Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 06.09.2023 geändert.
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Beschlusses vom 27.10.2021 verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des gesamten Verfahrens trägt der Kläger 1/4. Der Beklagte und die Beigeladene zu 7) und 8) tragen 3/4 der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, der Beklagte und die Beigeladene zu 7) 3/4 der Kosten des Berufungsverfahrens, jeweils gesamtschuldnerisch unter Ausnahme der Kosten der Beigeladenen 1) bis 6) in beiden Rechtszügen und der Kosten der Beigeladenen zu 8) im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in O..
Er nimmt seit dem 21. Januar 2001 als Facharzt für Psychiatrie sowie Facharzt für Neurologie (Zusatzbezeichnung: Psychotherapie) mit einem vollen Versorgungsauftrag an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sein Vertragsarztsitz befindet sich in der H.-straße in I.. Unter der Anschrift J.-straße in O. betreibt er eine Privatpraxis.
Für die Vertragspraxis in I. bestehen folgende Sprechzeiten:
Montag |
8:00 - 12:00 Uhr, 14:00 - 18:00 Uhr |
Dienstag |
8:00 - 12:00 Uhr, 14:00 - 18:00 Uhr |
Mittwoch |
8:00 - 12:00 Uhr |
Donnerstag |
8:00 - 12:00 Uhr, 14:00 - 18:00 Uhr |
Freitag |
8:00 - 12:00 Uhr |
Mit Schreiben vom 20. Januar 2021 beantragte der Kläger bei dem Zulassungsausschuss für den Standort O. die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis. Die Entfernung zwischen Vertragsarztsitz und Zweigpraxis betrage 49 Kilometer (30 Minuten Fahrzeit). Die Tätigkeitsaufnahme sei für den 1. April 2021 geplant. Als geplantes Leistungsspektrum gab der Kläger an: „Psychiatrie, Verhaltenspsychotherapie, Neurologie, EMDR-Traumatherapie“. Es seien folgende Sprechzeiten der Zweigpraxis beabsichtigt:
Montag |
8:00 - 10:00 Uhr |
Dienstag |
8:00 - 10:00 Uhr |
Mittwoch |
8:00 - 10:00 Uhr |
Donnerstag |
8:00 - 10:00 Uhr |
Freitag |
8:00 - 10:00 Uhr |
Samstag |
9:00 - 12:00 Uhr |
Zur Begründung gab der Kläger an: Er verfüge über eine ungenutzte Immobilie in O., die er entwickeln und nutzen wolle. In I. habe er etwa 20 Patienten im Quartal, die in O. nicht unterkämen. Er werde unter seiner gelisteten Telefonnummer in O. überwiegend von gesetzlich Versicherten mit Behandlungswunsch angerufen, die er bisher abweisen müsse, da er dort nur privatärztlich tätig sei. Daraus folge, dass ein Bedarf in O. bestehe. Seine bisherige Tätigkeit in O. wolle er unverändert fortführen.
Der Zulassungsausschuss leitete den Antrag an die Beigeladenen zur Stellungnahme weiter.
Die Beigeladene zu 7) nahm mit Schreiben vom 23. März 2021 Stellung: Der W. sei für die Fachgruppe der Nervenheilkunde mit einem Versorgungsgrad von 106,7 % nicht von Zulassungsbeschränkungen betroffen. Nach örtlicher Überprüfung sei mitzuteilen, dass im W. einem Soll von 18,7 ein Ist von 19,5 Nervenärzten (alle Fachgruppen) gegenüberstehe. Für die Fachgruppe der Psychotherapeuten sei der W. mit einem Versorgungsgrad von 111,1 % von Zulassungsbeschränkungen betroffen. Hier sei nach örtlicher Überprüfung mitzuteilen, dass im W. einem Soll von 72 ein Ist von 79 Psychotherapeuten (ärztliche und nicht-ärztliche) gegenüberstehe. In lediglich zwei der überprüften Praxen lägen überdurchschnittliche Fallzahlen vor. Die Fallzahlen der übrigen Praxen lägen im Durchschnitt bzw. seien leicht unterdurchschnittlich. Zwei Ärzte erbrächten ebenfalls Leistungen im Rahmen der Verhaltenstherapie und die EMDR-Traumatherapie. Die darüber hinaus beantragten Leistungen gehören zum Leistungsspektrum aller Nervenärzte. Im Hinblick auf die beantragten Leistungen im Rahmen der Verhaltenstherapie und der EMDR-Traumatherapie habe die Beigeladene zu 7) ebenfalls die im Kreis niedergelassenen Psychotherapeuten (ärztliche und nicht-ärztliche) überprüft. Von den 79 im Kreis zugelassenen Psychotherapeuten erbrächten allein 57 Psychotherapeuten Leistungen im Rahmen der Verhaltenstherapie und EMDR-Traumatherapie. Aufgrund der hohen Anzahl, allein in O., sei auf eine entsprechende Aufstellung verzichtet worden. Es sei davon auszugehen, dass die beantragte Zweigpraxis-Ermächtigung nicht zu einer Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung der Patienten führen werde. Es seien ausreichend Ärzte und Psychotherapeuten im Kreis tätig, die die Versorgung der Patienten sicherstellen könnten.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Genehmigungsantrag ab (Beschluss vom 19. Mai 2021). Der als Bescheid am 9. Juni 2021 ausgefertigte Beschluss wurde dem Kläger am 15. Juni 2021 zugestellt. Unter Wiederholung der Ausführungen der Beigeladenen zu 7) legte der Zulassungsausschuss dar, dass eine Verbesserung der Versorgung im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) am Ort der Zweigpraxis durch die Erteilung der Ermächtigung nicht erfolgen werde.
Mit dem schriftlich am 22. Juni 2021 gegenüber dem Beklagten erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor: Entgegen der Auffassung des Zulassungsausschusses bestehe im W. kein Versorgungsgrad von 106,7%. Bei einem Versorgungsgrad von 104% (Verweis auf E-Mail der Beigeladenen zu 7) seien 1,5 Sitze in der Fachgruppe Nervenheilkunde frei. Dass diese Sitze nicht besetzt werden könnten, liege an der Unattraktivität des W.. Die offenkundige Unterversorgung spiegele sich in Terminanfragen wider. Bei seinen Kollegen bestünden unerträglich lange Wartezeiten. Unterschlagen werde, dass er alle Verfahren der Neurologie anbiete, insbesondere die Elektrophysiologie sei nur mangelhaft verfügbar. Er fahre täglich auf dem Weg zu seiner Vertragspraxis in I. an seiner Privatpraxis in O. vorbei und könne „auf dem Weg“ auch in O. Patienten behandeln. Seine gut eingeführte Praxis in I. wolle er nicht aufgeben. Die Ermöglichung von Zweigpraxen sei auch für die Beigeladene zu 7) von Vorteil. In einer solchen könne ein junger Kollege zunächst angestellt und dann zur Niederlassung geführt werden. Das sei angesichts der Unattraktivität des W. für niederlassungswillige Ärzte ein Vorteil. Zu berücksichtigen sei zudem, dass 55,24% der gesamten Patientenversorgung im Gebiet der Nervenheilkunde in O. und B. von drei Kollegen fortgeschrittenen Alters durchgeführt werde. Hier drohe dem W. eine Versorgungskatastrophe, wenn sich diese Kollegen zur Ruhe setzten.
Der Beklagte wies – unter Berücksichtigung einer erneuten Stellungnahme der Beigeladenen zu 7) den Widerspruch des Klägers zurück (Beschluss vom 27. Oktober 2021). Der am 4. Januar 2022 als Bescheid ausgefertigte Beschluss wurde dem Kläger am 7. Januar 2022 zugestellt. Der Antrag des Klägers sei bereits in sich widersprüchlich: So beantrage er eine Ermächtigung für einen Tätigkeitsumfang von 10 Stunden pro Woche, habe jedoch ein Leistungsangebot von 13 Wochenstunden für die Zweigpraxis angegeben. Dabei wolle er seine Tätigkeit in I. unverändert fortführen. Das habe zur Folge, dass die für die Zweigpraxis in O. vorgesehenen Sprechzeiten in den Zeiten lägen, in denen er auch Sprechstunden in I. anbietet. Seine Erläuterung in der mündlichen Verhandlung, dass es insoweit nur eine Frage der Organisation sei, weil seine Helferinnen in I. zu den Sprechstundenzeiten in O. bereits „technische Leistungen" an den dortigen Patienten ohne seine Anwesenheit durchführen könnten, sei nicht ausreichend, denn dies verstoße gegen die vertragsärztliche Pflicht, während der Sprechstundenzeiten - zumindest während der Mindestsprechstundenzeiten - am Vertragsarztsitz zur Versorgung der gesetzlich Versicherten persönlich zur Verfügung zu stehen. Im Übrigen sei nicht feststellbar, dass durch die Tätigkeit des Klägers die Versorgung der Versicherten in O. und Umgebung verbessert werden würde. Es gebe zwar für die Arztgruppe der Nervenheilkunde im W. keine Zulassungsbeschränkungen, weil bei einem Versorgungsgrad von 104% keine Überversorgung vorliege. Allerdings liege der Versorgungsgrad für die Stadt O. rechnerisch bei 142,4%. Insgesamt befänden sich in O. und Umgebung in einem Umkreis von 13 km um den Standort der geplanten Filiale insgesamt acht Praxen und MVZ mit 11,5 Versorgungsaufträgen. Nach der Zahl der Behandlungsfälle seien die Praxen in O. in den letzten Quartalen leicht unterdurchschnittlich belastet gewesen und deshalb in der Lage, auch an der Sicherstellung der Versorgung umliegender Gemeinden mitzuwirken. Allein im ersten Quartal 2021 seien nach Angaben der Beigeladenen zu 7) 724 Neupatienten versorgt worden, sodass von einer Unterversorgung nicht zu reden sei. Das werde bestätigt durch die Angaben der Terminservicestelle der Beigeladenen zu 7). Danach seien in den Quartalen 4/2020 bis 1/2021 insgesamt 577 Terminanfragen an die Terminservicestelle gerichtet, die alle zeitgerecht mit Terminen bedient werden konnten. Soweit der Kläger angebe, dass er durch das Angebot von Biofeedback und von Magnetpulsstimulation als Teil einer Parkinsontherapie bisher im W. nicht verankerte Leistungsangebote installieren wolle, handele es sich nicht um eine Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung. Diese Methoden seien bisher keine vertragsärztlichen Leistungen. Er, der Beklagte, sei außerdem der Ansicht, dass die vom Kläger behaupteten zahlreichen Terminnachfragen von Versicherten aus O. dadurch beeinflusst sein können, dass er am geplanten Zweigpraxis-Standort bereits mit Privatarztpraxis tätig und deshalb seine Telefonnummer im Telefonverzeichnis für O. enthalten ist. Nach eigenen Angaben habe er allerdings in der Vergangenheit weniger als einen Privatpatienten pro Tag behandelt und das vorwiegend im Bereich der Psychotherapie, für die die angebotenen neurologischen Diagnose- und Behandlungsverfahren typischerweise keine Rolle spielten. Die vom Kläger dargestellten Wünsche und Bedürfnisse in Bezug auf seine unter Denkmalschutz stehende Immobilie in O. seien für die Frage der Ermächtigung ohne Belang.
Gegen die ihm am 7. Januar 2022 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 17. Januar 2022 Klage erhoben. Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren verwiesen. Ergänzend hat er ausgeführt: Der Beklagte und die Beigeladene zu 7) neigten dazu, unzulässigerweise das Bedarfsplanungsrecht einzubeziehen (Verweis auf Hessisches Landessozialgericht <LSG>, Beschluss vom 29. November 2007, L 4 KA 56/07 ER). Eine Beeinträchtigung der Versorgung am Vertragsarztsitz I. werde nicht eintreten, denn die Dauer der Tätigkeit in der Filiale überschreite ein Drittel der Tätigkeit am Vertragsarztsitz nicht. Es sei eine bei weitem geringere Tätigkeit in O. geplant. Zudem sollten Filiale und „Hauptsitz“ unter normalen Verkehrsverhältnissen in etwa 45 Minuten erreichbar sein, was erfüllt sei. Vom Standort O. sei der Standort I. in etwa 35 Minuten zu erreichen. Auch werde die Versorgung am Ort der Zweigpraxis verbessert (Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28. Oktober 2009, B 6 KA 42/08 R). Im Falle einer Unterversorgung bestehe immer eine Versorgungsverbesserung. Aber auch im Fall einer fehlenden Unterversorgung könne eine Versorgungsverbesserung vorliegen, die nicht allein darin liege, dass ein weiterer Leistungserbringer hinzutrete. Erforderlich, aber ausreichend sei die Erweiterung des bestehenden Leistungsangebotes in qualitativer - unter bestimmten Umständen auch in quantitativer - Hinsicht. Bedarfsplanungsgesichtspunkte seien nicht zu berücksichtigen. Es komme auf eine „qualifizierte Versorgungsverbesserung“ an. Durch die Zweigpraxis komme es auf jeden Fall zu einer deutlichen Verringerung von Wartezeiten und zum Angebot von Wochenendsprechstunden, was nach der Rechtsprechung ausreiche.
Der Kläger hat beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in O., J.-straße , zu erteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die angefochtene Entscheidung verteidigt. Soweit sich der Kläger gegen die Annahme der Widersprüchlichkeit seines Antrags wende, verkenne er die vertragsärztlichen Verpflichtungen aus § 17 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä). Eine quantitative Versorgungsverbesserung sei angesichts der Dichte des gleichen Facharztangebotes in O., das weit über den Versorgungsgrad im gesamten Planungsbereich hinausgehe, nicht erforderlich. Eine qualitative Verbesserung werde vom Kläger nicht angeboten.
Die Beigeladenen zu 7) zu 8) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 8) hat schriftsätzlich geltend gemacht, dass es zu einer Versorgungsverschlechterung in I. komme.
Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6. September 2023 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für den Betrieb einer Zweigpraxis sei den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die Kontrolle beschränke sich im Sinne von Vertretbarkeit auf die Prüfung, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten worden seien und die Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet worden seien, dass die Anwendung des Beurteilungsmaßstabs erkennbar und nachvollziehbar sei. Lasse sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV nicht feststellen, gehe dies zulasten des Vertragsarztes.
Davon ausgehend habe der Beklagte zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für den Betrieb einer Zweitpraxis verneint. Dabei komme es nicht darauf an, ob in I. eine Versorgungsverschlechterung eintrete. Denn es lasse sich nicht feststellen, dass eine Versorgungsverbesserung in O. eintreten werde. Es sei nicht erkennbar, in welchem Umfang der Kläger künftig in O. tätig sein werde. Seine Angaben seien widersprüchlich. Die Widersprüche seien auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsausschuss nicht ausgeräumt worden. Sein Hinweis, in O. nur nach Termin tätig werden zu wollen, lasse keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Tätigkeitsumfang zu.
Gegen die ihm am 7. Februar 2024 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 12. Februar 2024 schriftlich bei dem LSG eingelegte Berufung des Klägers. Er macht geltend, dass er seit dem 1. Oktober 2023 am Standort O. seine privatärztliche Tätigkeit zu den Sprechzeiten Mo.-Fr. 8:00 bis 9:30 Uhr und Sa. 9:30 bis 12 Uhr ausübe, ohne dass dies die Tätigkeit in I. beeinträchtigt habe. Dies belege die Quartalsabrechnung für das Quartal 4/2023, wonach genauso viele Patienten in I. behandelt worden seien wie zuvor. In der Praxis in I. seien zwei Medizinische Fachangestellte tätig, die am Morgen Leistungen erbrächten, wenn er, der Kläger, noch nicht in der Praxis sei. Damit könnten Blutabnahmen, die Vorbereitung von E-Rezepten (Wiederholungsrezepten), die Ausgabe von ihm genehmigter Überweisungen/Einweisungen und die technische Anfertigung von EEGs, welche er nach seinem Eintreffen auswerte, durchgeführt werden. Dabei handele es sich um delegierbare Leistungen. Die Sprechstunde in I. beginne um 9 Uhr (Mo. bis Fr.). Er sei jederzeit telefonisch erreichbar und könne im Bedarfsfall nach I. fahren. In I. sei er weiterhin von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr (Mo.-Fr.) tätig, sofern kein Praxisurlaub vorliege. Die Sprechzeiten in O. lägen Mo.-Fr. 8:00 bis 9:30 (an Samstagen 9:30 bis 12 Uhr), wobei voraussichtlich nicht an jedem Tag in O. von 8:00 bis 9:30 Uhr Termine gebucht würden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 6. September 2023 zu ändern, den Beschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in O., J.-straße , zu erteilen,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 19. Mai 2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er macht geltend, dass die Angaben des Klägers zu Umfang und Zeitpunkt seiner persönlichen Anwesenheit in der Praxis in O. nach wie vor unklar seien. Er behaupte zwar, dass er dort Sprechzeiten montags bis freitags von 8:00 bis 9:30 Uhr und samstags von 9:30 bis 12:00 Uhr anbieten wolle. Selbst unter Berücksichtigung der von ihm geschilderten Zeit für die Fahrt von I. nach O. sei dies nicht mit der von ihm behaupteten Zeit der Sprechzeiten in I. von jeweils 9:00 bis 18:00 Uhr von montags bis freitags vereinbar. Ebenso unklar bleibe, was der Kläger damit zum Ausdruck bringen wolle, dass er „nicht an jeden Tag in O. von 8:00 Uhr bis 9:30 Uhr für Termine gebucht werde“. Offenbar stelle er sich vor, dass eine Praxistätigkeit nur auf Vorbestellung erfolgen solle, was einer Tätigkeit im Mindestumfang nach § 17 BMV-Ä nicht gerecht wird. Der Kläger gehöre als Facharzt für Neurologie zu der Arztgruppe, die gemäß §17 Abs. 1c BMV-Ä freie Sprechzeiten anbieten müsse. Aus dem zeitlichen Umfang sei zudem auch nicht erkennbar, inwieweit der Kläger seiner täglichen Präsenzpflicht in O. sowie seiner notwendigen Anwesenheit für Notfälle auch außerhalb der Sprechstundenzeiten in einer Art und Weise gerecht werden wolle, die den Mindestumfang seiner Sprechstundenverpflichtung in I. und die Mindestpräsenzpflicht nicht tangiere. Der Verweis auf die Delegationsmöglichkeit ändere daran nichts. Der Beruf des Klägers als Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Verhaltenstherapie enthalte eher kein relevantes Spektrum von Tätigkeiten, die auf Fachkräfte delegiert werden können.
Die Beigeladene zu 7) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, dass der Kläger bis dato den geplanten tatsächlichen Tätigkeitsumfang am Ort der projektierten Zweigpraxis in O. nicht nachvollziehbar dargelegt habe, sodass sich eine Versorgungsverbesserung am Ort der Zweigpraxisermächtigung nicht feststellen lasse.
Die übrigen Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang Erfolg.
A. Der Senat darf über die Berufung des Klägers entscheiden, obwohl dieser im Verhandlungstermin weder erschienen noch vertreten gewesen ist. Hierauf ist er mit der ihm zugegangenen Ladung hingewiesen worden.
B. Die am 12. Februar 2024 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 7. Februar 2024 zugestellte Urteil des SG Dortmund vom 6. September 2023 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).
C. Die Berufung ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der vom Kläger bei sachgerechter Auslegung seines Begehrens hilfsweise begehrten Verpflichtung des Beklagten zur erneuten Entscheidung über seinen Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses begründet. Hinsichtlich der vom Kläger vorrangig begehrten Erteilung der Genehmigung ist die Berufung unbegründet.
I. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen ist das Gewollte, also das mit der Klage bzw. der Berufung verfolgte Prozessziel, bei nicht eindeutigen Anträgen im Wege der Auslegung festzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 22. April 2021 – B 4 AS 16/21 B – juris, Rn. 5).
Davon ausgehend legt der Senat das vom Kläger verfolgte Begehren dahingehend aus, dass er nicht lediglich die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung der Genehmigung der Zweigpraxis verfolgt, sondern hilfsweise auch dessen Verpflichtung zur erneuten Entscheidung über den von ihm erhobenen Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses. Diese Auslegung ist vor dem Hintergrund geboten, dass im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des beklagten Berufungsausschusses grundsätzlich allenfalls eine Verpflichtung zur Neubescheidung in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – BSGE 107, 230 ff., Rn. 33), weshalb ein rechtskundig Vertretener, der die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses geltend machte, regelmäßig (auch) die Neubescheidung verfolgen würde. Dieses Begehren ist auch hier – im Wege der Auslegung – anzunehmen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Neubescheidungsbegehren als sogenanntes „minus“ gegenüber dem Begehren auf Verurteilung zur Erteilung der Genehmigung anzusehen ist, was ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten voraussetzt, aber in der Reichweite des Urteilsausspruchs dahinter zurückbleibt.
II. Die so verstandene Klage ist zulässig (1.) und im Hilfsantrag begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2021 ist rechtswidrig (2.). Zwar hat der Kläger aufgrund dessen keinen Anspruch auf Genehmigung der begehrten Zweigpraxis (3.), wohl aber auf Neubescheidung seines diesbezüglichen Widerspruchs gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses durch den Beklagten (4.).
1. Die Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2021 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage – in der besonderen Form einer Neubescheidungsklage (§ 54 Abs. 1, § 131 Abs. 3 SGG) – statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Der den Widerspruch zurückweisende Beschluss des Beklagten vom 27. Oktober 2021 ist am 4. Januar 2022 als (Widerspruchs-)Bescheid ausgefertigt und dem Kläger am 7. Januar 2022 zugestellt worden. Die am 17. Januar 2022 erhobene Klage wahrt die Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich der Beschluss des beklagten Berufungsausschusses vom 16. Januar 2019 (st. Rspr. seit BSG, Urteil vom 9. März 1994 – 6 RKa 5/92 – BSGE 74, 59 ff.; BSG, Beschluss vom 10. Mai 2017 – B 6 KA 58/16 B – juris).
2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 27. Oktober 2021 begehrt. Denn dieser ist rechtswidrig und verletzt ihn in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der – aufgrund des Umstandes, dass der Kläger seinen Vertragsarztsitz im Bereich der Beigeladenen zu 8) hat, aber eine Zweigpraxis an einem Ort im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 7) betreiben will – gemäß § 24 Abs. 3 Satz 7 Ärzte-ZV zuständige Beklagte hat den fristgerecht erhobenen Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 19. Mai 2021 beurteilungsfehlerhaft zurückgewiesen.
a) Rechtsgrundlage der Genehmigung einer Zweigpraxis ist § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – <GVWG>; BGBl I, 2754, m.W.v. 20. Juli 2021).
Nach dieser Vorschrift sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit
1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; dabei sind geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden. Nicht erforderlich ist, dass die an weiteren Orten angebotenen Leistungen in ähnlicher Weise auch am Vertragsarztsitz angeboten werden, oder dass das Fachgebiet eines in der Zweigpraxis tätigen Arztes auch am Vertragsarztsitz vertreten ist, wobei Ausnahmen im Bundesmantelvertrag geregelt werden können (§ 24 Abs. 3 Satz 2, 3 Ärzte-ZV).
b) Bei der Prüfung der streitigen Tatbestandsmerkmale der Verbesserung der Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV) sowie der fehlenden Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV) steht dem Beklagten ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die ortsnahe fachkundige KV (bzw. der hier aufgrund § 24 Abs. 3 Satz 7 Ärzte-ZV zur Entscheidung berufene Berufungsausschuss) nur ungefähr entscheiden kann, ob das Angebot der Zweigpraxis zu einer Verbesserung der Versorgung vor Ort führt (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – BSGE 105, 10 ff., Rn. 54; Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 49/09 R – SozR 4-5525 § 24 Nr. 1, Rn. 12; Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – BSGE 107, 230 ff., Rn. 22; Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 29/12 R – BSGE 113, 291 ff. Rn. 25; Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 12, Rn. 18). Dieser Beurteilungsspielraum umfasst auch den räumlichen Bereich („weitere Orte“), auf den bezüglich einer Versorgungsverbesserung abzustellen ist (Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 5. Aufl., § 95 SGB V <Stand: 03.04.2025>, Rn. 735, m.w.N.).
Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich daher darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ergeben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O., Rn. 22; Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 38/10 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 33, Rn. 17 m.w.N.). In Bezug auf die Entscheidung, ob die Versorgung der Versicherten an dem weiteren Ort verbessert und ob die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird, erfordert die richtige Anwendung des Beurteilungsspielraums, die maßgebenden Belange in die jeweilige Subsumtion einzustellen sowie die Vor- und die Nachteile zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 7/10 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 5, Rn. 12).
c) Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist, da es um eine Entscheidung mit Beurteilungsspielraum geht, die letzte Verwaltungsentscheidung, also der Erlass des Widerspruchsbescheides (vgl. Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 54 SGG <Stand: 15.06.2022>, Rn. 58 i.V.m. Rn. 60). Dies rechtfertigt sich daraus, dass bei der gerichtlichen Prüfung, ob die Anforderungen an den Beurteilungsspielraum erfüllt sind, der durch § 35 Abs. 1 SGB X vorgeschriebenen Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zukommt. Die Begründungspflicht dient dabei als Korrektiv der in Anbetracht des weitgehenden Beurteilungsspielraums der Behörde eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr. 2, juris, Rn. 34).
Eine Rechtsnorm wie die Vorschrift des § 114 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann und die auf Beurteilungsspielräume auf der Tatbestandsseite entsprechend anwendbar ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Beschluss vom 15. Mai 2014 - 9 B 57/13 – juris, Rn. 10; Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 1 WB 19/08 – BVerwGE 133, 13 ff., juris, Rn. 46), existiert im SGG nicht.
Demgegenüber ist hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens auch eingedenk des Beurteilungsspielraums des Beklagten die letzte mündliche Verhandlung vor dem Senat maßgeblich (BSG, Urteil vom 23. März 2016 - B 6 KA 9/15 R – BSGE 121, 76 ff., Rn. 12; Söhngen, a.a.O., Rn. 58; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 54 Rn. 34a m.w.N.). Bis zu diesem Zeitpunkt eintretende Änderungen der Sach- und Rechtslage sind vom Senat zu berücksichtigen, sofern nicht ausnahmsweise ein - in engen Grenzen anzunehmender - Vertrauensschutz eingreift.
d) Davon ausgehend erweist sich der Bescheid als rechtswidrig. Zweifelhaft ist bereits, ob der Beklagte den „weiteren Ort“ im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV zutreffend bestimmt hat <dazu unter aa)>. Denn die Ausführungen zur Versorgungsverbesserung leiden an einem Beurteilungsmangel, was zur Rechtswidrigkeit führt <dazu unter bb)>. Auf die Frage einer Versorgungsverschlechterung am Vertragsarztsitz kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an, allerdings erweist sich der angefochtene Beschluss auch insoweit als beurteilungsfehlerhaft <dazu unter cc)>.
aa) Es bestehen bereits Bedenken, ob der Beklagte – auch eingedenk seines insoweit bestehenden Beurteilungsspielraums – den „weiteren Ort“ im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV hinreichend genau bestimmt hat.
(1) Wie genau die „weiteren Orte“ im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV zu bestimmen sind, hinsichtlich derer die Verbesserung der Versorgungssituation zu prüfen ist, ist in der Rechtsprechung des BSG bislang nicht genau geklärt. Der „weitere Ort“ kann räumlich zunächst nicht mit dem in § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV erwähnten „Ort der Niederlassung als Arzt“ bzw. „Vertragsarztsitz“ gleichgesetzt werden, der den konkreten Ort der Praxis des Vertragsarztes meint, der durch die Praxisanschrift gekennzeichnet ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 27). Davon ausgehend ist der „weitere Ort“ einerseits enger als der Planungsbereich im Sinne der Bedarfsplanung (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – a.a.O., Rn. 52), andererseits jedoch räumlich weiter als der Sitz der Zweigpraxis (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 27). Offengelassen hat das BSG, ob „weiterer Ort“ im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV als Anknüpfungspunkt für die Versorgungsverbesserung die „Ortschaft“ im räumlichen Sinne – eine räumlich klar begrenzte Siedlung – meint, ob dies die politische Gemeinde ist, in der die Zweigpraxis liegen soll und die ggf. aus mehreren Ortsteilen bzw. Ortschaften bestehen kann, oder ob auch die nächstgrößere politische Einheit wie die „Verbandsgemeinde“ bzw. die „Samtgemeinde“, in der verschiedene Gemeinden zusammengefasst sind, in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 29).
(2) Angesichts dieser nicht eindeutig geklärten Rechtslage ist es erforderlich, dass die Zulassungsgremien hinreichend klar bestimmt bzw. zumindest bestimmbar darlegen, von welchem räumlichen Bereich sie als „weiterem Ort“ ausgehen. Insofern hat der Beklagte sich auf die Angabe „O. und Umgebung“ beschränkt. Aus dieser Bezeichnung wird indessen nicht deutlich, ob der Beklagte sich auf das Stadtgebiet von O. und die (ggf. teilweise) unmittelbar angrenzenden Gemeinden des W.es (insbesondere B., Q., K., F.) beschränkt hat – wofür sprechen könnte, dass er Versorgungszahlen des W.es herangezogen hat, oder ob er auch O. „umgebende“ Kommunen anderer Kreise bzw. kreisfreien Städte (namentlich Hagen und Unna) in seine Betrachtung einbezogen hat. Angesichts der Verwertung von Zahlen des W.es ist auch nicht auszuschließen, dass nicht unmittelbar an O. grenzende weitere Gemeinden des Kreises gemeint sind. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, weil der Beschluss jedenfalls hinsichtlich des Merkmals der Versorgungsverbesserung beurteilungsfehlerhaft ergangen ist (dazu sogleich).
bb) Hinsichtlich des Merkmals der Verbesserung der Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV) ist der Beschluss des Beklagten rechtswidrig, weil der Beklagte sich – ausgehend von der zur Konkretisierung dieses Merkmals ergangenen Rechtsprechung <dazu unter (1)> mit den vom Kläger aufgezeigten Umständen für die Annahme einer Versorgungsverbesserung nicht beurteilungsfehlerfrei auseinandergesetzt hat <dazu unter (2)>.
(1) Zur Konkretisierung des Merkmals der Versorgungsverbesserung i.S. von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV hat das BSG u.a. folgende Kriterien aufgestellt, die der Senat nach eigener Prüfung zugrunde legt:
(a) Nicht erforderlich (und damit irrelevant) ist das Bestehen einer ausgleichsbedürftigen Versorgungslücke, insbesondere eine – den Anforderungen an Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassung vergleichbare – Bedarfsprüfung (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – a.a.O., Rn. 35). Gesichtspunkte der Bedarfsplanung im Sinne der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) spielen ebenfalls keine Rolle (BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O., Rn. 18; BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 29/12 R - a.a.O., Rn. 26; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 19).
(b) Die Genehmigung einer Zweigpraxis im Falle von Unterversorgung stellt stets eine Verbesserung dar (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – a.a.O., Rn. 47; BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 49/09 R – a.a.O., Rn. 13; BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O., Rn. 18).
(c) Das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers bedeutet dagegen – ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl – keine Verbesserung der Versorgung (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – a.a.O., Rn. 50; BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 49/09 R – a.a.O. Rn. 13; BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O. Rn. 18; BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 29/12 R – a.a.O., Rn. 26; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 19).
(d) Ein Versorgungsbedarf kann nicht damit begründet werden, dass bereits jetzt viele Patienten aus dem Umkreis der „weiteren Orte“ in die Hauptpraxis kommen. Die Frage der Versorgungsverbesserung ist nicht für die spezielle Patientenklientel einer Praxis zu beantworten, sondern abstrakt bezogen auf die im Einzugsbereich lebenden Versicherten als solche (BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 29/12 R – a.a.O. Rn. 3; BSG, Beschluss vom 6. Februar 2023 - B 6 KA 38/12 B – juris, Rn. 9). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass durch die Einrichtung einer Zweigpraxis die Erreichbarkeit für die Versicherten, die bereits Patienten des betreffenden Vertragsarztes sind, verbessert wird.
(e) Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer Hinsicht erweitert wird (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – a.a.O., Rn. 51). Das ist etwa der Fall, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere Abrechnungsgenehmigungen nach § 135 Abs. 2 SGB V verfügt oder ein differenzierteres Leistungsangebot anbietet; ebenso kommt es in Betracht, wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anbietet, die etwa besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert. Eine Anwesenheit an nur zwei Tagen wöchentlich schließt dabei ebenso wenig wie eine große Entfernung zwischen Zweigpraxis und Stammsitz eine qualitative Verbesserung nicht per se aus (BSG, Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O., Rn. 27).
(f) Unter Umständen kann sich auch eine lediglich quantitative Erweiterung des bestehenden Versorgungsangebotes als Verbesserung im Sinne von § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV darstellen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn durch das erhöhte Leistungsangebot Wartezeiten verringert, aber auch wenn Abend- oder Wochenendsprechstunden angeboten werden (BSG, Urteil vom 5. Juni 2013 – B 6 KA 29/12 R – a.a.O., Rn. 26; Urteil vom 9. Februar 2011 – B 6 KA 3/10 R – a.a.O., Rn. 18).
(g) Eine nach diesen Grundsätzen festgestellte Versorgungsverbesserung kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass sie lediglich einer relativ geringen Zahl von Patienten zugutekommt. Die Zahl der von der Versorgungsverbesserung potentiell profitierenden Patienten ist vielmehr nicht in den Abwägungsprozess einzubeziehen. Wie viele Patienten den aus dem Betrieb resultierenden Vorteil tatsächlich nutzen, ist für die Beurteilung der Verbesserung der Versorgung grundsätzlich ohne Bedeutung, weil es auf das Bestehen eines „Bedarfs“ im bedarfsplanungsrechtlichen Sinn nicht ankommt (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 22 f.).
(h) Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Zweigpraxis finden keine Berücksichtigung (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 6 KA 37/14 R – a.a.O., Rn. 19).
(2) Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich der Beschluss des Beklagten als beurteilungsfehlerhaft.
(a) Zwar lässt sich zunächst keine Unterversorgung feststellen, der durch die Zweigpraxis des Klägers entgegengewirkt würde. Maßgeblich hierfür ist eine entsprechende Feststellung durch den dafür zuständigen Landesausschuss gem. § 100 SGB V i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Ärzte-ZV. Für die Facharztgebiete des Klägers (Psychotherapie sowie Neurologie) ist eine solche Unterversorgung nicht festgestellt worden. Aus den oben genannten Gründen hatte der Beklagte auch unberücksichtigt zu lassen, dass der Kläger das – in seinen Augen unzureichende – Angebot an Fachärzten in zumindest einzelnen Teilen des W.es durch sein Hinzutreten als Leistungserbringer verstärken würde. Ebenfalls zu Recht hat der Beklagte dem Umstand keine Bedeutung zugemessen, dass einzelne Patienten des Klägers aus dem W., die derzeit seine Praxis in I. aufsuchen, durch die Einrichtung einer Zweigpraxis in O. kürzere Wege haben würden. Zutreffend hat der Beklagte schließlich eine Versorgungsverbesserung durch das Angebot von Leistungen verneint, die nicht dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zugehörig sind (Biofeedback-Therapie [seit dem Quartal 4/2015 ausdrücklich aus dem Leistungskatalog ausgeschlossen, vgl. das Verzeichnis nicht oder nicht mehr berechnungsfähiger Leistungen im Anhang 4 des EBM] und transkranielle Pulsstimulation).
(b) Beurteilungsfehlerhaft hat der Beklagte demgegenüber eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Klägers unterlassen, wonach dieser in der beabsichtigten Zweigpraxis neuropsychologische Leistungen erbringen will. Diese Leistung gehört zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. den Abschnitt 30.11 des EBM: „Neuropsychologische Therapie gemäß der Nr. 19 der Anlage I <Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden> der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses“). Ausführungen hierzu sind dem Beschluss des Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent zu entnehmen. Denn der Beklagte hat seine Ausführungen zum Leistungsangebot auf die Facharztgruppe der Nervenheilkunde beschränkt. Die Leistungen nach Abschnitt 30.11 des EBM betreffen jedoch die Facharztgruppe der Psychotherapeuten (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2013 - B 6 KA 1/22 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 40, Rn. 22), wozu der Kläger gehört.
(c) Ebenfalls beurteilungsfehlerhaft erweist sich die fehlende Auseinandersetzung des Beklagten mit dem vom Kläger vorgebrachten Umstand, dass er seine Zweigpraxis an drei Stunden am Samstag und damit am Wochenende öffnen wolle. Das Angebot von Wochenendsprechstunden stellt nach obigen Maßgaben eine qualitative Versorgungsverbesserung dar. Dies ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Vortrag des Klägers insoweit widersprüchlich wäre, wie der Beklagte ausgeführt hat. Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass er eine Sprechstundenzahl von 10 Stunden pro Woche genannt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus den Angaben des Klägers – die er im Klageverfahren nochmals klargestellt hat – ergibt, dass in der Summe 13 Wochenstunden angeboten werden sollen, wovon drei Stunden auf die Wochenend-Sprechstunde entfallen sollen. Im Übrigen hätte der Beklagte eine von ihm angenommene Widersprüchlichkeit durch Nachfrage gegenüber dem Kläger ausräumen können und müssen.
(d) Angesichts der beurteilungsfehlerhaften Außerachtlassung einer quantitativen Versorgungsverbesserung durch das beabsichtigte Angebot von Wochenendsprechstunden kommt es auf die Annahme des Beklagten nicht an, wonach einer Versorgungsverbesserung in O. entgegenstehe, dass er dort weniger als einen Privatpatienten pro Tag – vorwiegend im Bereich der Psychotherapie – behandele. Soweit der Beklagte damit auf eine geringe Auslastung der Zweigpraxis abheben will, erwiese sich dies als beurteilungsfehlerhaft, weil hierdurch keine Aussage zu nachfragenden Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung getroffen werden kann. Gleiches gilt für den vom Beklagten thematisierten Zusammenhang der Listung als Privatpraxis im Telefonbuch und dadurch erfolgten Terminnachfragen aus O..
cc) Leidet der Beschluss bereits an einem Beurteilungsmangel hinsichtlich der Versorgungsverbesserung an dem „weiteren Ort“, kommt es auf die Frage der Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes (in I.) gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV nicht mehr an. Allerdings genügen die Ausführungen des Beklagten in dem angefochtenen Beschluss auch in dieser Hinsicht nicht den an sie zu stellenden Anforderungen, weil sie in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffen. Der Kläger wäre durch den Betrieb der beabsichtigten Zweigpraxis in O. entgegen der Auffassung des Beklagten in I. nicht an der Durchführung von Sprechstunden im erforderlichen Umfang gehindert.
(1) Nach § 19a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV muss der Kläger mit vollem Versorgungsauftrag mindestens 25 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden für gesetzlich Versicherte zur Verfügung stehen und darüber hinaus nach § 19a Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV mindestens 5 Stunden wöchentlich als offene Sprechstunde anbieten. Dabei gelten gem. § 17 Abs. 1a Satz 2 BMV-Ä als Sprechstunden die Zeiten, in denen der Vertragsarzt für die Versorgung der Versicherten unmittelbar zur Verfügung steht. Aus § 17 Abs. 1 Satz 5 BMV-Ä ergibt sich, dass hierbei die Tätigkeit an Tätigkeitsorten außerhalb des Vertragsarztsitzes hinzuzurechnen ist, wobei lediglich diejenige am Vertragsarztsitz überwiegen muss. Tätigkeitsort ist dabei nach der Begriffsbestimmung des § 1 Nr. 17 BMV-Ä jeder „Ort der ärztlichen oder psychotherapeutischen Tätigkeit“. Das schließt genehmigte Zweipraxen im Sinne von § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV ein (wie hier: Kirchhoff in BeckOGK SozR, § 19a Ärzte-ZV, Rn. 8; Kremer/Wittmann, Vertragsärztliches Zulassungsverfahren, 4. Auflage 2021, Rn. 1447; zur Änderung gegenüber der bis zum 30. August 2019 geltenden Rechtslage vgl. auch Altmiks in Schiller, BMV-Ä, 2. Auflage 2021, § 17 Rn. 30).
(2) Danach ist eine Beeinträchtigung der Durchführung von Sprechstunden im dargestellten Umfang bereits ausgehend von den Angaben des Klägers im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss nicht anzunehmen. Hiernach bietet der Kläger jeweils acht Stunden an den Wochentagen Montag, Dienstag und Donnerstag an sowie jeweils vier Stunden an den Wochentagen Dienstag und Freitag (insgesamt 32 Stunden pro Woche). Zwar fallen die am Ort der Zweigpraxis an den Wochentagen Montag bis Freitag geplanten jeweils zwei Stunden in die bereits am Vertragsarztsitz angebotenen Sprechstunden und bleiben daher unberücksichtigt. Allerdings kommen die drei Stunden am Samstag hinzu, was die Sprechstundenzahl pro Woche auf insgesamt 35 Stunden erhöhte. Selbst bei Annahme einer Fahrzeit von I. nach O. an Werktagen jeweils insgesamt einer Stunde rechnen würde, verblieben Sprechstunden im Umfang von 30 Stunden, was die o.g. Anforderungen erfüllte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Verpflichtung zur Abhaltung einer offenen Sprechstunde (d.h. ohne Voranmeldung durch den Patienten, vgl. § 17 Abs. 1c BMV-Ä) beeinträchtigt würde. Angesichts der vom Kläger beabsichtigten Anwesenheitszeiten, mit welchen er die normativen Vorgaben zur Abhaltung von Sprechstunden erfüllt, kommt es nicht auf den Einwand des Beklagten an, dass der Kläger „technische Leistungen“ in I. durch ärztliches Hilfspersonal durchführen lasse. Dass der Kläger beabsichtige, nicht delegationsfähige Leistungen von seinem Praxispersonal erbringen zu lassen, ist nicht ersichtlich.
3. Infolge der Aufhebung des Beschlusses des Beklagten hat dieser über den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses erneut zu entscheiden. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ermächtigung. Denn der Beurteilungsspielraum des Beklagten ist bei seiner erneuten Entscheidung nicht „auf null“ reduziert. Vielmehr bestehen sowohl hinsichtlich der Festlegung der „weiteren Orte“ i.S. von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV als auch der Beurteilung einer qualitativen Versorgungsverbesserung durch das Angebot neuropsychologischer Leistungen ebenso wie einer quantitativen Versorgungsverbesserung durch das Angebot von Sprechstunden an Samstagvormittagen Beurteilungsspielräume.
4. Infolgedessen ist der Beklagte auf den Hilfsantrag zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu verpflichten. Bei dieser Entscheidung wird der Beklagte – ausgehend von den unter II.2.d) dargelegten Grundsätzen – Folgendes zu berücksichtigen haben:
a) Der Beklagte wird zunächst die „weiteren Orte“ i.S. des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Ärzte-ZV genau zu bezeichnen haben.
b) Weiter wird der Beklagte zu prüfen haben, ob die beabsichtigte Erbringung neuropsychologischer Leistungen sowie das Angebot von Sprechstunden an Samstagvormittagen eine Verbesserung der Versorgungsqualität an diesen „weiteren Orten“ bewirkt. Dabei wird er auch auf Häufigkeitsstatistiken der Beigeladenen zu 7) hinsichtlich der Erbringung neuropsychologischer Leistungen, auf die Angaben bereits etablierter Praxen hinsichtlich der Öffnungszeiten sowie auf Nachfragen z.B. der Terminservicestelle hinsichtlich der Terminvergabe an Wochenenden zurückgreifen dürfen.
c) Einer danach ggf. festzustellenden Verbesserung der Versorgungsqualität wird der Beklagte nicht entgegenhalten dürfen, dass von der Verbesserung nur eine relativ geringe Zahl an Versicherten profitiert oder dass sich eine Zweigpraxis am beabsichtigten Ort in O. wirtschaftlich nicht rentabel betreiben lässt.
d) Bei der ggf. erforderlichen Prüfung einer Beeinträchtigung der Versorgungsqualität am Ort des Vertragsarztsitzes in I. wird der Beklagte zunächst, insbesondere durch Befragung des Klägers, die beabsichtigten Anwesenheitszeiten des Klägers in beiden Praxen widerspruchsfrei festzustellen haben. Hinsichtlich der Pflicht zur Abhaltung von Mindestsprechstundenzeiten und freien Sprechstunden wird er dabei die beabsichtigten Anwesenheitszeiten in O. und I. zu addieren haben.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. VwGO. Sie berücksichtigt hinsichtlich der Kostentragung der Beigeladenen zu 7) und 8), dass diese im Klage- bzw. Berufungsverfahren Anträge gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen haben (§ 162 Abs. 3 VwGO vgl. BSG, Beschluss vom 19. Juli 2006 – B 6 KA 33/05 B – juris, Rn. 12).
E. Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG), besteht nicht.
F. Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz. Anzusetzen ist das Dreifache des Regelstreitwerts, also 15.000 Euro (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Mai 2018 – B 6 KA 69/17 B – juris, Rn. 4 unter Hinweis auf den Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit).