Die Wiederaufnahmeklage des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich im Wege der Wiederaufnahmeklage gegen ein rechtskräftiges Urteil des Senats (L 4 SO 220/19). In diesem Verfahren begehrte der Kläger die Feststellung, dass die von der Beklagten durchgeführte Anhörung zur Aufhebung einer stationären Maßnahme nach §§ 67, 68 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) rechtswidrig war, sowie die Verpflichtung der Beklagten, ihm ein konkretes und qualifiziertes Hilfeangebot im Rahmen dieser Leistungen zu unterbreiten. Im Wege der Klageerweiterung begehrte er weiter die Feststellung, dass seine bisherige Unterbringung nebst allen Gebühren- und Kostenforderungen des Beklagten, durch den Gegner menschenunwürdig und rechtswidrig waren. Die Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main wies der Senat mit Urteil vom 27. April 2022 zurück.
Mit der am 24. November 2023 eingegangenen Wiederaufnahmeklage macht der Kläger geltend, das Urteil vom 27. April 2022 sei erkennbar haltlos. Es habe nicht wirksam öffentlich zugestellt werden können, die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung hätten nicht vorgelegen. Es fehlten jegliche Versuche des Gerichts, seine ladungsfähige Anschrift zu ermitteln. Der Zugang der Ladung sei nicht dargetan. Die Ladung und die Entscheidung seien nicht zugestellt worden. Die öffentlich zugestellten Schriftstücke hätten ihm mit einfachem Brief zur Kenntnis gegeben werden müssen. Gründe eines Prozessurteils gälten generell nicht als geschrieben. Die Bedürftigkeit i. S. v. §§ 67 f SGB XII entfalle erst mit dem Wegfall der besonderen Lebenslage. Eine erst nach Klageerhebung eingetretene Obdachlosigkeit habe für das Verfahren keine Relevanz, selbstverständlich könne auch ein Obdachloser klagen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Senats vom 27. April 2022 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2019 aufzuheben und
1. festzustellen, dass die Androhung der Beklagten, die stationäre Maßnahme in der stationären Einrichtung C. Diakoniezentrum/Haus der Diakonie, B-Straße in B-Stadt aufzuheben, rechtswidrig war und die Beklagte zu verpflichten, ihm im Rahmen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ein konkretes Hilfsangebot zu unterbreiten;
2. im Wege der Klageerweiterung, festzustellen, dass seine bisherige Unterbringung nebst allen Gebühren- und Kostenforderungen des Beklagten, durch den Gegner menschenunwürdig und rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Wiederaufnahmeklage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zur Frage einer Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter gehört worden.
Gründe
Der Senat konnte gemäß § 179 Abs. 1 i. V. m. § 158 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Wiederaufnahmeklage durch Beschluss der Berufsrichter ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verwerfen. Da das Wiederaufnahmeverfahren nichts anderes als die Fortsetzung des abgeschlossenen Verfahrens bezweckt, entspricht es der gesetzgeberischen Zielrichtung, über einen unzulässigen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in der Berufungsinstanz ebenfalls in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und ohne Zuziehung von ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, wie es § 158 Satz 2 SGG bei der Verwerfung einer unzulässigen Berufung eröffnet (BSG, Beschluss vom 18. September 2014 – B 14 AS 85/14 B –, Rn. 7, juris).
Die Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, weil der Kläger die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer solchen Klage nicht dargetan hat. Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach § 179 Abs. 1 SGG entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufnahme eines durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens erfolgt durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage, § 578 Abs. 1 ZPO. Die Anfechtungsgründe für eine Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) bzw. Restitutionsklage (§ 580 ZPO) sind abschließend aufgeführt, wobei es sich im Wesentlichen um schwerste Verfahrensmängel (Nichtigkeitsklage) handeln bzw. eine Entscheidung im Streit stehen muss, die auf einer unrichtigen, insbesondere einer verfälschten Grundlage beruht (Restitutionsklage). Die Wiederaufnahme ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat (§ 179 Abs. 2 SGG). Schließlich ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig, wenn mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind bzw. wenn ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist (§ 180 Abs. 1 SGG). Das gleiche gilt im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem Sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist (§ 180 Abs. 2 SGG). Statthaft ist eine Wiederaufnahmeklage nur dann, wenn ein Wiederaufnahmegrund zumindest schlüssig behauptet wird (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Auflage 2023, SGG § 179 Rn. 9, beck-online).
Hiernach ist die Wiederaufnahmeklage unzulässig, denn als Grund für seine Wiederaufnahmeklage führt der Kläger lediglich aus, das Urteil vom 27. April 2022 sei erkennbar haltlos. Es habe nicht wirksam öffentlich zugestellt werden können, die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung hätten nicht vorgelegen. Es fehlten jegliche Versuche des Gerichts seine ladungsfähige Anschrift zu ermitteln. Der Zugang der Ladung sei nicht dargetan. Die Ladung und die Entscheidung seien nicht zugestellt worden. Die öffentlich zugestellten Schriftstücke hätten ihm mit einfachem Brief zur Kenntnis gegeben werden müssen. Gründe eines Prozessurteils gälten generell nicht als geschrieben. Die Bedürftigkeit i. S. v. §§ 67 f SGB XII entfalle erst mit dem Wegfall der besonderen Lebenslage. Eine erst nach Klageerhebung eingetretene Obdachlosigkeit habe für das Verfahren keine Relevanz, selbstverständlich könne auch ein Obdachloser klagen. Damit ist weder einen Nichtigkeits- noch einen Restitutionsgrund bezeichnet oder auch nur ansatzweise nachvollziehbar vorgetragen. Die von dem Kläger offenbar angenommene Unrichtigkeit der Entscheidung des Senats ist nicht zulässiger Gegenstand einer Wiederaufnahmeklage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.