S 25 AS 92/19

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 25 AS 92/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 209/24
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 25/25 B
Datum
Kategorie
Urteil


Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Ablehnung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab Januar 2019 bis zum 14. April 2019. 

Die Klägerin bezog ursprünglich Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. 

Im Rahmen eines persönlichen Gespräches teilte die Klägerin dem Beklagten am 16. April 2018 mit, dass sie demnächst eine Erbschaftsauszahlung erhalten werde. 

Der die Erbschaft auseinandersetzende Rechtsanwalt und Notar übermittelte den Erbauseinandersetzungsvertrag vom 5. April 2018 am 9. April 2018 dem Beklagten. Daraus ergibt sich eine Erbschaft i.H.v. 2/15. Dies entspricht einem Betrag von 22.667,00 Euro.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten mit, dass eine Zahlung seitens des Miterben C. auf sein Konto erfolgt sei und er das Geld am heutigen Tag der Klägerin auszahlen werde. 

Mit Schreiben vom 16. Mai 2018 forderte der Beklagte die Klägerin zur Mitwirkung auf. Er beabsichtige, den Weiterbewilligungsantrag abzulehnen. 

Die Klägerin teilte daraufhin am 21. Mai 2018 mit, dass sie am Sonntag, den 20. Mai 2018 in ihrer Wohnung beklaut worden sei. Den Geldbeutel mit dem Geld des Erbes habe der Einbrecher mitgenommen. 

Mit vorläufigem Bescheid vom 12. Juni 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufige Leistungen für Juni bis August 2018.

Mit Bescheid vom 3. August 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufige Leistungen für den Zeitraum 1. September 2018 bis zum 28. Februar 2019 in Höhe von monatlich 826,00 Euro.

Die ermittelnden Behörden teilten dem Beklagten am 19. Oktober 2018 mit, dass das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden sei. Es seien von Amts wegen Ermittlungen wegen des Vortäuschens einer Straftat eingeleitet worden. Die Ermittlungen gegen den Beschuldigten Herrn D. wegen des Diebstahls der Erbschaft seien eingestellt worden. 

Mit Bescheid vom 20. November 2018 stellte der Beklagte die Leistungen sodann vorläufig ab Dezember 2018 ein. 

Mit Schreiben vom 27. November 2018 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme der bewilligten Leistungen ab 1. Dezember 2018 an.

Mit eidesstattlicher Versicherung vom 8. Dezember 2018 versicherte die Klägerin, dass sie kein Vermögen habe und ihr das Geld geklaut worden sei. 

Die Klägerin stellte am 21. Dezember 2018 einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz (Verfahren S 25 AS 832/18 ER und anschließend L 9 AS 52/19 ER). 

Mit Bescheid vom 16. Januar 2019 nahm der Beklagte den Bescheid vom 12. Juni 2018 und somit die Bewilligung von Leistungen ab 12/2018 ganz zurück. 

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 21. Januar 2019 Widerspruch ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2019 als unbegründet zurückwies. Nach dem Abschluss der polizeilichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass der Diebstahl nicht stattgefunden habe und von der Klägerin nur vorgetäuscht worden sei. Der Verbleib des Geldes aus der Erbschaft sei ungeklärt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, da sie nicht hilfebedürftig sei. 

Die Klägerin hat vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten am 11. Februar 2019 Klage am Sozialgericht Gießen erhoben. 

Im März 2019 hat die Klägerin erneut einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 8 AS 114/19 ER und anschließend L 9 AS 154/19 ER). 

Die Klägerin hat zum 15. April 2019 eine Wohnung in A-Stadt im Lahn-Dill Kreis bezogen. 

Mit Bescheid vom 16. Mai 2019 hat der Beklagte die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum Dezember 2018 bis 18. Januar 2019 endgültig abgelehnt.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin trägt vor, die Klägerin sei als bedürftig anzusehen. Ihr stünden auch ab 1. Januar 2019 keine Einkünfte zur Verfügung. Die Klägerin verfüge nicht über Vermögen, der aus der Erbschaft stammende Betrag sei der Klägerin geklaut worden. Der Diebstahl der Erbschaft habe stattgefunden. Die Klägerin habe dem Beklagten auch zunächst die Erbschaft gemeldet. Habe sie dies verschleiern wollen, hätte sie den Anfall des Vermögens erst gar nicht dem Beklagten mitgeteilt. Angesichts der Wohnungsdurchsuchung sei der Betrag nicht aufgefunden worden. Herr D. habe sich selbst in den Bekennerschreiben der Tat bezichtigt. Die Klägerin habe die Schreiben nicht verschickt. Die Klägerin könne sich nicht erklären, wie einige Schreiben auf die bei ihr beschlagnahmten Rechner gelangten. Es sei für andere auch sehr leicht, in die Wohnung zu gelangen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Dritter sich Zutritt verschafft habe. Der Umstand, dass bis heute ungeklärt sei, wo das Geld verblieben sei, dürfe nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Ferner sei das Mietverhältnis der Klägerin gekündigt worden, da die Klägerin für die Monate Dezember 2018, Januar 2019 und Februar 2019 keine Miete gezahlt habe. Dies spreche ebenfalls dafür, dass die Klägerin weder Einkommen noch Vermögen habe. Die Klägerin habe Unterstützung durch die Schwester sowie Pflegegeld erhalten. Das Pflegegeld sei dann auch im Rahmen der Durchsuchung in der Wohnung der Klägerin aufgefunden worden. Weiteres Geld sei jedoch nicht aufgefunden worden. Schließlich sei die Klägerin verpflichtet gewesen, das Geld, sofern ihr dieses nicht abhandengekommen wäre, an den Treuhänder im Insolvenzverfahren zu überweisen. Daher sei allenfalls die Hälfte des Betrages anzurechnen. Die Klägerin habe im Rahmen des Berufungsverfahrens nur eingeräumt, einen Fehler gemacht zu haben. 

Die Klägerin beantragt, 
unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 16. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 11. Februar 2019 der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Der Beklagte verweist maßgeblich auf die im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründe. Der Beklagte trägt ergänzend vor, dass aus einer Mitteilung des ermittelnden Beamten hervorginge, dass die Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Gießen eingeräumt habe, gelogen zu haben. 

Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akten der Ermittlungsbehörde (Polizeipräsidium Mittelhessen/ Polizeistation D-Stadt), der Staatsanwaltschaft Gießen sowie des Landgerichts Gießen beigezogen. Die Kammer hat zudem die Akten der Eilrechtsschutzverfahren vor dem SG Gießen, Aktenzeichen S 25 AS 832/18 ER und S 8 AS 114/19 ER sowie der Beschwerdeverfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht, Aktenzeichen L 9 AS 52/19 B ER sowie L 9 154/19 B ER beigezogen. Schließlich hat die Kammer Beweis erhoben durch die Einvernahme der Zeugin Frau H.. Wegen des Inhalts der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2023 Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Behördenvorgänge sowie der Gerichtsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. 


Entscheidungsgründe

Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Absatz 4 SGG statthafte Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. 

Der Leistungszeitraum ist vorliegend auf den Zeitraum 1. Januar 2019 bis 14. April 2019 begrenzt. Leistungen ab 15. April 2019 sind nicht mehr streitgegenständlich. Die Klägerin ist am 15. April 2019 nach A-Stadt umgezogen. Der Beklagte ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Leistungen nach dem SGB II örtlich zuständig. 

Der Bescheid des Beklagten vom 16. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. 

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für den streitgegenständlichen Leistungszeitraum Januar 2019 bis einschließlich 14. April 2019. Die Kammer sieht es vorliegend nicht als erwiesen an, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Leistungszeitraum hilfebedürftig war.

Nach § 7 Absatz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Nach § 9 Absatz 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Ob und in welchem Umfang Hilfebedürftigkeit vorliegt, lässt sich für die laufenden (Geld-) Leistungen aus der Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs (Regelbedarf, Mehrbedarfe, Bedarf für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe, § 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2, Abs. 3 SGB II) des Antragstellers bzw. der Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) mit dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen ermitteln.

Als Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder in Geldeswert im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Nach § 12 Absatz 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Bestimmte Absetzbeträge und Schonvermögen sind nach § 12 Abs. 2 und 3 SGB II von der Heranziehung dauerhaft ausgenommen. 

Einkommen ist demnach grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält; Vermögen ist alles, was er vor der Antragstellung bereits hatte.

Vorliegend wurde der Klägerin im Mai 2018 ein Erbe in Höhe von 22.667,00 Euro durch ihren Prozessbevollmächtigten in bar ausgezahlt. Der Prozessbevollmächtigte erhielt den Betrag am 11. Mai 2018 auf sein Konto ausgezahlt und hat dieses am 14. Mai 2018 abgehoben und der Klägerin in bar übergeben, so dass allein in Frage steht, ob die Klägerin mit vorhandenem Vermögen ihren Lebensunterhalt sichern konnte. Im Zeitraum 1. Juni 2018 bis einschließlich November 2018 erhielt die Klägerin zudem vorläufige Leistungen nach dem SGB II ausgezahlt. 

Das Gericht sieht es im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Absatz 1 Satz 1 SGG nicht als erwiesen an, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Leistungszeitraum hilfebedürftig war. Vielmehr begründen die dargelegten Umstände erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin, welche die Konsequenz der Beweislosigkeit zu tragen hat (zur Beweislast bei Umständen in der Sphäre eines Beteiligten: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 41/15 R, Rdnr. 30; zur allgemeinen Beweislast für die Hilfebedürftigkeit: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 6/08 R, Rdnr. 19).

Gemäß § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Ein Vollbeweis ist erbracht, wenn für das Gericht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Klägerin hilfebedürftig ist. 

Eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist dabei gegeben, wenn eine Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Gewisse Zweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Beim Richter muss allerdings ein Maß an persönlicher Gewissheit erreicht sein, welches Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie andererseits völlig auszuschließen (s.a. SG Duisburg, Urteil vom 29. Mai 2020 – S 49 AS 3304/16, juris, Rn. 77 ff.).

Vorliegend überwiegen nach Auffassung der Kammer jedoch die erheblichen Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin. 

Diese Zweifel begründen sich zum einen auf den unglaubwürdigen Angaben der Klägerin sowie den Ermittlungsergebnissen der Ermittlungsbehörden, welche den seitens der Klägerin angegebenen Tathergang zur Überzeugung des Gerichts nicht stützen. Darüber hinaus schließt sich die Kammer vorliegend auch den Ausführungen der Strafgerichte an. Die Klägerin ist durch rechtskräftiges Urteil in dem Verfahren 8 Ns – 401 Js 26298/18 auf Grund des Urteils des Amtsgerichts Friedberg vom 9. Juli 2019 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Gießen vom 2. November 2020 und dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 2021 der Falschverdächtigung schuldig und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Neunkirchen vom 6. Mai 2019 (10 Ls 09 Js 288/16 [91/18]) und unter Auflösung der der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung auf Bewährung ausgesetzt wurde. Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Strafgerichte an und hält es ebenfalls für erwiesen, dass die Klägerin bewusst einen Dritten des Diebstahls des Erbes bezichtigt hat. 

Die Klägerin hält im hiesigen Verfahren vorliegend weiterhin daran fest, dass ihr das Geld gestohlen worden sei, wenn auch von einer anderen Person. Auf Grund der umfangreichen Ermittlungen steht aber zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Tathergang nicht wie von der Klägerin vorgegeben, zugetragen haben kann. Somit bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der Klägerin. Dies stützt die Kammer auf die umfangreichen Ermittlungen sowie die seitens der Ermittlungsbehörden gesicherten Beweise auf den Rechnern der Klägerin. Insbesondere wurden vorliegend Schreiben, die angeblich von Herrn D. stammen sollten, auf dem Rechner der Klägerin sichergestellt, ohne dass diese eine hinreichende Erklärung dafür hat. Auch der Tathergang, wie von der Klägerin dargelegt, ist auf Grund der räumlich örtlichen Umstände unglaubwürdig. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Strafgerichte sowie der Ermittlungsakten verwiesen.

Darüber hinaus konnte die Klägerin auch im hiesigen Verfahren keine glaubwürdigen Angaben machen, die ihre Angabe, das Erbe sei geklaut worden, stützen. Vielmehr begründen sich weitere Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin auf Grund der beigezogenen Akten des Landessozialgerichts sowie der Zeugenaussage der Schwester der Klägerin sowie deren Prozessbevollmächtigten. 

Die Klägerin selbst gab im Rahmen des am 26. April 2019 durchgeführten Erörterungstermins in den Verfahren L 9 AS 52/19 B ER und L 9 AS 154/19 B ER an, sie habe sich „seit Dezember 2018 jeden Monat 400,00 Euro von Herrn B. geliehen“. Ferner gab die Klägerin auf Vorhalt der im erstinstanzlichen Eilrechtsschutzverfahren getätigten Angaben an: „Ja, es kann sein, dass ich auch mal Geld von meiner Schwester geliehen habe. Die Höhe habe ich geschätzt. Das weiß ich nicht mehr so genau.“

Der Prozessbevollmächtigte gab nunmehr an, der Klägerin zwar Geld geliehen zu haben, konnte aber keine konkrete Angabe mehr machen. Er gab an, es seien mehr als 50,00 Euro gewesen, aber es sei auch nicht so sonderlich viel gewesen. Der Prozessbevollmächtigte bezog im streitgegenständlichen Zeitraum aufstockende Leistungen nach dem SGB II. Der Prozessbevollmächtigte gab an, dass das geliehene Geld wohl aus Zahlungen von Mandanten stammen müsse. Dass tatsächlich monatlich 400,00 Euro, wie durch die Klägerin im Eilrechtsschutzverfahren angegeben, seitens des Prozessbevollmächtigten geliehen wurde, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen. 

Zur Überzeugung des Gerichts steht demgegenüber jedoch fest, dass die Klägerin sich zu keinem Zeitpunkt Geld bei ihrer Schwester, der Zeugin H., geliehen hat. Dies begründet die Kammer mit der glaubhaften Aussage der Zeugin, die eine Leihe an die Klägerin kategorisch ausschloss. Darüber hinaus begründen sich die gewichtigen Zweifel der Kammer an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin in den weiteren seitens der Schwester gemachten Angaben. So habe die Klägerin sich zunächst nach dem Diebstahl ein Auto gekauft, was rund 1.000,00 Euro gekostet hat. Die Klägerin hat den Kauf zwar nicht bestritten, der Prozessbevollmächtigte konnte aber keine weiteren Angaben machen, woher das Geld stammte. Die Klägerin bezog im streitgegenständlichen Zeitraum neben Leistungen nach dem SGB II nur Pflegegeld. Ferner gab die Schwester an, dass die Klägerin in einem Zeitraum nach dem „Diebstahl“ im Rahmen von zwei Gelegenheiten mit einem 500,00 Euro-Schein bezahlt habe. Dies zum einen während einer gemeinsamen Urlaubsreise, zum anderen im Rahmen eines Einkaufs bei Real in C-Stadt. Die nach Angaben der Schwester getätigten Aussagen der Klägerin zur Herkunft der Scheine (Zurücklassen durch den Dieb bzw. Auffinden in einer Bahnhofstoilette) sind nach Auffassung der Kammer unglaubwürdig. Vielmehr begründet diese Aussage der Schwester der Klägerin weitere gewichtige Zweifel daran, dass der Klägerin tatsächlich selbst hinreichend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden haben. Letztlich obliegt es der Klägerin, den Beweis für ihre Hilfebedürftigkeit zu erbringen, den sie vorliegend nicht erbracht hat. 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG
 

Rechtskraft
Aus
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