Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. November 2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit dem 1. April 2007 bei der Beklagten zu 1 gesetzlich krankenversichert und bei der Beklagten zu 2 sozial pflegeversichert ist.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger nach den Vorschriften der sog. Auffangpflichtversicherung Mitglied der Beklagten zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung und akzessorisch hierzu Mitglied der Beklagten zu 2 in der sozialen Pflegeversicherung ist.
Der 1960 geborene Kläger leidet an einer schweren geistigen Behinderung unklarer Genese. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 ist festgestellt.
Der Beigeladene ist ein diakonischer Träger von Einrichtungen der Behindertenhilfe. Bis zu einer Namensänderung im Jahr 1982 trug er den Namen „Hessisches K. e.V.“. Er betreibt unter anderem in A-Stadt-E. einen Wohnverbund, in dem der Kläger seit dem 29. April 1968 lebt.
Die Eltern des Klägers, Herr Dr. F. A. und Frau G. A., geborene J., schlossen am 25. April 1968 mit dem Beigeladenen einen Vertrag. Dieser enthielt im Wesentlichen folgenden Inhalt:
„§1
Auf Wunsch der Vertretungsberechtigten nimmt die Anstalt ab 29. April 1968 den minderjährigen A. A. auf und verpflichtet sich, ihn in der Anstaltsgemeinschaft bis an sein Lebensende nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der modernen Sozialhilfe und Heilpädagogik zu betreuen und ihm alle in der Anstalt üblichen Leistungen zu gewähren, die zu seinem Wohle dienen, einschließlich der evtl. notwendig werdenden Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik. Die Anstalt verpflichtet sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch zur seelsorgerischen Betreuung des Minderjährigen.
§2
Die Vertretungsberechtigten zahlen dafür spätestens am Tage der Aufnahme des Minderjährigen den Betrag von DM 94.600, - (in Worten: Vierundneunzigtausendsechshundert Deutsche Mark) zur Abfindung aller Ansprüche der Anstalt ohne Abzug lastenfrei an die Anstalt.“
Der Kläger lebt aufgrund dieses Vertrages seit dem 29. April 1968 und bis heute in der Obhut des Beigeladenen. Er hat zu keinem Zeitpunkt Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch genommen. Aufgrund seiner Behinderung war er nie erwerbstätig.
Der Prozessbevollmächtigte und damalige Betreuer des Klägers stellte im Jahr 2013 einen Antrag bei der Beklagten auf Aufnahme des Klägers in die gesetzliche Kranken- und soziale Pflegeversicherung. Der Beigeladene habe sich bereit erklärt, sämtliche hierbei anfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu übernehmen. Der Kläger sei bisher weder selbst noch über Dritte gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen. Entstandene Kosten im Falle einer Erkrankung seien durch den Beigeladenen übernommen worden. Der Kläger erhalte keine Sozialhilfe, er werde aufgrund des Vertrages zwischen seinen Eltern und dem Beigeladenen von diesem unterhalten. Belegbare Angaben, ob und wo die Eltern des Klägers krankenversichert gewesen seien, könnten nicht gemacht werden, ebenso wenig, ob der Kläger bis zu seiner Aufnahme bei dem Beigeladenen in irgendeiner Form krankenversichert gewesen sei. Es sei indes nicht davon auszugehen, dass die Eltern des Klägers gesetzlich krankenversichert gewesen seien, da es sich um eine Industriellenfamilie gehandelt habe.
Ein Rentenversicherungsverlauf bzw. Kontoaufstellungen eines Rentenversicherungsträgers für den Kläger konnten durch den Betreuer nicht vorgelegt werden (die eingeholte Auskunft der Rentenversicherung ergab, dass keine Sozialversicherungsnummer zu diesem existiert). Laut Einkommenssteuerbescheid verfügte der Kläger in 2012 über Einkünfte aus Kapitalerträgen in Höhe von 38.526 Euro.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11. April 2014 die Aufnahme des Klägers als Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Der Kläger sei in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Beklagten gewesen. Es erscheine „mehr als unwahrscheinlich“, dass er bis zu seiner Aufnahme durch den Beigeladenen im Jahr 1968 keinen Krankenversicherungsschutz besessen habe. Sofern dieser bei einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung bestanden habe, obliege diesem die Prüfung und ggf. Durchführung einer Kranken- und Pflegeversicherung.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, ab dem 1. April 2007 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b SGB V pflichtversichert zu sein. Die Anspruchsvoraussetzungen lägen vor, da er keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall habe und bisher weder gesetzlich noch privat krankenversichert gewesen sei. Seit Aufnahme des Klägers in die Einrichtung im Jahr 1968 bestehe kein Kontakt mehr zu den Eltern. Der Vater sei bereits 1985 verstorben, über den Verbleib der Mutter sei nichts bekannt. Es liege aber kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Eltern des Klägers im Zeitraum 1960 bis 1968 über einen privaten oder gesetzlichen Krankenversicherungsschutz verfügt hätten. Zum damaligen Zeitpunkt habe keine Versicherungspflicht bestanden. Aufgrund des erheblichen Vermögens der Eltern sei zum damaligen Zeitpunkt eine Krankenversicherung auch nicht notwendig gewesen. Der Kläger sei jedenfalls seinen Mitwirkungspflichten vollumfänglich nachgekommen. Darauf, dass es der Beklagten ohne jeden tatsächlichen Hinweis „unwahrscheinlich“ erscheine, dass der Kläger vor 1968 über keinen Krankenversicherungsschutz verfügt habe, könne sie ihre Entscheidung nicht stützen. Insofern gälten für den Beweis negativer Tatsachen – hier: dem Nichtvorliegen einer Versicherung – andere Grundsätze als für den Beweis positiver Tatbestandsmerkmale. Wenn die Beklagte ihrer Entscheidung andere als die vom Kläger vorgebrachten Tatsachen, aus welchen sich eine Versicherungspflicht ergebe, zugrunde legen wolle, so müsse sie hierbei substantiiert konkrete Tatsachen und Umstände vorbringen, aus denen sich hier das Gegenteil ergebe. Im Übrigen gelte, dass der Auffangtatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b SGB V greife, wenn nicht gemäß § 5 Abs. 8 lit. a SGB V eine Absicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 oder nach § 10 SGB V bestehe oder Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen würden. Vorliegend sei keine dieser Ausnahmeregelungen einschlägig. Der Kläger habe sein Wahlrecht gemäß § 174 Abs. 3 (vormals: Abs. 5) i. V. m. § 173 SGB V zugunsten der Beklagten ausgeübt. Insofern komme es nicht darauf an, dass in der Vergangenheit keine Mitgliedschaft des Klägers bei dieser bestanden habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2015 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen der Auffangpflichtmitgliedschaft gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien nicht gegeben. Diese sei subsidiär nicht nur gegenüber einer anderen Versicherung, sondern bereits bei Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall. Der Kläger verfüge über eine solche anderweitige Absicherung im Krankheitsfall in Form der von dem Beigeladenen vertraglich eingegangenen Verpflichtung, den Kläger bis an sein Lebensende nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der modernen Sozialhilfe und Heilpädagogik zu betreuen und ihm alle in der Anstalt üblichen Leistungen zu gewähren, die zu seinem Wohle dienten, einschließlich der eventuell notwendig werdenden Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik. Der Kläger könne, gestützt auf diesen Vertrag, von dem Beigeladenen Leistungen geltend machen, die den Hilfen zur Gesundheit und der Hilfe zur Pflege im Rahmen des SGB XII entsprächen. Dies sei ausreichend, um § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auszuschließen.
Mit der hiergegen am 1. Oktober 2015 erhobenen Klage zum Sozialgericht Kassel beantragte der Kläger die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bei den Beklagten. Er sei gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und habe die Beklagte zu 1 als Krankenkasse gewählt. Für das Bestehen einer privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung im Zeitraum 1960 bis 1968 bestünden keine Anhaltspunkte. Der im Jahr 1968 geschlossene Vertrag stelle keine anderweitige Absicherung des Klägers im Krankheitsfall dar.
Auch der Beigeladene vertrat die Auffassung, dass er eine „anderweitige Absicherung“ des Klägers „im Krankheitsfalle“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht sicherstelle und auch nicht sicherzustellen verpflichtet sei. Der Betreuungsvertrag aus dem Jahre 1968 begründe keinen im Umfang auch nur annähernd der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbaren Anspruch. Im Übrigen habe er den Kläger zur Anpassung des Betreuungsvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgefordert. Bei nominaler Betrachtung sei die unter § 2 des Vertrages vereinbarte Einmalzahlung von 94.600 DM bereits im Jahr 1976 aufgebraucht gewesen. Dieser Anspruch werde im zivilgerichtlichen Klageweg verfolgt. Die Krankenbehandlungskosten für den Kläger habe der Beigeladene in der Vergangenheit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht getragen. Zum Bestehen einer Versicherung vor 1968 lägen keine Erkenntnisse vor. Zum damaligen Zeitpunkt habe aber keine gesetzliche Versicherungspflicht bestanden. Aufgrund des erheblichen Vermögens der Eltern – der Kläger entstamme der „Sektdynastie“ A. – möge eine Krankenversicherung auch nicht notwendig erschienen sein; etwaige Krankenbehandlungen hätten problemlos aus dem Vermögen bezahlt werden können.
Im Übrigen werde im Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen vom 20. März 2007 zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der bisher nicht Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zum 1. April 2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 SGB Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) der zuständigen Krankenkasse obliege und diese über die Feststellung, ob zuletzt eine gesetzliche oder eine private Krankenversicherung oder keine von diesen Absicherungen im Krankheitsfall bestanden habe, alle ihr zur Verfügung stehenden Kenntnismöglichkeiten auszuschöpfen habe. Eine verbleibende Ungewissheit über die anspruchsbegründenden Tatsachen ginge zu Lasten der Krankenkasse, hier also der Beklagten zu 1.
Hinsichtlich der gegenwärtig bestehenden Absicherung des Klägers im Krankheitsfalle sei zudem darauf hinzuweisen, dass die Auffangpflichtversicherung nur durch eine anderweitige Krankenvollversicherung ausgeschlossen werde. Gemeint seien hiermit lediglich entsprechende öffentliche-rechtliche Ansprüche bzw. solche gegen ein privates Krankenversicherungsunternehmen; privatrechtliche Verträge über die Versorgung in einer Einrichtung der Behindertenhilfe könnten einen solchen umfassenden Schutz nicht begründen.
Hinzu komme im konkreten Fall, dass von der Vertragsklausel „alle in der Anstalt üblichen Leistungen […] einschließlich der evtl. notwendig werdenden Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik“ allenfalls solche Gesundheitsleistungen umfasst sein könnten, die einen spezifischen Bezug zur Behinderung des Klägers aufwiesen. Dies ergebe sich bereits aus dem Verweis auf das in der Einrichtung des Beigeladenen „Übliche“. Üblich sei aber gerade nicht, dass der Beigeladene in einem auch nur annähernd dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbaren Umfang Leistungen an seine Bewohnerinnen und Bewohner erbringe. Er schulde dies als Einrichtung der Hilfe für Menschen mit Behinderung auch generell nicht. Daneben mache der Verweis auf die „evtl. notwendig werdende Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik“ deutlich, dass es den Vertragsparteien bei Vertragsschluss allenfalls um Behandlungen mit einem konkreten Bezug zur Behinderung des Klägers gegangen sein könne. Selbst wenn hierbei – worüber zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger Ungewissheit bestehe – der Vertrag den Beigeladenen zur Erbringung oder Finanzierung behinderungsspezifischer Krankenbehandlungsleistungen habe verpflichten sollen, gebe der Vertragswortlaut jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte für einen darüber hinausgehenden Leistungsumfang. § 11 SGB V mache demgegenüber deutlich, dass der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung erheblich weitergehend sei. Damit stehe – unabhängig von der Frage, zu welchen Leistungen § 1 des Vertrages aus dem Jahre 1968 den Beigeladenen im Einzelnen verpflichte – jedenfalls fest, dass der Beigeladene dem Kläger aus § 1 des Vertrages allenfalls eine Teilmenge des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung schulde. Damit sei die Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aber nicht ausgeschlossen.
Die Beklagte verwies dagegen darauf, dass die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (BT-Drs. 16/3100, S. 94) nur Beispielfälle für eine anderweitige Absicherung aufzähle, nicht aber abschließend sei. Werde eine vertragliche Übernahme der Krankensorge erklärt, komme es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht darauf an, dass diese anderweitige Absicherung qualitativ dem Versicherungsschutz in der GKV entspreche. Maßgeblich sei vielmehr ein die Voraussetzungen des § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllendes Sicherungsniveau.
Der zwischen den Eltern des Klägers und dem Beigeladenen geschlossene Vertrag erfülle dieses geforderte Schutzniveau, welches zumindest die Kostenerstattung für ambulante und stationäre Teilbehandlung sowie eine Selbstbeteiligung in Höhe von maximal 5000 € jährlich erfordere. Ausweislich des Vertrags hätten die Eltern des Klägers dessen umfassende Betreuung bis an sein Lebensende erreichen wollen. Sie seien erkennbar davon ausgegangen, mit der Betreuung des Klägers und damit auch mit der Sorge um dessen Gesundheit nicht weiter belastet zu werden; der Beigeladene sollte diese Verpflichtung für sie übernehmen. Dies werde auch aus dem vertraglich vereinbarten Pauschbetrag ersichtlich, mit dem sämtliche die Inobhutnahme betreffenden Kosten abgegolten werden sollten. Schließlich hätten die Eltern mit der Inobhutnahme den Kontakt zu dem Kläger abgebrochen. Dass der Beigeladene seit 1968 für die Gesundheitssorge des Klägers tatsächlich eingetreten sei, beruhe nicht auf dessen diakonischem Selbstverständnis, sondern auf der vertraglich eingegangenen Verpflichtung. Gemäß dem Vertragszweck habe er dem Kläger letztlich entsprechend den Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII Leistungen erbracht. Daneben habe er sich bereiterklärt, im Falle einer zu Stande kommenden Versicherung bei der Beklagten die Versicherungsbeiträge zu übernehmen. Der Beigeladene handele damit rechtlich betrachtet wie ein Sozialhilfeträger (§§ 53 ff. und § 32 SGB XII). Zur modernen Sozialhilfe gehöre aber auch die Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 SGB XII. Die Leistungen nach dieser Rechtsvorschrift entsprächen den Leistungen zur Krankenbehandlung nach dem SGB V. Sollte der Beigeladene hiervon abweichend tatsächlich nicht von der vertraglichen Verpflichtung zur Krankenfürsorge ausgegangen sein, sei es unverständlich, warum er gegenüber den Eltern des Klägers oder seinem Betreuer niemals Regressansprüche geltend gemacht habe.
Im Übrigen trage derjenige die Beweislast für das Vorliegen der Versicherungspflicht, der sich auf diese berufe.
Das sozialgerichtliche Verfahren wurde zwischenzeitlich für die Durchführung eines Güterichterverfahrens ruhend gestellt. In dessen Rahmen gab die schriftlich angehörte Mutter des Klägers mit Schreiben vom 16. Mai 2018 an, die Frage einer Absicherung ihres Sohnes im Krankheitsfall nicht mehr mit Gewissheit beantworten zu können. Sie wisse aber mit Sicherheit, dass ihr damaliger Ehemann, der Vater des Klägers, nicht krankenversichert gewesen sei. Er habe einen so genannten „privaten“ Hausarzt gehabt, den er bezahlt und der bei Bedarf auch die Kinder betreut habe. Deswegen gehe sie davon aus, dass auch diese damals nicht versichert gewesen seien. Bei Übergabe der Kinder an den Rechtsvorgänger der Beigeladenen habe es nur geheißen, sie seien dort jetzt „auf Lebenszeit eingekauft“.
Der Beigeladene hat das Schreiben nach dem erfolglosen Abschluss des Güterichterverfahrens ins Hauptverfahren eingebracht; die anderen Beteiligten haben dem nicht widersprochen.
Am 28. Januar 2022 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (25 U 90/18) rechtskräftig über die Berufung in der zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen um die Anpassung des in 1968 geschlossenen Vertrages. Hierbei stellte es in den Entscheidungsgründen fest, dass der Beigeladene (und dortige Kläger) nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einen Anspruch gegen den Kläger (den dortigen Beklagten) auf Anpassung des Vertrages vom 25. April 1968 und hieran anschließend auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 254.188,84 Euro habe. Zwar müsse bei Vereinbarung eines lebenslangen Heimvertrages jeder Vertragsteil damit rechnen, dass die als Berechnungsgrundlage zugrunde gelegte Lebenserwartung nicht der tatsächlichen Lebensdauer des Hilfsbedürftigen entspreche, sondern diese – teilweise sogar erheblich – unter- oder überschritten werden könne. Vorliegend bestünden aber zugleich Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass sich die aus der Einmalzahlung erzielbaren Kapitalzinsen und die Steigerung des Pflegesatzes während der gesamten Betreuungszeit in etwa die Waage halten würden. In Anbetracht der zwischenzeitlich eingetretenen erheblichen Veränderungen dieser bei Vertragsschluss zugrunde gelegten gemeinsamen Vorstellungen, nämlich Lebenserwartung, Entwicklung der Pflegekosten (tatsächlicher Anstieg des jährlichen Pflegesatzes: von im Jahr 1968 [umgerechnet] 2.847 Euro bis zum Jahr 2020 auf 73.923,45 Euro) und Entwicklung der Zinsen, sei vorliegend wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls von einer Äquivalenzstörung des Vertrages auszugehen. Die Anpassung erfolge nach den Grundsätzen der unter Berücksichtigung der Risikoverteilung bestehenden Zumutbarkeit. Eventuelle Kosten der Krankenfürsorge wurden in der Entscheidung nicht berücksichtigt.
Mit Urteil vom 23. November 2022 wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab. Der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger unterliege nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, so dass auch keine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten zu 1) gegeben sei. Die Versicherungspflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei als Auffangtatbestand nachrangig gegenüber allen anderen Formen der Versicherung. Sie greife vorliegend nicht ein, da mit dem zugunsten des Klägers geschlossenen Vertrag aus dem Jahr 1968 eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall für den Kläger bestehe. Diese müsse nicht das Versicherungsniveau der GKV bieten und müsse nicht zwingend in der Form einer Versicherung vorliegen. Nach dem Wortlaut des § 1 des Vertrages habe der Beigeladene den Kläger bis an sein Lebensende nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der modernen Sozialhilfe und Heilpädagogik betreuen und ihm alle in der Anstalt üblichen Leistungen gewähren sollen, die zu seinem Wohle dienten, einschließlich der eventuell notwendig werdenden Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik. Diese Regelung habe auch die medizinische Betreuung des Klägers umfasst. Der Beigeladene habe bereits bei Vertragsschluss über medizinische Einrichtungen verfügt, die in der „Anstalt üblichen Leistungen“ hätten auch eine medizinische Versorgung im Allgemeinen umfasst. Die Regelung habe dem Wortlaut nach auch die Aufnahme und Behandlung in einer Spezialklinik vorgesehen. Sinn und Zweck der Regelung im Jahr 1968 sei es für die Vertragsschließenden gewesen, dass der Kläger bis an sein Lebensende vollumfänglich versorgt sei. Diese Versorgung habe auch die medizinische Betreuung umfasst. Davon sei auch der Beigeladene ausgegangen, als er die erforderlichen Kosten für die in den letzten Jahrzehnten angefallene Behandlungskosten bis ins Jahr 2016 übernommen habe. Eine Anpassung des Vertrages sei diesbezüglich bisher nicht erfolgt, stattdessen seien im Verfahren vor dem Oberlandesgericht nur weitere Vergütungsansprüche geklärt worden. Die zuletzt unter Vorbehalt erfolgte Kostenübernahme habe den Vertragsinhalt nicht verändert. Dieser Umstand spreche für das Gericht dafür, dass eine Absicherung im Krankheitsfall gewollt gewesen und gelebt worden sei. Es bestehe eine der Krankenhilfe im Sozialhilferecht vergleichbare Regelung. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall setze (nur) einen bestehenden Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall voraus, der den Anforderungen des § 194 Abs. 1 BGB genüge und gerichtlich durchsetzbar sei. Dies sei hier der Fall. Nach den Grundsätzen der modernen Sozialhilfe und Heilpädagogik sei davon auszugehen, dass die Vertragsparteien aufgrund der Regelungen in § 1 des Vertrages auch vergleichbare Leistungen des Fünften Buches (Hilfen zur Gesundheit) erfasst hätten. Davon seien die Vertragsparteien auch jahrzehntelang ausgegangen. Da damit keine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegeben sei, ergebe sich auch keine Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI).
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 24. April 2023 zugegangene Urteil hat der Kläger am 16. Mai 2023 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Der Kläger sei gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Mitglied der Beklagten zu 1. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne dieser Vorschrift sei nicht gegeben. Die vertraglich vereinbarten „in der Anstalt üblichen Leistungen“ seien solche, die typischerweise, also regelmäßig, in Einrichtungen der Eingliederungshilfe erbracht würden wie etwa Teilhabeleistungen und die damit verbundenen Pflegeleistungen. Eine medizinische Versorgung im Sinne des SGB V gehöre hierzu üblicherweise nicht. Das Sozialgericht habe seine Annahme, dass der Beigeladene bereits bei Vertragsschluss über medizinische Einrichtungen verfügt habe, durch nichts belegt. Auch sei das Oberlandesgericht Frankfurt am Main an keiner Stelle seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Beigeladene dem Kläger eine – ggf. auswärts einzukaufende – Absicherung im Krankheitsfall schulde. Vielmehr habe es den im Rahmen der Vertragsanpassung ausgeurteilten Betrag alleine unter Berücksichtigung von Leistungen der Pflege und Eingliederungshilfe ermittelt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. November 2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. April 2007 bei der Beklagten zu 1 gesetzlich krankenversichert und bei der Beklagten zu 2 sozial pflegeversichert ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Umstand, dass sich der Beigeladene bis zum Jahr 2013 nicht gegen die Tragung der Krankenbehandlungskosten gewehrt habe, belege, dass auch er davon ausgegangen sei, diese mit dem Vertrag von 1968 übernommen zu haben. Die Vertragsparteien hätten damals die gesamte Sorge um den Kläger von dessen Eltern auf den Beigeladenen übertragen wollen.
Der Beigeladene hat angegeben, die Krankenbehandlungskosten des Beigeladenen – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – den Leistungserbringern gegenüber bis heute zu begleichen. Zu der Frage, über welche medizinischen Versorgungseinrichtungen er bei Vertragsschluss im Jahre 1968 verfügte bzw. bis heute verfüge, hat er vorgetragen, dass – soweit aufklärbar – der Beigeladene bis 1963 ein allgemeines Krankenhaus betrieben habe. Für die Folgezeit könnten nur noch Mutmaßungen angestellt werden. Vermutlich habe es für eine Weile noch eine kleine Chirurgie für die Bewohner und eine Abteilung für Neurologie und Psychiatrie gegeben. In einem Einzelschriftstück seien zudem eine Nervenklinik sowie eine nervenklinische Abteilung für Knaben erwähnt. Aus dem Jahr 1989 existiere ein Versorgungsbescheid über eine neurologische Klinik mit 90 Planbetten. Heute betreibe der Beigeladene eine Fachklinik für Neurologie mit Schlaganfall-Station und eine Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik zur stationären Behandlung. Hinzu kämen eine Psychiatrische Tagesklinik sowie eine Psychiatrische Institutsambulanz. Es bestehe außerdem ein eigener Gesundheitsdienst mit Ärzten und Ärztinnen, Psychologen und Psychologinnen sowie Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen für die in A-Stadt lebenden Klienten und Klientinnen mit geistigen Behinderungen. Diese würden dort im Bedarfsfall behandelt. Die erbrachten Leistungen würden, wie im Falle jeglicher ärztlichen Behandlung der Bewohner, nach den Regelungen des SGB V mit der jeweiligen Krankenversicherung oder gegebenenfalls privat abgerechnet. Wie bereits von der Klägerseite vorgetragen, fielen unabhängig von der Trägerschaft der medizinischen Einrichtungen Arztrechnungen auch für den Kläger an.
Der Beigeladene hat einen eigenen Antrag nicht gestellt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts war abzuändern und festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. April 2007 im Rahmen der sog. Auffangpflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei der Beklagten zu 1 gesetzlich krankenversichert und dem folgend gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 12 SGB XI bei der Beklagten zu 2 sozial pflegeversichert ist.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (eingefügt durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG> vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und (lit. a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder (lit. b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 5 Abs. 5 SGB V oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Die so genannte Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V tritt wie jede Pflichtversicherung kraft Gesetzes ein. Sie beginnt mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland und setzt weder den Abschluss eines Vertrages voraus noch fordert sie Kenntnis von der Versicherungspflicht. Der Mitgliedschaft folgt eine entsprechende, auch rückwirkende Beitragspflicht. Kosten, die zwischenzeitlich in der Annahme, nicht versichert zu sein, angefallen sind, sind nach § 13 Abs. 3 SGB V zu erstatten (nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Februar 2020 - L 9 KR 54/17 -, juris, Rn. 43).
Der Kläger verfügt über keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Eine solche anderweitige Absicherung folgt insbesondere nicht aus dem zwischen den Eltern des Klägers und dem Beigeladenen im April 1968 geschlossenen Vertrag.
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestimmt nicht selbst, was unter einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfalle im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist. Einzelne Tatbestände einer „anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall“ benennt § 5 Abs. 8a SGB V, der das (negative) Tatbestandsmerkmal in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V damit konkretisiert, jedoch nicht abschließend zu verstehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Januar 2011 - B 12 KR 11/09 R -, juris, Rn. 19). Nach § 5 Abs. 8a SGB V fällt danach nicht unter die Auffangpflichtversicherung, wer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1) oder wer Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches oder Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes ist (Satz 2). Keine dieser Tatbestandsalternativen trifft auf den Kläger zu.
Die Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führt darüber hinaus aus, dass ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen seien, die zugleich keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 Achtes Buch Sozialgesetzbuch, § 48 SGB XII, § 264 SGB V, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge hätten, die nicht beihilfeberechtigt seien, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehörten und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren gesetzlichen Regelungen hätten (BT-Drs. 16/3100, S. 94). „Insbesondere“ meint insoweit – abweichend von der grammatikalischen Satzkonstruktion – nicht, dass es noch weitere Fallgruppen nicht anderweitig Abgesicherter gibt, sondern dass die nachfolgende Auflistung der anderweitigen Formen von Absicherung, die eine Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausschließen, nicht abschließend zu verstehen ist (nur BSG, Urteil vom 12. Januar 2011 - B 12 KR 11/09 R -, juris, Rn. 19).
Der Begriff des anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall ist damit weder gesetzlich noch im Rahmen der Gesetzesbegründung abschließend definiert. Systematisch ergibt sich jedoch, dass § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erst dann eingreifen soll, wenn alle anderen denkbaren Absicherungsmöglichkeiten ausscheiden. Es handelt sich also um eine subsidiäre Absicherung für Personen, die anderenfalls die im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen selbst tragen müssten. Trotz seiner Nachrangigkeit gegenüber anderweitigen Ansprüchen auf Absicherung genügt § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V – jedenfalls in Verbindung mit der zeitgleich eingeführten Versicherungspflicht im PKV-System – dem danach zentralen Regelungsziel, wonach in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein sollte. Für die Nachrangigkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V spielt es damit etwa keine Rolle, ob eine anderweitige Absicherung auf der Grundlage ausländischen oder deutschen Rechts besteht (zu allem BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 KR 14/11 R -, juris, Rn. 14 m.w.N.). Möglich ist auch eine Absicherung, die weder dem System der gesetzlichen noch dem der privaten Krankenversicherung im Sinne des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz – VVG) zuzuordnen ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 12. Januar 2011 - B 12 KR 11/09 R -, juris, Rn. 19 f. für die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten durch eine betriebliche Sozialeinrichtung der Deutschen Bundesbahn als Körperschaft des öffentlichen Rechts). Entscheidend ist, dass eine dem Regelungsziel entsprechende Entlastung von den im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen erfolgt (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 KR 14/11 R -, juris, Rn. 14) und mit einer dauerhaften Erfüllung der Ansprüche gerechnet werden kann und damit ein späteres ersatzweises Eintreten der Fürsorge bzw. gesetzlicher oder privater Krankenversicherung ausgeschlossen ist (so Gerlach, in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 3. EL 2025, § 5 Rn. 608). Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass die anderweitige Absicherung hierbei qualitativ dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Maßgeblich ist vielmehr ein die Voraussetzungen des § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllendes Sicherungsniveau (ausführlich BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 KR 14/11 R -, juris, Rn. 15 ff. m.w.N.). Dieses umfasst mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung (nicht für Zahnbehandlungen oder Zahnersatz; auch keine Absicherung von Pflegeleistungen), bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist.
Nach der Konzeption des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist indes eine solche die Auffangpflichtversicherung ausschließende Absicherung im Krankheitsfall durch eine Vereinbarung zwischen Privaten, die – wie hier – weder der Versicherungswirtschaft angehören noch Versicherungsleistungen im Rahmen eines irgendwie gearteten, hierfür geschaffenen und gesetzlich anerkannten institutionellen Rahmens erbringen, unabhängig vom Willen und konkreten Inhalt der Vereinbarung zur Überzeugung des Senats rechtlich von vornherein ausgeschlossen.
Für den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind die Vermögensverhältnisse der zu versichernden Person ohne Relevanz. Finanzielle Solvenz führt nicht zur Versicherungsfreiheit. Hieran kann der zu Versichernde auch nichts dadurch ändern, dass er die Tragung seiner zukünftigen Krankenbehandlungskosten vertraglich auf einen solventen privaten Dritten überträgt. Der einmalige Einkauf letztlich unbegrenzter Versicherungsleistungen gegen einen Festbetrag – wie hier – widerspricht in einer solchen Konstellation nicht nur dem zivilrechtlichen Äquivalenzprinzip, sondern stellt sich zugleich der Konzeption des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegenüber als systemwidrig dar.
Dabei erachtet der Senat es als überwiegend wahrscheinlich, dass die Eltern des Klägers über die mit dem Beigeladenen geschlossene vertragliche Vereinbarung erreichen wollten, zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise mehr durch die Existenz ihres Sohnes belastet zu werden, und dass in diesem Zusammenhang nicht nur die gesundheitliche Fürsorge, sondern auch die mit dieser entstehenden Kosten ab Vertragsschluss auf den Beigeladenen übergehen sollten. Für ein entsprechendes Vertragsverständnis der Beteiligten spricht auch, dass der Beigeladene über Jahrzehnte hinweg für Kosten der Krankenbehandlung keinerlei Erstattungsansprüche gegen den Kläger, seine Eltern oder Dritte geltend machte. Zugleich änderte sich mit dieser vertraglichen Vereinbarung aber nicht die rechtliche Qualität der Einstandspflicht, die die Eltern des Klägers von sich auf den Beigeladenen übertrugen. Hätten bei Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V am 1. April 2007 noch immer die Eltern des Klägers – etwa im Wege einer unterhaltsrechtlichen Verpflichtung – für dessen gesundheitliche Absicherung verantwortlich gezeichnet, so hätte dies dem Eintritt der gesetzlichen Pflichtversicherung in keiner Weise entgegengestanden. Nichts anderes gilt – das Obenstehende zugrunde gelegt – aufgrund der Übernahme dieser Einstandspflicht durch den Beigeladenen, einen privaten Verein, der kein Versicherungsgeschäft mit einem entsprechenden Versicherungskollektiv und den damit verbundenen institutionellen Sicherungen nach dem VVG und dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG) betreibt, sondern satzungsgemäß im Rahmen der Behindertenhilfe tätig ist und die Verpflichtung zur Gesundheitsversorgung nur in einem Einzelfall vertraglich übernommen hat. Auf eine weitere Auslegung – oder auch nachträgliche Anpassung – des Vertrages von 1968 kommt es damit vorliegend nicht an.
Der Senat geht weiter davon aus, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert war und damit ein Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b SGB V gegeben ist. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast.
Ob die für den klägerseitig geltend gemachten Anspruch – hier: das Bestehen eines Pflichtversicherungsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V – maßgeblichen Tatsachen vorliegen oder nicht, entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Erst wenn die Möglichkeiten zur weiteren Erforschung des Sachverhalts ausgeschöpft sind und sich bestimmte für den geltend gemachten Anspruch relevante Tatsachen nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen lassen, greifen auch im Sozialrecht die allgemeinen Regeln der objektiven Beweislast (nur Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage, 2020, § 103 SGG Rn. 19a m.w.N.). Danach ist zu Lasten desjenigen, der aus einer nicht feststellbaren Tatsache eine für ihn günstige Rechtsfolge ableitet, anzunehmen, dass diese Tatsache nicht gegeben ist (nur BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 -, juris, Rn. 18). Somit liegt die objektive Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale grundsätzlich bei demjenigen, der den Anspruch geltend macht, also regelmäßig beim Kläger, und zwar auch dann, wenn es um das Fehlen bestimmter Umstände (sog. negative Tatbestandsmerkmale) geht (BSG, Urteil vom 8. November 2005 - B 1 KR 18/04 R -; Meyer-Ladewig u.a., a.a.O.; jeweils m.w.N.). Für den vorliegenden Fall hätte dies zur Folge, dass der Kläger, der die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b SGB V begehrt, grundsätzlich auch die Beweislast für das Tatbestandsmerkmal „bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert“ trägt.
Diese pauschale Betrachtungsweise bedarf im Hinblick auf negative Tatsachen indes einer Differenzierung, den das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg aus Sicht des Senats – dort im Hinblick auf einen aus einem (streitigen) Versicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V abgeleiteten Vergütungsanspruch – zutreffend begründet und ausdifferenziert hat (Urteil vom 11. Mai 2017 - L 9 KR 494/14 -, juris, Rn. 38 ff.):
„[…] Insoweit kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Grundsatz, dass negative Tatsachen nicht zu beweisen sind („negativa non sunt probanda“), in vielen Bereichen des Rechts anerkannt ist, z.B. im Verwaltungsverfahrensrechts im Hinblick auf die Behauptung, ein Schreiben sei nicht zugegangen (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 - B 13 R 4/06 R ; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Juni 2012 - 12 A 828/12 -, BFH, Urteil vom 14. März 1989 - VII R 75/85 -; alle juris), im Recht der Arbeitsförderung (Landessozialgericht für das Saarland, a.a.O.), im Rentenversicherungs- (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. September 2003 - L 6 RJ 102/03 -, juris) und Unfallversicherungsrecht (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht / Ricke, Stand: März 2017, SGB VII § 162 Rn. 22a), im Strafrecht (Vogel in: Laufhütte u.a., Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar, 2007, § 15 StGB, Rd. 70) oder im Steuerrecht (Urban, DStZ 2016, 747). Im vom Beibringungsgrundsatz geprägten Zivilprozess wird dem mit einer abgestuften Darlegungs- bzw. Bestreitenslast Rechnung getragen. Danach hat der Beklagte im Zusammenhang mit dem Bestreiten eines anspruchsbegründenden negativen Tatbestandsmerkmals – etwa „ohne rechtlichen Grund“ (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB> oder das Unterlassen einer geschuldeten Aufklärung – auch Umstände (z.B. den rechtlichen Grund i.S.v. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) darzulegen, auf deren Widerlegung sich die Beweislast des Klägers dann konkretisiert (Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2011, Ziff. 1.2.2.).
Eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast ist dem dem Amtsermittlungsgrundsatz verpflichteten öffentlichen Recht nicht fremd (BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 – B 3 P 7/08 R –, Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2009 – L 1 KR 76/08 –, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2017 – L 30 P 22/12 KL –, Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. April 2017 – 5 B 262/16 –; alle juris; Zieglmeier, DB 2004, 1830) und wird Konstellationen der vorliegenden Art in besonderer Weise gerecht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlungsmöglichkeiten der Krankenhäuser typischerweise stark eingeschränkt sind (Flachsbarth, PKR 2012, 2; Braun a.a.O.). Für Informationen durch Verwandte oder andere nahestehende Personen nicht auskunftsfähiger Patienten sind die Krankenhäuser auf deren freiwillige Mitarbeit angewiesen. Auch Auskunftsansprüche gegenüber Behörden stehen Krankenhäusern – i.d.R. wegen datenschutzrechtlicher Belange – nicht zu, wohl aber den Krankenkassen. Nicht zuletzt dieses Ungleichgewicht bei den Ermittlungsmöglichkeiten rechtfertigt es, den Krankenkassen eine besondere Darlegungslast aufzuerlegen.
Haben daher – wie hier – die Ermittlungen einen Anspruch des Krankenhauspatienten auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nicht beweisen können, muss die Krankenkasse, bei der zuletzt eine Krankenversicherung festgestellt wurde, einen bei verständiger Betrachtung und nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darlegen, aus dem sich eine anderweitige Absicherung ergeben kann. Kommt sie dem nach, trägt das Krankenhaus die Beweislast dafür, diesen Sachverhalt nicht widerlegen zu können. Entspricht das Krankenhaus dieser Obliegenheit hingegen nicht, ist zu seinen Lasten davon auszugehen, dass kein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht.“ (vgl. dem folgend auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. März 2023 – L 10 KR 610/20 -, juris, Rn. 63).“
Der Senat schließt sich diesen Ausführungen zunächst aus eigener Überzeugung vollumfänglich an, ohne indes zu verkennen, dass die vorliegende Fallkonstellation sich von der durch das LSG Berlin-Brandenburg entschiedenen in mehrfacher Hinsicht unterscheidet. Vergleichbar ist indes, dass der Kläger hier aus eigener Kraft zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nichts mehr beitragen kann. Die seitens seiner Prozessbevollmächtigten beigebrachte Erklärung seiner Mutter spricht für seinen Anspruch. Diese gibt an, von einer Versicherung des Klägers zu keiner Zeit gewusst zu haben. Sie könne jedoch sicher sagen, dass ihr früherer Ehemann nicht über eine Krankenversicherung verfügt habe. Dieser habe einen privaten, von ihm bezahlten Hausarzt gehabt, der bei Bedarf auch die Kinder betreut habe. Diese Schilderung spricht aus Sicht des Senats stark dafür, dass eine Krankenversicherung des Klägers vor 1968 nicht bestand. Die Beklagte hat nichts vorgetragen bzw. vortragen können, was eine andere Annahme wahrscheinlich machen würde und – als alternativ möglicher Geschehensablauf – gegebenenfalls durch den Kläger widerlegt werden könnte bzw. müsste. Auch aus Sicht des Senats sind anderweitige Hinweise nicht erkennbar. Die letztlich fortbestehende Nichtbeweisbarkeit des Bestehens bzw. Nichtbestehens eines gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers in den Jahren 1960 bis 1968 geht damit hier mit der Beklagten nach Hause.
Schließlich gehört der Kläger auch nicht zu den in § 5 Abs. 5 SGB V oder in § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V genannten Personen.
Die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b SGB V sind damit gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die Zulassung der Revision aus § 160 Abs. 2 SGG.