Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 08.06.2021 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die notwenigen außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt wegen erlittenem Behandlungsfehler die Anerkennung einer Schädigung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der am 00.00.0000 geborene und verheiratete Kläger ist Vater vierer Kinder. Er trat am 01.10.0000 als Soldat in die Bundeswehr ein und war vom 15.09.0000 bis zum 31.03.0000 dort als Berufssoldat, zuletzt im Dienstrang eines Stabsfeldwebels, tätig. Er verfügt derzeit über den Pflegegrad 5. Zudem ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, B, H und RF festgestellt worden (Bescheid vom 15.01.2019). Unter dem 28.09.2017 stellte der Kläger zugunsten seiner Ehefrau eine umfassende Versorgungsvollmacht aus, die weiterhin besteht und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Einen ersten Antrag auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung vom 28./30.10.2014 wegen einer Versteifung der Halswirbelsäule, die er auf seine langjährige sitzende Tätigkeit zurückführte, lehnte die Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme, wonach eine sitzende Tätigkeit nicht geeignet wäre, die Beschwerden des Klägers hervorzurufen, mit bestandskräftigem Bescheid vom 26.05.2015 ab.
In der Folge traten bei dem Kläger am 30.03.2016 eine Visusverschlechterung auf und am 20.09.2016 eine idiopathische periphere Fazialisparese links, die stationär behandelt wurde (S.-Krankenhaus I. Entlassbericht vom 21.09.2016). Am 30.09.2016 klagte der Kläger über ein tränendes links Auge und über Probleme mit der Gesichtsfelsmotorik, wobei sich diese Beschwerden bis zum 07.10.2016 besserten und ihm unter dem 16.11.2016 ein Brillenbestellschein für eine Nah-/Fernbrille ausgehändigt wurde.
Am 06.06.2017 stellten sich bei dem Kläger zunächst Sehstörungen ein, woraufhin er sich noch am selben Tag bei der Truppenärztin Oberstabsärztin L. vorstellte. Seit einer Stunde leide er unter Sichtfeldbeeinträchtigungen, einem Flimmern des linken Auges und einem schwarzen Flackern vor den Augen. Sie überwies den Kläger mit dem Verdacht auf Netzhautablösung zur Abklärung in die Uniklinik K. (im Folgenden Uniklinikum) mit dem Hinweis, dass kein truppenärztlicher Augenarzt in der Nähe sei und es sich dann um die nächste Fachstelle handele.
Im Uniklinikum wurde der Kläger nach notfallmäßiger Vorstellung vom 07. bis zum 14.06.2017 stationär aufgenommen (Bericht vom 14.06.2017). Es wurde u.a. mittels einer am 12.06.2017 durchgeführten transöosphagealen Echokardiographie (TEE = Schluckultraschall) festgestellt, dass die Sehstörungen des Klägers auf einem tromboembolischen Astarterienverschluss beruhten, der wiederum durch ein persistierendes Foramen Ovale (PFO) hervorgerufen worden ist. Die Beklagte übernahm die Kosten für den o.g. Aufenthalt (Antrag und Übernahme vom 08.06.2017).
Im Nachgang zu dem ersten stationären Aufenthalt stellte sich der Kläger erneut am 14.06.2017 und am 16.06.2017 bei dem Truppenarzt vor. Wörtlich notierten Oberstabsärztin L. am 14.06.2017 und Oberstabsarzt V. am 16.06.2017 diesbezüglich:
„WV mit FA-Befund: D Linkes Auge: tromboembolischen Astarterienverschluss links
– Termin Kardiologie 30.08. – 12.09.2017 zum PFO Verschluss (telefonisch bisher noch Ø Kardiologen erreicht)
1. vergrößerte Schilddrüse -> BWZK D. nuklearmed.
2. Überweisung Kardiologie -> EKG 24h (…).“
„WV nach Aufenthalt K. Aachen, Aktuell nur noch diskreter Punkt als Sehfeldverminderung vorhanden (…), Pat. ist verunsichert. D: PFO
Proc.: Überweisung zum 24h EKG zivil Überweisung Nuklearmedizin im BWZK D. (…).“
Unter dem 26.06.2017 stellte sich der Kläger erneut bei Oberstabsärztin L. vor. Wörtlich heiß es zu diesem Besuch:
„WV Pat. hat im KH jemanden von Kardiologie erreicht –
30.08.17 -> 7 Tage EKG + MRT vom Herzen (KH )
12.09.17 -> Besprechung mit dem Herz-Chirurgen im KH
Pat wünscht einen operativen Eingriff im KH Aachen + Chefarztbehandlung -> Abklärung mit HptFw O. (…).“
Es wurden dann ein 24h EKG und eine für den 25.08.2017 avisierte Schilddrüsenuntersuchung im F. (F.) in D. durchgeführt. Sodann stellte sich der Kläger am 12.09.2017 im Uniklinikum zur Evaluation eines PFO-verschlusses vor. Unter Berücksichtigung u.a. des Kardio-MRTs vom 08.09.2017 und einer erneuten TEE vom 12.09.2017 wurde durch das Uniklinikum letztlich empfohlen, das PFO kathetergestützt zu verschließen (Entlassbriefe Uniklinikum vom 14.06.2017 und 18.09.2017). Die damals noch fehlende Ergometrie sollte der Kläger nachreichen (Ambulanzbrief Uniklinikum vom 12.09.2017). Ausweislich der G-Akte wurde am 28.11.2017 eine Überweisung „0217“ durch Oberstabsärztin L. an das Uniklinikum zur weiteren Vorbesprechung des kathetergestützten Verschlusses des PFO ausgestellt. Am 20.12.2017 wurde durch das Uniklinikum über eine Befundbesprechung berichtet, wobei der OP-Termin gesondert mitgeteilt werde.
Nach einer Überweisung vom 12.01.2018 zur Untersuchung an die neurologische Abteilung des D. zur Abklärung kalter Füße, erfolgte am 16.01.2018 der Antrag des Truppenarztes Oberfeldarzt R. (später: C.) auf Genehmigung der Einweisung des Klägers in das Uniklinikum als ziviles Krankenhaus bei der dafür zuständigen Stelle, dem Sanitätsunterstützungszentrum B.. Es wurde eine geplante Aufenthaltsdauer von ca. fünf Tagen angegeben und das Feld „Spezialklinik im Hinblick auf Diagnostik/Therapie erforderlich“ angekreuzt. Zur weiteren Begründung gab er wörtlich an:
„Spezialklinik für Cardiochirurgie; heimatnahe Versorgung, Weiterbehandlung möglich (D. ca. 200 km)“.
Das Formular mit dem Genehmigungsstempel konnte durch die Beklagte nicht vorgelegt werden. Zwischen den Beteiligten ist die erfolgte Genehmigung und Überweisung indes unstreitig, wie die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. So erfolgte die Kostenübernahmeerklärung für den geplanten stationären Aufenthalt im Uniklinikum am 21.01.2018 durch die Beklagte und nach Auskunft der Beteiligten trug die Beklagte auch im Anschluss die Kosten für den Eingriff vollständig.
Am 02.02.2018 fand der geplante Eingriff zum Verschluss des PFO im Uniklinikum statt, was der Kläger der Beklagten unter dem 22.01.2018 bereits mitgeteilt hatte. Während des Eingriffs kam es zu schweren Komplikationen, die letztlich zu einem global-hypoxischen Hirnschaden nach Luftembolie führten. Im Entlassbericht des Uniklinikums vom 27.02.2018 heißt es:
„Während der Katheteruntersuchung zeigte sich eine massive Luftembolie im linken Ventrikel, zeitgleich kam es zur Reanimationspflichtigkeit bei Drucklosigkeit. Es erfolgte eine Herzdruckmassage und Notfall-Intubation zur Atemwegssicherung. Mittels Absaugkatheters wurde der Ventrikel evakuiert, in der Kontrastmitteluntersuchung der Herzkranzgefäße zeigten sich abgangsnahe Verschlüsse von RCA und RIVA durch Luftblasen. Nach Rekanalisation kam es zum Wiedereinsetzen eines Spontankreislaufs unter Katecholaminunterstützung. Eine notfallmäßig angefertigte kraniale Schnittbildgebung zeigte Hinweise auf eine gestörte Hirnschrankenfunktion und ebenfalls cerebrale Lufteinschlüsse, so dass eine notfallmäßige hyperbare Oxygenierungstherapie erfolgte.“
Der Kläger verblieb bis zum 27.02.2018 im Uniklinikum und wurde von dort zur medizinischen Rehabilitation in die Neurologische Rehabilitationszentrum U. GmbH (Rehaklinik U.) nach N. nach entsprechender Beantragung und Genehmigung durch das Sanitätsunterstützungszentrum B. auf truppenärztliche Überweisung und Kostenübernahmeerklärung der Beklagten (Antrag vom 13./16.02.2018 und Kostenübernahme vom 05.04.2018; Verlängerungsantrag vom 19.06.2018) verlegt. Dort wurde der Kläger letztlich bis zum 31.12.2018 betreut. Die Beklagte trug die entsprechenden Kosten.
Bereits unter dem 05.02.2018 informierte die Ehefrau des Klägers die Truppenärzte telefonisch über die eingetretenen Komplikationen und die schlechte neurologische Prognose des Klägers. Daraufhin meldete Oberstabsärztin Q. am 26.02.2018 förmlich eine mögliche Wehrdienstbeschädigung wegen eines hypoxischen Hirnschadens nach Luftembolie bei PFO-Verschluss in Uniklinik, aktuell Patient im Wachkoma, an.
Im Rahmen einer medizinischen Stellungnahme führte sodann Oberstabsärztin M. am 12.12.2018 aus, dass aus versorgungsmedizinischer Sicht keine Wehrdienstbeschädigung vorliege. Denn das PFO liege seit Geburt vor und sei keine wehrdienstbedingte Gesundheitsstörung. Bei dem Eingriff und den Komplikationen im Uniklinikum hätten sich auch keine wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse im Sinne des Ausschlusses der freien Arztwahl manifestiert, da die Behandlung durch das Uniklinikum auf den Wunsch des Klägers hin erfolgt und die Beklagte lediglich Kostenträger gewesen sei.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 21.12.2018 ab. Die Gesundheitsstörung „Hypoxischer Hirnschaden nach Luftembolie und Reanimationspflicht bei interventionellem Verschluss eines persistierenden Foramen Ovale“ sei nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung i.S.d. § 81 SVG, weswegen ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG nicht bestehe.
Dagegen wandte sich der Kläger, vertreten durch seine Ehefrau, mit der Beschwerde vom 21.01.2019. Zur Begründung führte er aus, dass die Augenbehandlung durch das Uniklinikum ebenso wie die Folgebehandlung am Herzen truppenärztlich veranlasst worden sei. Daher sei die Herzbehandlung ebenfalls in Z. die logische Konsequenz gewesen. Eine Wahlmöglichkeit habe er nicht gehabt. Die Entscheidungsbefugnis über ärztliche Behandlungen liege bei seinem Dienstherrn, der ihn auch zu dem Eingriff in das Uniklinikum eingewiesen habe.
Mit Beschwerdebescheid vom 08.07.2019 wies die Beklagte die Beschwerde als unbegründet zurück. Nach der hier anzuwendenden Bereichsdienstvorschrift C1463/19 (sog. OP-Erlass) und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Verweis auf BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R) setze die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung den Eintritt einer gesundheitlichen Schädigung voraus, die mit Wahrscheinlichkeit durch die wehrdiensteigentümlichen Besonderheiten, insbesondere den Ausschluss der freien Arztwahl herbeigeführt worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe den Behandlungen im Uniklinikum zugestimmt, sei dort über die möglichen Risiken aufgeklärt worden und habe den Aufklärungsbogen am 01.02.2018 unterschrieben. Das Risiko einer Komplikation bei der Operation, das sich bei dem Kläger verwirklicht habe, hätte sich in jeder anderen Fachklinik ebenfalls verwirklichen können. Der Eintritt der erlittenen gesundheitlichen Schädigung sei schicksalshaft gewesen.
Dagegen hat sich der Kläger, vertreten durch seine Ehefrau, am 08.08.2019 mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen gewandt, mit der er sein Begehren fortgeführt und sein Vorbringen aus dem Beschwerdeverfahren wiederholt und vertieft hat. Zudem hat er sich auf das Gutachten der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein (Gutachterkommission) vom 05.04.2020, erstellt durch Prof. Dr. Erdmann als sachverständiges ärztliches Mitglied und VRiLSG a.D. X. als stellvertretender Vorsitzender unter Einbeziehung der Vorbegutachtung von Z. (Universitätsklinikum Y. <Gutachten vom 24.07.2019>), berufen. Nach dem Gutachten vom 05.04.2020 sei der Eingriff als behandlungsfehlerhaft zu werten.
Nach einem Hinweis des SG hat der Kläger seine ursprünglich auch auf die Festsetzung eines Grades der Schädigungsfolgen (GdS) und Gewährung eines Ausgleichs gerichtete Klage beschränkt und nur noch beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21.12.2018 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 08.07.2019 zu verurteilen, festzustellen, dass die Gesundheitsstörung „hypoxischer Hirnschaden nach Luftembolie und Reanimationspflicht bei interventionellem Verschluss eines persistierenden Foramen Ovale“ Folge einer Wehrdienstbeschädigung ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass sich keine Besonderheiten der truppenärztlichen Versorgung verwirklicht haben, denn die Behandlung im Uniklinikum sei nicht aufgrund der Befehlsstruktur innerhalb der Bundeswehr bzw. aufgrund eines Über-/ Unterordnungsverhältnisses erfolgt, sondern auf eigenen Wunsch des Klägers.
Das SG hat bei verschiedenen damaligen Truppenärzten schriftliche Stellungnahmen eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Ferner ist das Gutachten der Gutachterkommission vom 05.04.2020 in das Verfahren vor dem SG eingeführt worden, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Der hinzugezogene Vorgutachter Z. ging dabei zunächst von einer OP-Indikation aus. Die dann während des Eingriffs eingetretene Komplikation zähle zu den schwersten eingriffsimmanenten Komplikationen der Koronarangiographie, die auch bei der gebotenen Sorgfalt nicht sicher vermeidbar seien. Der Behandlungsfehler sei nicht nachweisbar (Gutachten vom 24.07.2019). In ihrem abschließenden Gutachten stimmte die Gutachterkommission dem Fachgutachter nicht zu, sondern nahm stattdessen einem Behandlungsfehler an. Fest stehe, dass es im Rahmen des Verschlussversuches des PFO zu einer massiven Luftembolie gekommen sei. Diese Luftembolie sei entweder durch eine defekte Schleuse des im linken Vorhof liegenden 11 F Katheters bedingt, was aber nicht geltend gemacht werde, oder durch unsachgemäße Handhabung desselben, wodurch ein massiver Lufteintritt ermöglicht wurde. Die Komplikation eines massiven Lufteintritts in das linke Herz sei bekannt und stelle ein durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen beherrschbares und vermeidbares Risiko dar. Wenn die Schleuse des 11 F-Katheters z.B. unter Wasser in einer Schale gelegen hätte, wäre es – auch bei unruhigen Patienten – nicht zu einem derartigen Lufteintritt gekommen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
Mit Urteil vom 08.06.2021 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Änderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, festzustellen, dass die Gesundheitsstörung „hypoxischer Hirnschaden nach Luftembolie und Reanimationspflicht bei interventionellem Verschluss eines persistierenden Foramen Ovale“ Folge einer Wehrdienstbeschädigung ist. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 21.06.2021 zugestellte Urteil hat sich diese mit ihrer am 19.07.2021 eingelegten Berufung gewandt. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, dass im vorliegenden Fall wehrdiensteigentümliche Verhältnisse nicht kausal für den Schadenseintritt gewesen seien. Die Wehrdiensteigentümlichkeit gründe sich im Fall truppenärztlicher Behandlungen in dem Ausschluss der freien Arztwahl im Rahmen der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung nach § 69a Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) und der gesteigerten Gesunderhaltungspflicht eines Soldaten. Diese sei nur dann als kausal anzusehen, wenn eine nicht truppenärztliche Behandlung die Schädigung wahrscheinlich vermieden hätte. Der Kläger hätte die Behandlung im Uniklinikum jedoch selbst gewählt, so dass hier kein Ausschluss der freien Arztwahl angenommen werden könne. In einem solchen Fall könne das bloß formelle Erfordernis einer Überweisung durch den Dienstherrn die Wehrdiensteigentümlichkeit nicht begründen, da ansonsten jede zivile Behandlung, die keine Notfallbehandlung sei, als wehrdiensteigentümlich zu bewerten sei. Eine solche Wertung widerspreche jedoch dem Telos des § 81 Abs. 1 Var. 3 SVG, der darin liege, solche Nachteile auszugleichen, die der Soldat bei freier Arztwahl hätte vermeiden können. Hier habe die Federführung der Behandlung alleine beim Uniklinikum gelegen, welches die Indikation für den Eingriff festgestellt, die Voruntersuchungen durchgeführt, den Eingriff geplant und schließlich durchgeführt habe. Ferner sei die Behandlung auch im Bundeswehrzentralkrankenhaus D. möglich gewesen, was der Kläger jedoch aufgrund der höheren Spezialisierung des Uniklinikums abgelehnt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 08.06.2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält der Beklagten entgegen, ihre Ansicht habe zur Folge, dass jegliche – sogar die originär truppenärztliche – Behandlung eines Soldaten, die nicht gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolge, die Wehrdiensteigentümlichkeit ausschließe.
Der Senat hat im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhaltes und der Beweisaufnahme am 18.11.2022 zunächst die Zeugen Oberstabsärztin L., Hauptfeldwebel O. und Oberfeldarzt C. (ehemals R.) als Zeugen vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Zudem hat der Senat eine schriftliche Aussage der Zeugin Oberstabsärztin Q. eingeholt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird.
Ferner hat der Senat die Patientenakte des Klägers beim Uniklinikum sowie die zivilgerichtlichen Akten des Landgerichts (LG) Aachen (11 O 304/21) beigezogen. Im Rahmen dieses Verfahrens des Klägers auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Arzthaftung hat das LG u.a. Beweis erhoben durch Einholung eines kardiologischen Sachverständigengutachtens von P. (Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Interventionelle Kardiologie (DGK), Zusatzbezeichnung Spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern) und G. (Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie, Interventionelle Kardiologie (DGK) Spezielle internistische Intensivmedizin) vom 07.06.2024. Die Sachverständigen sind zu der Ansicht gekommen, dass den Behandlern des Uniklinikums während der Prozedur Behandlungsfehler unterlaufen sind. So haben sie zunächst nicht ausreichend mit einer angepassten Medikation, bzw. Maßnahmen auf die Unruhe des Klägers reagiert. Die Sedierung des Klägers sei nicht ausreichend unter der Annahme gewesen, dass er mitgeteilt habe, dass er sich unter Sedierung unruhig verhalte. Die Verwendung des Kathetersystems bzw. des Katheterventils sei isoliert betrachtet wahrscheinlich nicht unsachgemäß gewesen und habe für sich genommen nicht alleinig zum Lufteintrag geführt. Die Entfernung des Dilatators habe nicht in einer Wasserschale stattgefunden, so dass das Schleusenventil in jedem Fall zumindest für eine kurze Zeit ungeschützt gewesen sei, wobei der Erfolg dieser Maßnahme bei einem unruhigen Patienten fraglich sei. Die Sequenz der Prozedur, zunächst schon alle Vorbereitungen zu treffen, um das PFO Schirmchen in der Vorhofscheidewand zu implantieren, also die Punktion der Leistenvene durchzuführen, das PFO zu sondieren, einen Draht in eine Pulmonalvene zu legen, bevor eine ausreichende Sedierungstiefe für die Toleranz der TEE-Sonde erreicht worden sei, habe in diesem Fall offenbar zu einem hohen Handlungsdruck der Operateure geführt. Die Umstände der Implantation durch die Unruhe seien unzureichend gewesen, so dass u.a. das Kathetermaterial dislozierte und neu positioniert werden musste. Der entscheidende Schritt der Schleusenöffnung hätte erst nach Erreichen einer ruhigen Atmung und Toleranz der TEE-Sonde erfolgen dürfen. Alternativ hätte die Prozedur abgebrochen werden müssen, falls die Gefahr einer zu tiefen Sedierung durch hohe Dosierungen an Sedativa mit nachfolgendem unzureichendem Schutz der Atmung bestanden hätte. Aus medizinischer Sicht habe die Prozedur in der beschriebenen Weise so nicht durchgeführt werden dürfen. Gerade mit der kumulativen Erfahrung der beteiligten Kollegen hätten die Gefahren, insbesondere die der Luftembolie, in diesem individuellen Fall nicht übersehen werden dürfen. Die schwerwiegende Komplikation wäre unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen wahrscheinlich vermeidbar gewesen, im Zweifel durch einen vorzeitigen Abbruch der Prozedur unter diesen Umständen. Insofern sei der Fehler nicht mehr verantwortbar und hätte schlechterdings nicht unterlaufen dürfen. Neben der offensichtlich unzureichenden Sedierungsdosis oder der Sedierungsform (ggf. hätte eine Allgemeinanästhesie oder andere Medikamente geplant werden müssen) seien keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wie die Verwendung einer Wasserschale ergriffen worden, um die Luftembolie zu vermeiden. Der Kläger habe bedingt durch den Behandlungsfehler eine Luftembolie im Rahmen des PFO-Verschlusses entwickelt und habe aufgrund des Behandlungsfehlers ca. 30 Minuten wiederbelebt werden müssen. Er habe durch die Folgen der behandlungsfehlerbedingten Luftembolie in das Gehirn Krampfanfälle erlitten. Dieser Zusammenhang sei eindeutig der Hirnschädigung zuzuschreiben, zuvor sei kein Krampfleiden beim Kläger im Vorfeld bekannt gewesen. Der Kläger habe durch die Folgen der Luftembolie einen global-hypoxischen Hirnschaden erlitten. Diese unzweifelhafte Diagnose werde auch so im Arztbrief des Uniklinikums über die Behandlung vom 01.02.2018 bis zum 27.02.2018 angegeben, u.a. basierend auf den computertomographischen Untersuchungen vom 03.02.2018, die auch die Lufteinschlüsse nach Luftembolie beschreibe. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt des Gutachtens, die Anhörung des Sachverständigen P. in Terminen vor dem LG am 09.08.2023, am 08.11.2023 und 19.03.2025 sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten des LG Bezug genommen.
Letztlich hat der Senat weiteren Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Oberfeldarzt V. im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 23.05.2025. Auf die Sitzungsniederschrift wird gleichfalls Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Akten des LG und der Patientenakte des Uniklinikums, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
A. Gegenstand der Berufung ist die Verpflichtung der Beklagten durch erstinstanzliches Urteil die klägerische Gesundheitsstörung „hypoxischer Hirnschaden nach Luftembolie und Reanimationspflicht bei interventionellem Verschluss eines persistierenden Foramen Ovale“ als Folge einer Wehrdienstbeschädigung festzustellen (zur Abtrennbarkeit: Landessozialgericht <LSG> Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.05.2022, L 4 VS 1/21, juris, Rn. 32 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 29.04.2010, B 9 VS 2/09 R, juris).
B. Die am 19.07.2021 per Telefax eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 21.06.2021 zugestellte Urteil des SG Aachen vom 08.06.2021 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3; § 64 Abs. 1, Abs. 2; § 63 SGG, Geltung des § 65a SGG erst ab dem 01.01.2022).
C. Die Berufung ist jedoch unbegründet, denn das SG hat der zulässigen (dazu unter I.) und begründeten (dazu unter II.) Klage auf Verpflichtung zur Feststellung der Gesundheitsstörung des Klägers als Schädigungsfolge einer Wehrdienstbeschädigung zu Recht stattgegeben.
I. Die Klage ist zunächst zulässig.
1. Für das auf Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung des durch eine Luftembolie während des Eingriffs entstandenen hypoxischen Hirnschadens als Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG – auch über den Austritt aus der Bundeswehr hinaus – gerichtete Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 9 V 1/14 R, BSGE 120, 89, Rn. 12; LSG für das Saarland, Urteil vom 17.11.2021, L 5 VE 7/17, juris, Rn. 189 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R, juris, Rn. 12: dort auch zur Möglichkeit der Feststellungsklage; ebenfalls zur Feststellungsklage: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.05.2023, L 6 VS 3505/22, juris, Rn. 79).
2. Der Austritt des Klägers aus der Bundeswehr zum 31.03.2025 erledigte zudem weder die streitigen Bescheide noch steht er der Verpflichtung auf Feststellung der Schädigungsfolge, die weiterhin auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt beruht, entgegen (vgl. §§ 85, 80 SVG; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.05.2023, L 6 VS 3505/22, juris, Rn. 85, 87 zur einheitlichen Feststellung der Folgen eines identischen Lebenssachverhaltes für die Zeit während und nach der Bundeswehrzeit).
3. Auch im Übrigen ist die Klage zulässig und insbesondere fristgerecht am 08.08.2019 binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschwerdebescheides vom 08.07.2019 erhoben worden (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; § 90; § 78 Abs. 1 Satz 1; § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG). Die Bevollmächtigung der Ehefrau bestand und besteht weiterhin.
II. Die Klage ist zudem begründet. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 21.12.2018 in Gestalt des Beschwerdebescheides vom 08.07.2019 in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), da sich diese zwar als formell rechtmäßig, aber materiell rechtswidrig erweisen, denn es besteht der begehrte Anspruch.
Unter Berücksichtigung, dass der Kläger sein Begehren im Rahmen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgt, ist der vorliegende Rechtsstreit grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu beurteilen (BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, juris, Rn. 35, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.01.2023, L 6 VG 1976/21, juris, Rn. 73; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.2025, L 6 VS 735/24, juris, Rn. 60; Söhngen in: jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 54 Rn. 51; Senat, Urteil vom 08.11.2024, L 13 VJ 4/20, juris). Der Anwendung der nach Art. 90 Abs. 6 des Gesetzes über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung des Soldatenversorgungsrechts vom 20.08.2021 (BGBl. 2021 I S. 3932) vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 am 01.01.2025 in Kraft getretenen Regelungen des Soldatenentschädigungsgesetzes (SEG) steht indes die dem § 142 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch (SGB XIV, vgl. Bundestags-Drucksache <BT-Drs.> 20/11856, S. 44) nachgebildete Übergangsregelung des § 80 Abs. 2 SEG entgegen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.2025, L 6 VS 735/24, juris, Rn. 62; zu § 142 Abs. 2 SGB XIV: Senat, Urteil vom 08.11.2024, L 13 VJ 4/20, juris, Rn. 50; Senat, Urteil vom 30.08.2024, L 13 VG 53/21, juris). Nach § 80 Abs. 2 SEG ist über einen bis zum 31.12.2024 gestellten und nicht bestandskräftig beschiedenen Antrag auf Leistungen nach dem SVG in Verbindung mit dem BVG nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht zu entscheiden. Der vorliegende Antrag auf Leistungen nach dem SVG i.V.m. dem BVG datiert auf den 26.02.2018 und ist damit vor dem 01.01.2025 gestellt, ohne dass über ihn bereits eine bestandskräftige Entscheidung getroffen worden ist. Damit ist das im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Recht anwendbar. Ob in dieser Konstellation eine Ausübung des Wahlrechts nach § 85 Abs. 1 SEG zu einem anderen Ergebnis führen könnte, kann der Senat offenlassen, denn jedenfalls fehlt es an einer entsprechenden Erklärung (vgl. § 85 Abs. 2 SEG).
Die Rechtsgrundlage bestimmt sich eingedenk dessen nach den Vorschriften des SVG in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung. Der Kläger hat danach einen Anspruch auf Feststellung der Schädigungsfolge als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung i.S.d. § 81 SVG, welchen die dafür zuständige (§ 88 SVG) Beklagte zu Unrecht abgelehnt hat.
Nach §§ 80 Abs. 1, 85 Abs. 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, während und nach Beendigung seines Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist.
Nach § 81 Abs. 1 SVG ist unter einer Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung zu verstehen, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (wie einer truppenärztlichen Behandlung) herbeigeführt worden ist. Hintergrund dessen ist, dass ein schädigender Vorgang in diesen drei Fällen in einem derart engen inneren Zusammenhang zum Wehrdienst steht, dass die Zuerkennung eines Versorgungsanspruchs gerechtfertigt erscheint (BSG, Beschluss vom 06.01.2023, B 9 V 22/22 B, juris, Rn. 10).
Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist für die Anerkennung von Schädigungsfolgen eine dreigliedrige Kausalkette vorgegeben: Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung (WDB) geführt haben, welche wiederum die geltend gemachte Schädigungsfolge bedingt haben muss. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 14 m.w.N; BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.01.2017, L 6 VS 5036/15, juris, Rn. 61; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.05.2023, L 6 VS 3505/22, juris, Rn. 95).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das Soziale Entschädigungsrecht damit drei Beweismaßstäbe: Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität genügt die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der nach § 88 Abs. 4 SVG auch im Bereich des SVG anzuwenden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.2006, B 9a VS 1/05 R, juris, Rn. 23), sind der Entscheidung hinsichtlich des schädigenden Vorgangs die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind und wenn die Angaben des Antragstellers nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 9 V 3/15 R, BSGE 122, 218, Rn. 25).
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4; BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R, BSGE 103, 99; BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 9 V 3/15 R, BSGE 122, 218, Rn. 26 m.w.N.).
Eine Wahrscheinlichkeit i.S. des § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 S 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 9 V 3/15 R, BSGE 122, 218, Rn. 27). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, BSGE 113, 205, Rn. 34 und B 9 V 3/12 R, juris, Rn. 35; BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 9 V 3/15 R, BSGE 122, 218, Rn. 27).
Bei dem "Glaubhafterscheinen" i.S. des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteile vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, BSGE 113, 205, Rn. 35 und B 9 V 3/12 R, juris, Rn. 36), d.h. der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 S 14). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, d.h. es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (BSG, Urteile vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, BSGE 113, 205, Rn. 35), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. BSG, Urteile vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, BSGE 113, 205, Rn. 35 35 und B 9 V 3/12 R, juris, Rn. 36; BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 S 14; BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 9 V 3/15 R, BSGE 122, 218, Rn. 28).
Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 01.10.1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 01.01.2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008, den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (<VMG> Teil C, Ziff. 1 bis 3; vgl. BR-Drucks 767/1/08 S. 3, 4) ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 6/13 R, Rn. 17, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.09.2023, L 6 VG 2379/22, juris, Rn. 75).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend zunächst der persönliche Anwendungsbereich des SVG eröffnet (dazu 1.). Ferner hat der Kläger eine kausale Wehrdienstbeschädigung erlitten (dazu 2.), deren ebenfalls kausale Schädigungsfolge (dazu 3.) festzustellen ist.
1. Der Kläger stand in der Zeit vom 01.10.1989 bis zum 31.03.2025 als Soldat i.S.d. § 1 Abs. 1 SVG im Dienst der Bundeswehr.
2. Während seiner Dienstzeit erlitt der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung i.S.d. § 81 Abs. 1 SVG.
a) Die Wehrdienstbeschädigung setzt dabei zunächst eine gesundheitliche Schädigung voraus. Eine gesundheitliche Schädigung ist jeder vom Normalzustand körperlicher Funktionen abweichende pathologische Zustand (Lilienfeld in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 81 Rn. 3). Bei einer ärztlichen Behandlung kann eine Schädigung danach sowohl in einer Verstärkung der dem zu behandelnden Leiden eigentümlichen Beschwerden als auch im Auftreten von anderen Gesundheitsstörungen (im Sinne von Nebenwirkungen oder Komplikationen) liegen. Entsprechendes gilt beim Unterlassen von ärztlichen Maßnahmen (BSG, Urteil vom 12.04.2000, B 9 VS 2/99 R, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1, Rn. 17; BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34. Rn. 40 m.w.N.).
Der Kläger erlitt – zwischen den Beteiligten unstreitig – am 02.02.2018 während des o.g. operativen Eingriffs – kathetergestützer PFO-Verschluss – eine massive Luftembolie im linken Ventrikel mit Reanimationspflichtigkeit (ICD 10-Code Z98.8). Dies ist sowohl den vorliegenden medizinischen Unterlagen (z.B. Entlassbericht des Uniklinikums vom 27.02.2018, Ereignisbericht Uniklinikum, Entlassbericht der RehaKlinik U. vom 08.05.2019 und dem Entlassbericht der RehaKlinik – Kliniken E. vom 10.12.2020) als auch dem im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten der Sachverständigen J. und T. vom 07.06.2024 zu entnehmen, die unter Ziff. 3.1 ebenfalls die Luftembolie feststellen. Dabei kann der Senat das im landgerichtlichen Verfahren gemäß den gesetzlichen Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) erstellte Sachverständigengutachten im Wege des Urkundsbeweises verwerten (§ 118 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO, vgl. BSG, Beschluss vom 17.04.2013, B 9 V 36/12 B, SozR 4-1500 § 118 Nr. 3, SozR 4-1300 § 21 Nr. 2, SozR 4-1750 § 407a Nr. 4, Rn. 6: zur Bestellung der J. und T. als Sachverständige vgl. Beschlüsse des LG vom 11.11.2022 und 22.03.2023).
b) Die gesundheitliche Schädigung ist zudem i.S. eines Primärschadens durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden, § 81 Abs. 1 Alt. 3 SVG.
Zunächst kommen die beiden erstgenannten Varianten des § 81 Abs. 1 SVG nicht in Betracht. Es ist insbesondere nicht von einem während des Wehrdienstes erlittenen Unfalls i.S.d. § 81 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 2b SVG auszugehen, denn die Schädigung in Folge einer medizinischen Behandlung selbst – wie vorliegend – ist nicht als Unfall bei der Durchführung einer Maßnahme der Heilbehandlung i.S. dieser Vorschrift anzusehen (BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 28 m.w.N.).
Der Tatbestand des § 81 Abs. 1 Alt. 3 SVG erfasst hingegen alle Einflüsse des Wehrdienstes, die aus der besonderen Rechtsnatur dieses Verhältnisses und insbesondere der damit verbundenen Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten herrühren und die die Lebensumstände eines Soldaten von denen der Zivilbevölkerung unterscheiden. Das BSG stellt dabei auf Umstände ab, „die der Eigenart des Dienstes entsprechen und im Allgemeinen eng mit dem Dienst verbunden sind“ (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 19; BSG, Urteil vom 05.07.2007, B 9/9a VS 3/06 R, BSGE 99, 1, Rn. 27; BSG, Urteil vom 28.05.1997, 9 RV 28/95, BSGE 80, 236, Rn. 16). Der Tatbestand des § 81 Abs. 1 SVG erfasst damit alle Einflüsse des Wehrdienstes, die aus der besonderen Rechtsnatur dieses Verhältnisses und insbesondere der damit verbundenen Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten herrühren. Letztere erlangt etwa bei der Kasernierung (Gemeinschaftsunterkunft und Gemeinschaftsverpflegung) nach § 18 Soldatengesetz (SG) oder bei der Pflicht zur Kameradschaft gemäß § 12 SG praktische Bedeutung (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 19; BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 26).
Zu den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen i.S. des § 81 Abs. 1 Var. 3 SVG gehören auch die Besonderheiten der truppenärztlichen Versorgung (stRspr; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn.19f m.w.N.). Den Soldaten, die ihrerseits zur Erhaltung oder Wiederherstellung ihrer Gesundheit verpflichtet sind (§ 17 Abs. 4 Satz 1 SG; nun: § 17a Abs. 1 Satz 1 SG), schuldet der Bund im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses die Sorge für ihr Wohl (§ 31 Satz 1 SG). Dieser allgemeine rechtliche Rahmen wird hinsichtlich der gesundheitlichen Belange ausgefüllt durch den Anspruch des Soldaten auf Sachbezüge in Form unentgeltlicher truppenärztlicher Versorgung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 SG, § 69 Abs. 2 BBesG bzw. nun § 69a Abs. 1 BBesG. Dieser Anspruch wird zudem durch die Verordnung über die Gewährung von Heilfürsorge für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Bundeswehr-Heilfürsorgeverordnung <HeilfürsorgeVO-BW> vom 11.08.2017, BGBl I 3250 <3431>, zuletzt geändert durch Art 76 G vom 20.08.2021, BGBl I 3932, vormals Allgemeine Verwaltungsvorschrift <VwV> zu § 69 Abs. 2 BBesG) grundsätzlich abschließend konkretisiert (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 27).
Die truppenärztliche Versorgung wird im Grundsatz als Sachleistung gewährt, d.h. die gesundheitsvorbeugenden, -erhaltenden und -wiederherstellenden Maßnahmen werden vorrangig von der Bundeswehr mit eigenem Personal, in eigenen Einrichtungen und mit eigenem Material durchgeführt (Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Urteil vom 27.11.2003, 2 C 38.02, BVerwGE 119, 265, Rn. 11). Die Besonderheit dieser Art der Heilfürsorge besteht insbesondere darin, dass der Soldat – im Unterschied zu einem gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten – keine freie Wahl unter den Ärzten und Krankenhäusern hat. Vielmehr muss er sich im Krankheitsfall grundsätzlich von Bundeswehrärzten ambulant oder stationär behandeln lassen (BSG, Urteil vom 10.12.1975, 9 RV 338/74, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, juris, Rn. 19f.; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 19f m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 28).
Sinn und Zweck des Versorgungsschutzes bei truppenärztlicher Versorgung ist es daher, die Risiken abzudecken, die einerseits aus der Pflicht des Soldaten folgen, für seine Gesundheit zu sorgen, und andererseits bei freier Arztwahl hätten vermieden werden können (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 20; BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 22, jeweils m.w.N.). Zu beachten bleibt jedoch, dass Haftungsgrund der 3. Variante des § 81 Abs. 1 SVG nicht die Schaffung besonderer Gefahren ist, die dem zivilen Leben fremd sind. Vielmehr gewährt der Staat – in Anerkennung eines besonderen Aufopferungsanspruchs – Versorgung, wenn eine Schädigung in einem engen inneren Zusammenhang zum Wehrdienst steht (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 24).
Dabei ist ebenfalls in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass der truppenärztlichen Versorgung auch grundsätzlich eine (ambulante oder stationäre) Behandlung durch einen zivilen Arzt oder in einem Zivilkrankenhaus zurechenbar sein kann (BSG, Urteil vom 10.12.1975, 9 RV 338/74, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 30.01.1991, 9a/9 RV 26/89, juris, Rn. 19; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6; BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 29). So bleibt die den Versorgungsschutz legitimierende wehrdiensteigentümliche Besonderheit des Ausschlusses der freien Arztwahl auch bei der Leistungserbringung durch zivile (Fach-)Ärzte und Einrichtungen regelmäßig bestehen. Die zivilen Ärzte werden gleichsam zum "verlängerten Arm des Truppenarztes" (BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 29 m.w.N.). Maßgeblich für die Frage, in welchen Fällen eine Behandlung außerhalb der Versorgung durch Truppenärzte stattfinden darf, für den Umfang des Versorgungsanspruchs und die Art und Weise seiner Verwirklichung ist die o.g. HeilfürsorgeVO-BW als Nachfolgeregelung zur VwV zu § 69 Abs. 2 BBesG (BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 30).
Danach können, wenn der Anspruch auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung nicht durch medizinische Einrichtungen der Bundeswehr erfüllt werden kann, auf Veranlassung von Ärzten der Bundeswehr oder im Notfall Erbringer medizinischer Leistungen außerhalb der Bundeswehr für medizinisch notwendige und wirtschaftlich angemessene Leistungen in Anspruch genommen werden (§ 69a Abs. 2 i.V.m. § 69a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 BBesG, § 4 Abs. 2 HeilfürsorgeVO-BW). Nach § 10 Abs. 1 HeilfürsorgeVO-BW weist der Truppenarzt den Soldaten grundsätzlich in ein Bundeswehrkrankenhaus ein, wenn u.a. eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Nach § 10 Abs. 2 HeilfürsorgeVO-BW kann der Truppenarzt oder das Bundeswehrkrankenhaus den Soldaten auch in das dem Dienstort nächstgelegene geeignete zivile Krankenhaus überweisen, wenn wegen des Gesundheitszustandes des Soldaten der Transport in ein Bundeswehrkrankenhaus nach ärztlichem Urteil nicht zu verantworten ist (Nr. 1) oder das Bundeswehrkrankenhaus nicht über geeignete Behandlungsmöglichkeiten verfügt (Nr. 2). Nach Abs. 3 der Regelung können Soldaten im Rahmen der Fürsorgepflicht bei voraussichtlich länger dauernder vollstationärer Behandlung in ein dem Heimatort nahegelegenes geeignetes Bundeswehrkrankenhaus oder, wenn ein solches nicht vorhanden ist, in ein dem Heimatort nahegelegenes geeignetes ziviles Krankenhaus eingewiesen oder verlegt werden. Bei einer Behandlung in einem zivilen Krankenhaus haben nach § 10 Abs. 5 HeilfürsorgeVO-BW Soldatinnen und Soldaten Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen im Sinne von § 39 Absatz 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch und gemäß § 10 Abs. 6 HeilfürsorgeVO-BW auf die dort genannten Wahlleistungen. Dabei obliegt die Ausgestaltung und Sicherstellung der Erfüllung dieses Anspruchs im Einzelfall allein dem pflichtgemäßen Gestaltungsermessen des Dienstherren. Ein Anspruch, durch eine bestimmte Person behandelt zu werden, steht dem Soldaten im Regelfall nicht zu. Der Soldat besitzt damit insbesondere nicht das Recht der freien Arztwahl. Das bedeutet aber zugleich für den Anspruchsberechtigten, dass auch eine solche, nichttruppenärztliche Versorgung im Ergebnis ohne eigene Kostenlast erfolgen muss (Zinner in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, § 69a BBesG, Rn. 23, 24).
Zusammenfassend bleibt demnach die den Versorgungsschutz legitimierende wehrdiensteigentümliche Besonderheit des Ausschlusses der freien Arztwahl auch bei der Leistungserbringung durch zivile (Fach-)Ärzte und Einrichtungen regelmäßig bestehen, sofern eine Einweisung durch die Dienstherren vorliegt sowie eine Behandlung im medizinisch-notwendigen Umfang durchgeführt wird (zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 32f.).
aa) Zunächst steht zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen und nach Durchführung der Beweisaufnahme fest, dass der Kläger zum Verschluss des PFO durch die Truppenärzte der Bundeswehr in das Uniklinikum eingewiesen worden ist (zur auch ausreichenden Ein-/Überweisung zu Beginn einer zivilärztlichen Behandlungskette: BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 34).
Wie sich aus den Einträgen in der G-Karte des Klägers – maßgeblich im Zeitraum vom 14.06.2017 bis zum 21.01.2018 – ergibt, sind bereits die Vorbereitungen für den Eingriff im Uniklinikum in enger Abstimmung und ständiger Rückbindung des Klägers mit seinen Truppenärzten und dem Uniklinikum erfolgt. Daraus ist erkennbar, dass die medizinische Gesamtverantwortung bei den zuständig handelnden Truppenärzten lag und die Behandlung letztlich auf ihre Weisung und Genehmigung der dafür zuständigen Stelle erfolgt ist.
(1) So finden sich Befundbesprechungen und vorbereitenden diagnostische Maßnahmen in Bezug darauf in den Einträgen vom 14., 16. und 26.06.2017. Die behandelnden Truppenärzte waren über die Berichte des Uniklinikums vom 14.06.2017, 18.09.2017 und 20.12.2017 informiert. Unter dem 28.11.2017 wurde eine Einweisung des Klägers zur OP-Vorberatung in das Uniklinikum vermerkt. Weiter findet sich der Antrag auf Genehmigung des stationären Aufenthalts im Uniklinikum für den PFO-Verschluss vom 16.01.2018, sowie die Kostenübernahmeerklärung vom 21./23.01.2018. Unerheblich ist, dass der o.g. Antrag nur ohne den Zusatz „Genehmigung“ vorgelegt werden kann. Zu Recht hegt auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und auch schon zuvor im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhaltes und der Beweisaufnahme am 18.11.2022 keine Zweifel daran, dass die Genehmigung für die zivile Behandlung durch die zuständige Stelle erteilt und die eigentliche Überweisung ausgestellt worden ist. Dafür spricht auch die korrespondierende Kostenübernahmeerklärung vom 23.01.2018 und die tatsächliche Begleichung der Kosten für den streitigen Eingriff. Dies bestätigt sich auch noch im Nachgang zu der hier maßgeblichen Behandlung. So hat das Uniklinikum bei der Beklagten im Nachgang darum ersucht hat, das Einverständnis mit der Anschluss-Reha des Klägers in N. zu erklären.
Die als Zeugen gehörten Truppenärzte A., C. (früher R.) und Wilden bestätigten übereinstimmend, dass es üblich war und ist, Soldaten zu Weiter- und Folgebehandlungen in dieselbe Klinik zu schicken, die auch die vorangegangene Behandlung durchgeführt hat, wobei die Entscheidung darüber, wo der Patient behandelt wird, allein den Truppenärzten oblag und obliegt. Das galt umso mehr, wenn bereits Voruntersuchungen, die ggf. wiederholt hätten werden müssen, bereits dort stattgefunden haben (vgl. Aussage Zeugin L.). Gerade im vorliegenden Fall stellt sich damit nach dem zeitlichen Ablauf die streitgegenständliche Behandlung im Uniklinikum als naheliegende und konsequente Folgebehandlung der vorangegangenen Augenbehandlung des Klägers und deren Ursachenforschung im und durch das Uniklinikum ab Juni 2016 unter ständiger Anbindung an die Truppenärzte dar.
(2) Dieser Überweisung hatte der Kläger als Soldat auch Folge zu leisten. Das truppenärztliche Behandlungsverhältnis ist von dem wehrdiensteigentümlichen Über-/Unterordnungsverhältnis durch Befehl und Gehorsam geprägt (BSG, Urteil vom 30.01.1991, 9a/9 RV 26/89, juris, Rn. 18). Der Truppenarzt ist Dienstvorgesetzter gegenüber den von ihm behandelten Soldaten (vgl. § 3 der Verordnung über die Regelung des militärischen Vorgesetztenverhältnisses – Vorgesetztenverordnung <VorgV> vom 04.06.1956, BGBl I S. 1129, zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 2 V vom 07.10.1981 I 1129; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 20).
(a) Dies entspricht auch nach den Erläuterungen der gehörten Zeugen der praktischen Realität. Die als Zeugen gehörten Truppenärzte A., C. und Wilden haben übereinstimmend bestätigt, dass die Entscheidung über den Behandlungsort und die Einrichtung ihnen oblag; auch wenn die Zeugen A. und C. ihre diesbezügliche Stellung als Vorgesetzte (wohl irrtümlich) zu Unrecht verneint haben.
(b) Eine die Zurechenbarkeit ausschließende Ursächlichkeit eines durch den Kläger geäußerten Wunsches bzgl. des Behandlungsortes bzw. der Klinik ist damit gleichfalls zu verneinen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 23).
(3) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Behandlung auch im Bundeswehrzentralkrankenhaus in D. hätte durchgeführt werden können, nimmt sie auf § 10 Abs. 2 Nr. 2 HeilfürsorgeVO-BW Bezug, wonach eine Überweisung in das dem Dienstort nächstgelegene geeignete zivile Krankenhaus erfolgen kann, wenn das Bundeswehrkrankenhaus nicht über geeignete Behandlungsmöglichkeiten verfügt.
(a) Zunächst bestehen Zweifel daran, ob das Bundeswehrzentralkrankenhaus D. über geeignete Behandlungsmöglichkeiten verfügt hätte; ihren Einwand stützende Belege hat die auch zur Amtsermittlung verpflichtete Beklagte nicht vorgelegt. Der Zeuge V. hat demgegenüber nach seiner Aussage im Vorfeld des Eingriffs – wohl im Juni 2017 – telefonisch mit der Kardiologie des Bundeswehrzentralkrankenhauses in D. Kontakt aufgenommen und von dort die Auskunft erhalten, dass diese derzeit keine Kapazitäten für entsprechende Eingriffe habe. Da er allerdings kurz danach den Standort gewechselt hat, konnte er den weiteren Verlauf nicht schildern. Aus dem Antrag auf Genehmigung der Einweisung ergibt sich die Begründung des nachfolgenden Truppenarztes R. (jetzt C.), dass es sich bei dem Uniklinikum um eine Spezialklinik für Kardiochirurgie handle und dort eine heimatnahe Versorgung und Weiterbehandlung möglich sei. Dies zeigt die Ermessenserwägungen der Truppenärzte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht für die stationäre Einweisung des Klägers für die auf ca. fünf Tage prognostizierte stationäre Behandlung.
(b) Soweit der Vortrag der Beklagten dahingehend zu verstehen ist, dass sie anzweifelt, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Überweisung durch ihre Truppenärzte vorgelegen haben, steht diesem Einwand bereits entgegen, dass sie – dennoch – die Kostenübernahme erklärt und auch eingehalten hat. Letztlich kann diese Frage aus Sicht des Senates indes offenbleiben, denn nach der Rechtsprechung des BSG reicht bereits die subjektive Vorstellung einer – wie oben beschrieben zu befolgenden – Überweisung bei dem Soldaten aus (BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 38 m.w.N.). Damit kann zur Überzeugung des Senates auch die – ansonsten wohl stets erforderliche – Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer truppenärztlichen Überweisung nicht zum Pflichtenumfang eines insoweit gutgläubigen Soldaten gehören. Ob dies anders zu bewerten sein könnte, wenn die Überweisung offensichtlich rechtswidrig ist, muss der Senat nicht entscheiden, denn eine aus Sicht des Soldaten und damit des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt augenscheinliche Rechtswidrigkeit der hiesigen Überweisung trägt weder die Beklagte vor noch ist sie nach Aktenlage erkennbar.
bb) Die durchgeführte Behandlung war auch medizinisch erforderlich, woran auch die Beklagte keine Zweifel äußert. Nachdem der Kläger im Juni 2017 einen Astarterienverschluss am linken Auge erlitten hat, der durch die behandelnden Ärzte des Uniklinikums ursächlich auf das bestehende PFO zurückgeführt worden ist, stellten diese im Einverständnis mit den behandelnden Truppenärzten die Indikation zum Verschluss des PFO. Der Senat stützt sich diesbezüglich maßgeblich auf die medizinische Dokumentation der truppenärztlichen Betreuung in der G-Akte des Klägers (z.B. vom 14. und 16.06.2017), die Überweisung zur Vorbesprechung am 28.11.2017, den Antrag auf Genehmigung vom 16.01.2018, die Berichte des Uniklinikums vom 14.06.2017 und 18.09.2017. Dies folgt im Übrigen auch aus dem Vorgutachten der Gutachterkommission des Z. vom 24.07.2019.
cc) Die festgestellte Gesundheitsstörung (Luftembolie) ist auch durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden. Wahrscheinlich ist ein solcher Ursachenzusammenhang, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt – wie gesehen – nicht (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 28).
Die Prüfung erfolgt vorliegend zweischrittig. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die durchgeführte Behandlung an sich überhaupt mit Wahrscheinlichkeit conditio sine qua non für die eingetretene Gesundheitsschädigung ist, oder ob sich letztere wahrscheinlich auch ohne sie eingestellt hätte. Dabei handelt es sich um eine rein tatsächliche Frage, die aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (ggf. unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden muss (BSG, Urteil vom 26.06.2014, B 2 U 4/13 R, juris, Rn. 25 m.w.N. <dazu unter (1)>). Sodann ist die reine Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versorgungsrechtlich geschützten Ursache zu beantworten (<dazu unter (2)>; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 29, 30).
(1) Die während des Eingriffs zum PFO-Verschluss des Klägers im Uniklinikum eingetretene Komplikation war conditio sine qua non für den Eintritt größerer Mengen Luft in das Herz und das Hirn des Klägers, ohne die es weder zu der Luftembolie noch zu dem späteren hypoxischen Hirnschaden gekommen wäre. Dies folgt aus dem Gutachten von P. und G. aus dem beigezogenen Verfahren vor dem LG Aachen sowie dem ebenfalls urkundsbeweislich verwertbaren Gutachten der Gutachterkommission.
So haben – wie die Gutachter P. und G. für den Senat überzeugend und durch die Beklagte nicht angegriffen – ausgeführt, dass die behandelnden Ärzte während des Eingriffs zunächst nicht ausreichend mit einer angepassten Medikation, bzw. Maßnahme auf die Unruhe des Klägers reagiert haben. Die Sequenz der Prozedur, zunächst schon alle Vorbereitungen zu treffen, um das PFO Schirmchen in der Vorhofscheidewand zu implantieren, also die Punktion der Leistenvene durchzuführen, das PFO zu sondieren, einen Draht in eine Pulmonalvene zu legen, bevor eine ausreichende Sedierungstiefe für die Toleranz der TEE-Sonde erreicht worden ist, hat in diesem Fall zu einem hohen Handlungsdruck der Operateure geführt. Die Umstände der Implantation durch die Unruhe ist unzureichend gewesen, so dass u.a. das Kathetermaterial dislozierte und neu positioniert werden musste. Der entscheidende Schritt der Schleusenöffnung hätte damit erst nach Erreichen einer ruhigen Atmung und Toleranz der TEE-Sonde erfolgen dürfen. Alternativ hätte die Prozedur abgebrochen werden müssen, falls die Gefahr einer zu tiefen Sedierung durch hohe Dosierungen an Sedativa mit nachfolgendem unzureichendem Schutz der Atmung bestanden hätte. Beides ist nicht geschehen. Aus medizinischer Sicht durfte die Prozedur in der beschriebenen Weise so nicht durchgeführt werden. Gerade mit der kumulativen Erfahrung der beteiligten Kollegen hätten die Gefahren, insbesondere der Luftembolie, in diesem individuellen Fall nicht übersehen werden dürfen. Die schwerwiegende Komplikation wäre unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen wahrscheinlich vermeidbar gewesen, im Zweifel durch einen vorzeitigen Abbruch der Prozedur unter diesen Umständen. Insofern ist der Fehler nicht mehr verantwortbar und hätte schlechterdings nicht unterlaufen dürfen. Es sind keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wie die Verwendung einer Wasserschale ergriffen worden, um die Luftembolie zu vermeiden.
Der Kläger entwickelte danach bedingt durch die feststellbaren Behandlungsfehler eine Luftembolie und erlitt durch die Folgen der behandlungsfehlerbedingten Luftembolie in das Gehirn Krampfanfälle (Ziff. 3.1 des Sachverständigengutachtens P. und G.: Der Kläger entwickelte bedingt durch den Behandlungsfehler eine Luftembolie im Rahmen des PFO-Verschlusses. Der Mechanismus dazu ist ausführlich in den o.g. Erläuterungen enthalten). Dieser Zusammenhang ist eindeutig der Hirnschädigung zuzuschreiben, zuvor war kein Krampfleiden bei dem Kläger bekannt. Das Krampfgeschehen begann nach Beendigung der Sedierung im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung, woraufhin eine kampflösende Therapie begonnen werden musste. Durch die Luftembolie erlitt der Kläger den hypoxischen Hirnschaden, der durch eine computertomographische Untersuchung vom 03.02.2018 gesichert wurde, die auch die Lufteinschlüsse nach Luftembolie beschreibt (Gutachten P./G. S. 23 f).
Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Indikation für die streitgegenständliche Operation, dem PFO, um eine angeborene und damit selbst nicht wehrdiensteigentümliche Ursache handelt. Dies ergibt sich aus dem Erlass über den Versorgungsschutz nachteiliger gesundheitlicher Folgen einer truppenärztlichen Behandlung vom 10.12.1986 (BVBl.1987 Nr.1 bis 5, S. 3) C-1463/19 (sog. OP-Erlass; vgl. dazu BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, Rn. 27). Danach sind nach der aktuellen Fassung nachteilige gesundheitliche Folgen auch die Folgen einer truppenärztlichen Behandlung, die außerhalb des mit der Behandlung angestrebten Heilerfolges liegen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.05.2022, L 4 VS 1/21, juris, Rn. 34).
(2) Auch die Frage der "Wesentlichkeit" der versorgungsrechtlich geschützten Ursache ist vorliegend zu bejahen.
Maßgebend für diese Zurechnung ist der Schutzzweck der Norm, hier also die Entschädigung eines Zustands, der "durch" die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Daher sind versorgungsrechtlich nicht alle (wahrscheinlichen) Folgen der beim Kläger erfolgten Behandlung zu berücksichtigen, sondern nur solche Primärschäden und darauf beruhende spätere Gesundheitsstörungen, die gerade auf den Besonderheiten der truppenärztlichen Behandlung (also insbesondere der Behandlung durch Militärärzte in eigenen Einrichtungen im Rahmen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses unter Ausschluss der freien Arztwahl) beruhen. Andernfalls käme es zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Soldaten, die im Rahmen der freien Heilfürsorge behandelt werden, gegenüber allen anderen Patienten, weil erstere auch einen Haftungsschuldner für unvermeidbare Nebenwirkungen einer unumgänglichen Therapie hätten. Die wehrdiensteigentümlichen Besonderheiten der truppenärztlichen Versorgung sind demnach keine wesentliche (Mit-)Ursache einer gesundheitlichen Schädigung eines Soldaten, die auch bei freier Arztwahl in jedem anderen Krankenhaus eingetreten wäre. Typische Fälle einer wesentlichen Schädigung sind demgegenüber Behandlungsfehler oder eine unzureichende Aufklärung über alle Behandlungsrisiken (siehe zum Ganzen BSG, Urteil vom 12.04.2000, B 9 VS 2/99 R, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1, Rn. 17; BSG, Urteil vom 04.10.1984, 9a/9 KLV 1/81, BSGE 57, 171, Rn. 20ff; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30).
(a) Dabei ist zunächst – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – von einem Behandlungsfehler im Rahmen des streitrelevanten Eingriffs auszugehen. Dieser ist auch als schuldhaft anzusehen. So haben die Gutachter P. und G. nachvollziehbar ausgeführt, dass gerade aufgrund der gebündelten Erfahrung der behandelnden Ärzte die eingetretene Komplikation im Vorfeld nicht hätte übersehen werden dürfen und Gegenmaßnahmen nach Erkennen der Wehrigkeit des Klägers unter der Sedierung bis zum Abbruch der Prozedur hätten getroffen werden müssen. Die Fehler, die gemacht worden sind, hätten nicht unterlaufen dürfen. Damit ist der Fahrlässigkeitsbegriff zu bejahen. Eingedenk dessen kommt es auf die Frage nicht an, ob im Rahmen der hiesigen Prüfung eines Behandlungsfehlers Verschulden erforderlich ist (verneint: BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 20 m.w.N.; mit Verweis auf § 91a SVG: BSG, Urteil vom 30.01.1991, 9a/9 RV 26/89, juris, Rn. 17; ggf. anders: BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30).
(b) Im Rahmen der Zurechnung über den Schutzzweck der Norm werden in diesem Zusammenhang maßgeblich zwei Fallkonstellationen diskutiert, nämlich zum einen das Vorhandensein einer Behandlungsalternative bei im Übrigen lege artis durchgeführter Behandlung und zum anderen – als typischen Fall – das Vorliegen eines Behandlungsfehlers (zu den Fallgruppen: BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30 m.w.N.).
In den Fällen, in denen es eine Behandlungsalternative zu der durchgeführten truppenärztlichen oder truppenärztlich veranlassten zivilen Behandlung gegeben hat (z.B. OP statt konservativer Behandlung: BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1; Kaiserschnittgeburt ohne vorherigen Versuch einer Spontangeburt: BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 3), wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Prüfung der Wesentlichkeit maßgeblich auf den hypothetischen Kausalverlauf abgestellt. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob ein anderer Arzt mit einer anderen Behandlungsmethode ein anderes Behandlungsergebnis mit einen wahrscheinlich besseren Heilerfolg erzielt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30). Denn erst aus dem Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses kann ersehen werden, welche Folgen tatsächlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Besonderheiten der truppenärztlichen Behandlung zurückzuführen sind (BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 22). Nur diese Risiken, die sich bei freier Arztwahl hätten vermeiden lassen, soll der Versorgungsschutz abdecken (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30). In diesem Fall kommt es darauf an, ob der Soldat ohne eine – möglicherweise auch nur subjektive – Einschränkung der freien Arztwahl mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein anderes Krankenhaus aufgesucht hätte und ob andere Ärzte, ggf. mit anderen Behandlungsmethoden, hinreichend wahrscheinlich einen besseren Behandlungserfolg erzielt hätten (BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 22; BSG, Urteil vom 30.09.2021, B 9 V 1/19 R, BSGE 133, 34, Rn. 43).
Gibt es hingegen keine Behandlungsalternative, sondern ist – wie vorliegend – von einem Behandlungsfehler auszugehen, stellt sich nach dem BSG die Frage nach dem unabänderlichen, schicksalhaften Verlauf. So wird ausgeführt, dass – nur – wenn es an einer auf truppenärztliche Maßnahmen zurückzuführenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes fehlt, es nicht ausreicht, wenn lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei freier Arztwahl ein günstigerer Zustand eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen mithin keinen unabänderlichen, schicksalhaften Verlauf genommen hat (vgl. BSG, Urteil vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1, Rn. 22). Im Umkehrschluss genügt daher bei dem Vorliegen eines auf truppenärztliche oder truppenärztlich veranlasste Maßnahmen zurückzuführenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes – wie bei einem Behandlungsfehler – die Frage nach dem unabänderlichen Geschehensverlauf (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.05.2022, L 4 VS 1/21, juris, Rn. 42f.).
Führt damit – wie in dem durch den Senat zu entscheidenden Sachverhalt – die truppenärztlich bestimmte zivile Einrichtung – hier das Uniklinikum – die gleichfalls truppenärztlich vorgesehene Behandlungsmaßnahme – hier den PFO-Verschluss – nicht – wie bereits dargelegt – lege artis durch, hat sich ein zurechenbares Risiko verwirklicht. Die Erkrankung des Klägers hat im Rahmen der durchgeführten Behandlung keinen zwangsläufigen, schicksalhaften Verlauf genommen, sondern wurde durch den behandelnden Arzt negativ im Rahmen der festzustellenden Behandlungsfehler beeinflusst und erhielt so einen vermeidbaren Hergang. Handelt es sich aber nicht um unvermeidbare Nebenwirkungen, besteht auch nicht die Gefahr einer Besserstellung des Soldaten (dazu BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30). Demgemäß werden auch Behandlungsfehler gerade als typische Fälle einer wesentlichen Schädigung angesehen (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30; BSG, Urteil vom 12.04.2000, B 9 VS 2/99 R, juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 04.10.1984, 9a/9 KLV 1/81, BSGE 57, 171, Rn. 20 ff).
Dies bestätigt sich auch, wenn hilfsweise – soweit möglich – als Kontrollüberlegung der hypothetische Kausalverlauf herangezogen werden würde. Nach den o.g. Grundsätzen müsste es als wahrscheinlich gelten, dass „ein anderer Arzt mit einer anderen Behandlungsmethode ein anderes Behandlungsergebnis“ und damit „einen besseren Heilerfolg erzielt“ hätte. Davon ist hier auszugehen. Zwar wäre die Behandlungsmethode dieselbe geblieben, aber die Annahme ist wahrscheinlich, dass diese nun von einem anderen Arzt lege artis durchgeführt worden und damit der gewünschte Heilerfolg ohne Eintritt der hiesigen schwerwiegenden Komplikationen zu erwarten gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann demgegenüber nicht im Rahmen einer hypothetischen Betrachtung allein der tatsächliche Geschehensablauf zugrunde gelegt werden. Der Hinweis, dass aufgrund des geäußerten Wunsches des Klägers die Behandlung ohnehin durch das Uniklinikum – dann wohl auch zeitgleich und durch dasselbe OP-Team – durchgeführt worden wäre, trägt nicht. So stellt das BSG auf einen Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses ab und fordert einen „anderen“ Arzt (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rn. 30). Zudem ist auch unter Berücksichtigung des Schutzzweckes nicht erforderlich, dass die typischen Besonderheiten des Wehrdienstes auch mit einer besonderen Gefährdung einhergehen, die im Zivilleben nicht vorkommt (BSG, Urteil vom 30.01.1991, 9a/9 RV 26/89, juris, Rn. 17).
3. Des Weiteren ist auch die festzustellende Schädigungsfolge kausal eingetreten.
a) Bei dem Kläger ist unstreitig der bereits beschriebene global-hypoxische Hirnschaden (ICD-10 G93.1) eingetreten. Dies folgt u.a. aus dem Entlassbericht des Uniklinikums vom 27.02.2018 und auch dem Entlassbericht der RehaKlinik – Kliniken E. vom 10.12.2020. Zudem führen auch die Gutachter P./T. unter Ziff. 3.3 ihres Gutachtens aus, dass der Kläger durch die Folgen der behandlungsfehlerbedingten Luftembolie in das Gehirn Krampfanfälle erlitt, die nach Ziff. 3.4 unzweifelhaft zu einem global-hypoxischen Hirnschaden geführt haben.
b) Die Schädigungsfolge ist auch kausal auf die Wehrdienstbeschädigung zurückzuführen. So führen die Gutachter P./T. überzeugend weiter aus, dass dieser Zusammenhang eindeutig der Hirnschädigung zuzuschreiben ist, zuvor war kein Krampfleiden bei dem Kläger im Vorfeld bekannt. Dieser Annahme ist keiner der Beteiligten entgegengetreten.
Zu weitergehenden Fragen der Versorgungsansprüche musste sich der Senat nicht äußern, da der Kläger sein Begehren zulässigerweise bereits erstinstanzlich beschränkt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.