Weicht die Auszahlungsquote einer Arztgruppe, deren Vergütung sich zum überwiegenden Teil aus einem gesonderten Honorartopf ergibt, in zwei aufeinander folgenden Quartalen um mehr als 15 Prozent von der Auszahlungsquote der Vergleichsgruppe ab, entbindet ein nachfolgendes Quartal, in dem die 15 Prozent-Schwelle nicht erreicht wird, die KV nicht von ihrer Beobachtungs - und Reaktionspflicht, wenn die Verbesserung der Auszahlungsquote nicht von Dauer ist. Schließen sich dem alleinigen guten Quartal zwei weitere schlechte Quartale an, hat die KV zu reagieren.
Beruht die Bildung eines Honorartopfes auf typisierenden verpflichtenden Vorgaben der KBV, ist von der Beobachtungspflicht der KV auch umfasst, ob die Typisierung in ihrem Bereich zutreffend ist oder zu erheblichen Verwerfungen führt.
Ein dauerhafter nicht hinzunehmender Abfall der Auszahlungsquote kann gerade bei einer typisierenden Berechnung eines Honorartopfes anhand von Aufsatzquartalen und anschließend erfolgender Fortschreibung auch vorliegen, wenn die Auszahlungsquoten im Jahresverlauf Schwankungsmustern unterliegen (hier auffällig schlechtes Quartal IV und auffällig gutes Quartal II).
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2023 wird aufgehoben. Der Honorarfestsetzungsbescheid für das Quartal IV/2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 16. Oktober 2018, dieser in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2019, wird geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal IV/2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten ein höheres Honorar für das Quartal IV/2017 für Leistungen des „genetischen Labors“.
Die Leistungen des „genetischen Labors“, zu denen neben den Kapiteln 11.3, 11.4 und 19.4 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) auch bestimmte GOP des 32. Kapitels EBM gehören, vergütete die Beklagte gemäß §§ 3 Nr. 5, 19a Satz 1 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) aus einem innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) aus dem fachärztlichen Vergütungsvolumen gebildeten gesonderten Vergütungsvolumen des versorgungsbereichsspezifischen Grundbetrages zur Vergütung der Leistungen der Humangenetik „genetisches Labor“ zuzüglich dem Saldo des Fremdkassenzahlungsausgleichs (FKZ Saldo). Sofern die Leistungsanforderung die Höhe des Honorartopfes überstieg, erfolgte eine quotierte Vergütung (§ 19a S. 2 HVM).
Das Vergütungsvolumen für die Leistungen des „genetischen Labors“ entwickelte sich in den Quartalen IV/2016 bis IV/2017 (Sollwerte) wie folgt:
Quartal |
Honorartopf ohne FKZ-Saldo in Euro |
FKZ-Saldo in Euro |
Honorartopf mit FKZ-Saldo in Euro |
IV/2016 |
1.820.837 |
815.270 |
1.005.567 |
I/2017 |
2.292.869 |
707.156 |
1.585.713 |
II/2017 |
2.942.759 |
1.098.703 |
1.844.056 |
III/2017 |
1.976.772 |
579.428 |
1.670.372 |
IV/2017 |
1.894.459 |
512.757 |
1.381.702 |
Die mathematisch gerundete Auszahlungsquote (AQ) für die Arztgruppe der Humangenetiker (AQ AG 16), welche im Bereich der Beklagten 12,25 Versorgungsaufträge umfasste, entwickelte sich im Vergleich zu den sonstigen Fachärzten ohne Berücksichtigung der aus den Vergütungsvolumina der Grundbeträge „Labor“ und „ärztlicher Bereitschaftsdienst“ vergüteten Leistungen (AQ soFÄ) folgendermaßen:
Quartal |
angefordertes Honorar AG 16 in Euro |
ausgezahltes Honorar AG 16 in Euro |
hiervon genet. Labor |
AQ AG 16 in Prozent |
AQ soFÄ in Prozent |
Differenz (AQ AG 16 – AQ soFÄ) |
relative Abweichung (AQ AG 16 / AQ soFÄ) |
IV/2016 |
1.240.129 |
705.707 |
|
57 |
91 |
34 |
37 |
I/2017 |
1.494.462 |
1.067.405 |
|
71 |
86 |
15 |
17 |
II/2017 |
1.198.341 |
858.711 |
814.650 |
72 |
82 |
10 |
13 |
III/2017 |
1.287.262 |
746.798 |
735.463 |
58 |
80 |
22 |
28 |
IV/2017 |
1.345.701 |
752.924 |
748.929 |
56 |
83 |
27 |
32 |
I/2018 |
1.615.081 |
1.172.701 |
|
73 |
77 |
4 |
5 |
II/2018 |
1.619.041 |
1.428.648 |
|
88 |
82 |
-6 |
-7 |
Ausweislich der seit dem Quartal IV/2016 auf den Internetseiten der Beklagten abrufbaren Honorarberichte war die Auszahlungsquote der MGV der Humangenetiker (AG 16) im Jahresverlauf zwischen den Quartalen starken Schwankungen unterworfen. So betrug die mathematisch gerundete Auszahlungsquote bis zum Jahr 2018 im jeweiligen Quartal I zwischen 65 und 72 Prozent, im Quartal II zwischen 72 und 87 Prozent, im Quartal III zwischen 58 und 59 Prozent und im Quartal IV zwischen 45 und 56 Prozent.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und u.a. Trägerin des MHBMMVZ, welches zunächst seit dem 1. Juli 2017 unter dem Namen M MVZ im Verwaltungsbezirk Pankow mit einem Versorgungsauftrag von 1,5 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnahm. In dem MVZ waren seit dem 1. Juli 2017 die Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Frau Dr. med. C N(1,0) und die Fachärztin für Humangenetik Frau Dipl.-med. K P (0,5), welche zugleich die ärztliche Leiterin des MVZ war, als angestellte Ärztinnen tätig. Der Gegenstand ihrer ärztlichen Leistung war im Wesentlichen die genetische Beratung und Diagnostik im Hinblick auf Erberkrankungen und Schwangerschaftsstörungen.
Die Beklagte bewilligte dem MB MVZ durch Honorarbescheid vom 22. Mai 2018 für das Quartal IV/2017 ein Gesamthonorar in Höhe von 513.678,94 Euro. Hiervon entfiel ein Betrag in Höhe von 377.527,05 Euro auf die Leistungen des „genetischen Labors“. Im Hinblick hierauf hatte das MVZ Leistungen in Höhe 654.226,81 Euro (gemessen am OPW) angefordert. Bei der Abrechnung wurden in 153 Fällen sachlich-rechnerische Richtigstellungen u.a. hinsichtlich der GOP 19401, 19402 und 19403 vorgenommen mit dem Hinweis, dass die Leistungen für die Arztgruppe nach dem EBM nicht berechnungsfähig seien. Auf das RLV/QZV entfiel ein Betrag in Höhe von 28.154,72 Euro.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Juni 2018 Widerspruch, mit welchem sie unter anderem die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 19401, 19402 und 19403 sowie die lediglich quotierte Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ rügte.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 berichtigte die Beklagte die sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 19401, 19402 und 19403 und vergütete einen Betrag in Höhe von 2.833,44 Euro für Leistungen des „genetischen Labors“ nach, so dass für Leistungen des „genetischen Labors“ nunmehr insgesamt 380.360,49 Euro vergütet wurden.
Mit Widerspruchsteilbescheid vom 20. August 2019 wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der quotierten Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage der Vergütung humangenetischer Leistungen sei der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 372. Sitzung vom 11. März 2016 sowie die Regelung der §§ 3 Nr. 5, 19a HVM. Demnach würden die Leistungen der Humangenetik „genetisches Labor“ maximal bis zur Höhe des Vergütungsvolumens gemäß § 3 Nr. 5 HVM zuzüglich des Saldos des Fremdkassenzahlungsausgleichs (FKZ-Saldo) unter Berücksichtigung der KBV-Vorgaben zur Honorarverteilung Teil B (Anlage 1 HVM) und des Abschnitts 1 Punkt 10 der Anlage 7 HVM zu den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Soweit die Leistungsanforderung das Vergütungsvolumen übersteige, werde die arztseitige Vergütung entsprechend quotiert. Die Regelung der §§ 3 Nr. 5, 19a HVM, wonach für die Leistungen des „genetischen Labors“ innerhalb der MGV, aber außerhalb der RLV ein gesondertes Vergütungsvolumen gebildet werde, sei nicht zu beanstanden. Als Folge des gebildeten Honorartopfes sei zu Recht die Quotierung der Leistungen für den Fall, dass das angeforderte Leistungsvolumen das aus dem Honorartopf bestehende Vergütungsvolumen übersteige, geregelt worden. Die Bildung eines geschlossenen Honorartopfes stelle eine mengenbegrenzende Maßnahme für einzelne Arztgruppen und bestimmte Leistungen dar und begrenze für diese die Leistungsdynamik. Aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit gemäß Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG folge bei der Bildung von Honorartöpfen eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der Beklagten. Sie habe zu reagieren, wenn sich herausstelle, dass der Zweck der Regelung nicht erreicht oder verfehlt werde. Eine Korrekturverpflichtung setzte voraus, dass es sich um eine dauerhafte, also nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handele, wovon in der Regel frühestens nach Vorliegen von Daten aus mindestens zwei Quartalen auszugehen sei (Verweis auf BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 33/15 R). Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung bestehe in der Regel, wenn die aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 Prozent von dem Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen abwichen. Hiervon ausgehend habe eine Reaktionspflicht der Beklagten nicht bestanden. Es müsse im Wege einer Gesamtbetrachtung auf die durchschnittlichen Gesamteinkünfte einer Arztgruppe im Bezugszeitraum abgestellt werden. Zwar habe im Quartal IV/2017 ein Honorarverlust von mehr als 15 Prozent der Arztgruppe der Humangenetiker gegenüber den Honoraren der Vergleichsgruppe der sonstigen Fachärzte (ohne Laborleistungen nach Kapitel 32 EBM und organisierte Notfalldienste) vorgelegen. Jedoch lasse sich hieraus keine Reaktionspflicht der Beklagten ableiten, da es sich um keine dauerhafte Entwicklung handele. Unter Berücksichtigung der Werte für die Quartale II/2017 bis II/2018 habe lediglich in den Quartalen III/2017 und IV/2017 ein Honorarverlust von mehr als 15 Prozent vorgelegen.
Die hiergegen am 13. Dezember 2019 erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 22. Februar 2023 abgewiesen: Die Klage sei als Anfechtungs- und Neubescheidungsklage zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Honorarbescheid für das Quartal IV/2017 sei in Bezug auf die allein streitige Quotierung der Leistungen der Humangenetik rechtmäßig. Ein Anspruch auf Neubescheidung bestehe für die Klägerin nicht. Die Regelungen des maßgeblichen HVM würden den der Beklagten bei der Honorarverteilung gewährten Gestaltungsspielraum nicht überschreiten. Sie entsprächen den Vorgaben der KBV vom 13. Juni 2017. Die Quotierung folge aus der Bildung eines gesonderten Honorartopfes für die Leistungen des „genetischen Labors“. Ein Anspruch auf Ausschluss von Steuerungsmaßnahmen bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die humangenetischen Leistungen nicht. Der Gestaltungsspielraum der Beklagten sei auch nicht durch den sich aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit im Quartal IV/2017 begrenzt gewesen. Eine Reaktionspflicht der Beklagten habe für dieses Quartal nicht bestanden. Zwar seien die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) gehalten, korrigierend einzugreifen, wenn bei festen Honorarkontingenten die Punktwerte für eine Arztgruppe für längere Zeit um 15 Prozent oder mehr hinter dem Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen zurückblieben, sofern die Ärzte hierfür nicht verantwortlich seien und die Honorarrückgänge nicht durch andere Effekte kompensiert würden. Dabei dürfe die KV eine gewisse Zeit abwarten und beobachten und müsse nur reagieren, wenn vom Umsatz her wesentliche Bereiche einer Arztgruppe betroffen seien. Unter Anwendung dieser Maßstäbe habe eine Reaktionspflicht für das Quartal IV/2017 nicht bestanden. Zu Recht habe die Beklagte zur Beurteilung ihrer Reaktionspflicht maßgeblich auf die Quartale II/2017 und III/2017 abgestellt. Angesichts der relativ unbestimmten Rechtsfolgen der Rechtsprechung des BSG sei eine allgemein gültige Festlegung der relevanten Quartale nicht möglich. Klar sei nur, dass für eine in die Zukunft gerichtete Reaktion die Daten von mindestens zwei Quartalen vorliegen müssten. Aus der Tatsache, dass der Beklagten die Daten erst nach Ablauf der jeweiligen Quartale vorliege, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass diese nicht für die Reaktionspflicht herangezogen werden könnten, denn jedenfalls im Zeitpunkt der Honorarfestsetzung hätten diese der Beklagten vorgelegen. Im Quartal II/2017 habe jedoch kein maßgeblicher Punktwertverfall gegenüber der Vergleichsgruppe vorgelegen. Die Beklagte habe zudem die Vergleichsgruppe zutreffend bestimmt. Die Herausnahme der Leistungen des Humanlabors sei nicht zu beanstanden, da diese einem eigenen Vorwegabzug unterlägen.
Gegen das ihr am 6. März 2023 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30. März 2023 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Honorarbescheid für das Quartal IV/2017 sei im Hinblick auf die Vergütung der humangenetischen Leistungen rechtswidrig.
Bereits die Bestimmung des Honorartopfes im HVM der Beklagten sei rechtswidrig. Das für die Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ zur Verfügung stehende Honorarkontingent sei aus den maßgeblichen Regelungen des HVM nicht ermittelbar. Insbesondere ergebe sich aus dem HVM nicht, wie der maßgebliche Saldo des Fremdkassenzahlungsausgleichs bestimmt werde. Da die mengenbegrenzende Wirkung des Honorartopfes im Wesentlichen aus der Höhe des ihm zugeschriebenen Vergütungsvolumens erfolge, dürfe die Frage der Berechnung des Honorartopfes nicht offen gelassen werden. Dem Leistungserbringer müssten im Zeitpunkt der Leistungserbringung zumindest die Eckdaten zur Verfügung stehen, die einen Rückschluss auf die Höhe des Honorars zuließen. Der seit dem Jahr 2017 zu beobachtende gravierende Punktwertabfall lasse vermuten, dass es über den Fremdkassenzahlungsausgleich zu einem erheblichen Abfluss aus dem Honorartopf des „genetischen Labors“ an andere KV komme.
Die Beklagte habe überdies ihre Beobachtungspflicht verkannt und ihre Reaktionspflicht verletzt. Maßgeblich für die Reaktionspflicht der Beklagten sei der Punktwertverfall der Fachgruppe der Humangenetiker im Vergleich zu den sonstigen Fachärzten im Quartal IV/2017, der sich seit dem Quartal IV/2016 als dauerhaft darstelle. Die Beklagte treffe hinsichtlich des Honorartopfes „genetisches Labor“ eine gesteigerte Beobachtungspflicht, da die Humangenetiker eine sehr kleine Arztgruppe seien und sie zudem ihre Vergütung größtenteils aus dem Honorartopf gemäß §§ 3 Nr. 5, 19a HVM erhielten. Bereits der Vergleich der Schwankungsbreite der Auszahlungsquoten der Vergütung der Humangenetiker mit den Auszahlungsquoten der übrigen Fachärzte zeige auf, dass der geltende HVM offensichtlich gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoße.
Soweit die Beklagte ihre Betrachtung allein auf die Zeit ab dem Quartal II/2017 stütze, verkenne sie ihre Beobachtungspflicht, welche als ex ante Pflicht ausgestaltet sei. Die Quartale IV/2016 und I/2017 seien für die maßgebliche Beurteilung mit in den Blick zu nehmen. Denn wenn es sich bei dem Quartal IV/2017 um das „Interventionsquartal“ handele, sei das Quartal III/2017 das vorgelagerte „Reaktionsquartal“ und dementsprechend die noch weiter vorgelagerten Quartale I/2017 und IV/2016 die „Beobachtungsquartale“. Die Beklagte berücksichtige bei ihrer verkürzten Betrachtung allein der Quartale ab II/2017 die Nachlaufzeiten zur Honorarabrechnung nicht hinreichend. Spätestens nach dem Vorliegen der Abrechnungsdaten des Quartals I/2017 im Quartal III/2017 habe mit Wirkung zum Quartal IV/2017 eine Reaktionspflicht bestanden. Die Zahlen des Quartals II/2017 seien demgegenüber irrelevant. Jedenfalls zeuge die Erholung im Quartal II/2017 nicht von einer dauerhaften Trendumkehr und könne daher die Reaktionspflicht für das Quartal IV/2017 nicht negieren.
Die Beklagte berechne überdies den Honorarabstand anhand der von ihr ermittelten Auszahlungsquoten falsch. Es dürfe nicht die Differenz der ermittelten Auszahlungsquote der Arztgruppe 16 zu der der übrigen Fachärzte berechnet werden, sondern die Relation der beiden Werte zueinander (Verweis auf SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 1. Oktober 2019, S 12 KA 833/16). Darüber hinaus habe die Beklagte die Vergleichsgruppen nicht richtig gebildet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte die Leistungen der Laborärzte (AG 51) aus der Vergleichsgruppenbildung herausnehme, da diese noch am ehesten mit den Leistungen der Humangenetiker vergleichbar seien. Bei beiden Arztgruppen sei für das Gesamthonorar nicht das Regelleistungsvolumen (RLV) prägend. Die Vergleichsgruppenbildung müsse sich an der Systematik der Honorarkontingente und der honorarbegrenzenden Maßnahmen orientieren. Korrigiere man die Vergleichsgruppen hin zu einer sachgerechten Zusammensetzung, steige der Abstand der Vergütungsquoten noch einmal deutlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2023 aufzuheben, den Honorarfestsetzungsbescheid für das Quartal IV/2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 16. Oktober 2018, dieser in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2019, zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal IV/2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Bildung des Honorartopfs für die Vergütung der Leistungen des humangenetischen Labors sei im HVM hinreichend bestimmt und folge den Vorgaben der KBV (Anlage 1, Teil B HVM). Die maßgeblichen Aufsatzquartale für die erstmalige Bildung des Honorartopfes seien die Quartale IV/2012 bis III/2013; im Anschluss sei lediglich eine Fortschreibung unter Berücksichtigung der Versichertenentwicklung, der Morbiditätsrate sowie von Ein- und Ausdeckelungen erfolgt. Die Leistungen, die unter den Grundbetrag „genetisches Labor“ fielen, seien in Teil B Punkt 1.3 der KBV Vorgaben zur Honorarverteilung eindeutig definiert. Diese Leistungen würden ebenfalls für den FKZ herangezogen. Der FKZ-Saldo werde gemäß der Richtlinie der KBV für den Fremdkassenzahlungsausgleich durch die KBV berechnet und via FKZ-Buchungsjournal übermittelt. In der Berechnung der Vergütungsvolumina seien sowohl negative wie positive FKZ-Salden zu berücksichtigen. Da die Bildung von Honorartöpfen vermeiden solle, dass eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Bereichen das Honorargefüge ungerechtfertigt zu Gunsten einzelner und zu Lasten anderer Leistungsbereiche beeinflusse, müssten auch die Veränderungen der Zahlungsflüsse aufgrund des FKZ in den jeweiligen Leistungsbereichen berücksichtigt werden.
Sie habe zudem die ihr zukommende Beobachtungs- und Reaktionspflicht nicht verkannt. Entscheidend seien die Auszahlungsquoten als Vergleichsmaßstab. Eine Reaktionspflicht bestehe erst, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen bei den Auszahlungsquoten eine Differenz von mehr als 15 Prozent bestehe. Eine solche habe ausgehend von dem nicht zu beanstandenden Quartal II/2017 lediglich in den Quartalen III/2017 und IV/2017 vorgelegen. Mithin wäre eine Reaktion im Quartal I/2018 notwendig gewesen, sofern weiterhin eine erhebliche Differenz vorgelegen hätte. Dies sei jedoch im Quartal I/2018 nicht der Fall gewesen. Die Daten für die Quartale IV/2016 und I/2017 seien irrelevant, da im Quartal II/2017 weder nach der Berechnung der Beklagten (Differenz) noch nach der Berechnung der Klägerin (Relation) eine Abweichung der Auszahlungsquoten von mehr als 15 Prozent vorgelegen habe. Die Betrachtung der Klägerin zum Bestehen einer Reaktionspflicht zu Beginn des Quartals IV/2017 gehe fehl, da für eine Reaktionspflicht die Abrechnungsdaten des maßgeblichen Quartals abzuwarten seien, die erst nach dem Quartal selbst vorlägen. Eine mögliche Reaktion auf einen Punktwertverfall bestehe nämlich nicht nur in einer in die Zukunft gerichteten Änderung des HVM, sondern auch in dem Ergreifen von Stützungsmaßnahmen. Die Klägerin verkenne insoweit den Inhalt der Reaktionspflicht der Beklagten. Allein aus dem Umstand, dass sich aus der Anwendung einer Quotierungsregelung ein stützungsbedürftiger Punktwert ergebe, folge noch nicht die Rechtswidrigkeit der Quotierungsregelung an sich. Daher begründe ein Stützungsbedarf auch nicht zwingend die Änderung des HVM. Schließlich sei auch die Vergleichsgruppe zutreffend bestimmt worden. Die Laborleistungen seien ebenso wie die Leistungen des organisierten Notfalldienstes nicht mit einzubeziehen, da es sich jeweils um einen eigenen Vorwegabzug handele, der nicht nur aus dem fachärztlichen Leistungsbereich gebildet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der – soweit erforderlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
A. Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2023 ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen.
B. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2023 der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal IV/2017 vom 22. Mai 2018 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 16. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2019 hinsichtlich der Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“.
C. Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Gestalt einer Neubescheidungsklage (vgl. §§ 54 Abs. 1, 131 Abs. 3 SGG) statthafte Klage ist zulässig und begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid ist hinsichtlich der Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ im Quartal IV/2017 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, was zu einem Anspruch auf Neubescheidung führt.
I. 1. Rechtsgrundlage für die Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ ist § 87b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit § 3 Nr. 5 und § 19a des im Quartal IV/2017 gültigen HVM der Beklagten. Die maßgeblichen Regelungen des HVM haben folgenden Wortlaut:
TEIL I: Aufteilung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)
§ 3 Festlegung der Vergütungsvolumen
Für die Vergütung der Ärzte und Psychotherapeuten gemäß § 87b SGB V (Honorarverteilung) aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung werden folgende Vergütungsvolumen der Grundbeträge gemäß den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Honorarverteilung gemäß § 87b Abs. 4 SGB V (nachfolgend KBV-Vorgaben zur Honorarverteilung) Teil B (ANLAGE 1 zum HVM) sowie die Vergütungsvolumen zur Förderung der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung gemäß § 3 Abs. 4 des Honorarvertrages gebildet:
1. Vergütungsvolumen des Grundbetrages „Labor“,
2. Vergütungsvolumen des Grundbetrages „ärztlicher Bereitschaftsdienst“,
3. Vergütungsvolumen des hausärztlichen Grundbetrages,
4. Vergütungsvolumen des fachärztlichen Grundbetrages,
5. Vergütungsvolumen des versorgungsbereichsspezifischen Grundbetrages zur Vergütung der Leistungen der Humangenetik „genetisches Labor“,
6. Vergütungsvolumen des versorgungsbereichsspezifischen Grundbetrages für die Pauschalen für die fachärztliche Grundversorgung „PFG“
[…]
Teil III: Leistungsvergütung
[…]
§ 19a Vergütung der Leistungen der Humangenetik „genetisches Labor“
Die Leistungen der Humangenetik „genetisches Labor“ werden maximal bis zur Höhe des Vergütungsvolumens gemäß § 3 Nr. 5 HVM zzgl. des FKZ-Saldos unter Berücksichtigung der KBV-Vorgaben zur Honorarverteilung Teil B (ANLAGE 1 HVM) und des Abschnitts 1 Punkt 10 der ANLAGE 7 HVM zu den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Soweit die Leistungsanforderung dieses Vergütungsvolumen überschreitet, wird die arztseitige Vergütung entsprechend quotiert.
Demnach erfolgt die Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ (für die Vergütung der GOP 11230, 11233 bis 11236 sowie 32860 bis 32865, 32902 bis 32908, 32931, 32932, 32937 bis 329363, Abschnitt 11.4 und Abschnitt 19.4 EBM) im Rahmen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Hierfür wird aus dem fachärztlichen Vergütungsvolumen ein gesondertes Vergütungsvolumen „des versorgungsbereichsspezifischen Grundbetrages“ für den Leistungsbereich Humangenetik gebildet. Zu diesem wird der FKZ-Saldo der Leistungen hinzugefügt. Soweit die tatsächliche Leistungsanforderung der Ärzte sodann das ermittelte Vergütungsvolumen überschreitet, wird die arztseitige Vergütung gemäß § 19a Satz 2 HVM entsprechend quotiert.
2. Die Regelung der §§ 3 Nr. 5, 19a HVM ist nicht zu beanstanden.
a) Gesetzliche Grundlage sind §§ 87a und 87b Abs. 1 SGB V. § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V sieht im Grundsatz vor, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung von den Krankenkassen an die kassenärztlichen Vereinigungen „für die gesamte vertragsärztliche Versorgung“ der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung gezahlt wird. Ausnahmen hiervon regelt § 87a Abs. 3 Satz 5 SGB V, welche jedoch vorliegend nicht einschlägig sind. In Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner kann jedoch gemäß § 87a Abs. 3 Satz 6 SGB V darüber hinaus geregelt werden, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Abs. 2 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V). Eine solche Regelung liegt in Bezug auf die hier streitigen Leistungen des „genetischen Labors“ nicht vor.
Nach § 87b SGB V verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist.
Dabei kommt dem normgebenden Gremium bei der Ausformung des HVM ein Gestaltungsspielraum zu (BSG, Urteile vom 9. Dezember 2004, B 6 KA 44/03 R, zitiert nach juris, Rn. 63 m.w.N.; vom 8. Februar 2006, B 6 KA 25/05 R, zitiert nach juirs, Rn,. 24 und vom 29. August 2007, B 6 KA 43/06 R, zitiert nach juris, Rn. 17 f.), wie er typischerweise mit Rechtssetzungsakten einhergeht. Diese Gestaltungsfreiheit gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen. Die Ausarbeitung des HVM erfordert Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind. Dieser Gestaltungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich zu respektieren; die richterliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Der Gestaltungsspielraum ist durch den sich aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit sowie durch den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 2016, B 6 KA 4/16 R, zitiert nach juris, Rn. 22 ff.).
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Regelung des HVM zur lediglich quotierten Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ nicht zu beanstanden, denn sie beruht auf den gemäß § 87b Abs. 4 SGB V von der Beklagten zwingend zu beachtenden Vorgaben der KBV im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2013. In diesen hat die KBV verpflichtend bestimmt, dass und wie ein gesondertes Vergütungsvolumen für die Leistungen des „genetischen Labors“ ab dem Quartal IV/2013 zu bilden ist und welche Leistungen hieraus zu vergüten sind. So wurde in Teil B Punkt 1.3 bestimmt:
„Versorgungsbereichsspezifische Grundbeträge sind je Versicherten verpflichtend im fachärztlichen Versorgungsbereich zu bestimmende Beträge, die für den Leistungsbereich Humangenetik gemäß KBV-Vorgaben, Teil G (Grundbetrag „genetisches Labor“) und für die Pauschalen für die fachärztliche Grundversorgung (Grundbetrag „PFG“) zu bilden sind. Die Bereitstellung der Finanzmittel für die versorgungsbereichsspezifischen Grundbeträge erfolgt aus dem fachärztlichen Grundbetrag. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung ist die Höhe dieser versorgungsbereichsspezifischen Grundbeträge abschließend bestimmt.“
In Teil G der KBV-Vorgabe gemäß § 87b Abs. 4 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2013 wurde im Einzelnen geregelt, wie die Ausgangswerte für den Grundbetrag „genetisches Labor“ für die Quartale IV/2013 bis III/2014 anhand der für das jeweilige Vorjahresquartal (also die Quartale IV/2012 bis III/2013) für die humangenetischen Leistungen geleisteten MGV für die entsprechende Behandlung bzw. Untersuchung von Material bereichseigener Versicherter durch bereichseigene und bereichsfremde Vertragsärzte erstmalig bestimmt und dann ab dem Quartal IV/2014 mittels Anwendung der Veränderungsrate fortgeschrieben werden. Nachdem mit Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 372. Sitzung vom 11. März 2016 die humangenetischen Leistungen im EBM in den Kapiteln 11.3, 11.4 und 19.4 mit Wirkung zum 1. Juli 2016 entsprechend dem aktuellen Stand der Wissenschaft völlig neu gestaltet wurden, hat die KBV im Einvernehmen mit dem GKV-Spitzenverband ihre verpflichtenden Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens gemäß § 87b Abs. 4 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Juli 2016 auch hinsichtlich der Bildung der Vorwegabzüge und Ermittlung der Grundbeträge angepasst. Die Ausgangswerte für die Ermittlung der neuen Grundbeträge sind die nach den bis zum 31. Dezember 2014 gültigen KBV Vorgaben bestimmten Grundbeträge im jeweiligen Vorjahresquartal (unter Berücksichtigung der Anlagen zu Teil B), die unter Verwendung der vereinbarten Veränderungsrate gemäß § 87a Abs. 4 Satz 3 SGB V sowie einer ggf. erfolgten zusätzlichen Steigerung nach § 87a Abs. 4 Satz 4 SGB V gesteigert werden zuzüglich der aus dem Grundbetrag „Labor“ ausgegliederten und in den Grundbetrag „genetische Leistungen“ neu eingegliederten Leistungen.
Mit der Regelung des § 3 Nr. 5, § 19a Satz 1 HVM hat die Beklagte die Vorgabe der KBV zur Vergütung der Leistungen des genetischen Labors aus einem innerhalb der MGV aus dem fachärztlichen Verteilungsvolumen gesondert gebildeten Honorartopf umgesetzt; eine eigenständige abweichende Regelungsbefugnis kam ihr insoweit auch nicht zu.
c) Die Vorgabe der KBV zur Bildung des gesonderten Honorartopfes für Leistungen des genetischen Labors und die daraus folgende lediglich quotierte Vergütung dieser Leistungen begegnet ihrerseits keinen rechtlichen Bedenken; sie ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 87b Abs. 4 SGB V gedeckt. Nach dieser Vorschrift hat die KBV für die KVen verpflichtende Vorgaben zu den Regelungen des § 87b Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V zu bestimmen. Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs. 3 SGB V oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der in § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V verwendete Begriff der übermäßigen Ausdehnung ist nicht allein arztindividuell, sondern fachgruppenbezogen zu verstehen und erlaubt daher die Bildung von in sich geschlossen, leistungsbezogenen Honorartöpfen (BSG, Urteil vom 8. August 2018, B 6 KA 26/17 R, zitiert nach juris, Rn. 21 ff.). Die Bildung eines gesonderten Vergütungsvolumens, welches in sich geschlossen und leistungsbezogen ist, stellt bereits für sich aufgrund der grundsätzlich begrenzten MGV ohne Nachschussverpflichtung der Krankenkassen eine mengenbegrenzende Maßnahme dar. Sog. Honorartöpfe bzw. Honorarkontingente begrenzen die Auswirkungen der Leistungsdynamik auf einzelne Arztgruppen und bestimmte Leistungen. Sie setzen über ein absinkendes Vergütungsniveau prinzipiell Anreize zu zurückhaltender Leistungserbringung, schützen aber auch vor einem Absinken der für die Honorierung dieser Leistungen zur Verfügung stehenden Anteile der Gesamtvergütung (vgl. Urteil des Senats vom 31. Juli 2019, L 7 KA 69/19, zitiert nach juris, Rn. 54 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BSG können Honorartöpfe nach Leistungsbereichen gebildet werden, wenn damit Steuerungszwecke verbunden sind, die ihrerseits im Gesetz bzw. im vertragsärztlichen Vergütungssystem selbst angelegt sind oder die zu verfolgen zu den legitimen Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags gehört (BSG, Urteil vom 9. September 1998, B 6 KA 55/97 R, zitiert nach Rn. 14). Eine solche Rechtfertigung liegt bereits in dem Bestreben zu verhindern, dass durch eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Fachgruppen das Honorargefüge ungerechtfertigt zugunsten einzelner und zum Nachteil anderer Arztgruppen verändert wird (vgl. BSG, a.a.O. sowie BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 6 KA 31/03 R, zitiert nach juris, Rn. 23 f.). Die Vorgabe der KBV begegnet auch keinen grundsätzlichen Bedenken vor dem Hintergrund, dass nicht nur einzelne Leistungsbereiche, sondern die Leistungen des „genetischen Labors“ insgesamt einer Kontingentierung unterworfen werden (vgl. zu den pathologischen Leistungen des Abschnitts 19 EBM: BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 33/15 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. November 2018, L 5 KA 747/17, Rn. 43, jeweils juris). Die Leistungskontingentierung wird weder dadurch rechtswidrig, dass die Leistungen überweisungsgebunden sind und daher einer Mengensteuerung durch die Ärzte, an die überwiesen wird, nicht zugänglich sind (vgl. BSG, Urteile vom 20. Oktober 2004, B 6 KA 31/03 R, zitiert nach juris, Rn. 23; vom 23. März 2016, B 6 KA 33/15 R, zitiert nach juris, Rn. 21; sowie vom 19. August 2015, B 6 KA 34/14 R, zitiert nach juris, Rn. 45 und 54 m.w.N.), noch dadurch, dass durch eine Veränderung der Behandlungspraxis die Leistungsmenge ausgeweitet wird (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, zitiert nach juris, Rn. 63 m.w.N.). Die KBV-Vorgabe, wonach zur erstmaligen Bestimmung des Vergütungsvolumens auf die Höhe der Vergütung der maßgeblichen Leistungen in den Quartalen IV/2012 bis III/2013 abgestellt wird, die dann unter Berücksichtigung weiterer Berechnungsparameter (Entwicklung Versichertenzahl und Veränderungsrate sowie Ein- und Ausdeckelungen) fortgeschrieben wird, ist rechtmäßig. Es ist in der Rechtsprechung insoweit anerkannt, dass bei der Bildung von Honorarkontingenten an die Verhältnisse früherer Quartale angeknüpft werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 33/15 R, Rn. 11 m.w.N., juris). Dem liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass die in der Vergangenheit ausbezahlten Honorare bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang der im aktuellen Quartal abzurechnenden Honorarforderungen sind. Auch wird durch die Anknüpfung an einen zeitnahen Bezugszeitraum die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit gestärkt.
d) Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte für die Berechnung der Höhe des zur Verfügung stehenden Honorartopfes gemäß § 19a Satz 1 HVM des Weiteren den Saldo des Fremdkassenzahlungsausgleichs hinsichtlich der Leistungen des „genetischen Labors“ berücksichtigt. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Berücksichtigung des FKZ-Saldos bei der Bildung des Honorartopfes geeignet ist, dem Ziel einer Verhinderung der Verschiebung der Auswirkungen einer Mengenausweitung in einem Leistungsbereich zu Lasten eines anderen Leistungsbereichs Rechnung zu tragen. Sie überschreitet daher mit dieser Regelung den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum nicht.
e) Vor diesem Hintergrund ist die Regelung zur lediglich quotierten Vergütung der Leistungen des „genetischen Labors“ in § 19a Satz 2 HVM ebenfalls rechtmäßig. Auch insoweit setzt die Beklagte lediglich die Vorgabe der KBV gemäß § 87b Abs. 4 SGB V um, denn aus der Bildung eines gesonderten Honorartopfes folgt bereits die Begrenzung der aus dem Honorartopf zu vergütenden Leistungen auf das zur Verfügung stehende Honorarkontingent.
f) Die Regelungen der Beklagten zur Bildung des Honorartopfes und zur Quotierung der Leistungen des „genetischen Labors“ sind auch hinreichend bestimmt. Eine mengenbegrenzende Regelung durch Bildung eines Honorartopfes mit anschließender quotierter Verteilung setzt für ihre Rechtmäßigkeit voraus, dass das zur Verfügung stehende Vergütungsvolumen in einem normierten Verfahren ermittelt wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 6 KA 34/14 R, Rn. 22, juris). Da die mengenbegrenzende Wirkung eines Honorartopfes im Wesentlichen aus der Höhe des ihm zugeschriebenen Vergütungsvolumens folgt, ist die Berechnung des Honorartopfes in dem Honorarverteilungsmaßstab konkret zu regeln. Jedoch dürfen die Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit nicht übersteigert werden. Die Regelungen müssen lediglich so genau gefasst sein, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck gerechtfertigt ist (vgl. zum Bestimmtheitsgebot BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2004, 2 BvR 2374/99, zitiert nach juris, Rn. 122 ff., juris mwN). Eine Auslegungsbedürftigkeit macht eine Norm nicht unbestimmt. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsfragen mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990, 1 BvR 355/ 86, zitiert nach juris, Rn. 65 ff.; BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2004, 2 BvR 2374/99, zitiert nach juris, Rn. 122 ff. m.w.N.). Diesem Maßstab wird der HVM der Beklagten hinreichend gerecht. Sowohl die konkrete Berechnung des Vergütungsvolumens anhand der Vorgaben der KBV ist durch die Bezugnahme auf die Anlangen im HVM hinreichend bestimmt, als auch die von der Beklagten im Rahmen der Quotierung in § 19a HVM zusätzlich getroffene Bestimmung, dass dem nach den Vorgaben der KBV ermittelten Honorartopf noch der FKZ-Saldo hinzuzufügen ist. Dabei ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits aus dem Sinn und Zweck der Regelung hinreichend, dass mit dem „FKZ-Saldo“ in § 19a Satz 1 HVM lediglich der spezifische FKZ-Saldo für die konkret zum Vergütungsvolumen „genetisches Labor“ gehörenden Leistungen gemeint ist. Dessen Höhe wiederum ergibt sich verbindlich aus den Berechnungen der KBV gemäß der von ihr nach § 75 Abs. 7 und 7a SGB V erlassenen Richtlinie (zur „Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Durchführung des bundeseinheitlichen Zahlungsausgleichsverfahrens [Fremdkassenzahlungsausgleich] mit den Kassenärztlichen Vereinigungen" [FKZ-RL] vgl. auch grundlegend BSG, Urteil vom 15. Juni 2016, B 6 KA 27/15 R, juris). Diese teilt die KBV der Beklagten mittels FKZ-Buchungsjournal mit. Eines besonderen Hinweises auf die FKZ-Richtlinie bedurfte es im HVM bereits durch die Verwendung des Begriffes „FKZ-Saldo“ nicht.
g) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist es nicht erforderlich, dass für sie anhand der Regelungen des HVM die Höhe des Vergütungsvolumens bereits vor Leistungserbringung konkret bekannt ist. Es ist ausreichend, wenn die Formel zur Berechnung des Vergütungskontingents sowie die Quotierungsregelung eine Bestimmbarkeit und Nachprüfung ermöglicht. Das Gebot der Kalkulationssicherheit verlangt nicht, dass die vertragsärztlichen Leistungen zu einem festen Wert vergütet werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 6 KA 34/14 R, zitiert nach juris, Rn. 33) und dieser bereits bei Leistungserbringung bekannt ist. Vielmehr stellt die Gewährleistung einer Kalkulationssicherheit unter Geltung einer begrenzten Gesamtvergütung nur ein "relatives" Ziel dar. Steuerungsmaßnahmen, die wie Honorartöpfe nachträglich verhindern, dass sich das Verhalten einer Arztgruppe zu Lasten anderer Arztgruppen auswirkt, weil erst nach Abschluss des Quartals feststeht, in welchem Umfang das Vergütungsvolumen überschritten wurde, verstoßen daher nicht per se gegen das Gebot der Kalkulationssicherheit (BSG, a.a.O., Rn. 55; Beschluss vom 5. Juni 2013, B 6 KA 55/12 B; Beschluss vom 26. Juni 2019, B 6 KA 46/18 B, zitiert nach juris, Rn. 7). Ausreichend ist es, dass dem Vertragsarzt im Zeitpunkt der Leistungserbringung diejenigen Eckdaten zur Verfügung stehen, die einen Rückschluss auf die Höhe seines Honorars zulassen (vgl. Urteil des Senats vom 31. Juli 2019, L 7 KA 69/16, zitiert nach juris, Rn. 64 m.w.N.). Dies ist vorliegend gegeben, da aus dem HVM die Formel zur Berechnung des Honorartopfes für die Leistungen des „genetischen Labors“ sowie die lediglich quotierte Vergütung der Leistungen bei Überschreitung des Honorarvolumens zu erkennen ist.
3. Dass der Beklagten unter Berücksichtigung der Maßgaben der KBV bei der Bestimmung des Honorartopfes für die Leistungen des genetischen Labors für das Quartal IV/2017 rechnerische Fehler unterlaufen sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
II. Begegnet die Bildung und Berechnung des Honorartopfes keinen grundsätzlichen Bedenken, obliegt der Beklagten bei der konkreten Anwendung der Regelung gleichwohl eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht, die gegebenenfalls ein korrigierendes Eingreifen erfordert. Dieser ist die Beklagte zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend nachgekommen.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Kassenärztliche Vereinigungen bei der Bildung von Honorartöpfen verpflichtet, die Situation und die weitere Entwicklung zu beobachten sowie im Falle erheblicher Verwerfungen im Honorargefüge zu reagieren (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 5/04 R, zitiert nach juris, Rn. 30.). Dies gilt auch, wenn die Bildung des Honorartopfes und die sich daraus ergebende lediglich quotierte Vergütung auf verbindlichen Vorgaben der KBV beruht. Denn sobald eine Arztgruppe einen dauerhaften gravierenden Punktwertabfall erleidet, den sie nicht zu verantworten hat und der nicht durch Rationalisierungseffekte auf Grund von Mengensteigerungen und/oder beim Kostenfaktor kompensiert wird, muss die KV zur Gewährleistung der Honorarverteilungsgerechtigkeit gemäß Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG eingreifen (vgl. BSG, Urteil vom 9. September 1998, B 6 KA 55/97 R, zitiert nach juris, Rn. 17 f.). Die KV hat Verteilungsregelungen, mit denen sie in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abweicht, regelmäßig zu überprüfen. Sie muss sie ändern bzw. weiterentwickeln, wenn sich herausstellt, dass der Zweck der Regelung ganz oder teilweise nicht erreicht oder gar verfehlt wird oder wenn die vorgenommene Einteilung in Teilbudgets dazu führt, dass der Punktwert in einzelnen Bereichen deutlich stärker abfällt als bei dem größten Teil der sonstigen Leistungen und als Grund dafür keine von den jeweiligen Leistungserbringern selbst verursachten Mengenausweitungen erkennbar sind (vgl. BSG Urteil vom 7. Februar 1996, 6 RKa 83/95, zitiert nach juris, Rn. 18 ff.). Eine Korrekturverpflichtung setzt weiter voraus, dass es sich um eine dauerhafte, also nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handelt. Außerdem muss ein vom Umsatz her wesentlicher Leistungsbereich einer Arztgruppe betroffen sein. Der Punktwertabfall muss erheblich sein; nicht jede Punktwertdifferenz zwischen verschiedenen Honorartöpfen gibt Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung. Die KV kann zudem berücksichtigen, dass auch bei von den Leistungserbringern nicht mitzuverantwortenden Mengenausweitungen typischerweise Rationalisierungseffekte entstehen, die einen gewissen Ausgleich für den Punktwertabfall darstellen können. Werden Honorartöpfe für Leistungen gebildet, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen ihnen eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, sieht das BSG im Regelfall Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen. Ob aus dem Punktwertverfall in einem wesentlichen Leistungsbereich eine Verpflichtung der KV zur Korrektur der Honorarverteilung folgt, kann jedoch nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, also unter Einbeziehung aller einer Arztgruppe zuzuordnenden Honorarkontingente bzw. der daraus resultierenden Punktwerte und Honorarbeträge, ermittelt werden; entscheidend ist auf die durchschnittlichen Gesamteinkünfte einer Arztgruppe in einem Bezugszeitraum abzustellen (BSG, Urteil vom 29. August 2007, B 6 KA 43/06 R, zitiert nach juris, Rn. 20 m.w.N.).
2. Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Beklagte ihrer Reaktions- und Beobachtungspflicht nicht hinreichend nachgekommen, denn die Voraussetzungen für die aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit gemäß Art 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Reaktionspflicht liegen im Quartal IV/2017 vor.
a) Im maßgeblichen Quartal IV/2017 wich die Auszahlungsquote der Arztgruppe der Humangenetiker (AG 16) um mehr als 15 Prozent von der Auszahlungsquote der sonstigen Fachärzte ab. So betrug die (mathematisch gerundete) Auszahlungsquote der Humangenetiker 56 Prozent des angeforderten Honorars zum Orientierungspunktwert (OPW), wohingegen die sonstigen Fachärzte (ohne Leistungen für Labor und ärztlichem Notdienst) auf eine Auszahlungsquote von 83 Prozent kamen. Dies ergibt eine maßgebliche relative Abweichung von 32 Prozent; mithin mehr als das Doppelte der vom BSG als reaktionspflichtig angesehenen Grenze.
b) Zu Recht hat die Beklagte die Auszahlungsquote bezogen auf die gesamte Vergütung der Arztgruppe der Humangenetiker innerhalb der MGV und nicht nur allein die Auszahlungsquote der Leistungen des „genetischen Labors“ in den Blick genommen, denn die maßgebliche vertragsärztliche Vergütung innerhalb der MGV ist insgesamt zu betrachten und nicht in Bezug auf einzelne Vergütungsbestandteile. Sie hat zudem die ärztliche Vergleichsgruppe zutreffend bestimmt. Die fachärztliche Vergütung der Leistungen der Vorwegabzüge der Grundbeträge „Labor“ und „ärztlicher Bereitschaftsdienst“ nach § 3 Nr. 1 und 2 HVM war nicht in die Vergleichsbetrachtung der Auszahlungsquoten einzubeziehen, da diese Vorwegabzüge zwar innerhalb der MGV, aber vor der Aufteilung in das haus- und fachärztliche Verteilungsvolumen gebildet werden. Sie werden damit sowohl von Haus- als auch den Fachärzten getragen. Demgegenüber wird der versorgungsbereichsspezifische Grundbetrag „genetisches Labor“ erst nach der Trennung des haus- und fachärztlichen Vergütungsvolumens aus dem fachärztlichen Verteilungsvolumen gebildet. Auch ein Vergleich der Auszahlungsquote der Humangenetiker allein mit der Auszahlungsquote der Laborärzte (AG 51) wäre mangels hinreichender Vergleichbarkeit nicht sachgerecht, da Laborärzte einen wesentlichen Teil ihrer Vergütung aus dem Vorwegabzug Labor erhalten und darüber hinaus die Vergütung aus einem besonderen Verteilungsvolumen nach § 7 Abs. 2 Nr. 4a HVM erfolgt. Demgegenüber erhalten die Humangenetiker neben den Leistungen des genetischen Labors ein RLV/QZV aus dem verbliebenen fachärztlichen Verteilungsvolumen.
c) Zutreffend weist die Klägerin jedoch darauf hin, dass für die Ermittlung des Abfalls der Auszahlungsquote der Vergleichsgruppe nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Differenz der Auszahlungsquoten, sondern die Relation zu ermitteln ist.
d) Zur Überzeugung des Senats stellt die Abweichung der Auszahlungsquote der Humangenetiker zu derjenigen der sonstigen Fachärzte im Quartal IV/2017 auch eine dauerhafte Entwicklung dar, die eine Reaktion der Beklagten erfordert. Denn auch in den Quartalen IV/2016, I/2017 und III/2017 wich die Auszahlungsquote der Humangenetiker mehr als 15 Prozent von derjenigen der Vergleichsgruppe der sonstigen Fachärzte ab. So betrug die relative Abweichung im Quartal IV/2016 37 Prozent, im Quartal I/2017 17 Prozent und im Quartal III/2017 28 Prozent. Diese Werte verpflichteten die Beklagte mindestens ab dem Quartal IV/2016 zu einer strengen Beobachtung der Entwicklung der Vergütung der Leistungen der Humangenetiker, zumal diese mit 12,25 Versorgungsaufträgen eine sehr kleine Facharztgruppe ist. Da sich die Vergütung der Humangenetiker – wie sowohl die hier streitige Abrechnung als auch die Daten der Beklagten für die Quartale II/2017 bis IV/2017 zeigen – zum größten Teil aus den Leistungen des „genetischen Labors“ speist, war eine genaue Beobachtung der Entwicklung der Vergütung aus dem Honorartopf geboten.
e) Die Beklagte kann sich angesichts der Abweichung der Auszahlungsquoten in den Quartalen IV/2016 und I/2017 nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Quartal II/2017 die relative Abweichung bei „nur“ 13 Prozent und damit unter der vom BSG benannten Erheblichkeitsschwelle von 15 Prozent lag, denn die Annäherung an die Auszahlungsquote der sonstigen Fachärzte war nicht von Dauer. Bereits im Quartal III/2017 stieg die relative Abweichung mit 28 Prozent wieder deutlich über die Erheblichkeitsschwelle. Zu Recht weist die Klägerin insoweit darauf hin, dass die kurzfristige Erholung im Quartal II/2017 keine Zäsur hinsichtlich der in den Quartalen IV/2016 und I/2017 ausgelösten Beobachtungspflicht darstellt, die dann mit dem ersten wieder „schlechten“ Quartal – hier III/2017 – eine erneute Beobachtungspflicht über zwei Quartale ausgelöst hat. Eine solche – lediglich verkürzte – Betrachtung bis zum ersten die 15-Prozent-Schwelle unterschreitenden Quartal verdeckt den Blick auf mögliche systematische Gründe, die gerade bei der Bildung von Honorartöpfen, die – wie hier – bei der erstmaligen typisierenden Bestimmung der Ausgangswerte an die Höhe der Vergütung der maßgeblichen Leistungen in Aufsatzquartalen anknüpfen, auftreten können.
f) Der Abfall der Auszahlungsquote der Humangenetiker beruht auch nicht auf Umständen, die die Arztgruppe selbst zu vertreten hat, insbesondere liegt dem keine wesentliche Mengenausweitung zu Grunde. Die Humangenetiker haben im Quartal IV/2017 zwar mit 1.345.701 Euro ein höheres OPW-Honorar angefordert als im Quartal III/2017 mit 1.287.262 Euro und im Quartal II/2017 mit 1.198.341 Euro, aber weniger als im Quartal I/2017 mit 1.494.462 Euro, in welchem die Auszahlungsquote nur knapp über dem Schwellenwert von 15 Prozent lag. Die Ursache der geringen Auszahlungsquote liegt vielmehr maßgeblich in der Höhe des zur Verfügung stehenden Honorartopfes, welche über die Quartale starken Schwankungen unterlag und im Quartal II/2017 deutlich nach oben abwich.
g) Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der mit dem Absinken der Auszahlungsquote der Humangenetiker verbundene Vergütungsausfall im Quartal IV/2017 auf andere Weise kompensiert wird. Insbesondere erfolgte ein solcher Ausgleich nicht bei einer Betrachtung der Auszahlungsquoten im Jahresverlauf.
III. Im Rahmen der bestehenden Reaktionspflicht für das Quartal IV/2017 wird die Beklagte bei der allein ihr obliegenden Beurteilung, wie sie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit auf das Absinken der Auszahlungsquote reagiert (z. Bsp. durch punktuelle Stützungsmaßnahmen oder eine Änderung des HVM durch Einführung einer Quotierungsuntergrenze), zu prüfen haben, ob dem Abfall der Auszahlungsquote im Quartal IV/2017 eine systematische Ursache zugrunde liegt. Die auf der Homepage der Beklagten veröffentlichten Honorarberichte zeigen über die Jahre 2016 bis 2018 ein durchaus auffälliges Muster in den Auszahlungsquoten der Humangenetiker, welche im Quartal IV eines jeden Jahres zwischen 45 und 56 Prozent und demgegenüber im jeweiligen Quartal II zwischen 72 und 87 Prozent lag. Es ist im Rahmen der Beobachtungs- und Reaktionspflicht bei solchen Auffälligkeiten Aufgabe der Beklagten zu prüfen, ob die mit der KBV-Vorgabe zur Bestimmung und Berechnung der Anfangswerte des versorgungsbereichsspezifischen Grundbetrages des „genetischen Labors“ anhand von Aufsatzquartalen erfolgte Typisierung für ihren Zuständigkeitsbereich zutreffend ist. Hierbei wird die Beklagte insbesondere die Entwicklung der Höhe des Honorartopfes im Vergleich zu den angeforderten Leistungen in den Blick zu nehmen haben. Die Daten, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorlagen, deuten darauf hin, dass die Höhe des Honorartopfes nicht mit dem angeforderten Vergütungsvolumen korreliert; so steht zum Beispiel in dem deutlich nach oben ausreißenden Quartal II/2017 dem mit Abstand größten Honorartopf die kleinste Vergütungsanforderung gegenüber. Für die Überprüfung, ob die Typisierung der KBV im Anwendungsbereich der Beklagten zu nicht hinnehmbaren Verwerfungen führt, muss jedoch ein deutlich längerer Zeitraum in den Blick genommen werden als es die Beklagte in ihrer Anwendung der Rechtsprechung des BSG bisher getan hat.
D. Die Kostentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.