Der Antrag auf Urteilsergänzung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Antrags auf Urteilsergänzung gem. § 140 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darum, ob die Kammer „die Prüfung eines atypischen Falls bei der Mietkaution, die Prüfung auf Einhaltung der Vorgaben des BVerfG der Hartz-IV-Bezüge im streitgegenständlichen Zeitraum, die Prüfung auf Normenklarheit des gesamten Hartz-IV-Regelwerks und die Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit bei Hartz-IV-Langbezug, soweit dazu nichts vom BVerfG und BSozG bisher vorliegt“ ganz oder teilweise in ihrem Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 übergangen hat.
Mit Klageschrift vom 10. Februar 2017 erhob der Kläger am 13. Februar 2017 eine Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 26. November 2016 und vom 5. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2017 vor dem Sozialgericht Darmstadt. Inhaltlich stritten die Beteiligten darin um die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in der Zeit vom 1. November 2016 bis zum 30. Oktober 2017.
Mit Schreiben vom 10. Mai 2017 forderte die Kammer den Kläger zur Konkretisierung seines Klageantrags auf. Mit Schreiben vom 18. April 2018 wies die Kammer ihn nach einem Wechsel im Kammervorsitz auf die Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der SGB II – Regelsätze hin.
Nach Anhörung zum Gerichtsbescheid teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2018 mit, dass er pauschale eine Anhebung des Regelsatzes auf 530,00 bis 610,00 € begehre. Ferner teilte der Kläger insgesamt sechs weitere „Einzelpunkte“ mit, die einer „Korrektur“ bedürften, namentlich:
- Anhebung der Verkehrspauschale auf 60,00 €, damit die Monatskarte für den Nahverkehr sowie eine monatliche Familienfahrt umfasst würden;
- Anhebung der Strompauschale auf 40,00 € für Ein-Personen-Haushalt, damit bei einem „normal-sparsamen“ Verhalten, soweit dies die typische Geräteausstattung von Bedürftigen zuließe, der Monatsverbrauch vollständig abgedeckt ist;
- Gewährung eines Zuschusses für den Erwerb eines energiearmen Kühlschranks in Höhe von 250,00 € einmalig;
- Gewährung eines Zuschusses für Brille/Sehkorrektur/Augengesundheit in Höhe von 60,00 € alle zwei Jahre;
- Umwandlung des gewährten Darlehens für die Mietkaution in einen Zuschuss;
- Gewährung eines Weihnachtszuschusses in Höhe von 50,00 € sowie eines Geburtstagszuschusses in Höhe von 30,00 € pro Jahr.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 wies das Sozialgericht Darmstadt die Klage des Klägers ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen. Gegen den am 20. Mai 2021 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 21. Juni 2021 Berufung ein, die unter dem Aktenzeichen L 6 AS 310/21 geführt wird.
Mit Schriftsatz vom 12. November 2021 an das Hessische Landessozialgericht hat der Kläger „fristgerecht“ Urteilsergänzung gem. § 140 Abs. 1 S. 2 SGG beantragt.
Er meint, das Gericht habe offensichtlich mindestens „die Prüfung eines atypischen Falls bei der Mietkaution, die Prüfung auf Einhaltung der Vorgaben des BVerfG der Hartz-IV-Bezüge im streitgegenständlichen Zeitraum, die Prüfung auf Normenklarheit des gesamten Hartz-IV-Regelwerks und die Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit bei Hartz-IV-Langbezug, soweit dazu nichts vom BVerfG und BSozG bisher vorliegt“ übergangen.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2022 hat das Gericht die Beteiligten zu seiner Absicht, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid über den Urteilsergänzungsantrag entscheiden zu wollen, angehört.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. Der Sachverhalt ist aufgeklärt und die Rechtslage bietet keine besonderen Schwierigkeiten. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden und hatten ausreichend Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Auch ein Antrag auf Urteilsergänzung gem. § 140 SGG kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden (beckOGK/Harks § 140 Rn. 12).
Der Antrag auf Urteilsergänzung ist bereits unzulässig.
Der Antrag auf Urteilsergänzung ist zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit des Übergehens eines gestellten Antrags oder der Kostenfolge schlüssig aufgezeigt wird (BVerwG v. 09.06.2011 - 3 C 14/11). Dies ist hier nicht der Fall. Mit dem Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 hat das Gericht über den Streitgegenstand vollständig entschieden.
Streitgegenstand waren die Bescheide des Beklagten vom 26. November 2016 und vom 5. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2017, die Gewährung und die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 1. November 2016 bis zum 30. Oktober 2017 zum Gegenstand hatten. Das Gericht hat für diesen Zeitraum erkannt, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig waren und der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hatte.
Eine Entscheidung über andere Aspekte konnte das Gericht nicht treffen. Ob das Gericht bei dieser Entscheidung möglicherweise einen materiell-rechtlichen Anspruch bzw. eine Anspruchsgrundlage oder einzelner Angriffs- oder Verteidigungsmittel bzw. gar nur einzelne Begründungselemente aus der Klageschrift übergangen hat, kommt es für das Urteilsergänzungsverfahren nicht an (beckOGK/Harks § 140 Rn .6). Das Gericht muss sich bei seiner Entscheidung nicht zu sämtlichen Argumenten aus der Klageschrift verhalten. Insbesondere dann nicht, wenn es auf diese für seine Entscheidung nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.