- Solange eine dem Antrag nach § 926 Abs. 2 ZPO stattgebende Entscheidung nicht ergangen ist, hat das Beschwerdegericht des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes eine Kostenentscheidung zu treffen.
- Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist stets durch das Beschwerdegericht zu treffen.
- Der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG ist jedenfalls in den Fällen nicht zu mindern, in denen durch eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes diejenige in der Hauptsache mindestens zeitweise vorweggenommen wird.
- Der Auffangstreitwert ist in Verfahren nicht mehrfach anzusetzen, in denen verschiedene prozessuale Streitgegenstände auf dasselbe wirtschaftliche Ergebnis abzielen (konkret: Entziehung einer Maßnahmezulassung und zugleich einer Trägerzulassung im Recht der Arbeitsförderung).
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Nach Abschluss des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes durch Rücknahme der Beschwerde waren eine Kostenentscheidung zu treffen und ein Streitwert festzusetzen.
Zwar hat die Antragsgegnerin mittlerweile beim Sozialgericht Anträge nach (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.mit) § 926 Abs. 1 und 2 ZPO gestellt. Erst in einem Beschluss (§ 86b Abs. 4 SGG), durch dem Antrag nach § 926 Abs. 2 ZPO stattgegeben wird, wäre aber einheitliche Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu treffen, die im Ausgangsverfahren bereits ergangene Kostenentscheidungen obsolet und bis dahin nicht getroffene unstatthaft machen würde (s. stellvertretend G.Vollkommer in Zöller, ZPO, 35. Aufl 2024, § 926 Rn 26 m.w.Nachw.). Ein solcher Beschluss ist bisher nicht ergangen.
Das Recht zur Festsetzung des Streitwerts für das des einstweiligen Rechtsschutzes einschließlich des Beschwerdeverfahrens fällt unabhängig davon in keinem Fall an das Gericht, welches über die Anträge nach § 926 ZPO zu entscheiden hat. Das folgt aus der Vorbemerkung 1.4, Abs. 2 Satz 1 zur Anlage 1 (Gebührenverzeichnis) zum GKG: Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und das Verfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO werden danach Gebühren jeweils gesondert erhoben. Weil die Streitwerte beider Verfahren voneinander abweichen können (s. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. August 2020 – 6 W 70/20 –, Rn 19, in „Juris“ m.w.Nachw.), ist für das Verfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO ein Streitwert gesondert festzusetzen, während der für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unberührt bleibt. Im Umkehrschluss ergibt sich aus der genannten Bestimmung des GKG, dass der Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO durch die Gebühr für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit abgegolten ist (s. G. Vollkommer a.a.O. Rn 35). Das mit diesem Antrag befasste Gericht hat deshalb keinen Streitwert festzusetzen.
Die somit von Amts wegen zu treffende Entscheidung über die Kostenverteilung dem Grunde nach beruht auf §§ 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.mit §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Für die erste Instanz hat die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Januar 2025 Bestand, weil er durch die Zurücknahme des Rechtsmittels insgesamt rechtskräftig geworden ist (s. etwa Neumann/Schaks in Sodann/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 155 Rn 53).
Die ebenfalls von Amts wegen zu treffende Entscheidung über den Streitwert für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 3 Abs. 1, 40, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.
Der Senat teilt grundsätzlich die Auffassung des Sozialgerichts in der von ihm getroffenen Streitwertfestsetzung, dass vom Auffangstreitwert (Regelstreitwert) auszugehen ist. Jedenfalls im Verhältnis der hiesigen Verfahrensbeteiligten zueinander – der Antragstellerin, welche sich mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entziehung einer Maßnahme- und einer Trägerzulassung (§§ 178, 179 SGB III) gewendet hatte und der Antragsgegnerin, welche als fachkundige Stelle (§ 177 SGB III) die Entziehungen ausgesprochen hatte – folgt aus den in Streit stehenden Zulassungen kein unmittelbar bezifferbares wirtschaftliches Interesse. Nach Auffassung des Gesetzgebers stellen Zertifizierungsstellen lediglich „unabhängige Sachverständige“ dar (BT-Dr. 17/10749, 17, mit Hinweis auf BT-Dr. 17/6277, 107). Daraus ist abzuleiten, dass ihr Handeln nur mittelbare Auswirkungen auf die Möglichkeit der Antragstellerin hat, sich in dem durch Leistungen nach dem SGB III geförderten Weiterbildungsmarkt zu betätigen (s. zur Rechtslage bis 31. März 2012 BSG, Beschluss vom 16. Januar 2012 – B 11 SF 1/10 R –, Rn 2 f. in „juris“).
Der Streitwert ist auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- Euro festzusetzen. Dies beruht jedoch nicht, wie vom Sozialgericht für die Streitwertfestsetzung erster Instanz angenommen, auf einer Halbierung des Auffangstreitwerts und der Summierung für zwei teilbare Streitgegenstände. Vielmehr ist der volle Auffangstreitwert ein Mal anzusetzen.
Der Senat lässt offen, ob der in § 52 Abs. 2 GKG unabhängig von der Verfahrensart festgelegte Auffangstreitwert überhaupt einer Minderung zugänglich ist. Jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen durch eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes diejenige in der Hauptsache mindestens zeitweise vorweggenommen wird, gibt es dafür keinen Grund (s. in diesem Zusammenhang stellvertretend LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Dezember 2022 – L 4 KR 290/22 KL ER –, Rn 25 in „juris“). Der vom Sozialgericht zitierte Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 20. August 2010 – L 18 AL 185/10 B ER –, Rn 6 in „juris“, begründet die von ihm vertretene anderslautende Auffassung nicht. Auf ihn muss deshalb nicht weiter eingegangen werden.
Der sonach in voller Höhe anzusetzende Auffangstreitwert war jedoch nicht zu vervielfachen, auch wenn angesichts der gesetzlichen Regelungen zur getrennten Träger- und Maßnahmezertifizierung in § 176 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 SGB III über zwei prozessuale Streitgegenstände – die Entziehung der Zulassung als Träger (Zulassungs-Registrier-Nr. B 45061 1389) und für Maßnahmen (Zertifikat-Registrier-Nr.: C 45069 1390) – zu befinden war. Weil die Maßnahmezulassung mittels eines einheitlichen Zertifikats erfolgt war, bildete deren Entziehung dabei nur einen Streitgegenstand, selbst wenn in der Sache verschiedene Maßnahmen betroffen waren.
Bei mehreren Streitgegenständen kann der Auffangstreitwert mehrfach anzusetzen sein (§ 39 Abs. 1 GKG; zu Beispielsfällen aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit neben den von der Antragsgegnerin zitierten Beschluss des BSG, Beschluss vom 8. August 2018 – B 6 KA 76/17 B –, Rn 15, und etwa Beschlüsse des BSG vom 19. September 2006 – B 6 KA 30/06 B –, Rn 2 f. in „juris“, und vom 8. April 2005 – B 6 KA 60/04 B –, Rn 12 in „juris“).
Weil das Kostenrecht einen spezifischen Streitgegenstandsbegriff verwendet, ergibt sich jedoch eine auch durch die zitierte Rechtsprechung des BSG nicht in Frage gestellte Ausnahme in den Fällen, in denen verschiedene prozessuale Streitgegenstände auf dasselbe wirtschaftliche Ergebnis abzielen und deshalb nur ein einheitliches Interesse begründen (s. etwa Schindler in BeckOK Kostenrecht [Dörndorfer/Wendtland/Diehn/Uhl], 48. Edition 2025, § 39 GKG Rn 17 m.w.Nachw.). Solch ein Ausnahmefall liegt vor. Abgesehen vom hier nicht einschlägigen § 176 Abs. 1 Satz 2 SGB III dürfen nur zugelassene Träger Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durchführen. Der mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemachte Fortbestand der Maßnahmezulassung setzt deshalb den Fortbestand der Trägerzulassung zwingend voraus. Eine wirtschaftliche Werthäufung der beiden prozessualen Streitgegenstände entsteht nicht.
Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren war nicht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG zu ändern, weil der Senat nur in der rechtlichen Begründung und nicht in der Höhe von der Entscheidung des Sozialgerichts abweicht.
Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.mit § 158 Abs. 2 VwGO bezüglich der Kostenentscheidung, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V. mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG bezüglich der Streitwertfestsetzung).