Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Der Kläger ist 1978 geboren. Am 16.12.2013 ist er von einem ihm unbekannten, später ermittelten Täter D. auf offener Straße grundlos geschlagen worden und dabei mit der Faust an der Nase getroffen worden; er sei dabei zu Boden gefallen und ist getreten worden; als er sich schützen wollte, habe der Täter den Zeigefinger des Klägers gegriffen und verdreht; als der Kläger geschrien habe, er werde die Polizei rufen, habe der Täter dem Kläger gedroht er bringe ihn um, wenn er dies tue; dabei habe der Täter ein Messer gezogen. Nach dem Angriff ist der Kläger in die Horst Schmidt Klinik in Wiesbaden eingeliefert worden, wo folgende Diagnosen gestellt worden sind: Gehirnerschütterung (Commotio cerebri), nicht dislozierte Nasenbeinfraktur, knöchernder Abriss palmare Platte DIP-Gelenk des linken Zeigefingers, Prellungen der linken Schulter und der Lendenwirbelsäule, Depression, Angst- und Panikstörung und psychosomatisches Schmerzsyndrom (Entlassungsbericht vom 19.12.2013, Bl. 22 d. Verwaltungsakte).
Unter dem 05.03.2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Beschädigtenversorgung beim Beklagten. Zur Begründung trug er vor, als dauerhafte Gesundheitsschäden des verübten Angriffs eine Verletzung der Nase mit eventuell bleibenden Schäden, Verletzung der Hand (Finger), psychische Belastung und Schlafstörungen erlitten zu haben; als Folge dieser Verletzungen sei seine Nasenatmung gestört und er könne seinen Finger nur begrenzt bewegen. Der Beklagte holte daraufhin Befundberichte der HSK Wiesbaden vom 19.12.2013, des Facharztes für Orthopädie Dr. E. vom 20.09.2014, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 29.09.2014 und der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 12.10.2014 ein. Zudem zog er die Akte des Amtsgerichts Idstein bei, aus welcher sich ergab, dass der Täter D. mit Urteil des Gerichts vom 30.06.2014 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden ist; diese ist zu Bewährung ausgesetzt worden (Az.: 9 Ds 5520 Js 12498/14, Bl. 14 f. d. Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 15.12.2014 stellte der Beklagte nach Einholung einer aktenmäßigen Stellungnahme der Dr. H. vom 07.11.2014 fest, dass der Kläger durch die Gewalttat vom 16.12.2013 eine gesundheitliche Schädigung im Sinne des OEG erlitten habe. Als Folge der Schädigung erkannte er eine „Verletzung des linken Zeigefingers mit Bewegungsstörung“ an. Dadurch sei ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von Null verursacht. Ab dem 16.12.2013 hätten als Gesundheitsstörungen eine Commotio cerebri, Nasenbeinfraktur, Prellungen der linken Schulter und der Lendenwirbelsäule vorgelegen, welche innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten folgenlos abgeklungen seien. Eine Anerkennung dieser Gesundheitsstörungen nach dem OEG komme daher nicht in Betracht, jedoch würden dem Kläger die durch diese Gesundheitsstörungen entstandenen Heilbehandlungskosten in entsprechender Anwendung des BVG erstattet. Ein rentenberechtigter GdS von 25 läge nicht vor. Die psychischen Belastungen sowie die Schlafstörungen können nicht als Folgen der Gewalttat anerkannt werden, da sie laut dem eingeholten Befundbericht der Dr. G. bereits seit 2009 vorlägen; eine Verschlechterung aufgrund des Vorfalls vom 16.12.2013 sei nicht belegt.
Dagegen legte der Kläger am 23.12.2014 Widerspruch ein. Er habe durch die erlittenen Verletzungen permanente Schmerzen in der linken Hand und sei in seiner Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. Auch seine psychische Befindlichkeit habe sich seit dem gewalttätigen Überfall erheblich verschlechtert. Häufige Panikattacken, Unruhezustände und massive Schlafstörungen seien insgesamt stärker geworden. Ihm sei deshalb auch ein zusätzliches psychiatrisches Medikament (Cymbalta) verschrieben worden.
Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei und holte Befundberichte der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 08.07.2015 und des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 03.08.2015 ein. Sodann holte er ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 07.10.2016 ein. Dieser stellte nach einer Untersuchung des Klägers fest, dass die bei dem Kläger vorliegenden Erkrankungen ängstlich-vermeidende bzw. asthenische Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägte Somatisierungstendenz in Belastungssituationen und ein schädlicher Gebrauch von Cannabinoiden schädigungsunabhängig seien. Das Vorhandensein einer Traumafolgestörung habe sich bei der Untersuchung nicht verifizieren lassen; sofern in der Vergangenheit eine posttraumatische Belastungsstörung vorgelegen hat – welche inzwischen abgeklungen sei – war sie nicht alleinige Ursache für den derzeitigen Gesundheitszustand. Nach dem Untersuchungsergebnis läge daher kein entschädigungspflichtiger GdS vor. Ob es in der Vergangenheit einen entschädigungspflichtigen GdS zeitnah zu dem Schadensereignis vorgelegen hätte, könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit gesagt werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand hätten schädigungsunabhängige Gesundheitsstörungen überragende Bedeutungen im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schadensereignis. Im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.01.2017 zum zwischenzeitlich eingeholten weiteren Befundbericht der Dr. G. vom 27.11.2016 bestätigte Dr. L. dieses Ergebnis.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Schädigung im Mittelgelenk des linken Zeigefingers bedinge keinen GdS, weil sie nach dem Ergebnis der Begutachtung mit keinen funktionellen Defiziten verbunden sei; die psychischen Beschwerden seien hingegen nicht Folgen der anerkannten Gewalttat. Ausweislich der eigeholten Befundberichte habe sich der Kläger bereits vor dem Gewaltereignis in psychiatrischer ambulanter und stationärer Behandlung wegen einer depressiven Störung, Angststörung, Persönlichkeitsstörung, schädlichen Gebrauch von Cannabis und Abhängigkeit von Benzodiazepinen befunden. Sowohl nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen als auch nach dem Ergebnis der Begutachtung sei es nicht zu einer dauerhaften Verschlimmerung der vorbestehenden Gesundheitsstörungen durch das schädigende Ereignis gekommen.
Am 15.03.2017 hat der Kläger Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, bei ihm sei aufgrund der Verletzung seines linken Zeigefingers ein GdS festzustellen. Zudem seien seine psychischen Beschwerden als Folgen der Tat anzuerkennen: zum Zeitpunkt der Gewalttat habe er keine offenkundigen psychischen Leiden gehabt, vielmehr lag eine erhebliche Stabilität vor; sein Zustand habe sich aufgrund der Gewalttat nicht lediglich verschlechtert, es seien vielmehr neue psychische Leiden hinzugetreten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 05.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass die psychische Störung durch das schädigende Ereignis vom 16.12.2013 verschlimmert worden ist und dem Kläger unter Berücksichtigung der Verletzung des linken Zeigefingers mit Bewegungsstörung und der psychischen Störung eine Beschädigtenversorgung nach einem GdS in Höhe von 30 zu gewähren ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Feststellung eines GdS aufgrund der Verletzung des linken Zeigefingers lägen nicht vor. Eine schädigungsabhängige psychische Erkrankung läge ebenfalls nicht vor. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ebenso wie auf die Stellungnahmen seiner sozialmedizinischen Beraterin Dr. J. vom 27.09.2017, 16.06.2018, 17.12.2018 und 06.05.2020.
Die Kammer hat zur weiteren Sachverhaltsermittlung Befundberichte des Facharztes für Orthopädie Dr. M. vom 26.06.2017, der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. vom 25.06.2017, der Fachärztin für Neurologie Dr. N. vom 23.06.2017, der Diplom-Psychologin Dr. Q. vom 05.07.2017, der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 27.07.2017, der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie vom 26.01.2020, des St. Josefs-Hospitals Wiesbaden vom 21.02.2020 und der Helios Klinik Idstein vom 28.02.2022 eingeholt. Sodann ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 02.02.2021 sowie einer ergänzenden Stellungnahme der Ärztin vom 19.01.2022. Bezüglich des Inhalts des Gutachtens wird auf Bl. 334-367 und 396-399 der Gerichtsakte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte, die der Kammer bei der Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem OEG wegen der Gewalttat vom 16.12.2013.
Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), § 1 Abs. 1 S. 1 OEG. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG).
Nach § 30 Abs. 1 S. 1 BVG ist der Grad der Schädigungsfolgen nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2018, Az.: L 6 VG 3905/17, Rn. 34 und Urteil vom 18.12.2014, Az.: L 6 VS 413/13, Rn. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2). Maßstab für die Bewertung der Höhe des GdS bildet die aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassene Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412). Die in der Anlage zu § 2 zu VersMedV vom 10.12.2008 festgeschriebenen versorgungsmedizinischen Grundsätze stellen die Rechtsnorm dar, die für die Feststellung des GdS verbindlich ist.
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragstellenden, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüberhinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 128 Rn. 3b). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2010, Az.: B 11 AL 35/09 R, Rn. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.12.2014, Az.: B 9 V 6/13 R, Rn. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches“ Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B). Weil vorliegend das schädigende Ereignis in Form des Angriffs vom 16.12.2013 bereits feststeht, kommt es auf diesen Beweismaßstab nicht weiter an.
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Der Kläger hat zwar eine Schädigung des linken Zeigefingers mit Bewegungsstörung infolge des vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs vom 16.12.2013 erlitten; es ist jedoch nicht zur Überzeugung der Kammer dargelegt worden, dass diese Schädigung einen Mindest-GdS von 10 bedingt. Zudem ist ein Ursachenzusammenhang zwischen dem anerkannten tätlichen Angriff vom 16.12.2013 und den psychischen Erkrankungen des Klägers nicht wahrscheinlich.
Der Kläger leidet unter eingeschränkter Beugefähigkeit des linken Zeigefingers und Schmerzen (Befundbericht Dr. E. vom 20.09.2014). Gemäß Teil B Ziff. 18.13 VersMedV wird die Versteifung eines Fingers in günstiger Stellung mit einem Einzel-GdS von 0 bis 10, der Verlust eines Fingers mit einem Einzel-GdS von 10 bewertet. Eine GdS-relevante Einschränkung ergibt sich nach diesen Vorgaben nicht.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den psychischen Leiden des Klägers und dem tätlichen Angriff vom 16.12.2013 ist nach Überzeugung der Kammer nicht wahrscheinlich. Die Kammer stützt sich dabei auf die eingeholten Befundberichte, die medizinischen Unterlagen der Verwaltungsakte sowie auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 02.02.2021 mit der ergänzenden Stellungnahme vom 19.01.2022.
Der Kläger leidet ausweislich des Gutachtens der Sachverständigen Dr. S. unter einer psychischen Störung mit depressiven- und Angstanteilen, einer Cannabis- und Benzodiazepinabhängigkeit und einer erheblichen Persönlichkeitsstörung (S. 30 des Gutachtens). Keine dieser Störungen kann nach Ansicht der Sachverständigen auf den geltend gemachten Angriff zurückgeführt werden: bei dem Kläger besteht ein komplexes psychisches Bild, das bereits 2001 zum Rückzug aus dem Arbeitsleben und 2009 zum Beginn der psychiatrischen Behandlung geführt hat (S. 30 des Gutachtens). Auch eine Verschlimmerung der psychischen Leiden durch den Angriff lässt sich nach Ausführungen der Sachverständigen nicht beweisen: im Rahmen der Begutachtung ließ sich kein eigentliches Ereigniszentrum ausmachen, in dem es zu einer Verschlechterung der psychischen Symptomatik im Zusammenhang mit dem Ereignis gekommen wäre (S. 29 des Gutachtens).
Im Rahmen der Begutachtung berichtete der Kläger über Gewalterfahrungen in der Kindheit, diese sind auch dem Befundbericht der Dr. G. vom 25.06.2017 zu entnehmen; zusätzlich wird als belastendes Ereignis der Tod des Vaters des Klägers im Jahre 2001 genannt, seit welchem der Kläger depressiv und ängstlich sei (Dr. G. im Befundbericht vom 12.10.2014). Die Sachverständige sieht darin eine Vielzahl von Ursachen, die konkurrierend nebeneinanderstehen und für die psychische Symptomatik verantwortlich sind. Daraus leitet sie eine fehlende Ursächlichkeit zwischen den aktuellen psychischen Beschwerden und dem Angriff vom 16.12.2013 ab (S. 29 d. Gutachtens). Diesen schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen folgt die Kammer uneingeschränkt. Die Sachverständige konnte auch anhand der vorgenommen Untersuchung des Klägers keine vorübergehende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes aufgrund des anerkannten Angriffs im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung ausmachen (S. 30-31 des Gutachtens). Eine posttraumatische Symptomatik konnte bei dem Kläger weder im zeitlichen Zusammenhang mit dem Angriff noch im Beschwerdevortrag ausgemacht werden (ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 19.01.2022, S. 3). Damit wird auch das Ergebnis des durch den Beklagten bei Dr. L. eingeholten Gutachtens vom 07.10.2016 bestätigt.
Die Gewährung einer Beschädigtenrente scheidet damit aus. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.