L 4 SO 38/25

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 6 SO 41/24
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 38/25
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten einer Räumungsklage auf Grundlage der §§ 35 SGB XII (Bedarfe für Unterkunft und Heizung) und 36 SGB XII (Sonstige Hilfen zur Sicherung der Unterkunft) vom Sozialhilfeträger übernommen oder erstattet werden können. 


Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 17. März 2025 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten eines mietrechtlichen Rechtsstreites bei dem Amtsgericht Kassel i.H.v. 1.270,85 €.

Der 1953 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) von der Beklagten.

Die Vermieter des Klägers, C. und D. B., teilten der Beklagten mit Schreiben vom 3. Januar 2022 u.a. mit, dass sie zum 1. Januar 2021 die an den Kläger vermietete Wohnung erworben und zum 1. Dezember 2021 gegenüber diesem eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen hätten. Mit Schreiben vom 27. Januar 2022 bat die Beklagte den Kläger um Mitteilung bezüglich des aktuellen Sachstandes der Eigenbedarfskündigung. Der Kläger wies mit Schreiben vom 8. Februar 2022 darauf hin, dass die Vermieter die Eigenbedarfskündigung nicht zurückgenommen hätten und er sich gegen die eingereichte Räumungsklage im „Rechtsverfahren“ wehre. Unter dem 8. April 2022 erbat der Kläger von der Beklagten die Zusendung der Rahmenvereinbarung der Stadt Kassel mit dem Mieterbund H. e.V. zur Mieterberatung bzw. Mieterschutz sowie um eine Kostenübernahme bezüglich einer Mitgliedschaft. Die Beklagte stellte dem Kläger mit Schreiben vom 12. April 2022 ein Schreiben an den Mieterbund H. e.V. zur Verfügung, das die Übernahme des Beitrages und die Aufnahmegebühr ausweist.

Mit Schreiben vom 25. April 2022 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass ihm nach richterlicher, erstinstanzlicher Entscheidung eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli 2022 gesetzt worden sei. Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger eine Kündigung wegen Eigenbedarfs durch die Eheleute B. vom 24. Februar 2021 zum 30. November 2021 und das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. April 2022 (Az.: 451 C 3862/21) vor. Danach wurde der Kläger verurteilt, die Wohnung B-Straße, A-Stadt, 4. Obergeschoss rechts (von der Straße aus gesehen), bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Balkon, Kellerraum, Dachboden, zu räumen, an die Kläger (Eheleute B.) herauszugeben und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dem Kläger wurde im Rahmen der Entscheidung des Amtsgerichts eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli 2022 gewährt. Prozesskostenhilfe beantragte der Kläger in dem Verfahren auf Räumung vor dem Amtsgericht Kassel nicht. Unter dem 26. Juli 2022 übersandte der Kläger der Beklagten ein Schreiben vom 26. Juli 2022 an die Eheleute B., wonach er in der Wohnung verbleibe, da es schwierig sei, trotz intensiver Bemühungen in A-Stadt eine Wohnung zu finden. Mietzahlungen werde er weiterhin leisten. Die Beklagte bewilligte dem Kläger weiterhin die Kosten der Unterkunft, Bescheid vom 4. August 2022 (Bl. 80 der Verwaltungsakte der Beklagten – VA –). Dem Verfahren auf Räumung schloss sich ein Zwangsvollstreckungsverfahren an (zwangsweise Räumung der Wohnung, vgl. Bl. 422 der VA).

Das Amtsgericht Kassel setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. September 2022 fest, dass von dem Kläger auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Amtsgerichts Kassel vom 7. April 2022 von diesem Kosten i.H.v. 1.270,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. August 2022 an die Eheleute B. zu erstatten sind. 

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 11. Oktober 2022 wurde Frau Rechtsanwältin E. auf den Antrag des Klägers als Betreuerin des Klägers für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Rechts-/Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt.

Die Betreuerin des Klägers übersandte mit E-Mail vom 26. Oktober 2022 den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Kassel vom 7. September 2022 an die Beklagte. Unter dem 27. Oktober 2022 schloss der Kläger mit der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel ab dem 15. November 2022 einen Mietvertrag über eine Wohnung in der A-Straße in A-Stadt (Bl. 154 der VA). Mit Bescheid vom 3. November 2022 bewilligte die Beklagte dem Kläger einmalige Bedarfe in Form der Erstausstattung Hausrat und Küche i.H.v. 458,00 € und mit Bescheid vom 14. November 2022 Umzugskosten i.H.v. 1.309,00 €.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 16. Dezember 2022 hob dieses die Betreuung des Klägers auf. 

Den Antrag des Klägers vom 17. November 2023 auf Erstattung der Kosten des Vollstreckungsverfahrens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2023 ab. Den Widerspruch des Klägers hiergegen mit Schreiben vom 14. Dezember 2023 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2024 zurück.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2023 beantragte der Kläger die Erstattung der Verfahrenskosten aus der Eigenbedarfskündigung i.H.v. 1.270,85 € bei der Beklagten (Bl. 559 der Widerspruchsakte der Beklagten). Zur Begründung wies er darauf hin, dass er leider aus verschiedenen, gesellschaftlich verursacht und bekannten Gründen, u. a. erheblichsten Coronaeinschränkungen, erheblichem Wohnungsmangel, Zuwanderungen und erheblichsten bürokratischen, entwürdigenden, unzumutbaren Belastungen, Hemmnissen und Mangeleinschränkungen keine Wohnung habe finden können. Die gesellschaftlichen Mängel, Unzulänglichkeiten und Unterlassungen seien von ihm nicht verursacht und ihm auch nicht - individuell - anzulasten. Seinem Antrag fügte er einen Überweisungsnachweis der beantragten Summe an den Prozessbevollmächtigten der Eheleute B. vom 31. Oktober 2022 bei. Mit Bescheid vom 8. März 2024 lehnte die Beklagte eine Erstattung der Kosten aus dem Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 7. September 2022 ab. Eine rechtliche Grundlage sei für den geltend gemachten Anspruch nicht erkennbar. Den Widerspruch des Klägers hiergegen vom 2. April 2024 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2024 zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2024 hat der Kläger am 31. Mai 2024 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben. Die ihm durch das rücksichtslose Verhalten der Vermieter entstandenen Kosten seien ihm nicht anzulasten. Es bestünden gesellschaftliche Mängel (fehlender Wohnraum etc.). Er sei 36 Jahre in der Wohnung gewesen und die Vermieter seien ausschließlich geschäftstüchtig vorgegangen, sodass ein Gerichtsverfahren unvermeidlich gewesen sei. Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht komme, festgehalten. Der Kläger hätte im Verfahren vor dem Amtsgericht Kassel Prozesskostenhilfe beantragen können, was er nicht getan habe. Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2025 die Klage abgewiesen. In dem Gerichtsbescheid vom 17. März 2025 führt das Sozialgericht u.a. zur Begründung aus:

„Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers ist davon auszugehen, dass dieser die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 08.03.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2024 und die Verurteilung der Beklagten begehrt, dem Kläger die mit Beschluss vom 07.09.2022 festgesetzten und von ihm gezahlten Kosten eines mietrechtlichen Rechtsstreits bei dem Amtsgericht Kassel in Höhe von 1.270,85 € zu ersetzen. Da das Gericht gemäß § 123 SGG über die von dem Kläger erhobenen Ansprüche unter Bindung an das Klagebegehren entscheidet, ist der Antrag des Klägers in diesem Sinne auszulegen.
Derart ausgelegt ist die zulässige Klage unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Die auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts und auf eine Leistung, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht, gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Var. 1, Abs. 4 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 08.03.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2024 ist nicht rechtswidrig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt.
Das Gericht folgt der Begründung der Verwaltungsentscheidung, § 136 Abs. 3 SGG. Ergänzend wird ausgeführt, dass sich der Kläger gegen eine Ablehnung der Prozesskostenhilfe bei dem Amtsgericht Kassel hätte zur Wehr setzen können und müssen.“

Der Kläger hat gegen den am 19. März 2025 zugestellten Gerichtsbescheid am 31. März 2025 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er rüge die „Verletzung formalen, sachlichen und materiellen, sozialen Rechts“. Die sozialen Entlastungs-, Übernahme- und Erstattungsvoraussetzungen lägen vor. Es habe eine manipulativ, vertragswidrig betriebene und erzwungene Erwerber-Anlageeigenbedarfskündigung vorgelegen. Er sei als mittellose Person nicht verantwortlich zu machen für den gesellschaftlich bedingten und dadurch verursachten Kauf- und Verkauf bzw. den „gemachten Mangel an Wohnungen und sozialwidrigen Verklärungen und Belastungen“.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 17. März 2025 und den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2024 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die mit Beschluss vom 7. September 2022 festgesetzten und von ihm gezahlten Kosten eines mietrechtlichen Rechtsstreits bei dem Amtsgericht Kassel in Höhe von 1.270,85 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat im Rahmen des Erörterungstermins am 30. Juni 2025 Beweis erhoben durch die Anhörung des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.


Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. August 2025 verhandeln und eine Sachentscheidung treffen. Der Kläger hat mit der Terminsmitteilung vom 21. Juli 2025 ordnungsgemäße Mitteilung vom Termin erhalten und ist darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann, § 110 Sozialgerichtsgesetz – SGG - (vgl. hierzu auch: Bergner in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, Stand: 15. Juni 2022, § 126 SGG, Rdnr. 18). Mit Schreiben vom 10. August 2025 hat der Kläger zudem darauf hingewiesen, dass er von seiner „persönlichen Anwesenheitsfreistellung“ Gebrauch mache.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2025 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2024 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Räumungsklage i.H.v. 1.270,85 € gegenüber der Beklagten.

Als Rechtsgrundlage für eine Erstattung der Kosten der Räumungsklage als Bedarf in dem Monat, in dem sie angefallen sind, kommt § 35 Abs. 1 SGB XII hier nicht in Betracht. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind, § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII.

Zunächst ist festzustellen, dass die Abgrenzung, ob Schulden im Sinne des § 36 SGB XII vorliegen oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i. S. d. § 35 Abs. 1 SGB XII geltend gemacht werden, unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung nach dem Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB XII zu beurteilen ist. Es ist deshalb danach zu unterscheiden, ob es sich um einen während der Hilfebedürftigkeit eingetretenen und noch nicht gedeckten Bedarf handelt oder ob der Bedarf in der Vergangenheit bereits von der Beklagten gedeckt war und Forderungen aufgrund eines pflichtwidrigen Verhaltens bestehen, die ausgeglichen werden sollen (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 8 SO 24/12 R, zitiert nach juris Rdnr. 21; Bundessozialgericht, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 38; Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, Kommentar, 4. Auflage, Stand: 7. Juni 2024, § 36 SGB XII Rdnr. 24).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es zwar durchaus denkbar, dass die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten Unterkunftskosten nach § 35 Abs. 1 SGB XII darstellen, etwa wenn ein Leistungsträger angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höher oder verspätet geleistet hat und es dadurch zur Räumungsklage betreffend die angemessene Unterkunft gekommen ist (vgl. insoweit Bundessozialgericht, Urteile vom 24. November 2011, B 14 AS 15/11 R, zitiert nach juris Rdnr. 13, wonach Kosten eines Zivilverfahrens als Annex zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II - ggf. zu tragen sind und vom 17. Juni 2010, B 14 AS 58/09 R, zitiert nach juris Rdnr. 34; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2017, L 9 AS 1742/14, zitiert nach juris; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juni 2021, L 8 SO 50/18, zitiert nach juris Rdnr. 24; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Februar 2022, L 32 AS 139/22 B ER WA).

So liegt es hier gerade nicht.

Hat ein Leistungsträger zunächst seine Leistungen im vollen Umfang erbracht und sind trotzdem berechtigte Ansprüche des Vermieters gegeben oder nachträglich entstanden, so lässt dies keinen neuen Anspruch auf Leistungen nach § 35 Abs. 1 SGB XII entstehen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 58/09 R, zitiert nach juris Rdnr. 18), sondern es kann sich insoweit allenfalls um Schulden handeln, die dann nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 36 SGB XII übernommen werden können. Vorliegend hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 35 Abs. 1 SGB XII in Höhe der tatsächlichen Miete durchgehend erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Ein Anspruch auf Erstattung der von dem Kläger am 31. Oktober 2022 beglichenen Kosten der Räumungsklage kann zudem nicht auf § 36 SGB XII gestützt werden. 

Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist, § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Sie sollen dabei übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht, § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Grundsätzlich können Kosten einer Räumungsklage als Mietschulden zu übernehmen sein (vgl. hierzu: Löcken, a.a.O., § 36 SGB XII Rdnr. 36 m.w.N.). Eine Schuldenübernahme im Bereich des § 36 Abs. 1 SGB XII setzt jedoch voraus, dass die Schulden nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus Einkommen und Vermögen, beglichen werden können und deren Übernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Zur Prüfung der Notwendigkeit einer Schuldübernahme muss festgestellt werden, ob der Betroffene im Rahmen seiner Mitwirkungs- und Selbsthilfeverpflichtung in der Lage ist, die Notlage in anderer Weise, insbesondere aus eigenen Kräften und Mitteln zu beseitigen. Entscheidende Voraussetzung für die Anwendung der Norm ist zudem, dass Schulden die aktuelle Unterkunft konkret gefährden und durch die Übernahme von Schulden der notwendige Bedarf an Unterkunft auch tatsächlich gesichert werden kann (Löcken, a.a.O., § 36 SGB XII Rdnr. 19; Falterbaum in: Hauck/Noftz SGB XII, Kommentar, 5. Ergänzungslieferung 2025, § 36 Rdnrn. 13, 21). 

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Bei dem Kläger liegen keine Schulden i.S. der Norm vor. Der Kläger hat die Kosten der Räumungsklage wegen Eigenbedarfs vor der Antragstellung auf Erstattung/Übernahme bei der Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 am 31. Oktober 2022 selbst beglichen. Dass er hierfür aus eigenen Kräften und Mitteln nicht in der Lage gewesen sei und wegen einer mangelnden Leistungsfähigkeit etwa Leistungen Dritter zur Finanzierung in Anspruch nehmen musste, hat der Kläger im gesamten Verfahren weder vorgetragen noch finden sich hierfür in den Aktenvorgängen Anhaltspunkte. Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden entfällt zudem „ersatzlos“, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung, wie vorliegend zum 15. November 2022, in der Folge aufgegeben wird und das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden – der Erhalt der Wohnung – schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Für eine Übernahme von Schulden nach § 36 SGB XII lediglich unter dem Aspekt einer finanziellen Restitution ist kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
 

Rechtskraft
Aus
Saved