1. Das Leistungserbringungsrecht nach §§ 124 ff. SGB V sowie die entsprechenden Verträge determinieren nicht die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung. Sie sind auch nicht von besonderer Bedeutung (entgegen LSG Darmstadt, Urteil vom 25.07.2024, Az.: L 1 BA 31/23).
2. Bei Physiotherapeuten besteht ein unternehmerisches Risiko, wenn diese erhebliches Kapital für den Besuch von unternehmensbezogene Fortbildungen investieren und diese Kenntnisse im Rahmen ihrer Tätigkeit einsetzen können.
3. Eine Eingliederung in den Betrieb liegt trotz Nutzung von Betriebsmitteln ausnahmsweise nicht vor, sofern der Auftragnehmer u. a. für die Nutzung der Praxisräume und deren Einrichtungen ein Entgelt zahlt (Anschluss an BSG, Urteil vom 12.12.2023, Az.: B 12 R 10/21).
Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 30.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2021 festzustellen, dass Herr A. in seiner Tätigkeit als Physiotherapeut für Frau C. im Zeitraum vom 01.08.2020 bis 31.03.2023 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig war und keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers.
Der 1996 geborene Kläger und die Beigeladene stellten am 05.10.2020 einen Antrag auf Statusfeststellung bei der Beklagten. In dem Antrag gab der Kläger an, dass er seit dem 01.08.2020 als freier Mitarbeiter in der Physiotherapie tätig sei. Daneben sei er noch für einen Auftraggeber tätig. Er sei selbstständig tätig. Das monatliche Arbeitsentgelt übersteige regelmäßig 450,-€. Er sei an einer Hoch- oder Fachschule im 5. Semester immatrikuliert. Der Kläger führe selbstständig in freiberuflicher Tätigkeit physiotherapeutische Behandlungen durch. Die Auftragsausführung werde nicht kontrolliert. Er sei nicht weisungsgebunden und lege die Arbeitszeiten selber fest. Es gäbe keine Dienstpläne, lediglich eine Absprache hinsichtlich der Raumbelegung. Die Behandlungen würden entweder in der Praxis oder bei einem Hausbesuch durchgeführt. Der Kläger sei hinsichtlich des Orts der Tätigkeit nicht eingeschränkt. Es gäbe keine Dienstbesprechungen, keine Dienstpläne und keine Dienstkleidung. Der Kläger verfüge über eigene Visitenkarten, Briefbögen etc. Es würden teilweise eigene Betriebsmittel von ihm eingesetzt. Gegenüber Privatpatienten gestalte er seine eigene Preise. Er sei für seine Patienten selbst verantwortlich. Bei Krankheit oder Urlaub habe er einen finanziellen Verlust und trage somit ein unternehmerisches Risiko. Beide Beteiligte beantragten festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege.
Nach dem Mustervertrag für freie Mitarbeit vom 01.08.2020 nahm der Kläger eine Tätigkeit als freie Mitarbeit auf. Nach Ziffer 2. bestimmte er seine Tätigkeit und auch seine Urlaubstage selbst. Eine Absprache mit der Beigeladenen erfolgte lediglich im Rahmen der gesonderten Patientenbestellung und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeit der Behandlungsräume. Nach Ziffer 3. war der Kläger nicht weisungsgebunden und unterlag nicht den allgemeinen Praxisregelungen. Nach Ziffer 4. übernahm die Beigeladene für den Kläger die Abrechnung gegenüber den Sozialversicherungsträgern und Privatpatienten. Im Gegenzug erlaubte die Beigeladene dem Kläger die Nutzung der Praxisräume und ihrer Einrichtungen. Dafür erhielt er eine Vergütung von 70 % des Abrechnungsbetrages hinsichtlich der von ihm erbrachten Behandlungsleistungen. Nach Erhalt des Abrechnungsbetrages überwies die Beigeladene unter Einbehalt des vereinbarten Anteils den Brutto-Betrag an den Kläger. Die Abrechnung erfolge auf der Grundlage der jeweils gültigen Gebührenordnung der Krankenkassenverbände für physiotherapeutische Leistungen bzw. des im Einzelfall mit einem Patienten vereinbarten Privathonorars. Eventuelle Korrekturen durch Krankenkassen oder andere Versicherungsträger würden in der nachfolgenden Abrechnung entsprechend berücksichtigt. Der Kläger verpflichtete nach Ziffer 5. sich zur Meldung zur Kranken- und Rentenversicherung, beim Gesundheitsamt, bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie dem Finanzamt. Diese musste er jeweils nachweisen. Darüber hinaus verpflichtete er sich zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung. Einmal jährlich mussten die Zahlungen für Versicherungen nachgewiesen werden. Anfallende Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Urlaubsvergütung, Weihnachtszuwendung sowie Leistungen bei Krankheit, Mutterschaft sowie Elternzeit würden von dem Kläger nicht gezahlt. Bei Inanspruchnahme durch Dritte stellte der Kläger die Beigeladene frei. Gemäß Ziffer 6. stellte der Kläger die Beigeladene bei vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Körper- und / oder Vermögensschäden ebenfalls von allen Ansprüchen frei. Der Vertrag konnte von beiden Seiten schriftlich mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Ziffer 8. betraf die Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich Praxisvorgänge sowie Gesundheitsdaten der Patienten.
Auf Fragen der Beklagten teilte die Beigeladene mit, dass der Kläger seinen Arbeitsablauf selbst bestimme und keinen Arbeitsauftrag von ihr erhalte. Sie habe noch geringfügige Beschäftigte, welche an festgelegten Tagen mit festgelegter Stundenzahl arbeite und denen sie die Patienten zuteile. Dem Kläger weise sie keine Patienten zu. Dieser kümmere sich selbst um die Übernahme von Patienten. Der Vertrag sei von ihrem Berufsverband und ohne Vermittlung zustande gekommen. Die prozentualen Anteile habe sie fest verhandelt; dies wurde von dem Kläger bestätigt. Die Auftragsvergabe an den Kläger sei wegen seiner guten physiotherapeutischen, organisatorischen und sozialkompetenten Fähigkeit erfolgt. Es gäbe keine Regelung zur Arbeitszeit, keine Dienstpläne und keine Raumbelegungspläne. Es gäbe 5 Behandlungsräume, in denen maximal zwei Therapeuten gleichzeitig arbeiten würden, sodass genug Behandlungsmöglichkeiten vorhanden sei. Der Kläger würde keinen festangestellten Mitarbeiter vertreten. Der Kläger werde bei Urlaub und Krankheit nicht vertreten. Er müsse seine Patienten selbst im Falle einer Erkrankung informieren. Er sei nicht verpflichtet, Vertretungen bei Urlaub und Krankheiten zu übernehmen. Er arbeite zeitgleich mit anderen Mitarbeitern und ggf. mit ihnen zusammen, aber er betreue nur seine eigenen Patienten. Er trage keine einheitliche Arbeitskleidung. Der Erstkontakt erfolge telefonisch über den Anrufbeantworter. Der Kläger führe ein eigenes Terminbuch und behandele Patienten überwiegend auf ärztliche Anordnung. Er führe zudem eine eigene Patientenkartei. Sie stelle ihm Arbeitsmittel in Form von Behandlungsliegen, Therapiematten, Kleingeräte, Heißluftgeräte, Fango-Naturmoor-Packungen; dafür erhebe sie die Kosten-Nutzungspauschale. Diese stelle auch die Beteiligung an den laufenden Praxiskosten dar. Der Kläger habe trotz Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft öfters kein Honorar, insbesondere wegen Terminsabsagen, erhalten. Der Kläger rechne die Behandlungen mit der Beigeladenen habe, da er keine eigene Kassenzulassung habe. Auch die Abrechnung der Privatpatienten erfolge über sie im Auftrag des Klägers; dieser hafte selber.
Der Kläger gab an, dass er Arbeitszeiten, Pausen und Patienten selbst bestimme. Sein eigenständiges Arbeiten und die pünktliche Abgabe von Patienten hätte zur Auftragsvergabe an ihn geführt. Er würde durch Empfehlungsmarketing, Visitenkarten, Kaltakquise und Flyer eigene Patienten akquirieren. Es gebe kein Verhältnis zwischen akquirierten Patienten zu den gesamt behandelten Patienten. Es gäbe keine Regelung zu Arbeitszeiten, insbesondere keine Dienst- oder Raumbelegungspläne. Er würde nicht mit anderen Mitarbeitern der Beigeladenen zusammenarbeiten, höchstens gleichzeitig in Praxis. Mit ihm als Arbeitnehmer werde der Erstkontakt hergestellt. Termine würde meist telefonisch ausgemacht und in seinen eigenen Terminkalender eingetragen. Er führe eine eigene Patientenkartei und behandele Patienten überwiegend auf ärztliche Anordnung. Die Beigeladene stelle Behandlungsbänke, Heißluft und Übungsmatten zur Verfügung, während er Gummibänder, Gewichte, Terminkalender und Gurte kaufe. Er habe sehr oft kein Honorar erhalten, weil viele Patienten zur Zeit auch bei leichten Symptomen zur Hause bleiben. Im Übrigen bestätigte er die Aussagen der Beigeladenen.
Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 03.02.2021 die Beteiligte zu der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung an; auf dessen Inhalt wird Bezug genommen. Die Beteiligten nahmen dazu Stellung. Sie wiesen beide darauf hin, dass der Kläger seine Tätigkeit selbstbestimmt ausübe. Der Kläger wähle aus, welche Patienten er überhaupt therapiere, an welchem Tag und zu welcher Zeit. Er bestimme, in welcher Form er behandeln wolle, welche Maßnahmen und auch deren Frequenz. Er trage folglich auch die fachliche Verantwortung für seine Behandlung und habe dafür auch die erforderlichen eigenen Versicherungen abgeschlossen. Er bestimme die erforderlichen Maßnahmen und wäge das Risiko alleine ab, ohne fachliche Weisung oder Aufsicht im Rahmen einer ärztlichen Verordnung. Er übe seine Tätigkeit in einer anderen Praxis und in eigenen Räumen aus. Er nutze die Räumlichkeiten der Beigeladenen, daneben aber auch Materialien, die er selbst besitze und einsetze. Der Abrechnungsverkehr für physiotherapeutische Leistungen würde nur dann von der Beigeladenen übernommen, wenn die Behandlungen innerhalb der Praxis stattgefunden haben. Alle anderen Behandlungen würden nicht über sie abgerechnet. Der Kläger trage verschiedene unternehmerische Risiken (Einnahmeausfälle durch das Ausbleiben von Patientenanmeldungen, bei Absagen von Terminen, durch Zahlungsrückstände oder Nichtzahlung von Privatpatienten sowie bei Krankheit und Urlaub). Er trage auch Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenkassen aufgrund von nicht richtlinienkonform ausgestellten Rezepten. Er habe keine finanziellen oder sonstigen Absicherungen gegenüber der Praxis. Er benötige zur Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit eine eigene Anmeldung beim Gesundheitsamt sowie bei der Berufsgenossenschaft. Er trage zudem das Haftungsrisiko. Ärzte und Therapeuten würden Patienten empfehlen, welche gezielt zu ihm wegen seiner speziellen Qualifikationen kommen. Die meisten Patienten würde durch Kontakte in verschiedene Sportclubs (Kampfsport) gewonnen. Lediglich der weitere Kontakt würde manchmal über das Telefon geführt.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 30.03.2021 fest, dass in dem Auftragsverhältnis als Physiotherapeut bei der Beigeladenen seit dem 01.08.2020 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung und Versicherungsfreiheit aufgrund abhängiger Beschäftigung in der gesetzlichen Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung bestehe. Folgende Merkmale würden für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen: Die Tätigkeit werde am Betriebssitz der Beigeladenen unter Nutzung ihrer Infrastruktur und damit in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt. Die Tätigkeit werde ausschließlich höchstpersönlich ausgeübt. Die Beigeladene trage als Praxisinhaberin die fachliche Verantwortung für die seitens des Klägers durchgeführte Behandlungen. Dieser habe keine eigene Betriebsstätte und Kassenzulassung. Die Beigeladene habe ihm die Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Es liege kein nennenswerter Kapitaleinsatz vor, sodass auch kein unternehmerisches Risiko bestehe. Der Abrechnungsverkehr für physiotherapeutische Leistungen werde von der Praxis übernommen. Der Erstkontakt mit den Patienten erfolge über die Praxis. Demgegenüber würden die fehlende Erteilung von Weisungen seitens der Beigeladenen, der Umstand, dass der Kläger ein eigenes Terminbuch führe, er eine eigene Berufshaftpflichtversicherung besitze und für andere Auftraggeber tätig sei, für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Die Beklagte bezog sich für ihre Beurteilung auf die Entscheidung des BSG vom 24.03.2016, Az.: B 12 KR 20/14 R. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien würde nicht bestimmen, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit definiert werde. Auch sei weder die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses noch die gewünschte Rechtsfolge entscheidend. Da Physiotherapeuten überwiegend nach ärztlicher Verordnung arbeiten, obliege dem Kläger ein Teil der Durchführung einer vom Heilkundigen gelenkten Gesamtbehandlung. Innerhalb dieses Rahmens könnten Physiotherapeuten aufgrund ihrer Ausbildung den Inhalt der Therapie und die Auswahl des Therapiemittels in eigener Verantwortung bestimmen. Weisungen des Praxisinhabers seien nicht erforderlich. Der Kläger setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Nur im geringen Umfang würden Arbeitsmittel von dem Kläger eingesetzt. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb derartiger Arbeitsmittel sei nicht so hoch, dass damit ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Die Abrechnungen für die Patienten würden nicht direkt über die Krankenkassen erfolgen, sondern über die Praxis der Beigeladenen. Die Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosen- und Krankenversicherung ergäbe sich daraus, dass der Kläger ordentlicher Studierender einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule sei.
Der Kläger legte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten Widerspruch dagegen ein. Er behauptete, dass keine persönliche Abhängigkeit vorliegen würde. Ihm würden keine Weisungen erteilt. Es läge zudem keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation vor. Er schulde keine Leistung, welche er im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringe, sodass auch kein Weisungsrecht existiere, welches sich auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit beziehe. Er könne über seine Arbeitskraft frei verfügen und seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten; dies gelte insbesondere für die Arbeitszeit. Zudem treffe ihn auch ein unternehmerisches Risiko, da sich durch seine Tätigkeit unternehmerische Chancen und Möglichkeiten sich ergeben würden. Für eine Tätigkeit als Physiotherapeut sei kein besonderes unternehmerisches Risiko erforderlich. Es bestehe gerade kein Auftragsverhältnis. Vielmehr behandele der Kläger eigene Patienten und keine Patienten aufgrund eines Auftrages. Es würde somit eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation gar nicht genutzt und in einer solchen auch die Tätigkeit gar nicht ausgeübt. Der Kläger organisiere seine Tätigkeit selbst. Er nutze die Infrastruktur der Auftraggeberin, welche er auch vergüte. Sie würde persönlich von ihm ausgeübt. Dies spreche jedoch nicht für eine abhängige Beschäftigung, da ansonsten jeder Solo-Selbstständige abhängig beschäftigt sein müsste. Die Beigeladene könne die fachliche Verantwortung nicht tragen, da sie die Behandlungen nicht durchführe und ihr die Patienten gar nicht bekannt seien. Er verfüge über eine eigene Betriebsstätte. Eine fehlende Kassenzulassung stelle kein Argument für eine abhängige Beschäftigung dar. Zwar sei es zutreffend, dass die Beigeladene ihm Therapiegegenstände zur Verfügung stelle. Dieses seien aber sowieso im Therapieraum vorhanden, sodass es nicht sinnvoll wäre, dass er diese Gegenstände sowieso mitbringe. Dafür führe er auch die Kosten-Nutzungspauschale ab. Nur höchstpersönliche Betriebsmittel (Visitenkarten, Briefpapier, Computer usw.) setze er selbst ein und bezahle diese auch. Es liege zudem ein nennenswerter Kapitaleinsatz vor, da der Kläger seine EDV-Ausstattung sowie Verbrauchsartikel, Visitenkarten, Briefpapier und sein eigenes Kraftfahrzeug selbst angeschafft habe. Er trage zudem die Beiträge für notwendige Versicherungen. Darüber hinaus erfordere der Beruf des Psychotherapeuten kein nennenswerter Kapitaleinsatz. Er trage zudem ein unternehmerisches Risiko im Sinne der Haftung für die durchgeführten Behandlungen. Er könne keinen Einnahmen erzielen, sofern Patienten nicht zur Therapie erschienen. Er erhalte zudem kein Geld, sofern Verordnungen fehlerhaft ausgestellt werden. Er trage zudem das Insolvenzrisiko der Patienten. Auch könne aus der fehlenden Zulassung nicht auf den sozialversicherungsrechtlichen Status geschlossen werden. Die Abrechnung mit den Krankenkassen erfolge aus Praktikabilitätsgründen über die Praxis der Beigeladenen. Zudem erfolge der Erstkontakt über ihn und nicht über die Praxis. Visitenkarten würden in der Praxis der Beigeladenen ausliegen. Diese hätte keinen Zugriff auf den Terminkalender. Zudem würde für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, dass er über einen eigenen Praxisschlüssel verfügen würde, sodass er jederzeit Zutritt zu den Praxisräumlichkeiten habe. Dort nutze er üblicherweise einen Raum, den andere Therapeuten nicht nutzen. Die Patienten seien der Beigeladenen bis zur Übergabe der Verordnung gar nicht bekannt. Er sei nicht verpflichtet, Patienten zu übernehmen. Er bestimme seine Preise selber. Er verfüge über weitreichende Qualifikationen, über welche andere Mitarbeiter der Praxis nicht verfügen. Er verfüge über keinen arbeitsrechtlichen Ansprüchen. Er betreibe selber Werbung und sei konkurrierend zur Beigeladenen tätig. Er trage eigene und von den fest angestellten Mitarbeitern verschiedene Kleidung. Er müsse das Forderungsmanagement selber durchführen und trage das Risiko des Zahlungsausfalles. Nur in Ausnahmefällen würden ihm Patienten seitens der Praxis vorgeschlagen. Es sei zudem bei Solo-Selbstständigen üblich, dass sie fast ausschließlich ihre Arbeitskraft einsetzen; dies sei kein Merkmal für eine abhängige Beschäftigung. Durch die geringen Kosten für Arbeitsmittel wäre es jedoch vielen Solo-Selbstständigen nicht möglich, selbstständig tätig zu werden. Der Kläger beantragte die Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit.
Die Beigeladene teilte mit, dass die Stundenvergütung für festangestellte Mitarbeiter 16,-€ betrage.
Auf Befragen der Beklagten teilte der Kläger mit, dass er über die spezielle Zusatzqualifikation der manuellen Lymphdrainage verfüge. In der Praxis verfüge nur er über diese Qualifikation. Er studiere zudem in einem Bachelorstudium zum Physiotherapeuten. In diesem Studium habe er Zugriff auf wissenschaftliche Literatur und bilde sich wissenschaftlich weiter. Er könne dadurch Patienten direkt und ohne Verordnung behandeln. Er verfüge zudem über eine Zusatzqualifikation der Behandlung des Kiefergelenkes. Entsprechende Rezepte würden ausschließlich von Zahnärzten ausgestellt. Auch in der Hinsicht bestehe ein Alleinstellungsmerkmal. Zudem bestehe eine jahrelange Erfahrung im Profisport. Er verfüge über eine Trainer-Lizenz. Durch die Arbeit mit Sportlern aus dem Kampfsportbereich könne er sich gezielt als Therapeut um deren gesundheitliche Probleme kümmern. Weder die Beigeladene noch ihre Mitarbeiter hätten in der Hinsicht eine ähnliche Qualifikation. Die Hardware-Ausstattung bestehe aus einem Notebook, einem Smartphone, ein Premium-Account für Microsoft-Office, ein Tablet sowie ein Premium-Account zur Gestaltung von verschiedenen Werbemitteln und der Gestaltung von Aufklärungsunterlagen für Patienten auf Canva. Ferner besitze er für die Akquise von Patienten eine Website. Diese Ausstattung benötige er zur Recherche von Krankheitsbildern und deren Behandlung, zum Schreiben von Arztberichten und Trainingsplänen, zur Planung von Terminen und Treffen von Absprachen mit den Patienten. Über das Tablet habe er Zugriff auf digitale Fachbücher. Monatlich fallen bei ihm Kosten für eine private Krankenversicherung i. H. v. 377,32 €, eine Berufsunfähigkeitsversicherung von 31,94 €, eine Berufshaftpflichtversicherung i. H. v. 10,71 €, ein Bahnticket i. H. v. 90,-€, ein Mobilfunkvertrag i. H. v. 24,99 €, Canva i. H. v. 11,99 €, Microsoft Office i. H. v. 10,-€ und Website Funnel-Cockpit i. H. v. 55,93 €. Er reichte zudem seine alte und neue Preisliste ein; auf deren Inhalt wird Bezug genommen. Er wies zudem die Zahlung einer Abrechnungsgebühr i. H. v. 1,88 € nach. Zudem übermittelte er beispielhaft zwei Wochen aus seinem Terminbuch; auf deren Inhalt wird verwiesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2021 zurück. Es lägen zwar Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vor, die Gesamtwürdigung würde jedoch für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Der Kläger erbringe als Auftragnehmer die Tätigkeit in einer fremden, zur Leistungserbringung nach § 124 SGB V zugelassenen Praxis. Nur die Auftraggeberin trete nach außen als verantwortliche Praxisbetreiberin und gegenüber den Patienten auf und rechne mit der jeweiligen Krankenkasse ab. Zwar sei die Abgabe von Heilmitteln durch freie Mitarbeiter eines zugelassenen Leistungserbringer zulässig. Dies betreffe aber nicht die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die rechtlichen Bindungen, die nach dem Zulassungsrecht zu beachten seien, könnten ein Indiz dafür sein, wie die Beziehungen zu den in der Praxis tätigen Mitarbeiter zu regeln seien. Sie sollen nur dann keine Bedeutung haben, wenn die geschlossenen Verträge und ihre tatsächliche Abwicklung keine Zweifel über die gewollte Gestaltung der Beziehung zuließen. Die Vorgaben des Leistungserbringerrechts als rechtlich relevante Umstände können somit nicht außen vorgelassen werden. Nach § 124 Abs. 1 SGB V dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Zuzulassen sei, wer die erforderliche Berufsausbildung, die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung besitze, über eine entsprechende Praxisausstattung verfüge, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleiste und die für den Versicherten geltende Vereinbarungen anerkenne. Die zugelassenen Leistungserbringer treten gegenüber Patienten als Heilmittelerbringer der jeweiligen Krankenkasse auf, rechnen die erbrachten Heilmittel gegenüber der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse ab und treten nach außen als verantwortliche Praxisbetreiber ab. Diese tragen das Risiko des wirtschaftlichen Praxisbetriebes. Einzelheiten würden in den Rahmenempfehlungen und Verträge nach § 125 SGB V geregelt. Der Auftraggeberin seien aufgrund dieser Regelungen die Verantwortung und Entscheidung für alle physiotherapeutische Leistungen, die in seiner Praxis erbracht werden und die über sie abgerechnet werden, zuzurechnen. Die rechtliche Ausgestaltung sei durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts dergestalt vorgegeben, dass der Beigeladenen als Auftraggeberin die Verantwortung für die abgerechneten Leistungen zukomme. Dementsprechend komme ihr eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zu, sodass dem Kläger dadurch in die vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Die Übernahme von Behandlung für die Praxis und Räume bedürfe Absprachen, selbst wenn diese reibungslos erfolgen sollen. Der Kläger unterhalte kein eigenes Inkasso. Er erhalte eine prozentuale Vergütung für geleistete Therapiestunden. Dies stelle kein unternehmerisches Risiko dar, da der Kläger diese nur erhalte, soweit er tätig geworden sei. Das unternehmerische Risiko liege ganz bei der Beigeladenen, welche die Unterhaltskosten für die Praxis zu tragen habe, unabhängig von dem Tätigwerden des Klägers. Es würden Arbeitsmittel (Massageliegen, Handtücher, Bestuhlung für die Wartezeit) zur Verfügung gestellt. Auch die Hausbesuche würden von der Beigeladenen gegenüber den Krankenkassen abgerechnet und in ihrem Interesse erfolgen. Bei Nutzung von Therapieräumen stelle sie dem Kläger diese sowie die Ausstattung zur Verfügung. Die Praxis fungiere zudem als Erstaufnahmestelle, sodass die Zuweisung von Patienten über die Praxis erfolge. Durch die Abrechnung gegenüber der Krankenkasse sei dieser auch nicht als Vermittlungsauftragsdienst anzusehen. Der Einwand, dass sich die Patienten zur Terminierung bei dem Kläger melden, erscheine nicht plausibel. Es könne nicht nachvollzogen werden, wie die Patienten die Handynummer des Klägers erhalten haben sollen. Die Dauer und Art der Behandlung sei nicht vom Leistungsanbieter frei zu bestimmen, sondern ergäbe sich aus den ärztlichen Verordnungen für die Patienten. Dadurch konkretisiere der Arzt das sich aus §§ 27, 32 SGB V ergebende Rahmenrecht des Versicherten als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse können so ausgestaltet werden, dass der Arbeitnehmer betreffend Zeit, Ort und Dauer seiner Arbeitsleistung weitgehend weisungsfrei agieren könne. Deswegen trete der Umstand, dass der Kläger keine Weisungen erhalte, bei der Gesamtabwägung in den Hintergrund, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung erbracht werden und bereits aus diesem Grunde festgelegt seien. Dem Behandler stehe im Bereich der medizinischen Berufe eine gewisse Sachkunde zu. Bei qualifizierten und anspruchsvollen Tätigkeiten sei es geradezu typisch, dass den Mitarbeitern ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit zukomme, da diese bei der Durchführung der Arbeiten selbstständig über den Einsatz der erforderlichen Maßnahmen in der jeweiligen Situation entscheiden müssen und nicht aufgrund ständiger Einzelanweisungen tätig würden. Deswegen werde die Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit ohne detaillierte Anweisung des Auftraggebers der Entscheidung des Auftragnehmers überlassen. Ein unternehmerisches Risiko bestehe, wenn der Auftragnehmer für den Betrieb einer Praxis aufkommen müsse, auch wenn er keine Patienten habe. Die Kosten entstünden auch zu Zeiten der eigenen Abwesenheit. Ein solches Risiko trage der Kläger hinsichtlich der hier zu beurteilenden Tätigkeit nicht. Er erhalte nur eine Vergütung der eingelösten Rezepte, deren Abrechnung ausschließlich über die Praxis erfolge. Er müsse in diesem Zusammenhang kein eigenes Kapital einsetzen, sei am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis nicht beteiligt und es bestehe nicht die Gefahr, dass er für die von ihm geleistete Arbeit nicht bezahlt werde. Nach außen würden die von dem Kläger erbrachten Leistungen im Namen von der Beigeladenen erbracht und abgerechnet. Die Kostenbeteiligung i. H. v. 1,88 € für die Abrechnung durch die Abrechnungsfirma falle dabei nicht ins Gewicht. Der Einsatz eigener Arbeitsmittel sei von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung bzw. auch bei angestellten Mitarbeitern üblich. Es sei zudem nur die konkrete Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen, sodass eine Tätigkeit für andere Auftraggeber nicht von Bedeutung sei. Die eingeräumte Möglichkeit, Aufträge ablehnen zu können, definiere nicht das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse seien Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden möchte oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehne. Zudem stelle das Entgeltrisiko kein unternehmerisches Risiko dar, da dieses Risiko sowie das Risiko der Nichtbeschäftigung auch Arbeitnehmer tragen würden. Deswegen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 25.08.2021 Klage dagegen erhoben. Das Gericht hat mit Beschluss vom 17.05.2022 die Auftraggeberin beigeladen (im Weiteren die Beigeladene).
Der Kläger ist der Ansicht, dass das maßgeblichste Kriterium die Außendarstellung und Wahrnehmung der Patienten sei. Er verfüge über seine eigene Arbeitskraft vollkommen frei, gestalte die Tätigkeit im Rahmen von Verordnung frei und habe hinsichtlich der Arbeitszeit keine Vorgaben. Er erbringe die Leistungen im eigenen Namen und nicht im Namen der Praxis. Er wiederholt und verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Er bestätigte noch Student zu sein.
Der Kläger verweist auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2023, Az.: L 4 BA 1546/21. Daraus ergebe es sich, dass es einer Einzelfallbeurteilung bedürfe. Der Umstand, dass ein Therapeut nicht über eine eigene Kassenzulassung verfüge, führe nicht automatisch zu einer abhängigen Beschäftigung. Die Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen würde zudem gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24.03.2016 verstoßen. Er ist der Ansicht, dass sich sein unternehmerisches Risiko daraus ergäbe, dass er keine Einnahmen erzielen konnte, sofern ein Patient zu einer Behandlung nicht erschienen ist oder für eine Behandlung nicht zur Verfügung gestanden hat. Zudem müsse er sämtliche Kosten, welche er für seine Tätigkeit aufwende, selber tragen. Die Tätigkeit eines Physiotherapeuten bedinge dem Grunde nach keinen großartigen Investitionen. Es werde die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, ohne dass Einnahmen erzielt werden. Bei einem abhängigen Beschäftigten sei es undenkbar, dass er keine Vergütung erhalte, wenn ein Patient zu einer Behandlung nicht erscheine oder für die Behandlung nicht zur Verfügung stehe.
Der Kläger reichte Nachweise über die Anschaffung eines Notebooks zu einem Preis von 876,35 €. Er erwarb bei der Firma E. Magneten und ein Maßband, welche zu einem späteren Zeitpunkt durch ein Lasermessgerät getauscht wurden. Diese Gerätschaften wurden genutzt, um die Entfernung von Sprüngen der Patienten nach Hüft-, Knie- oder Sprungverletzungen zu messen. Bei F. kaufte er eine Massagerolle, welche sich für therapeutische Übungen anbietet sowie entsprechende Atemschutzgeräte für die therapeutische Praxis. Quittungen verschiedener Druckservice würden zeigen, dass Werbematerial gedruckt wurde. Zudem habe er einen Boxsack und ein Tablet erworben. Lichtbilder der EDV-Geräten, der Patientenkartei sowie ein Geschenkbox reichte er zur Akte. Die Geschenkebox wurde in einem Feinkostladen in A-Stadt erworben und mehrere therapeutische Einrichtungen übergeben, welche den Kläger empfohlen hatten. Der Kläger besuchte zwei Seminare zur Selbstständigkeit und zum Aufbau einer Struktur eines Betriebes. Er nahm an einer monatlichen Fortbildung von Barca Innovation Hub teil. Über einen Abrechnungsdienst abonnierte der Kläger eine Fortbildung bei der Firma G. Dabei handele es sich um eine Plattform zur Fortbildung in Bezug auf neueste wissenschaftliche Studien im Bereich der Physiotherapie. Er reichte zudem eine Rechnung für eine Onlineausgabe eines Fachbuches für physiotherapeutische Praxen ein. Er verwies auf die Entscheidung des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 17.03.2023, Az.: L 4 BA 1.546/21 hin. Er ist der Ansicht, dass ein Therapeut nicht über eine eigene Kassenzulassung verfüge, führe nicht automatisch zu einer abhängigen Beschäftigung. Die zitierte Entscheidung des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen würde gegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes verstoßen. Der Kläger habe schon dadurch ein unternehmerisches Risiko getragen, dass er keine Einnahmen erziele, wenn ein Patient nicht zur Behandlung erschienen sei. Gleiches gelte für eine formell fehlerhafte Verordnung. Die Tätigkeit eines Physiotherapeuten bedinge keineswegs große Investitionen. Er ist der Ansicht, dass man nicht zu hohe Anforderungen an Betriebsausgaben stellen dürfe. Er weist auf die anhängige Revision im Verfahren S 8 BA 2/25 R hin.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 30.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2021 festzustellen, dass Herr A. in seiner Tätigkeit als Physiotherapeut für Frau C. im Zeitraum seit dem 01.08.2020 bis zum 31.03.2023 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig ist und keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der angefochtenen Bescheide. Sie sieht sich durch diverse Gerichtsentscheidungen bestärkt. Sie teile nicht der Ansicht, dass maßgebliches Kriterium die Außendarstellung und Wahrnehmung durch die Patienten sei. Sie geht weiterhin von einer abhängigen Beschäftigung aus und verweist insoweit auf die Ausführungen in den Urteilen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17.03.2023, Az.: L 2 BA 39/22, und des LSG Mecklenburg-Vorpommerns vom 13.10.2021, Az.: L 4 R 230/17. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen habe entschieden, dass eine vom abrechnenden therapeutischen Unternehmen übernommene Gesamtverantwortung für die fach- und vertragsgerechte Leistungserbringung indiziell für eine funktionsgerecht dienende Einbindung der herangezogenen Therapeuten in den Arbeitsprozess für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche. Auch das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern sehe die rechtlichen Rahmenbedingungen der Heilmittelerbringung als maßgeblich an. Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 12.09.2023 wird verwiesen. Auch der Kläger habe keine Miete bezahlt, sondern eine Umsatzkostenbeteiligung abgerechnet. Mit dem Vertrag über die Versorgung mit Leistungen der Physiotherapie und deren Vergütung nach § 125 Abs. 1 SGB V für Physiotherapie zwischen den Spitzenverbänden Bund der Krankenkassen und den Verbänden der Physiotherapie würden regulatorische Bedingungen vorliegen, an die die Beigeladene gebunden sei. Dieser Vertrag lasse zwar die Heilmittelerbringung durch nicht zugelassene qualifizierte Dritte zu, es regele aber auch, dass der zugelassene Leistungsmittelerbringer die Verantwortung für die Erfüllung der mit der Zulassung einhergehenden Verpflichtung trage und für die von ihm eingesetzte Leistungserbringer hafte. Er habe für jeden behandelten Versicherten eine Verlaufsdokumentation gemäß der Leistungsbeschreibung zu führen und kontinuierlich je Behandlungseinheit fortzuschreiben. Die Beigeladene sei zu einer umfangreichen Qualitätssicherung verpflichtet.
Das Gericht hat am 05.06.2023 eine mündliche Verhandlung durchgeführt; auf den Inhalt des Protokolls wird hingewiesen.
Entscheidungsgründe
A. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die seitens des Klägers begehrte Feststellung des Nicht-Bestehens einer abhängigen Beschäftigung in seiner Tätigkeit als Physiotherapeut in der Praxis der Beigeladenen und der daraus folgenden Sozialversicherungspflicht in der Rentenversicherung. Die Beklagte hat insoweit beides in ihren Bescheiden festgestellt.
B. Die Klage ist im Grundsatz zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei dem örtlich zuständigen Gericht gemäß §§ 57 Abs. 1, 78, 87 Abs. 2, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klage ist zudem in zulässiger Weise in der Form der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 1. Alt., 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06. Mai 2015, Az.: L 8 R 655/14 – juris – Rn. 58) erhoben worden. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus den subjektiven Zweifeln der Klägerin am Bestehen oder Nichtbestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zu dem Beigeladenen (Pietrek in 3. Aufl. 2016, § 7a SGB IV, Rn. 93).
C. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beigeladenen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und damit eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand, sodass der erstere dadurch in seinen Rechten verletzt wird.
I. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977, Az.: 12/3/12 RK 39/74 – juris – Rn. 15). Der Einsatz eigenen Kapitals ist für eine selbständige Tätigkeit typisch (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977, Az.: 12/3/12 RK 39/74 – juris – Rn. 23). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 12 KR 13/07 R – juris – Rn. 15).
Grundlage der Beurteilung sind die tatsächlichen Verhältnisse (BSG, Urteil vom 28. Januar 1999, Az.: B 3 KR 2/98 R – juris – Rn. 20). Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, Az.: B 12 KR 30/04 R – juris – Rn. 22). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, Az.: B 12 KR 31/06 R – juris – Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012, Az.: B 12 R 14/10 R – juris – Rn. 16).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbstständige Arbeit nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25. April 2012, Az.: B 12 KR 24/10 R – juris – Rn. 25).
II. Entgegen der Auffassung der Beklagten sowie des Hessischen Landessozialgerichts determiniert die Regelungen des Leistungserbringungsrecht nach den §§ 124 ff. SGB V nicht die Statusbeurteilung eines Physiotherapeuten und sind nicht von besonderer, wesentlicher Bedeutung. Sie sind mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar bei der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, enthalten aber keine besonderen, besonders zu gewichteten Indizien für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung.
1. Das Hessische Landessozialgericht hat insoweit ausgeführt:
„Im Fall der Leistungserbringung durch Krankenhäuser hat das BSG darüber hinaus klargestellt, dass insoweit die regulatorischen Rahmenbedingungen im Regelfall die Eingliederung des Personals in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses bedingen (vgl. BSG, Urteile vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R und vom 20.07.2023, B 12 BA 1/23 R). Aufgrund des Regel-Ausnahmeverhältnisses ist daher in diesen Bereichen von einer selbstständigen Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nur noch ausnahmsweise auszugehen.
Zwar unterscheiden sich die im Krankenhausbereich geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen von den Regelungen des Leistungserbringungsrechts gemäß §§ 124 f. SGB V schon deshalb, weil letzteren eine über das Leistungserbringungsrecht der GKV hinausgehende „übergeordnete“ Wirkung fehlt (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016, a.a.O., Rn. 28). Für den erkennenden Senat sind diese Regelungen des Leistungserbringungsrechts der GKV dennoch von besonderer Bedeutung im Rahmen der Statusfeststellung. Bei der Gewichtung der Indizien ist als wesentlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin - in der streitigen Zeit - vorliegend selbst keine Zulassung als Leistungserbringerin hatte, sondern allein der Beigeladene über eine solche Zulassung verfügte. Nur dieser war berechtigt, unter Einhaltung organisatorischer und personeller Voraussetzungen die erbrachten Leistungen gegenüber den Leistungsträgern abzurechnen und damit zu erbringen. Ein Tätigwerden außerhalb der Strukturen gemäß § 125 SGB V wäre unzulässig und könnte zum Verlust der Zulassung führen. Innerhalb dieser Struktur, die einem detaillierten Qualitätsmanagement unterliegt, hat die Klägerin ihre Leistungen für den Beigeladenen erbracht. Sie war daher für die Ausübung ihrer Tätigkeit auf die Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation, wie sie der Beigeladene vorhält, angewiesen. Insoweit hat die Klägerin die Strukturen des Leistungserbringers genutzt und war in die betriebliche Organisation des Beigeladenen funktionsgerecht dienend eingegliedert (vgl. Bayerisches LSG, Urteile vom 30.09.2020, L 6 BA 76/18, juris, Rn. 31 und vom 14.10.2020, L 6 BA 113/19, juris, Rn. 26; s.a. Segebrecht in: jurisPK § 7 SGB IV Rn. 212). Die vom abrechnenden physiotherapeutischen Unternehmen übernommene Gesamtverantwortung für die fach- und vertragsgerechte Leistungserbringung spricht indiziell für eine funktionsgerecht dienende Einbindung der herangezogenen Physiotherapeuten in den Arbeitsprozess und damit für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (ausführlich LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.03.2023, L 2 BA 39/22, juris, Leitsatz; s.a. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.12.2022, L 8 BA 159/19, juris, Rn. 99; a.A. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 20.05.2022, L 4 BA 3707/20 und vom 15.03.2024, L 8 BA 2524/23, juris).
Zudem ist die aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringende „Rechtsmacht“ zur Erteilung von Weisungen zu berücksichtigen. Soweit der Inhaber einer Physiotherapiepraxis als abrechnender Leistungserbringer angibt, dass der Physiotherapeut keinerlei Weisungen unterlag, widerspricht dies den rechtlichen Vorgaben, die eine Abrechnung von physiotherapeutischen Leistungen verbieten, auf deren Erbringer der zugelassene Heilmittelerbringer keinerlei Einfluss hat nehmen können. Gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages nach § 125 Absatz 1 SGB V für Physiotherapie zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den Verbänden der Physiotherapeuten (im Folgenden: Vertrag nach § 125 SGB V) kann der zugelassene Leistungserbringer, soweit er die Leistung nicht persönlich erbringt, diese durch seine qualifizierten Leistungserbringer durchführen lassen. Dabei trägt der zugelassene Heilmittelerbringer die Verantwortung für die Erfüllung der mit der Zulassung einhergehenden Verpflichtung. Er hat eine qualifizierte Durchführung der Behandlung der Anspruchsberechtigten in seiner Praxis sicherzustellen. Dies gilt auch bei - gemäß § 4 des Vertrages nach § 125 SGB V zulässigen - Behandlungen im Rahmen von Hausbesuchen. Insoweit hat er insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass im Verhandlungsverlauf das (Zwischen-)Ergebnis der Heilmittelbehandlung anhand der Therapieziele regelmäßig überprüft wird (Vertrag nach § 125 SGB V mit Anlagen; hierzu ausf. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.03.2023, L 2 BA 39/22, juris, Rn. 61 ff.). Mit der Anerkenntniserklärung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 Satz 1 SGB V verpflichtet sich der Praxisinhaber, „den von ihm eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Bestimmung des Vertrages zur Kenntnis zu bringen und deren Beachtung durch sie in geeigneter Weise sicherzustellen“ (Anlage 6 zum Vertrag nach § 125 Absatz 1 SGB V). Vor diesem Hintergrund ist die Tätigkeit eines Physiotherapeuten ohne Zulassung als Leistungserbringer daher nur dann als selbstständige Tätigkeit zu bewerten, wenn gewichtige Indizien für eine Selbstständigkeit vorliegen“ (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Juli 2024, Az.: L 1 BA 31/23 – juris – Rn. 54 - 56).
2. Diese Ansicht kann im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht überzeugen. Zwar sind im Rahmen der Gesamtabwägung nicht nur einzelvertragliche Weisungsrechte zu berücksichtigen. Vielmehr sind auch berufsrechtlich vorgegebene Weisungsrechte nicht vom Begriff der „Weisungen“ i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausgenommen. Denn bei der Gesamtabwägung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben sind oder auf sonstige Weise „in der Natur der Sache“ liegen (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R – juris, Rn. 15). Das Bundessozialgericht hatte allerdings bereits 1995 festgestellt, dass die Erbringung von Heilmitteln durch freie Mitarbeiter zugelassener Leistungserbringer derselben Fachrichtung zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 1995, Az.: 3 RK 33/94 – juris – Rn. 16). Das Bundessozialgericht hat zudem im Jahre 2016 diese Rechtsprechung ausdrücklich bekräftigt und weiterentwickelt. Danach kann die Annahme von Beschäftigung nicht darauf gestützt werden, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen durch "zwingende" Vorgaben des Leistungserbringerrechts der gesetzlichen Krankenkasse definiert bzw. determiniert sei; es kann nicht angenommen werden, dass dem Beigeladenen dadurch auch eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen, weswegen die Klägerin in die von ihm vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert ist. Zwar dürfen die Vorgaben des Leistungserbringerrechts der gesetzlichen Krankenversicherung nicht außer Acht gelassen werden. Nach § 124 Abs. 1 SGB V (in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung) dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Diese Regelungen betreffen ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkassen und (zugelassenem) Leistungserbringer, vorliegend also das gesetzlich vorgegebene und nach diesen Vorgaben vertraglich konkretisierte Verhältnis der Beigeladenen zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Regelung des Leistungserbringungsrechts in § 124 Abs. 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der GKV hinausgehende "übergeordnete" Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage in Bezug auf die konkret tätig werdenden Personen. Denn der Regelung kann keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidender Frage des Vorliegens von Beschäftigung iS von § 7 Abs. 1 SGB IV entnommen werden (BSG, Urteil vom 24. März 2016, Az.: B 12 KR 20/14 R – juris – Rn. 26 – 28). An dieser Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht in der Folge festgehalten. Es hat ausgeführt, dass er in seinen Entscheidungen zum Status von Honorarärzten klargestellt hat, dass regulatorische Vorgaben keine zwingende Wirkung auf den sozialversicherungsrechtlichen Status zukomme, sie aber bei der Gewichtung der Indizien zur Statusbeurteilung berücksichtigt werden können, dass bei der Gesamtabwägung sämtliche, auch solche Umstände zu berücksichtigen seien, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentliche-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt seien oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" lägen (BSG, Beschluss vom 12. Januar 2022, Az.: B 12 R 26/21 B –juris – Rn. 11).
Das Bundessozialgericht hat zudem die in der Entscheidung aus dem Jahre 2016 enthaltene Maßstäbe auch auf andere Bereiche übertragen. Zunächst hat das Bundessozialgericht für die durch § 72 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 75 Abs. 1b Satz 3 SGB V angeordnete Teilnahme der in den Notdienst einbezogenen Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung dahingehend eingeordnet, dass dies den von Kassenärztlichen und Kassenzahnärztliche Vereinigung zu erfüllenden Sicherstellungsauftrag betrifft. Insoweit wird dadurch in der gesetzlichen Krankenversicherung eine den Bedarf deckende medizinische Versorgung organisiert, welcher für sich betrachtet keine Auswirkung auf den durch § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB V definierten Begriff der Beschäftigung hat (vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 2023, Az.: B 12 R 9/21 R – juris – Rn. 24). Zudem hat das Bundessozialgericht in einem weiteren Verfahren, dass die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG betroffen hat, festgestellt, dass dies für sich genommen keine determinierende Wirkung auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage hat (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2024, Az.: B 12 BA 5/23 R – juris – Rn. 24).
Vor diesem Hintergrund ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die von dem Landessozialgericht vertretene Auffassung, dass das Leistungserbringerrecht wesentliche Maßstäbe hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung zu entnehmen sind, zutreffend ist. Nach Auffassung des Gerichts spricht die von der Beigeladenen gegenüber den Krankenkassen übernommene Verantwortung – welche sich in der Abrechnung der Leistungen des Klägers gegenüber diesen zeigt – für die fach- und vertragsgerechte Leistungserbringung nicht für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung.
3. Die von dem Landessozialgericht aufgeführten Regelungen sprechen nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht für eine weisungsabhängige Beschäftigung.
a) Die Berechtigung des Physiotherapeuten in § 3 Abs. 1 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V, abgeschlossen zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen Berlin und dem Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, dem VDB-Physiotherapieverband und dem Verband Physikalische Therapie – Vereinigung für die Physiotherapeutischen Berufe (VPT) e. V., die Leistung von qualifizierten Leistungserbringern durchführen zu lassen, lässt sich kein Indiz für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung entnehmen. Unter qualifizierte Leistungserbringer lassen sich sowohl entsprechend qualifizierte abhängig Beschäftigte als auch Personen, die selbstständig tätig sind, subsumieren. Der Inhaber der Physiotherapiepraxis muss nur sicherstellen, dass die weiteren Leistungserbringer über die entsprechende Qualifikation verfügen. Einen Rückschluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der von ihm eingesetzten Leistungserbringer lässt sich daraus nicht folgern.
Das Gericht kann aus dieser Regelung sowie aus den weiteren Regelungen des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V und aus den Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 302 Abs. 2 SGB V über Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens mit „Sonstigen Leistungserbringers“ sowie mit Hebammen und Entbindungspflegern (§ 301a SGB V) den von dem Landessozialgericht postulierte Rechtssatz, dass die Abrechnung von physiotherapeutische Leistungen verboten sind, auf deren Erbringer der zugelassene Heilmittelerbringer keinen Einfluss hat, nicht feststellen. Das Landessozialgericht hat in diesem Zusammenhang ein umfassendes Weisungsrecht aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben hergeleitet, diese Vorgaben aber nicht näher konkretisiert. Das erkennende Gericht kann mangels Überzeugung und Nachweis der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben der entsprechenden Rechtsansicht nicht folgen.
b) Auch aus der Anerkenntniserklärung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 6 Satz 1 SGB V sowie der Anlage 6 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V lässt sich kein Rückschluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ziehen. Soweit der Praxisinhaber dadurch verpflichtet ist, die von ihm eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Bestimmungen des Vertrags zur Kenntnis zu bringen und deren Beachtung durch sie in geeigneter Weise sicherzustellen, ist daraus kein Rückschluss zu ziehen, dass es sich in Fallgestaltungen wie im hiesigen Fall eine abhängige Beschäftigung anzunehmen ist. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Zirkelschluss. Die Verpflichtung greift nämlich nur bei den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, setzt somit voraus, dass sie abhängig beschäftigt sind. Genau dies ist im vorliegenden Fall streitig, sodass die Verpflichtung der Beigeladenen nicht zu einer sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung als abhängig beschäftigt führen kann.
c) In dem Vertrag nach § 125 Abs. 1 SGB V ist in dessen § 7 Abs. 1 aufgeführt, dass der zugelassene Heilmittelerbringer unverzüglich an die oder den die Behandlung verantwortliche Ärztin oder verantworten Arzt zu informieren hat und die Therapie zu unterbrechen hat, wenn bei der Durchführung der Behandlung erkennbar ist, dass das Therapieziel voraussichtlich nicht erreicht werden kann oder dass die oder der Versicherte in vorab nicht einschätzbarer Weise auf die Therapie reagiert. Die gilt gleichermaßen, sofern das Therapieziel durch ein anderes Hilfsmittel besser erreicht werden kann. Nach § 7 Abs. 2 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V ist die Therapie zu beenden, wenn im Verlauf der Therapie das angestrebte Therapieziel vor der vollständigen Inanspruchnahme der verordneten Behandlungseinheiten je Verordnung erreicht wird. Zudem hat der zugelassene Leistungserbringer die Ärztin oder den Arzt bei einem Abbruch der Therapie zu informieren (§ 7 Abs. 3 des Vertrages nach § 125 SGB V).
Nach Auffassung des Gerichts lässt sich aus diesen Regelungen kein Rückschluss auf den sozialversicherungsrechtlichen Status ziehen. Auch der selbstständige, aber nicht zugelassene Leistungserbringer muss in den hier aufgeführten Fällen Kontakt mit den Ärzten aufnehmen. Dies gilt auch insoweit dieser mit einer eigenen Praxis in einer Praxis mit Zulassung tätig ist und nur seine Abrechnung über diese Praxis erfolgt. Auch er muss die Therapie beenden, wenn das Therapieziel erreicht wurde oder nicht mehr erreicht werden kann. Anhaltspunkte, dass in solchen Fällen die Beigeladene und nicht der Kläger Kontakt zu den Ärzten aufgenommen hat, bestehen nicht. Das Gericht ist von der gegenteiligen Ansicht des Landessozialgerichts - auch unter Berücksichtigung der dort zitieren Entscheidungen anderer Landessozialgerichte - nicht davon überzeugt, dass insoweit eine Gesamtverantwortung für die fachgerechte Durchführung von physiotherapeutischen Leistungen besteht und - bei Bestehen der Gesamtverantwortung - diese bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung besonders zu berücksichtigen ist.
III. Die weiteren Anhaltspunkte sprechen in der Gesamtabwägung für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit und nicht für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
1. Die vertraglichen Regelungen sprechen aber nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Soweit der Kläger und die Beigeladene vereinbarten, dass der Kläger die Tätigkeit als freie Mitarbeit aufnehmen, seine Tätigkeit und seine Urlaubstage selbst bestimmt und nicht weisungsgebunden ist, ergibt sich daraus ausschließlich der Wille der Beteiligten. Der im Vertrag zum Ausdruck kommende Willen der Vertragspartner kommt nach ständiger Rechtsprechung bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung nur dann entscheidende Bedeutung beizumessen, wenn bei der Beurteilung des gesamten Bildes der Tätigkeit ebenso viele (und gleichwertige) Kriterien für das eine oder das andere sprechen (BSG, Beschluss vom 11. Mai 1993, Az.: 12 BK 62/91 – juris – Rn. 3; BSG, Urteil vom 18. November 2015, Az.: B 12 KR 16/13 R – juris – Rn. 26). Dies ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts vorliegend aber nicht der Fall (s. die weiteren Ausführungen). Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, dass der Kläger ihr auf privater Ebene die Urlaubsdaten mitgeteilt hat, kann daraus nicht auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden. Es ist für den sozialversicherungsrechtlichen Status nicht relevant, ob der Urlaub mitgeteilt wird, sondern welche rechtlichen Folgen damit verbunden sind. Da der Kläger und die Beigeladene sich nicht gegenseitig vertreten haben, hatte die Mitteilung der Urlaubsdaten keine rechtlich erhebliche Relevanz für das Auftragsverhältnis.
2. Soweit im Vertrag vereinbart wurde, dass sich der Kläger eigenständig um die Anmeldung zur Kranken- und Rentenversicherung, bei der Berufsgenossenschaft, beim Finanzamt und beim Gesundheitsamt anmeldet, kann daraus nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Die jeweils abzugebende Erklärung setzen das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit voraus, können sie aber nicht begründen, da andernfalls die Gefahr eines Zirkelschlusses besteht. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Kläger als Selbstständiger Steuern und Beiträge bezahlt hat. Weiterhin kann nicht dadurch auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, dass der Kläger eine private Krankenversicherung abgeschlossen hat. Dies ist nur das Ergebnis der eigenen Einschätzung, selbstständig tätig zu sein und deswegen keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen zu sein. Dies kann aber nicht den sozialversicherungsrechtlichen Status begründen. Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung kommt dagegen auch bei abhängig Beschäftigten vor, sodass dies nicht für eine selbstständige Tätigkeit spricht.
3. Es ist zu beachten, dass aus der fehlenden Gewährung bzw. Inanspruchnahme von arbeitsrechtlichen Vergünstigungen (Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) nicht zu schließen ist, dass eine selbstständige Tätigkeit und keine abhängige Beschäftigung vorliegt. Aus dem Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, kann nicht geschlossen werden, dass ein unternehmerisches Risiko besteht (BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R). Vielmehr ist die fehlende Gewährung von arbeitsrechtlichen Vergünstigungen Folge des Willens der Vertragsparteien, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu schließen. Diese willensabhängige Folge kann dann aber nicht als Begründung für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit herangezogen werden.
4. Bei dem Kläger bestand durchaus ein unternehmerisches Risiko. Ein unternehmerisches Risiko ist gegeben, wenn der Auftragnehmer eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes einsetzt, also der Erfolg der sächlichen oder persönlichen Mittel ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 04. Juni 1998, Az.: B 12 KR 5/97 R – juris – Rn. 23). Das Risiko, nicht durchgehend arbeiten zu können, ist zunächst ein Risiko, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt oder unständig Beschäftigter ist. Es muss deshalb ein Wagnis bestehen, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird und zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und / oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brach liegen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 02. September 2011, Az.: L 4 R 1036/10 – juris – Rn. 28). Die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spricht nur dann für Selbständigkeit, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht. Dagegen vermag die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als Arbeitnehmer anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken keine Selbständigkeit zu begründen (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998, Az.: B 12 KR 5/97 R – juris – Rn. 23).
a) Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung begründet kein ins Gewicht fallendes Verlustrisiko (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, Az.: B 12 R 1/21 R – juris – Rn. 28). Denn solcher Versicherungen zur Absicherung der mit der Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen verbundenen Risiken bedienen sich durchaus auch Physiotherapeuten in einem Beschäftigungsverhältnis (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juli 2021, Az.: L 4 BA 75/20 – juris – Rn. 83).
b) Ein unternehmerisches Risiko des Klägers lässt sich auch nicht aus der vertraglichen Regelung entnehmen, dass dieser die Haftung für Körper- und Vermögensschäden übernimmt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung begründet eine den Auftragnehmer persönlich treffende Gefahr der Haftung für durch schuldhaftes Verhalten entstandene Schäden kein Unternehmerrisiko; dieses trifft auch eingeschränkt Arbeitnehmer (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001, Az.: B 12 KR 44/00 R – juris – Rn. 17; BSG, Urteil vom 04. Juni 1998, Az.: B 12 KR 5/97 R – juris – Rn. 23; BSG, Urteil vom 25. April 2012, Az.: B 12 KR 24/10 R – juris – Rn. 29).
c) Die von dem Kläger angeschafften Materialien hat der Kläger teilweise auch privat genutzt, sodass die entsprechenden Kosten nur insoweit Berücksichtigung finden können, soweit er sie ausschließlich beruflich genutzt hat. Voraussetzung für die Berücksichtigung von Kosten für angeschaffte Gegenstände für die berufliche Tätigkeit wäre es, dass diese gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft wurden, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden (BSG, Urteil vom 18. November 2015, Az.: B 12 KR 16/13 R – juris – Rn. 37).
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 05.06.2023 erklärt, dass er das Smartphone auch privat genutzt hat. Er hat weiterhin erklärt, dass er das Tablet auch für das Studium und nicht nur für seine Tätigkeit genutzt hat. Das alte Notebook habe er zudem nur nebenbei genutzt, sodass damit auch eine private Nutzung verbunden war. Die entsprechenden Kosten fallen somit auch in den privaten und nicht nur in den beruflichen Bereich, sodass sie nicht für die Verwirklichung eines unternehmerischen Risikos sprechen. Nach Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 hat er Microsoft Office nicht privat genutzt. Wörtlich hat er ausgeführt, dass er nicht wüsste, wofür er Word zu welchem Zweck privat genutzt haben könnte. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass er Microsoft Office tatsächlich nur beruflich genutzt hat, sodass die entsprechenden Kosten von 10,-€ dem beruflichen Bereich zuzuordnen sind. Das Programm „Canva“ hat der Kläger für die Erstellung von Aufklärungsunterlagen und damit auch im beruflichen Bereich genutzt, sodass die entsprechenden Kosten (27,-€ und 51,-€) für ein unternehmerisches Risiko sprechen.
d) Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich Leistungskürzungen seitens der gesetzlichen Krankenkassen nicht dem unternehmerischen Risiko zuordnen. Nach Auffassung des Gerichts nehmen die Krankenkassen diese Leistungskürzungen unabhängig von dem sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers vor, sodass diese zur Beurteilung desselben sowie zur Begründung eines unternehmerischen Risikos nicht herangezogen werden können. Dies gilt auch in der Hinsicht, soweit die Ärzte die Verordnungen formell fehlerhaft ausfüllen und aus diesem Grund der Kläger für seine Tätigkeit kein Entgelt von den Krankenkassen erhält.
e) Zudem kann das Gericht auch nicht im Hinblick auf das Insolvenzrisiko der Kunden ein unternehmerisches Risiko erkennen. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw. Arbeitgebers trifft insoweit Arbeitnehmer in gleicher Weise (BSG, Urteil vom 18. November 2015, Az.: B 12 KR 16/13 R – juris – Rn. 37), sodass sich daraus kein Rückschluss auf den sozialversicherungsrechtlichen Status ergibt.
f) Kosten für ein Bewerbungsbild können nicht dem unternehmerischen Risiko zugerechnet werden. Solche Kosten entstehen üblicherweise bei Bewerbungen auf offene Arbeitsstellen.
g) Die weiteren Kosten für Magnete und Maßband (Kosten von 12,57 € und 7,41 €), für eine Massagerolle (Kosten von 10,-€), Klimmzugstange (12,99 €), Latexband (14,99 € und 11,99 €), Balance Pads (24,99 € und 27,99 €), Pilates Mini Ball (6,99 €), einem Taschenbandmass (7,95 €), einem Laserentfernungsmessgerät (29,95 €) sowie einem Boxsack (199,-€) erkennt das Gericht als notwendig für die Tätigkeit als Physiotherapeut an. In diesem Zusammenhang sind diese nachgewiesenen Ausgaben auch Anhaltspunkte für das Bestehen eines unternehmerischen Risikos.
h) Das Gericht kann allerdings nicht nachvollziehen, inwieweit Ausgaben für Active Accessoires (Kosten i. H. v. 18,-€), für Tennisbälle (6,50 €), für eine TW-Platte 40 mm (17,34 €) und ein Faltblatt (49,63 €) ein unternehmerisches Risiko begründen, da das Gericht den Bezug zur Tätigkeit als Physiotherapeut nicht nachvollziehen kann. Dies gilt gleichermaßen für die Ausgaben für Static wind. Stripes i. H. v. 25,90 €.
i) Ausgaben für Zugfahrten zum Ort der Tätigkeit können kein unternehmerisches Risiko begründen. Auch Arbeitnehmer haben Fahrtkosten für Fahrten mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ort ihrer Tätigkeit, sodass diese nicht den sozialversicherungsrechtlichen Status begründen.
j) Die von dem Kläger aufgewandte Kosten für Fortbildungen begründen allerdings ein unternehmerisches Risiko. Das Gericht ist insoweit der Auffassung, dass die Inanspruchnahme einer Fortbildung und Bezahlung durch den Auftragnehmer für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen, sofern sie sich konkret auf die ausgeübte Tätigkeit beziehen. Auch diesbezüglich besteht ein Verlustrisiko des Klägers, soweit sich die Fortbildungskosten im weiteren Verlauf der Tätigkeit nicht amortisieren (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011, Az.: B 12 R 17/09 R – juris – Rn. 26).
Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Fortbildungskosten sind im vorliegenden Fall gegeben. Der Kläger hat nachgewiesen, dass er zusammen mit seinem Bruder eine Fortbildung für den Systemvertrieb besucht hat. Bei dem Systemvertrieb handelt es sich um eine Vertriebsform, welche sich durch standardisierte, digital unterstützte Prozesse und Strukturen von traditionellen Vertriebsmodellen unterscheidet. In der Hinsicht ist eine solche Fortbildung im jetzigen digitalen Zeitalter durchaus auf die konkrete Tätigkeit als Physiotherapeut bezogen. Die entsprechenden Kosten von 4.226,48 € sind mit der Gefahr des Verlustes verbunden, da der Kläger eine Investition getätigt, bei der Erfolg ungewiss war. Auch das Existenzgründerseminar am 13. und 14.11.2021 sowie die entsprechenden Kosten von 190,-€ sind in diesem Zusammenhang einzuordnen.
Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Fortbildungen „Cranio-Mandibuläre Dysfunktionen“ und „MT- UWS I“, die der Kläger vom 10.07.2020 bis 12.07.2020 bzw. vom 27.02.2020 bis zum 01.03.2020 besucht hat. Beide Kurse befinden sich zeitlich vor dem Beginn der hier ausgeübten Tätigkeit. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 allerdings erklärt, dass der Kurs Cranio-Mandibuläre Dysfunktionen um eine Fortbildung zum Kiefer gehandelt hat, welche für seine sportliche Tätigkeit wichtig war. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Kläger als Thaiboxer tätig ist und auch Klienten aus diesem Bereich betreut hat, sodass er diese Fortbildung auch für seine berufliche Tätigkeit einsetzen konnte. Zu der anderen Fortbildung hat er in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 ausgeführt, dass es sich um den Beginn einer Fortbildung handelt. Das Gericht geht deswegen davon aus, dass er die Kenntnisse aus dieser laufend durchgeführten Fortbildung bei seiner Tätigkeit nutzen konnte. Aus den vorgelegten Unterlagen wird allerdings nicht deutlich, ob dem Kläger für beide Fortbildungen tatsächlich Kosten entstanden sind, sodass zum jetzigen Zeitpunkt diese Fortbildungen nicht ein unternehmerisches Risiko begründen.
Der Kläger hat zudem auf die monatlichen Kosten für die Fortbildung „Barca Innovation Hub“ von 74,25 € hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 hat der Kläger dazu ausgeführt, dass es ihm mit Hilfe dieser Fortbildung möglich ist, Sportler hinsichtlich ihrer Verletzungsanfälligkeit zu bewerten und er dies auch gut in seiner praktischen Tätigkeit anwenden konnte.
Der Kläger hat zudem weitere Kosten für die Fortbildungen „Assessments für den Breitensport in Theorie und Praxis“ (Kosten von 87,-€), Kosten für „PhysioMeetsScience“ (nachgewiesen sind 2*12,-€) sowie für das „The Assessment Book“ von Physiotutors von 79,90 € nachgewiesen. Der Kläger hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Bücher nicht für das Studium gedacht waren, da der dortige Schwerpunkt das wissenschaftliche Arbeiten gewesen sei. Unabhängig davon, ob dies zutrifft, ist das Gericht im Hinblick auf die weiteren durchgeführten Fortbildungen davon überzeugt, dass diese ein unternehmerisches Risiko darstellen.
k) Darüber hinaus weist das Gericht darauf, dass ein weiteres Verlustrisiko bei dem Kläger darin bestanden haben könnte, dass er – wie die Corona-Pandemie gezeigt hat – darauf angewiesen war, seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können bzw. zu dürfen. Sofern der Kläger und die Beigeladene ihre beiden Praxen coronabedingt hätten schließen mussten, war es dem Kläger nicht möglich, Aufträge anzunehmen und seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Insofern besteht das Risiko, dass er entsprechendes Kapital in ihre Tätigkeit investiert hat und sodann Gefahr läuft, keine Einnahmen zu erzielen. Dies gilt gleichermaßen, sofern die Patienten - unabhängig von der Corona-Pandemie - Termine absagen. Da das Gericht diesen Punkt in den beiden mündlichen Verhandlungen nicht erfragt hat, möchte es nur insoweit auf die entsprechenden Ausführungen zum Wirtschaftsrisiko im Verfahren S 8 BA 35/21 hinweisen.
5. Der Kläger war für auch für einen Sportverein sowie für eine andere Physiotherapeuten tätig. Dies spricht allerdings auch nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Die Situation ist insoweit mit einem Arbeitssuchenden vergleichbar, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf. befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen. Teilzeitbeschäftigte haben die Möglichkeit in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 18. November 2015, Az.: B 12 KR 16/13 R – juris – Rn. 28). Eine Tätigkeit für andere Auftraggeber kann insbesondere dann ein Indiz für eine erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt. Das gilt aber nicht, wenn die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, Az.: B 12 R 17/19 R – juris – Rn. 39).
Der Kläger hat nachgewiesen, regelmäßig zu einem geringen Preis Visitenkarten und Flyer zu drucken. Das Gericht kommt dabei zu Ausgaben von 239,80 € für den Kopierservice sowie weiteren 27,-€ für die Visitenkarten und 51,-€ für Flyer. Weitere Kosten für Postkarten von 16,50 € rechnet das Gericht ebenfalls dem Bereich Werbung zu. Er hat darüber hinaus den Einkauf von Werbegeschenken – in diesem Fall 28 Flaschen Wein – nachgewiesen, die der Kläger für Empfehlungen von Ergotherapeuten, Logopäden oder Sozialstationen gekauft hat. Die Gesamtkosten betragen dafür 226,15 €. Im Gesamtbild lässt sich konstatieren, dass der Kläger somit werbend am Markt aufgetreten ist. Er hatte neben dem Sportverein und der weiteren Physiotherapiepraxis die jeweiligen Patienten als Auftraggeber. In der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 hat er insoweit ausgeführt, dass ihm eine erhebliche Dispositionsfreiheit bezüglich der Termine zustand. Er hat insofern ausgeführt, dass nicht jede Woche komplett gleich war, sondern er sich bemüht hat einen Tag am Anfang der Woche und einen Tag am Ende der Woche seine Tätigkeit auszuüben. Dabei haben aber die Tage variiert, ausnahmsweise war er auch drei Tage in der Woche in der Praxis der Beigeladenen tätig. Vor diesem Hintergrund hält das Gericht die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber für ein Indiz für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit.
6. Der Kläger war weder zeitlich noch örtlich weisungsabhängig beschäftigt, sodass dies nicht für eine abhängige Beschäftigung spricht. Die fachliche Weisungsunabhängigkeit spricht dagegen nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Eine Tätigkeit gilt als weisungsgebunden, wenn sie in ihrer gesamten Durchführung vom Weisungsberechtigten bestimmt werden könnte (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, Az.: B 12 KR 26/02 R – juris – Rn. 20). Das Weisungsrecht des Arbeitsgebers ergibt sich aus § 106 Gewerbeordnung (GewO), wonach der Arbeitgeber im Grundsatz Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann. Eine solche einseitige Weisungsmöglichkeit besteht aber nicht, soweit sich die Vertragsparteien zweiseitig über bestimmte vertragliche Modalitäten geeinigt haben.
a) Die fachliche Weisungsunabhängigkeit spricht nicht für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine im Berufsrecht verankerte Unabhängigkeit in fachlichen Fragen als solche kein Merkmal, dem ausschlaggebende Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zukommt (BSG, Urteil vom 07. Juli 2020, Az.: B 12 R 17/18 R – juris – Rn. 36). Aus der fachlichen Unabhängigkeit, die grundsätzlich allen sogenannten freien Berufen eigentümlich ist, kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, Az.: B 12 R 1/21 R – juris – Rn. 21; BSG, Urteil vom 04. Juni 2019, Az.: B 12 R 2/18 R – juris – Rn. 21).
Der Kläger hat als Physiotherapeut gerade einen freien Beruf ausgeübt, sodass diese Rechtsprechung auch auf ihn übertragen werden kann. Aus der Art und Weise seiner Tätigkeit lässt sich somit gerade nicht auf eine selbstständige Tätigkeit schließen.
b) Der Ort seiner Tätigkeit ist nicht durch eine einseitige Weisung der Beigeladenen festgelegt worden. Nach Ziffer 4 des Vertrages vom 01.08.2020 hatte der Kläger mit der Beigeladenen vereinbart, dass er in ihren Praxisräumen tätig sein darf. Damit war der Ort der Tätigkeit zweiseitig festgelegt, sodass sich in der Hinsicht nicht auf ein einseitiges Weisungsrecht der Beigeladenen schließen lässt. Andererseits wird der Ort der Tätigkeit auch bei einem Vertrag mit einem Selbstständigen öfters durch zweiseitige Vereinbarungen festgelegt, sodass dadurch kein Rückschluss auf eine selbstständige Tätigkeit noch auf eine abhängige Beschäftigung erfolgen kann.
c) Der Kläger hat im gesamten Verfahren vorgetragen, dass er seine Arbeitszeiten selbst festgelegt hat. Dies hat er auch in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2025 bestätigt, soweit er danach ausgeführt hat, dass nicht jede Woche gleich verlief. Nach seiner Aussage hatte er sich bemüht, zwei Tage in der Woche da zu sein. Er konnte aber bei zu wenigen Terminen auch zeitlich anders disponieren, insbesondere Termine absagen. Eine solche zeitliche Freiheit besteht nur bei einer selbstständigen Tätigkeit. Im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung hätte der Kläger Weisungen im Hinblick auf die Arbeitszeit erhalten. Solche konkreten Weisungen sind für das Gericht allerdings nicht feststellbar, sodass dies für eine selbstständige Tätigkeit spricht.
d) Weiterhin spricht für eine selbstständige Tätigkeit, dass der Kläger seine Patienten aussuchen konnte. Die Beigeladene hat in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2023 bestätigt, dass sie dem Kläger keine Patienten zugewiesen hat. Dazu passt nämlich, dass der Kläger erklärt hat, dass er keinen Zugriff auf die Papierdaten der Beigeladenen hatte. Diese hat wiederum bestätigt, dass sie keinen Zugriff auf das Terminsbuch und die Patientenkartei des Klägers hatte und auch keine Patienten des Klägers behandelt hat. Weiterhin hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2023 erklärt, dass sie bei Anrufen von Patienten des Klägers diese auf die Handynummer des Klägers verwiesen hat und erklärt hat, keine weiteren Auskünfte erteilen zu können. In der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2025 hat sie zudem erklärt, dass sie Anrufe von ihrem Anrufbeantworter an den Kläger weitergeleitet hat; dies sei jedoch nur durchschnittlich einmal monatlich erfolgt. Als weiterer Gesichtspunkt spricht für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit, dass der Kläger in der Praxis der Beigeladenen seinen eigenen verschließbaren Raum hatte. Die Beigeladene hat insoweit bestätigt, dass sie den Raum nur betreten konnte, wenn der Kläger anwesend war. Zudem hat der Kläger seinen Raum auch selbst gesäubert, sodass dies ebenfalls für eine selbstständige Tätigkeit spricht. Dafür spricht auch, dass der Kläger und die Beigeladene sich nicht gegenseitig vertreten haben, sodass diese Gesichtspunkte für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Der Erstkontakt ist zudem über den Kläger und nicht über die Beigeladene zustande gekommen. Weiterhin hat die Beigeladene mit dem Kläger keine Dienstbesprechungen durchgeführt und auch keine Dienstpläne erstellt, in denen der Kläger aufgeführt war. Zudem hat der Kläger schon bei seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen eine eigene Patientenkartei gepflegt. Auch dies spricht für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit. Im Hinblick auf diese Feststellungen kann das Gericht auch keine fachliche Gesamtverantwortung der Klägerin gegenüber den Patienten erkennen.
7. Die vertraglich vereinbarte Verschwiegenheitspflicht (Ziffer 8 des Vertrages) kann nach Auffassung des Gerichts nicht für die Begründung des sozialversicherungsrechtlichen Status herangezogen werden. Eine solche Regelung mag bei abhängig beschäftigten Physiotherapeuten üblich sein. Im vorliegenden Fall konnte sie gar keine Wirkung entfalten, da der Kläger nach Aussage der Beigeladenen gar keinen Zugriff auf ihre Patientendaten hatte.
8. Es spricht für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung, dass der Kläger die Tätigkeit höchstpersönlich durchgeführt hat. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird, da Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen haben und sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen dürfen. Dies gilt nach § 613 Satz 1 BGB allerdings nur im Zweifel, sodass der zur Leistung Verpflichtete durchaus berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen; dies spreche gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Die bloße Möglichkeit würde nicht zur Annahme (unternehmertypischer) Selbstständigkeit sprechen. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, Az.: B 12 R 13/13 R – juris – Rn. 35). Maßgebend dafür, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, ist, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, Az.: B 12 R 13/13 R – juris – Rn. 35; BSG, Urteil vom 11. März 2009, Az.: B 12 KR 21/07 R – juris – Rn. 17).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber gerade keine dritten Personen seine Tätigkeit übertragen, sodass es bei der höchstpersönlichen Leistungserbringung verbleibt. Damit bleibt es im Zweifel bei der Grundregel des § 613 Satz 1 BGB, sodass dieses Kriterium für eine abhängige Beschäftigung spricht.
9. Soweit der Kläger auf seine Zusatzqualifikationen im Rahmen der Lymphdrainage und zur Behandlung des Kiefergelenkes verweist, über welche andere Mitarbeiter der Beigeladenen nicht verfügte, ist dies für die sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung unerheblich. Jeder Beruf und jede Tätigkeit können – auch im Hinblick auf die insoweit erworbenen Qualifikationen – selbstständig oder in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werden. Die Nutzung von Qualifikationen selbst stellt kein Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dar. In diesem Zusammenhang ist nur zu berücksichtigen, dass die Beigeladene von den Qualifikationen des Klägers insoweit profitiert hat, als sich Patienten wegen diesen Qualifikationen an den Kläger gewandt haben und dieser insoweit einen höheren Umsatz erzielt hat. Der Rückschluss auf eine abhängige Beschäftigung lässt sich daraus nicht ziehen. Dies gilt gleichermaßen, soweit die durch den Kläger durchgeführte Behandlungen aufgrund von ärztlicher Anordnung durchführte. Er hätte sowohl als abhängig Beschäftigter als auch als Selbstständiger diese Behandlungen durchgeführt. Ein Rückschluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung konnte daraus nicht erfolgen.
10. Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2023 ausgeführt hat, dass sie im ersten Monat der Tätigkeit des Klägers für ihn auch die privaten Patienten abgerechnet hat, spricht dies für das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Es ist unüblich, dass die Auftraggeberin für den selbstständigen Auftragnehmer die Abrechnungen erstellt. Der Kläger hat allerdings in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2025 zutreffend und nachvollziehbar die Gründe für dieses Vorgehen dargestellt. Er hat insofern erläutert, dass er im ersten Monat noch nicht wusste, ob er schon abrechnen durfte. Er hat erst nach dem Einverständnis des Physiotherapeutenverbandes und der ARGE Heilmittelzulassung Hessen selbst Leistungen abgerechnet. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat diesen Sachverhalt auch nochmal dahingehend erläutert, dass der ARGE freiberufliche Mitarbeiter einer Physiotherapiepraxis gemeldet werden müssen. Insoweit geht das erkennende Gericht davon aus, dass diese Indizien das Vertragsverhältnis nicht geprägt haben. Ein Indiz für die Gesamtbeurteilung des Vertragsverhältnisses lässt sich damit nicht daraus herleiten.
11. Aus dem Umstand, dass der Kläger eigene Kleidung getragen hat, welche sich von der Kleidung der angestellten Mitarbeiter unterschieden hatte, lässt sich nicht auf eine selbstständige Tätigkeit schließen. Es kommt insofern nicht darauf, wie man sich kleidet, sondern mit welchen Mitteln und auf welche Art und Weise die jeweilige Tätigkeit unter Berücksichtigung des jeweiligen rechtlichen Hintergrunds ausgeübt wird. Ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit lässt sich daraus nicht entnehmen.
12. Der Kläger war zudem nicht in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert. Voraussetzung einer Beschäftigung ist die Einordnung in eine von anderer Seite vorgegebene Ordnung, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998, Az.: B 12 KR 5/97 R – juris – Rn. 19). Sie ist jedenfalls erfüllt, wenn die Arbeit in einem Betrieb im arbeitsrechtlichen Sinn geleistet wird. Im Arbeitsrecht wird unter Betrieb die organisatorische Einheit verstanden, innerhalb der ein Unternehmer allein oder in Gemeinschaft von Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher oder sonstiger Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998, Az.: B 12 KR 5/97 R – juris – Rn. 19). Es kommt für die Zuordnung eines Betriebes zu einem bestimmten Arbeitgeber auf das Vorhandensein, nicht die Art der Beschaffung der sächlichen Betriebsmittel und darauf an, wer mit diesen Betriebsmitteln fremdbestimmte Arbeit leisten lässt.
Zunächst ist es zutreffend, dass der Kläger Arbeitsmittel der Beigeladenen genutzt hat. In der mündlichen Verhandlung am 05.06.2023 hat er insoweit ausgeführt, dass er die Liege regelmäßig genutzt hat. Das Heißluftgerät hat er fünfmal, den Standspiegel ein- bis zweimal genutzt. Dies spricht zunächst für die Leistung von fremdbestimmter Arbeit. Dagegen spricht allerdings die vertragliche Regelung. Nach Ziffer 4 des Mustervertrages hat die Beigeladene dem Kläger die Tätigkeit in ihren Praxisräumen und in ihren Einrichtungen gestattet und übernimmt dafür den Abrechnungsverkehr mit den Sozialversicherungsträgern und Privatpatienten. Die Beigeladene erhält für diese Leistung 30 % des Abrechnungsbetrages der vom Kläger innerhalb eines Abrechnungszeitraumes erbrachten Behandlungsleistung. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beigeladene dem Kläger gegen Entgelt die Nutzung der Praxisräume und seiner Einrichtungen erlaubt. Unter dem Begriff „Einrichtungen“ ist die Ausstattung eines Behandlungsraumes zu verstehen. Es ist unüblich, dass abhängig Beschäftigte für die Nutzung der Arbeitsmittel ein Entgelt zu entrichten haben, sodass ausnahmsweise die Nutzung der Arbeitsmittel der Auftraggeberin keine betriebliche Eingliederung zur Folge hat und deswegen auch nicht für eine abhängige Beschäftigung spricht. Gegen eine betriebliche Eingliederung spricht auch, dass der Kläger mit den Mitarbeitern der Beigeladenen nicht zusammengearbeitet hat, sondern diese nur teilweise zur gleichen Zeit anwesend waren, er aber in seinem Raum tätig war. Das Gericht sieht sich in seiner Rechtsansicht auch durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.2023, Az.: B 12 R 10/21 R – juris – Rn. 26, bestärkt, welches ausführt, dass die Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Einrichtungen und Betriebsmittel grundsätzlich gegen eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation sprechen. Die dortigen weiteren Ausführungen betreffen dann aber das unternehmerische Risiko und nicht die betriebliche Eingliederung in die Betriebsorganisation der Auftragnehmerin.
IV. Im Rahmen der nun anzustellenden Gesamtabwägung überwiegen die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit deutlich. Zwar sprechen für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladene die Abrechnung für den Kläger übernommen hat und dieser die Tätigkeit höchstpersönlich ausgeführt hat. Eine besondere Bedeutung einer durch die Beigeladene übernommene Gesamtverantwortung kann das Gericht - soweit diese überhaupt besteht - allerdings nicht erkennen. Weiterhin spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladene für den Kläger im ersten Monat auch die Abrechnung für die privaten Patienten übernommen hatte; dies hat aber die Tätigkeit im Hinblick auf die jahrelange Tätigkeit nicht entscheidend geprägt. Der Wille, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle und spricht nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Dies gilt gleichermaßen, sofern sich der Kläger vertraglich verpflichtet hatte, sich um konkret aufgeführte Anmeldungen zu kümmern, lässt sich auch daraus wegen eines Zirkelschlusses kein Rückschluss auf das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit zu. Die Nichtgewährung von arbeitsrechtlichen Vergünstigungen spricht ebenfalls nicht für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit. Dies gilt gleichermaßen für das Tragen bestimmter Kleidung, welche sich von der Kleidung der Mitarbeiter unterschied. Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht, dass die Beigeladene dem Kläger erlaubt hatte, die Einrichtung der Praxisräume gegen ein Entgelt zu nutzen. Das Bestehen eines unternehmerischen Risikos spricht für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit. Dies gilt gleichermaßen für die Tätigkeit des Klägers für verschiedene Auftraggeber und für eine Mehrzahl von Patienten. Dies gilt auch im Hinblick auf die zeitliche Weisungsunabhängigkeit, die mit dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung nicht zu vereinbaren ist. Demgegenüber spricht das Bestehen einer fachlichen Weisungsunabhängigkeit nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Im Rahmen einer Tätigkeit der freien Berufe haben diese regelmäßig eine fachliche Weisungsunabhängigkeit. Der Ort der Tätigkeit war zweiseitig vereinbart und kann damit nicht für das Vorliegen eines örtlichen Weisungsrechtes herangezogen werden. Die weiteren Begleitumstände, wie das Vertragsverhältnis gelebt wurde, sprechen deutlich für eine selbstständige Tätigkeit (s. III. 5. d)). Weitere Aspekte wie die vertragliche Verschwiegenheitspflicht und die bestehenden Zusatzqualifikationen haben keinen Bezug zu der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung und können somit diese nicht begründen. Im Ergebnis überwiegen die Indizien für das Bestehen einer selbstständigen Tätigkeit.
Vor diesem Hintergrund war der Klage stattzugeben.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Die Berufung ist nach §§ 143, 144 SGG zulassungsfrei möglich, da der Streitwert für das vorliegende Statusfeststellungsverfahren bei 5.000,-€ liegt, sodass bereits dadurch der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,-€ überschritten wird.