Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11 382,26 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I
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Die Beteiligten streiten über die weitere Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung und in diesem Zusammenhang über die Kodierung des Operationen und Prozedurenschlüssels (OPS) 898f (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]).
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Die Klägerin behandelte in einem von ihr betriebenen Krankenhaus einen Versicherten der beklagten Krankenkasse vom 18.9. bis 10.10.2019 vollstationär und intensivmedizinisch wegen einer Herzerkrankung. Sie stellte der Beklagten dafür unter Kodierung des OPS 898f die Fallpauschale DRG (Diagnosis Related Group) F36A mit 74 894,49 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung und verrechnete nach Durchführung einer Abrechnungsprüfung 11 382,26 Euro mit einer anderen, unstreitigen Vergütungsforderung der Klägerin. Ein Mindestmerkmal des OPS 898f, nämlich eine tägliche Visite durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin", sei für den Behandlungstag des 28.9.2019 nicht dokumentiert. Es könne daher nur OPS 8980 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]) zur Anwendung kommen. Das SG hat die Beklagte zur Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 18.8.2022). Das LSG hat das SGUrteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Angesichts der fehlenden Intensivmediziner-Visite am 28.9.2019 komme der Ansatz des OPS 898f.31 vorliegend nicht in Betracht. Das von OPS 898f geforderte Mindestmerkmal "täglich mindestens eine Visite" sei bei wortlautgetreuer Auslegung nicht erfüllt, wenn innerhalb des Behandlungszeitraums an einem einzigen Tag keine Intensivmediziner-Visite durchgeführt worden sei. Eine systematische Auslegung gelange zu keinem anderen Ergebnis. Dafür spreche auch der systematisch-teleologische Vergleich der unterschiedlichen Mindestmerkmale der beiden OPS (898f und 8980). Der von der Klägerin herangezogene Vergleich mit OPS 8918 (Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie) führe wegen des abweichenden strukturellen Aufbaus und der unterschiedlichen medizinischen Zielsetzungen nicht weiter (Urteil vom 25.7.2024).
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Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSGUrteil.
II
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Die Beschwerde, mit der die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) rügt, ist jedenfalls unbegründet.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (stRspr; vgl zB BSG vom 19.3.2020 B 1 KR 89/18 B SozR 42500 § 291 Nr 3 RdNr 4). Hieran fehlt es.
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Die Klägerin formuliert folgende Fragen:
"a) Verliert eine aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung im Sinne des OPS 898f. ihr Gepräge als Komplexbehandlung, wenn zwar die vom Wortlaut des OPS geforderten Aufwandspunkte unstreitig erfüllt sind, jedoch das Mindestmerkmal ?Ein Facharzt mit der Zusatzweiterbildung ?Intensivmedizin? (die Behandlungsleitung oder ein anderer Facharzt mit der Zusatzweiterbildung ?Intensivmedizin?) muss täglich mindestens eine Visite durchführen? an einem Behandlungstag nicht erfüllt ist?
b) Müssen die Mindestmerkmale des OPS 898f. für die Kodierbarkeit durchgehend erfüllt sein oder kann für die Kodierung ein Belegtag außer Acht gelassen werden, an dem unstreitig ein Mindestmerkmal nicht erfüllt wurde, wenn im Übrigen sämtliche, für die Kodierung notwendigen Parameter vorliegen? Bringt das Fehlen eines Mindestmerkmals an einem Tag die Ansatzfähigkeit des gesamten OPS zu Fall?
c) Darf im Rahmen der Kodierung des OPS 898f. eine Sequenzierung in Teilzeiträume vorgenommen werden oder ist stets eine durchgehende, einheitliche Behandlung auf der Intensivstation zu fordern?"
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Diese Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung.
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1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage erwächst daraus, dass ihre Klärung nicht nur für den Einzelfall, sondern im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung erforderlich ist (vgl BSG vom 7.10.2005 B 1 KR 107/04 B SozR 41500 § 160a Nr 9 RdNr 7 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine Rechtsnorm, bei der es sich wie hier (OPS 2019) um ausgelaufenes Recht handelt, deshalb regelmäßig nicht von grundsätzlicher Bedeutung (vgl BSG vom 15.3.2012 B 3 KR 13/11 R BSGE 110, 222 = SozR 42500 § 116b Nr 3, RdNr 17). Im Falle des DRG-basierten Vergütungssystems kommt hinzu, dass es vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG; siehe ferner § 17b Abs 7 Satz 1 Nr 1 und 2 KHG) und damit als ein "lernendes" System angelegt ist. Bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen sind in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.11.2010 B 3 KR 4/10 R BSGE 107, 140 = SozR 42500 § 109 Nr 21, RdNr 18). Dieser Anpassungsmechanismus betrifft auch die Begriffsbestimmungen im OPS (vgl dazu BSG vom 19.7.2012 B 1 KR 65/11 B SozR 41500 § 160a Nr 32 RdNr 11 f).
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Hieraus hat der Senat konkrete Voraussetzungen für die grundsätzliche Bedeutung von Kodier und Abrechnungsbestimmungen abgeleitet (vgl hierzu ausführlich BSG vom 19.7.2012 B 1 KR 65/11 B SozR 41500 § 160a Nr 32 RdNr 10 ff mwN; ferner ua BSG vom 12.8.2020 B 1 KR 46/19 B juris RdNr 7 f; BSG vom 12.10.2024 B 1 KR 74/23 B juris RdNr 10). In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits auf die seit dem 1.1.2020 geltende Regelung des § 19 KHG über den Schlichtungsausschuss auf Bundesebene hingewiesen (eingefügt durch Art 3 Nr 3 des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen <MDKReformgesetz> vom 14.12.2019, BGBl I 2789; vgl zB BSG vom 11.3.2022 B 1 KR 113/21 B juris RdNr 7; BSG vom 12.7.2022 B 1 KR 40/21 B juris RdNr 10; zuletzt BSG vom 27.11.2024 B 1 KR 72/23 B juris RdNr 17, zu einem Behandlungsfall aus dem Jahr 2013). Diese Regelung bietet (unter anderem) sämtlichen Krankenhäusern und Krankenkassen die Möglichkeit, Kodier und Abrechnungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Zukunft verbindlich klären zu lassen (zur zeitlichen Anwendbarkeit der Entscheidungen des Schlichtungsausschusses vgl § 19 Abs 4 Satz 3 KHG und dazu BSG vom 22.6.2022 B 1 KR 31/21 R BSGE 134, 193 = SozR 45560 § 19 Nr 1, RdNr 22 ff).
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Der Schlichtungsausschuss hat seine Entscheidungen innerhalb von acht Wochen nach Anrufung zu treffen (§ 19 Abs 4 Satz 1 KHG). Durch die in § 19 Abs 4 Satz 2 KHG angeordnete Berücksichtigung der Stellungnahmen des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist gewährleistet, dass zum einen bei der Entscheidung des Schlichtungsausschusses die speziellen Kenntnisse dieser Institute aus der Entwicklung des DRG-Vergütungssystems einerseits und der Entwicklung der medizinischen Klassifikationen andererseits genutzt werden, und dass zum anderen die Klärung grundsätzlich bedeutsamer Kodier und Abrechnungsfragen mit der Weiterentwicklung des Vergütungssystems und der medizinischen Klassifikationen harmonisiert werden (vgl BTDrucks 17/13947 S 39, zu § 17c Abs 3 KHG aF). Die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses sind zu veröffentlichen und gelten als Kodierregeln (§ 19 Abs 6 KHG). Als solche entfalten sie anders als gerichtliche Entscheidungen in einem einzelnen Abrechnungsstreit auch gegenüber den nicht an dem jeweiligen Verfahren beteiligten Personen und Institutionen normative Wirkung (vgl BTDrucks 19/13397 S 93; BSG vom 22.6.2022 B 1 KR 31/21 R BSGE 134, 193 = SozR 45560 § 19 Nr 1, RdNr 28; zur normativen Wirkung der DKR vgl BSG vom 8.11.2011 B 1 KR 8/11 R BSGE 109, 236 = SozR 45560 § 17b Nr 2, RdNr 17 f). Die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses sind für die Einrichtungen, die ihn angerufen haben mit Ausnahme des Bundesministeriums für Gesundheit gerichtlich überprüfbar (§ 19 Abs 7 KHG). Dabei ist mit der in § 29 Abs 4 Nr 3 SGG angeordneten erstinstanzlichen Zuständigkeit des LSG Berlin-Brandenburg eine Bündelung der fachlichen Kompetenz und die Möglichkeit einer zeitnahen höchstrichterlichen Klärung in besonderer Weise gewährleistet.
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Die Anrufung des Schlichtungsausschusses stellt insofern ein vom Gesetzgeber speziell für diese Zwecke geschaffenes Verfahren dar, das es (auch) einzelnen Krankenhäusern und Krankenkassen ermöglicht, Kodier und Abrechnungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung unter Beteiligung der für die Regelungen verantwortlichen Institutionen schnell und verbindlich ggf auch gerichtlich klären zu lassen.
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Vor diesem Hintergrund besteht in einem einzelnen Abrechnungsstreit ein höchstrichterlicher Klärungsbedarf in Bezug auf die von § 19 KHG erfassten Kodier und Abrechnungsfragen im Regelfall nur noch dann, wenn eine Klärung der konkreten Frage durch den Schlichtungsausschuss auf Bundesebene nicht möglich oder trotz ordnungsgemäßer Anrufung nicht erfolgt ist. Dies ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde darzulegen.
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Darüber hinaus kann sich eine grundsätzliche Bedeutung auch ohne Einleitung eines Verfahrens nach § 19 KHG nach wie vor daraus ergeben, dass der Auslegungsstreit über eine Einzelvorschrift eine strukturelle Frage des Vergütungssystems betrifft, deren Beantwortung ungeachtet der Fortgeltung der konkret betroffenen Vorschrift über die inhaltliche Bestimmung der Einzelvorschrift hinaus für das Vergütungssystem als Ganzes oder für einzelne Teile zukünftig von struktureller Bedeutung ist (vgl BSG vom 19.7.2012 B 1 KR 65/11 B SozR 41500 § 160a Nr 32 RdNr 15).
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Dem steht nicht entgegen, dass der Schlichtungsausschuss nach § 19 Abs 2 KHG Kodier und Abrechnungsfragen nur dann verbindlich zu klären hat, wenn sie von grundsätzlicher Bedeutung sind. Das Schlichtungsverfahren ist nicht ein bloßes Instrument zur Auslegung insbesondere eines Tatbestandsmerkmals des Vergütungsanspruchs (vgl dazu BSG vom 8.11.2011 B 1 KR 8/11 R BSGE 109, 236 = SozR 45560 § 17b Nr 2, RdNr 20, 27; zur OPSAuslegung vgl BSG vom 8.10.2019 B 1 KR 35/18 R SozR 45562 § 9 Nr 14 RdNr 13) in Gestalt eines OPS oder ICD10GM-Kodes, sondern auch ein Instrument zur Fortentwicklung des Vergütungssystems. So führt der Ausschuss für Gesundheit in seiner Begründung zu § 17c Abs 3 Satz 2 KHG in der Fassung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013 (BGBl I 2423) aus (BTDrucks 17/13947 S 39): "Durch die damit verbundene Weiterentwicklung einzelner systemgestaltender Elemente kann zugleich der Umfang streitbehafteter Fragen nachhaltig vermindert werden. Dem Grundsatz der lernenden Systementwicklung wird dadurch Rechnung getragen". § 17c Abs 3 Satz 2 KHG in der vorgenannten Fassung entspricht § 19 Abs 2 KHG (vgl BTDrucks 19/13397 S 91). Danach kann sich eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 19 Abs 2 KHG zum Beispiel auch aus einem einzelnen OPS-Kode ergeben, der ökonomisch und/oder medizinisch eine erhebliche Bedeutung hat, ohne zugleich eine strukturelle Bedeutung im oben dargestellten Sinne zu haben. Demgegenüber ist eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auch dann zu verneinen, wenn eine Vielzahl an Verfahren von der Auslegung betroffen ist.
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Hingegen kann sich die grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG weiterhin daraus ergeben, dass die Fragen nicht auch aufgrund medizinischen Sachverstands und/oder der Kenntnis von Bewertungsrelationen im Abrechnungsgefüge (vgl dazu § 19 Abs 1 Satz 3 KHG) zu beantworten und die damit aufgeworfenen Probleme im Vergütungssystem ggf auch lernend fortzuentwickeln sind, sondern die Antworten auf die strukturellen Fragen unter Anwendung der für die enge Auslegung von Vergütungstatbeständen entwickelten juristischen Methodik (vgl zur OPSAuslegung im vorliegenden thematischen Zusammenhang aufgrund einer vom LSG zugelassenen Revision BSG vom 25.6.2024 B 1 KR 20/23 R juris RdNr 15 ff; vgl demgegenüber die wegen einer Strukturfrage erfolgte Zulassung durch den Senat im Verfahren B 1 KR 28/24 R, Vorinstanz LSG Niedersachsen-Bremen vom 16.6.2023 L 16/4 KR 38/20) gefunden werden können. Dies ist in der Beschwerdebegründung darzulegen.
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Ferner ist eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auch dann anzunehmen, wenn eine uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung bei einer Vielzahl noch zu entscheidender gleichgelagerter Rechtsstreite besteht (vgl BSG vom 24.4.2024 B 1 KR 84/23 B juris RdNr 9, dort noch als bloße Erwägung formuliert).
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2. Die von der Klägerin formulierten Rechtsfragen haben danach keine grundsätzliche Bedeutung. Sie betreffen allein die Auslegung des OPS 898f und werfen keine darüber hinausgehenden strukturellen Fragen des Vergütungssystems auf. Allein die Umstände, dass sich in anderen Komplexkodes gleich oder ähnlich lautende Bestimmungen finden und dass im Rahmen der Auslegung von Vergütungsbestimmungen ergänzend auch systematische Auslegungserwägungen herangezogen werden können, genügen hierfür nicht.
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Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind vielmehr gerade solche, die auf eine Fortentwicklung dieses Vergütungsbestandteils angelegt sind, indem sie letztlich auf eine andere Bewertung des geleisteten Aufwands abzielen. Sie fallen damit (auch) in die Zuständigkeit des Schlichtungsausschusses.
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Dass eine Klärung der Fragen durch den Schlichtungsausschuss auf Bundesebene nicht möglich oder trotz ordnungsgemäßer Anrufung nicht erfolgt ist, ist ebenso wenig dargelegt und ersichtlich wie eine uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung hierzu bei einer Vielzahl noch zu entscheidender Behandlungsfälle.
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3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.