Ein Steuerberater kann für eine Steuerberatungsgesellschaft, deren Gesellschafter er ist, als selbständiger freier Mitarbeiter tätig werden, wenn er kein Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist.
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 19.06.2024 sowie der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2023 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 03.11.2023 aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt wird.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 EUR
T a t b e s t a n d :
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren, ob der Beigeladene seine Tätigkeit als Steuerberater bei der Klägerin seit dem 01.08.2022 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausübt.
Der Beigeladene ist bei der Klägerin - eine Steuerberatungsgesellschaft in Form einer GmbH - seit dem 28.12.1990 Gesellschafter und ist als deren Geschäftsführer am 12.01.2022 ausgeschieden. Gemäß Gesellschafterliste ist der Beigeladene noch mit insgesamt 25 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt. Weitere Gesellschafter sind Frau H mit 50 % und Frau S mit 25 %, die die beiden Geschäftsführerinnen der Klägerin sind.
Am 15.07.2022 schlossen der Beigeladene und die Klägerin den bei den Akten befindlichen Vertrag über eine freie Mitarbeit des Beigeladenen als Steuerberater bei der Klägerin.
Unter Vorlage dieses Vertrages beantragte der Beigeladene am 05.08.2022 bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er gab ua an, dass die Tätigkeit in der Erstellung von Jahresabschlüssen, Gewinnermittlungen und Steuererklärungen sowie in steuerberatenden Tätigkeiten für einen eng abgegrenzten Auftragsbestand bestehe. Von der Klägerin erhalte er keinerlei Vorgaben zu Art und Weise der Ausführung seiner Tätigkeit, diese übe kein Weisungsrecht aus. Er habe die Grundsätze der ordnungsgemäßen Berufsausübung als Steuerberater zu beachten und übe ansonsten eine selbstständige und eigenverantwortliche Tätigkeit aus. Seine Arbeiten würden von der Klägerin zu einem bei Beginn vereinbarten oder gesetzlich vorgegebenen Fertigstellungszeitpunkt abgenommen. Regelmäßige Arbeitszeiten oder Anwesenheitszeiten seien von ihm nicht zu beachten, ebenso bestünden keine Vorgaben hinsichtlich des Tätigkeitsortes. Gegenüber Mitarbeitern der Klägerin habe er kein Weisungsrecht, nehme nicht an Dienstbesprechungen oder Schulungsmaßnahmen der Klägerin teil, sei in Dienstplänen nicht erfasst und trage keine vorgegebene Dienstkleidung. Für seine Tätigkeit werde er von der Klägerin nach selbst verhandelten Preisen vergütet, wobei die Büronutzung eingepreist sei. Er verfüge über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung und verwende eine eigene Büroausstattung sowie Arbeitsmaterialien.
Mit Bescheid vom 14.02.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2023 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladenen seine Tätigkeit bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Bei einer Kapitalbeteiligung von 50 % oder einer Sperrminorität liege für mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion kein maßgebender Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft vor. Mit einer Kapitalbeteiligung bis zu 50 % seien mitarbeitende Gesellschafter an die Weisungen des Geschäftsführers der GmbH gebunden und hätten nicht die Rechtsmacht, Weisungen zu verhindern, die ihnen als "Angestellte" nicht genehm seien. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass der Beigeladene keine Weisungen bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort von der Klägerin erhalte. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien dagegen, dass der Beigeladene Kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Dieser sei mit 25 % beteiligt, wobei Beschlüsse der Klägerin mit einfacher Mehrheit gefasst würden und sich das Stimmrecht nach der Höhe der Geschäftsanteile richte. Die Mitarbeit bei der Klägerin werde nach einem gesonderten Vertrag geregelt und vergütet.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Juni 2024 als unbegründet ab. Die vorzunehmende Abwägung und Beurteilung führe nach Überzeugung des Gerichts zu der Feststellung, dass der Beigeladene bei der Klägerin als mitarbeitender Gesellschafter abhängig beschäftigt sei.
Zu Recht habe die Beklagte in ihren Bescheiden zunächst darauf abgestellt, das der Beigeladene über keine Rechtsmacht verfüge, die für die Beurteilung seiner Tätigkeit als selbständige Tätigkeit als relevantes Merkmal heranzuziehen sei. Soweit allerdings in einem weiteren Schritt zu prüfen sei, ob eine Selbstständigkeit aufgrund der Tätigkeitsmerkmale der freien Mitarbeit vorliege, sei dies nach Überzeugung des Gerichts zu verneinen.
Das Gericht verkenne nicht, dass durchaus auch typische Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses fehlten und ein Weisungsrecht gegenüber dem Beigeladenen nur rudimentär bestehe. In ihrer konkreten Ausgestaltung weiche die Tätigkeit des Beigeladenen durchaus von den typischen Verhältnissen eines im Hauptberuf als Arbeiter oder Angestellter tätigen Versicherten ab. Insgesamt würden allerdings die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung sowohl qualitativ als auch quantitativ überwiegen.
Zwar habe der Beigeladene hinsichtlich der konkreten Ausführung der von ihm übernommenen Arbeiten keine Weisungen von der Klägerin erhalten. Auf eine Selbstständigkeit aufgrund der eigenständigen weisungsfreien Tätigkeit des Beigeladenen zu folgern, scheide jedoch aus; es sei üblich, dass hochqualifizierte Mitarbeiter spezielle Fachkenntnisse aufwiesen. Besondere Fach- oder Branchenkenntnisse könnten allenfalls dann maßgeblich sein, wenn die mehrheitlichen Gesellschafter faktisch nicht in der Lage wären, dem Fachkundigen Weisungen zu erteilen; dieser Fall liege nicht vor. Dem Umstand, dass der Beigeladene seine Tätigkeit selbst einteilen, Zeit, Ort und Art ihrer Ausführung selbst bestimmen könne und er insoweit keinen Weisungen Dritter unterliege, sei keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Gerade Diensten höherer Art sei es immanent, dass größtmögliche Gestaltungs- und Ausführungsfreiheiten bestehe. Dies sei bei leitenden Angestellten in gleicher Weise zu beobachten und stelle für sich gesehen kein Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit dar (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 R 14/10 R); bei diesen Tätigkeiten wandele sich die Weisungsgebundenheit in eine sog. funktionsgerecht dienende Teilnahme am fremd vorgegebenen Arbeitsprozess.
Auch sei der Beigeladene wie ein abhängig Beschäftigter in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Für eine Eingliederung spreche, dass der Beigeladene bei der Durchführung der Aufträge an einen vorgegebenen Zeitrahmen hinsichtlich der vertraglich oder gesetzlich vorgegebenen Fertigstellungstermine gebunden sei. Wie bei einem Arbeitnehmer würden die erbrachten Leistungen durch die Klägerin nach eigenem Vorbringen nach Abschluss der Arbeiten abgenommen.
Zudem habe der Beigeladene die zu verrichtenden Arbeiten auch persönlich verrichtet, ohne eigene Hilfskräfte hierfür einzusetzen, obwohl ihm dies vertraglich gestattet wäre.
Dass der Beigeladene für mehrere Auftraggeber tätig werde, sei nicht entscheidend; maßgebend sei allein das jeweilige Auftragsverhältnis.
Auch könne aus dem Haftungsrisiko des Beigeladene für Schlechtleistung nicht zwingend auf ein selbstständiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden. Auch abhängig beschäftigte Arbeitnehmer liefen Gefahr, im Rahmen der arbeitsvertraglichen bzw arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ihr Beschäftigungsverhältnis bei Schlechtleistung zu verlieren oder einer Haftung ausgesetzt zu sein.
Letztendlich bestehe für den Beigeladenen kein Unternehmerrisiko. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen habe der Beigeladene weder die Möglichkeit durch erhöhten Arbeitseinsatz einen höheren Gewinn zu erzielen, noch bestehe für ihn das Risiko, eingesetztes Kapital zu verlieren.
Dem Einsatz des eigenen Pkws und eines privaten Büros samt eigener Büromittel sei für die Annahme eines unternehmerischen Risikos keine große Bedeutung zuzumessen. Die Nutzung dieser Mittel stelle keinen tätigkeitsbedingten Kapitaleinsatz dar, da dies nicht dem Wagniskapital zuzurechnen sei, sondern in Privathaushalten nutzbar sei. Eine Ungewissheit des Erfolgs aus dem Einsatz der Geld- oder Sachmittel liege hier in der konkreten Ausgestaltung nicht vor.
Auch im Übrigen habe der Beigeladene kein unternehmerisches Risiko. Er habe die Gewähr, die in Aussicht gestellte Vergütung zu erhalten, wenn er die vereinbarte Arbeitsleistung erfüllt habe. Der Beigeladene erhalte für seine Steuerberatertätigkeit als Gegenleistung einen von der Klägerin gegenüber den Kunden in Rechnung gestellten feststehenden Prozentsatz. Dies entspreche der typischen Entlohnung eines abhängig Beschäftigten, so dass sich die Vergütung als Lohnzahlung charakterisieren lasse.
Das Risiko, keine Vergütung zu erhalten, etwa auch - wie hier der Fall - bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen, spreche nur dann für eine Selbstständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstünden. Dies sei hier nicht der Fall.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Zu Unrecht habe die Beklagte im Wesentlichen nur auf die Stellung des Beigeladenen als Gesellschafter bzw Geschäftsführer der Klägerin und die hieraus sich ergebende Rechtsmacht abgestellt. Soweit das Sozialgericht der Beurteilung der Tätigkeit erstmals vertieft den aus Sicht der Klägerin allein ausschlaggebenden Vertrag über freie Mitarbeit zugrunde gelegt habe, sei die Gewichtung und Abwägung des Sozialgerichts nicht überzeugend. Der Beigeladene habe seine Tätigkeit weisungsfrei ohne Eingliederung in den Betrieb der Klägerin ausüben können. Ein unternehmerisches Risiko bzw unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten ergäben sich schon aus der Vergütung; die Pauschalvergütung in prozentualer Abhängigkeit von den den Kunden der Klägerin in Rechnung gestellten Beträgen; dies habe es dem Beigeladenen ermöglicht, mittels seiner hierfür aufgewendeten Arbeitszeit seinen Gewinn zu beeinflussen. Auch sei dem Beigeladenen von der Klägerin das Ausfallrisiko bzgl Zahlungen von Kunden aufgelastet worden.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 19. Juni 2024 sowie den Bescheid vom 14.02.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2023 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt wird.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Eine getrennte Betrachtung von Gesellschafterstellung und Steuerberatertätigkeit entspreche nicht dem Grundkonzept der GmbH als Berufsausübungsgemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2020, Az.: B 12 R 17/18 R).
Im Erörterungstermin am 11.08.2025 wurde den Beteiligten ausweislich der Niederschrift die Möglichkeit zum Übertritt in die mündliche Verhandlung und - anhand der Rechtsprechung des BSG - die Möglichkeit zu einer Entscheidung durch den nach der senatsinternen Geschäftsverteilung zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter erläutert. Hieraufhin haben die Beteiligten sowohl einem Übertritt in die mündliche Verhandlung als auch einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter zugestimmt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Entscheidung konnte durch den nach der senatsinternen Geschäftsverteilung zum Berichterstatter bestellten Vorsitzenden als Einzelrichter erfolgen, nachdem die Beteiligten einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter zugestimmt haben, § 155 Abs 1, 3 und 4 SGG (vgl etwa BSG Urteil vom 13.12.2022 - B 12 KR 14/20 R).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts vom 19. Juni 2024 sowie der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2023 sind aufzuheben, da es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin als Steuerberater in freier Mitarbeit um eine selbständige Tätigkeit und um keine abhängige Beschäftigung handelt.
Die Beurteilung der tätigkeitsrelevanten Merkmale im Rahmen der vom BSG vorgegebenen Gesamtabwägung ergibt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen im Ergebnis als selbständige Tätigkeit zu werten ist.
Nach § 7a SGB IV in der hier anwendbaren, ab 01.04.2022 geltenden Gesetzesfassung können die Beteiligten schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Eine Beschäftigung in diesem Sinne setzt eine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber voraus.
Die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit beurteilt sich nach dem Gesamtbild der Tätigkeit. Weist eine Tätigkeit im Einzelfall Merkmale der Abhängigkeit und der Selbstständigkeit auf, kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen. Grundlagen der Beurteilung sind nicht allein die vertraglichen, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse.
1. Zu Recht sind die Beklagte und das Sozialgericht bei der Beurteilung der Tätigkeit davon ausgegangen, dass der Beigeladene als Minderheiten-Gesellschafter und inzwischen ausgeschiedener Geschäftsführer unter Einbezug der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages bei der Klägerin über keine, eine abhängige Beschäftigung ausschließende (vgl hierzu BSG, Urteil vom 20. Februar 2024 - B 12 KR 1/22 R) Rechtsmacht verfügt.
2. Liegt wie hier eine solche Rechtsmacht nicht vor, ist zur Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, grundsätzlich eine Gesamtabwägung anhand der für die Tätigkeit relevante Merkmale vorzunehmen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn es um die Tätigkeit eines (Minderheiten-)Gesellschafters ohne ausreichende Rechtsmacht geht (vgl BSG, Urteil vom 13. Dezember 2022 - B 12 KR 16/20 R).
3. Das von der Beklagten angeführte Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R, welches speziell die freiberufliche Tätigkeit eines Steuerberaters, der Mitgesellschafter und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ist, betrifft, schließt hier eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen nicht aus.
a) Zwar ist nach diesem Urteil eine getrennte Betrachtung von Geschäftsführer- und steuerberatender Tätigkeit nicht mit dem Grundkonzept der einer Steuerberatungsgesellschaft als Berufsausübungsgesellschaft vereinbar (BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R Rn 30) und daher die Tätigkeit eines Geschäftsführers in einer solchen Gesellschaft nach diesem Urteil regelmäßig eine abhängige Beschäftigung. Insoweit kann die Tätigkeit als Steuerberater kann nicht ohne den rechtlichen und organisatorischen Rahmen beurteilt werden, der sich für den Kläger aus der Stellung als GmbH-Geschäftsführer ergibt (BSG aaO Rn 31). Anders als in der vom BSG entschiedenen Fallgestaltung ist der Beigeladene jedoch nicht (mehr) Geschäftsführer der Klägerin und die vom BSG aufgestellten Grundsätze sind daher bzgl des Beigeladenen nicht anwendbar. Das BSG hat ausdrücklich entschieden, dass insoweit nur die Tätigkeit eines Geschäftsführers, der zugleich für die Gesellschaft als Steuerberater tätig ist, als abhängig beschäftigt einzuordnen ist.
Wenn es sich nicht um den Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft handelt, ist der Beruf des Steuerberaters - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - auch in einer Steuerberatungsgesellschaft, deren Mitgesellschafter der Steuerberater ist, entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl hierzu BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R Rn 32).
b) Auch unter Einbezug der Kriterien einer sogenannten "einheitlichen Beschäftigung" (vgl BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R Rn 31; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 1/11 R Rn 16) und der Stellung des Beigeladenen als (Minderheiten-)Gesellschafter einer Steuerberatungsgesellschaft ergibt sich nichts Anderes. Denn eine einheitliche Beschäftigung setzt voraus, dass ein Betroffener zunächst für einen Arbeitgeber eine abhängige Beschäftigung ausübt, damit eine zweite Tätigkeit für den denselben Arbeitgeber als "einheitlich" mit der abhängigen Beschäftigung beurteilt werden kann. Dies ist - anders als bei einem angestellten Geschäftsführer (BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 - B 12 R 17/18 R Rn 31) - bei einem Gesellschafter nicht möglich, soweit dieser - wie hier der Beigeladene - als Gesellschafter nicht mitarbeitet, sondern lediglich zum einen seine sich aus der Gesellschafterstellung ergebenden Aufgaben als Gesellschafter wahrnimmt und zum anderen eine weitere - für sich dann allein zu beurteilende - Tätigkeit für die Gesellschaft aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung für die Gesellschaft ausübt.
3. Nachdem sich weder aus der Gesellschafterstellung, einer Geschäftsführertätigkeit, noch den Besonderheiten bei Steuerberatern, die für eine Steuerberatungsgesellschaft tätig werden, in der sie Gesellschafter sind, ausschlaggebende Indizien für die Einordnung der Tätigkeit des Beigeladenen ergeben, ist in erster Linie auf den Vertrag über frei Mitarbeit und dessen tatsächliche Durchführung abzustellen (vgl Bay LSG, Urteil vom 20.10.2016 - L 7 R 920/15 Rz 48 ff bzgl eines Beratervertrags für einen Minderheiten-Gesellschafter ohne Geschäftsführertätigkeit).
Unter Wertung und Gewichtung der tätigkeitsrelevanten Merkmale, wie sie sich aus dem Vertrag über frei Mitarbeit und dessen tatsächlicher Durchführung ergeben, ist im Ergebnis festzustellen, dass eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen vorliegt. Es liegen Tätigkeitsmerkmale vor, die sowohl für eine abhängige Beschäftigung als auch eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen sprechen; insoweit wird auf die Aufzählung im Urteil des Sozialgerichts und in den streitgegenständlichen Bescheiden verwiesen.
Bei der vorzunehmenden Gewichtung wird entscheidend wird auf Folgendes angestellt:
a) Der Beigeladene hatte keinerlei Vorgaben, wann, wo und wie er die übernommenen Einzelaufträge bearbeitete und musste zu keiner Zeit in den Räumen der Klägerin anwesend sein. Nach § 2 Abs 1 Satz 2 des Vertrages bearbeitete der Beigeladene seine Aufträge inhaltlich weisungsfrei. Dass ein Auftrag zu einem bestimmten Termin abgeliefert werden musste und dann von der Klägerin abgenommen, also inhaltlich vor Weiterleitung an den Kunden der Klägerin geprüft wurde, fällt dabei nicht entschieden ins Gewicht. Bei freiberuflichen Tätigkeiten ist die Vorgabe von Terminen üblich, genauso eine inhaltliche Abnahme, vergleichbar der Abnahme eines Werkes, ob der Auftrag wie vereinbart erfüllt wurde.
b) Vor allem aber hat der Beigeladene sowohl ein unternehmerisches Risiko als auch unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten.
aa) Unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten für den Beigeladenen ergeben sich - wie die Klägerin zu Recht vorträgt - aus der Art der Vergütung. Der Beigeladene erhält pauschal 75% des Betrages, den die Klägerin von ihren Kunden erhält. Damit hat es der Beigeladene in der Hand, im Rahmen der Bearbeitung eines Auftrags seine feste Vergütung durch entsprechend kurze Bearbeitungszeit zu steuern und gewinnbringender zu gestalten. Umgekehrt lastet auf ihm auch das Risiko, für längere Bearbeitungszeiten mit hohem Stundenaufwand im Ergebnis eine niedrige Stundenvergütung zu erhalten.
bb) Ein unternehmerisches Risiko ergibt sich im Übrigen zwar weniger aus dem Einsatz von Kfz und Materialen, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat. Jedoch hat der Beigeladenen für die ihm von der Klägerin zur Verfügung gestellten Ressourcen monatlich 300,00 Euro zu zahlen (§ 3 Abs 6 des Vertrages), unabhängig davon, ob er das auch erwirtschaftet, zB bei Krankheit, Urlaub oder fehlenden Aufträgen. Zudem trägt der Beigeladene - worauf die Klägerin zu Recht als insoweit gewichtiges Indiz hingewiesen hat - das Risiko des vollständigen Vergütungsausfalls, wenn ein Kunde der Klägerin an diese nicht zahlt; dann hat auch der Beigeladene keinen Vergütungsanspruch gegenüber der Klägerin.
c) Im Vergleich zu den übrigen Tätigkeitsmerkmalen wiegen diese Aspekte so stark, dass bei abschließender Gewichtung und Abwägung von einer selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen auszugehen ist.
Im Ergebnis ist der Berufung der Klägerin stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf der entsprechenden Rechtsprechung des BSG, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG.