Die bloße Übersendung der Mitgliedsbescheinigung der gesetzlichen Versicherung reicht für die Kündigung des Vertrags über eine private Kranken und Pflegeversicherung nicht aus
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2022 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.789,95 € zu zahlen.
Der Beklagte trägt die auf das Mahnverfahren entfallenden Gerichtskosten; weitere Gerichtskosten hat der Beklagte nicht zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren einschließlich des Mahnverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, ein privates Versicherungsunternehmen, macht gegen den 19 geborenen Beklagten Beitragsrückstände zur privaten Pflegepflichtversicherung für die Zeit von Februar 2013 bis September 2019 in Höhe von insgesamt 1.789,95 € geltend.
Der Beklagte war seit dem 1. März 2012 bei der Klägerin privat pflegepflichtversichert (Versicherungsnummer 4161146-522). Der monatliche Beitrag für die private Pflegepflichtversicherung betrug ab dem 1. Januar 2013 18,81 €, ab dem 1. Januar 2015 20,04 €, ab dem 1. Januar 2017 24,05 € und ab dem 1. Januar 2019 33,24 €. Der Beklagte zahlte diese Beiträge bis zum 30. September 2019 in Höhe von insgesamt 1.789,95 € nicht. Ab dem 1. März 2013 war der Beklagte bei der Bkranken- und pflegepflichtversichert. Er legte der Klägerin am 11. März 2013 eine „Mitgliedsbescheinigung nach § 175 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)“ der B vom 28. Februar 2013 vor, wonach die Mitgliedschaft bei der B am 1. März 2013 begann. Daraufhin wies die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2013 darauf hin, dass, wenn eine Änderung oder Beendigung des Vertrages gewünscht werde, eine ausdrückliche schriftliche Willenserklärung in den nächsten drei Monaten seit Eintritt der Pflichtversicherung benötigt werde, ferner darauf, dass auch Zusatztarife zu den Leistungseinschränkungen der gesetzlichen Krankenkassen oder eine Anwartschaftsversicherung in Betracht kämen und dass der Vertrag zunächst unverändert weitergeführt werde. Am 24. August 2018 übersandte der Beklagte der Klägerin per E-Mail eine „Mitgliedsbescheinigung nach § 175 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)“ der B vom 24. August 2018, wonach die B ab dem 1. März 2013 für den Einzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge zuständig war. Daraufhin schrieb die Klägerin dem Beklagten unter dem 27. August 2018, dass der Beklagte seinen Vertrag rückwirkend zum 1. März 2013 kündige, weil er pflichtig in der gesetzlichen Krankenkasse geworden sei. Er habe den Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht nicht innerhalb von drei Monaten angezeigte: Daher könne die Kündigung nur zum Ende des Monats erfolgen, in dem er der Klägerin den Eintritt der Versicherungspflicht nachgewiesen habe. Damit die Kündigung bestätigt werden könne, werde jedoch der Nachweis der gesetzlichen Krankenkasse benötigt. Hieraus müsse das Beginndatum der Mitgliedschaft hervorgehen. Weiterhin müsse ersichtlich sein, „dass eine Pflichtversicherung nach § 5 SGB V besteht“. Die in Anführungszeichen wiedergegebene Passage war durch Fettdruck hervorgehoben. Es werde um eine schriftliche Kündigungserklärung gebeten.
Mit Schreiben vom 29. August 2018 wies die Klägerin den Beklagten darauf hin, dass es, nachdem nun ein Pflichtversicherungsnachweis vorliege, immer noch an einer Kündigungserklärung fehle, woraufhin der Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 29. August 2018 mitteilte, den Versicherungsvertrag rückwirkend zum 1. März 2013 zu kündigen, weil er pflichtig in der gesetzlichen Krankenkasse geworden sei. Mit Schreiben vom 20. September 2018 erklärte der Beklagte die Kündigung der Kranken- und Pflegeversicherung mit sofortiger Wirkung. Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 23. Oktober 2018 mit, dass eine rückwirkende Kündigung nicht möglich sei, da der Beklagte nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht den streitgegenständlichen Vertrag gekündigt habe; vielmehr könne eine Beendigung des Vertrags nur noch zum Ende des Monats erfolgen, in dem der Versicherungsnehmer den Vertrag gekündigt und einen lückenlosen Folgeversicherungsnachweis erbracht habe. Die vorgelegte Mitgliedsbescheinigung gemäß § 175 SGB V genüge nicht als Nachweis über die gesetzliche Folgeversicherung. Vielmehr bedürfe es eines Nachweises über eine Pflichtversicherung gemäß § 5 SGB V. Der Beklagte erklärte mit E-Mail vom 28. Januar 2020 ein weiteres Mal die Kündigung und legte zwei Bescheinigungen der B vom 20. und 24. Januar 2020 über Versicherungszeiten seit dem 1. März 2013 u.a. als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer vor. Mit weiterer E-Mail vom 5. Februar 2020 reichte er eine Bescheinigung der B vom 29. Januar 2020 über die dortige Pflichtversicherung als Arbeitnehmer vom 1. Oktober 2019 bis laufend ein. Die Klägerin erklärte dem Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 3. Juni 2020, dass sie den Versicherungsvertrag aus Kulanz zum 1. Oktober 2019 beende.
Wegen der vorgenannten offenen Beitragsforderungen und der Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit hat die Klägerin beim Amtsgericht C gegen den Beklagten den Mahnbescheid vom 21. April 2020 erwirkt, welcher dem Beklagten am 24. April 2020 zugestellt worden ist. Dieser hat am 13. Mai 2020 Widerspruch erhoben, woraufhin das Verfahren ans Sozialgericht Berlin (SG) abgegeben worden ist.
Die Klägerin hat die Klage bzgl. der vorgerichtlichen Anwaltskosten zurückgenommen und zu einem richterlichen Hinweis vom 5. Januar 2022 ausgeführt, dass in der bloßen Übersendung des Mitgliedsschreibens vom 11. März 2013 keine konkludente Kündigungserklärung zu sehen sei. Ausweislich des Wortlauts von § 205 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bedürfe es für die Beendigung einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung einer Kündigung und eines Nachweises über eine lückenlose Folgeversicherung. Allein in der Übersendung der Mitgliedsbescheinigung liege keine Willensäußerung des Beklagten selbst. Die Mitgliedsbescheinigung sei nicht vom Beklagten verfasst worden, so dass er auch keine Willenserklärung geäußert habe. Außerdem komme bei dem Eintritt der Versicherungspflicht in den gesetzlichen Krankenversicherungen eine Mehrzahl von Möglichkeiten, beispielsweise die Möglichkeit einer Umstellung in eine Zusatzversicherung sowie in eine Anwartschaft in Betracht. Dementsprechend sei der Wille des Beklagten mit der Einreichung des Mitgliedsschreibens nicht eindeutig erkennbar gewesen. Auf das Urteil des Landgerichts (LG) Düsseldorf vom 21. Juli 2016 – 9 S 40/15 - werde verwiesen.
Der Beklagte ist der Klage mit dem Vorbringen entgegen getreten, dass er die bei der Klägerin bestehende Versicherung wirksam gekündigt habe. Er hat zur Untermauerung seines Vorbringens auf die seit dem 1. März 2013 bei der B bestehende Versicherung verwiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Mai 2022 abgewiesen. Es hat in der Sache selbst zur Begründung ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil das Versicherungsverhältnis vom Beklagten wirksam gekündigt worden sei. Gemäß § 205 Abs. 6 S. 2 VVG werde die nach Satz 1 mögliche Kündigung nur wirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Monaten nach der Kündigungserklärung nachweise, dass er bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert sei. Den entsprechenden Nachweis habe der Beklagte am 11. März 2013 übersandt und mit diesem zugleich konkludent die erforderliche Kündigungserklärung abgegeben. Diese Erklärung sei gemäß §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dahingehend auszulegen, dass der Beklagte seine mit der Klägerin bestehende Versicherung habe beenden wollen. Denn ein Interesse des Beklagten an einer Doppelversicherung derselben Risiken sowohl bei der Klägerin als auch der neuen gesetzlichen Pflegeversicherung mit der Konsequenz einer doppelten Prämienzahlungspflicht habe nicht bestanden, was für die Klägerin auch erkennbar gewesen sei, zumal der Beklagte die Zahlung der Beiträge eingestellt habe.
Die Klägerin hat gegen das ihren Bevollmächtigten am 19. Mai 2022 zugestellte Urteil am 3. Juni 2022 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr erstinstanzlichen Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2022 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.789,95 € zu zahlen.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Versuche des Senats, den Beklagten unter der letzten Wohnanschrift, telefonisch oder per E-Mail vom Termin in Kenntnis zu setzen, sind fehlgeschlagen. Eine aktuelle Wohnanschrift konnte nicht ermittelt werden. Ihm ist im Wege öffentlicher Zustellung (vgl. Beschluss des Senats vom 26. Juli 2024) die mündliche Verhandlung vom 5. September 2024 mitgeteilt worden, in welcher er nicht vertreten gewesen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann auch ohne den der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2024 ferngebliebenen Beklagten verhandeln und entscheiden, nachdem er in der ihm per öffentlicher Zustellung ordnungsgemäß zugestellten Terminmitteilung auf eben diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, vgl. §§ 153 Abs. 1, 126, 110 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere ohne Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € übersteigt (§ 144 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil ist rechtlich zu beanstanden. Der Klägerin steht aus dem Versicherungsvertrag mit dem Beklagten der geltend gemachte Betrag zu. Die Beitragsansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten ergeben sich aus dem Versicherungsvertrag zunächst i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung (MB/PPV), wonach u.a. die Beiträge Monatsbeiträge sind, und § 1 Satz 2 VVG, wonach der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten, und i.V.m. § 23 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), wonach Personen, die – wie hier der Beklagte – gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen oder im Rahmen von Versicherungsverträgen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügen, versichert sind, vorbehaltlich des Absatzes 2 verpflichtet sind, bei diesem Unternehmen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wobei der Vertrag nach Absatz 1 auch bei einem anderen Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden kann. Auf der Grundlage des zwischen den Beteiligten bestehenden Pflegepflichtversicherungsvertrages schuldet der Beklagte der Klägerin die von ihr beanspruchten Beiträge für die Zeit von Februar 2013 bis September 2019.
Zunächst einmal wurde der Versicherungsvertrag nicht allein schon mit der Übersendung der Mitgliedsbescheinigung der B vom 11. März 2013 gekündigt. Die hierfür maßgebliche Regelung in § 205 Abs. 2 VVG bestimmt: Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (S. 1). Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten (Satz 2).
Diese Voraussetzungen wurden mit der E-Mail des Beklagten vom 11. März 2013, mit welcher er – kommentarlos – lediglich eine Mitgliedsbescheinigung der B übersandte, nicht erfüllt. Aus der Kündigung muss klar und unzweideutig zu erkennen sein, dass eine Lösung des Vertragsverhältnisses für die Zukunft beabsichtigt ist (vgl. etwa Prölss/Martin, VVG, 32. Aufl. 2024, vor § 11 Rn. 22 unter Verweis auf Bundesgerichtshof <BGH>, Urteil vom 12. September 2012 - IV ZR 258/11 -, zitiert nach juris Rn. 16). Nicht genügend ist insbesondere die bloße Mitteilung über eine bestehende Versicherungspflicht (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 24. November 2011 – 2 O 209/11 -, zitiert nach juris Rn. 15). Dementsprechend ist in der bloßen Übersendung der Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse keine Kündigungserklärung zu erblicken. Da es sich bei einer Kündigung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, muss aus ihr klar und unzweideutig hervorgehen, dass eine Lösung des Vertragsverhältnisses für die Zukunft beabsichtigt ist. Daran fehlt es bei der bloßen Übersendung der Mitgliedsbescheinigung, da bei Eintritt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Mehrzahl von Möglichkeiten in Bezug auf die bis dahin gehaltene private Krankenversicherung in Betracht kommen (LG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juli 2016 – 9 S 40/15 –, zitiert nach juris Rn. 17), so etwa eine Anwartschaftsversicherung, wie sie bereits in § 205 Abs. 2 S. 1 VVG erwähnt ist, d.h. eine Versicherung, die ein Wiederaufleben eines ruhenden Versicherungsvertrages ohne erneute Gesundheitsprüfung ermöglicht (vgl. etwa Langheid/Wandt/Marko, Münchener Kommentar zum VVG, 3. Aufl. 2024, § 205 Rn. 32), oder Zusatztarife zur gesetzlichen Pflichtversicherung. Auf das Fehlen einer hinreichend klaren Erklärung wies die Klägerin den Beklagten postwendend unter dem 18. März 2013 hin, ferner darauf, dass eben auch Zusatztarife zu den Leistungseinschränkungen der gesetzlichen Krankenkassen oder eine Anwartschaftsversicherung in Betracht kommen und dass der Vertrag zunächst unverändert weitergeführt wird.
Der Versicherungsvertrag wurde auch im Übrigen nicht vor Ablauf des verfahrensgegenständlichen Zeitraums gekündigt. Zwar wertete/akzeptierte die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 27. August 2018 die vorangegangene neuerliche Übersendung einer Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V vom 24. August 2018 als Kündigung und erklärte der Beklagte nunmehr mit Posteingängen vom 29. August und 20. September 2018 ausdrücklich die Kündigung. Diese Kündigungserklärungen waren aber gemäß § 205 Abs. 2 S. 2 VVG nicht wirksam, weil der Beklagte der Klägerin den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachwies, nachdem die Klägerin ihn hierzu mit Schreiben vom 27. August 2018 und 23. Oktober 2018 in Textform aufgefordert hatte, zumal nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, dass der Beklagte die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten hatte. Der Beklagte hatte zunächst lediglich – wiederholt – Mitgliedsbescheinigungen nach § 175 SGB V vorgelegt, die den an den Nachweis der Versicherungspflicht zu stellenden Anforderungen in der Tat nicht genügen. Die von den gesetzlichen Krankenversicherungen ausgestellte Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V gibt nicht verbindlich Auskunft über die tatsächliche Versicherungspflicht des Versicherungsnehmers. Die Mitgliedsbescheinigung stellt lediglich die – von der Versicherungspflicht zu trennende – Krankenkassenwahl (Mitgliedschaft) fest (vgl. Langheid/Rixecker/Muschner, Versicherungsvertragsgesetz, 7. Aufl. 2022, § 205 Rn. 7 unter Verweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Juni 2012 – B 12 KR 11/10 R - zitiert nach juris Rn. 21). Der Beklagte legte erstmals mit E-Mail vom 5. Februar 2020 und damit deutlich nach Ablauf von zwei Monaten den Nachweis über die lückenlose Folgeversicherung bei der Bvor.
Nach Auffassung des Senats ist dem Schreiben der Klägerin vom 29. August 2018 insbesondere auch weder eine verbindliche Zusicherung noch ein verbindliches Angebot dahingehend zu entnehmen, allein schon nach dem Erhalt einer schriftlichen Kündigung das Versicherungsverhältnis zu beenden, selbst wenn kein Versicherungsnachweis vorgelegt wird. Dies hätte ggf. zur Folge gehabt, dass das Versicherungsverhältnis bereits aufgrund der Kündigungserklärung des Beklagten vom 29. August 2018 mit Ablauf dieses Monats geendet wäre, vgl. § 205 Abs. 2 S. 4 VVG, so dass Beiträge ab September 2018 nicht mehr hätten geltend gemacht werden können. Ein entsprechender rechtlicher Bindungswille der Klägerin ist nach der auch insoweit – dem Rechtsgedanken aus §§ 133, 157 BGB folgend - gebotenen Auslegung unter Zugrundelegung eines verobjektivierten Empfängerhorizonts indes nicht erkennen, zumal wesentliche Aspekte einer Vertragsbeendigung nicht benannt werden, es etwa an der Angabe des Zeitpunkts der Beendigung des Vertragsverhältnisses fehlte. Vielmehr lässt sich dem Schreiben verständigerweise nur der Erklärungsgehalt entnehmen, dem Kündigungsverfahren Fortgang zu geben, sobald eine schriftlichen Kündigungserklärung vorliegt, auch wenn die Klägerin im Schreiben vom 29. August 2018 – unzutreffend – bereits vom Vorliegen eines Versicherungsnachweises auszugehen scheint.
Von daher ist für eine Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf des verfahrensgegenständlichen Zeitraums nichts ersichtlich, zumal der Beklagte erstmals – und damit deutlich nach Ablauf von zwei Monaten nach den vorgenannten Hinweisschreiben – mit der E-Mail vom 28. Januar 2020 der Klägerin Bescheinigungen vorlegte, denen sich dessen fortdauernde Sozialversicherungspflichtigkeit entnehmen lassen konnte, und die so erstmals unter dem 28. Januar 2020 wirksam erklärte Kündigung des Beklagten keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eintritts seiner Versicherungspflicht hat (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 24. November 2011 – 2 O 209/11 –, zitiert nach juris Rn. 16).
Nach alldem kann dahinstehen, ob eine wirksame Kündigung vorliegend bereits daran scheiterte, dass die gemäß § 16 MB/PPV erforderliche Schrift- oder Textform fehlte, weil eine solche nicht allein durch die Zusendung der Mitgliedsbescheinigung gewahrt wäre, welche ihrerseits zwar schriftlich vorlag, aber dies die Schrift- oder Textform für die Willenserklärung des Beklagten nicht ohne Weiteres ersetzt haben dürfte (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 18).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei besteht keine Möglichkeit, dem Beklagten außergerichtliche Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Gemäß § 182a Abs. 2 SGG ist mit dem Eingang der Akten beim Sozialgericht nach den Vorschriften des SGG zu verfahren. Nach § 193 Abs. 4 i.V.m. §§ 184 Abs. 1, 183 SGG sind unter anderem private Pflegeversicherungsunternehmen nicht zur Geltendmachung der außergerichtlichen Kosten berechtigt (vgl. etwa Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Februar 2017 – L 15 P 35/16 –, zitiert nach juris Rn. 18; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 12 P 2/03 R -, zitiert nach juris Rn. 21). Demgegenüber hat der Beklagte die Gerichtskosten des vorhergehenden gerichtlichen Mahnverfahrens zu tragen, § 193 Abs. 1 S. 2 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.