Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 19.12.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Information über die Meldung an die Finanzverwaltung.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.02.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Die Beklagte übersandte dem Kläger eine Information über die Meldung an die Finanzverwaltung über die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2022 vom 22.01.2023. Die Aufstellung solle ihm beim Ausfüllen der Einkommenssteuererklärung helfen. Die Daten seien auch der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) mitgeteilt worden, welche die Daten an die zuständige Landesfinanzverwaltung übermittle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2023 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Mitteilung vom 22.01.2023 als unzulässig zurück. Die Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt über die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei kein Verwaltungsakt, weil sie keine rechtliche Regelung darstelle, sondern vielmehr eine bloße Wissenserklärung sei und sich Rechtsfolgen für den Empfänger erst mit der Entscheidung des Finanzamtes ergäben. Es fehle daher an einer rechtlichen Beschwer.
Mit seiner bereits am 24.03.2023 beim SG erhoben Klage hat der Kläger begehrt: „Antrag + Klage gegen DRV Bund, 10700 Berlin auf Korrektur der Mitteilung vom 22.01.2023, V. I., M.-straße, G.“.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erklärt, das Widerspruchsverfahren nachgeholt zu haben. Sie verweise auf ihren Widerspruchsbescheid.
Nach Anhörung der Beteiligten mit einfach signiertem Schreiben vom 13.07.2023 hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2023 abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gerichtet „auf Korrektur der Mitteilung“ und damit Abänderung der Mitteilung sei unzulässig, da sie nicht statthaft sei. Die Klage richte sich nicht gegen einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 06.07.2023 zutreffend ausführe, dass die Mitteilung vom 22.01.2023 kein Verwaltungsakt sei, nehme das Gericht auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2023 nach eingehender Prüfung Bezug (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Diese Bewertung erweise sich insbesondere mit Blick auf die Systematik von § 22a Einkommensteuergesetz (EStG), auf dem die Mitteilung vom 22.01.2023 beruhe, als zutreffend. Da § 22a EStG als Vorstufe zur eigentlichen Festsetzung der Steuer an sich die Besteuerung von Renten und anderen Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG überhaupt erst sicherstelle, hätten weder die von der Beklagten zu erstattende Mitteilung nach § 22a Abs. 1 EStG an die zentrale Stelle noch die Unterrichtung der Versicherten über den Inhalt dieser Mitteilung nach Abs. 3 die Wirkung einer rechtsfolgensetzenden Regelung im Sinne von § 31 S. 1 SGB X.
Gegen den ihm am 21.12.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.01.2024 „Berufung + mündliche Verhandlung gegen S 13 R 142/23“ eingelegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheids.
Auf die Anfrage des Senats vom 04.04.2024, welches Ziel er mit der Berufung verfolge und weshalb das Schreiben vom 22.01.2023 seiner Ansicht nach fehlerhaft sei, hat der Kläger nicht reagiert.
Mit Postzustellungsurkunde vom 12.02.2025 ist dem Kläger die Terminsmitteilung zum Verhandlungstermin am 12.03.2025 mit dem Hinweis zugestellt worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Mit E-Mail vom 11.03.2025, 16:56 Uhr hat der Kläger mitgeteilt:
„(…) leider kann ich morgen nicht zum Termin erscheinen, weshalb er verschoben werden muss. Heute hat man mir mitgeteilt, dass ich morgen meinen Scheck der Grundsicherung für März 2025 abholen kann. Ich hatte schon drei mal versucht einen Termin zu bekommen, aber keinen bekommen. Es kommt immer wieder zu verspäteten Auszahlungen, weil man darauf besteht, dass nur eine ganz bestimmte Person den Scheck ausstellt und dieser nicht zu den Öffnungszeiten abgeholt werden kann, sondern nur nach Vereinbarung eines Termins. Da ich auf die Grundsicherung dringend angewiesen bin, muss ich morgen den Scheck abholen, weil ich sonst nur weitere Tage ohne Grundsicherung wäre, was deshalb kritisch ist, weil man seit zweieinhalb Jahren wesentliche Teile meiner Grundsicherung zurück hält und ich gezwungen war alles ersparte auszugeben und so im Monat nur das Geld habe, was für diesen ausgezahlt wird.
Ihre Kollegen sahen es nicht für notwendig an eine flexiblere Regelung oder eine Vertreterregelung bei Krankheit oder Urlaub des Sachbearbeiters einzufordern, wobei entsprechende Verfahren noch laufen.
Weil ich aber unbedingt an der Verhandlung teilnehmen will, ist der Termin zu verschieben. (…)“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden können. Auf diese, sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 111 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 SGG ergebende Möglichkeit ist der Kläger mit der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden.
Dem vom Kläger am Vorabend des Termins sinngemäß gestellten Verlegungsantrag ist der Senat nicht nachgekommen.
Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 SGG bestimmt der Vorsitzende Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden, wenn es dafür einen „erheblichen Grund“ gibt. Über die Aufhebung bzw. Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung, über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „erheblichen Gründe“ i.S.d. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt vor dem Hintergrund einer Kollision rechtlicher Prinzipien. Das objektive Interesse an Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung trifft auf das subjektive Interesse des Rechtssuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz. Die Auflösung der Prinzipienkollision muss unter Berücksichtigung und Würdigung sämtlicher erheblicher Umstände in jedem und für jeden Einzelfall geleistet werden. Das verfassungsrechtliche Erfordernis des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG) verlangt, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten im Prozess zu behaupten, wobei das rechtliche Gehör auch das Recht eines Beteiligten einschließt, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Allerdings ist der Beteiligte gehalten, sich im Rahmen des Zumutbaren das rechtliche Gehör zu verschaffen, sodass letztlich nur eine ihm trotz zumutbaren eigenen Bemühens um die Erlangung rechtlichen Gehörs verweigerte oder abgeschnittene Möglichkeit zur Äußerung eine Gehörsverletzung darstellt. Eine Terminverlegung rechtfertigende „erhebliche Gründe“ i.S.d. § 202 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind nur solche Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern (BSG, Beschluss vom 30.09.2015 - B 3 KR 23/15 B -, juris Rn. 6f. m.w.N.). Das ist bei einem Ausbleiben der Partei oder der Ankündigung, nicht zu erscheinen, nach § 227 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht der Fall, wenn das Gericht dafürhält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist.
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats nicht dargetan, dass er ohne Verschulden an der Wahrnehmung des für 2 Stunden angesetzten Termins am 12.03.2025 um 10:15 Uhr gehindert war. Denn der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er überhaupt einen Termin beim Träger der Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hatte oder dieser hinsichtlich der Uhrzeit am 12.03.2025 mit dem Gerichtstermin kollidiert wäre. Er hat auch nicht dargetan, dass und aus welchen Gründen ein öffentlich-rechtlicher Leistungsträger die - vom Kläger im Hinblick auf den Gerichtstermin, für den er bereits eine Freifahrkarte erhalten hat, vorgebrachte - Bitte um Verlegung des kollidierenden Termins (wenn z.B. auch nur auf den Nachmittag) abgelehnt hat. Vielmehr liegt es eher fern, dass ein Leistungsträger den Termin für die Aushändigung eines Schecks an den – nach den aktenkundigen Informationen des Senats – über ein Girokonto verfügenden Kläger kurzfristig telefonisch an einem Nachmittag für den darauffolgenden Tag vereinbart und sich – unterstellt, dies träfe zu – nicht zu einer Verschiebung des Termins im Hinblick auf den einen Monat vorher bekanntgegebenen Termin bei einem Berufungsgericht bereit erklärt. Die Behauptung, bereits zuvor dreimal erfolglos versucht zu haben einen Termin für die Abholung seiner Grundsicherungsleistungen zu vereinbaren, belegt nicht, dass der erwerbslose Kläger nur am 12.03.2025 einen solchen hätte erhalten können.
In Ermangelung einer zweitinstanzlich erfolglos eingeforderten Mitwirkung des Klägers an der Konkretisierung des Klagegegenstands ist die „Klage auf Korrektur der Mitteilung vom 22.01.2023“ auszulegen. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden. Im Übrigen ist das Gewollte, also das mit der Klage oder der Berufung verfolgte Prozessziel, bei nicht eindeutigen Anträgen im Wege der Auslegung festzustellen. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei sind nicht nur der Wortlaut, sondern auch die sonstigen Umstände des Falles, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind, zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt (BSG, Beschluss vom 17.12.2024 – B 7 AS 81/24 B, Rn. 4 m.w.N. zitiert nach juris).
Dies und den Wortlaut der Klage („Korrektur der Mitteilung“) zu Grunde legend wertet der Senat das Begehren vorliegend - anders als das SG – als Leistungsklage, gerichtet auf den Erhalt einer „korrigierten“ Mitteilung. Denn eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wäre zwar zulässig, da es sich bei dem Widerspruchsbescheid vom 06.07.2023 um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X handelt. Sie wäre jedoch unbegründet, da die Beklagte den Widerspruch gegen die Mitteilung vom 22.01.2023 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat. Denn es handelt sich bei dieser um ein Informationsschreiben, nicht jedoch um einen Verwaltungsakt. Diesbezüglich nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt, Bezug; § 153 Abs. 2 SGG.
Der Senat kann in der Sache entscheiden, da die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG nicht vorliegen.
Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1) oder das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2).
Das SG hat nicht über die Leistungsklage entschieden, sondern eine angenommene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als unzulässig abgewiesen. Damit liegt zwar keine Sachentscheidung über den Streitgegenstand vor, § 159 Abs. 1 SGG. Der Senat sieht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung jedoch von einer Zurückverweisung an das SG ab, da er der Beschleunigung des Verfahrens bei dem einfach gelagerten Sachverhalt gegenüber dem Verlust einer Instanz den Vorrang einräumt.
Die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG liegen bereits deshalb nicht vor, da schon keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
Der Senat kann die Frage offen lassen, ob eine nur einfache Signatur statt einer Unterschrift oder qualifizierten Signatur unter der Anhörung zum Gerichtsbescheid einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt, der zu einer Unwirksamkeit der nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG erforderlichen Anhörung vor Erlass des Gerichtsbescheides und damit zu einer Verletzung des in § 62 SGG festgeschriebenen Anspruchs auf rechtliches Gehörs der Beteiligten führt (eine Unterschrift für erforderlich haltend z.B. Hessisches LSG, Urteil vom 12.06.2017 – L 9 U 168/16, juris Rn. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 09.11.2010 – L 12 R 793/09, juris Rn. 22 und vom 29.11.2011 – L 14 AS 1663/11, juris Rn. 25 jeweils m.w.N.; a.A. unter Hinweis darauf, dass sich im Gesetzeswortlaut hierfür kein Anhalt findet: B. Schmidt in: Meyer-Ladewig, SGG, 14. Auflage 2023, § 105 Rn. 10 und Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 105 SGG (Stand: 11.03.2025), Rn. 56).
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.
Die Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
Es ist weder ersichtlich und trotz Aufforderung des Senats an den Kläger vom 04.04.2024 auch nicht vorgetragen, weshalb die Information der Beklagten vom 22.01.2023 über die Meldung an die Finanzverwaltung über die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 2022 nicht zutreffend ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.