Sozialgericht Düsseldorf
Az.: S 4 R 1412/21
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Verkündet am: 18.04.2023 |
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Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
……
Kläger
Proz.-Bev.: ……
gegen
……
Beklagte
hat die 4. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.04.2023 durch die Vorsitzende, die Richterin ……, sowie den ehrenamtlichen Richter …… und die ehrenamtliche Richterin …… für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides vom 04.05.1984 Zug um Zug gegen die Rückzahlung der erstatteten Beiträge, die Berücksichtigung der durch die Beitragserstattung am 04.05.1984 untergegangenen in Polen zurückgelegten Beitragszeiten und daraus resultierend, die Gewährung einer Regelaltersrente.
Der am XX.XX.1951 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 01.10.1968 bis zum 12.11.1974 sein Medizinstudium in Polen. Er war zunächst nach Abschluss seines Medizinstudiums in Polen in der Zeit vom 18.11.1974 bis zum 30.09.1980 als Arzt erwerbstätig. Anschließend erfolgte sein Zuzug in die Bundesrepublik. Dort war er ab November 1980 ebenfalls als Arzt an der Universität in …… tätig. Er war anfänglich bei der Beklagten versichert. Mit Bescheid vom 24.02.1982 wurde er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung zum 10.11.1981 befreit.
Der Kläger stellte am 09.12.1982 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Antrag auf Beitragserstattung, da das Recht zur freiwilligen Versicherung in keinem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung bestünde und seit dem Ende der letzten Versicherungspflicht zwei Jahre verstrichen seien.
Unter Ziffer 7 des Antrages mit der Überschrift „Angaben über sämtliche Beschäftigungen und Tätigkeiten, auch im Ausland“ gab der Kläger als einzige Beschäftigung seine Tätigkeit als Arzt von November 1980 bis November 1981 an der Universität in …… an. Weitere Tätigkeiten gab der Kläger nicht an.
Unter Ziffer 12 des Antrages heißt es:
„Es ist mir bekannt,
- dass die Erstattung weder auf eine bestimmte Zeit noch auf einem einzelnen Versicherungszweig beschränkt werden kann,
- dass eine Rücknahme des Erstattungsantrages nur bis zum Eintritt der Bindungswirkung des Erstattungsbescheides möglich ist,
- dass die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus allen bisher zurückgelegten Versicherungszeiten in allen Zweigen der Rentenversicherung ausschließt. Der Ausschluss erfasst also nicht nur die Zeiten, für welche eine Erstattungsleistung gezahlt wird. Es verfallen somit u.a. auch Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz aus Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die außerhalb des Bundesgebietes einschließlich Berlin-West zurückgelegt sind, insbesondere also auch die Beiträge zur Sozialversicherung in der DDR und in Berlin-Ost.“
Die BfA erließ daraufhin zunächst den Ablehnungsbescheid vom 23.03.1983 und lehnte den Antrag des Klägers ab. Die Beitragserstattung sei noch nicht möglich, da seit dem Wegfallen der Versicherungspflicht noch keine zwei Jahre verstrichen seien. Der Antrag könnte ab dem 09.11.1983 wiederholt werden.
Der Kläger stellte am 05.04.1984 einen erneuten Antrag auf Rückerstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung bei der BfA in der Zeit von November 1980 bis November 1981.
Die BfA erließ daraufhin den Bescheid vom 04.05.1984, welcher dem Kläger ausweislich des sich in der Verwaltungsakte befindlichen Rückscheins am 08.05.1984 zugestellt wurde, und entsprach dem Antrag des Klägers auf Beitragserstattung. Sie nahm eine Beitragserstattung i. H. v. 4.528,10 DM bezogen auf die Tätigkeit des Klägers als Arzt von November 1980 bis November 1981 vor. Der Bescheid enthielt den folgenden Hinweis:
„Wir bitten zu beachten, dass Sie ungeachtet der Erstattung versicherungspflichtig werden, sofern Sie in Zukunft erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufnehmen; es sei denn, dass Sie von der Versicherungspflicht nach § 7 AVG oder Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes befreit sind.
Leistungen können aber nur aus den künftig zurückgelegten Versicherungszeiten gewährt werden.“
Der Kläger stellte am 06.02.2017 einen Antrag auf Zahlung von Regelaltersrente zum 01.04.2017 bei der Beklagten. Er trägt diesbezüglich vor, im Oktober 1980 aus Polen zugezogen zu sein und in Deutschland ab dem 01.11.1980 eine Tätigkeit als Arzt aufgenommen zu haben, die er durchgehend bis dato ausübe. Er habe sich ab November 1981 von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Zum damaligen Zeitpunkt sei dann eine Beitragsrückerstattung nach § 210 SGB VI bzw. § 82 AVG durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang sei der Kläger jedoch nicht gefragt worden, ob er über anderweitige rentenrechtliche Zeiten verfügt. Die gesetzliche Rentenversicherung sei somit seinerzeit von völlig anderen Voraussetzungen ausgegangen. Der Kläger verfüge diesbezüglich noch über polnische Beitragszeiten. In der Zeit vom 18.11.1974 bis zum 30.09.1980 sei der Kläger an der Medizinischen Universität in ……, Polen, beschäftigt gewesen. In der Zeit vom 01.10.1968 bis 12.11.1974 habe er sein Medizinstudium absolviert. Vor diesem Hintergrund werde die Anerkennung der polnischen rentenrechtlichen Zeiten im Rahmen des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens beantragt. Die allgemeine Wartezeit sei durch die Übertragung erfüllt, sodass der Rentenanspruch im Regelalter bestehe.
Die Beklagte wertete diesen Antrag u. a. als Überprüfungsantrag bezogen auf den damaligen Beitragserstattungsbescheid vom 04.05.1984 und erließ daraufhin den Bescheid vom 24.02.2017.
Sie lehnte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 04.05.1984 ab. Die Überprüfung des Bescheides vom 04.05.1984 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewendet noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der Antrag auf Beitragserstattung des Klägers habe unvollständige Angaben enthalten. Die Aufstellung bzw. Angabe über sämtliche Beschäftigungen, auch im Ausland, habe keinen Hinweis auf die polnischen Beitragszeiten enthalten. Macht ein Versicherter weitere ausländische Beitragszeiten geltend und war der Erstattungsbescheid wegen der Nichtberücksichtigung dieser Beitragszeiten rechtswidrig begünstigend, weil das Recht zur freiwilligen Versicherung bestand, sei das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides höher einzuschätzen als das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides, weil der Versicherungsträger als Vertreter der Solidargemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften freigestellt wird. Mithin könne eine für den Kläger günstige Entscheidung nicht getroffen werden.
Die Beklagte erließ zudem noch den Bescheid vom 24.03.2017, mit welchem sie feststellte, dass die Zeit vom 18.11.1974 bis 30.09.1980 und vom 28.11.1980 bis 09.11.1981 nicht als Beitragszeit vorgemerkt werden könne, weil wegen einer Beitragserstattung Ansprüche aus diesen rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr hergeleitet werden könnten. Die Zeit vom 01.10.1968 bis 22.10.1968 könne dagegen nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurde.
Letztlich erließ die Beklagte noch den Bescheid vom 28.03.2017 bezogen auf die beantragte Regelaltersrente und lehnte auch diesen Antrag ab. Dem Antrag auf Regelaltersrente könne nicht entsprochen werden, weil der Kläger die Mindestversicherungszeit für diese Rente nicht erfülle. Die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren sei nicht erfüllt. Bezogen auf einen Rentenbeginn am 01.04.2017 enthalte das Versicherungskonto keinen Wartezeitmonat.
Mit Schreiben vom 24.03.2017 erhob der Kläger zunächst Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.02.2017. Er trägt vor, dass er bei Erlass des Beitragserstattungsbescheides erst 32 Jahre alt gewesen sei. Ihm seien die Konsequenzen dieser Beitragserstattung in keiner Weise bewusst gewesen. Es sei ihm insbesondere nicht bewusst gewesen, dass mit einer Beitragserstattung sein Versicherungsverhältnis erlöschen wird und er somit - auch zu einem späteren Zeitpunkt - seine in Polen verbrachten Zeiten nicht wie andere aus Polen zugezogene Bürger über die gesetzliche Rentenversicherung geltend machen kann. Ihm sei überhaupt nicht bekannt gewesen, dass es ein entsprechendes Abkommen mit Polen gibt und dass das bedeutet, dass seine polnischen Beitragszeiten in die hiesige gesetzliche Rentenversicherung übertragen werden können. Die Beklagte hätte über diesen Umstand aufklären müssen. Dies habe sie zu keinem Zeitpunkt getan. Es sei hier auch nicht einzusehen, dass das „öffentliche Interesse" an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides höher ist als das Interesse des Versicherten. Aus der Begründung des Bescheides vom 24.02.2017 sei an keiner Stelle zu entnehmen, welche Auswirkungen die Entscheidung für den Kläger habe. Ihm werde nämlich durch die Entscheidung der Behörde die Möglichkeit genommen, die polnischen Zeiten im Rahmen des DPA geltend zu machen. Dies stelle eine Benachteiligung des Klägers im Vergleich mit anderen zugezogenen Bürgern aus Polen dar. Es bestehe hier unter Umständen lediglich die Möglichkeit, einen Rentenantrag in Polen zu stellen und von dort die polnische Rente zu beziehen. Dies stelle insgesamt eine Ungleichbehandlung dar, da die Zeiten in der hier bestehenden gesetzlichen Rentenversicherung höher bewertet worden wären. Auch sei eine Anhörung nach § 24 SGB X unterblieben.
Mit Schreiben vom 24.04.2017 erhob der Kläger des Weiteren Widerspruch gegen die Bescheide vom 24.03.2017 und 28.03.2017. Er ist der Auffassung, dass die Beitragserstattung mit Bescheid vom 04.05.1984 seinerzeit rechtswidrig durchgeführt worden sei, da der Kläger noch über polnische Beitragszeiten verfügt habe. Mit Berücksichtigung dieser Zeiten sei die allgemeine Wartezeit erfüllt. Unzutreffend weise die Beklagte im Bescheid vom 24.02.2017 aus, dass der Kläger seinerzeit in seinem Antrag auf Beitragsrückerstattung unvollständige Angaben gemacht habe. Die Behörde hätte den Kläger in diesem besonderen Fall beraten und ihm aufzeigen müssen, welche Konsequenzen die Beitragsrückerstattung haben kann. Der Kläger sei zu dieser Zeit noch sehr jung und u.a. bedingt durch die zu diesem Zeitpunkt noch recht kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland nicht in der Lage dazu gewesen, sich mit dem deutschen Rentenversicherungsrecht auseinanderzusetzen.
Die Beklagte erließ daraufhin den Änderungsbescheid vom 15.06.2017 bezogen auf den Bescheid vom 24.02.2017. Der Bescheid vom 04.05.1984 sei erneut überprüft worden.
Die Beklagte sei zu der Erkenntnis gekommen, dass dieser Bescheid rechtswidrig ist.
Durch den Beleg der polnischen Versicherungszeiten seien mehr als 60 Kalendermonate Beitragszeiten zurückgelegt worden; damit habe das Recht zur freiwilligen Versicherung bestanden. Gleichwohl sei eine Rücknahme nach § 45 SGB X nicht möglich, da das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides höher einzuschätzen sei, als das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides. Ausschlaggebend sei dabei, dass die Beklagte als Vertreter der Solidargemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften befreit werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2017 wies die Beklagte die durch den Kläger erhobenen Widersprüche zurück.
Soweit die Aufhebung des Beitragserstattungsbescheides vom 04.05.1984 begehrt werde, so sei dieses Begehren zu Recht zurückgewiesen worden. Dem Einwand, dass die Verwaltung wegen mangelnder Beratung ein Mitverschulden trifft, könne nicht gefolgt werden. Der Bescheid vom 04.05.1984 beruhe auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Aufgrund der Angaben im Antrag auf Beitragserstattung vom 09.12.1982 unter Ziffer 7 konnte die Beklagte davon ausgehen, dass keine weiteren Beitragszeiten in dem Versicherungskonto zu berücksichtigen sind. Im nunmehr gestellten Antrag würden erstmalig die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten in der Zeit vom 18.11.1974 bis 30.09.1980 geltend gemacht werden. Im Falle der Anerkennung dieser Zeiten nach dem deutsch-polnischen Abkommen von 1975 wäre die allgemeine Wartezeit erfüllt gewesen. Mit Bescheid vom 24.02.1982 sei der Kläger aufgrund seines damaligen Antrags von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung befreit worden. Mit insgesamt 13 Monaten sei die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt gewesen. Das Recht zur freiwilligen Versicherung habe demnach nicht bestanden.
Soweit eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen zugezogenen Polen geltend gemacht wird, so schließe jede seit Inkrafttreten des deutsch-polnischen Rentenabkommens vom 09.10.1975 (DPRA 1975) durchgeführte Beitragserstattung (sowohl bis 31.12.1991 nach AVG/der Reichsversicherungsordnung (RVO)/Reichsknappschaftsgesetz (RKG) als auch ab 01.01.1992 nach SGB VI) wegen der daraus resultierenden Verfallswirkung der im Zeitpunkt der Erstattung existierenden polnischen Abkommenszeiten regelmäßig eine Eingliederung der Abkommenszeiten aus (Art. 2 DPRA vom 09.10.1975 Zustimmungsgesetz —ZustG-). Dass dem Kläger die Konsequenzen einer Beitragserstattung nicht bekannt gewesen sind, könne nicht nachvollzogen werden, da im Antrag auf Beitragserstattung vom 09.12.1982 unter Ziffer 12 die Erklärung von dem Kläger unterzeichnet wurde, dass ihm bekannt ist, dass die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus allen zurückgelegten Versicherungszeiten in allen Zweigen der Rentenversicherung ausschließt und der Ausschluss auch die Zeiten umfasst, für die Beiträge nicht erstattet worden sind. Auch im Bescheid vom 04.05.1984 sei der Kläger von der BfA darauf hingewiesen worden, dass Leistungsansprüche nur aus künftig zurückgelegten Versicherungszeiten entstehen können.
Insgesamt überwiege hier das öffentliche Interesse am Bestand des damaligen Bescheides zur Beitragserstattung, weil der Versicherungsträger als Vertreter der Solidargemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften freigestellt wird.
Nach Durchführung einer Beitragserstattung bestünden Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr. Sämtliche bis zur Erstattung zurückgelegten Versicherungszeiten (das bedeutet im Fall des Klägers die in Polen in der Zeit vom 18.11.1974 bis 30.09.1980 zurückgelegten Beitragszeiten) unterlägen gemäß des bis zum 31.12.1991 geltenden § 82 Abs. 7 AVG/§ 1303 Abs. 7 RVO der Verfallswirkung.
Die Voraussetzungen für die Zahlung einer Regelaltersrente lägen mithin nicht vor. Voraussetzung für einen Anspruch auf Regelaltersrente sei unter anderem die Erfüllung der Wartezeit von 5 Jahren. Da keine rentenrechtlichen Zeiten anrechnungsfähig seien, bestehe für den Kläger kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob der Kläger keine Klage.
Er stellte diesbezüglich abermals am 24.11.2020 einen Überprüfungsantrag.
Er ist der Auffassung, dass soweit ein Beitragserstattungsbescheid rechtswidrig erteilt wurde, dies dazu führe, dass die Versicherungszeiten bei dem gestellten Antrag auf Regelaltersrente zu berücksichtigen seien. Wenn ein Versicherter weitere Beitragszeiten geltend macht, die nicht erstattungsfähig sind, weil der Versicherte sie nicht mitgetragen hat, sei zunächst zu unterscheiden, ob der Beitragserstattungsbescheid rechtswidrig oder rechtmäßig war. Er war z. B. rechtswidrig, wenn der Erstattungsanspruch nur wegen nicht erfüllter Wartezeit bestand und diese Wartezeit unter Berücksichtigung der nachträglich geltend gemachten Beitragszeiten erfüllt gewesen wäre. Dies sei hier der Fall. In solchen Fällen sei das abzuwägende Interesse des Versicherten selbst an der Rücknahme des Bescheides höher einzuschätzen als das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides. Der an den Versicherten ausgezahlte Erstattungsbetrag werde nötigenfalls an die Beklagte zurückgezahlt, sodass die Erstattung aufzuheben ist und auch sämtliche Versicherungszeiten nach dem deutsch-polnischen Rentenabkommen direkt im deutschen Beitragskonto zu berücksichtigen sind. Unter Berücksichtigung der dann insgesamt zu berücksichtigenden Beitragszeiten seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Regelaltersrente erfüllt.
Die Beklagte erließ daraufhin den Bescheid vom 23.12.2020 und lehnte den klägerischen Antrag ab. Die Überprüfung des Bescheides vom 28.03.2017 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung stehe dem Kläger nicht zu, weil keine anrechenbaren Beitragszeiten vorhanden seien und somit weder die allgemeine Wartezeit erfüllt sei noch Beitragszeiten für eine Rentenberechnung zur Verfügung stünden. Wäre das Untergehen aller bislang zurückgelegten Beitragszeiten nicht die Rechtsfolge aus einer Beitragserstattung, könnte aus ausländischen Versicherungszeiten, die deutschen Beitragszeiten im Rahmen des Fremdrentengesetzes (FRG) oder des DPRA'75 gleichgestellt sind, trotz Beitragserstattung ein Rentenanspruch erworben werden. Technische Voraussetzung hierfür wäre, dass das Wiederherstellungsverfahren nach dem Erstattungsverfahren erfolgen würde. Dies könne von dem Gesetzgeber nicht gewollt worden sein. Dies widerspräche auch klar jenem dem FRG und DPRA'75 zugrundeliegenden Eingliederungsprinzip. Hiernach dürfe ein Berechtigter nicht schlechter, aber auch nicht bessergestellt werden als die Wohnbevölkerung des Gebietes, in welches die Eingliederung erfolgt.
Gegen diesen Bescheid, welcher dem Kläger am 05.05.2021 via Telefax zugegangen ist, erhob der Kläger am 05.05.2021 Widerspruch. Es werde darauf hingewiesen, dass die Versicherungszeiten nach dem deutsch-polnischen Rentenabkommen erstmalig im Jahr 2017 und somit vollkommen eindeutig erst nach der damaligen Erstattung, welche mit Bescheid vom 04.05.1984 erfolgte, geltend gemacht wurden. Somit liege hier der Anwendungsfall vor, welcher auch mit der eigenen Rechtsauslegung der Beklagten zu § 210 SGB VI beschrieben werde, wonach der Erstattungsbescheid rechtswidrig ist, wenn der Erstattungsanspruch nur wegen nicht erfüllter Wartezelt bestand und diese Wartezeit unter Berücksichtigung der nachträglich geltend gemachten Beitragszeiten erfüllt gewesen wäre. In diesen Fällen sei das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides höher einzuschätzen als das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides.
Weiter werde darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten erst wesentlich später erfolgt sei. Diese seien damit nicht Gegenstand der damaligen Erstattung gewesen. Wären die Zeiten bereits damals geltend gemacht worden, hätte eine Erstattung von Ihnen überhaupt nicht erfolgen können.
Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2021 als unbegründet zurück. Das Vorbringen entspricht dabei im Wesentlichen dem aus dem Widerspruchsbescheid vom 06.10.2017 und den weiteren zuvor erlassenen Bescheiden.
Hiergegen richtet sich die am 25.11.2021 erhobene Klage.
Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass die damalige Beitragserstattung rechtswidrig gewesen ist und daher eine Rückabwicklung erfolgen müsse. Die Beklagte hätte die streitigen in Polen zurückgelegten Beitragszeiten nach dem DPRA 1975 anerkennen müssen. Bei diesen handele es sich aufgrund der Eingliederung nach dem DPRA um deutsche Versicherungszeiten. Auch sei der damalige Beitragsbescheid nicht rechtswidrig begünstigend. Da Kläger werde benachteiligt, da er für die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten weder eine Entschädigung durch die Beklagte noch von dem polnischen Rentenversicherungsträger erhalte, sodass das Interesse des Klägers an der Aufhebung des Bescheides überwiege.
Letztlich würden die eigenen Arbeitsanweisungen der Beklagten für eine Aufhebung des damaligen Erstattungsbescheides sprechen. Diese hätten den folgenden Wortlaut:
„Der Erstattungsbescheid ist rechtswidrig, wenn der Erstattungsanspruch nur wegen nicht erfüllter Wartezeit bestand und diese Wartezeit unter Berücksichtigung der nachträglich geltend gemachten Beitragszeiten erfüllt gewesen wäre. In diesen Fällen ist das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides höher einzuschätzen als das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides. Voraussetzung ist, dass das (verfallene) Versicherungskonto rekonstruierbar ist und der Versicherte den Erstattungsbetrag zurückzahlt.“ Dieser Sachverhalt liege auch hier vor. Die Beklagte habe damit gegen ihre eigene Arbeitsanweisung verstoßen, sodass ein Ermessensfehlgebrauch vorliege.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 23.12.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.06.2017, den Bescheid vom 24.03.2017 und 28.03.2017 sämtliche in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 zurückzunehmen und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab dem 01.04.2017 Altersrente unter Rücknahme des Bescheides vom 04.05.1984 und unter Anerkennung der von dem Kläger in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten in der Zeit vom 18.11.1974 bis zum 30.09.1980 als Betragszeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre im Verwaltungsverfahren vorgenommene Entscheidung für zutreffend und verweist auf den erlassenen Widerspruchsbescheid. Weiter zitiere der Kläger die Arbeitsanweisungen der Beklagten fehlerhaft. Vielmehr sei es so, dass, wenn Versicherte weitere ausländische Beitragszeiten geltend machen und der Erstattungsbescheid wegen der Nichtberücksichtigung dieser Beitragszeiten rechtswidrig begünstigend war, weil das Recht zur freiwilligen Versicherung bestand, das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides höher einzuschätzen ist als das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides, weil der Versicherungsträger als Vertreter der Solidargemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften freigestellt wird. Das Ermessen sei mithin nicht fehlerhaft ausgeübt worden.
Diese Verfahrensweise entspreche dem Ergebnis der Sitzung der Arbeitsgruppe des Fachausschusses für Versicherung und Rente vom 17.07.1984, Top 4. Hier sei im Ergebnis festgestellt worden, dass es im öffentlichen Interesse des Versicherungsträgers liegt, an der rechtswidrigen Begünstigung festzuhalten, weil der Versicherungsträger als Vertreter der Solidagemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften freigestellt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten über den Kläger Bezug genommen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2021 hinsichtlich der Überprüfung des Bescheides vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.06.2017, des Bescheides vom 24.03.2017 und des Bescheides vom 28.03.2017 sämtliche in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 bezogen auf die Verpflichtung der Beklagten dem Kläger rückwirkend ab dem 01.04.2017 Altersrente unter Rücknahme des Bescheides vom 04.05.1984 und unter Anerkennung der von dem Kläger in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten in der Zeit vom 18.11.1974 bis zum 30.09.1980 als Betragszeit zu gewähren.
Der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2021 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht gem. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtgesetzes (SGG).
Der Bescheid vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.06.2017, der Bescheid vom 24.03.2017 und der Bescheid vom 28.03.2017 sämtliche in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017, sowie der Bescheid vom 04.05.1984 wurden zu Recht nicht von der Beklagten zurückgenommen.
Dies, da die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 S. 1 des zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) vorliegend nicht gegeben sind.
Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Der zu prüfende Verwaltungsakt müsste mithin rechtswidrig sein. Der Wortlaut von Abs. 1 S. 1 umfasst dabei sowohl Fehler des Verfahrens- als auch des materiellen Rechts.
Ausgehend hiervon hat die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 23.12.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2021 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Dies, da sie zunächst in Bezug auf den Bescheid vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 ebenfalls weder das Recht unrichtig angewandt hat noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. In dieser Hinsicht hatte der Bescheid vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.06.2017 ebenfalls ein Überprüfungsantrag bezogen auf den Bescheid vom 04.05.1984 zum Gegenstand, sodass insofern zunächst inzident zu prüfen war, ob bereits im Rahmen des Bescheides vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 eine Rücknahme des Bescheides vom 04.05.1984 hätte vorgenommen werden müssen. Es handelt sich insofern bei der hiesigen Konstellation um die Überprüfung eines ablehnenden Überprüfungsbescheides, welcher selbst die Ablehnung eines weiteren Überprüfungsantrages zum Gestand hat.
Die Beklagte hat vorliegend zu Recht mit den vorgenannten Bescheiden die Rücknahme des Bescheides vom 04.05.1984 abgelehnt.
Ein entsprechender Rücknahmeanspruch steht dem Kläger weder nach § 45 SGB X noch nach dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (SHA) Zug um Zug gegen Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge zu.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, dieser auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit der Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Bei dem Bescheid vom 04.05.1984, mit dem die Beklagte dem Antrag des Klägers auf Erstattung seiner zur deutschen Rentenversicherung entrichteten Beiträge in dem nach § 82 AVG zulässigen Umfang entsprochen hatte (hier i. H. v. 4.528,10 DM), handelt es sich um einen im Sinne von § 45 SGB X begünstigenden, unanfechtbar gewordenen Bescheid.
Denn ein Beitragserstattungsbescheid ist, jedenfalls soweit damit der Versicherungsträger das Recht des Versicherten auf Beitragserstattung anerkannt und seinem darauf gerichteten Antrag in vollem Umfang entsprochen hat, trotz der mit ihm verbundenen wirtschaftlich nachteiligen Rechtsfolgen eines Verfalls der bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und des Ausschlusses des Rechts zur freiwilligen Weiterversicherung (§ 82 Abs. 7 AVG) ein begünstigender Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urteile vom 02. Dezember 1987, 1 RA 23/ 87, vom 23. März 1984, 11 RA 9/83, vom 19. März 1983, 1 RA 35/82 und vom 07. September 1982, 1 RA 53/81; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. März 1997 – L 13 An 156/96 –, juris; siehe auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.01.2017 - L 3 R 705/15). Mangels Einlegung eines Rechtsbehelfes des Klägers gegen den ihm am 08.05.1984 zugestellten Bescheid ist dieser auch in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG).
Der Beitragserstattungsbescheid vom 04.05.1984 erweist sich auch als rechtswidrig. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Beitragserstattung ist hier vorliegend nach der damals geltenden Vorschrift des § 82 AVG (Angestelltenversicherungsgesetz) erfolgt. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 AVG ist dem Versicherten auf Antrag die Hälfte der für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 im Bundesgebiet entrichteten Beiträge zu erstatten, sofern die Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung entfällt, ohne dass das Recht zur freiwilligen Versicherung besteht. Der Anspruch kann nur geltend gemacht werden, wenn nach dem Wegfallen der Versicherungs- oder der Beitragspflicht nach den §§ 112a und 112b zwei Jahre verstrichen sind und inzwischen nicht erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist (§ 82 Abs. 1 Satz 3 AVG).
Bis zum 10.08.2010 bestand dabei das Recht zur freiwilligen Versicherung für Versicherte, die von der Versicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 AVG befreit waren nur, wenn die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt war (vgl. § 10 Abs. 1a AVG).
Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Beitragserstattung das Recht zur freiwilligen Versicherung. Dies, da unter Berücksichtigung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt gewesen wäre.
Insofern lagen zum damaligen Zeitpunkt bei Erlass des Bescheides vom 04.05.1984 die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 AVG aufgrund des Bestehens des Rechts zur freiwilligen Versicherung nicht vor. Die Beklagte hätte mithin eine Beitragserstattung aufgrund der Tatsache, dass das Recht zur freiwilligen Versicherung bestand, nicht vornehmen dürfen. Mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 AVG ist der Beitragserstattungsbescheid damit rechtwidrig ergangen.
Diesbezüglich hat die Beklagte den Bescheid fehlerhaft erlassen, weil sie aufgrund der Angaben des Klägers davon ausgehen musste, dass die allgemeine Wartezeit gerade nicht erfüllt war. Der Kläger gab im Rahmen seines Antrages vom 09.12.1982 insofern an, dass nur eine Wartezeit von 13 Monaten zurückgelegt worden sei.
Ausgehend von den obigen Erwägungen handelt es sich bei dem Bescheid vom 04.05.1984 mithin um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt. Ein solcher darf grundsätzlich nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X).
Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass diese im Gesetz angesprochene und im einzelnen geregelte Interessenkollision bezüglich des vorliegenden und insofern „atypischen” Falles nicht recht passt, weil der Kläger im Hinblick auf die bei einer Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides sich ergebende Möglichkeit zur Anrechnung seiner damals zurückgelegten Beitragszeiten überhaupt kein (wirtschaftliches) Interesse mehr am Fortbestand dieses rechtswidrigen Verwaltungsaktes hat, wohingegen die Beklagte in Anbetracht der im Falle einer Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides zu erwartenden Rentenansprüche des Klägers gerade kein Interesse an einer Korrektur des gegenwärtigen, sie wirtschaftlich nicht belastenden Zustandes haben kann. Die Aufhebung eines begünstigenden rechtswidrigen Verwaltungsaktes mit Zustimmung oder wie hier auf Wunsch des Begünstigten verletzt insofern nicht dessen schutzwürdiges Vertrauen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 1983, 1 RA 35/82, in juris Rn. 17).
Auf welche Weise ein solcher „Interessenkonflikt mit vertauschten Rollen” aufgelöst werden soll, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Jedoch kann im Hinblick auf die Ausgestaltung des § 45 SGB X als Ermessensvorschrift („darf“ in § 45 Abs. 1 SGB X) nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Aufhebung eines begünstigenden rechtswidrigen Verwaltungsaktes mit Zustimmung oder auf Wunsch des Begünstigten einschränkungslos zulässig oder gar zwingend geboten sei, nur weil das schutzwürdige Vertrauen des Begünstigten nicht mehr verletzt werden könne (siehe Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. März 1997 – L 13 An 156/96 –, juris; siehe auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.01.2017 - L 3 R 705/15). Vielmehr hat der Versicherungsträger im Rahmen der ihm obliegenden Ermessensbetätigung jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses einerseits und des (privaten) Interesses Betroffener andererseits mehr Gründe für eine Durchbrechung der Wirksamkeit bzw. Bestandskraft des rechtswidrigen Verwaltungsakts sprechen oder dagegen.
Das Gesetz räumt dem Adressaten des rechtswidrigen Verwaltungsakts mithin keinen Anspruch auf Rücknahme, sondern grundsätzlich nur ein formelles subjektives Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein.
Der Versicherungsträger ist in dieser Hinsicht nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I verpflichtet, das ihm eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen einzuhalten. Nur insoweit unterliegt die im Einzelfall getroffene Entscheidung des Versicherungsträgers der Kontrolle durch die Gerichte (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Das Gericht darf bei der Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54, Rn. 28).
Ermessensfehler führen jedoch lediglich zu einer Aufhebung der Verwaltungsentscheidung und Verpflichtung der Behörde, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Eine, wie vom Kläger begehrte, Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides vom 04.05.1984 wäre nur möglich, wenn jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre, d.h. das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert wäre (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 29). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
Vorliegend ist die im Bescheid vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 von der Beklagte getroffene Ermessensentscheidung nicht als fehlerhaft anzusehen.
Die Beklagte hat alle Umstände, die zum Erlass des rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheides führten, hier die unvollständigen Angaben des Klägers im Erstattungsverfahren und ihre damit einhergehende unverschuldete Unkenntnis hinsichtlich der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten, die Tatsache, dass der Kläger über die Konsequenzen der Beitragserstattung im Rahmen des damaligen Verfahrens aufgeklärt wurde, die wirtschaftlichen Vorteile des Klägers hinsichtlich einer möglichen Rückabwicklung der Beitragserstattung sowie das finanzielle Interesse der Solidargemeinschaft aller Rentenversicherten in ihre Ermessenserwägungen einbezogen und eine begründete Entscheidung getroffen.
Insgesamt kann es dabei zur Überzeugung der Kammer bei Würdigung aller Einzelumstände nicht als fehlerhafte Ermessensbetätigung angesehen werden, dass die Beklagte eine Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides vom 04.05.1984 abgelehnt hat.
Denn es ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass im Rahmen der Prüfung des „öffentlichen Interesses” an einer Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten nicht nur das allgemeine Vollzugsinteresse und das Interesse an einer gleichmäßigen Anwendung des Gesetzes zu berücksichtigen sind, sondern auch das allgemeine fiskalische Interesse an einer Vermeidung der im Falle einer Bescheidkorrektur zu erwartenden finanziellen Belastung. In diesem Sinne hat das Bundessozialgericht bereits mehrfach entschieden, dass es im öffentlichen Interesse liegen könne, es bei der durch einen rechtswidrigen Beitragserstattungsbescheid gewährten Vergünstigung zu belassen, weil der durch die Beitragserstattung bewirkte Verfall von Leistungsansprüchen die vom Versicherungsträger vertretene Solidargemeinschaft aller Versicherten von Rentenanwartschaften freistellt und insoweit finanziell begünstigt. Der Rentenversicherungsträger habe daher ein anzuerkennendes rechtliches Interesse daran, an der Bindung des Erstattungsbescheides nach § 77 SGG festzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 1981 – 1 RA 35/80 –, SozR 2200 § 1303 Nr. 23).
Bei dieser Sachlage kann es zur Überzeugung der Kammer nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, dass die Beklagte – überdies unter ausdrücklicher Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1981 – 1 RA 35/80; BSG, Urteil vom 7. September 1982 – 1 RA 53/81 –, SozR 2200 § 1744 Nr. 17; siehe u.a. Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 06.10.2027) – dem öffentlichen Interesse an einem Fortbestand dieser Begünstigung den Vorrang eingeräumt und eine Rücknahme des Beitragserstattungsbescheides vom 04.05.1984 abgelehnt hat.
Entgegen der Ausführungen des Klägers hat die Beklagte diesbezüglich auch insbesondere nicht gegen ihre eigenen Arbeitsanweisungen verstoßen. Diese lauten in dieser Hinsicht folgender Maßen (abrufbar unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0201_225/gra_sgb006_p_0210.html#doc1575256bodyText30 - § 210 SGB VI: Beitragserstattung, 11 Rechtswidrig erteilte Erstattungsbescheide):
„Der Erstattungsbescheid ist rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für die Beitragserstattung bei Erteilung des Bescheides nicht vorgelegen haben oder wenn die Erstattung in unzutreffender Höhe vorgenommen wurde. Der Erstattungsbescheid wird nicht durch nach dem Erstattungsantrag in Kraft tretende gesetzliche Änderungen rechtswidrig, wenn durch die Rechtsänderung weitere Wartezeitmonate zu berücksichtigen wären (siehe Auslegungsfrage Seite 18 der Anlage 1 zu TOP 3 der Sondersitzung 2014 der AGFAVR zur erweiterten Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 249 Abs. 1 SGB VI für Zeiten ab 01.07.2014). Lagen die Voraussetzungen für die Beitragserstattung nicht vor, ist der Bescheid rechtswidrig begünstigend im Sinne des § 45 SGB X. […]
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Eine Bescheidrücknahme ist nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Berechtigten vorzunehmen. […]
Im Fall des § 45 SGB X ist das Interesse des Versicherten gegen das öffentliche Interesse an dem Bestand oder der Rücknahme des Bescheides abzuwägen. Insoweit sind folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden: […]
Macht ein Versicherter weitere Beitragszeiten geltend, die nicht erstattungsfähig sind, weil der Versicherte sie nicht mitgetragen hat (siehe hierzu Abschnitt 7 mit Ausnahme von Zeiten der Kindererziehung), ist zunächst zu unterscheiden, ob der Erstattungsbescheid rechtmäßig oder rechtswidrig war.
[…] Macht ein Versicherter weitere ausländische Beitragszeiten geltend und war der Erstattungsbescheid wegen der Nichtberücksichtigung dieser Beitragszeiten rechtswidrig begünstigend, weil das Recht zur freiwilligen Versicherung bestand, ist das öffentliche Interesse an dem Bestand des rechtswidrigen Bescheides höher einzuschätzen als das Interesse des Versicherten an der Rücknahme des Bescheides, weil der Versicherungsträger als Vertreter der Solidargemeinschaft durch den Bescheid von der Erfüllung späterer Rentenanwartschaften freigestellt wird (FAVR AG 2/84, TOP 4).“
Genau dieser Fall liegt hier vor. Der Bescheid vom 04.05.1984 ist, wie bereits oben dargelegt, rechtswidrig begünstigend. Der Kläger macht hier zudem weitere ausländische Zeiten geltend, nämlich die von ihm in Polen zurückgelegten Zeiten in der Zeit vom 18.11.1974 bis zum 30.09.1980. Bei diesen Zeiten handelt es auch entgegen der Auffassung des Klägers offenkundig nicht um „deutsche“ Versicherungszeiten, da diese nicht in der Bundesrepublik, sondern in Polen zurückgelegt wurden. Bei Zeiten nach dem DRPA handelt es sich insofern um mit denen in der Bundesrepublik zurückgelegten „gleichgestellte“ Zeiten.
Dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass es sich bei diesen „ausländischen Zeiten“ aufgrund der Gleichstellung mit den „deutschen“ Versicherungszeiten, nicht mehr um „ausländische Zeiten“, sondern nur noch um „deutsche Beitragszeiten“ im Sinne der Arbeitsanweisung der Beklagten handelt, ist bereits aus dem Grund nicht zu folgen, da es ansonsten dann gar keine ausländischen Zeiten mehr im Sinne Arbeitsanweisung der Beklagten geben würde. Soweit es sich nämlich bei sämtlichen im Ausland zurückgelegten Beitragszeiten, die mit in der Bundesrepublik zurückgelegten Zeiten gleichgestellt sind, nicht mehr um „ausländische Beitragszeiten“ handeln würde, so bliebe für die Arbeitsanweisung der Beklagten gar kein Raum mehr. Ausländische Beitragszeiten, die insofern nicht mit in der Bundesrepublik zurückgelegten Zeiten gleichgestellt sind bzw. gleichgestellt werden können, könnten dann nämlich bereits von vornerein nicht geltend gemacht werden. Solche Zeiten wären dann ausschließlich bei dem jeweiligen ausländischen Versicherungsträger geltend zu machen. Die Arbeitsanweisung der Beklagten hätte bei einer solchen Interpretation dann überhaupt keinen Anwendungsbereich mehr und wäre sinnentleert. Auch ist der Auffassung des Klägers aus dem Grund nicht zu folgen, da es des Sozialversicherungsabkommens zwischen Polen und der Bundesrepublik gar nicht mehr bedürfte, soweit es sich bei in Polen zurückgelegten Beitragszeiten „automatisch“ um „deutsche“ Versicherungszeiten handeln würde und nicht mehr um ausländische. Dies ist jedoch offenkundig nicht der Fall, denn es handelt sich bei den von dem Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten, um ausländische Beitragszeiten, die mit in der Bundesrepublik zurückgelegten Zeiten gleichgestellt sind.
Mithin handelt es sich ausweislich der Arbeitsanweisung der Beklagten bei ausländischen Zeiten um solche, die nicht in der Bundesrepublik zurückgelegt wurden, jedoch aufgrund eines bestehenden Sozialversicherungsabkommen mit diesen gleichgestellt werden können. Auch ausgehend hiervon ist mithin kein Ermessensfehler der Beklagten ersichtlich.
Das Rücknahmebegehren in Bezug auf den Beitragserstattungsbescheid vom 04.05.1984 lässt sich im Übrigen auch nicht aus den Grundsätzen des von der Rechtsprechung entwickelten sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ableiten. Es ist zwar anerkannt, dass der Rentenversicherungsträger bei Vorliegen eines konkreten Anlasses verpflichtet ist, den Versicherten von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich aufgrund seines Anliegens ergeben können. Bei Vorliegen eines konkreten Anlasses hat der Versicherungsträger den Versicherten daher regelmäßig auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig ist, dass ein verständiger Versicherter sie mutmaßlich nutzen würde. Die Verpflichtung des Versicherungsträgers zur verständnisvollen Förderung der Belange des Versicherten findet andererseits jedoch ihre Grenze an der durch das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Versicherten geschützten Privatsphäre, so dass es dem Versicherungsträger regelmäßig verwehrt ist, den Bürgern gegen oder ohne ihren Willen von Amts wegen (gut gemeinte) Ratschläge zu erteilen (siehe Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. März 1997 – L 13 An 156/96 –, juris).
Verletzt ein Versicherungsträger die ihm nach diesen Grundsätzen obliegende Nebenpflicht zur Beratung und individuellen Aufklärung der ratsuchenden Versicherten, so ist der daraus erwachsende sozialrechtliche Anspruch auf Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Ein Herstellungsanspruch kann sich auch aus Fehlern anderer Behörden ergeben, wenn diese es versäumt haben, den Versicherten auf sich aufdrängende Nachteile in anderen Rechtsbereichen zumindest hinzuweisen.
Eine Pflichtverletzung der Beklagten, aus der sich ein Herstellungsanspruch des Klägers ergeben könnte, ist vorliegend nicht feststellbar.
In dem vom Kläger unterzeichneten formularmäßigen Antrag auf Beitragserstattung gemäß § 82 AVG hat die Beklagte auf den mit der Erstattung der Hälfte der Beiträge verbundenen Ausschluss der Ansprüche aus allen bisher entrichteten Beiträgen unmissverständlich unter Ziffer 12 hingewiesen.
Da ein konkreter Anhaltspunkt für das Vorliegen von in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten zudem aus den Angaben des Klägers im Antragsvordruck für die Beklagte nicht erkennbar war, bestand für sie auch kein Anlass, auf die Verfallswirkung der Beitragserstattung auch dieser Zeiten besonders hinzuweisen. Auch bestand für die Beklagte kein weiterer Anlass den Kläger gesondert darauf hinzuweisen, dass er seine in Polen zurückgelegten Beitragszeiten ebenfalls bei der Beklagten als Versicherungszeiten geltend machen kann. Dies, da der Kläger unvollständige Angaben getätigt hat. So hat die Beklagte den Kläger unter Ziffer 7 des Antragsvordruckes ausdrücklich darum gebeten, auch Angaben über sämtliche Beschäftigungen und Tätigkeiten im Ausland anzugeben. Dem ist der Kläger schlicht nicht nachgekommen. Soweit diesbezüglich Unsicherheiten dahingehend bestanden hätten, ob es sich bei den in Polen zurückgelegten Zeiten um „Beschäftigungen und Tätigkeiten im Ausland“ handelt, so hätte der Kläger dies durch eine kurze Rückfrage bei der Beklagten in Erfahrung bringen können. Dies ist dem Kläger auch gerade aufgrund seines Intellektes und akademischen Grades (Absolvierung eines Studiums der Humanmedizin) zuzumuten gewesen.
Damit war dem Rücknahmebegehren des Klägers insgesamt nicht zu entsprechen, sodass die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 24.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 weder das Recht unrichtig angewandt hat noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Gleiches gilt auch in Bezug auf den Bescheid vom 24.03.2017, mit welchem die Zeit vom 18.11.1974 bis 30.09.1980 und die Zeit vom 28.11.1980 bis 09.11.1981 nicht als Beitragszeit vorgemerkt wurde. Dieser Bescheid war bei seinem Erlass nicht rechtswidrig, da die Beklagte die Vormerkung dieser Zeiten zu Recht abgelehnt hat. Dies, da die begehrten Zeiten aufgrund der erfolgten Beitragserstattung mit Bescheid vom 04.05.1984 der Verfallswirkung des § 82 Abs. 7 AVG (in der Fassung vom 22.12.1983 gültig bis 31.12.1991) unterlagen. Nach dieser Norm schließt die Erstattung (Beitragserstattung) weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung aus.
Mit der Beitragserstattung wird dabei das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.
Das bedeutet in dem Fall des Klägers, dass aufgrund der Beitragserstattung, sowohl die Zeiten vom 28.11.1980 bis 09.11.1981 verfallen sind, hinsichtlich derer die konkrete Beitragserstattung erfolgt ist, als auch sämtliche bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und damit die in Polen zurückgelegten Zeiten vom 18.11.1974 bis 30.09.1980. Diese Zeiten nach dem DRPA sind von der Verfallswirkung miterfasst. Dies, da es sich hierbei um gleichgestellte Zeiten handelt. Etwas Anderes kann auch vor dem Hintergrund nicht gelten, dass ein aus Polen zugezogener Berechtigter nicht schlechter, aber auch nicht bessergestellt werden darf als die Wohnbevölkerung des Gebietes, in welches die Eingliederung erfolgt. Würde insofern der Beitragsverfall von „DRPA-Zeiten“ nicht umfasst werden, würden Versicherte, die lediglich Zeiten in der Bundesrepublik zurückgelegt hätten, schlechter gestellt werden, da ihre zurückgelegten Beitragszeiten in jedem Fall nach der damaligen Vorschrift des § 82 Abs. 7 AVG entfielen.
Ausgehend hiervon war auch der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2017 bezogen auf die Ablehnung der beantragten Regelaltersrente nicht rechtswidrig und daher auch nicht im Rahmen eines Überprüfungsantrages zurückzunehmen. Dies, da der Kläger die für die Gewährung einer Altersrente erforderliche Wartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt (vgl. §§ 50 Abs. 1 und 235 Abs. 1 SGB VI). Nach der erfolgten Beitragserstattung enthielt das Versicherungskonto des Klägers insofern keinen Wartemonat.
Der Überprüfungsantrag war mithin insgesamt zurückzuweisen. Es verbleibt dabei, dass das Versicherungsverhältnis des Klägers bei der Beklagten durch die mit Bescheid vom 04.05.1984 durchgeführte Beitragserstattung rückwirkend aufgelöst worden ist. Dies hat den Verlust der Rechte aus sämtlichen vor der Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten zur Folge und steht auch einer etwaigen Wiedereinzahlung der erstatteten Arbeitnehmeranteile zur Angestelltenversicherung durch den Kläger entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Düsseldorf schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).