Zu den Anforderungen an die Dokumentation der wöchentlichen Teambesprechung bzgl. der Mindestmerkmale des OPS-Codes 8.-550 ab dem Jahr 2019
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2023 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.214,30 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. September 2020 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens der ersten und der zweiten Instanz.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.214,30 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung iHv 4.214,30 €. Konkret geht es um die Frage, ob die Klägerin berechtigt war, den OPS-Code 8-550.1 (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung, Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten) zu kodieren.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) (SGB V) – zugelassenes Krankenhaus (KH). Dort wurde in der Zeit vom 28. Januar 2019 bis zum 20. Februar 2019 der bei der Beklagten krankenversicherte Patient H S, geboren am 3. Februar 1928, (Versicherter) vollstationär behandelt. Die stationäre Aufnahme des Versicherten erfolgte aufgrund einer subcapitalen Hermusfraktur links nach einem Stolpersturz, der operativ versorgt werden musste.
Am 6. Februar 2019, 13. Februar 2019 und 20. Februar 2019 wurden geriatrische Teamsitzungen durchgeführt. In den jeweiligen Protokollen der Teamsitzungen sind für die einzelnen Berufsgruppen (Arzt, Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie und Soziale Dienste) keine Namen der Teilnehmer genannt, die Protokolle enthalten jedoch Ausführungen zum jeweiligen Status, den Zielen und teilweise zu den Maßnahmen. Namentlich genannt wird am Ende der Protokolle die Chefärztin E. Auf die in der Patientenakte enthaltenen Protokolle wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Datum vom 19. März 2019 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag iHv 12.504,22 € in Rechnung. Abgerechnet wurde die Fallpauschale (Diagnosis Related Group <DRG>) I347 (Geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung mit bestimmter OR-Prozedur bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe). Diese DRG wurde angesteuert ua durch die Kodierung des hier streitgegenständlichen OPS-Codes 8-550.1.
Dieser hatte zunächst hinsichtlich der erforderlichen Mindestmerkmale folgenden Wortlaut:
- „Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Zusatzbezeichnung oder Schwerpunktbezeichnung im Bereich Geriatrie erforderlich). Die fachärztliche Behandlungsleitung muss überwiegend in der zugehörigen geriatrischen Einheit tätig sein.
- Standardisiertes geriatrisches Assessment zu Beginn der Behandlung in mindestens 4 Bereichen (Mobilität, Selbsthilfefähigkeit, Kognition, Emotion) und am Ende der geriatrischen frührehabilitativen Behandlung in mindestens 2 Bereichen (Selbständigkeit, Mobilität). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Wenn der Zustand des Patienten es erlaubt, ist die Erhebung nachzuholen.
- Soziales Assessment zum bisherigen Status in mindestens 5 Bereichen (soziales Umfeld, Wohnumfeld, häusliche/außerhäusliche Aktivitäten, Pflege-/Hilfsmittelbedarf, rechtliche Verfügungen). Lässt der Zustand des Patienten die Erhebung einzelner Assessmentbestandteile nicht zu, ist dies zu dokumentieren. Sofern möglich sind die fehlenden Bestandteile fremdanamnestisch zu erheben bzw. ist die Erhebung nachzuholen, wenn der Zustand des Patienten es erlaubt.
- Wöchentliche Teambesprechung unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung mit wochenbezogener Dokumentation bisheriger Behandlungsergebnisse und weiterer Behandlungsziele.
- Aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal. Mindestens eine Pflegefachkraft des geriatrischen Teams muss eine strukturierte curriculare geriatriespezifische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 180 Stunden sowie eine mindestens 6-monatige Erfahrung in einer geriatrischen Einrichtung nachweisen.
- Teamintegrierter Einsatz von mindestens 2 der folgenden 4 Therapiebereiche: Physiotherapie/Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/fazioorale Therapie, Psychologie/Neuropsychologie.
Eine gleichzeitige (dauernde oder intermittierende) akutmedizinische Diagnostik bzw. Behandlung ist gesondert zu kodieren“.
Durch eine sog. Klarstellung vom 3. Dezember 2018 wurden durch das damals noch zuständige Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) die Mindestmerkmale im vierten Punkt wie folgt geändert:
„Die wöchentliche Teambesprechung erfolgt unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Die für diesen Kode erforderliche wochenbezogene Dokumentation ist erfüllt, wenn sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst. Hierfür sind die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend“.
Weiter führte das DIMDI in der Klarstellung aus: „Über die in diesem Kode genannten Berufsgruppen hinaus ist eine Beteiligung weiterer Berufsgruppen, insbesondere des Sozialdienstes, nicht erforderlich. Weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung sind nicht erforderlich. Diese Klarstellung ist rückwirkend gültig ab dem 01. Januar 2013 und ist auch für die jeweils aktuelle Version des OPS gültig“.
Die Beklagte bezahlte zunächst den vollständigen Rechnungsbetrag, leitete in der Folge aber ein Prüfverfahren beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. In der Prüfanzeige gegenüber dem KH vom 22. März 2019 wurde ua folgender Prüfauftrag genannt: „Kodierprüfung: Erfolgte die Kodierung des OPS 8-550.1 korrekt? Wurden die Leistungen des OPS vollumfänglich erbracht?“. Weiter hieß es in der Prüfanzeige ua: „Wir bitten um Zusendung aller zur Beantwortung der Fragen(n) notwendigen Krankenhausunterlagen“.
In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 7. November 2019 kam der MDK sodann zu dem Ergebnis, dass die Kodierung des OPS 8-550.1 nicht bestätigt werden könne. Begründet wurde das damit, dass die Mindestmerkmale entsprechend der Leistungsinhalte des OPS nicht erfüllt seien. Eine namentliche Nennung der an den Teamsitzungen teilnehmenden Berufsgruppen sei aus den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich. Die zutreffende DRG sei die DRG I13D (Bestimmte Eingriffe an Humerus, Tibia, Fibula und SG od. b. Endoproth. am Knie m. kompl. Eingr. od. schw. Weichteilsch. od. Pseudarthr., m. best. kompl. Osteotom. od. Epiphyseodese od. best. Kn.-Tx od. b. BNB od. Alter < 18 J. m. äuß. schw. od. schw. CC).
Mit Nachricht vom 18. November 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sich der Einschätzung des MDK anschließe. Daraus ergebe sich eine Forderung iHv 4.214,30 €. Es werde um eine entsprechende Rechnungskorrektur gebeten. Die Beklagte kündigte die Verrechnungen des geforderten Betrages an.
Mit Nachricht vom 29. November 2019 erwiderte die Klägerin darauf wie folgt: „Sehr geehrte Damen und Herren, den Ausführungen des MDK zum OPS 8-550.1 ist zu widersprechen. Eine personenbezogene Liste der Berufsgruppen ist im OPS nicht ausdrücklich gefordert (siehe dazu Klarstellung DIMDI vom 03. Dezember 2018 mit Rückwirkung zum 01. Januar 2013). Diese Klarstellung sollte auch den MDK-Kollegen bekannt sein. Im Übrigen werden diese Listen geführt, können bei einer juristischen Auseinandersetzung jederzeit vorgelegt werden. Seit wir um die MDK-eigene Fantasie zur OPS-Auslegung wissen, legen wir diese Listen vor, obwohl nach dem Wortlaut nicht explizit gefordert, um unsinnige juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Da Sie bereits aufgerechnet haben, werden wir eine juristische Klärung herbeiführen“.
Die genannten Listen wurden durch die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nicht übersandt.
In seiner daraufhin eingeholten weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme vom 8. September 2020 hielt der MDK an seiner Auffassung fest. Es sei hinsichtlich der Anforderungen an die Dokumentation auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu verweisen. Dieses habe in seiner Entscheidung zum Az. B 1 KR 19/17 R klargestellt, dass eine personenbezogene Benennung der Teilnehmer der einzelnen Berufsgruppen erforderlich sei. Die Klarstellung des DIMDI beziehe sich auf Beiträge der patientenbezogenen Berufsgruppen. In den vorliegenden Teamsitzungsbögen sei die fachärztliche Behandlungsleitung nachvollziehbar. Es würden jedoch lediglich Berufsgruppen benannt.
Am 9. September 2020 rechnete die Beklagte den streitigen Erstattungsbetrag mit einem unstreitigen Behandlungsfall auf.
Mit ihrer am 9. November 2020 erhobenen Klage hat die Klägerin an ihrer Auffassung festgehalten. Die Forderung des MDK, dass zu den Teambesprechungen eine Unterschriftenliste mit Handzeichen der jeweils beteiligten Vertreter der Berufsgruppe vorgelegt werden müsse, sei durch nichts belegt, insbesondere nicht durch den Prozedurentext selbst. Der Klage beigefügt waren zudem Listen der Teamsitzungen am 30. Januar 2019, am 6. Februar 2019, am 13. Februar 2019 und am 20. Februar 2019. Diese Listen enthielten nicht den Namen des Versicherten, aber die Namen der Vertreter der jeweiligen Berufsgruppen sowie deren Unterschriften und Handzeichen.
Mit Urteil vom 16. Januar 2023 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Klage abgewiesen. Zum einen sei die Klägerin mit den im Klageverfahren übersandten Teamsitzungsprotokollen wegen nicht fristgerechter Vorlage als Beweismittel präkludiert. Zum anderen reichten diese auch bei Berücksichtigung nicht aus, um die Mindestmerkmale des OPS bejahen zu können, da eine konkrete patientenbezogene Zuordnung fehle.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Nach der Klarstellung durch das DIMDI habe sie die Unterschriftenliste nicht vorlegen müssen. Entsprechend sei auch eine Präklusion nicht gegeben. Die Unterschriftenlisten ließen sich zudem den vorliegenden Protokollen der Teambesprechungen aufgrund der Datumsangaben ohne Weiteres zuordnen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von Höhe von 4.214,30 € nebst Zinsen in Höhe von 2%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. September 2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Patientenakte, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Inhalts der Teamsitzungsprotokolle sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich erhobene (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG weiterverfolgt, ist begründet. Die Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (stRspr, vgl. ua BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R –, juris Rn. 9; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 24/08 R –, juris Rn. 12) und begründet.
Dabei ist es zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlung der bei der Beklagten versicherten anderen Patientin einen Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung hat; eine nähere Prüfung des Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens ua BSG, Urteil vom 11. September 2018 – B 1 KR 36/17 R –, juris Rn. 8). Dieser Vergütungsanspruch erlosch nicht infolge der Aufrechnungserklärungen der Beklagten. Die Voraussetzungen des § 387 Bürgerliches Gesetzbuch sind nicht erfüllt. Es bestand kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen überzahlter Vergütung für die Behandlung der Versicherten, mit dem die Beklagte aufrechnete.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der stationären Behandlung des Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V iVm § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse (KK) entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – abgesehen von einem Notfall – in einem zugelassenen KH durchgeführt wird und iS von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr; vgl. ua BSG, Urteil vom 28. August 2024 – B 1 KR 33/23 R –, juris Rn. 12).
Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen - FPVn) konkretisiert. Der GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung eV gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelten oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPVn auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (vgl. ua BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 6/19 R –, juris Rn. 10, mwN). Zudem vereinbaren die Vertragsparteien auf Bundesebene nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KHEntgG einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte nach § 17b Abs. 1 Satz 7 KHG einschließlich der Vergütungshöhe.
Welche DRG-Position des Fallpauschalenkatalogs abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl. § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV 2019; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. ua BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R –, juris Rn. 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm (Grouper) greift dabei auch auf Daten zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen damals noch vom DIMDI (seit dem 25. Mai 2020 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-10-GM Version 2017), die Klassifikation des vom DIMDI (ab 25. Mai 2020 des BfArM) im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS, zur Grundlage der Rechtsbindung vgl. BSG aaO, Rn. 24) sowie die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien <DKR> (Version 2019 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG; zu deren normativer Wirkung vgl. BSG aaO Rn. 18).
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass durch die Kodierung des streitgegenständlichen OPS-Codes 8-550.1 die von der Klägerin abgerechnete DRG I347 angesteuert wird. Im Fall der Nichtkodierung des OPS-Codes 8-550.1 wäre die DRG I13D, der eine geringere Bewertungsrelation zugeordnet ist, der Rechnung zugrunde zu legen.
Die Voraussetzungen des OPS-Codes 8-550.1 sind im vorliegenden Fall erfüllt. Dabei ist allein streitig, ob die von der Klägerin dem MDK vorgelegte Dokumentation ausreichend war oder ob die Vertreter der Berufsgruppen namentlich zu nennen sind. Eine solche namentliche Benennung ist nach Auffassung des Senats zumindest ab dem Jahr 2019 nicht mehr erforderlich. Ob die Klägerin mit den erst im Klageverfahren vorgelegten Teilnahmelisten präkludiert ist und – sofern dies verneint wird – ob damit die Anforderungen an die Dokumentation erfüllt sind, war vor diesem Hintergrund nicht mehr zu klären.
Zugrunde zu legen ist hier der Wortlaut des vierten Merkmals in der Fassung der Klarstellung durch das DIMDI. Die umstrittene Frage der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Änderung des OPS-Codes durch das DIMDI gemäß §§ 295 Abs. 1 Satz 6, 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V (Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes vom 11.12.2018, BGBl. I 2394) zum 1. Januar 2013 stellt sich vorliegend nicht (vgl. dazu ua den Vorlagebeschluss des SG München vom 26. Juni 2020 – S 12 KR 1865/16 –, juris; dazu Bockholdt, jurisPR-SozR 21/2020 Anm. 1; nachgehend BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Januar 2023 – 1 BvL 11/20 –, juris). Die Behandlung und Rechnungsstellung erfolgte vorliegend im Jahr 2019. Der OPS-Code 8-550 trat 2019 schon in der Fassung der Klarstellung vom 3. Dezember 2018 in Kraft, so dass hier keine Rückwirkung mehr erfolgt ist. Damit findet folgender Wortlaut Anwendung: "Die wöchentliche Teambesprechung erfolgt unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung. Die für diesen Kode erforderliche wochenbezogene Dokumentation ist erfüllt, wenn sie die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst. Hierfür sind die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen ausreichend."
Nach Auffassung des Senat ist vorliegend durch die schon im MDK-Prüfverfahren eingereichten Teamsitzungsprotokolle belegt, dass die wöchentlichen Teambesprechungen stattgefunden haben. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Es gibt aber auch keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Vertreter der jeweiligen Berufsgruppen bei den Teambesprechungen anwesend waren. Andernfalls wären die teilweise detaillierten Berichte hinsichtlich des Status, der Ziele und der Maßnahmen durch die Berufsgruppen Arzt, Pflege, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie und Soziale Dienste nicht möglich. Denn diese Informationen lassen sich ansonsten in dieser Form der Patientenakte nicht entnehmen. Auch die Anwesenheit der Behandlungsleitung, Frau Dr. E-F (Chefärztin der Klink für Geriatrie, Fachärztin für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Klinische Geriatrie, wie ihrem auf dem Internetauftritt der Klägerin veröffentlichen Lebenslauf zu entnehmen ist), ist durch deren Unterschrift belegt.
Die namentliche Nennung der Vertreter der jeweiligen Berufsgruppen wird für eine ordnungsgemäße Dokumentation der wöchentlichen Teambesprechung in der 2019 geltenden Fassung des OPS-Codes 8-550 nicht mehr gefordert. Die Anforderungen an die Dokumentation wurden durch die Klarstellung des DIMDI deutlich abgesenkt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Abrechnungsbestimmungen wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen sind; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Der OPS kann Begriffe entweder ausdrücklich definieren oder deren spezifische Bedeutung kann sich ergänzend aus der Systematik der Regelung ergeben. Ferner kann der Wortlaut ausdrücklich oder implizit ein an anderer Stelle normativ determiniertes Begriffsverständnis in Bezug nehmen (vgl. ua BSG, Urteil vom 16. August 2021 – B 1 KR 11/21 R –, juris Rn. 7).
Nach dem Wortlaut des OPS-Codes 8-550 sind die Anforderungen an die Dokumentation bereits dann erfüllt, wenn diese die Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele umfasst; ausreichend sind danach die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen. Weitere Nachweise sind nach der Klarstellung des DIMDI ausdrücklich nicht erforderlich. Eine Bezeichnung der Teilnehmer ist danach entbehrlich (vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. September 2023 – L 10 KR 98/22 KH –, juris Rn. 54).
Richtig ist zwar, dass das BSG zu der alten Fassung des OPS-Codes 8-550 entschieden hatte, dass konkret wochenbezogen jeweils Behandlungsergebnisse und eigenständige Behandlungsziele je Therapiebereich aufgrund der wöchentlich stattfindenden gemeinsamen Teambesprechung einschließlich der personenbezogenen Benennung aller teilnehmenden Berufsgruppen nach ihren Vertretern und der fachärztlichen Behandlungsleitung zu dokumentieren sind (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 19/17 R –, juris Rn. 35). Diese Rechtsprechung kann aber auf die 2019 geltende Fassung des OPS-Codes nicht vollständig angewandt werden. Denn diese enthält nunmehr Vorgaben hinsichtlich der „wochenbezogenen Dokumentation“, die ausdrücklich die Beiträge der patientenbezogen beteiligten Berufsgruppen als ausreichend ansieht. Wird im Wortlaut des OPS klargestellt, welche Angaben für die Dokumentation ausreichend sind, der OPS sich also zu den Anforderungen selbst verhält, können weitere Anforderungen in den Text des OPS nicht hineingelesen werden. Das DIMDI betonte in der Klarstellung vom 3. Dezember 2018 dementsprechend, dass weitere Nachweise zur Durchführung der Teambesprechung nicht erforderlich sind. Dieser Punkt findet sich zwar erst ab dem OPS 2020 im Wortlaut des OPS-Codes 8-550, ist aber angesichts des Aufzeigens der Anforderungen an die Dokumentation bereits in der Fassung aus dem Jahr 2019 lediglich als klarstellend anzusehen.
Entgegen der Auffassung des SG ist es – mit Blick auf die Anwendbarkeit der Rechtsprechung des BSG – nicht unerheblich, ob die alte Fassung des OPS oder die der Klarstellung vom 3. Dezember 2018 zugrunde zu legen ist. Soweit das SG sich in diesem Zusammenhang auf Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 20. Juli 2021 – L 16 KR 414/20 – , juris) bezogen hat, ist darauf hinzuweisen, dass hier zwischen zwei Punkten zu unterscheiden ist. Zum einen ist zu prüfen, ob eine Teambesprechung, die den Anforderungen des OPS 8-550 genügt, tatsächlich stattgefunden hat. Zum anderen geht es um die Dokumentation der Teambesprechungen, namentlich um die Frage der Notwendigkeit einer personenbezogenen Bezeichnung der Teilnehmer.
Der Senat stellt nicht in Abrede, dass auch nach der Klarstellung des DIMDI wöchentliche Teambesprechungen unter Beteiligung aller Berufsgruppen einschließlich der fachärztlichen Behandlungsleitung selbstverständlich weiterhin zu erfolgen haben (vgl. ua LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2021 – L 11 KR 3138/20 –, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16. Mai 2023 – L 16 KR 1/22 –, Rn. 74, juris). Dass die erforderlichen Teambesprechungen hier stattgefunden haben, ist aber durch die schon dem MDK vorliegenden Protokolle der Teamsitzungen – wie oben ausgeführt – belegt. Dass darin lediglich abgesehen von der Behandlungsleitung die Berufsgruppen ohne namentliche Bezeichnung der Vertreter genannt sind, genügt – wie ebenfalls bereits ausgeführt – den Anforderungen des OPS 8-550 (2019) an die Dokumentation (vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. September 2023 – L 10 KR 98/22 KH –, Rn. 58, juris).
Weitere Dokumentationsmängel werden vom MDK bzw. der Beklagten nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Die Bezugnahme des SG auf das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 19. Januar 2022 – L 10 KR 511/20 –, juris) führt ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Das LSG weist in diesem Urteil darauf hin, dass sich die rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 geltende Klarstellung des DIMDI zum OPS-Code 8-550 nicht zu der Frage verhält, in welchem Umfang und wie konkret die "Ergebnisse der bisherigen Behandlung und die weiteren Behandlungsziele" zu dokumentieren sind. Diesbezüglich sind – angesichts des insoweit vergleichbaren Wortlauts – die Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 17. Dezember 2019 (BSG, aaO) weiterhin heranzuziehen. Danach muss die Team-Abstimmung der Dokumentation als qualifizierter konkreter Handlungsanleitung klar ersichtlich hervorgehen. Allgemeine Formulierungen, die Bezeichnung bloßer Globalziele genügen nicht (BSG, aaO, Rn. 35). Diesen Vorgaben entspricht die vorliegende Dokumentation. In dem Protokoll der Teamsitzung vom 6. Februar 2019 zeigt sich dies beispielsweise am Abgleich der von den einzelnen Berufsgruppen angegebenen Zielen, die ersichtlich aufeinander abgestimmt sind. Die Wiedererlangung der bisherigen Mobilität (ärztliches Ziel) deckt sich mit dem der Pflege, welche angibt, dass der Patient wieder schmerzfrei in der Bewegung werden will. Die entsprechend von ärztlicher Seite in den Blick genommenen Maßnahmen (ua intensivierte Physio-/Ergotherapie) werden insbesondere durch die Berufsgruppen der Physiotherapie und der Ergotherapie konkretisiert (Physiotherapie: „passive/aktive BÜ HSG li; Transfertraining; Gangschule“; Ergotherapie: „Belastungssteigerung an den Therapiegeräten, passive BÜ OEx und BÜ am Gerät Artomot“). Eine solche „spezifische, konkrete, mehrstimmige, aber konzertierte Therapieantwort des aus verschiedenen Berufsgruppen bestehenden Teams“ (BSG, aaO, Rn. 35) ist auch den Protokollen der weiteren Teamsitzungen vom 13. Februar 2019 und vom 20. Februar 2019 zu entnehmen.
Vor dem Hintergrund dessen, dass schon die dem MDK vorliegende Dokumentation der wöchentlichen Teambesprechungen den Anforderungen des OPS-Code (2019) 8-550 genügt, kommt es – wie bereits ausgeführt – auf die Frage, ob die Klägerin mit den erst im Klageverfahren eingereichten Teilnahmelisten präkludiert ist, nicht mehr an.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass – käme es auf die Teilnahmelisten an – eine Präklusion zu bejahen wäre. Es spricht viel dafür, dass sich nach der Rechtsprechung des BSG die materielle Präklusionswirkung des hier anwendbaren § 7 Abs. 2 Satz 4 bis 9 der Prüfverfahrensvereinbarung vom 3. Februar 2016 (PrüfvV 2016) auch auf vom MDK nicht angeforderte Unterlagen erstrecken kann, die aus Sicht des KH für den konkret eingegrenzten Prüfauftrag relevant sein können (BSG, Urteil vom 10. November 2021 – B 1 KR 16/21 R –, juris). Dass die Teilnahmelisten vom MDK verlangt werden, war der Klägerin durchaus bewusst, wie dem Widerspruch vom 29. November 2019 zu entnehmen ist. Die Vorlage dieser Listen durfte die Klägerin damit für relevant halten. Doch ungeachtet dessen fehlt den im Klageverfahren eingereichten Teilnahmelisten der Bezug zu der Teamsitzung hinsichtlich des Versicherten. Es ist ihnen nicht zu entnehmen, um welche Teamsitzung es sich handelte. Allein die Übereinstimmung der Daten mit denen der Teamprotokolle genügt für eine Patientenzuordnung nicht, da nicht auszuschließen ist, dass an den jeweiligen Tagen auch Teamsitzungen hinsichtlich anderer Patienten stattgefunden haben.
Der Zinsanspruch folgt aus § 12 Abs. 5 des zwischen den Beteiligten weiterhin geltenden Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 1. November 1994 idF der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997 (Krankenhausbehandlungsvertrag), wonach das KH ab Fälligkeitstag ohne vorherige Mahnung Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz berechnen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz; sie ist unanfechtbar (§ 177 SGG).