L 4 KA 62/22

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 27/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 62/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Nephrologen stellen eine eigene Arztgruppe i.S. des § 3a Abs. 1 GEHV dar. 

Sieht der Satzungsgeber bei der Berechnung des Honorarvolumens unter Abzug besonderer Kosten als Grundlage der Beitragsklasseneinstufung und Beitragsfestsetzung zur EHV vor, dass die bei den besonderen Kosten zu ermittelnden Arztgruppen unter bestimmten Voraussetzungen einer Arztgruppe mit ausreichender Datengrundlage zuzuordnen sind, hat diese Festlegung durch den Satzungsgeber selbst zu erfolgen.

Diese Festlegung kann nicht durch ein Institut erfolgen, welches Datenmaterial für  die Kassenärztliche Vereinigung Hessen liefert.
 

Bemerkung

L 4 KA 6/15 (Ruhen des Verfahrens)
L 4 KA 19/20 (Ruhen des Verfahrens)

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zur Neubescheidung des Klägers nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats verpflichtet wird.

Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


 
Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der Beitragsklasse zur Erweiterten Honorarverteilung (EHV) und des EHV-Beitrages für das Beitragsjahr 2013/2014.

Der Kläger ist neben Frau Dr. C. Mitglied der beigeladenen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt seit dem 1. Januar 2012 zugelassen. Zum 1. Januar 2012 trat er für Herrn Dr. K. in die Praxis ein.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2013 stufte die Beklage den Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2014 in die Beitragsklasse 9 ein. Den Beitrag je Quartal (3/2013 bis 2/2014) setzte der Beklagte auf 5.794,00 € fest. Die konkrete Zuordnung zur Beitragsklasse erfolge über das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars zum Durchschnittshonorar. Hierbei ging die Beklagte von dem folgenden Zahlenmaterial aus:

Gesamthonorar 2011                     964.734,60 € 
Durchschnittshonorar 2011            214.537,75€ 
Anteil am Durchschnittshonorar           449,68% 
Ermittelte Beitragsklasse                               9

Den hiergegen von dem Kläger mit Schreiben vom 9. Juli 2013 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger wie folgt: Die Leistungen des Abschnitts 40.14 Einheitlicher Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) dürften im Rahmen der EHV-Systematik keine Berücksichtigung finden. Die Maßnahme belaste seine Praxis in deutlich höherem Maße als bisher, ohne dass hierfür ein angemessener Gegenwert entstehe. Bisher seien nephrologische Praxen nicht bzw. nicht vollständig mit der Gesamtheit ihrer abgerechneten Honorare einbezogen worden. Dem höheren EHV-Beitrag stehe nur ein marginaler Leistungsvorteil gegenüber, was einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip darstelle. Zudem verstoße die Maßnahme gegen den Gleichheitsgrundsatz, da nur die Gruppe der Nephrologen belastet werde, die die erbrachten nichtärztlichen Dialyseleistungen gemäß Abschnitt 40.14 EBM-Ä selbst abrechneten. In den anderen Versorgungsmodellen im Bereich der Dialysebehandlung (Praxen, die die nichtärztlichen Dialyseleistungen im Zusammenwirken mit einer nichtärztlichen Einrichtung gemäß § 126 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V erbrächten bzw. ermächtigte Dialyseeinrichtungen, die mit ärztlichen Leitern kooperierten) erhielten die Ärzte Vergütungen, die nicht in die EHV einzubeziehen seien; man behandle gleiche Sachverhalte ungleich. Schließlich seien die Kostenerstattungsregelungen des Abschnitts 14 ЕBM-Ä, insbesondere die nichtärztlichen Dialyseleistungen, aufgrund ihres Kostenerstattungscharakters generell für die EHV ungeeignet. Jedenfalls sei es willkürlich, gemäß § 3 Abs. 5 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (GEHV) Kostenerstattungen innerhalb des EBM-Ä, u. a. des Kapitels 40, zu berücksichtigen und Sachkosten, die außerhalb des EBM-Ä abgegolten würden, bei der EHV-Beitragsermittlung abzuziehen. 

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hinsichtlich des Vortrages des Klägers, die Dialysesachkosten dürften bei der Ermittlung des Gesamthonorars nicht mit einbezogen werden bzw. seien aufgrund Ihres Kostenerstattungscharakters für die EHV ungeeignet, sei zu konstatieren, dass die bisherige Systematik der GEHV grundsätzlich fortgeführt werde. Auch gemäß § 5 GEHV, in der Fassung bis 30. Juni 2012, sei für die Dialysesachkosten jeweils der Abzug für die EHV erhoben worden, lediglich die TL-Anteile der Praxis im Verhältnis zur Fachgruppe (FG) seien für die in die EHV einzubeziehenden Honoraranforderungen nicht berücksichtigt worden. Bei der Ermittlung des Gesamthonorars 2011 würden sämtliche Honoraranteile herangezogen, einschließlich der Dialysesachkosten im Ganzen, weshalb im Gegenzug nun auch die technischen Leistungsanteile für die EHV berücksichtigt werden müssten. Die von dem Kläger gerügte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Arztgruppen bzw. in anderen Versorgungsmodellen tätigen Nephrologen sei mithin nicht gegeben, da nicht nur für das zugrunde zu legende Gesamthonorar 2011, sondern auch für die Ermittlung des Durchschnittshonorars die Sachkosten berücksichtigt würden. Würden diese außer Acht gelassen, würde sich zwar das zu berücksichtigende Gesamthonorar 2011 reduzieren, aber ebenso das als Maßstab dienende Durchschnittshonorar 2011. Soweit der Kläger vortrage, die Regelung des § 3 Abs. 5 GEHV sei willkürlich, sei festzustellen, dass diese Regelung jene Honorare betreffe, die nicht direkt über die KV Hessen abgerechnet würden, d.h. Einnahmen aus Sonderverträgen. Für die Ermittlung dieser Honorare seien u. a. Gebührenordnungspositionen, die Kapitel 40 entsprechen würden, abzuziehen, also gerade nicht zu berücksichtigen. Schließlich sei in Bezug auf das Vorbringen, Leistung und Gegenleistung stünden in einem nicht nur marginalen Missverhältnis zueinander, weshalb ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vorliege, auf Folgendes hinzuweisen: Die EHV sei als reines Umlagesystem organisiert. Der Vertragsarzt müsse daher in der aktiven Phase hinnehmen, dass seine Vergütung gemindert werde, um aus dem nicht verteilten Betrag die Versorgung von invaliden und alten Ärzten sowie Hinterbliebenen zu finanzieren. Dafür erwerbe er Teilhabeansprüche an dem zukünftig erwirtschafteten Honorar der Vertragsärzte in Form von Punkten, die grundsätzlich widerspiegelten, wie sich sein für die EHV relevantes Honorar zum Durchschnittshonorar verhalte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) folge jedoch aus der EHV-Berechtigung kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe des Zahlbetrages, sondern lediglich ein Teilhabeanspruch im Rahmen der Aufteilung der Gesamtvergütung. Darüber hinaus seien den Mitgliedern eines im Umlageverfahren betriebenen Pflichtversicherungssystems in einem gewissen Umfang auch höhere Beiträge zuzumuten, wenn dies zur Finanzierung der erworbenen Rentenansprüche erforderlich sei. Auf der anderen Seite fordere schließlich das verfassungsrechtliche Übermaßverbot auch die Beteiligung der EHV-Empfänger, um die Funktionsfähigkeit der EHV zu erhalten. Dementsprechend sei mit der GEHV 2012 u. a. eine schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze, ab der ein Eintritt in die EHV ohne Abzüge erfolge, auf 67 Jahre beschlossen worden.

Hiergegen hat der Kläger am 13. Januar 2014 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und weiterhin die Auffassung vertreten, dass seine Honorare aus der Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen gemäß Abschnitt 40.14 EBM-Ä nicht zur Beitragsermittlung und -festsetzung herangezogen werden dürften. Es sei davon auszugehen, dass von dem berücksichtigten Gesamthonorar i.H. von 964.734,60 € etwa 90% Honorare aus nichtärztlichen Dialyseleistungen stammten. Sein um diesen Umfang bereinigter Anteil am Durchschnittshonorar betrage etwa 44,97% von 214.237,75 €. Er sei deshalb in die Beitragsklasse 2 mit einem Quartalsbeitrag i.H. von 4.540,00 € pro Quartal einzuordnen und derzeit zu hoch in die Umlage einbezogen. 

Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass die Umstellung der GEHV auf ein Beitragsklassenmodell rechtmäßig und der Kläger insoweit zutreffend eingeordnet worden sei, festgehalten. 

Das Sozialgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2014 mit Urteil vom 10. Dezember 2014 den angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2013 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über die Eingruppierung des Klägers und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Es hat die Bildung von neun Beitragsklassen als Grundlage der Umlage für die EHV als zu grobes Verteilungsinstrument beanstandet und verlangt, dass sehr viel geringere Schwankungsbreiten in den einzelnen Beitragsklassen vorgesehen werden müssten. Im Übrigen hat es angenommen, dass über das Beitragsklassensystem faktisch eine Kopfpauschale eingeführt worden sei, die mit einem Umlagesystem letztlich nicht vereinbar sei. Der Verzicht der Beklagten auf jede Berücksichtigung von besonders hohen Kosten und Sachkostenerstattungen bei der Ermittlung sowohl des Durchschnittshonorars wie auch des Umsatzes des einzelnen Arztes sei nur scheinbar gerecht. Ärzte, die Leistungen mit hohen Kostenanteilen erbrächten, würden dadurch tendenziell in eine höhere Beitragsklasse eingruppiert und letztlich in einem größeren Umfang zur Finanzierung der EHV herangezogen als Ärzte, die keine oder nur wenige solcher Leistungen erbringen würden (fehlerhafte Festsetzung des Durchschnittshonorars). Sachliche Gründe für eine solche Ungleichbehandlung seien nicht erkennbar.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 10. Dezember 2014 hat die Beklagte am 9. Januar 2015 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. 

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass bei der Bemessung von Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung dem autonomen Satzungsgeber ein, durch den Zweck der Versorgungseinrichtung und den Verhältnisgrundsatz begrenzter, Gestaltungsspielraum zukomme, innerhalb dessen er typisieren dürfe. Darüber hinaus habe die Beitragsbemessung unter Beachtung der allgemein für die Erhebung von Beiträgen geltenden Grundsätze, insbesondere des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes zu erfolgen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts liege durch die Einführung des Beitragsklassensystems mit 9 Beitragsklassen kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Unzutreffenderweise gehe das Sozialgericht davon aus, dass eine so weitgehende Umgestaltung des EHV-Systems einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage durch den Gesetzgeber bedurft hätte. Bei der EHV handele es sich, auch nach der Umstellung auf das System der Beitragsklassen, um ein Umlagesystem. Das neue System mit den Beitragsklassen bestehe auch nicht losgelöst von den Honoraren des Vertragsarztes, da die Honorare über die Einordnung in die Beitragsklassen entscheiden würden. Die Lasten, die sich aus der Demographie ergäben, würden gerechter verteilt und damit verfassungsrechtliche Probleme vermieden. Im Blick auf die vom Sozialgericht beanstandete große „Schwankungsbreite“ bzw. „Bandbreite“ innerhalb der einzelnen Beitragsklassen sei anzumerken, dass sich dies über die Jahre bei den Ärzten ausgleiche. Der Beitrag des Klägers sei zwar im Rahmen der EHV-Reform gestiegen, aber auch schon in der Vergangenheit seien grundlegende Änderungen im Bereich der EHV mit Beitragssteigerungen erfolgt. Selbst bei Zugrundelegung des von dem Kläger angeführten bereinigten Anteils am Durchschnittshonorar, ohne die Honorare gemäß Abschnitt 40.14 EBM, von 44,97% i.H. von 214.237,75 €, also einem Betrag i.H. von 96.342,72 €, sei die prozentuale Belastung durch den erhobenen Jahresbetrag i.H. von 23.176,00 € in der Beitragsklasse 9 geringer, nämlich 24,06%, als z.B. bei einem Arzt mit einem Anteil von 5% am Durchschnittshonorar, also 10.711,89 €, mit einem Jahresbeitrag i.H. von 2.576 € in der Beitragsklasse 1 mit einer prozentualen Belastung von 24,05%. Mit der höchsten Beitragsklasse 9 sei auch eine Beitragsbemessungsgrenze eingeführt worden (Begrenzung im streitgegenständlichen Zeitraum auf Betrag i.H. von 5.794,00 € je Quartal). Die höchste Beitragsklasse 9 greife bereits ab einem Anteil von mehr als 200% am Durchschnittshonorar. Der Anteil des Klägers am Durchschnittshonorar liege in dem streitgegenständlichen Zeitraum bei 449,68%, also bei mehr als dem Doppelten des Anteils, ab dem eine Einstufung in die Beitragsklasse 9 erfolge. Die Nichtberücksichtigung besonderer Kostenanteile verstoße zudem nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV werde die EHV finanziert durch Beiträge der aktiven Vertragsärzte, die vom Honorar einbehalten würden. Das BSG habe in seinem Urteil vom 17. August 2011, B 6 KA 2/11 R ausgeführt, dass auch speziell die Einbeziehung gesondert abgerechneter Sachkosten grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Eine unterschiedliche Behandlung der mit der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Kosten bei der Beitragserhebung je nach der Art der Abrechnungswege dieser Kostenerstattungsanteile, d.h. entweder integriert in die Bewertung von Leistungspositionen für ärztliche Leistungen oder als gesonderter Zuschlag (z.B. für ambulante Operationen) oder aber als pauschalierter Schadensersatz, werde weder vom Äquivalenzprinzip noch vom Gleichheitssatz gefordert. Im Gegenteil wäre es rechtfertigungsbedürftig, wenn abweichend von einem allgemein angewandten Bemessungsprinzip nur bestimmte Kostenanteile von der Beitragspflicht freigestellt würden. Die Einbeziehung der Dialysesachkosten in die Beitragsbemessung sei nicht unter dem Gesichtspunkt zu beanstanden, dass diese den ganz überwiegenden Teil des Umsatzes ausmachten. Der Blick allein auf die gesondert ausgewiesenen und abgerechneten Sachkosten erweise sich als zu eng, da er nicht berücksichtige, dass auch das ärztliche Honorar anderer Arztgruppen pauschalierte Erstattungen für die Kosten des Praxisbetriebs beinhalteten. Die Sachkosten bei Dialysepraxen (Gerätekosten, Strom- und Wasserkosten, Kosten der Raummiete sowie Personalkosten) unterschieden sich in ihrer Art nicht wesentlich von den Sachkosten anderer Arztpraxen. Auch bei den übrigen Praxen stelle der für den Ausgleich der Praxiskosten vorgesehene Honoraranteil im wirtschaftlichen Ergebnis lediglich einen „durchlaufenden Posten“ dar, da die Begleichung der Praxiskosten notwendige Voraussetzung für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit sei. Bei den operativ tätigen Augenärzten, deren Klage dem Urteil des BSG vom 29. November 2007 zugrunde gelegen habe, hätten nicht nur die gesondert abgerechneten Sachkosten für Intraokularlinsen (Umsatzanteil 22%) der Beitragsbemessung unterlegen, sondern auch deren sonstige, mit den Honoraren abgegoltenen Betriebskosten, welche ausweislich der Erhebung bei Augenärzten im Jahre 2003 durchschnittlich 59,5% des Honorars ausgemacht hätten. Der sich ergebende „Sachkostenanteil“ von insgesamt mehr als 80% relativiere den hohen Anteil der Sachkosten der Dialysepraxen deutlich.

Der Kläger trägt vor, durch die Einbeziehung der mit sehr hohen Kostenanteilen belasteten Honorarumsätze der Nephrologen im Zusammenhang mit der Abgeltung der nichtärztlichen Dialyseleistungen liege ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und gegen den Gleichheitssatz vor. Wenn es sich auch bei den abgerechneten so genannten nichtärztlichen Dialyseleistungen gemäß Abschnitt 40.14 EBM-Ä um Honorarbestandteile handele, sei gleichwohl festzuhalten, dass diese wegen des fehlenden wirtschaftlichen Effekts für den Vertragsarzt der Beitragspflicht zur Vermeidung von extremen Verzerrungen entzogen sein müssten. Eine differenzierte Betrachtung sei schon aus dem Umstand heraus geboten, dass – anders als bei allen anderen Arztgruppen – der immense Kostenanteil in diesen Honoraranteilen dazu führe, dass die augenfällig deutlich über den durchschnittlichen Arzthonoraren liegenden Honorare der Nephrologen zu etwa 90 % von diesen Honoraranteilen geprägt seien, die vom Prinzip her vollständig durch Kosten aufgezehrt werden würden. Im Jahr 2014 seien die über den Abschnitt 40.14 EBM-Ä abgerechneten Honorare nahezu vollständig von den spezifischen Kosten für die nichtärztlichen Dialyseleistungen verbraucht worden. Mithin sei das um den Honoraranteil nach Abschnitt 40.14 EBM-Ä bereinigte, von den vertragsärztlichen Nephrologen abgerechnete ärztliche Honorar die einzig sachgerechte Grundlage für einen Vergleich mit den Honoraren aller anderen Arztgruppen, soweit diese zur EHV herangezogen würden. Es dürfe nicht übersehen werden, dass auch in diesen bereinigten ärztlichen Honoraren der Nephrologen klassischerweise – wie in den anderen Arztgruppen auch – Sachkostenanteile enthalten seien, für welche der klagende Nephrologe selbstverständlich keine Sonderbehandlung bei der Berechnung der Beitragsklasse gefordert hätte. Ein Umlagesystem für die EHV dürfe lediglich die Honorare für die klassischen ärztlichen Leistungen erfassen, mit denen der Vertragsarzt sein Lebensunterhalt verdiene. Darüber hinaus leite sich aus den drei unterschiedlichen Kooperationsformen in nephrologischen Praxen eine Ungleichbehandlung ab, soweit bei anderen Kooperationsformen die nichtärztlichen Honorare eben auch nicht selbst abgerechnet werden würden. Insoweit sei nochmals darauf hinzuweisen, dass es im Wesentlichen drei unterschiedliche Kooperationsformen im Rahmen der ambulanten Dialysebehandlung gebe: Nur im Falle der Betreuung der nephrologischen Patienten mit allen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungen wie bei dem Kläger seien die Honorare für die nichtärztlichen Dialyseleistungen umlagepflichtig. Dies sei nicht der Fall bei der Betreuung in Kooperation mit einem Leistungserbringer, der einen Vertrag gemäß §§ 126 Abs. 3, 127 SGB V mit den Krankenkassen abgeschlossen habe und auch nicht bei der Betreuung der nephrologischen Patienten im Rahmen einer Institutsermächtigung gemäß § 5 der Anlage 9.1 BMV-Ä. Entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich um vergleichbare Sachverhalte. Alle drei Versorgungsmodelle nähmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil und seien bereits deshalb vergleichbar. Die Sachkosten bei Dialysepraxen könnten nicht mit Sachkosten anderer Praxen gleichgestellt werden. Zum einen handele sich bei dem nichtärztlichen Aufwand in einer Dialysepraxis nicht um Sachkosten, sondern um umfassende Prozesskosten, die ihrer Natur nach im Rahmen einer „Aktivitätenteilung“ dergestalt strukturell verselbständigt werden könnten, dass die hier beschriebenen Versorgungsvarianten entstünden. Selbst der Gesetzgeber gehe von einer Sonderstellung der nichtärztlichen Dialysekosten aus (§ 85 Abs. 3a Satz 4 SGB V a.F. bis 2010, § 126 Abs. 3 SGB V).

Mit Beschluss vom 28. November 2017 hat der Senat das Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten im Blick auf das Parallelverfahren von Frau Dr. C. (L 4 KA 2/15) zum Ruhen gebracht. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2018 hat der Senat den Streitwert des Verfahrens auf 18.160,00 € festgesetzt.

In dem Parallelverfahren L 4 KA 2/15 hat der Senat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 mit Urteil vom 11. April 2018 zurückgewiesen. Die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision hat das BSG mit Urteil vom 11. Dezember 2019 zurückgewiesen (B 6 KA 12/18 R). Nach der Auffassung des BSG bestehen zwischen den Arztgruppen hinsichtlich der Relation von Umsatz und Ertrag strukturelle – nicht individuelle – Unterschiede von solchem Ausmaß und Gewicht, dass eine schematische Gleichbehandlung für Zwecke der EHV nicht gerechtfertigt ist und § 3 Abs. 1 GEHV in der zwischen dem 1. Juli 2012 und dem 31. Dezember 2016 geltenden Fassung mit höherrangigem Recht nicht in vollem Umfang vereinbar ist. Die Beklagte habe deshalb neu über die Höhe der Umlage der Klägerin für die EHV zu entscheiden und insoweit zunächst § 3 GEHV rückwirkend neu zu fassen.

Im Einverständnis mit den Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 24. September 2020 erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Eine Zweckmäßigkeit ergebe sich daraus, dass eine Neubescheidung anhand der neu zu fassenden Regelung des § 3 GEHV abgewartet werden solle.

Die Beklagte hat mit den in den Sitzungen der Vertreterversammlung (VV) der Beklagten vom 6. März 2021 und vom 29. Mai 2021 beschlossenen Änderungen der GEHV (veröffentlicht mit Rundschreiben vom 15. Dezember 2021, Bl. 255ff der Gerichtsakte Landessozialgericht - GA LSG -) auf die Rechtsprechung des BSG reagiert. Eine in dem Urteil vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R geforderte Berücksichtigung besonderer Kosten in § 3a GEHV wurde rückwirkend zum 1. Juli 2012 eingeführt. Im Rahmen der Berechnung nach § 3a GEHV wurden die Arztgruppen mit einem besonderen Kostensatz ermittelt und in der Anlage zu § 3a Abs. 3 GEHV für das jeweilige Kalenderjahr ausgewiesen.

Nach dem Wiederaufrufen des Verfahrens trägt die Beklagte wie folgt vor: Die Vorgaben des BSG zur Kostenberücksichtigung seien seitens der Beklagten in § 3 Abs. 1 GEHV in der Fassung vom 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2016 so umgesetzt worden, dass besondere Kosten bei einer Arztgruppe im Rahmen der Beitragsbemessung nach § 3 Abs. 1 GEHV nur berücksichtigt würden, wenn deren durchschnittliche Kosten um mehr als 15 % über den durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen lägen. Die Kosten würden anhand einer geeigneten Datengrundlage ermittelt, die von der VV erstmalig beschlossen und vom Vorstand veröffentlicht werde. In der Anlage zu § 3a GEHV Besondere Kosten würden die Vorgaben für die auf Basis des § 3a Abs. 1 und Abs. 2 GEHV ermittelten Arztgruppen und Kosten festgelegt. Die Regelungen über die Beiträge und Beitragsklassen in §§ 3, 10 Abs. 3 GEHV blieben im Übrigen unverändert, da diese vom BSG nicht beanstandet worden seien (BSG Urteil vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 9/19 R). Schließlich habe das BSG auch entschieden, dass die Beitragserhebung auf Basis von Beitragsklassen nach den GEHV hinsichtlich einer höheren Beitragsbelastung nicht zu beanstanden sei. Soweit die Verwendung von Beitragsklassen zur Ermittlung der Beiträge der Ärzte für die EHV zu Härten führen könne, habe die Einstufung in eine höhere Beitragsklasse zugleich Auswirkungen auf die Punktzahl und damit auf die Höhe der Anwartschaft aus der EHV, sodass sie nach der Rechtsprechung des BSG auch dem Äquivalenzprinzip genüge und daher ebenfalls nicht zu beanstanden sei. Bei der Ermittlung der Kosten habe die Beklagte gemäß Beschluss der VV abschließend auf die Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Vereinigung (ZI) abgestellt. Die Kostenregelung in § 3a GEHV neue Fassung folge den zuvor geltenden Kostenregelung in den GEHV in den Fassungen bis 30. Juni 2012, d.h. es erfolge keine verbindliche Festlegung der zugrunde gelegten Datenquellen, da die Entscheidung darüber der VV obliege. Die Daten des ZI stellten auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG eine „geeignete Datengrundlagen“ dar. Denn als solche kämen nur valide, öffentlich zugängliche und überprüfbare Quellen in Betracht, die Aufschluss über die tatsächlichen Kostenstrukturen in Arztpraxen gäben. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und der Umsetzung der Kostenregelungen in den früheren Fassungen der GEHV seien von der Beklagten als „geeignete Datengrundlagen“ nach § 3a Abs. 1 Satz 3 GEHV neue Fassung daher neben den Daten des ZI auch die Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) betrachtet worden. Dabei habe sich im Hinblick auf die Daten von Destatis gezeigt, dass sie unter einer mangelnden Aktualität leiden würden. Die Daten würden nur im 4-Jahres-Rhythmus aktualisiert, es würden keine aktuelleren Daten zur Verfügung gestellt. Auch detaillierte Auswertungen, insbesondere für den Bereich der Beklagten, könnten von Destatis nicht vorgelegt werden. In Bezug auf die Daten des ZI würden die Datenquellen im 1-Jahres-Rhythmus aktualisiert und darüber hinaus Vergleichswerte zumindest aus dem Versorgungsraum Süd (Regionalberichte im Gegensatz zu einem bundesweiten Betrachtungsansatz bei Destatis) und damit detaillierte Daten für den Bereich der Beklagten zur Verfügung gestellt. Weiterhin hätten diese Daten eine größere Ähnlichkeit mit der Honorarverteilungssystematik. Die Auswahlgrundlage (Unternehmensregister) bei Destatis schließe zudem Privatpraxen mit ein. Zum Zeitpunkt der honorarseitigen bzw. statistischen Befassung mit den Datenquellen seien die Daten des ZI auf Basis der letzten Erhebung 2019 (Daten aus 2014-2017) verfügbar, wohingegen Destatis auf die letzte Erhebung 2015 abstelle. Die Nephrologen seien innerhalb der Systematik des ZI der FG „Sonstige Internisten“ zuzuordnen. Dies liege an dem Umstand, dass sie weder bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung noch beim Bewertungsausschuss als eigene FG geführt würden, sondern zu den Internisten zählten. Insofern gebe es keine öffentlich zugänglichen und validen Daten für Nephrologen. Die Beklagte verfüge über diese Daten nicht, da sie von den Arztpraxen weder mit der Abrechnung des Honorars noch auf anderem Wege dieser mitgeteilt würden. Am nächsten kämen die Daten des ZI, die die Nephrologen zu den sonstigen Internisten zählten. Da Destatis keine weitergehenden Daten zu Verfügung stellen könne/wolle verblieben nur ZI-Daten. Sofern es mit Blick auf die ZI-Daten an Daten fehle bzw. eine explizite Nennung nicht erfolge, stelle die Regelung zur Vergleichbarkeit in § 3a Abs. 2 GEHV ab auf „verwandte“ FGen, die in ihrer Struktur „am ehesten vergleichbar“ seien. Es ergebe sich aus der Anlage zu § 3a, dass die FG der „sonstigen Internisten“, zu denen die „Nephrologen“ zugeordnet seien, ab dem Kalenderjahr 2011 bis 2015 als kostenintensiv gelten würden. Laut § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kostenstrukturstatistik (in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 708-3, veröffentlichen bereinigten Fassung), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Februar 2021 (BGBl. I S. 266) geändert worden sei (KoStrukStatG) würden in den Wirtschaftsbereichen „Arzt- und Zahnarztpraxen“ sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten jährlich Kostenstrukturerhebungen als Bundesstatistik durchgeführt. Die jährliche Durchführung sei erstmals für das Jahr 2021 erfolgt. Das ZI nehme für die Fälle unterschiedlicher Rücklaufquoten eine Gewichtung vor, indem unterrepräsentierte Gruppen höher und überrepräsentierte Gruppen geringer gewichtet würden (für FG, Praxisgröße und regionale Verteilung).

Für das in dem streitgegenständlichen Beitragsklassenbescheid vom 26. Juni 2013 zugrunde gelegte Gesamthonorar für das Kalenderjahr 2011 würden für diese Fachgruppe 3,90% an besonderen Kosten gelten. Die Berücksichtigung des besonderen Kostensatzes führe allerdings nicht zu einer Änderung der in dem streitgegenständlichen Quartal ermittelten Beitragsklasse, wie die folgende Berechnung zeige:

Gesamthonorar 2011 964.734,60 €
Berücksichtigung von Kosten in % 3,90 %
Gesamthonorar unter Berücksichtigung Kosten 927.109,95 €
Durchschnittshonorar 214.537,75 €
Anteil am Durchschnittshonorar 432,14 %
Beitragsklasse 9

Das Sozialgericht Marburg habe zudem am 24. April 2024 zu den Az. S 17 KA 418/22 und S 17 KA 469/22 entschieden (Berufungsaktenzeichen L 4 KA 27/24 und L KA 28/24), dass die Umsetzung des Urteils des BSG vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R in Gestalt der rückwirkenden Neuregelung der GEHV für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2016 hinsichtlich der Berücksichtigung besonderer Kosten weitgehend rechtmäßig sei. Lediglich die klägerische Rüge, dass die Auswertung der Beklagten ausschließlich das Verhältnis von Gesamteinnahmen zu Gesamtkosten der FG betrachte, erfolge nach der Auffassung des Sozialgerichts Marburg weiterhin zu Recht. Da der Kläger selbst ausführe, dass Privatpatienten und/oder individuelle Gesundheitsleistungen (iGeL) in einer nephrologischen Praxis in wirtschaftlicher Hinsicht keine nennenswerte Bedeutung haben würden, komme es nach der Auffassung der Beklagten auch hierauf nicht mehr an. Ergänzend verweist die Beklagte auf ihr Vorbringen in den Verfahren L 4 KA 27/24 und L KA 28/24 (Radiologiefälle).

Unter dem Datum des 22. Dezember 2023 sei nunmehr ein Rundschreiben der Beklagten an alle ärztlichen Mitglieder der Beklagten versandt worden, mit dem eine anknüpfende Veröffentlichung der Anlagen zu § 3a der GEHV erfolgt sei, womit eine ordnungsgemäße Veröffentlichung der „geeigneten Datengrundlagen“ im Sinne des § 3a Abs. 1 S. 3 GEHV gegeben sei. Aus dieser Veröffentlichung ergebe sich, dass ZI-Daten verwendet worden seien und wie diese zu der Kostenermittlung und der berücksichtigten FG sowie der nicht berücksichtigten FGen hinsichtlich besonderer Kosten in Umsetzung des Urteils des BSG konkret geführt hätten. Mit der Veröffentlichung per Rundschreiben vom 22. Dezember 2023 greife die Beklagte das Rundschreiben vom 15. Dezember 2021 auf und verweise auf die zugrunde gelegte Datenquelle des ZI. Gleichzeitig werde erneut hervorgehoben, dass es öffentlich zugängliche Jahresberichte des ZI gebe, die dieses seinen Trägern jährlich in Form von Regionsberichten (regionalisierte Auswertungsergebnisse) zur Verfügung stelle. Zudem werde den Empfängern des Rundschreibens mitgeteilt, dass das ZI-Praxis-Panel seinen Trägern auf Anfrage zusätzlich Sonderauswertungen zu spezifischen Themen bzw. Fragestellungen erstelle. Damit sei per Rundschreiben nicht nur Transparenz hinsichtlich der Datenquelle geschaffen worden, sondern auch dahingehend, dass neben den Arztgruppen mit Berücksichtigung besonderer Kosten auch die Arztgruppen zu erkennen seien, bei denen keine Berücksichtigung besonderer Kosten erfolgen könne. Klägerseits fehle eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der Beklagten dahingehend, warum genau die Beklagte das ihr zustehende Ermessen bei der Auswahl der Datenquelle in rechtswidriger Art und Weise ausgeübt haben solle. Der klägerische Vortrag lasse eine dezidierte Auseinandersetzung auch dahingehend vermissen, dass er nicht erkläre, warum genau die Daten des ZI in der Gesamtschau nicht valide sein sollten und daher nicht hätten zugrunde gelegt werden dürfen. Die Mängel, die in der Gesamtschau gegen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprächen, würden klägerseits nicht thematisiert. Hier sei insbesondere erneut der Umstand zu betonen, dass das Statistische Bundesamt überhaupt keine individualisierte Auswertung angeboten habe. Der Kläger erkläre zudem nicht, worin konkret die Relevanz von unternehmerischem Risiko und dem wirtschaftlichen Wert einer Praxis für die Herleitung bzw. Berechnung der besonderen Kostensätze zu sehen sei. Ausweislich der Rechtsprechung des BSG vom 11. Dezember 2019 und im Einklang mit der satzungsmäßigen Systematik der GEHV sowie der vertragsärztlichen Honorarverteilung, sei auf die Einnahmen und Aufwendungen bzw. Umsatz und Kosten abzustellen. Dies bildeten die Zahlen des ZI auch so ab. Selbst wenn man bei Internisten mit dem Schwerpunkt für Nephrologie bzw. für Sonstige Internisten immer ein Anteil von über 80% zugrunde legen würde, würde dies nichts an der Einstufung des Klägers in die Beitragsklasse 9 ändern. Sie habe hier Modelle mit 80%, mit 85% und sogar mit 100% gerechnet. Der Kläger verbleibe immer in der Beitragsklasse 9. Die Einstufung in die Beitragsklasse 9 beginne im 2. Beitragsjahr bereits bei 429.075,51 € (vgl. Berechnung Bl. 441ff, Bl. 472f der GA LSG). Es erscheine sachfremd, Nephrologen per se mit völlig anderen FGen, wie etwa den Radiologen, vergleichen zu wollen, nur um hohe Kosten bei den Nephrologen herleiten zu können. Dieses klägerische Vorbringen widerspreche insoweit auch dem Ziel, eine Datengrundlage auszuwählen, die der FG-Struktur (in der vertragsärztlichen Systematik) am Nächsten komme. Daher werde bei der Betrachtung auch eben die FG-Struktur vor der Honorarsystematik herangezogen. 

Auch gebe es keinen „mathematischen Trick“, wie der Kläger behaupte, mit dem die Beklagte angeblich versuchen würde, das Ergebnis zu halten, welches das BSG als rechtswidrig eingestuft habe. Die Beklagte setze mit Blick auf die 15% genau die Vorgaben des BSG aus der Entscheidung vom 11. Dezember 2019 zu dem Az. B 6 KA 12/18 R um. Insofern sei mittlerweile durch das SG Marburg bestätigt, dass der durchschnittliche Kostensatz korrekt sei. Nach den Grundsätzen der Statistik gebe es verschiedene Möglichkeiten einen Mittelwert zu berechnen (Arithmetischer Mittelwert, Geometrisches Mittel, Harmonischer Mittelwert, Winsorientiertes und getrimmtes Mittel). Standardmäßig werde mit dem Arithmetischen Mittel gerechnet. Hiervon ausgehend würden seitens der Beklagten die ZI-Daten aufbereitet und in diesem Zuge auch der durchschnittliche Kostenwert über alle FGen errechnet. Dieser Durchschnittswert werde dann mit dem Wert der betroffenen FG verglichen. Im Falle einer 15%igen Überschreitung des Durchschnitts werde dann keine EHV auf das überschießende Honorar erhoben. Aus der Stellungnahme des ZI vom 13. März 2023, S. 5 f., seien die Grundlagen der seitens des ZI vorgenommenen Gewichtung zu entnehmen. Insofern seien die Behauptungen des Klägers zurückzuweisen, da sie im Kern den Eindruck suggerierten, alle Arztgruppen wären ungewichtet in die Datengrundlage eingeflossen.

Ausgehend von den einzelnen Arztgruppen würden unter Berücksichtigung der Anzahl von entsprechenden Praxen dieser Arztgruppen im jeweiligen Vorvorjahr des betroffenen Beitragsklassenjahres bzw. Zeitraumes die Einnahmen ausgewiesen sowie die Ausgaben. Die Einnahmen würden dahingehend aufgesplittet, dass je Arztgruppe auch die Einnahmen aus GKV ausgewiesen würden. Hierauf basierend würden, aufgeteilt nach Arztgruppen, die durchschnittlichen Aufwendungen als Prozentsatz ausgewiesen. Zudem werde dieser durchschnittliche Prozentsatz auch über alle Arztgruppen hinweg berechnet und ausgewiesen (hier 51,4%). Dieser Wert sei mit den 15% (BSG) zu multiplizieren, um dieses Ergebnis mit den 51,4% zu addieren. Aufgrund dessen erhalte man den Referenzwert zur Bestimmung der besonderen Kosten. Wenn nun der je Arztgruppe berechnete Prozentwert der durchschnittlichen Aufwendungen die Referenzgrenze von 59,1% überschreite, dann habe die jeweilige Arztgruppe (zu berücksichtigende) besondere Kosten. Soweit der Kläger ausführe, dass selbst bei einem Kostenanteil von 100% und einer daraus folgenden Einstufung in die Beitragsklasse 9 nicht der Schluss gezogen werden könne, dass es an einer Beschwer fehle, sei dies unzutreffend. Denn schon rein tatsächlich betrachtet sei eine Annahme von Kosten mit über 100% unmöglich. Hier bliebe kein „Einnahmeanteil“, was gänzlich lebensfremd sei. 

Auch der Vorhalt, die Beklagte würde allein am Umsatz festhalten, sei zurückzuweisen. In der vertragsärztlichen Honorarverteilung werde nicht auf den reinen Gewinn abgestellt, sondern auf die Umsätze. Diese Systematik bestätige sich auch beim Blick in den ZI-Praxis-Panel Jahresbericht 2018, dort insbesondere Kapitel 6 (Material und Methode). Den dortigen Ausführungen sei ein explizites Abstellen auf den Gewinn nicht zu entnehmen. Auch in der Stellungnahme des ZI vom 13. März 2023 werde unter 4. deutlich, dass die ausgewerteten Merkmale eben die Angaben zu den durchschnittlichen Einnahmen je Praxisinhaber (Gesamteinnahmen und Einnahmen aus Abrechnung gegenüber der GKV) sowie zu den durchschnittlichen Aufwendungen je Praxisinhaber (Gesamtaufwendungen und Differenzierung nach Aufwendungen für: Personal, Miete und Nebenkosten, usw.) umfassten. Das explizite Abstellen auf den reinen Gewinn erscheine auch nicht wirklich angezeigt, da die tatsächliche Gewinnquote als eine von zahlreichen individuellen Faktoren determinierte Größe sich nicht für großflächige statistische Datenerhebungen eignen dürfte. Für viele Ärzte ändere sich die Beitragsklasse nach der Kostenberücksichtigung. Dass es vorliegend bei der Beitragsklasse 9 bleibe, liege an dem außerordentlich hohen Honorar des Klägers.

Die Beklagte hat zur Bestätigung ihres Vorbringens u.a. das Beratungsprotokoll der VV vom 29. Mai 2021, den Beschluss der VV vom 6. März 2021 und vom 29. Mai 2021 zur Änderung der Grundsätze der EHV der Beklagten mit dem Genehmigungsvermerk des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration vom November 2021, einen Auszug aus dem Protokoll der VV vom 2. Dezember 2023, das Rundschreiben an alle ärztlichen Mitglieder und EHV-Empfänger der Beklagten vom 15. Dezember 2021 und vom 22. Dezember 2023 (Bl. 391ff der GA) nebst einer Stellungnahme des ZI vom 13. März 2023 vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, dass der Beklagten sicherlich ein Ermessen zustehe, auf welche Daten sie Zugriff nehme. Das Ermessen sei jedoch auf Null i.S. eines Ausschlusses reduziert, wenn die avisierten Daten offensichtlich untauglich seien, was hier der Fall sei. Die Daten beruhten auf einer statistisch nicht verwertbaren Grundlage. Das ZI schreibe jährlich 7.000 Praxen an und bitte um die Mitteilung der Daten, wobei es den Praxen freistehe, auf diese Anfrage zu antworten und Daten mitzuteilen. Offensichtlich würden nur wenige Praxen antworten, da z.B. im Jahr 2019 die Daten von insgesamt 4.843 Praxen aller Fachgebiete ausgewertet worden seien. Die Teilnehmerquote liege also lediglich bei etwas mehr als 50%. Die Kategorie „Innere Medizin – sonstige FG“ weise 41 Praxen aus. Es sei völlig unklar, ob in diesem „Sammelbecken“ überhaupt nur eine einzige nephrologische Praxis erfasst werde. Wolle man die Überarbeitung des § 3 GEHV auf eine zuverlässige und anerkannte Datengrundlage stellen, böte sich an, die Daten des Statistischen Bundesamtes heranzuziehen. Diese seien nach § 87 Abs. 2 Satz 4 SGB V Grundlage der Aktualisierung des EBM-Ä und somit die einzigen Daten, die kraft Gesetzes in Angelegenheiten der Vertragsarztgruppen herangezogen werden dürften. So habe das Statistischen Bundesamt im Zusammenhang mit der Absenkung der Dialyse-Sachkostenpauschale festgestellt, dass bei der vom Institut des Bewertungsausschusses vorgenommenen Auswertung der so genannte relative Standardfehler so hoch gewesen sei, dass die Ergebnisse nach Ansicht des Statistischen Bundesamtes nicht verwertbar gewesen seien bzw. sind. Die Beklagte lobe und hebe die Daten des ZI hervor, komme aber zu dem Ergebnis, dass diese Daten für die Nephrologen nicht passten, da es für diese keine öffentlich zugänglichen und validen Daten gebe. Daher würden diese in das Sammelbecken der sonstigen Internisten eingeordnet. Den sonstigen Internisten werde ein Kostenansatz von 63% (2013) bzw. 71,50% (2014) zugewiesen, obwohl das BSG in der Entscheidung vom 11. Dezember 2019 (B 6 KA 12/18 R) bestätigt habe, dass bei den Nephrologen die Kosten zwischen 80% und 90% lägen (in dem konkreten Fall 85%). Die Beklagte agiere widersprüchlich, wenn sie bei Nephrologen einerseits in dem Musterverfahren einen Kostenansatz von über 80% als richtig und zutreffend anerkenne und in der nachfolgenden Umsetzung diese einer Arztgruppe zuweise, die einen Kostenansatz von 63% habe. Die Nephrologen müssten als eigenständige Arztgruppe erfasst werden. Es sei davon auszugehen, dass der Kostenanteil bei den Nephrologen inzwischen gestiegen sei. In Rheinland-Pfalz werde für die dortigen Nephrologen ein Musterverfahren geführt, in dem eine höhere Vergütung für die Kostenpauschalen für nichtärztliche Dialyseleistungen (Dialyse-Sachkosten) begehrt werde. Ausweislich des Gutachtens von Dr. Drabinski seien im Durchschnitt 37,17 Personen als nicht ärztliches Personal in einer Dialysepraxis beschäftigt. Die Gehälter seien gestiegen, es lägen Tariferhöhungen vor, sodass klar sei, dass der Kostenanteil inzwischen deutlich höher anzusetzen sei. Privatpatienten und/oder iGeL hätten in einer nephrologischen Praxis in wirtschaftlicher Hinsicht keine nennenswerte Bedeutung. Dass das ZI bezüglich der Nephrologen keine validen Daten habe, sei nicht diesen anzulasten. Es obliege einzig und allein der Beklagten, valide Daten zu verwenden. Es werde von der Beklagten nicht berücksichtigt, dass das unternehmerische Risiko in einer Dialysepraxis aufgrund der hohen Investitions- und Betriebskosten sowie aufgrund der Tatsache, dass dort im Schnitt 37,17 nicht ärztliche Mitarbeiter beschäftigt seien, überdurchschnittlich hoch sei. Die Beklagte versuche, mit einem mathematischen Trick das Ergebnis zu halten, welches das BSG als rechtswidrig eingestuft habe. Der Trick bestehe darin, dass der Kostenansatz von 85% durch 2 Rechenschritte auf ca. 20% reduziert werde, sodass der Kläger weiter in der Beitragsgruppe 9 eingruppiert werde. Die Annahme der Beklagten, alle EHV-relevanten FGen hätten einen durchschnittlichen Kostenansatz von 51,4% sei sachlich und rechnerisch unzutreffend. Das SG Marburg habe bereits in seiner Entscheidung vom 15. März 2023 (S 17 KA 356/20 WA) festgestellt, dass die Datengrundlage und die Berechnungsergebnisse nicht den Anforderungen von Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) entsprächen. Die Ungenauigkeit werde durch die Systematik der GEHV bestätigt, nach der Arztgruppen, für die anerkanntermaßen keine geeignete Datengrundlage vorlägen, einer anderen Arztgruppe zugeordnet werden sollten. Hinzu komme, dass die Beklagte sich bei der Zuordnung der Arztgruppen ausschließlich nach der Kategorisierung des ZI richte und dabei sachliche Gründe (Kostenstruktur) einer Vergleichbarkeit außer Acht lasse. Hierbei verkenne die Beklagte, dass die Kategorisierung des ZI für die Beklagte mangels rechtlicher Grundlage nicht bindend sei. Dadurch, dass die durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen berechnet würden, indem die durchschnittlichen Kosten (in %) aller EHV-pflichtigen Arztgruppen addiert und durch die Anzahl der zugrunde gelegten EHV-pflichtigen Arztgruppen dividiert würden, werde ein ungewichtetes arithmetisches Mittel beschrieben. Jede Arztgruppe zähle gleich stark, egal wie groß sie sei, was bei Arztgruppen typischerweise nicht der Fall sei. Es fehle eine Gewichtung des Durchschnitts. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei schließlich davon auszugehen, dass Zahlungen, die z.B. im hausärztlichen Bereich über Hausarztverträge erfolgten, nicht berücksichtigt würden, was zu Realitätsverzerrungen in Bezug auf die Erhöhung des durchschnittlichen Kostenfaktors führe. Auch die Erhöhung von 15% sei systematisch falsch. Die in Rede stehenden 15% lösten nach der Rechtsprechung des BSG „nur“ eine Überprüfungs- und Reaktionspflicht aus, stellten für sich allein aber keinen Kostenfaktor dar, der in Abzug zu bringen oder anzurechnen sei. Der Umstand, dass die Beklagte die GEHV neu gefasst und nunmehr Kosten berücksichtigt habe, besage nicht, dass damit das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz gewahrt seien. Für den Kläger habe sich, wenn man unterstelle, dass er in die Beitragsklasse 9 einzugruppieren sei, nichts geändert. Die Beklagte knüpfe nach wie vor allein an dem Umsatz an und bringe zwar Kosten – wenn auch nur in der von ihr berechneten Höhe – in Abzug, berücksichtige aber nicht und lasse offen, ob mit den überdurchschnittlich hohen Umsätzen auch überdurchschnittlich hohe Überschüsse einhergingen. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen und festzuhalten, dass die Tatsache, dass der Kläger lange vor Erreichen der gesetzlichen Altersrente die Höchstpunktzahl erreiche und alle Beiträge danach „leer“ liefen, einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz darstellten.

Der Senat hat dem Verfahren ein Sitzungsprotokoll aus dem Parallelverfahren L 4 KA 50/20 beigezogen und den Beteiligten zur Verfügung gestellt und am 19. März 2025 einen Erörterungstermin abgehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf die Gerichtsakten (3 Bände), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Klage ist zulässig. Bei der Festsetzung der EHV-Beitragsklasse und des EHV-Beitrages für das Beitragsjahr 2013/14 handelt es sich um Verwaltungsakte, die eine Inzidentprüfung der Rechtsgrundlagen der EHV zulassen; es sind nicht lediglich nachrichtliche Übernahmen oder Berechnungspositionen im Bescheid über die Honorarverteilung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, B 6 KA 44/03 R, zitiert nach juris, Rdnr. 112; BSG, Urteil vom 19. Februar 2014, B 6 KA 8/13 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rdnr. 20), vielmehr liegt ihnen die vom Bundessozialgericht geforderte inzidente Feststellung der Statusentscheidung zur Teilnahme an der EHV zugrunde.

Die Klage ist auch als Bescheidungsklage zulässig, da der Kläger nicht auf seine Ansprüche aus der EHV verzichten möchte. Insoweit besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, denn § 4 Abs. 1 GEHV (in der Fassung der Beschlüsse der VV der Beklagten vom 10. März 2012 und 12. Mai 2012 mit Wirkung zum 1. Juli 2012, die durch Umsetzung des Urteils des BSG vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R erneut mit Wirkung vom 1. Juli 2012 durch Beschluss der VV in den Sitzungen vom 6. März 2021 und vom 29. Mai 2021 geändert wurden), der die Höhe des Anspruchs regelt, stellt auf „durch die Beiträge gesammelte Punkte“ ab, die der „Beitragszahler“ erhält. Dies spricht dafür, dass Anwartschaften nur erworben werden können, wenn zumindest eine durch Verwaltungsakt konkretisierte und vollziehbare Beitragspflicht besteht.

Die Klage des Klägers ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dieser ist aufzuheben und die Beklagte ist verpflichtet, über die Eingruppierung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden und die Beiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum festzusetzen.

Rechtsgrundlage für eine Heranziehung des Klägers zur EHV durch den Bescheid vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2013 ist § 3 Abs. 1 Satz 1 der GEHV, die die Beklagte durch Beschluss ihrer VV in den Sitzungen vom 10. März 2012 und 12. Mai 2012 mit Wirkung zum 1. Juli 2012 neu gefasst hatte und die durch Umsetzung des Urteils des BSG vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R erneut mit Wirkung vom 1. Juli 2012 durch Beschluss der VV in den Sitzungen vom 6. März 2021 und vom 29. Mai 2021 geändert wurden. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der GEHV ist § 8 des hessischen Landesgesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KÄV) und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen i. d. F. d. Änderungsgesetzes vom 14. Dezember 2009, GVBl. 2009, Teil I, 662, in Kraft getreten am 23. Dezember 2009 (KVHG) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17. August 1955 (BGBl. I 513). Diese Vorschriften sind verfassungsgemäß (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19. Februar 2014, B 6 KA 10/13 R, zitiert nach juris Rdnr. 22 ff.; ausführlich zur vorherigen Rechtslage BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnrn. 20 bis 64; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2009, 1 BvR 3289/08; s. a. die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 39/07 R, zitiert nach juris, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG, 1. Senat, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2009, 1 BvR 3290/08).

Danach wird die EHV finanziert durch Beiträge der aktiven Vertragsärzte, die vom Honorar einbehalten werden. Die Höhe des zu leistenden Beitrags ist abhängig von dem erzielten Honorar aus ärztlicher Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung im Vorvorjahr des Beitragsjahres, das heißt aller für das herangezogene Kalenderjahr durch die KV Hessen vergüteten ärztlichen Honorare nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 3a sowie der Honorare aus Selektivverträgen, die in dem entsprechenden Jahr zugeflossen sind. Soweit das über die KV Hessen abgerechnete Honorar des jeweiligen Vertragsarztes im Quartal nicht ausreichend ist, um den Beitrag durch Honorareinbehalt vollständig zu bedienen, ist er verpflichtet, den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KV Hessen zu zahlen, § 3 Abs. 1 GEHV. 

Es werden insgesamt neun Beitragsklassen festgelegt. Anhand des Durchschnittshonorars aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler) bestimmt sich die Beitragsklasse 4, die den Regelbeitrag festlegt. Beitragszahler, die ein unterdurchschnittliches Honorar erzielen, zahlen einen ermäßigten Beitrag der Beitragsklassen 1 bis 3; Beitragszahler mit überdurchschnittlichem Honorar werden den Beitragsklassen 5 bis 9 zugeordnet. Die konkrete Zuordnung des Beitragszahlers zur Beitragsklasse erfolgt über das prozentuale Verhältnis des Arzthonorars zum Durchschnittshonorar. Soweit für einen Beitragszahler wegen Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit noch kein Vergleichshonorar vorliegt, erfolgt die Einstufung in Beitragsklasse 4. Dies gilt nicht, wenn der Beitragszahler eine Vertragsarztpraxis übernimmt; in diesem Fall wird das Arzthonorar des ehemaligen Praxisinhabers für die Bestimmung der Beitragsklasse herangezogen. In begründeten Einzelfällen kann der Vorstand auf Antrag des Beitragszahlers bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises entscheiden, dass die Eingruppierung in eine andere Beitragsklasse erfolgt. Über die eingegangenen Anträge und die hierzu getroffenen Entscheidungen berichtet der Vorstand dem Beratenden Fachausschuss EHV regelmäßig, § 3 Abs. 2 GEHV. 

Für die Berücksichtigung von Praxiskosten sieht § 3a GEHV die folgende Regelung vor:

(1)    Bei der Ermittlung der durch die KV Hessen vergüteten Honorarforderung des Vertragsarztes, die Grundlage für die Höhe des zu leistenden Beitrages nach § 3 Abs. 1 ist, werden für EHV-pflichtige Arztgruppen mit besonders hohen Kostenanteilen (besondere Kosten) diese besonderen Kosten nach Maßgabe der nachfolgenden Sätze von der Honorarforderung abgezogen und nicht bei dem Beitrag nach § 3 Abs. 1 berücksichtigt. Eine Arztgruppe hat besondere Kosten, wenn deren durchschnittliche Kosten (in %) um mehr als 15 % über den durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen (in %) liegen. Die durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen und die durchschnittlichen Kosten je Arztgruppe (jeweils in %) werden anhand einer geeigneten Datengrundlage ermittelt, die erstmalig von der Vertreterversammlung beschlossen und vom Vorstand veröffentlicht wird. Die durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen werden berechnet, indem die durchschnittlichen Kosten (in %) aller EHV-pflichtigen Arztgruppen addiert und durch die Anzahl der zugrunde gelegten EHV-pflichtigen Arztgruppen dividiert werden.

(2)     Sofern für eine EHV-pflichtige Arztgruppe keine oder keine ausreichenden Daten aus der nach Abs. 1 ausgewählten Datengrundlage zu entnehmen sind, wird sie einer anderen Arztgruppe mit ausreichender Datengrundlage zugeordnet, mit der sie am ehesten vergleichbar ist.

(3)     Die nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Arztgruppen und Kosten werden gemäß der Anlage zu § 3a bezogen auf das jeweilige Beitragsklassenjahr festgelegt. Der Vorstand ist anhand der Vorgaben unter den Absätzen 1 und 2 berechtigt, Korrekturen, Ergänzungen oder Aktualisierungen vorzunehmen, insbesondere wenn Änderungen der zugrundeliegenden Datenbasis dies erfordern.

(4)     Der Vorstand wird ermächtigt, Durchführungsbestimmungen zu erlassen.
Im Einzelnen bestimmt sich der ab 1. Juli 2012 zu zahlende Beitrag nach § 10 Abs. 3, § 3 Abs. 3 Satz 1 GEHV.

Nach § 10 Abs. 3 GEHV betragen die erstmalig festzusetzenden Beiträge zum Stichtag 1. Juli 2012 in €:

Beitragsklasse % Anteil am
Durchschnittshonorar
 
Beitrag je Quartal (in Prozent der jährlichen Bezugsgröße i.S. § 18 Abs. 1 SGB IV) Beitrag je Quartal (in Euro)
1 0 ≤ 25 2,0450% 627
2 > 25 ≤ 50 4,0900% 1.254
3 > 50 ≤ 75 6,1350% 1.881
4 > 75 ≤ 100 8,1800% 2.508
5 > 100 ≤ 125 10,2250% 3.135
6 > 125 ≤ 150 12,2701% 3.762
7 > 150 ≤ 175 14,3151% 4.389
8 > 175 ≤ 200 16,3601% 5.016
9 > 200 18,4051% 5.643

Die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethodik bei der Ermittlung des für die Umlage zur EHV maßgeblichen vertragsärztlichen Honorars unter Berücksichtigung der von dem BSG in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R genannten besonders hohen Kostenanteile in einzelnen Arztgruppen und die Verwendung von Daten des ZI begegnet nach der Auffassung des Senats zunächst keinen durchgreifenden (verfassungsrechtlichen) Bedenken.

Die gerichtliche Kontrolldichte ist dabei wegen des satzungsgeberischen Gestaltungsspielraums reduziert. Die konkrete Einnahmeerhebung ist dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers überlassen. Die den KÄVen zukommende Satzungsautonomie findet insoweit ihre Grenzziehung, als sie die für das öffentliche Beitrags- und Gebührenrecht geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Kostendeckungsprinzips, des Gleichheitssatzes und insbesondere des Äquivalenzprinzips beachten müssen (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R, zitiert nach juris Rdnr. 35 und BSG, Urteil vom 25. Oktober 2023, B 6 KA 17/22 R, SozR 4-2500 § 75 Nr. 23 zum ärztlichen Bereitschaftsdienst; ausführlich auch: Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15 m.w.N.). Dabei fordert das Äquivalenz-, Beitrags- oder Versicherungsprinzip, dass im Grundsatz gleicher Beitragsleistung und gleicher Bedarfssituation gleiche Versicherungsleistungen gegenüber stehen, mithin im Grundsatz eine Äquivalenz von Beitrag und Leistung besteht (BVerfGE 79, 87 <101>). Von Verfassungs wegen ist es aber nicht geboten, dass bei der Bemessung eine versicherungsmathematische Individualäquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995, 1 BvR 892/88, Rdnr. 57, zitiert nach juris; vgl. BVerfGE 51, 115 <124>; 53, 313 <328>). Vielmehr kann das Äquivalenzprinzip bei der EHV ebenso wie bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, B 6 KA 44/03 R, zitiert nach juris Rdnr. 123, = BSGE 94, 50). Auch außerhalb des Sozialversicherungsrechts lässt sich zudem eine Differenzierung bei der Abgabenbelastung nach Leistungsfähigkeit oder einer abgestuften Finanzierungsverantwortlichkeit rechtfertigen (vgl. BVerfGE 97, 332 <344 f.>; vgl. hierzu ausführlich: Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2018, L 4 KA 2/15 m.w.N.). 

Ein Verstoß hiergegen ist für den Senat vorliegend nicht erkennbar und von dem Kläger auch nicht substantiiert dargelegt worden.

Insoweit führt das BSG in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R explizit aus:

„Wie dabei den Differenzen bei der Kostenstruktur der einzelnen Arztgruppen Rechnung zu tragen ist, kann der Senat der Beklagten nicht vorgeben. In den Urteilen vom 9.12.2004 (B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2) und insbesondere vom 16.7.2008 (B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43, RdNr 67, 69) sind dazu auf der Basis von früher geltenden Fassungen der GEHV jedoch Hinweise enthalten. Nicht zu beanstanden wären etwa Regelungen, die typisierend an die Überschreitung einer bestimmten Quote der Praxiskosten am vertragsärztlichen Umsatz anknüpfen. Auch in einem System der Beitragsklassen muss nicht jede Abweichung der Kostenstruktur einer Arztgruppe oder bestimmter spezialisierter Praxen von einem (fiktiven) Durchschnittskostensatz exakt in einer Bereinigung des Umsatzes für Zwecke der EHV abgebildet werden. Auch innerhalb von Arztgruppen schwanken die Praxiskosten deutlich, etwa zwischen operativ und nur konservativ tätigen Augenärzten oder zwischen Anästhesisten, die Narkosen erbringen und solchen, die schwerpunktmäßig schmerztherapeutisch tätig sind. Erreicht der Abstand zwischen den Kostensätzen ärztlicher Gruppen oder abgrenzbaren Untergruppen jedoch 15 %, muss die KÄV dem für den Zweck der Berechnung der Umlage für die EHV durch eine Berücksichtigung von Kostenanteilen - gegebenenfalls bei einzelnen Leistungen - Rechnung tragen. Bei Punktwertschwankungen von 15 % und mehr trifft die KÄV auch nach der modifizierten Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 43/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 40) zumindest eine Überprüfungs- und Reaktionspflicht. Die Grenze von 15 % markiert damit tendenziell die Schwelle, ab der Ungleichbehandlungen ansonsten vergleichbarer Sachverhalte zumindest nicht mehr ohne Weiteres hingenommen werden können.“

Dem wird der Beklagte durch die Neuregelung der Satzung zum 1. Juli 2012 (Einfügung des § 3a GEHV nebst Anlagen hierzu) grundsätzlich gerecht. Die Grenze von 15% wird insoweit vom BSG als Standardabweichung definiert.

Ausgehend von den einzelnen Arztgruppen werden von der Beklagten unter Berücksichtigung der Anzahl von entsprechenden Praxen der Arztgruppen im Jahr 2011 die Einnahmen sowie die Ausgaben ausgewiesen. Die Einnahmen werden dahingehend aufgesplittet, dass je Arztgruppe auch die Einnahmen aus GKV ausgewiesen werden. Hierauf basierend werden, aufgeteilt nach Arztgruppen, die durchschnittlichen Aufwendungen als Prozentsatz ausgewiesen. Zudem wird dieser durchschnittliche Prozentsatz auch über alle Arztgruppen hinweg berechnet und ausgewiesen (51,4%). Dieser Wert wird mit den 15% (BSG) multipliziert, um dieses Ergebnis mit den 51,4% zu addieren. Hierdurch wird der Referenzwert zur Bestimmung der besonderen Kosten ermittelt (vgl. Rundschreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2021 bzw. vom 22. Dezember 2023). Wenn der je Arztgruppe berechnete Prozentwert der durchschnittlichen Aufwendungen die Referenzgrenze von 59,1% (2011) überschreitet, hat die jeweilige Arztgruppe (zu berücksichtigende) besondere Kosten. 

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass die gesamten (Dialyse-)Sachkosten bei der Ermittlung des für die Umlage zur EHV maßgeblichen vertragsärztlichen Honorars nicht berücksichtigt werden dürften, entspricht dies gerade nicht der Auffassung des BSG in der Entscheidung vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R. So führt das BSG aus:

„Dabei verkennt der Senat nicht, dass Nephrologen mit einem Versorgungsauftrag für Dialyse möglicherweise Erträge auch aus den pauschal erstatteten Sachkosten erwirtschaften können und dass die realitätsgerecht erfassten Erträge aus einer solchen Praxis sich zumindest nicht regelhaft in der von der Klägerin angedeuteten Größenordnung der Beitragsklasse 2 (Umsätze zwischen ca 51 347 und ca 102 694 Euro im Jahr) bewegen. Anders wäre nämlich kaum erklärbar, dass nach den dem Senat in den Verfahren zur Erteilung von Versorgungsaufträgen für Dialyse am 15.3.2017 (ua B 6 KA 13/16 R, B 6 KA 18/16 R) unter dem Aspekt des Streitwertes zugegangenen Informationen der Wert einer Dialysepraxis mit einem Versorgungsauftrag für 30 Patienten mit mindestens 1 500 000 Euro veranschlagt wird. Beschaffungskosten in dieser Größenordnung für die Übernahme einer entsprechenden Praxis erscheinen dem Senat wenig realistisch, wenn die Ertragserwartungen einer Dialysepraxis sogar weit hinter denen einer typischen hausärztlichen Praxis zurückbleiben würden, die regelmäßig in den Beitragsklassen 4 und 5 zu finden sind.“

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das BSG zudem nicht davon ausgeht, dass die Dialysesachkosten der Arztgruppe der Nephrologen an ihrem Umsatz generell zwischen 80% und 90% liegen (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2019, B 6 KA12/18 R, zitiert nach juris Rdnr. 29 bezüglich des betreffenden Zahlenwerks). Bei Frau C. betrug der Anteil der Sachkosten im Referenzquartal 4/2011 85% des Quartalshonorars. Ausweislich der in der Verwaltungsakte der Beklagten vorliegenden Arztrechnungen betrug dieser Anteil bei dem Kläger im Referenzquartal 1/2011 87%. Diesbezüglich führt das BSG explizit aus:

„Insoweit kommt es allerdings bei allen Arztgruppen mit besonders hohen Kostenanteilen, nicht nur bei den Nephrologen, allein auf die tatsächlichen Kosten und nicht auf den abrechnungstechnischen Weg an, auf dem diese den Praxen vergütet werden. Ob etwa die im Rahmen der Dialyse anfallenden Kosten über die Leistungspositionen des EBM-Ä abgebildet oder - wie derzeit nach Abschnitt 40.14 EBM-Ä - pauschal gesondert erstattet werden, rechtfertigt im Hinblick auf die Höhe der Umlage für die EHV keine unterschiedliche Behandlung. Eine Differenzierung innerhalb der Praxen mit signifikant erhöhten Kosten danach, ob Sachkosten gesondert erstattet werden oder nicht, was etwa Nephrologen mit Versorgungsauftrag für Dialyse begünstigen und die Strahlentherapeuten benachteiligen würde, ist nicht zulässig. Die Auffassung der Klägerin, die Situation der Nephrologen mit Versorgungsauftrag für Dialyse unterscheide sich im Hinblick auf die Berechnung der Umlage für die EHV grundlegend von allen anderen Arztgruppen, auch solchen mit überdurchschnittlich hohen Kosten, teilt der Senat nicht.“

Bezüglich der verwendeten Datengrundlage ist darauf hinzuweisen, dass das BSG selbst das Zahlenwerk des ZI als Grundlage seiner rechtlichen Ausführungen wählt und zudem, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, von diesem ausweislich der Stellungnahme des ZI vom 13. März 2023 eine von dem Kläger geforderte Gewichtung bezüglich der Arztpraxen vorgenommen wird (Seite 5).

Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 26. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2013 ergibt sich jedoch daraus, dass für die Arztgruppe der Nephrologen, zu der das BSG die maßgebliche Entscheidung getroffen hat und die zu einer Änderung der maßgeblichen Satzung der Beklagten ab dem 1. Juli 2012 geführt hat, eine rechtliche Grundlage fehlt, die die Eingruppierung des Klägers in die Beitragsklasse 9 mit einer entsprechenden Beitragsfestsetzung trägt.

Insoweit fehlen nach der Auffassung des Senats hinreichende rechtliche Vorgaben bei der Berechnung des Honorarvolumens unter Abzug der besonderen Kosten des Klägers als Grundlage der Beitragsklasseneinstufung und Beitragsfestsetzung.

Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 GEHV werden bei der Ermittlung der durch die KV Hessen vergüteten Honorarforderungen des Vertragsarztes, die Grundlage für die Höhe des zu leistenden Beitrages nach § 3 Abs. 1 ist, für EHV-pflichtige Arztgruppen mit besonders hohen Kostenanteilen (besondere Kosten) diese besonderen Kosten nach Maßgabe der nachfolgenden Sätze von der Honorarforderung abgezogen und nicht bei dem Beitrag nach § 3 Abs. 1 berücksichtigt. Sofern für eine EHV-pflichtige Arztgruppe keine oder keine ausreichenden Daten aus der nach Abs. 1 ausgewählten Datengrundlage zu entnehmen sind, wird sie einer anderen Arztgruppe mit ausreichender Datengrundlage zugeordnet, mit der sie am ehesten vergleichbar ist, § 3a Abs. 2 GEHV. Die nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Arztgruppen und Kosten werden gemäß der Anlage zu § 3a bezogen auf das jeweilige Beitragsklassenjahr festgelegt, § 3 a Abs. 3 Satz 1 GEHV. Die Anlage zu § 3a GEHV muss daher eine vollständige Zuordnung der Arztgruppen enthalten und zugleich aufzeigen, ob es sich um einen Fall des § 3a Abs. 1 oder § 3a Abs. 2 GEHV handelt.

Dass der Kläger als Nephrologe einer Arztgruppe und zwar einer solchen mit besonderen Kosten unterfällt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich nicht zuletzt aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. Dezember 2019, B 6 KA 12/18 R. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Nephrologen eine eigene Vergütungsfachgruppe bilden.

Eine entsprechende „Festlegung“ i.S. des § 3a Abs. 3 Satz 1 GEHV fehlt hier jedoch für die Nephrologen. Weder in der mit Rundschreiben vom 15. Dezember 2021 veröffentlichen Anlagen zu § 3a GEHV noch den mit Rundschreiben vom 22. Dezember 2023 veröffentlichen Anlagen zu § 3a GEHV wird ersichtlich, dass die Nephrologen der Arztgruppe der „Internisten sonstige“, wie dies die Beklagte ausweislich ihrer Ausführungen im Rahmen der Probeberechnungen wohl vornimmt, zugeordnet werden. Aufgeführt werden bei der Anlage zu § 3a für das Kalenderjahr 2011 (Rundschreiben vom 22. Dezember 2023) bei den Arztgruppen mit besonderem Kostenansatz die Internisten mit SP Lungen/Bronchialk., Internisten sonstige und bei den Arztgruppen ohne besonderen Kostenansatz Innere Medizin - Gastroenterologie, Innere Medizin - Kardiologie, Innere Medizin - ohne bzw. mit mehreren Schwerpunkten (Bl. 396 ff der GA LSG). Ausweislich des Beschlussprotokolls aus der Sitzung der VV vom 29. Mai 2021 gibt es eine Entscheidung für die FGen Nuklearmedizin und Strahlenmedizin, die wegen fehlender ZI-Daten der Gruppe Radiologie zugeordnet werden (Bl. 314ff der GA LSG). Dies wird in der Anlage zu § 3a GEHV mit dem entsprechenden Besonderen Kostenansatz von jeweils 69,90% für das Kalenderjahr 2011 auch so abgebildet.

Für die Nephrologen ist eine solche Zuordnung weder im Rahmen der Anlage zu § 3a GEHV noch aus Sitzungsprotokollen der VV ersichtlich. Nach § 3a Abs. 3 Satz 2 GEHV wäre im Übrigen auch der Vorstand anhand der Vorgaben unter den Absätzen 1 und 2 berechtigt, Korrekturen, Ergänzungen oder Aktualisierungen vorzunehmen, insbesondere wenn Änderungen der zugrundeliegenden Datenbasis dies erfordern. 

Soweit die Beklage im Rahmen des Erörterungstermines am 19. März 2025 und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23. Juli 2025 darauf hingewiesen hat, dass die Beklagte bezüglich der Zuordnung der Nephrologen zu den „Internisten sonstige“ dem ZI folge, welches die Nephrologen unter der FG „Innere Medizin und sonstige Fachgebiete“ führe, verkennt die Beklagte, dass nach ihrer eigenen Satzungsregelung die Entscheidung über die Zuordnung einer Arztgruppe ggf. zu einer anderen Arztgruppe bzw. die Festlegung von Arztgruppen und Kosten von dieser selbst zu treffen ist. Lediglich die durchschnittlichen Kosten aller EHV-pflichtigen Arztgruppen und die durchschnittlichen Kosten je Arztgruppe (jeweils in%) werden anhand einer geeigneten Datengrundlage ermittelt, die erstmalig von der VV beschlossen und vom Vorstand veröffentlicht wird, § 3a Abs. 1 Satz 3 GEHV (hier: Daten des ZI). Diesbezüglich handelt es sich aber lediglich um eine Datenbasis und nicht um ein Entscheidungsgremium der Beklagten. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ausweislich des Beschlussprotokolls aus der VV vom 29. Mai 2021, S. 10 das ZI die Nephrologen unter der FG „Innere Medizin und sonstige Fachgebiete“ führt und diese gerade als „nicht kostenintensiv“ ausweist. Insoweit besteht schon keine inhaltliche Kongruenz bei der Kategorisierung. 

Da die Berechnung des Honorarvolumens unter Abzug der besonderen Kosten des Klägers Grundlage der Beitragsklasseneinstufung und Beitragsfestsetzung für den Kläger ist, ist dieser durch das Fehlen der oben dargestellten rechtlichen Vorgaben im Regelwerk der Beklagten (fehlender Beitragstatbestand) auch in seinen Rechten verletzt. Eine hypothetische Beitragsklasseneinstufung und Beitragsfestsetzung verbieten sich vor diesem Hintergrund.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels, wobei ihr auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die im Berufungsverfahren selbst einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen hat, auferlegt werden (BSG, Beschluss vom 19. Juli 2006, B 6 KA 33/05 B, zitiert nach juris).

Die Revision war nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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