1. Ein Krankenhausträger kann auch eine Nebendiagnose, die er nur hilfsweise geltend macht, nach Ablauf der Präklusionsfrist des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 nicht mehr nachkodieren, wenn die zu ersetzende Nebendiagnose Gegenstand des Prüfverfahrens war.
2. Keine teleologische Reduktion der Präklusionsregelung, wenn der Medizinische Dienst im gerichtlichen Verfahren seine Auffassung dahingehend ändert, dass die hilfsweise geltend gemachte Nebendiagnose korrekt ist.
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.12.2023 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die weitere Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung nebst Zinsen.
Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen N Klinikum St. E Z . In dem Krankenhaus wurde vom 17.09.2019 bis zum 23.09.2019 der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte U S (im Folgenden: Versicherter) vollstationär behandelt. Der Versicherte wurde wegen eines positiven Hämoccult-Tests aufgenommen. Koloskopisch wurden zahlreiche Polypen im Darm festgestellt und entfernt, darunter ein blutender Polyp im Transversum. Für den Krankenhausaufenthalt stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 27.09.2019 eine Rechnung in Höhe von insgesamt 5.350,68 €. Dabei brachte sie die Fallpauschale (Diagnosis Related Group <DRG>) G48B (Koloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC, komplizierendem Eingriff oder Alter < 15 Jahre oder mehrzeitige endoskopische Blutstillung, ohne schwere Darminfektion, außer bei Zustand nach Organtransplantation) in Ansatz. Dem lag neben der Kodierung der Hauptdiagnose mit D12.3 (Gutartige Neubildung: Colon transversum) unter anderem die Kodierung der Nebendiagnose R58 (Blutung, andernorts nicht klassifiziert) für die Blutung des Polypen zugrunde. Der Rechnungsbetrag wurde durch die Beklagte zunächst vollständig beglichen. Sie beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK, heute Medizinischer Dienst, im Folgenden einheitlich: MD) mit einer Überprüfung. Der MD zeigte der Klägerin mit Prüfanzeige vom 02.10.2019 eine „Kodierprüfung“ zur Fragestellung: „Die übermittelte(n) Nebendiagnose(n) ist aufgrund der gemeldeten Daten nicht nachvollziehbar“ an. Als zu prüfende Diagnosen waren N18.5 (Chronische Nierenkrankheit, Stadium 5) und R58 genannt.
In einem Gutachten aufgrund einer Begehung am 22.01.2020 bestätigte der Arzt im MD H die Kodierung von N18.5. Anstelle von R58 sei K92.8 (Sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Verdauungssystems) zu kodieren. Es sei nach positivem Hämoccult bei der Endoskopie ein blutender Polyp gefunden worden. Da es für diese Blutung keinen Kode gebe, sei dies mit „K92.“ zu kodieren. Daraus ergab sich die DRG G71Z (Andere mäßig schwere Erkrankungen der Verdauungsorgane). Die Beklagte teilte der Klägerin am 24.01.2020 ihre leistungsrechtliche Entscheidung mit, wonach die Nebendiagnose R58 zu streichen und durch K92.8 zu ersetzen sei. Aus der DRG G71Z ergebe sich eine Zahlungsverpflichtung ihrerseits von 2.141,94 €. Diesen Betrag werde sie überweisen und habe sich die ursprünglich gezahlte Summe im Debitorenkonto gutgeschrieben. Das Prüfverfahren sei damit abgeschlossen. Die Klägerin schlug am 31.01.2020 ein Nachverfahren vor und gab hierzu an, dass die Ersetzung der Nebendiagnose R58 durch K92.8 nicht korrekt sei. Zwar müsse der blutender Polyp mangels eines spezifischen Kodes in den Organkapiteln mit einem Kode aus K92.- verschlüsselt werden gemäß Deutsche Kodierrichtlinie 2019 (DKR) 1105d, jedoch laut Hinweisen des ICD und dem alphabetischen Verzeichnis spezifischer mit dem Kode K92.2 (gastrointestinale Blutung, nicht näher bezeichnet). Es resultiere dann die ursprünglich abgerechnete DRG G48B. Am 03.02.2020 rechnete die Beklagte die sich ergebende Überzahlung von 3.208,74 € gegen eine unstreitige Forderung der Klägerin aus einer anderen Behandlung auf. Der von der Beklagten nochmals beauftragte MD hielt in einem Gutachten vom 14.02.2020 an seiner Auffassung fest. Die DKR 1105d gebe für die vorliegende Fallkonstellation nicht konkret an, dass die Blutung mit K92.2 zu kodieren sei, sondern mit einem Kode aus K92.-; die 4. Stelle richte sich nach dem konkret vorliegenden Sachverhalt. Es handele sich hier nicht um eine unklare gastrointestinale Blutung, sondern um eine Blutung aus einem Polyp, was spezifischer mit „sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Verdauungssystems“ (hier: Polyperkrankung mit Blutung, die die näher bezeichnete Krankheit darstelle) zu kodieren sei. Die Beklagte bestätigte daraufhin mit leistungsrechtlicher Entscheidung vom 20.02.2020 ihre frühere Entscheidung. Das Prüfverfahren sei damit abgeschlossen.
Die Klägerin hat am 07.10.2020 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Speyer erhoben, mit der sie die Zahlung von 3.208,74 € nebst Zinsen seit dem 03.02.2020 begehrt hat. Sie hat vorgetragen, dass sich ihr Vergütungsanspruch aus der korrekten Abrechnung vom 27.09.2019 ergebe. Sie gehe nach wie vor davon aus, dass sie die Polypenblutung richtigerweise mit R58 kodiert habe, und beabsichtige daher keine Abrechnungskorrektur. Selbst wenn man mit dem Prüfergebnis des MD davon ausgehen wolle, dass hier der blutende Polyp als K92.- zu kodieren sei, sei dann K92.2 kodieren, was zu keiner Änderung der Fallpauschale führe. Im Rahmen dieser hilfsweisen Argumentation setze sie das Prüfergebnis des MD aus dem abgeschlossenen Prüfverfahren korrekt um, so dass eine Ausnahme zur Präklusionsregelung vorliege. Erst Recht gelte dies unter Berücksichtigung des im Klageverfahren vorgelegten Gutachtens des MD vom 16.08.2021. § 7 Abs. 5 der „Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung) gemäß § 17c Absatz 2 KHG“ vom 03.02.2016 (PrüfvV 2016) hindere sicherlich nicht die Umsetzung der korrekten Abrechnung als Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens, denn auch dann werde weder das bereits abgeschlossene Prüfverfahren verzögert noch ein neues Prüfverfahren im Hinblick auf den Prüfgegenstand ausgelöst. Das gelte gleichermaßen für die Umsetzung der sozialmedizinischen Stellungnahmen des MD innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens wie für die eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, das gerade der Überprüfung der Abrechnung diene. Die PrüfvV diene nicht dazu, berechtigte Forderungen zu negieren, und auch § 17c Abs. 2a des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) erachte die Änderung der Kodierung infolge eines gerichtlichen Verfahrens als zulässig.
Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Kodierung der Klägerin hinsichtlich der Nebendiagnose R58 nicht korrekt gewesen sei. Ob stattdessen der Kode K92.2
oder der Kode K92.8 zu verschlüsseln sei, könne dahinstehen, da die Klägerin jedenfalls nie mit K92.2 abgerechnet und ihr im Rahmen der Frist des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 keine entsprechende Rechnungskorrektur übermittelt habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass sich bei § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 um eine materiell-rechtliche Präklusionsregelung handele (Urteile vom 18.05.2021 - B 1 KR 34/20 R, B 1 KR 37/20 R, B 1 KR 39/20 R). Selbst wenn hier K92.2 statt der vom MD ursprünglich vorgeschlagenen K92.8 hätte verschlüsselt werden müssen, hätte im Rahmen der materiellen Präklusionsfrist des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 eine Rechnungs- bzw. Datensatzkorrektur gemäß § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfolgen müssen, in der die ursprünglich verschlüsselte R58 durch K92.2 ersetzt worden wäre. Die Nebendiagnosen seien Gegenstand des Prüfungsverfahrens gewesen, so dass eine abrechnungserhaltende Nachkodierung anderer Nebendiagnosen innerhalb der Frist hätte erfolgen müssen. Da dies vorliegend nicht geschehen sei, sei die Klägerin mit dem Einwand, eine Verschlüsselung von K92.2 führe in dieselbe Fallpauschale, präkludiert. Die für die Abrechnung der Fallpauschale G48B notwendige Nachkodierung von K92.2 sei ausgeschlossen. Unerheblich sei, dass der MD in einem aktuellen Gutachten vom 16.08.2021 die Kodierung von K92.2 für „nachvollziehbar“ halte. Es liege hier keine der vom BSG angenommenen Ausnahmekonstellationen vor, weil die Klägerin nicht lediglich das Ergebnis der Erstbegutachtung im Prüfverfahren umgesetzt habe. Vielmehr habe sie das Prüfergebnis des MD, die Kodierung von K92.8, ausdrücklich abgelehnt. Dass der MD nunmehr im gerichtlichen Verfahren eine Kodierung von K92.2 für nachvollziehbar halte, stehe dem nach Sinn und Zweck der Fristenregelung nicht gleich. Das aktuelle MD-Gutachten sei eher einem gerichtlichen Sachverständigengutachten vergleichbar, dessen Umsetzung durch § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 ausgeschlossen sei. Gerade dies sei Auswirkung einer materiell-rechtlichen Präklusionsvorschrift, die die Nachkodierung nach Fristablauf verbiete; andernfalls verbliebe für die Präklusionsregelung nahezu kein Anwendungsbereich mehr. Ohnehin könne sie der Auffassung des MD im Gutachten vom 16.08.2021 nicht folgen, da durch K92.2 anders als durch K92.8 nicht zum Ausdruck komme, dass eine Blutung vorgelegen habe. Da R58 zu Unrecht verschlüsselt worden sei und K92.2 nicht kodiert werden könne, verbleibe es dabei, dass die Abrechnung der Fallpauschale G48B falsch gewesen sei, so dass sie einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe der Klageforderung gehabt habe.
Durch Urteil vom 14.12.2023 hat das SG Speyer die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.208,74 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 03.02.2020 zu zahlen. Der Vergütungsanspruch ergebe sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) und dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V zwischen der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz e.V. und den Landesverbänden der Krankenkassen (KBV-RP). Die eigentlich streitgegenständlichen Vergütungsansprüche seien zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig; diesbezüglich bedürfe es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen. Der durch die Klägerin geltend gemachte Restanspruch in Höhe von 3.208,74 € sei nicht durch Aufrechnung der Beklagten erloschen. Als Rechtsgrundlage für die seitens der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung komme über § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V ein Herausgabeanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Zahlung der Beklagten für den Krankenhausaufenthalt des Versicherten sei in Höhe von 3.208,74 € nicht rechtsgrundlos gewesen. Die Klägerin habe die Behandlung unter Zugrundelegung der DRG G48B in zutreffender Höhe in Rechnung gestellt. Diese DRG werde unstreitig auch bei Heranziehung der Nebendiagnose K92.2 an Stelle der Nebendiagnose R58 angesteuert. Im vorliegenden Fall sei der blutende Polyp als Nebendiagnose K92.2 und nicht als Nebendiagnose K92.8 zu kodieren. Dies beruhe bei unstreitigem Sachverhalt auf der Auslegung der einschlägigen DKR 1105d „Gastrointestinale Blutung“. Hierin heiße es unter anderem: „Nicht alle Kategorien, die zur Verschlüsselung von gastrointestinalen Läsionen zur Verfügung stehen, stellen einen Kode mit der Modifikation ,mit einer Blutung‘ zur Verfügung. In solchen Fällen wird für die Blutung ein zusätzlicher Kode aus K92.- Sonstige Krankheiten des Verdauungssystems angegeben.“ Diese Situation treffe hier zu. Ein Kode für die Hauptdiagnose D12.3 „mit einer Blutung“ stehe in den ICD-10 GM nicht zur Verfügung. Es sei deshalb als Nebendiagnose ein Kode aus der Kategorie K92.- zusätzlich heranzuziehen und nicht etwa der ursprünglich von der Klägerin herangezogene Kode R58. Von den Kodes der Kategorie K92.- seien K92.0 (Hämatemesis) und K92.1 (Meläna) offensichtlich nicht einschlägig. Die im Mittelpunkt des Streits stehenden Kodes K92.2 und K92.8 seien spezifischer als der Kode K92.9 (Krankheit des Verdauungssystems, nicht näher bezeichnet) und deshalb diesem vorzuziehen. Gegenüber dem Kode K92.8 sei wiederum der Kode K92.2 zu bevorzugen. Denn dieser sei insofern spezifischer, als er eine im Behandlungsfall gegebene gastrointestinale Blutung beschreibe, wenn auch „nicht näher bezeichnet“. Der Kode K92.8 sei zwar in der Hinsicht spezifischer, dass er eine „näher bezeichnete“ Krankheit des Verdauungssystems abbilde, dies jedoch nur abstrakt. Der Kode K92.2 sei somit hinsichtlich der beschriebenen Symptomatik spezifischer, während der Kode K92.8 hinsichtlich der Krankheitsentität (abstrakt) spezifischer sei. In der vorliegenden Konstellation spreche jedoch mehr für die Kodierung des Kodes K92.2, weil die Kategorie K92.- nach den DKR 1105d überhaupt nur wegen der im Kode der Hauptdiagnose D12.3 nicht angesprochenen Blutung angesteuert werde, diese im Kode K92.8 (im Gegensatz zu den Kodes K92.0, K92.1 und K92.2) aber nicht abgebildet sei. Die somit zutreffende Kodierung der Nebendiagnose K92.2 führe dazu, dass die Klägerin die Krankenhausbehandlung des Versicherten im Ergebnis richtigerweise auf Grundlage der DRG G48B abgerechnet habe. Der Berücksichtigung der Nebendiagnose K92.2 steht nicht entgegen, dass die Klägerin ursprünglich eine andere Nebendiagnose kodiert gehabt habe. Die PrüfvV 2014 sehe keinen Anspruchsausschluss oder eine vergleichbare Rechtsfolge für das Versäumnis einer Frist zur Datenkorrektur oder -ergänzung nach § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 vor. Dies wäre insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden auch fernliegend, da sich der Korrekturbedarf erst aus einer Reaktion auf eine Einschätzung des MD im Prüfverfahren ergeben habe. Unabhängig davon wäre zweifelhaft, ob eine derart weitreichende Rechtsfolge ermächtigungskonform in der PrüfvV 2014 geregelt werden könnte. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 9 Abs. 7 KBV-RP.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 19.12.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.01.2024 Berufung eingelegt. Die Entscheidung des SG verstoße offenkundig gegen die Rechtsprechung des BSG zu § 7 Abs. 5 PrüfvV, mit der sich das SG noch nicht einmal im Ansatz auseinandergesetzt habe; bei der Ausblendung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum ihrem, der Beklagten, Nachteil handele es sich um eine bedenkliche Entfernung von Recht und Gesetz an der Grenze zur richterlichen Willkür. Im Übrigen hat sie ihr erstinstanzliches Vorbringen zum Ausschluss einer Nachkodierung von K92.2 durch § 7 Abs. 5 PrüfvV wiederholt und vertieft. Es sei dann nicht erheblich, ob nicht richtigerweise K92.8 zu kodieren sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.12.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Entgegen der wiederholten Behauptung der Beklagten sei nicht unstreitig, dass sie fehlerhaft die Nebendiagnose R58 kodiert habe, vielmehr verweise sie nur im Rahmen einer Hilfsargumentation darauf, dass als angeblich speziellere Nebendiagnose nicht K92.8, sondern K92.2 zu kodieren wäre. Das sei zulässig, weil dies der Umsetzung schon der ersten Prüfgutachten des MD entspräche, wie im MD-Gutachten vom 16.08.2021 bestätigt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Patientenakte der Klägerin sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, an die Klägerin 3.208,74 € nebst Zinsen zu zahlen. Der als solches unstreitige Vergütungsanspruch der Klägerin für die Behandlung eines anderen Versicherten der Beklagten, der gerichtlich nicht überprüft werden muss, ist in dieser Höhe durch die am 03.02.2020 vorgenommene Aufrechnung mit dem im Streit stehenden Erstattungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin erloschen. Der Beklagten stand gegen die Klägerin ein Erstattungsanspruch in Höhe von 3.208,74 € wegen einer rechtsgrundlosen Überzahlung für die Behandlung des Versicherten im September 2019 zu.
Die Beklagte hatte gegen die Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 3.208,74 €. Der Klägerin stand für die Behandlung des Versicherten vom 17.09.2019 bis zum 23.09.2019 ein durchsetzbarer Vergütungsanspruch nur in Höhe von 2.141,94 € zu, der sich aus der DRG G71Z ergibt. Die mit dem Gesamtbetrag von 5.350,68 € vergütete DRG G48B kann sie gegenüber der Beklagten nicht wirksam abrechnen. Da die Beklagte an die Klägerin zur Abgeltung der Behandlung des Versicherten 5.350,68 € gezahlt hatte, hatte sie einen Erstattungsanspruch in Höhe des Differenzbetrages. Mit diesem hat die Beklagte wirksam aufgerechnet und so die unstreitige andere Vergütungsforderung zum Erlöschen gebracht (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 389 BGB).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wurde und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist. Die Vergütung für die Krankenhausbehandlung bemisst sich nach den vertraglichen Fallpauschalen (DRG) auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung der Behandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 KHEntgG, § 17b KHG und dem KBV-RP. Welche Fallpauschale abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem (Groupierung), das auf einem zertifizierten Programm beruht (vgl. etwa BSG, 19.06.2018 - B 1 KR 39/17 R, Rn. 10 ff.). Dieser Grouper greift auf Daten zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mitvereinbart sind oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu Letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR, hier Version 2019), aber auch die Klassifikationen von OPS und ICD-10-GM. Dabei kommt auch den in den DKR enthaltenen Erläuterungen zu den einzelnen Kodierrichtlinien normative Wirkung zu, soweit sie ergänzende Regelungen enthalten (vgl. etwa BSG, 28.08.2024 - B 1 KR 33/23 R, Rn. 13 mit weiteren Nachweisen <mwN>).
Vorliegend hat die Klägerin die Nebendiagnose R58, die in Verbindung mit den weiteren unstreitigen von der Klägerin für die Rechnung vom 27.09.2019 kodierten Diagnosen und Prozeduren die Ansteuerung der DRG G48B bewirkt, fehlerhaft kodiert. Weder entspricht die Kodierung von R58 zur Abbildung der behandelten Blutung des Darmpolypen, der als solches mit der Hauptdiagnose D12.3 zutreffend kodiert wurde, dem Wortlaut des ICD-10-GM noch den Vorgaben der DKR. Der Kode R58 gehört zum Kapitel XVIII des ICD-10-GM 2019 „Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind“ und betrifft danach und nach seiner Bezeichnung „Blutung, andernorts nicht klassifiziert“ nur Blutungen als Symptom, für die nicht an anderer Stelle des ICD-10-GM eine spezifischere Klassifikation vorgesehen ist. Dies ist indes für die hier behandelte gastrointestinale Blutung in Gestalt eines Kodes der Kategorie K92.- der Fall. Die Verschlüsselung der Blutung des Darmpolypen mit einem Kode der Kategorie K92.- ist zudem durch die spezielle Kodierrichtlinie DKR 1105d „Gastrointestinale Blutung“ verbindlich vorgegeben. Richtigerweise wäre die Blutung mit dem Kode K92.2 als Nebendiagnose abzubilden gewesen, weil dieser Kode gegenüber dem ursprünglich vom MD als zutreffend erachteten Kode K92.8 spezifischer eine Blutung im Gastrointestinaltrakt abbildet. Ergänzend verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG zur Auswahl des einschlägigen Kodes (§ 153 Abs. 2 SGG).
Den für die Polypenblutung einschlägigen Kode K92.2, der in Verbindung mit den unstreitigen von der Klägerin für die Rechnung vom 27.09.2019 kodierten Diagnosen und Prozeduren ebenfalls die DRG G48B ansteuert, kann die Klägerin zur Begründung eines Vergütungsanspruchs in Höhe von 5.350,68 € nicht mit Erfolg als Nebendiagnose gegenüber der Beklagten geltend machen. Denn die Klägerin darf den Kode K92.2, den sie bislang nicht nach Maßgabe des § 301 SGB V an die Beklagte übermittelt hat, nicht mehr nachkodieren. Es kann dahinstehen, ob sie in Umsetzung der MD-Gutachten aus dem Prüfverfahren den Kode K92.8, der in Verbindung mit den unstreitigen für die Rechnung vom 27.09.2019 kodierten Diagnosen und Prozeduren die um den hier streitigen Betrag geringer vergütete DRG G71Z ansteuert, statt R58 nachkodieren könnte, obwohl dieser nach Auffassung des Senats nicht einschlägig ist. Es kann auch dahinstehen, ob bei Nichtberücksichtigung aller für die Blutung des Darmpolypen als Nebendiagnose im Raum stehenden Kodes eine noch niedriger vergütete DRG als die DRG G71Z angesteuert würde. Denn die Beklagte berühmt sich keines über den aufgerechneten Differenzbetrag zwischen der DRG G71Z und der DRG G48B von 3.208,74 € hinausgehenden Erstattungsanspruchs gegen die Klägerin.
Der für die Ansteuerung der DRG G48B notwendigen Änderung der ursprünglichen Abrechnung durch eine Nachkodierung des Kodes K92.2 anstelle des Kodes R58 steht § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 entgegen. Diese Korrektur des Datensatzes nach § 301 SGB V ist von der dortigen Präklusionsregelung erfasst und die für die Korrektur maßgeblichen Fristen sind abgelaufen. Eine teleologische Reduktion der Präklusionsregelung scheidet für die vorliegende Konstellation aus.
§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 ist für die spätestens im Oktober 2019 eingeleitete Überprüfung der Abrechnung der Behandlung des Versicherten im September 2019 zeitlich und sachlich anwendbar. Die aufgrund der Ermächtigung in § 17c Abs. 2 KHG (in der Fassung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013, BGBl. I S. 2423; alte Fassung <aF>) erlassene PrüfvV 2016 gilt für die Überprüfung der Krankenhausabrechnung bei Patienten, die ab dem 01.01.2017 in ein Krankenhaus aufgenommen wurden (§ 13 Abs. 1 PrüfvV 2016). Erst mit Wirkung ab dem 01.01.2020 ist eine Änderung der PrüfvV 2016 erfolgt (durch die Übergangsvereinbarung zur PrüfvV 2016 vom 10.12.2019). Die vom SG erwähnte PrüfvV 2014 wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2017 durch die PrüfvV 2016 abgelöst. Die PrüfvV 2016 erfasst die hier vorgenommene Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung unter Beauftragung des MD und Datenerhebung im Krankenhaus (§ 2 Abs. 1 Satz 1 PrüfvV 2016).
Die Präklusionsregelung des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 steht hier einer Korrektur des zur Abrechnung der Behandlung des Versicherten an die Beklagte übermittelten Datensatzes durch Kodierung von K92.2 entgegen, weil der Datensatz insoweit Gegenstand des Prüfverfahrens war. Die Klägerin kann ihre Vergütungsforderung nicht mehr auf der Grundlage einer neuen Nebendiagnose anstelle der fehlerhaft kodierten R58 durchsetzen, auch wenn der MD in seinem im sozialgerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten vom 16.08.2021 diesen Kode anstelle von R58 für die Blutung des Polypen als Nebendiagnose bezeichnet hat.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 bis 6 PrüfvV 2016 sind Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich. Diese hat der MD nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MD-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 PrüfvV 2016 an die Krankenkasse erfolgen. Sollte eine Begutachtung durch den MD vor Ablauf der Frist des Satzes 2 beendet sein, ist eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MD möglich. In den Fällen der Prüfung vor Ort finden die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich ist. Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des Prüfgegenstandes nach § 6 Abs. 3 Satz 6 PrüfvV 2016 eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von fünf Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen, die Sätze 3 und 4 gelten entsprechend. Je nach Eingang der Korrektur bzw. der Ergänzung verlängert sich die Gesamtprüffrist nach § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 entsprechend.
Nach der Rechtsprechung des BSG (18.05.2021 - B 1 KR 34/20 R, B 1 KR 37/20 R und B 1 KR 39/20 R), der sich der Senat anschließt, bewirkt § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 eine materielle Präklusion mit der Rechtsfolge, dass Änderungen zugunsten des vom Krankenhaus zu Abrechnungszwecken an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach § 301 SGB V nach Ablauf der in der PrüfvV 2016 geregelten Änderungsfristen unzulässig sind, soweit der Datensatz Gegenstand des Prüfverfahrens geworden ist. Änderungen des vom MD geprüften Teils des Datensatzes außerhalb der in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 geregelten Änderungsmöglichkeiten sind - auch mit Wirkung für ein nachfolgendes Gerichtsverfahren - unzulässig. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses kann nicht erfolgreich auf Grundlage von neuen (geänderten oder ergänzten) Daten durchgesetzt werden, deren Übermittlung unzulässig ist (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 37/20 R, Rn. 16). Zwar geht nach § 7 Abs. 5 Satz 1 bis 4 PrüfvV 2016 der Anspruch auf die weitere Vergütung nicht (im Sinne einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist) allein wegen des Fristablaufs unter. Die durch die Vorschrift begründete materielle Präklusion führt vielmehr dazu, dass die nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang erforderlichen Handlungen zur Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs ausgeschlossen sind. Dies hat bei § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 zur Folge, dass die Vergütungsforderung des Krankenhauses nicht auf der Grundlage neuer - präkludierter - Daten durchgesetzt werden kann. Das Krankenhaus verliert das Recht, den Datensatz nach § 301 SGB V zu ändern, soweit er Prüfgegenstand der von der Krankenkasse veranlassten MD-Prüfung geworden ist; dies auch mit Wirkung für das Gerichtsverfahren (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 37/20 R, Rn. 17 mwN). Dagegen kann der Vergütungsanspruch weiterhin mit anderen, nicht von der materiellen Präklusion erfassten Daten innerhalb der Grenzen von Verwirkung und Verjährung erfolgreich durchgesetzt werden. Insoweit müssen die rechtmäßig übermittelten Daten jedoch zutreffend sein; unzutreffende Daten können grundsätzlich keinen Vergütungsanspruch begründen. Die Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 hat Auswirkungen nicht nur für den Austausch der Daten zur Begründung einer Nachforderung, sondern auch für Datenänderungen zur Begründung eines gleichbleibenden oder verminderten Rechnungsbetrags. Denn soweit der nicht mehr veränderbare Teil des Datensatzes unzutreffende Daten enthält, kann das Krankenhaus hierauf regelmäßig keinen durchsetzbaren Vergütungsanspruch stützen. Unzutreffende, nicht mehr änderbare Daten fallen als Berechnungselemente grundsätzlich ersatzlos weg. Dies gilt allerdings nicht, wenn es "nur" um quantitative Angaben geht, also nicht ein Aliud, sondern ein Minus oder ein Maius zutreffend hätte kodiert werden müssen (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 37/20 R, Rn. 18). Infolge der Präklusionsregelung kann das Krankenhaus nach Ablauf der Fristen anstelle vom MD im Prüfverfahren gestrichener vergütungsrelevanter Nebendiagnosen auch vorsorglich keine weiteren vergütungsrelevanten Nebendiagnosen kodieren und den so geänderten Datensatz der Krankenkasse übermitteln. Selbst wenn diese Nachkodierung zutreffend ist, sind die nachkodierten Nebendiagnosen auch im Gerichtsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig und nicht geeignet, einen höheren oder auch nur gleich hohen Vergütungsanspruch zu begründen (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 34/20 R, Rn. 17). Dass § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 nach Auslegung eine derartige materielle Präklusionsregelung enthält, die auch durch die damalige Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs. 2 KHG aF gedeckt ist, hat das BSG in den Urteilen vom 18.05.2021 ausführlich dargelegt, hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (B 1 KR 34/20 R, Rn.19 bis 29; B 1 KR 37/20 R, Rn. 20 bis 30; B 1 KR 39/20 R, Rn. 18 bis 28).
Vorliegend handelt es sich bei der Ersetzung des ursprünglich als Nebendiagnose fehlerhaft kodierten Kodes R58 durch den einschlägigen Kode K92.2 um eine Korrektur des Datensatzes nach § 301 SGB V, der insoweit auch Gegenstand des Prüfverfahrens des MD gewesen ist. Diese Korrektur hat die Klägerin bislang nicht vorgenommen, auch nicht vorsorglich für den Fall der Streichung des von ihr weiterhin als zutreffend erachteten Kodes R58. Da die in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 normierten Fristen seit langem abgelaufen sind, kann sie die Korrektur nicht mehr vornehmen, um den abgerechneten Vergütungsanspruch nach der DRG G48B zu begründen.
Die Kodierung der Blutung des Darmpolypen als Nebendiagnose war Gegenstand des Prüfverfahrens. Eine Änderung des Datensatzes ist nur unzulässig, soweit der Datensatz Gegenstand des Prüfverfahrens geworden ist. Dies hat das BSG aus der Regelung in § 7 Abs. 5 Satz 3 PrüfvV 2016 gefolgert (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 34/20 R, Rn. 31). Hier war der MD ausdrücklich auch mit der Prüfung der Nebendiagnose R58 beauftragt worden. Die erforderliche Datensatzänderung durch Ersetzung dieses Kodes durch einen anderen betrifft damit den konkreten Prüfgegenstand. Es bedarf keiner Entscheidung, ob es einem Krankenhaus im Falle eines Prüfauftrags, der sich wie hier auf konkrete Nebendiagnosen bezieht, nach Fristablauf noch möglich wäre, für davon unabhängige Krankheiten oder Beschwerden Nebendiagnosen nachzukodieren, oder ob jegliche Nachkodierung von Nebendiagnosen präkludiert ist, wenn nur eine Nebendiagnose von einem konkretisierten Prüfauftrag umfasst ist. Ebenso kann offen bleiben, wie sich dies bei einem allgemein auf die Nebendiagnosen bezogenen Prüfauftrag verhalten würde (vgl. für Zusatzentgelte: Landessozialgericht <LSG> für das Land Nordrhein-Westfalen, 06.12.2023 - L 10 KR 646/22 KR, Rn. 34 ff., Revision durch BSG zurückgewiesen am 16.07.2025 - B 1 KR 30/24 R laut Terminbericht Nr. 22/25; für Nebendiagnosen: Schleswig-Holsteinisches LSG, 31.01.2024 - L 5 KR 117/20, Rn. 51, Teilzurückverweisung mit Teilzurückweisung der Revision durch BSG am 16.07.2025 - B 1 KR 22/24 R laut Terminbericht Nr. 22/25; für Nebendiagnosen: Schleswig-Holsteinisches LSG, 31.01.2024 - L 5 KR 189/21, Rn. 49, Revision durch BSG zurückgewiesen am 16.07.2025 - B 1 KR 9/24 R laut Terminbericht Nr. 22/25; für Prozeduren: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, 15.08.2024 - L 16 KR 727/22 KH, Rn. 35). Denn jedenfalls wenn die Nachkodierung, wie hier, dieselbe Krankheit oder Beschwerde als Nebendiagnose abbilden würde wie der gestrichene Kode, betrifft diese Korrektur denjenigen Teil des Datensatzes, der Gegenstand des Prüfverfahrens war. Die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen LSG (25.04.2023 - L 10 KR 15/21, Rn. 35, aufgehoben durch BSG am 16.07.2025 - B 1 KR 12/24 R laut Terminbericht Nr. 22/25), dass nur übermittelte abrechnungsrelevante Diagnosen vom Prüfauftrag nach § 4 PrüfvV 2016 erfasst sein könnten, so dass solche, die vom Krankhaus als nicht abrechnungsrelevant eingetragen worden seien, vom Prüfauftrag an den MD nicht erfasst und von diesem folglich nicht geprüft worden sein könnten mit der weiteren Folge, dass sie in einer späteren Abrechnung übermittelt werden könnten, überzeugt nicht. Dieses Verständnis der Regelung würde eine Nachkodierung bislang nicht übermittelter Diagnosen oder Prozeduren stets ermöglichen, womit die Präklusionsregelung für Ergänzungen des Datensatzes ins Leere liefe, obwohl sich der Wortlaut von § 7 Abs. 5 Satz 1 PrüfvV 2016 ausdrücklich auch auf die Ergänzung eines Datensatzes bezieht. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich der Prüfauftrag einer Krankenkasse nicht konkret auf solche Diagnosen oder Prozeduren beziehen kann, die vom Krankenhaus im Rahmen der Abrechnung nicht an die Krankenkasse übermittelt worden sind (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, 06.12.2023 - L 10 KR 646/22 KR, Rn. 36). Für den Austausch auftragsgemäß überprüfter konkreter Nebendiagnosen durch andere gilt mithin dasselbe wie für die Ersetzung einer auftragsgemäß überprüften Hauptdiagnose durch eine andere. Dass letzteres innerhalb des Prüfgegenstandes liegt, hat das BSG ohne Weiteres angenommen (18.05.2021 - B 1 KR 37/20 R, Rn. 33).
Eine Konstellation, in der eine Änderung des Datensatzes ausnahmsweise noch nach Fristablauf möglich ist, liegt nicht vor. Die Kodierung von K92.2 erfolgt nicht im Umsetzung des Prüfergebnisses des MD. Für die hier vorliegende Konstellation, dass der MD im gerichtlichen Verfahren seine Auffassung ändert und die Kodierung der Nebendiagnose durch einen dritten, bislang vom Krankenhaus nicht im Datensatz nach § 301 SGB V übermittelten Kode für zutreffend erachtet, der in die abgerechnete DRG führt, ist eine teleologische Reduktion der Präklusionsregelungen nicht geboten.
Die Klägerin kann den Kode K92.2 nicht deshalb noch nachkodieren, weil § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 einer Korrektur des Datensatzes in Umsetzung des Prüfergebnisses des MD auch nach Fristablauf nicht entgegensteht. Nach der überzeugenden Rechtsprechung des BSG schließt § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 Korrekturen nicht aus, die lediglich zeitnah das MD-Prüfergebnis umsetzen. Wenn der MD im Prüfergebnis eine Änderung des überprüften Datensatzes für geboten hält und das Krankenhaus dem MD folgend seinen Datensatz in vollem Umfang ändert, greift die materielle Präklusion wegen einer teleologischen Reduktion des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 nicht. Die fortbestehende Möglichkeit der Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes in diesen Fällen ergibt sich unmittelbar aus dem Regelungszweck. Denn durch eine solche Änderung wird weder das bereits abgeschlossene Prüfverfahren verzögert noch ein neues Prüfverfahren im Hinblick auf den Prüfgegenstand ausgelöst; vielmehr unterwirft sich das Krankenhaus gerade im Hinblick auf den Prüfgegenstand dem durch den MD festgestellten Prüfergebnis. Dem steht auch nicht die fehlende Bindungswirkung der Einschätzung des MD entgegen. Zwar kann es zu einem Gerichtsverfahren zwischen Krankenhaus und Krankenkasse kommen, wenn MD und Krankenkasse unterschiedlicher Meinung sind und das Krankenhaus dem MD folgt. Das Prüfverfahren selbst wird dadurch aber nicht wiedereröffnet. Der Regelungszweck des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 gebietet daher eine teleologische Reduktion des zu weit gefassten Wortlauts. Andernfalls würde die Regelung Sachverhalte - hier die Umsetzung des MD-Prüfergebnisses - erfassen, die sie nach ihrem objektiven, erkennbaren Regelungszweck nicht erfassen soll. Die Unzulässigkeit der Datenänderung, die zu erheblichen negativen finanziellen Konsequenzen für betroffene Krankenhäuser führen kann, wäre reiner Selbstzweck. Insoweit ist die Regelung auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (vgl. BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 37/20, Rn. 34 ff.). Anders als in der vom BSG in den Blick genommenen Konstellation, in der das Krankenhaus nach Abschluss des Prüfverfahrens das Prüfergebnis akzeptiert und seinen Datensatz entsprechend ändert, hat die Klägerin hier das MD-Prüfergebnis gerade nicht umgesetzt und kann dies „zeitnah“ auch nicht mehr. Denn sie hat keine Korrektur des Datensatzes vorgenommen und hält weiterhin daran fest, dass ihre ursprüngliche Kodierung von R58 als Nebendiagnose richtig war. Von einer Unterwerfung unter das vom MD festgestellte Prüfergebnis kann keine Rede sein. Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich daher erheblich von derjenigen, für die das BSG eine teleologische Reduktion angenommen hat.
Im Ergebnis nichts Anderes ergibt sich vorliegend, wenn man über die bisherige BSG-Rechtsprechung hinaus annimmt, dass es dem Krankenhaus nach Sinn und Zweck der Präklusionsregelungen des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 unter Berücksichtigung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz <GG>) möglich sein muss, seine ursprüngliche Kodierung gerichtlich überprüfen zu lassen und sich nur hilfsweise auf das MD-Prüfergebnis zum streitigen Prüfgegenstand zu berufen. Dazu könnte insbesondere dann Veranlassung bestehen, wenn die kodierte Nebendiagnose oder Prozedur in die am höchsten vergütete DRG führt, die vom MD für zutreffend erachteten Kodes bzw. Prozeduren aber immer noch zu einer höher vergüteten DRG führen als dies bei einem ersatzlosen Wegfall der kodierten Nebendiagnosen oder Prozeduren der Fall wäre. In diesem Sinne ist nach Auffassung des Senats auch die am 01.01.2020 in Kraft getretene Regelung in § 17c Abs. 2a Satz 1 KHG in der Fassung des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl. I S. 2789) auszulegen, so dass dahinstehen kann, ob diese Regelung auf Krankenhausabrechnungen aus dem Jahr 2019 anwendbar ist, wenn vor dem 01.01.2020 noch keine Korrektur vorgenommen wurde und ein gerichtliches Verfahren anhängig ist (die Anwendbarkeit im Allgemeinen offenlassend BSG, 18.05.2021 - B 1 KR 37/20, Rn. 15). Danach ist nach Übermittlung der Abrechnung an die Krankenkasse eine Korrektur dieser Abrechnung durch das Krankenhaus ausgeschlossen, es sei denn, dass die Korrektur zur Umsetzung eines Prüfergebnisses des MD oder eines rechtskräftigen Urteils erforderlich ist. In der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 359/19, S. 96 f.) heißt es hierzu: „Bisher haben Krankenhäuser nach Rechnungsstellung, während einer Prüfung durch den MD sowie teilweise noch nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens ihre Rechnung, zum Teil mehrfach, korrigiert. Dies erschwert eine effiziente und zügige Durchführung der Prüfverfahren und der Verfahren vor dem Sozialgericht. Zur Erleichterung und Beschleunigung dieser Verfahren werden Korrekturen von Krankenhausrechnungen durch Absatz 2a grundsätzlich ausgeschlossen. Sofern die Prüfung durch den MD ergibt, dass die Rechnung des Krankenhauses zu niedrig oder überhöht war, kann das Krankenhaus die Rechnung jedoch korrigieren. Dies dient der Umsetzung des Prüfergebnisses des MD, das andernfalls unberücksichtigt bleiben müsste. Gleiches gilt, wenn ein rechtskräftiges Urteil eine Korrektur der Abrechnung erforderlich macht.“ Auch wenn der Wortlaut von § 17c Abs. 2a Satz 1 KHG offen ist, ist es nach Sinn und Zweck der Regelung, Rechnungskorrekturen nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens zu unterbinden, weil diese die Durchführung der Verfahren vor den Sozialgerichten erschweren, ausgeschlossen, im Prüfverfahren unzulässige Rechnungskorrekturen nach Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens deshalb zu gestatten, weil sich diese im gerichtlichen Verfahren als materiell „richtig“ herausgestellt haben. Das gerichtliche Verfahren wäre dann nicht entlastet, weil weiterhin sämtliche vom Krankenhaus als der Sache nach kodierbar angeführte Diagnosen und Prozeduren zu prüfen wären, obwohl sie noch nicht einmal durch eine Rechnungskorrektur umgesetzt wurden, weil die Korrektur vor Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nach § 17 Abs. 2a Satz 1 KHG grundsätzlich (vorbehaltlich einer abweichende Regelung in der Prüfverfahrensvereinbarung, § 17c Abs. 2a Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 KHG) ausgeschlossen ist. Darüber hinaus wäre eine Zunahme der sozialgerichtlichen Verfahren zu erwarten, weil die Erhebung einer Klage den Krankenhäusern die Möglichkeit (wieder-)eröffnen würde, andernfalls ausgeschlossene Korrekturen des Abrechnungsdatensatzes doch noch vorzunehmen. Das würde dem Gesetzeszweck von § 17c Abs. 2a Satz 1 KHG ebenso wie dem Zweck der hier einschlägigen Präklusionsvorschrift des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 zuwiderlaufen. Davon geht in Bezug auf § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 ersichtlich auch das BSG aus, das in seinen Urteilen vom 18.05.2021 wiederholt ausführt, dass die Präklusionsregelung auch auf das gerichtliche Verfahren durchgreife, und insbesondere in dem angeführten Beispiel (B 1 KR 34/20 R, Rn. 17) klarstellt, dass verfristet nachkodierte Nebendiagnosen auch im Gerichtsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig sind.
Vorliegend beabsichtigt die Klägerin entgegen ihrer Darstellung auch hilfsweise nicht die Umsetzung des Prüfergebnisses des MD, wenn sie die Blutung des Polypen mit dem Kode K92.2 als Nebendiagnose abbilden will. Der MD war in seinem im Prüfverfahren erstellten Gutachten vom 22.01.2020 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Blutung des Polypen mit K92.8 zu kodieren sei. Auch in dem zweiten Gutachten vom 14.02.2020 hat der MD daran festgehalten und die von der Klägerin angeführte Kodierung mit K92.2 ausdrücklich abgelehnt. Der MD hatte im Prüfverfahren, das spätestens mit der zweiten leistungsrechtlichen Entscheidung der Beklagten vom 20.02.2020 abgeschlossen war, nicht eine Kodierung mit „K92.-“ als Nebendiagnose vorgeschlagen. K92.- ist als solches kein zur Übermittlung nach § 301 SGBV geeigneter Kode, sondern eine Kategorie. Diese Kategorie wurde vom MD in den beiden genannten Gutachten lediglich zur Erläuterung bzw. Begründung der geänderten Nebendiagnose angeführt. Das konkrete Prüfergebnis ergibt sich eindeutig aus der Darstellung unter „Vom MDK geänderte Nebendiagnosen: von R58 … auf K92.8 …“. Angesichts dessen setzt es das Prüfergebnis des MD nicht um, wenn die Klägerin aus der Kategorie K92.- einen anderen als den vom MD benannten Kode K92.8 auswählt.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich darauf, dass sie das Ergebnis des im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachtens des MD vom 16.08.2021 durch Nachkodierung von K92.2 müsse umsetzen dürfen, weil die PrüfvV 2016 nicht dazu diene, berechtigte Forderungen zu negieren. Wie bereits ausgeführt, sind Nebendiagnosen, die wie hier der Kode K92.2 weder fristgerecht nachkodiert noch vom MD im Prüfverfahren als zutreffend angesehen wurden, auch im gerichtlichen Verfahren nicht zu berücksichtigen. Etwas Anderes gilt nicht deshalb, weil der MD im gerichtlichen Verfahren seine Auffassung aus dem Prüfverfahren geändert hatte. Einem im gerichtlichen Verfahren von der Krankenkasse vorgelegten oder vom Gericht eingeholten Gutachten des MD kommt insofern keine andere Bedeutung zu als einem gerichtlichen Sachverständigengutachten. Es dient der Aufklärung des Sachverhalts. Das bereits abgeschlossene Prüfverfahren wird dadurch nicht wiedereröffnet. Es hätte der Klägerin oblegen, die Nebendiagnose K92.2 rechtzeitig gegenüber der Beklagten zu kodieren, um sich die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung ihrer vom Prüfergebnis des MD abweichenden Auffassung zu erhalten. Die teleologische Reduktion von § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 für die Umsetzung des im gerichtlichen Verfahren erstellten MD-Gutachtens ist nicht geboten. Wäre die Änderung des Datensatzes zur Umsetzung des Ergebnisses eines MD-Gutachtens aus dem Gerichtsverfahren nicht durch § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 präkludiert, so wäre die Präklusionsregelung durch Klageerhebung ohne Weiteres zu umgehen, womit ihr Sinn und Zweck konterkariert wäre (ebenso im Ergebnis LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, 15.08.2024 - L 16 KR 727/22 KH, Rn. 36 ff.). Dass durch die Präklusionsvorschriften der PrüfvV 2016 „berechtigte“ Ansprüche beider Seiten gegebenenfalls nicht durchsetzbar sind, entspricht dem Wesen der materiellen Präklusion.
Hatte mithin die Klägerin R58 zu Unrecht als Nebendiagnose kodiert und ist die Korrektur des Datensatzes auf K92.2 präkludiert, so stand ihr für die Behandlung des Versicherten im September 2019 ein durchsetzbarer Vergütungsanspruch nur unter Ansatz der geringer vergüteten DRG G71Z zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG); die Konstellation einer nur hilfsweisen Geltendmachung einer nicht fristgerecht nachkodierten Nebendiagnose ist bislang vom BSG nicht entschieden.