hinweise für eine Verschlimmerung ergäben. Psychiatrisch bestünden keine Hinweise auf eine stärkere psychische Behinderung. Das Bewegungssystem sei minimal eingeschränkt ohne neurologisches Defizit und ohne erhebliche Gangstörung.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2019 als unbegründet zurück.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 19.07.2019 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers auf psychiatrisch-nervenärztlichem Fachgebiet seien bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden. Aus dem Bericht von T1 vom 22.02.2019 ergebe sich eine mittelgradige depressive Episode. Beschrieben sei eine seit zwei Jahren bestehende depressive Symptomatik mit Interessenverlust, eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Depersonalisationserleben und zunehmender Gereiztheit. Es lägen weiter auch chronische Rückenschmerzen sowie massive Schlafstörungen vor. Dem beigefügten Bericht über die stationäre Behandlung des Klägers vom 26.08.2019 bis zum 04.09.2019 in der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerzmedizin des M1hospitals seien eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome zu entnehmen. Darüber hinaus seien auch die Funktionsbehinderungen des Klägers bezüglich der Wirbelsäule bislang zu gering bewertet. Der beigefügte ärztliche Bericht von R2 vom 09.10.2019 enthalte die Diagnose einer Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus mit Bandscheibenschäden und eines lumbalen Facettensyndroms sowie sonstiger näher bezeichneter Bandscheibenverlagerungen.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 28.11.2019 auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von W1 vom 26.11.2019 ein Vergleichsangebot über die Feststellung eines GdB von 30 sowie die Feststellung einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit befristet vom 07.08.2018 bis zum 04.12.2019 unterbreitet. W1 hat in seiner Stellungnahme vom 26.11.2019
- ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Depression, funktionelle Organbeschwerden und psychovegetative Störungen mit einem GdB von 30 sowie
- eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und einen Bandscheibenschaden mit einem GdB von 10 bewertet.
Der GdB betrage insgesamt 30. Der Verlauf der geplanten Heilbehandlung in der psychosomatischen Abteilung der Reha-Klinik H1 sei abzuwarten. Daher könne die Höherbewertung nur zeitlich befristet erfolgen.

Der Prozessbevollmächtigte hat mit Schreiben vom 16.12.2019 mitgeteilt, dass der Kläger das Vergleichsangebot nicht annehme, da die Ausführungen zur Befristung des GdB nicht überzeugten (vgl. Bl. 56 SG-Akte). Mit Schreiben vom 08.04.2020 hat er den Entlassbericht der Reha-Klinik H1 vom 15.01.2020 über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 04.12.2019 bis zum 08.01.2020 mit den Diagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, mittelgradige depressive Episode, chronisches degeneratives Lumbalsyndrom sowie Adipositas Grad I (WHO) eingereicht.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 22.07.2020 ein Vergleichsangebot über die Feststellung eines GdB von 20 ab dem 07.08.2019 unterbreitet und eine versorgungsärztliche Stellungnahme von B3 vom 09.07.2020 vorgelegt, in der dieser
- ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Depression, funktionelle Rückenbeschwerden und psychovegetative Störungen mit einem GdB von 20 und
- eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, muskuläre Verspannungen, degenerative Verän-derungen der Wirbelsäule und einen Bandscheibenschaden mit einem GdB von 10 bewertet.

Mit Schreiben vom 29.07.2020 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Bericht der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1hospitales über den stationären Aufenthalt des Klägers seit dem 28.05.2020 aufgrund der Diagnosen rezidivierende depressive Episode, derzeit schwere Episode sowie komplexe Traumafolgestörung vorgelegt und hat mit Schreiben vom 06.08.2020 das Vergleichsangebot nicht angenommen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schreiben vom 17.09.202 den Bericht der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1hospitales über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 28.05.2020 bis zum 30.07.2020 mit den Diagnosen chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, rezidivierende depressive Episode, derzeit schwere Episode, komplexe Traumafolgestörung, Duodenitis, chronische Gastritis, Vitamin-B12-Mangelanämie sowie mit Schreiben vom 07.12.2020 den Entlassungsbericht der S2-Klinik in A1 über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 23.09.2020 bis zum 28.10.2020 mit den Diagnosen rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Kreuzschmerz sowie sonstige, näher bezeichnete Anämien übermittelt.

Der Beklagte hat auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.02.2021 von H2 mit Vergleichsangebot vom 15.02.2021 die Feststellung eines GdB von 30 sowie die Feststellung einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ab dem 07.08.2019 angeboten.

Mit Schreiben vom 04.03.2021 hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass das Vergleichsangebot nicht angenommen werde, da aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen ein GdB von mindestens 50 angemessen sei.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen.

B4, M1hospital S2 hat mit Schreiben vom 18.03.2021 mitgeteilt, bei dem Kläger liege eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome sowie eine komplexe Traumafolgestörung vor. Der Kläger habe angegeben, seit zwei Jahren starke Rückenschmerzen in der LWS zu haben. Die Schmerzintensität liege dauerhaft bei 7-8 VAS. Bei der Untersuchung habe der Kläger massiv angespannt gewirkt. Die Konzentration sei reduziert, Auffassung und Gedächtnis ungestört.

R2 hat mit Schreiben vom 10.05.2021 angegeben, der Kläger sei letztmalig am 27.03.2019 in seiner Behandlung gewesen. Bei dem Kläger bestehe seit vielen Jahren ein chronisches Lumbalsyndrom. Dieses werde teilweise durch Facettengelenksschmerzen, aber auch durch ein bandscheibenbedingtes Schmerzsyndrom verursacht. Bei geringen bis mittleren Belastungen komme es zu anhaltenden Schmerzsyndromen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Die vorliegenden Gesundheitsstörungen seien als mittelgradig bis schwer zu bewerten. Es komme zu häufig rezidivierenden und anhaltenden Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule. Es sei ein Wirbelsäulenabschnitt betroffen.

Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von H3 vom 16.07.2021 an der bisherigen Bewertung des Sachverhaltes festgehalten.

Das SG hat zudem T1 als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. T1 hat mit Schreiben vom 25.10.2021 die Auskunft erteilt, er habe bei dem Kläger die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, sowie von chronischen Rückenschmerzen mit somatischen und psychischen Faktoren gestellt. Die Schmerzen seien teilweise organisch und teilweise psychisch begründet. Er teile die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes nicht. Insbesondere die rezidivierende depressive Störung mit der damit verbundenen Symptomatik sei gar nicht berücksichtigt worden. Er schätze den GdB auf psychiatrischem Fachgebiet auf 20 bis 25.

Der Beklagte hat sich hierzu durch Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von B3 vom 06.02.2022 geäußert, in der dieser weiterhin von einem GdB von insgesamt 30 ausgeht.

Nachfolgend hat das SG von Amts wegen ein Sachverständigengutachten des R3 vom 21.12.2022 eingeholt. Dieser hat aufgrund persönlicher Untersuchung am 26.08.2022 folgende Diagnosen bei dem Kläger gestellt: leichte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und Dysthymia. Für die leichte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und für die Dysthymia sei ein GdB von jeweils 20 anzusetzen, insgesamt auf psychiatrischem Gebiet daher 30. Angesichts der vorhandenen Wirbelsäulenschmerzen und Muskelverspannungen mit einer autonomen Schmerzreaktion sei hierfür von einem GdB von 20 auszugehen. Unter Hinzuziehung der organischen Erkrankung der Lendenwirbelsäule mit muskulären Verspannungen und Beweglichkeitseinschränkung betrage der Gesamt-GdB aber 40.

Zu dem vorläufigen Ergebnis der Beweisaufnahme hat sich der Beklagte durch den K1 geäußert. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 16.08.2023 ausgeführt, der von R3 vorgeschlagene Teil-GdB-Wert von 20 für das Wirbelsäulenleiden sei aufgrund der wenig konkreten Befunderhebung im Rahmen des Gutachtens nicht ausreichend nachvollziehbar. Auch bei Annahme eines Teil-GdB von 20 für die Wirbelsäule seien bei bereits bewerteter Schmerzstörung Überschneidungen zu beachten. Das Vergleichsangebot vom 15.02.2021 werde daher in unveränderter Form unterbreitet.

Das SG hat mit Urteil vom 19.09.2023 unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 08.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11.07.2019 verurteilt, bei dem Kläger einen GdB von 30 ab dem 07.08.2018 festzustellen.
Für die seelische Erkrankung des Klägers könne seit Antragstellung am 07.08.2018 ein GdB von 30 festgestellt werden. Die Beeinträchtigungen führten zu einer stärker behindernden Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Ein höherer GdB als 30 könne hierfür jedoch nicht angenommen werden. Der Kläger befinde sich derzeit nur in unregelmäßigen Abständen bei T1. Eine langfristige psychotherapeutische Behandlung habe bislang nicht stattgefunden. Ebenfalls finde derzeit keine spezielle schmerztherapeutische Behandlung statt. Medikamente nehme der Kläger nach seinen eigenen Angaben nicht ein. Insofern könne schon kein höherer GdB als 30 angenommen werden, da in erster Linie eine engmaschige Schmerz- und Psychotherapie fehle. Bei der Untersuchung bei R3 sei der Kläger bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten situativ und voll orientiert gewesen. Der Antrieb sei streckenweise leichtgradig gesteigert und ansonsten unauffällig gewesen. Hinweise für eine äußerlich erkennbare, innere Unruhe hätten sich nicht gefunden. Die Auffassungsaufgabe, die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsdauer seien ungestört gewesen. Die Kammer habe keine Anhaltspunkte, an den Ausführungen des R3 zu zweifeln. Dieser habe den Kläger persönlich untersucht, sich mit den vorliegenden Unterlagen vertieft auseinandergesetzt und psychiatrisch-psychologische Tests durchgeführt. Seine Ausführungen seien widerspruchsfrei und nachvollziehbar. R3 berichte in seinem Gutachten zudem von einem geregelten Tagesablauf. Bei dem Gutachter habe der Kläger mitgeteilt, schwimmen und spazieren zu gehen, Krafttraining im Fitnessstudio zu machen, Urlaubsreisen und gelegentliche Restaurantbesuche zu unternehmen. Er übe einen Nebenjob als Hausmeister aus. Hierbei reinige er u.a. die Treppen. Es handele sich um eine körperliche Arbeit, die der Kläger trotz seiner Schmerzen durchführen könne. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe der Kläger angegeben, derzeit sein Enkelkind zu betreuen. Er habe von einem Freund, mit dem er Spazieren gehe, berichtet. Der Kläger sei auch in einer festen Partnerschaft. Insgesamt sei der Kläger somit noch fähig, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens zurecht zu kommen. Die Kammer berücksichtige zwar, dass der Kläger nach seinen Angaben bei allen Tätigkeiten Schmerzen habe und den Nebenjob auch insbesondere aus finanziellen Gründen ausübe, dennoch könne der Leidensdruck nicht derart hoch sein, dass ein GdB von 50 hierfür gerechtfertigt wäre.

Im Funktionssystem „Rumpf", zu dem auch die Wirbelsäule einschließlich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule zähle, sei ein (Einzel-)GdB von 10 anzunehmen.
Der Kläger leide an Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und an einem chronischen Lumbalsyndrom. Eine regelmäßige Schmerztherapie finde nicht statt und auch Schmerzmedikamente nehme der Kläger, nicht ein, nur ab und zu Ibuprofen. Darüber hinaus lägen keine neurologischen Defizite vor, die erhöhend zu berücksichtigen seien. Motorische Störungen seien ebenfalls nicht nachgewiesen. Die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien bei dem Kläger vor allem durch Schmerzen gegeben. Diese seien bei dem GdB für das Funktionssystem „Rumpf" jedoch bereits berücksichtigt. Denn grundsätzlich seien nach Teil B Nr. 18.1. VG die mit einer Wirbelsäulenerkrankung üblicherweise verbundenen Beschwerden bereits im Behinderungsgrad enthalten. Insofern führten die Schmerzen nicht zu einer Erhöhung des GdB. Weiter sei festzustellen, dass grundsätzlich eine gesonderte Bewertung von Schmerzen ohne schmerztherapeutische Behandlung nach den VG (Teil A Nr. 2 lit j) nicht erfolgen könne. Es dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Schmerzen bei dem Kläger somatisch und psychisch bedingt seien. Der Teil-GdB von 30 im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche" decke daher bereits einen Großteil der Schmerzsymptomatik ab. Selbst wenn man für das Funktionssystem „Rumpf" einen Einzel-GdB von 20 annehmen würde, wirke sich dieser nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 22.09.2023 zugestellte Urteil am 20.10.2023 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Der GdB sei beim Kläger auf mindestens 50 festzusetzen. Das SG habe den Teil-GdB im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ zu niedrig bewertet. Bei sachgerechter Bewertung ergebe sich ein Teil-GdB von mindestens 40. Er verweise hierzu auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Klageverfahren. Weder das SG noch der erstinstanzliche Gutachter hätten sich hinreichend damit auseinandergesetzt, dass beim Kläger insbesondere auch eine komplexe Traumafolgestörung diagnostiziert worden sei. Es seien langwierige stationäre Aufenthalte erforderlich.
Die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Funktionssystem „Rumpf“ seien auch zu niedrig bewertet. Auch insoweit verweise er zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Klageverfahren. Insbesondere habe R2 die Funktionsbeeinträchtigungen als mittelgradig bis schwer bewertet. Selbst der erstinstanzliche Gutachter sei insoweit zu einem Teil-GdB von 20 gelangt, der wegen wechselseitiger Verstärkung erhöhend wirken würde. Das SG habe den Sachverhalt diesbezüglich schon nicht hinreichend aufgeklärt. Ein Sachverständigengutachten sei im Ergebnis ohne nachvollziehbare Begründung nicht eingeholt worden.

Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.09.2023 und unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamts B1 - Versorgungsamt in S1 - vom 08.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums S1 - Landesversorgungsamt - vom 11.07.2019 zu verurteilen, den bei dem Kläger bestehenden schwerbehindertenrechtlichen GdB auf mindestens 50 festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zur Berufungserwiderung ausgeführt, dass der Kläger im Wesentlichen unter einer chronischen Schmerzstörung und einer depressiven Störung leide, welche von Seiten des SG zusammen mit einem Teil-GdB von 30 bewertet worden seien. Die Ausschöpfung des Bewertungsrahmens für eine stärker behindernde psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit lasse sich nach korrekter Einschätzung des SG beim Kläger nicht rechtfertigen, da dieser nur in sehr unregelmäßigen Abständen seinen Psychiater aufsuche und keine länger andauernde psychotherapeutische oder schmerztherapeutische Behandlung in Anspruch nehme bzw. genommen habe. Auch würden nach eigenen Angaben des Klägers keine entsprechenden Medikamente eingenommen. Daneben sei im Gutachten von R3 auch keine gravierende Einschränkung der Teilhabe beschrieben. Vielmehr gehe der Kläger in seiner Freizeit schwimmen, spazieren und mache Krafttraining im Fitnessstudio. Er unternehme Urlaubsreisen, besuche Restaurants, betreue sein Enkelkind und habe einen geregelten Tagesablauf. Vor diesem Hintergrund erscheine der vom SG angesetzte Teil-GdB von 30 bereits weitreichend. Von Seiten der Wirbelsäule lasse sich aufgrund der aktenkundigen Befundberichte kein höherer Teil-GdB als 10 feststellen. Beim Kläger liege ein chronisches Lumbalsyndrom vor, welches im Wesentlichen durch Schmerzen gekennzeichnet sei. Die Beweglichkeit der LWS habe sich im April 2021 lediglich endgradig eingeschränkt gezeigt. Selbst wenn man für das Funktionssystem Rumpf einen Teil-GdB von 20 in Ansatz bringen würde, könne kein höherer Gesamt-GdB als 30 festgestellt werden, da zwischen den Auswirkungen des Lumbalsyndroms, welche im Wesentlichen aus Schmerzen bestünden, und den Auswirkungen des chronischen Schmerzsyndroms erhebliche Überschneidungen zu beachten seien. Ergänzend werde auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Nach Auffassung des Beklagten werde der vorliegende medizinische Sachverhalt hiermit zutreffend gewürdigt. Sachargumente, die eine abweichende Beurteilung begründen könnten, seien der Berufungsschrift nicht zu entnehmen.

Der Senat hat den G3 mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem am 30.08.2023 erstellten Gutachten hat G3 eine mittelgradige depressive Episode, eine Angststörung und soziale Anpassungsschwierigkeiten sowie einen Verdacht auf Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, kombinierter Typ diagnostiziert. Für die depressive Episode sei ein GdB von 30 bis 40, für die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ein GdB von 30 bis 40 sowie für die Angststörung ein GdB von 20 bis 30 in Ansatz zu bringen. Der GdB betrage insgesamt 50.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 07.01.2025 eine versorgungsärztliche Stellungnahme von F1 vom 07.01.2025 eingereicht, wonach dem Gutachten von G3 nicht gefolgt werden könne und
- das chronisches Schmerzsyndrom, die funktionellen Organbeschwerden, die Depression, die Angststörung, die psychovegetativen Störungen, das ADHS mit einem GdB von 30 und
- die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die muskulären Verspannungen, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, der Bandscheibenschaden mit einem GdB von 10 zu bewerten sei. Der GdB betrage insgesamt 30.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß § 143 SGG statthaft und zulässig.

Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers nach Feststellung eines GdB von wenigstens 50 seit dem 07.08.2018. Streitbefangen sind damit der Bescheid des Beklagten vom 08.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2019, soweit damit die Feststellung eines GdB von wenigstens 50 seit dem 07.08.2018 abgelehnt worden ist, und das Urteil des SG vom 19.09.2023, durch den die Klage, soweit sie auf Feststellung eines GdB von wenigstens 50 seit dem 07.08.2018 gerichtet war, abgewiesen worden ist.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG) zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger einen GdB von mehr als 30 begehrt. Der Kläger hat lediglich einen Anspruch darauf, dass bei ihm ein GdB von 30 für die Zeit seit dem 07.08.2018 festgestellt wird. Insoweit hat das SG zu Recht den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 08.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11.07.2019 verurteilt, bei dem Kläger einen GdB von 30 ab dem 07.08.2018 festzustellen. Soweit er dagegen nach seinem Klageantrag („wenigstens 50“) auch einen GdB von mehr als 50 sowie einen GdB von 50 oder mehr für den Zeitraum vor dem 07.08.2018 begehrt, ist die Berufung unbegründet.

Maßgebender Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats am 21.03.2025 (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 08.12.1988 – 2 RU 83/87 – juris Rn. 17; BSG, Beschluss vom 09.12.2018 – B 9 SB 48/19 B –, juris Rn. 8).


Der Anspruch auf Feststellung des GdB gründet für den Zeitraum vom 07.08.2018 bis 31.12.2023 in § 152 und § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der vom 01.01.2018 bis 31.12.2023 geltenden Normfassung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234 <3238, 3280>) und für die Zeit seit dem 01.01.2024 in § 152 SGB IX in der seit dem 01.01.2024 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vom 06.06.2023 (BGBl. I, Nr. 146, S. 2) i.V.m. § 2 SGB IX. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche oder Rechtsverhältnisse grundsätzlich – soweit wie hier Übergangsregelungen fehlen – nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl. BSG, Beschluss vom 12.08.2021 – B 9 SB 20/21 B – juris Rn. 6).

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (bis 31.12.2023) bzw. des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch (seit 01.01.2024) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis 31.12.2023 geltenden Normfassung bzw. § 152 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in der seit 01.01.2024 geltenden Normfassung). Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 152 Abs. 1 Satz 6 SGB IX in der bis 31.12.2023 geltenden Normfassung bzw. § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der seit 01.01.2024 geltenden Normfassung). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Da noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX in der seit 01.01.2018 geltenden Normfassung). Hierbei handelt es sich um die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) in der vom 20.12.2019 bis 31.12.2023 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652, 2702) und der seit 01.01.2024 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vom 06.06.2023 (BGBl. I, Nr. 146, S. 6). Die Grundsätze zur Feststellung des GdB sind in der Anlage zu § 2 VersMedV als Bestandteil dieser Verordnung festgelegt (vgl. § 2 VersMedV). Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) werden teilhabeorientiert auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft und der Medizintechnik unter Berücksichtigung versorgungsmedizinischer Erfordernisse fortentwickelt (§ 153a Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IX in der seit 14.06.2023 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vom 06.06.2023 <BGBl. I, Nr. 146, S. 2>).

Allgemein gilt, dass der GdB nach den gleichen Grundsätzen wie der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bemessen wird, aber auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache, also final bezogen ist (Teil A Nr. 2 lit. a VG). Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens (Teil A Nr. 2 lit. a VG). Der GdB ist unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen (Teil A Nr. 2 lit. b VG). Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus (Teil A Nr. 2 lit. c VG). Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als „Alterskrankheiten“ (etwa „Altersdiabetes“) bezeichnet werden (Teil A Nr. 2 lit. c VG).

Bei der nach Zehnergraden abgestuften Feststellung des GdB (vgl. § 152 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in der seit 01.01.2024 geltenden Normfassung) sollen im Allgemeinen die folgenden Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden: Gehirn einschließlich Psyche, Augen, Ohren, Atmung, Herz und Kreislauf, Verdauung, Harnorgane, Geschlechtsapparat, Haut, Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem, innere Sekretion und Stoffwechsel, Arme, Beine, Rumpf (Teil A Nr. 2 lit. e VG). Die in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätze berücksichtigen bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen (Teil A Nr. 2 lit. i VG). Sind die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, so ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Vergleichsmaßstab ist dabei nicht der behinderte Mensch, der überhaupt nicht oder kaum unter seinem Körperschaden leidet, sondern die allgemeine ärztliche Erfahrung hinsichtlich der regelhaften Auswirkungen. Außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen – z.B. eine Psychotherapie – erforderlich ist (Teil A Nr. 2 lit. i VG). Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände (Teil A Nr. 2 lit. j VG). Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (Teil A Nr. 2 lit. j VG). Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so sind zwar Einzel-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden (Teil A Nr. 3 lit. a VG). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Teil A Nr. 3 lit. c VG). Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein (Teil A Nr. 3 lit. d VG): Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken. Die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Die Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung werden durch eine hinzutretende Gesundheitsstörung nicht verstärkt. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Teil A Nr. 3 lit. d sublit. ee Satz 1 VG). Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 lit. d sublit. ee Satz 2 VG).

Die auf diese Weise vorzunehmende Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe, die in freier Beweiswürdigung nach Maßgabe der VG vorzunehmen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 27.10.2022 – B 9 SB 4/21 R – juris Rn. 21 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16.12.2021 – B 9 SB 6/19 R – juris Rn. 38 m.w.N.). Bei der rechtlichen Bewertung der Auswirkungen einer Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind die Gerichte an die Vorschläge der von ihnen gehörten Sachverständigen nicht gebunden (vgl. BSG, Beschluss vom 04.05.2020 – B 9 SB 84/19 B – juris Rn. 6 m.w.N.).

Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsakts (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 – B 9 SB 17/97 R – juris Rn. 23). Der Einzel- bzw. Teil-GdB ist keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsakts, ist nicht isoliert anfechtbar und erwächst auch nicht in Bindung (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 – 9/9a RVs 2/92 – juris Rn. 20; BSG, Beschluss vom 20.02.2019 – B 9 SB 67/18 B – juris Rn. 9).

In Anwendung dieser Maßstäbe ist der GdB mit 30 angemessen bewertet. Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB von 50 besteht nicht.

Das SG hat im Urteil vom 19.09.2023 schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche mit einem GdB von 30 angemessen bewertet sind.

Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) rechtfertigen einen GdB von 30 bis 40. Das SG hat unter Bezugnahme auf das Gutachten von R3 vom 21.12.2022 festgestellt, dass der Kläger an einer leichtgradigen somatoformen Schmerzstörung sowie einer Dysthymia leidet. Die von R3 erhobenen Befunde rechtfertigen auch nach Prüfung und Bewertung durch den Senat nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 30. Der Kläger hat einen geregelten Tagesablauf mit erhaltener sozialer Struktur und normalem Aktivitätsniveau beschrieben. Das SG hat im Urteil vom 19.09.2023 bereits darauf hingewiesen, dass der Kläger nach den Angaben bei R3 zur Arbeit geht und zudem auch in der Freizeit ein Fitness-Studio besucht. Insofern hat er nach einer längeren Arbeitsunfähigkeitszeit seine berufliche Tätigkeit wiederaufgenommen und arbeitet seit Januar 2021 in der Mechanik-Abteilung bei der Firma M2. Daneben übt er noch einen 450 Euro-Job als Hausmeister aus. Er lebt in einer festen Partnerschaft und hat auch noch soziale Kontakte. Eine Antriebsminderung oder ein sozialer Rückzug sind nicht erkennbar. Das SG führt somit schlüssig aus, dass die Alltagsgestaltung keine Hinweise auf eine höhergradige Teilhabeeinschränkung erkennen lässt. R3 konnte auch bei der mehrstündigen Begutachtung keine Defizite in den Bereichen Aufmerksamkeit, Durchhaltevermögen und Konzentration feststellen. Bis auf eine subdepressive Stimmungslage und eine leichtgradig eingeschränkte Modulationsfähigkeit lagen keine höhergradigen psychopathologischen Befunde vor. Die von R3 gestellten Diagnosen einer somatoformen Schmerzstörung sowie einer Dysthymia sind daher befundgestützt und schlüssig. Angesichts der nur leichtgradigen Befunde ist der von R3 befürwortete GdB von 30, welcher bereits einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit entspricht, ausreichend, wenn nicht sogar großzügig. Er kann jedoch angesichts der vorangegangenen Behandlungen des Klägers in der Reha-Klinik H1 vom 04.12.2019 bis zum 08.01.2020, in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des M1hospitales S1 vom 28.05.2020 bis zum 30.07.2020 sowie in der S2klinik in A1 vom 23.09.2020 bis zum 28.10.2020, welche aufgrund einer höhergradigen depressiven Symptomatik erfolgten, und vor dem Hintergrund, dass es sich bei psychiatrischen Erkrankungen sowie Schmerzerkrankungen oftmals um wechselhafte Verläufe handelt, für die Vergangenheit nachvollzogen werden. Seit dem Jahr 2021 ist jedoch nach den von R3 erhobenen Befunden eine Verbesserung des Zustandes des Klägers zu verzeichnen, welche auch zur Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit geführt hat. Der Kläger nimmt die von T1 in dessen sachverständiger Zeugenaussage vom 25.10.2021 aufgeführte Medikation nicht mehr ein und sucht T1 auch nur alle drei Monate auf. Das SG kommt somit zutreffend zum Ergebnis, dass ein GdB von mehr als 30 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche nicht gerechtfertigt ist.

Auch die Bewertung der Gesundheitsstörungen des Klägers im Funktionssystem Rumpf mit einem GdB von 10 im Urteil des SG vom 19.09.2023 ist nicht zu beanstanden. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ergibt sich der GdB bei Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulen-abschnitte. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität sind mit einem GdB von 0 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen GdB von 10. Ein GdB von 20 setzt mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbel-säulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) voraus.

Bei dem Kläger besteht ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom. Dies entnimmt der Senat der sachverständigen Zeugenaussage von R2 vom 10.05.2021. Dieser hat die Auswirkungen zwar als mittelgradig bis schwer beurteilt. Ein solcher Schweregrad konnte jedoch bei der neurologischen Untersuchung durch R3 nicht festgestellt werden. Hinweise auf Wurzelreizsymptome, neurologische Ausfallerscheinungen oder Paresen lagen nicht vor. Das Gangbild des Klägers war flüssig und unbeschwert. Der Kläger ist auch seit dem 27.03.2019 nicht mehr in orthopädischer Behandlung und wurde aus der Rehabilitationsmaßnahme in der S2klinik im Oktober 2020 mit freier Beweglichkeit der Gelenke der unteren und oberen Extremitäten entlassen. Auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 19.09.2023 geschilderten Alltagsaktivitäten deuten nicht auf häufige, wiederkehrende Lumbalsyndrome hin. Entgegen der Annahme von R3 kann somit nicht von einer mittelgradigen Funktionseinschränkung im Segment der Lendenwirbelsäule ausgegangen werden, da höhergradige, behandlungsbedürftige Gesundheitsstörungen nicht nachgewiesen sind. Es liegen daher leichtgradige funktionelle Auswirkungen vor, welche mit einem GdB von 10 angemessen bewertet sind.

Das SG führt zudem bezüglich der vom Kläger mitgeteilten Schmerzen zutreffend aus, dass die im Funktionssystem Rumpf bei der GdB-Bewertung bereits berücksichtigt sind. Anhaltspunkte, welche eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung nach Teil A Nr. 2 lit. j) VG rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Eine schmerztherapeutische Behandlung oder dauerhafte analgetische Medikation findet nicht statt. Zudem haben die Schmerzen sowohl organische als auch psychische Ursachen, so dass die Schmerzstörung bereits auch im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche bei der Bewertung des GdB miteingeflossen ist und somit eine Überschneidung vorliegt. Der GdB ist im Ergebnis insgesamt mit 30 angemessen bewertet. Der Senat verweist diesbezüglich auf die zutreffenden Gründe im Urteil vom 19.09.2023 und sieht daher insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).


Aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren sowie der Beweisaufnahme durch den Senat folgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts.

Soweit G3 in seinem Gutachten vom 30.08.2024 einen GdB von 30 bis 40 für die von ihm diagnostizierte mittelgradige depressive Episode, einen GdB von 20 bis 30 für eine Angststörung und soziale Anpassungsschwierigkeiten sowie einen GdB von 30 bis 40 für einen Verdacht auf Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kombinierter Typ diagnostiziert, überzeugt dies den Senat nicht. Die von G3 mitgeteilte leichtgradig abnehmende Auffassungs- und Konzentrationsleistung, die reduzierte affektive Schwingungsfähigkeit sowie Ein- und Durchlafstörungen rechtfertigen noch nicht die Annahme einer höhergradigen psychopathologischen Funktionseinschränkung. Der Gutachter setzt sich zudem nicht mit der noch erhaltenen Alltagsstruktur und sozialen Integration des Klägers auseinander und begründet seine Einschätzung im Wesentlichen aus der biographischen Anamnese ohne Berücksichtigung der derzeitigen Lebenssituation. Die von ihm diagnostizierte Angststörung hat bislang noch nicht zu einer spezifischen Behandlung geführt. Entsprechende Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung sind nicht ersichtlich. Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung handelt es sich um eine Verdachtsdiagnose, welche ohne endgültige Diagnosesicherung nicht mit einem GdB bewertet werden kann. Überdies bestehen zwischen den psychiatrischen Symptomen, wie auch der Gutachter selbst einräumt, Überschneidungen. Der von ihm festgestellte Gesamt-GdB von 50 ist infolgedessen und auch angesichts der nur niederfrequenten psychiatrischen Behandlung und derzeit nicht erforderlichen orthopädischen Behandlung nicht nachvollziehbar und überhöht. Hierauf weist auch F1 in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.01.2025 zutreffend hin. Soweit G3 den Kläger krankheitsbedingt für nicht in der Lage sieht, sich um weitere therapeutische Maßnahmen zu bemühen, ist eine derartige krankheitsbedingte Antriebsminderung nicht dargelegt. Auch ist dem Gutachten von G3 nicht zu entnehmen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Vergleich zur Begutachtung durch R3 wesentlich, das heißt durch neue ärztliche Befundberichte belegt, verschlechtert hat. G3 begründet seine Diagnosen nicht befundgestützt, sondern vor allem mit der stark belastenden Lebensgeschichte und der anstrengenden beruflichen Tätigkeit. Dem Gutachten von G3 kann daher nicht gefolgt werden.

Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit sind bei dem Kläger daher für den Zeitraum ab dem 07.08.2018 mit einem GdB von 30 bewerten. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist von dem GdB von 30 im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche auszugehen. Eine weitere Erhöhung durch den GdB von 10 im Funktionssystem Rumpf kommt dagegen nicht in Betracht, da insoweit es sich lediglich um eine leichtgradige Gesundheitsstörung handelt. Der GdB ist somit ab dem 07.08.2018 mit 30 zu bewerten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält daher weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich. Die vorliegenden beigezogenen ärztlichen Unterlagen haben dem Senat zusammen mit den sachverständigen Zeugenaussagen und dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von R3 die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 128 Abs. 1 SGG). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 30, 40 oder 50 fest vorgegeben ist (BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R –, juris). Vorliegend erreicht das Ausmaß der Behinderungen und hieraus folgenden Teilhabebeeinträchtigungen kein Ausmaß, welches die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigt.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG)   nicht vorliegen.



 

Rechtskraft
Aus
Saved