L 4 BA 3307/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 BA 1286/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 BA 3307/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird endgültig auf 28.567,47 € festgesetzt.



Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und der Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes, im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von insgesamt 28.567,47 € für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014.

Die Klägerin K1 betreibt ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne von § 108 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V); sie ist Teil der A1-Gruppe, zu der außerdem die Kliniken K2 und M1 sowie die U1 GbR gehören.

Der Beigeladene zu 1 hat eine Ausbildung zum Krankenpfleger sowie Fachausbildungen zum Operations-Pfleger (OP-Pfleger) und OP-Manager und eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert. Seit 1989 betreibt er eine Praxis als Heilpraktiker. Bis 1995 und ab 2006 war der Beigeladene zu 1 bei der Klägerin als OP-Leitung abhängig beschäftigt. Die Beschäftigung umfasste das Instrumentieren bei Operationen, die Koordination und Verbesserung der Abläufe an der Schnittstelle OP- und Sterilisationsabteilung, die Instrumentenbestellung und -verwaltung sowie die Materialverantwortung im OP. In den Jahren 2004/2005 erfolgte die Qualifizierung des Beigeladenen zu 1 zum OP-Manager. Seit dem 1. Januar 2020 ist der Beigeladene zu 1 bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig.

Ab dem 2. April 2008 wurde der Beigeladene zu 1 für die Klägerin sowie für die K2 und die M1 jeweils auf Grundlage eines „Freien-Mitarbeiter-Vertrags" tätig. Der Vertrag mit der Klägerin (Bl. 310 der Verwaltungsakte <VA>) enthielt u.a. folgende Vereinbarungen:


§ 1 Vertragsgegenstand
1.) Der freie Mitarbeiter wird mit der Ausführung der Tätigkeiten als OP-Manager/OP-Koordinator betraut sowie den Ärzten der Auftraggeberin als Assistenz zur Verfügung stehen. Die insoweit anfallenden Tätigkeiten und Verantwortungsbereiche sind in einer gesonderten Stellenbeschreibung näher ausgeführt. Diese in der Anlage beigefügte Stellenbeschreibung wird als Anlage 1 wesentlicher Bestandteil dieses Vertrags. (..).
2.) Die Auftraggeberin behält sich vor, den freien Mitarbeiter auch mit solchen Aufgaben zu beauftragen, die in der Stellenbeschreibung gemäß Absatz 1 nicht aufgeführt sind, ihm jedoch aufgrund seiner beruflichen Ausbildung und seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar sind.

§ 2 Weisungsgebundenheit
1.) Der freie Mitarbeiter führt die ihm übertragenen Aufträge nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Berufsausübung selbstständig und eigenverantwortlich aus. Er unterliegt bei der Durchführung der ihm übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Auftraggeberin, jedoch sind deren Interessen zu berücksichtigen.
2.) Der freie Mitarbeiter ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art der Arbeitsleistung) frei, hat jedoch besondere betriebliche Belange/ Anforderungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zu berücksichtigen (..).
3.) Gegenüber den weiteren Mitarbeitern der Auftraggeberin steht dem freien Mitarbeiter bei Ausführung seiner vertraglichen Tätigkeiten eine Weisungsbefugnis nur nach ausdrücklicher Genehmigung durch die Geschäftsführung im jeweiligen Einzelfall sowie nach Maßgabe der Stellenbeschreibung (Anlage 1 des Vertrags) zu.

§ 3 Leistungserbringung
1.) Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen an Dritte bedarf der vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin.
2.) Der freie Mitarbeiter ist in Bezug auf den Arbeitsort oder die Arbeitszeit ungebunden; insbesondere ist er nicht an eine regelmäßige Arbeitszeit gebunden. Jedoch wird der freie Mitarbeiter seine Tätigkeit auf Wunsch der Auftraggeberin überwiegend in den Räumlichkeiten der Auftraggeberin ausüben. Die Vertragspartner sind sich ferner darüber einig, dass der freie Mitarbeiter wenigstens 13 Stunden/Woche bei einer 5-Tage Woche für die Auftraggeberin tätig werden wird. Ferner besteht zwischen den Vertragspartnern dahingehend Einigkeit, dass der freie Mitarbeiter seine Arbeitszeit so planen wird, dass hiervon 60% auf reine OP-Tätigkeiten entfallen und 40% auf administrative Tätigkeiten (...).
3.) Die Auftraggeberin stellt dem freien Mitarbeiter alle zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel, Instrumente, Gerätschaften, Apparate und Unterlagen zur Verfügung (...).

§ 5 Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot
1.) Der freie Mitarbeiter hat das Recht, auch für dritte Arbeitgeber tätig zu sein, soweit hierdurch seine Leistungserbringung unter diesem Vertrag nicht beeinträchtigt wird (...).

§ 6 Vergütung/ Sonstige Ansprüche/ Rentenversicherung
1.) Als Vergütung wird ein Stundenhonorar von 33,00 € vereinbart. (...)
2.) Der freie Mitarbeiter hat Anspruch auf eine jährliche Erhöhung seines Stundenhonorars um 3%, erstmals am 01.04.2009. (...).

§ 7 Krankheit, Urlaub, sonstige Arbeitsverhinderung
1.) Dem freien Mitarbeiter steht kein Vergütungsanspruch zu, wenn er infolge von Krankheit oder sonstiger Arbeitsverhinderung an der ihm obliegenden Leistungserbringung nach diesem Vertrag verhindert ist.
2.) Der freie Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf Urlaub. (...)

§ 11 Haftung und Gewährleistung (…)
2.) Sollte die Auftraggeberin aufgrund von Dienstleistungen, die vom freien Mitarbeiter erbracht wurden, in Haftung genommen werden, so verpflichtet sich der freie Mitarbeiter gegenüber der Auftraggeberin, diese von jeglicher, sich ihr gegenüber ergebenden Haftung in vollem Umfange freizustellen.
3.) Im Übrigen verpflichtet sich der freie Mitarbeiter im Falle einer Schlechterfüllung seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit zur kostenlosen Nacharbeit und Beseitigung etwaiger von ihm verursachter Mängel. Weitergehende und/oder abweichende Rechte der Auftraggeberin bleiben ausdrücklich vorbehalten. (…)

§ 12 Vertragsdauer und Kündigung
1.) Der freie Mitarbeiter nimmt seine Tätigkeit ab 02.04.2008 auf.
2.) Das Vertragsverhältnis ist unbefristet und kann von jedem der Vertragspartner mit einer Frist von drei Monaten zum 30.06. oder 31.12. eines Jahres gekündigt werden. (…)

§ 14 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften
Die Vertragspartner haben von der Möglichkeit eines Anstellungsvertrages in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist von den Vertragspartnern nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet. (…)


Als Anlage 1 enthielt der Freie-Mitarbeiter-Vertrag eine Stellenbeschreibung (Bl. 317 ff. VA) der Tätigkeit des OP-Mangers/OP-Koordinators.

Der Beigeladene zu 1 nahm seine Tätigkeit in den Klinikräumen der A1 Gruppe in der Regel arbeitstäglich zwischen 6:30 Uhr und 7:00 Uhr auf und verrichtete zunächst „Bürotätigkeit“. Er stellte die Anwesenheit der Patienten für die anstehenden Operationen fest. Bei unklarem Gesundheitszustand führte er eine Voruntersuchung durch und berichtete dem zuständigen OP-Arzt. Um 8:00 Uhr wurde der Operationsbetrieb aufgenommen. Der Beigeladene zu 1 assistierte den Ärzten – je nach der von ihm selbst vorgenommenen Einteilung in den OP-Plan – bei den Operationen. Die Assistenztätigkeit umfasste vorbereitende Maßnahmen wie visuelle Kontrolle des OP-Gebiets auf Veränderungen der Haut, die Kontrolle der benötigten Begleitpapiere für die OP, wie bspw. Einverständniserklärungen, die Desinfektion und sterile Abdeckung, die Präparation von Sehnen und Bändern, das Freihalten des OP-Situs von Blut und anderen Flüssigkeiten, den Verschluss des OP-Gebiets mittels Naht, das Anlegen eines sterilen Verbandes und Schienen. Nach den Operationen erledigte der Beigeladene zu 1 administrative Tätigkeiten, führte Telefonate und erstellte abschließend den OP-Plan für den nächsten Tag, der grundsätzlich bis 12:00 Uhr des Vortrages erstellt sein musste. Für die Erstellung der OP-Pläne nutze der Beigeladene zu 1 das klinikinterne Internetsystem, in das er sich mit einem eigenen Passwort einloggen konnte. Die erforderlichen Daten, wie bspw. die Abwesenheitsplanung der Ärzte, wurden ihm durch die Klägerin zur Verfügung gestellt. Der Beigeladene zu 1 nahm an OP-Besprechungen mit Schnittstellen, wie beispielsweise mit Anästhesie und der Zentralsterilisation, teil. Die Tätigkeit beendete der Beigeladene zu 1 in der Regel zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr.

Der Beigeladene zu 1 erfasste die Zeiten in einem Arbeitszeitkonto, das für die Kliniken der A1 Gruppe (K2, der K1 und der M2 [vormals orthopädische Gemeinschaftspraxis]) gemeinsam geführt wurde. Die Tätigkeit für die gesamte A1 Gruppe umfasste im streitbefangenen Zeitraum durchschnittlich 200 Stunden im Monat, wovon 70 Stunden im Monat auf die Tätigkeit bei der Klägerin entfielen. Er teilte in der Regel die Stundenanzahl aus dem Arbeitszeitkonto durch drei und teilte die Stunden auf die drei verschiedenen Auftraggeberinnen auf.

Die erbrachten Leistungen stellte der Beigeladene zu 1 der Klägerin monatlich in Rechnung, wobei die Stunden für OP-Management und für OP-Fachpflege jeweils gesondert ausgewiesen und abgerechnet wurden. Der Stundenlohn betrug von Januar bis März 2011 35,00 €, von April 2011 bis März 2012 36,05 €, von April 2011 bis März 2013 37,13 €, von April 2013 bis September 2013 für OP-Management 38,24 € und für OP-Fachpflege 37,13 €, von Oktober 2013 bis März 2014 jeweils 38,24 € und von April 2014 bis Dezember 2014 jeweils 39,38 €. Auf die für OP-Management abgerechneten Stunden erhob er Umsatzsteuer in Höhe von 19 %. Im überwiegenden Zeitraum rechnete der Beigeladene zu 1 insgesamt 70 Stunden ab, wovon 28 Stunden auf OP-Management und 42 Stunden auf OP-Fachpflege entfielen. Abweichend hiervon rechnete der Beigeladene zu 1 im Januar, Februar und April 2011 insgesamt 65 Stunden (26 Stunden OP-Management und 39 Stunden OP-Fachpflege), im Mai 2011 insgesamt 75 Stunden (30 Stunden OP-Management und 45 Stunden OP-Fachpflege) und im März 2012 insgesamt 80 Stunden (32 Stunden OP-Management und 48 Stunden OP-Fachpflege) ab. Wegen der Abrechnungen im Einzelnen wird auf Bl.19/66 VA Bezug genommen

Urlaub nahm der Beigeladene zu 1 im streitbefangenen Zeitraum nicht. In Zeiten, in denen er nicht für die Klägerin tätig sein wollte, teilte er sich nicht in die OP-Pläne ein. Hinsichtlich der Erstellung der OP-Pläne leistete er eine grobe Vorarbeit. Darüber hinaus arbeitete eine Mitarbeiterin der Klägerin ihm zu.

Auf der Homepage der S1 und Klinik war der Kläger als Bereichsleiter der Abteilung „OP-Management“ aufgeführt (Bl. 121 der Verwaltungsakte); er war unter einer eigenen Durchwahl und einer E-Mail-Adresse der Klägerin zu erreichen.

Für Auftraggeber, die nicht zu der A1 Gruppe gehörten, war der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum nicht tätig.

Der Beigeladene zu 1 beschäftigte im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ab dem 1. Mai 2008 F1 (Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte zwischen OP-Fachpflege & Management K3 und F1 vom 22. April 2008, Bl. 138 VA).

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung leitete die Beklagte im Oktober 2014 eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 ein. Auf Aufforderung der Beklagten übersandte die Klägerin Honorarabrechnungen des Beigeladenen zu 1 (Bl. 14/66 VA), Zeitabrechnungen und Auszüge aus dem „Zeitkonto“ des Beigeladenen zu 1 A2 K4 für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013 (Bl. 211 ff VA) und den ausgefüllten Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (Auftraggeber; Bl. 156 ff. VA). Auf Rückfrage der Beklagten führte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2015 und 24. März 2015 u.a. aus, der Beigeladene zu 1 sei nicht verpflichtet, das Zeiterfassungssystem zu nutzen, es diene aber auch dazu, kontrollieren zu können, dass dieser nicht zu viel abrechne. Außerdem sei zu beachten, dass der mit dem Beigeladenen zu 1 abgeschlossene Vertrag über die freie Mitarbeit mittlerweile über sieben Jahre alt sei und entsprechend angepasst werden müsse. So habe der Beigeladene zu 1 bisher noch nie an einer Abteilungsleiterbesprechung teilgenommen. Er übernehme weder die Überwachung der Materialwirtschaft und Logistik noch Reparaturen und Wartungen im OP-Bereich. Zwischenzeitlich sei man sich außerdem einig, dass eine persönliche Leistungserbringung durch den Beigeladenen zu 1 nicht mehr zwingend erforderlich sei. Die Möglichkeit der kostenlosen Nutzung des Klinikeigenen PC‘s beruhe auf datenschutzrechtlichen Überlegungen.

Der Beigeladene zu 1 gab in dem Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status (Auftragnehmer) am 9. Dezember 2014 an, er habe für seine freiberufliche Tätigkeit ein Gewerbe angemeldet. Eigene Geschäfts- bzw. Betriebsräume unterhalte er nicht. Er habe jedoch ein häusliches Arbeitszimmer und beschäftige im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Tätigkeit auch eigene Arbeitnehmer. Hierzu legte er den mit F1 am 22. April 2008 geschlossenen Arbeitsvertrag vor. Die Arbeitszeitkarte führe er auf eigenen Wunsch, um die geleisteten Stunden genau dokumentieren zu können. Er nehme an Dienstbesprechungen, welche die Schnittstellen der Tätigkeit beträfen, teil, trage aufgrund von Hygienevorschriften Bereichskleidung und nehme an Schulungen zu Hygienevorschriften teil. Mit den verschiedenen Berufsgruppen im OP arbeite er im Team. Er sei außerdem für mehrere Auftraggeber tätig. Hinsichtlich seines unternehmerischen Risikos verwies der auf Kapitaleinsatz für Büroausstattung (Homeoffice) und darauf, während Abwesenheit wegen Krankheit, Urlaub oder Fortbildung keinen Verdienst zu haben und auf die eigene Angestellte auf geringfügiger Basis. Wegen der Angaben im Einzelnen wird auf Bl. 133 ff. VA Bezug genommen. Auf weitere Nachfrage machte der Beigeladene zu 1 mit Schreiben vom 24. Februar 2015 weitere Angaben. Er beschrieb zum einen die Assistenztätigkeit und gab an, für seine Mitarbeiterin bestehe ein häusliches Arbeitszimmer in welchem sich diverse Büromöbel, PC und Laptop mit Internetzugang, Drucker, Scanner, Kopierer und ein Mobiltelefon befänden. Die Mitarbeiterin sei zuständig für die Rechnungsstellung und für das Überweisen von anfallenden Rechnungen, für den Schriftverkehr mit Kunden, Lieferanten und Behörden, für das Zeitmanagement und die Wiedervorlagen, Datenpflege und Datenerfassung, Internetrecherche und für die Erstellung und Bearbeitung von Word- und Excel-Dokumenten. Mit der Mitarbeiterin lebe er gemeinsam in einem Haushalt.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 i.H.v. insgesamt 50.892,37 € an. Der Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin in seiner Tätigkeit als OP-Manager/ OP-Koordinator und Ärzte-Assistent seit dem 2. April 2008 abhängig beschäftigt und aufgrund dieser Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 50.892,37 € geltend. Das durch die Betriebsprüfung eingeleitete sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellungsverfahren habe zu dem Ergebnis geführt, dass der Beigeladene zu 1 bei der bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als OP-Manager/OP-Koordinator und Ärzte-Assistent seit dem 2. April 2008 abhängig beschäftigt sei. Aufgrund dieser Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 würden daher Sozialversicherungsbeiträge und Arbeitgeberumlagen von der Klägerin nachgefordert. Nach Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Tätigkeit erheblichen Tatsachen überwögen deutlich die Merkmale, die das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses belegten. Der Beigeladene zu 1 führe die Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung weisungsgebunden aus. Soweit der Vertrag eine freie Gestaltung der Tätigkeit vorsehe, werde dies vertraglich bereits dahingehend eingeschränkt, dass der Beigeladene zu 1 „besondere betriebliche Belange/Anforderungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit zu berücksichtigen“ habe, was auch für „fallspezifische Zeitvorgaben sowie fachliche Vorgaben“ durch die Klägerin gelte. Der Beigeladene zu 1 sei vertraglich dazu verpflichtet, wenigstens 13 Stunden/Woche bei einer 5-Tage-Woche für die Klägerin tätig zu werden. Die Arbeitszeit müsse er mittels maschineller Zeiterfassung nachweisen. Im Prüfzeitraum habe er regelmäßig an fünf Tagen pro Woche von 6:30/7:00 Uhr bis grundsätzlich nach 17:00 Uhr gearbeitet. Zwar seien hierbei auch die Arbeitszeitstunden erfasst, die der Beigeladene zu 1 nicht nur für die Klägerin, sondern auch für die weiteren Unternehmen geleistet habe, so dass sich die genaue Arbeitszeit für die Klägerin dem Arbeitszeitkonto nicht entnehmen lasse. Jedenfalls aber habe der Beigeladene zu 1 für die Klägerin auf Stundenbasis gearbeitet, so dass für die Statusfeststellung die in den Rechnungen des Beigeladenen zu 1 aufgeführten Arbeitsstunden zugrunde gelegt würden. Dem Argument, das Zeiterfassungssystem werde als Hilfsinstrument zur gegenseitigen Kontrolle und Abgleich der gestellten Rechnungen genutzt, könne nicht gefolgt werden. Das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 1 sei auf unbefristete Dauer abgeschlossen, eine Kündigungsfrist, ein außerordentliches Kündigungsrecht sowie die Schriftform der Kündigung vereinbart worden. Diese Umstände sprächen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Darüber hinaus sei vertraglich vereinbart, dass der Beigeladene zu 1 die Tätigkeit auf Wunsch der Klägerin überwiegend in den Räumlichkeiten der Gesellschaft auszuüben habe. Eine weitere Verpflichtung bestehe für den Beigeladenen zu 1 darin, 60% seiner Tätigkeit auf eine reine OP-Tätigkeit zu verwenden. Dahingehend unterliege der Beigeladene zu 1 auch dem Weisungsrecht der diensthabenden Ärzte. Hinsichtlich der Tätigkeit als OP-Manager handle es sich um einen Dienst höherer Art, sodass es unschädlich sei, dass der Beigeladene zu 1 dahingehend weisungsfrei handeln könne. Der Beigeladene zu 1 sei außerdem in die Hierarchie mit Vorgesetzten eingebunden und nutze die betriebliche Einrichtungen und Arbeitsmittel. Es bestehe für ihn die Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltungen wie Dienstbesprechungen, Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen. Der Beigeladene zu 1 sei vertraglich dazu verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Er habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Die Klägerin stelle ihm die benötigten Betriebsmittel kostenlos zur Verfügung. Die Vergütung erfolge anhand eines festen Stundenhonorars. Die bloße Anmeldung eines Gewerbes sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich. Fehlende vertragliche Regelungen zum Urlaubsanspruch und zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall komme keine Indizwirkung zu. Zwar habe der Beigeladene zu 1 angegeben, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein. Hierbei handle es sich jedoch um zwei bzw. drei rechtlich selbstständige Gesellschaften der Unternehmensgruppe „A3. Andere Auftraggeber gebe es nicht. Nach außen erscheine der Beigeladene zu 1 als Mitarbeiter der Gesellschaft bzw. Klinik-Gruppe. Die Beitragsansprüche für die Zeit ab 1. Januar 2011 seien noch nicht verjährt. Für die Ermittlung der Höhe der nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge seien die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Netto-Rechnungsbeträge als Beitragsbemessungsgrundlage herangezogen worden.

Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, Grundlage der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 sei der Freier-Mitarbeiter-Vertrag, mit dem eine selbstständige Tätigkeit vereinbart gewesen sei. Das Vertragsverhältnis sei entsprechend der Vereinbarung gelebt worden. Der Beigeladene zu 1 habe keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Er sei insbesondere nicht dergestalt in deren Betrieb eingegliedert, dass hieraus auf eine persönliche Abhängigkeit geschlossen werden könne. Hinsichtlich seiner Tätigkeit als OP-Manager habe der Beigeladene zu 1 selbst bestimmt, wann und in welchem Umfang er die erforderlichen Verrichtungen ausführe. Diese Tätigkeit habe der Beigeladene zu 1 auch an jedem von ihm gewählten Ort verrichten können. Dafür habe er sich das häusliche Arbeitszimmer eingerichtet. Auch bei seiner Assistenztätigkeit sei der Kläger nicht weisungsgebunden gewesen. Dass diese Tätigkeit nur in den OP-Räumlichkeiten stattfinden könne, liege in der Natur der Sache. Der Beigeladene zu 1 sei aber jedenfalls hinsichtlich der Zeit und Dauer der Assistenztätigkeit frei gewesen. Auch hinsichtlich der Art der Ausführung sei er keiner Weisungsbefugnis unterworfen gewesen. Habe er sich für eine Assistenztätigkeit bereit erklärt, habe er naturgemäß die erforderlichen medizinischen Vorgaben an eine sachgerechte Behandlung bzw. Operation des Patienten einzuhalten gehabt. Dies ergebe sich nicht aus einer Weisungsbefugnis der Klägerin, sondern aus den Anforderungen an eine Behandlung nach dem anerkannten Stand der Medizin. Insgesamt sei hervorzuheben, dass es dem Beigeladenen zu 1 selbst überlassen sei, ob und in welchem Umfang er die Tätigkeiten verrichtete. Die Zeiterfassung sei ausdrücklich auf den Wunsch des Beigeladenen zu 1 erfolgt und stelle kein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung dar. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin könne auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der Beigeladene zu 1 in den Dienstplänen aufgetaucht sei, da dies nur dann der Fall sei, wenn er sich für die Übernahme von Diensten bereit erklärt habe. Der Beigeladene zu 1 trage außerdem ein Unternehmerrisiko; er unterhalte ein eigenes Arbeitszimmer, das mit Büromöbeln und -materialien ausgestattet sei und habe eigenes Personal angestellt. Außerdem trete er auch gegenüber der Finanzverwaltung als Selbstständiger auf. Die Vergütung übersteige regelmäßig 7.000,00 € monatlich (ohne Umsatzsteuer) und sei damit deutlich überdurchschnittlich. Der Beigeladene zu 1 überschreite jedenfalls die Beitragsbemessungsgrenze, so dass keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestehe.

Mit Teilabhilfebescheid vom 10. Januar 2019 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und setzte die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung auf 28.567,47 € fest. Ausweislich der beigefügten Anlagen wurden für den streitigen Zeitraum keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mehr nachgefordert. Das Einkommen des Beigeladenen zu 1 in mehreren rechtlich eigenständigen Gesellschaften der A1 Kliniken habe im Prüfzeitraum unstreitig über der jeweilig geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) gelegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2019 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Nach abwägender Betrachtung der Gesamtumstände sei von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Die Durchführung eines Beitragsausgleichs nach § 22 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei allein Aufgabe der Einzugsstelle, da nur sie die gesamten Versicherungsverhältnisse des Mitglieds überwachen könne. Der Widerspruchsbescheid wurde am 11. März 2019 abgesandt (Absendevermerk, Bl. II 60 VA).

Hiergegen erhob die Klägerin am 10. April 2019 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Ergänzend zu ihrem Vortrag im Widerspruchsverfahren trug sie vor, soweit die Beklagte darauf verweise, dass der Beigeladene zu 1 durch die Vertragsgestaltung detaillierten Vorgaben ausgesetzt gewesen sei, erschließe sich dies nicht. Die Ausübung jedweder Tätigkeit gegen Entgelt bedürfe einer Vereinbarung über ihre Art und ihren Umfang. Das Vorliegen einer Stellenbeschreibung rechtfertige für sich noch nicht den Schluss auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Tätigkeit einer OP-Assistenz weise Besonderheiten auf, die es rechtfertigten, einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig kennzeichneten, von vornherein nicht als ausschlaggebendes Abgrenzungskriterium heranzuziehen. Sie könne naturgemäß nur in Räumlichkeiten erbracht werden, die für Operationen an Menschen geeignet seien. Entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1 selbst über seine Arbeitskraft verfügt habe und die Klägerin ihm keine Weisungen habe erteilten können. Er habe insoweit Handlungsspielräume gehabt als es seine freie Entscheidung gewesen sei, ob und ggf. an welchen Operationen er tatsächlich teilnehme. Auch hinsichtlich der Tätigkeit als OP-Manager habe der Beigeladene zu 1 selbst bestimmt, wann und in welchem Umfang er die Tätigkeit ausführe; zumal diese an jedem von ihm gewählten Ort hätte verrichtet werden können. Die Beklagte habe bei ihrer Abwägung übersehen, dass der Beigeladene zu 1 im Prüfzeitraum für eine Vielzahl anderer Auftraggeber tätig gewesen sei, was ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei. Selbst wenn die Beitragspflicht in dem streitigen Umfang vorläge, hätte die Beklagte bei der Festsetzung der Nachzahlung von sich aus bereits den Beitragsausgleich vornehmen und entsprechend niedrigere Beiträge erheben müssen. Der Beklagten sei es ohne weiteres möglich, die einzelnen Entgeltdaten bei mehrfacher Beschäftigung zu erfragen, um dann entsprechend einen Beitragsausgleich durchzuführen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Die mit Beschluss vom 16. Dezember 2019 Beigeladenen stellten keine Anträge

Mit Urteil vom 28. September 2020 hob das SG den Bescheid vom 8. Dezember 2015 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheids vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2019 auf. Die Beklagte habe der Klägerin zu Unrecht die Nachzahlung der wegen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen aufgegeben. Der Beigeladene zu 1 habe in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 seine Tätigkeit als OP-Manager und Assistent bei der Klägerin als Selbstständiger ausgeübt und damit keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung begründet. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden keine Statusfeststellung im Sinne des § 7a SGB IV getroffen; die Ausführungen zum Bestehen einer abhängigen Beschäftigung seien allein ein Begründungselement. Die formell rechtmäßigen Bescheide seien materiell rechtswidrig, da der Beigeladene zu 1 nach der Gesamtschau in dem streitgegenständlichen Zeitraum seine Tätigkeit als OP-Manager/ OP-Koordinator und Assistent nicht als abhängig Beschäftigter, sondern als Selbstständiger ausgeübt habe. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. Der Beigeladene zu 1 habe seine Tätigkeit grundsätzlich weisungsfrei ausgeübt, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub seien ausgeschlossen worden. Weitere Indizien für eine selbstständige Tätigkeit seien, dass die von dem Beigeladenen zu 1 in Rechnung gestellten Vergütungsansprüche überdurchschnittlich hoch gewesen seien und Eigenvorsorge zugelassen hätten, er ein Gewerbe angemeldet habe und für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei. Darüber hinaus sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 durchaus mit einem gewissen unternehmerischen Risiko behaftet gewesen. Zwar habe der für seine Tätigkeit bei der Klägerin keine größeren Investitionen getätigt, sondern insbesondere im Rahmen seiner Assistenztätigkeit auf das von der Klägerin zur Verfügung gestellte Operationsmaterial zurückgreifen können, jedoch sei auch zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1 selbst eine Arbeitnehmerin für Bürotätigkeiten angestellt und für die Entlohnung eigenes Kapital eingesetzt habe. Der Beigeladene zu 1 habe die Tätigkeit weisungsfrei verrichtet. Hinsichtlich der Tätigkeit als OP-Manager ergebe sich die Weisungsfreiheit daraus, dass der Beigeladene zu 1 für die Ausübung weder an eine bestimmte Zeit, noch an einen bestimmten Ort gebunden gewesen sei und hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit einen großen Gestaltungsspielraum gehabt habe, er habe insbesondere frei entscheiden können, welche OP in welchem Saal wann von wem ausgeführt werde. Aus diesem Aspekt resultiere auch die Weisungsfreiheit hinsichtlich der Tätigkeit des Beigeladene zu 1 als Ärzte-Assistent. Im Unterschied zu abhängig beschäftigten Ärzte-Assistenten habe es der Beigeladene zu 1 selbst in der Hand gehabt, für welche OP er sich in die entsprechenden Pläne eintrage. Die Arbeitszeit sei durch die Klägerin auch nicht kontrolliert worden; der Beigeladene zu 1 habe das Arbeitszeitkonto auf seinen eigenen Wunsch allein zum Zweck der Selbstkontrolle geführt. Der Ort der Ausführung der Assistenztätigkeit entspringe der Natur der Sache und spreche daher nicht gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche, dass der Beigeladene zu 1 vertraglich gegenüber der Klägerin verpflichtet gewesen sei, die Arbeitsleistung grundsätzlich höchstpersönlich zu erbringen, wobei er dazu berechtigt gewesen sei, Dritte einzuschalten. Darüber hinaus habe er ein festes Stundenhonorar erhalten und sei somit keinem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt gewesen. Ein festes Stundenhonorar spreche bei reinen Dienstleistungen aber nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit. Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1 für seine Tätigkeit die von der Klägerin bereitgestellte Infrastruktur in Anspruch genommen habe, spreche ebenfalls zunächst für die Annahme einer betrieblichen Eingliederung und damit für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Hierbei seien jedoch die für einen Krankenhausbetrieb geltenden besonderen Umstände, insbesondere strenge Datenschutz- und Hygienebestimmungen zu berücksichtigen. Soweit der Beigeladen zu 1 nach der vertraglichen Vereinbarung jedenfalls hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit und hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Verpflichtung, wenigstens 13 Stunden pro Woche bei einer Fünf-Tage-Woche für die Klägerin tätig zu sein, weisungsgebunden gewesen sei, trete dieser Aspekt hinter der überwiegend weisungsfrei gestaltbaren Arbeitszeit zurück.

Hiergegen hat die Beklagte am 20.
 Oktober 2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, soweit sich das SG darauf stütze, dass der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 geschlossene Vertrag eine selbstständige Tätigkeit begründen sollte und auch so gelebt worden sei, sei zu berücksichtigen, dass dem Willen der Vertragsparteien nur dann sozialversicherungsrechtliche Bedeutung zukomme, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprächen. Entgegen der Ansicht des SG sei der Beigeladene zu 1 nicht weisungsfrei gewesen, es sei vielmehr sowohl im Rahmen der OP-Assistenz als auch im Rahmen des OP-Managements eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess der Klägerin anzunehmen. Er sei vertraglich verpflichtet gewesen, mindestens 13 Stunden pro Woche für die Klägerin tätig zu sein, Innerhalb der Vorgaben zur Aufteilung der Arbeitszeit (60 % OP-Assistenz, 40 % OP-Management) habe sich der Beigeladene zu 1 hinsichtlich der Auswahl seiner OP-Termine bewegen müssen. Er habe den OP-Plan auch nicht nach seinen eigenen Wünschen erstellen können, sondern sich letztlich nach betriebswirtschaftlichen Gründen und Vorgaben der Klägerin und der anstehenden Operationen bei der Aufstellung richten müssen. Während der Tätigkeit der OP-Assistenz habe er sich dann nach den Weisungen des Operateurs richten müssen. Dass ein Arbeitszeitkonto nur geführt worden sei, damit der Beigeladene zu 1 sich selbst habe überprüfen können, überzeuge nicht. Es sei eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in den Betrieb der Klägerin festzustellen. Dass er die OP-Planung auch von seinem Heimbüro ausgeübt habe, spreche nicht gegen eine Eingliederung. Der Beigeladene zu 1 habe dabei zwar eigene Arbeitsmittel wie einen PC eingesetzt, sich jedoch in das EDV-System der Klinik einloggen müssen, um dann mit der Kliniksoftware die OP-Planung zu erstellen. Ein Nutzungsersatz für die Nutzung der Software der Klinik sei ihm nicht berechnet worden. Eine Gewerbeanmeldung sowie die Abführung der Mehrwertsteuer sei nicht aussagekräftig für die Beurteilung einer Tätigkeit. Die Selbstständigkeit als Heilpraktiker habe keine Auswirkungen auf die vorliegend zu beurteilende Tätigkeit. Hinsichtlich des unternehmerischen Risikos habe das SG irrtümlich angenommen, dass die Angestellte des Beigeladenen zu 1 auch im Rahmen dessen Tätigkeit bei der Klägerin eingesetzt worden sei; diese sei aber allein für die Heilpraktiker-Praxis tätig geworden. Das Kriterium der Honorarhöhe, auf die das SG seine Entscheidung maßgeblich gestützt habe, verliere an Bedeutung, wenn Merkmale vorlägen, die für eine weisungsgebundene Beschäftigung sowie die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation sprächen. Der Gesetzgeber habe das Eintreten von Versicherungspflicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung gerade nicht an die Höhe des Arbeitsentgeltes geknüpft, sondern an den Kriterien Weisungsgebundenheit und Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Der Umstand, dass dem Beigeladenen zu 1 im Fall von Urlaub oder Krankheit der Lohn nicht fortgezahlt worden sei, sei ein schwaches Indiz für Selbstständigkeit.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. September 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen des SG, das insbesondere zutreffend angenommen habe, dass der Beigeladene zu 1 keinerlei Weisungen der Klägerin unterlegen habe. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage der „zeitlichen Weisungsfreiheit" erschließe sich nicht; der Beigeladene zu 1 habe frei entscheiden können, an welchen Tagen er im OP tätig sei. Soweit die Beklagte darauf verweise, dass der Beigeladene zu 1 auch deswegen weisungsgebunden gewesen sei, weil seine Anwesenheit vom Fortschritt der OP abhängig gewesen sei, übersehe sie, dass der Beigeladene zu 1 frei gewesen sei, ob und für welche OP er sich überhaupt eintrage. Entgegen der Auffassung der Beklagten handle es sich bei dem zur eigenen Kontrolle des Beigeladenen zu 1 geführten „Arbeitszeitkonto" nicht um eine Schutzbehauptung. Der Beigeladene zu 1 sei auch nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe ein unternehmerisches Risiko getragen. Die seitens der Beklagten bemängelte Honorierung nach Stundensätzen spreche gleichfalls nicht für eine abhängige Beschäftigung, da es sich vorliegend um die Erbringung einer Dienstleistung handle. Auch die Bedeutung der Honorarhöhe sei seitens des SG zutreffend gewertet worden. Die Honorarhöhe sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich in Zweifelsfällen als Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit zu werten, sondern in die Gesamtschau einzustellen und nach der Rechtsprechung des BSG ein „gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit". Folge einer selbstständigen Tätigkeit sei regelmäßig, dass die finanzielle Vorsorge gegen die verschiedentlichen Risiken vollständig selbst getragen werden müsse. Entsprechend müsse ein Gewinn erwirtschaftet werden, der eine solche Vorsorge auch ermögliche.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Berichterstatter des Senats haben am 4. Mai 2022 und 6. Juni 2024 Termine zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt. Im Termin vom 6. Juni 2024 ist S2 als Zeuge vernommen worden. Wegen seiner und der durch den Beigeladenen zu 1 gemachten Angaben sowie des weiteren Inhalts der Erörterungstermine wird auf die Protokolle vom 4. Mai 2022 und 6. Juni 2024 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Beklagte sich gegen die Aufhebung ihrer Bescheide über die Nachforderung von Beiträgen in Höhe von 28.567,47 € wendet und damit der Beschwerdewert von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2015 in der Fassung des Bescheids vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2019 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, einschließlich Umlagen für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in dem Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 nacherhob. Die Beklagte hat, wie das SG zutreffend dargelegt hat, in den angefochtenen Bescheiden keine gesonderte Statusfeststellungsentscheidung im Sinne des § 7a SGB IV getroffen; die Ausführungen zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sind als Begründungselement für die Beitragserhebung im streitbefangenen Zeitraum anzusehen.

3. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat die streitbefangenen Bescheide zu Unrecht aufgehoben. Denn der Bescheid vom 8. Dezember 2015 in der Fassung des Bescheids vom 10. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als OP-Manager/OP-Koordinator und Ärzte-Assistent bei der Klägerin im streitigen Zeitraum zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 28.567,47 € nacherhoben.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig (dazu a). Der Beigeladene zu 1 war im hier streitigen Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 in seiner Tätigkeit für die Klägerin bei dieser abhängig beschäftigt und in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung sozialversicherungspflichtig (dazu b). Es bestand keine Versicherungsfreiheit in den streitbefangenen Versicherungszweigen (dazu c). Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen sind im gerichtlich zu überprüfenden Umfang nicht zu beanstanden (dazu d).

a) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Die vor Erlass des Bescheids vom 8. Dezember 2015 nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung hat die Beklagte mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 vorgenommen.

b) aa) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung gelten nach § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV u.a. die Beiträge in der Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. § 10 AAG stellt die Umlagen zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d Satz 1 SGB IV) sind (BSG, Urteil vom 20. Februar 2024 – B 12 KR 1/22 R – juris, Rn. 11 m.w.N.). Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden nach § 358 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2130) durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht und sind nach § 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 UVMG zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen.

bb) Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 13. März 2023 – B 12 R 6/21 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 1. Februar 2022 – B 12 KR 37/19 R – juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 30. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris, Rn. 15 m.w.N.). Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beigeladene zu 1 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 bei dieser abhängig beschäftigt. Die Klägerin (zuvor R, B & E Klinik GmbH), die ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne von § 108 SGB V betreibt, ist zwar Teil der A1 Gruppe, zu der außerdem die Kliniken K2 und M1 sowie die U1 GbR gehören. Vorliegend hat die Beklagte zu Recht nur ein (konkretes) Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin und nicht etwa mit der „A1 Gruppe“ oder anderen Gesellschaften dieser Gruppe festgestellt. Denn Prüfungsgegenstand nach § 28p Abs. 1 SGB IV war im vorliegenden Fall allein das konkrete Vertragsverhältnis der Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1.

(1) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere den von der Beklagten herangezogenen Unterlagen der Klägerin, insbesondere des „Freien-Mitarbeiter-Vertrags“ mit Anlage 1 „Stellenbeschreibung“, der Honorarrechnungen und Auszüge aus den Zeitkonten sowie der Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 im Rahmen des Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahrens sowie der Aussage des Zeugen S3 im Berufungsverfahren feststellt.

Der Beigeladene zu 1 hat eine Ausbildung zum Krankenpfleger sowie Fachausbildungen zum OP-Pfleger und OP-Manager und eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert. Er war bis 1995 und ab 2006 bei der Klägerin als OP-Leitung abhängig beschäftigt. 2004/2005 erfolgte die Qualifizierung zum OP-Manager. Seit 1989 betreibt er eine eigene Heilpraktiker-Praxis. Ab dem 2. April 2008 wurde der Beigeladene zu 1 für die Klägerin sowie K2 und M1 jeweils auf Grundlage eines „Freien-Mitarbeiter-Vertrags" als „OP-Manager/OP-Koordinator“ und „Assistenz“ der Ärzte der Auftraggeberinnen tätig. Der Beigeladene zu 1 war gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen, die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen an Dritte bedurfte der vorherigen Zustimmung der Klägerin. Der Beigeladene zu 1 hat seine Tätigkeit auf Wunsch der Klägerin überwiegend in deren Räumlichkeiten ausgeübt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 vereinbarten weiter, dass der Beigeladene zu 1 wenigstens 13 Stunden /Woche bei einer 5-Tage-Woche für die Klägerin tätig wurde und dass hiervon 60% auf reine OP-Tätigkeiten entfallen und 40% auf administrative Tätigkeiten. Die Klägerin stellte dem Beigeladenen zu1 die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung. Der Beigeladene zu 1 war berechtigt, auch für dritte Arbeitgeber tätig zu werden, soweit hierdurch seine Leistungserbringung gegenüber der Klägerin nicht beeinträchtigt wird. Als Vergütung wurde ein Stundenhonorar von 33,00 € und eine jährliche Erhöhung um 3 % ab dem 1. April 2009 vereinbart. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub wurden abbedungen. Das Vertragsverhältnis wurde unbefristet geschlossen mit einem Kündigungsrecht beider Vertragspartner mit einer Frist von drei Monaten zum 30. Juni und 31. Dezember eines Jahres. Vertraglich wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Vertragspartner von der Möglichkeit eines Anstellungsvertrages in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht haben. Dem freien Mitarbeiter sollte die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Als Anlage 1 enthält der Freie-Mitarbeiter-Vertrag eine Stellenbeschreibung der Tätigkeit des OP-Mangers/OP-Koordinators; wegen der Einzelheiten der Stellenbeschreibung wird auf Bl. 317 ff. VA Bezug genommen.

Der Beigeladene zu 1 nahm seine Tätigkeit in den Klinikräumen der Klägerin in der Regel arbeitstäglich zwischen 6:30 Uhr und 7:00 Uhr auf und verrichtete zunächst „Bürotätigkeit“. Er stellte die Anwesenheit der Patienten für die anstehenden Operationen fest. Bei unklarem Gesundheitszustand führte er eine Voruntersuchung durch und berichtete dem zuständigen OP-Arzt. Um 8:00 Uhr wurde der Operationsbetrieb aufgenommen. Der Beigeladene zu 1 assistierte den Ärzten – je nach der von ihm selbst vorgenommenen Einteilung in den OP-Plan – bei den Operationen. Die Assistenztätigkeit umfasste vorbereitende Maßnahmen wie visuelle Kontrolle des OP-Gebiets auf Veränderungen der Haut, die Kontrolle der benötigten Begleitpapiere für die OP, wie bspw. Einverständniserklärungen, die Desinfektion und sterile Abdeckung, die Präparation von Sehnen und Bändern, das Freihalten des OP-Situs von Blut und anderen Flüssigkeiten, den Verschluss des OP-Gebiets mittels Naht, das Anlegen eines sterilen Verbandes und Schienen. Nach den Operationen erledigte der Beigeladene zu 1 administrative Tätigkeiten, führte Telefonate und erstellte abschließend den OP-Plan für den nächsten Tag, der grundsätzlich bis 12:00 Uhr des Vortrages erstellt sein musste. Für die Erstellung der OP-Pläne nutze der Beigeladene zu 1 das klinikinterne Internetsystem, in das er sich mit einem eigenen Passwort einloggen konnte. Die erforderlichen Daten, wie bspw. die Abwesenheitsplanung der Ärzte, wurden ihm durch die Klägerin zur Verfügung gestellt. Die OP-Planung nahm der Beigeladene zu 1 sowohl in den Räumen der Klägerin als auch an seinem häuslichen Arbeitsplatz vor. Der Beigeladene zu 1 nahm an OP-Besprechungen mit Schnittstellen, wie beispielsweise mit Anästhesie und der Zentralsterilisation, teil. Die Tätigkeit beendete der Beigeladene zu 1 in der Regel zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr.

Der Beigeladene zu 1 erfasste die Zeiten in einem Arbeitszeitkonto, das für die Kliniken der A1 Gruppe gemeinsam geführt wurde. Die Tätigkeit für die gesamte A1-Gruppe umfasste im streitbefangenen Zeitraum durchschnittlich 200 Stunden im Monat, wovon 70 Stunden im Monat auf die Tätigkeit bei der Klägerin entfielen. Er teilte in der Regel die Stundenanzahl aus dem Arbeitszeitkonto durch drei und teilte die Stunden auf die drei verschiedenen Auftraggeberinnen auf.

Die erbrachten Leistungen stellte der Beigeladene zu 1 der Klägerin monatlich in Rechnung, wobei die Stunden für OP-Management und für OP-Fachpflege jeweils gesondert ausgewiesen und abgerechnet wurden. Der Stundenlohn betrug von Januar bis März 2011 35,00 €, von April 2011 bis März 2012 36,05 €, von April 2011 bis März 2013 37,13 €, von April 2013 bis September 2013 für OP-Management 38,24 € und für OP-Fachpflege 37,13 €, von Oktober 2013 bis März 2014 jeweils 38,24 € und von April 2014 bis Dezember 2014 jeweils 39,38 €. Auf die für OP-Management abgerechneten Stunden erhob er Umsatzsteuer in Höhe von 19 %. Im überwiegenden Zeitraum rechnete der Beigeladene zu 1 insgesamt 70 Stunden ab, wovon 28 Stunden auf OP-Management und 42 Stunden auf OP-Fachpflege entfielen. Abweichend hiervon rechnete der Beigeladene zu 1 im Januar, Februar und April 2011 insgesamt 65 Stunden (26 Stunden OP-Management und 39 Stunden OP-Fachpflege), im Mai 2011 insgesamt 75 Stunden (30 Stunden OP-Management und 45 Stunden OP-Fachpflege) und im März 2012 insgesamt 80 Stunden (32 Stunden OP-Management und 48 Stunden OP-Fachpflege) ab. Wegen der Abrechnungen im Einzelnen wird auf Bl.19/66 VA Bezug genommen

Urlaub nahm der Beigeladene zu 1 im streitbefangenen Zeitraum nicht. In Zeiten, in denen er nicht für die Klägerin tätig sein wollte, teilte er sich nicht in die OP-Pläne ein. Hinsichtlich der Erstellung der OP-Pläne leistete er eine grobe Vorarbeit. Darüber hinaus arbeitete eine Mitarbeiterin der Klägerin ihm zu.

Auf der Homepage der A1 Sportklinik und Klinik war der Kläger als Bereichsleiter der Abteilung „OP-Management“ aufgeführt; er war unter einer eigenen Durchwahl und einer E-Mail-Adresse der Klägerin zu erreichen.

Für Auftraggeber, die nicht zu der A1-Gruppe gehörten, war der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum nicht tätig.

Der Beigeladene zu 1 beschäftigte im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ab dem 1. Mai 2008 F1 (Arbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte zwischen OP Fachpflege & Management K3 F1 vom 22. April 2008). Sie war zuständig für die Rechnungsstellung und das Überweisen anfallender Rechnungen, für den Schriftverkehr mit Kunden, Lieferanten und Behörden, für das Zeitmanagement und die Wiedervorlagen, Datenpflege und Datenerfassung, Internetrecherche und die Erstellung und Bearbeitung von Word- und Excel-Dokumenten. Der Beigeladene zu 1 hatte ein häusliches Arbeitszimmer, in dem sich diverse Büromöbel, PC und Laptop mit Internetzugang, Drucker, Scanner, Kopierer und ein Mobiltelefon befanden, eingerichtet, das er und seine Mitarbeiterin benutzten.


(2) Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls, wie sie sich aus den vorstehenden tatsächlichen Feststellungen ergeben, übte der Beigeladene zu 1 im streitigen Zeitraum seine Tätigkeit für die Klägerin sowohl als OP-Manager/OP-Koordinator als auch als Assistent der Ärzte der Klägerin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus.

(a) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sind im vorliegenden Fall die schriftlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. Zwischen ihnen war in dem „Freie-Mitarbeiter-Vertrag“ vereinbart, dass der Beigeladene zu 1 ab dem 2.
 April 2008 unbefristet mit der Ausführung der Tätigkeiten als OP-Manager/OP-Koordinator betraut wird sowie den Ärzten der Klägerin als Assistenz zur Verfügung stehen sollte. Zwischen den Vertragspartnern wurde damit ein Dauerschuldverhältnis begründet. Die Vereinbarung geht über einen Rahmenvertrag, der lediglich die allgemeine Grundlage für die Abwicklung einzelner Aufträge enthalten würde, hinaus. Dem Beigeladenen zu 1 wurde durch den Vertrag vielmehr ein fester Aufgabenbereich innerhalb der Betriebsorganisation der Klägerin übertragen. Die unter § 1 Ziff. 1 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags mit „OP-Manager/OP-Koordinator“ und „Assistenz“ der Ärzte umschriebene Tätigkeit wurde in der Stellenbeschreibung in Anlage 1 des Vertrags, die gemäß § 1 Ziff. 1 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags ausdrücklich zum wesentlichen Vertragsbestandteil gemacht wurde, hinsichtlich der Tätigkeit als OP-Manager/OP-Koordinator präzisiert. Die Stellenbeschreibung umfasst neben der Zielsetzung der Stelle, der Aufgaben und Verantwortungsbereiche, die wiederum nach patienten-, personal-, betriebs- und organisationsbezogenen Aufgaben und der Zusammenarbeit mit anderen Bereichen untergliedert sind, besondere Befugnisse und Verpflichtungen. Neben diesen konkret genannten Tätigkeiten behielt sich die Klägerin in § 1 Ziff. 2 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags vor, den Beigeladenen zu 1 auch mit solchen Aufgaben zu beauftragen, die in der Stellenbeschreibung nicht aufgeführt waren, diesem jedoch aufgrund seiner beruflichen Ausbildung und seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar waren. Dem Beigeladenen zu 1 wurden daher nicht einzelne Aufträge, etwa konkret einzelne Operationen, bei denen er assistieren sollte, oder die allgemeine Strukturierung der OP-Planung, sondern die gesamte OP-Planung und -Koordination sowie grundsätzlich OP-Assistenztätigkeiten übertragen. Darüber hinaus behielt sich die Klägerin vor, den Beigeladenen zu 1 mit anderen Aufgaben zu beauftragen. Bereits in dieser (einseitigen) Übertragungsbefugnis zeigt sich ein Weisungsrecht der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1.

In dem zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 geschlossenen „Freien-Mitarbeiter-Vertrag“ kommt der formulierte Wille der Beteiligten zum Ausdruck, gerade keine abhängige Beschäftigung begründen zu wollen. In § 2 Ziff. 1 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags wird ausdrücklich betont, dass der Beigeladene zu 1 die ihm übertragenen Aufträge nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Berufsausübung selbstständig und eigenverantwortlich ausführt und bei der Durchführung der ihm übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Klägerin unterliegt, jedoch deren Interessen zu berücksichtigten hat. Auch die weitere Ausgestaltung des Vertrags trägt dem Willen, gerade kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen, Rechnung. So wurden typische Arbeitnehmerrechte, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsanspruch, in § 7 ausdrücklich abbedungen. In § 11 wird schließlich ausdrücklich festgehalten, dass die Vertragspartner von der Möglichkeit eines Anstellungsvertrags „in Anwendung der Grundsätze der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht haben.“ Dem Beigeladenen zu 1 sollte „vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden“. Allerdings kommt es auf den Willen der Vertragsparteien nur dann entscheidend an, wenn die tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbstständigkeit und für eine Beschäftigung sprechen (BGS, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R – juris, Rn. 13, BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 26 m.w.N.). Denn die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung entsteht bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen aufgrund des besonderen Schutzzwecks der Sozialversicherung kraft Gesetzes und ist der vertraglichen Disposition von Auftraggeber und Auftragnehmer entzogen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R – juris, Rn. 22; BSG, Beschluss vom 23. Januar 2018 – B 12 KR 55/17 B – juris, Rn. 11). Dies schließt es aus, über die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit allein anhand der von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen zu entscheiden (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R – juris, Rn. 23). Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbstständigkeit muss mithin vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können.

Nach diesen Grundsätzen kommt dem Umstand, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1 ihr Rechtsverhältnis als freie Mitarbeit bezeichneten und ausdrücklich keine abhängige Beschäftigung begründen wollten, im Streitfall keine entscheidende Bedeutung zu. Denn bei näherer Betrachtung der vertraglichen Absprachen und der tatsächlichen Ausgestaltung des Verhältnisses überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit eindeutig die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale.


(b) (aa) Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 als OP-Manager/OP-Koordinator und „Ärzte-Assistent“ bei der Klägerin war seine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin in zentralen Punkten. Dies stellt ein eigenständig zu betrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 24 und 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 28). Maßgeblich ist, dass der Auftragnehmer in einer seine Tätigkeit prägenden Weise in den „Betriebsablauf“ des Auftraggebers eingegliedert ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 24), er sich also in eine vorgegebene, fremdbestimmte Arbeits- und Ablauforganisation im Sinne einer Steuerung des Arbeitsablaufs durch organisatorische und koordinierende Maßnahmen durch den Auftraggeber einfügt. Die Eingliederung in die Arbeitsabläufe einer Klinik setzt voraus, dass die Tätigkeit innerhalb der vorgegebenen Organisationsabläufe erbracht wird, also deren Einrichtungen sowie Betriebsmittel genutzt werden und arbeitsteilig mit dem Klinikpersonal in vorhandenen Strukturen zusammengearbeitet wird (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 12 R 10/21 R – juris, Rn. 20 m.w.N.).

Eine entsprechende Eingliederung bei der Klägerin ist hinsichtlich beider Tätigkeitsbereiche des Beigeladenen zu 1 festzustellen.

Hinsichtlich der Assistenztätigkeit während der Operationen war der Kläger Teil eines arbeitsteilig zusammenwirkenden OP-Teams, zu dem neben dem Operateur und dem Anästhesisten eine Operationstechnische Assistentin (OTA) am Tisch, eine OTA, die die Instrumente anreicht, ein Lagerungspfleger und – je nach Größe und Umfang der Operation – bis zu drei Assistenten gehörten. Dies entnimmt der Senat der Aussage des Zeugen S3. Die Aufgaben der Assistenten sind nach der Aussage S3, die durch den Beigeladenen zu 1 bestätigt wurden, weit gefächert und reichen vom Beginn der OP mit dem Setzen des Hautschnitts bis zu deren Beendigung mit dem Schließen der Naht. Welche Aufgaben an den Assistenten übertragen werden, entscheidet der Operateur anhand des Ausbildungsgrades des Assistenten. Dem Beigeladenen zu 1 wurde beispielsweise bei Operationen des vorderen Kreuzbandes, bei denen die Sehnen entnommen und bis zum Wiedereinsetzten präpariert werden, die Präparation übertragen. Auch wurde ihm nach dem Einsetzen künstlicher Gelenke das Schließen und Nähen der einzelnen Hautschichten übertragen. Der Beigeladene zu 1 war als Teil des OP-Teams in die Betriebsabläufe der Klägerin eingegliedert. Er hatte während der OP keinen inhaltlichen oder zeitlichen Gestaltungsspielraum, die (Letzt-)Entscheidungen oblagen allein dem Operateur.
Die Notwendigkeit der Eingliederung des Beigeladenen zu 1 als Assistent der operierenden Ärzte ergibt sich damit bereits aus der Natur der Sache. Darüber hinaus sind Operationen so gestaltet, dass die einzelnen Mitglieder des OP-Teams nicht kommen und gehen können, wann sie möchten. Es erfolgt eine Zusammenarbeit mit den Ärzten sowie weiterem Pflegepersonal. Der Beigeladene zu 1 unterlag insoweit den hygienischen Bestimmungen der Klinik und den Anweisungen des behandelnden Arztes. Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1 sich selbst für die Operationen eingeteilt hat, ändert an der Eingliederung als Ärzte-Assistent nichts; nach der Einteilung und damit nach Übernahme eines Dienstes war er in die Abläufe eingegliedert. Allein hierauf kommt es an.

Hinsichtlich der Tätigkeit als OP-Manager/OP-Koordinator ergibt sich die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin daraus, dass der Beigeladene zu 1 nicht etwa einen abgegrenzten Teil von Bürodienstleistungen übernahm, deren Bearbeitung seitens der Klägerin mangels eigener Kapazitäten ausgelagert wurde. Vielmehr war der Beigeladene zu 1 eigenverantwortlich dafür zuständig, im Interesse der Klägerin alle erforderlichen Arbeiten im Zusammenhang mit der OP-Planung und -Koordination zu erledigen. Auch bei der Erstellung der OP-Pläne und der OP-Koordination arbeitete der Beigeladene zu 1 mit den Mitarbeitern der Klägerin arbeitsteilig zusammen; insbesondere unterstützte ihn als Assistentin Frau S4 sowohl im Hinblick auf die OP-Vorbereitungen als auch bei der Erstellung der OP-Pläne. Sie war, wie der Zeuge S3 bestätigte, Ansprechpartnerin, wenn der Beigeladene zu 1 nicht erreichbar war. Auch im Hinblick auf die OP-Koordination und das OP-Management war der Beigeladene zu 1 in die Betriebsabläufe der Klägerin eingegliedert. Für die Erstellung der OP-Pläne nutze der Beigeladene zu 1 das klinikinterne Internetsystem, in das er sich mit einem eigenen Passwort einloggen musste. Die erforderliche Software wurde ihm, ohne dass er hierfür ein Nutzungsentgelt entrichten musste, ebenso wie die notwendigen Daten, wie bspw. die Abwesenheitsplanung der Ärzte oder die voraussichtliche Dauer der Operationen, durch die Klägerin zur Verfügung gestellt; auch insoweit zeigt sich die Eingliederung in die personellen und betrieblichen Abläufe der Klägerin (zur Eingliederung bei der kostenfreien Nutzung für die Dienstleistung unentbehrlicher Betriebsmitteln vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2024 – B 12 BA 9/22 R – juris, Rn. 18). Diese Eingliederung lässt sich auch der Stellenbeschreibung entnehmen. Als „patientenbezogene Aufgaben“ (Ziff. 4 a) werden u.a. „- Unterstützung des OP-Tams vor, während und nach operativen Eingriffen; - Überwachung und Koordination der Arbeitsabläufe im Zuständigkeitsbereich“ genannt; unter „personalbezogene Aufgaben“ (Ziff. 4 b) wird aufgelistet: „- Mitarbeiter sollen angeleitet werden, dass sie motiviert, zufrieden, selbständig (in Abhängigkeit zu ihrer beruflichen Qualifikation und ihren persönlichen Fähigkeiten) und verantwortungsbewusst arbeiten; - Abstimmung des Personaleinsatzes in den Funktionsdiensten mit den Leitungen OP, Anästhesie und der PDK; - Harmonisierung und Anpassung der Arbeitszeiten der Im OP-Bereich arbeitenden Mitarbeiter; - Hilfestellung und Anleitung bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter (bei Bedarf), - Anleitung der Mitarbeiter bei der Einführung neuer Instrumente und OP-Techniken (bei Bedarf); - Koordination und Abstimmung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in Absprache mit der OP-Leitung und er PDL; - Führen von Mitarbeitergesprächen (bei Bedarf); - Teilnahme an Abteilungsleiterbesprechungen und Weitergabe wichtiger Informationen an die Mitarbeiter“; als „betriebsbezogene oder organisationsbezogene Aufgaben“ (Ziff. 4 c) werden genannt: „- Mitkoordination der OP-Planung einschließlich der Erstellung des OP-Tagesprogramms; - Steuerung und Überwachung von Materialwirtschaft und Logistik (bei Bedarf); - Steuerung der Leistungsdokumentation; - Mitarbeit im Qualitätsmanagement; - Abstimmung des Personaleinsatzes im OP mit der OP-Leistung und der PDL, - Mitarbeit in der OP-Steuergruppe; - Arbeitsablauf und Arbeitsorganisation sind unter Beachtung wirtschaftlicher Kriterien zu planen und durchzuführen; - Sicherstellung und Überwachung der Hygienevorschriften, Strahlenschutzbestimmungen, Unfallverhütungsmethoden, med. GV und sonstiger gesetzlicher Bestimmungen in Abstimmung mit den Hygiene- und Sicherheitsbeauftragten; - Bereitstellung, Überwachung und angemessene Lagerhaltung von Materialien, Sterilgut und Instrumenten (bei Bedarf); - Koordination von Reparaturen und Wartungen im OP-Bereich in Abstimmung mit der OP-Leitung; - sachgerechte und pflegliche Behandlung von Instrumenten, Geräten, Apparaten und Zubehör.“ Selbst wenn, wie die Klägerin vorträgt, der Beigeladene zu 1 einzelne Aufgaben nicht wahrgenommen, beispielsweise nie an einer Abteilungsleiterbesprechung teilgenommen und weder die Überwachung der Materialwirtschaft und Logistik noch Reparaturen und Wartungen im OP-Bereich übernommen hat, ergibt sich aus den in der Stellenbeschreibung aufgelisteten Aufgaben dessen betriebliche Eingliederung. Er war laut Stellenbeschreibung (Ziff. 4 d) „zentraler Ansprechpartner für den gesamten OP-Bereich“ und für die „Koordination der Arbeitsabläufe mit den angrenzenden Schnittstellen“ verantwortlich. In diesem Zusammenhang waren ihm unter Ziff. 5 der Stellenbeschreibung besondere Befugnisse und Verpflichtungen (z.B. Delegation von Arbeiten an die Mitarbeiter unter Berücksichtigung von Qualifikation und Fähigkeiten sowie unter Beachtung der von der Geschäftsführung jeweils eingeräumten fachlichen Weisungsbefugnis; Änderung erstellter Dienstpläne und Anordnung von Überstunden in berechtigten Situationen unter Beachtung der von der Geschäftsführung jeweils eingeräumten fachlichen Weisungsbefugnis) eingeräumt worden. Insgesamt ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Stellenbeschreibung nicht das Gesamtbild eines selbstständigen Dienstleisters, sondern eines in den Gesamtbetrieb der Klägerin eingegliederten (leitenden) Mitarbeiters.

Auch nach außen ist der Beigeladene zu 1 nicht als Selbstständiger aufgetreten, vielmehr wurde er auf der Homepage der Beklagten als Bereichsleiter „OP-Management“ geführt und war unter einer eigenen Durchwahl und einer E-Mail-Adresse der Klägerin zu erreichen.

Der Kläger war nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich in die Betriebsabläufe der Klägerin eingegliedert. Dies ergibt sich hinsichtlich der Assistenten-Tätigkeit bereits aus dem Umstand, dass er eine laufende Operation nicht verlassen konnte und hinsichtlich deren Beginn und Dauer nach Übernahme des Dienstes in den fremdbestimmten Ablauf eingegliedert war. Der OP-Plan musste außerdem für den folgenden Tag um 12:00 Uhr abgeschlossen sein; die Operationen begannen täglich um 8:00 Uhr. An diesen durch die Klägerin vorgegebenen Zeiten musste der Beigeladene zu 1 zwar nicht zwingend anwesend sein, da er die Einteilung der OP-Assistenz selbst vornahm und sich auch hätte zu einem späteren Zeitpunkt einteilen können, aus den Zeitabrechnungen ergibt sich jedoch, dass der Beigeladene zu 1 in aller Regel einen sehr geregelten Arbeitsablauf hatte, die Tätigkeit zwischen 6:30 Uhr und 7:00 Uhr aufnahm und in der Regel zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr beendete. Durch diese faktische Ausgestaltung der zeitlichen Arbeitszeit relativiert sich die Regelung in § 3 Ziff. 2 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags, in der vereinbart wurde, dass der Beigeladene zu 1 nicht an eine regelmäßige Arbeitszeit gebunden sei. Rein tatsächlich stellt sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in zeitlicher Hinsicht als vollständig in die zeitlichen Abläufe der Klägerin eingegliedert dar. Gegen eine maßgebliche zeitliche Dispositionsbefugnis spricht auch die weitere Vereinbarung, dass der Beigeladene zu 1 wenigstens 13 Stunden/Woche bei einer 5-Tage Woche für die Klägerin tätig werden sollte, und dass der Beigeladene zu 1 seine Arbeitszeit so zu planen hatte, dass hiervon 60% auf reine OP-Tätigkeiten entfallen und 40% auf administrative Tätigkeiten fielen (§ 3 Ziff. 2 des Freien-Mitarbeiter-Vertrag).


Hinsichtlich der Wahl des Arbeitsortes war der Beigeladene zu 1 in Bezug auf die Tätigkeit als OP-Koordinator weitestgehend frei und genoss auch weitgehende Freiheiten hinsichtlich der Arbeitszeiten. Dies ist indes bei leitenden Angestellten nicht unüblich. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1 trotz der freien Wahl seines Arbeitsplatzes zur Erfüllung seiner vertraglich vorgegebenen Tätigkeit ständig auf die Daten, Informationen und Unterlagen der Klägerin angewiesen war. Seine Tätigkeit war nur denkbar, wenn er mit dem ärztlichen und nicht-ärztlichen Personal der Klägerin in ständigem Kontakt stand, da er nur hierdurch in der Lage war, die OP-Pläne zu erstellen.

Eine Eingliederung in die Betriebsabläufe der Klägerin zeigt sich auch insoweit, als die Organisation einer Ersatzkraft bei Ausfall des Beigeladenen zu 1 allein der Klägerin oblag, nicht aber im Aufgabenbereich des Beigeladenen zu 1 lag.

Durch die (unentgeltliche) Nutzung der Organisationsstrukturen, der Einrichtungen sowie personellen und sächlichen Betriebsmittel der Klägerin war der Beigeladene zu 1 letztlich in einer seine Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Klinikbetrieb der Klägerin eingegliedert (zum Notarzt im Rettungsdienst vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R – juris, Rn. 31).

(bb) Dass der Beigeladene zu 1 seine Leistungen im Übrigen im Wesentlichen in eigener Verantwortung erbrachte, steht der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin nicht entgegen. Denn die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Vielmehr kommt dem Kriterium der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Betriebs gerade in solchen Fällen eine eigenständige Bedeutung zu, in denen – wie typischerweise bei hochqualifizierten oder spezialisierten Dienstnehmern – die Weisungsgebundenheit auf stärkste eingeschränkt und zur „funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert ist (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 KR 11/18 R – juris, Rn. 29, BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R – juris, Rn. 29; Senatsurteil vom 16. Juli 2021 – L 4 BA 75/20 – juris, Rn. 79). Dem Beigeladenen zu 1 wurden keine konkreten Einzelanweisungen erteilt. Das Weisungsrecht wurde vielmehr in der vertraglichen Vereinbarung vorweggenommen. Im Vertrag über die freie Mitarbeit und der Stellenbeschreibung, die zum Vertragsgegenstand wurde, wurden die Einzelleistungen, wie oben dargelegt, konkret benannt. Darüber hinaus waren bei den durch den Beigeladenen zu 1 ausgeübten Tätigkeiten keine weiteren Einzelweisungen erforderlich.

Hinsichtlich der Tätigkeit als Ärzte-Assistent verrichtete der Beigeladene zu 1 Arbeiten, die typischerweise dem Bereich einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnen sind. Er übernahm – vertraglich vereinbart – für die Klägerin bzw. deren Ärzte-Assistenztätigkeiten und verrichtete damit Arbeiten, die gewöhnlich von in dem Betrieb funktionsgerecht dienenden eingegliederten Mitarbeitern erbracht werden. Im Rahmen dieser Aufgaben unterschied sich seine Tätigkeit letztlich qualitativ nicht von der Arbeit von Assistenzkräften, die üblicherweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt wird (vgl. zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris, Rn. 30). Soweit das SG eine Weisungsfreiheit angenommen hat, weil der Beigeladene zu 1 es selbst in der Hand hatte, für welche OP er sich in die entsprechenden Pläne eintrug und ihm damit auch die Entscheidungskraft hinsichtlich Dienstbeginn und Dienstende oblag, verkennt es, dass maßgeblich auf die Umstände und die Weisungsgebundenheit nach Übernahme eines Dienstes bzw. im vorliegenden Fall nach der Einteilung für einen Dienst abzustellen ist. Innerhalb der betrieblich vorgegebenen Ordnung hatte der Beigeladene zu 1 nach Übernahme eines Dienstes/nach Einteilung für den Dienst keine ins Gewicht fallenden Freiheiten hinsichtlich Gestaltung und Umfang seiner Arbeitsleistung (vgl. BSG; Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris, Rn. 31 f.).

Hinsichtlich der OP-Koordination wurde dem Beigeladenen zu 1 nach den übereinstimmenden und glaubwürdigen Angaben der Beteiligten keine konkreten Weisungen erteilt; er hatte insoweit im Wesentlichen freie Hand. Dies entspricht der Aufgabenwahrnehmung eines leitenden Angestellten. Konkrete Einzelweisungen waren mit Blick auf die vertraglichen Vorgaben auch nicht erforderlich.

Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht darüber hinaus, dass der Beigeladene zu 1 gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet war, die Arbeitsleistung grundsätzlich höchstpersönlich zu erbringen. Nach der Rechtsprechung stellt die Pflicht, die Leistung persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, (BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 – juris, Rn. 27, BSG, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R — juris, Rn. 22). Zu beachten ist vorliegend, dass der Beigeladene zu 1 nach § 3 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages über die freie Mitarbeite dazu berechtigt war, Dritte in die Leistungserbringung einzuschalten. Die Möglichkeit, die Leistungserbringung auf eine dritte Person zu delegieren, ist dem Arbeitnehmerstatus grundsätzlich fremd. Dieser Umstand stellt damit eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 — B 12 KR 16/13 R —juris, Rn. 33). Allerdings ist insoweit zu beachten, dass von der Übertragungsmöglichkeit auf Dritte kein Gebrauch gemacht wurde, die Klägerin vielmehr darauf bestand, dass der Beigeladene zu 1 aufgrund seiner besonderen Qualifikation das OP-Management selbst ausführte. Insoweit ist diesem Indiz kein besonderes Gewicht beizumessen.

 


(cc) Ebenso unerheblich für das Gesamtbild der Tätigkeit ist, dass der Beigeladene zu 1 sein Arbeitsentgelt durch Rechnungen geltend machte. Dies stellt eine formale Äußerlichkeit der Entgeltzahlung dar und ist für die Einordung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend. Letztlich ist dies ebenso wie die Abgabe von Gewerbeanmeldungen, die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) typisch bei Scheinselbstständigkeit und beruht auf der Tatsache, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, was nicht (allein) ausschlaggebend ist.

(dd) Es kann dahinstehen, ob der vereinbarte Stundenlohn von zunächst 33,00 € (im streitigen Zeitraum zwischen 35,00 € und 39,38 €) tatsächlich, wie das SG angenommen hat, überdurchschnittlich hoch war. Die Honorarhöhe ist grundsätzlich nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – juris, Rn. 50). Sie ist als Ausdruck des Parteiwillens zu werten, wobei, wie bereits dargelegt, dem Willen der Vertragsparteien jedoch generell nur dann überhaupt eine potentielle Bedeutung zukommt, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Die Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Honorarhöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht „freikaufen" kann. Ebenso führt eine überlegene Verhandlungsposition von Auftragnehmern schon aus Gleichbehandlungsgründen für sich genommen nicht dazu, dass sie aufgrund möglicher Eigenvorsorge aus den Pflichtversicherungssystemen entlassen wären. Das Recht der Sozialversicherung wird beherrscht vom Grundsatz der Solidarität aller abhängig Beschäftigten. Dieser Grundsatz schließt es aus, die Versicherungspflicht über die gesetzlich geregelten Tatbestände hinaus von einem individuellen Schutzbedürfnis abhängig zu machen, zumal dieses Schutzbedürfnis sich beim Einzelnen im Laufe der Zeit wandeln kann. Wenn die Versicherungspflicht solchen Wandlungen folgen würde, wäre die Gefahr einer negativen Risikoauslese gegeben (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris, Rn. 36f. m.w.N.). Der Höhe des Honorars kommt mit Blick auf die Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in den Betrieb der Klägerin vorliegend mithin keine relevante Bedeutung zu.

(ee) Der Beigeladene zu 1 trug im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin entgegen der Auffassung des SG kein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, was ebenfalls im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, u.a. Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 4979/15 – juris, Rn. 46). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36).

Der Beigeladene zu 1 setzte zunächst seine eigene Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Denn er erhielt, wie oben festgestellt, eine rein arbeitsbezogene, feste Vergütung für tatsächlich geleistete Dienste in Form einer Vergütung nach geleisteten Stunden. Das Risiko, mangels Auftragserteilung durch die Klägerin nicht wie gewünscht arbeiten zu können, stellt kein Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist (Senatsurteil vom 16. Juli 2021 – L 4 BA 75/20 – juris, Rn. 81 m.w.N.). Eine Kündigungsmöglichkeit, die jeden Arbeitnehmer trifft, stellt ebenfalls kein unternehmerisches Risiko dar.

Unabhängig davon, dass auch das Risiko, keine Dienste mehr angeboten zu bekommen, für die Statusbeurteilung der Tätigkeit bei jeweils gesondert zu betrachtenden Einzeldiensten irrelevant wäre (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36, m.w.N.), war der Beigeladene zu 1 auch diesem Risiko nicht ausgesetzt. Durch den Freien-Mitarbeiter-Vertrag war ein Dauerschuldverhältnis mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum 30. Juni bzw. 31. Dezember begründet worden. Der Beigeladene zu 1 konnte sich für die Assistenztätigkeit selbst einplanen und hatte damit auch den Umfang der Tätigkeit und damit das von ihm zu erzielende Entgelt in der Hand. Für den Beigeladenen zu 1 bestanden gleichwohl keine signifikanten unternehmerischen Freiheiten und Chancen. Für ihn bestand nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick seine Arbeit so effizient zu gestalten, dass er das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu seinen Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 34). Indem er sich selbst für die Assistenztätigkeit in die OP-Pläne einteilte, hatte der Beigeladene zu 1 zwar die Möglichkeit, seinen Gewinn zu steigern. Diese Möglichkeit war aber gedeckelt durch die vertragliche Vereinbarung, nach der die Assistenz-Tätigkeit 60 v.H., die Tätigkeit als OP-Koordinator/OP-Manager 40 v.H. der Gesamttätigkeit ausmachen sollte.

Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin erforderte hinsichtlich der Assistenz-Tätigkeit keinerlei eigene Betriebsmittel; diese wurden dem Beigeladenen zu 1 – was sich schon aus der Natur der Sache ergibt – durch die Klägerin zur Verfügung gestellt. Hinsichtlich der OP-Koordination waren keine relevanten Betriebsmittel erforderlich. Dass der Beigeladene zu 1 ein eigenes Laptop und ggf. Smartphone nutzte, begründet kein unternehmerisches Risiko. Zwar kommt dem Einsatz eigenen Kapitals im Dienstleistungssektor eine geringere Bedeutung als bspw. im verarbeitenden Gewerbe zu, so dass der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel keine notwendige Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23), weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbstständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 3/12 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 95). Das Fehlen größerer Investitionen ist bei reinen Dienstleistungen daher kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen ein unternehmerisches Tätigwerden (zu dem Kriterium BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R – juris, Rn. 42). Der geringe Einsatz eigenen Kapitals spricht aber auch nicht für eine selbstständige Tätigkeit.

Soweit das SG ein Unternehmerrisiko deswegen angenommen hat, weil der Beigeladene zu 1 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ab dem 22. April 2008 (und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Freien-Mitarbeiter-Vertrags zum 2. April 2008) eine Mitarbeiterin beschäftigt hat, überzeugt dies den Senat nicht. Die Mitarbeiterin, mit der der Beigeladene zu 1 zusammen lebte, kümmerte sich nach Angaben des Beigeladenen zu 1 um administrative Sachen und das Rechnungswesen. Sie schrieb Rechnungen und erledigte Bürotätigkeiten. Für den Senat ist nicht ersichtlich, welche Bürotätigkeiten (außer dem Schreiben der Rechnungen) die Mitarbeiterin für den Beigeladenen zu 1 im Hinblick auf die Tätigkeit bei der Klägerin ausgeführt hat. Die OP-Planung erfolgte durch den Beigeladenen zu 1 persönlich und mit Unterstützung der Mitarbeiterin der Klägerin S4. Darüber hinaus fielen insoweit keine relevanten Bürotätigkeiten an. Die Gefahr, dass der Beigeladene zu 1 kein Einkommen erzielen würde, um das Gehalt für die von ihm auf geringfügiger Basis Beschäftigte bezahlen zu können, bestand darüber hinaus nicht, da er – wie dargelegt – in der Lage war, durch die Anzahl der übernommenen Dienste jedenfalls ein deutlich über dem Gehalt F2 liegendes Gehalt zu erzielen.

Das vertraglich vereinbarte Haftungsrisiko für vom Beigeladenen zu 1 selbst verursachte Schäden beinhaltete nicht das typische unternehmerische Risiko, Betriebsmittel vorzuhalten, also deren Anschaffungs- und laufende Kosten auf die Gefahr hin zu tragen, dass diese nicht eingesetzt werden (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 76/79 – juris, Rn. 22). Die bloße Belastung mit Risiken, wenn die Verwertung der Arbeitskraft im Vordergrund steht, spricht nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris, Rn. 27; Segebrecht, a.a.O., Rn. 102 m.w.N.). Dies war beim Beigeladenen zu 1, wie oben dargestellt, nicht der Fall.


(ff) Dass der Beigeladene zu 1 über eigene Büroräume verfügte, in dem er seine Tätigkeit auch verrichtete, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn auch abhängig Beschäftigte können ihre Tätigkeit in ihren Privaträumen im Rahmen des Homeoffice ausüben. Soweit er für die Tätigkeit auch einen eigenen PC, Internetanschluss und eine Büroausstattung benutzte, stellt diese Nutzung kein Betriebsrisiko dar, da die entsprechenden Gegenstände mittlerweile auch von vielen Privathaushalten vorgehalten werden und seitens des Beigeladenen zu 1 auch im Rahmen seiner Heilpraktiker-Praxis genutzt wurden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene zu 1 speziell für die hier streitgegenständliche Tätigkeit Räumlichkeiten angemietet oder eingerichtete hätte, zumal er, wie den Zeitkonten zu entnehmen ist, die Tätigkeit ganz überwiegend in den Räumlichkeiten der Klägerin ausgeübt hat.

(gg) Für eine selbstständige Tätigkeit spricht grundsätzlich das Fehlen arbeitnehmertypsicher Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25 f.). Solche Vertragsgestaltungen sind allerdings auch konsequent, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollen (etwa Senatsurteil vom 20. März 2023 – L 4 BA 2021/21 – juris, Rn. 53; Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N.). Angesichts dessen lässt sich aus dem Umstand, dass die Beteiligten im Freien-Mitarbeiter-Vertrag keine Ansprüche auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geregelt haben, kein für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechender Gesichtspunkt herleiten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw. Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen. Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen – insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten – bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und – jedenfalls für das Sozialrecht – das Fehlen der eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 27).

Entsprechendes gilt auch für die Ausweisung der Umsatzsteuer in den vom Beigeladenen zu 1 erstellten Rechnungen. Dies ist lediglich Ausdruck seiner subjektiven Vorstellung, im Rahmen eines selbstständigen Gewerbes gehandelt zu haben. Für die Frage, ob hier insoweit tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand, kann dies daher nur nachrangige Bedeutung haben.

(hh) Dass der Beigeladene zu 1 während des streitbefangenen Zeitraum für andere Auftraggeber tätig wurde, kann als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten sein (vgl. aber BSG, Urteil vom 24. April 2024 – B 12 BA 9/22 R – a.a.O.). Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält aber erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 33 m.w.N.). Werbend am Markt trat der Beigeladene zu 1 nicht auf. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Auftraggeber des Beigeladenen zu 1 letztlich die Kliniken A1 Gruppe, die gemeinsam die OP-Räume nutzten, waren, für die er auf Grundlage gleichlautender Verträge tätigpwurde. Die einzelnen Tätigkeiten ließen sich zeitlich, da lediglich ein Arbeitszeitkonto geführt wurde, kaum abgrenzen. Der Beigeladene zu 1 behalf sich vielmehr damit, dass er die geleisteten Gesamtstunden gleichmäßig auf die Auftraggeber aufteilte. Aufgrund der engen räumlichen und personellen Verknüpfung, fällt der formale Umstand, dass der Kläger formal mehrere Auftraggeber hatte, als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit hier nicht ins Gewicht.

(c) Unter Abwägung aller Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie der Grad der Einbindung des Beigeladenen zu 1 in die Organisationsstruktur der Klägerin. Die für eine Selbstständigkeit sprechenden Aspekte können den vor diesem Hintergrund bestehenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern.

c) Der Beigeladene zu 1 ist auch nicht aufgrund anderer Vorschriften von der Versicherungspflicht ausgenommen. Es handelt sich bei der von ihm verrichteten Tätigkeit weder um eine versicherungsfrei bleibende geringfügige (dazu aa) noch um eine unständige (dazu bb)

aa) Eine geringfügige Beschäftigung, die nach § 5 Abs. 2 SGB VI und § 27 Abs. 2 SGB III zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, lag beim Beigeladenen zu 1 in der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht vor. Nach § 8 Abs. 1 SGB IV (in der hier noch anzuwendenden, vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 Nr. 2 Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5. Dezember 2012, BGBl. I, S. 2474), liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 € nicht übersteigt, (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt. Maßgeblich ist im Bereich der Ziff. 1 insoweit zunächst eine prognostische Betrachtung (Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., Stand August 2021, § 8 Rn. 47). Anhaltspunkte, die bei prognostischer Betrachtung für eine geringfügige Beschäftigung gesprochen hätte, sind nicht ersichtlich und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Tatsächlich überschritt die (Netto-)Vergütung des Beigeladenen zu 1 in den jeweiligen Beschäftigungszeiträumen die Grenze von 450,00 € monatlich bei weitem. Insoweit nimmt der Senat auf die aktenkundigen Rechnungen (Bl. 14 ff. VA) Bezug. Eine zeitliche Beschränkung i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ergab sich angesichts der zeitlichen Offenheit der durch den Freie-Mitarbeiter-Vertrag auf Dauer angelegten Rechtsbeziehung weder aus einer vertraglichen Absprache noch aus der Natur der Sache. Die Klägerin hat auch selbst keine Geringfügigkeit der Tätigkeit behauptet.


bb) Eine unständige, in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie Tätigkeit nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III lag ebenfalls nicht vor. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben (Satz 1). Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (Satz 2). Eine solche Beschränkung auf weniger als eine Woche war offenkundig weder vereinbart noch ergab sie sich aus der Natur der Sache.

d) Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagen wurde von der Beklagten zutreffend errechnet. Die Klägerin hat Anderes auch nicht behauptet und nicht vorgetragen, dass und welche an den Beigeladenen zu 1 gezahlten Entgelte zu Unrecht berücksichtigt worden wären. Die Beklagte hat der Beitragsberechnung die sich aus den für den streitbefangenen Zeitraum vollständig vorliegenden Honorarabrechnungen ergebenden Netto-Rechnungsbeträge zugrunde gelegt.

Die beim Zusammentreffen beitragspflichtiger Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen geltende anteilige Beitragsberechnungsregel des § 22 Abs. 2 SGB IV kommt vorliegend nicht zum Tragen. Es musste von der Beklagten insbesondere nicht geprüft werden, inwieweit eine Kumulation von beitragspflichtigen Einnahmen aus eventuell mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Hinblick auf die Beitragsbemessungsgrenzen zu einer Verringerung der Beitragsschuld bei dem jeweiligen Arbeitgeber führt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei den Arbeitgebern nach § 28p SGB IV erhebt der prüfende Rentenversicherungsträger die Sozialversicherungsbeiträge ohne Anwendung des § 22 Abs. 2 SGB IV. Entsprechende Berechnungen obliegen den Einzugsstellen unter Einschaltung der weiteren Arbeitgeber (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Januar 2022 – L 8 BA 51/20 –, juris, Rn. 49; Nieder, in: Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl., 2022, § 22 Rn. 18). Ob und wie ein die Beitragszahlungspflicht feststellender Verwaltungsakt aufgrund mehrerer Versicherungsverhältnisse vollstreckt werden darf oder ob die zwangsweise Durchsetzung der Beitragsforderung ausscheidet, ist nicht im Rahmen der Beitragsfestsetzung, sondern auf der späteren Ebene der Zwangsvollstreckung von den Krankenkassen als Einzugsstellen für die Beiträge in einem selbstständigen Verfahrensabschnitt zu prüfen. Aus § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB V ergibt sich die Verpflichtung der Einzugsstellen, für die Einhaltung der Beitragsbemessungsgrenze zu sorgen. Sie werden deshalb durch § 26 Abs. 4 SGB V verpflichtet, von Amts wegen auch zu prüfen, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden, um den Beitragsausgleich sicherzustellen (Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Mai 2024 – L 9 BA 15/19 – juris, Rn. 55, Waßer, in; Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., Stand August 2021, § 26 Rn. 30).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben im Klage- und Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf
28.567,47 € festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.

 

Rechtskraft
Aus
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