L 4 R 3824/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1211/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3824/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. August 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. August 2012.

Der Kläger ist am 1955 geboren. Er war von 1977 bis zum 13. Juli 2010 ohne Ausbildungsabschluss als Werkzeugmacher beschäftigt. Seine Tätigkeit bestand in der Bedienung einer manuellen Schleifmaschine. Seit dem Jahr 2012 ist der Kläger arbeitsunfähig und bezog Krankengeld sowie Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Eine Wiedereingliederung mit einer täglichen Arbeitszeit von 3,5 Stunden wurde am 17. Dezember 2012 abgebrochen. Bei ihm ist seit 24. April 2008 ein Grad der Behinderung von 100 anerkannt und das Merkzeichen RF festgestellt. Wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls am 20. Dezember 1982 (nahezu vollständige Verlust des Sehvermögens des linken Auges) bezieht er eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Vom 24. Mai bis 22. Juni 2012 befand sich der Kläger zur stationären medizinischen Rehabilitation in der F.-Klinik in B. B ... Im Entlassungsbericht vom 27. Juni 2012 berichtet Prof. Dr. Hu. über die Diagnosen einer akuten Bursitis subacromialis rechts, einer aktivierten Schultereckgelenksarthose (ACG-Arthrose) rechts, einer Supraspinatussehnenreizung, eines Zustandes nach Dekompression und Bandscheibenvorfalloperation (NPP-OP) bei Spinalkanalstenose und NPP L4/5 im Juli 2010, eines Zustandes nach Nephrektomie rechts 2008 bei Nierenzellkarzinom, einer chronischen Niereninsuffizienz, einer langsam progredienten Gangataxie mit rezidivierenden Stürzen ungeklärter Genese sowie eines Zustand nach perkutaner transluminalen Angioplastie (PTA) der Arteria iliaca externa rechts und Arteria iliaca communis links im Mai 2011 mit Stentimplantation und einer deutlicher Sklerose der Arteria abdominalis. Die zuletzt ausgeübte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Werkzeugmacher sei nicht mehr leidensgerecht. Das diesbezügliche Leistungsvermögen sei mit unter drei Stunden pro Tag zu beurteilen. Zumutbar im Sinne des positiven Leistungsvermögens erschienen leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig. Einschränkungen im Sinne des negativen Leistungsvermögens bestünden für Überkopfarbeiten, Armvorhalte unter längerer Belastung sowie für häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen.

Am 16. Juli 2012 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die damalige Arbeitgeberin des Klägers, die K. G. GmbH, teilte der Beklagten unter dem 19. November 2012 mit, dass der Kläger nicht in Vorgesetztenfunktion tätig sei. Bei den von ihm verrichteten Tätigkeiten handele es sich um Arbeiten, die im Allgemeinen von Facharbeitern mit einer Ausbildungsdauer von dreieinhalb Jahren verrichtet würden. Der Kläger habe die für die Facharbeitertätigkeit erforderliche Qualifikation durch Berufserfahrung erlangt. Er sei in Lohngruppe 8 des Tarifvertrags der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg eingruppiert.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Internist Dr. Ba. auf Grund einer Untersuchung des Klägers vom 30. November 2012 ein ärztliches Gutachten vom selben Tag. Er diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung, intermittierende Sensibilitätsstörungen beider Beine und Ataxie (ebenfalls als psychosomatisch anzusehen), belastungsabhängige Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden, eine operierte Spinalkanalstenose, eine arterielle Verschlusskrankheit beider Beine (durch PTA und Stenting im Mai 2011 kompensiert), eine leichtgradige kompensierte Niereninsuffizienz bei Zustand nach Nephrektomie rechts wegen eines Nierenkarzinoms im Jahr 2008 sowie ein minimales Impingementsyndrom der rechten Schulter. Die Leistungsbeurteilung des Prof. Dr. Hu. sei unverändert gültig. Der Kläger sei dauerhaft leistungsunfähig als Werkzeugmacher, aber vollschichtig leistungsfähig für rückengerechte, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Sturzgefahr. Damit seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weiterhin indiziert, jedoch nicht die Wiedereingliederung in den Beruf des Werkzeugmachers.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 19. Dezember 2012 Widerspruch. Er habe eine Reihe von Funktionsbeeinträchtigungen und Krankheiten, die nicht berücksichtigt worden seien. Am 20. Dezember 1982 habe er einen Arbeitsunfall erlitten. Das Sehvermögen am linken Auge habe er auf Grund dieses Arbeitsunfalles vollständig verloren. Er habe nur noch in manchen Außenbereichen ein geringes Sehvermögen. Auch das rechte Auge habe unter ständiger Überlastung gelitten, so dass er auf dem linken Auge als vollständig blind anzusehen sei und mit dem rechten Auge nur noch eingeschränkt sehen könne. Er leide zudem unter einem Schwindel unklarer Genese. Bei ihm bestehe die Gefahr, dass er stürze. Er leide unter Muskelkrämpfen, die vor allem bei Belastung aufträten, so dass er nicht mehr gehen könne, sondern sich festhalten oder niedersetzen müsse, um nicht zu stürzen. Er sei deshalb nicht mehr wegefähig. Auf Grund der unterschiedlichen Sehfähigkeit beider Augen leide er darunter, dass das fast blinde Auge nicht mehr korrekt mitgeführt werde. Dies führe zu Doppelbildern, die durch Sehhilfen wie Brillen nicht korrigiert werden könnten. Wer Doppelbilder sehe, leide auch unter Schwindelerscheinungen. Er habe zudem Bandscheibenprobleme in der rechten Halswirbelsäule und im Bereich der Lendenwirbelsäule. Nicht hinreichend berücksichtigt sei auch die periphere Verschlusskrankheit. Auch diese verhinderte die Wegefähigkeit. Ihm sei auch das Merkzeichen RF zuerkannt. Dr. Ba. verblieb bei der Leistungsbeurteilung in seinem Gutachten (Stellungnahme vom 5. Februar 2013).

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2013 zurück. Aus den Gesundheitsstörungen des Klägers ergäben sich keine funktionellen Einschränkungen, die sein Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten. Ihm seien noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, überwiegend im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht, in Früh-/Spätschicht, in Nachtschicht, ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an das Konzentrationsvermögen/Reaktionsvermögen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere Anforderung an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, ohne Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne Verantwortung für Personen und Menschen sowie ohne Publikumsverkehr sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Als Werkzeugmacher sei er nur noch unter drei Stunden einsatzfähig. Diese Beschäftigung gehöre zum Leitberuf des Facharbeiters. Er könne diese Arbeit mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er müsse sich jedoch auf geeignete Facharbeitertätigkeiten, angelernte Tätigkeiten sowie ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen, die ihm gesundheitlich zumutbar seien. Die ungelernten Tätigkeiten müssten jedoch durch besondere Verantwortung oder tarifliche Einstufung deutlich herausgehoben sein. Der Kläger könne noch eine Tätigkeit als Qualitätskontrolleur in der Metallindustrie oder als Schloss- und Schlüsselmacher ausüben. Diese Beschäftigungen seien ihm unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Leistungseinschränkung auch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Er sei daher nicht berufsunfähig.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. April 2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er leide seit dem Jahr 2010 unter Schmerzzuständen an Organen und Gliedmaßen, die nur mit stärksten Schmerzmitteln unterdrückt werden könnten. Er leide an den Folgen eines Bandscheibenvorfalles sowie an einer Sehbehinderung. Er sei auf dem linken Auge unfallbedingt blind. Das verbliebene rechte Auge verfüge nur über ein geringes Sehvermögen. Die ständige Überlastung des rechten Auges habe zu der Sehbehinderung geführt, so dass er auch auf dem rechten Auge nur eingeschränkt sehen könne. Nicht berücksichtigt worden sei, dass er unter einem Schwindel unklarer Ursache leide. Bei ihm bestehe die Gefahr, dass er stürze. Er leide unter Muskelkrämpfen. Er sei deshalb nicht mehr wegefähig. Er sei nicht in der Lage, als Qualitätskontrolleur in der Metallindustrie oder als Schloss- oder Schlüsselmacher zu arbeiten oder Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Er sei nicht einem angelernten Mitarbeiter, sondern einem Facharbeiter gleichzustellen. Seine Arbeitgeberin habe ihm einen Arbeitsplatz eingerichtet, um dreieinhalb Stunden täglich arbeiten zu können. Dieser Arbeitsplatz sei so eingerichtet gewesen, dass er im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen tätig sein könnte. Auf Grund seiner Beschwerden sei er nicht in der Lage, eine Stellung bzw. Haltung längere Zeit durchzuhalten. Er habe an dem neuen Arbeitsplatz eingehende Ware sortieren und weiterleiten, Beanstandungen vornehmen und ähnliches mehr sollen. Hierbei habe er eine Sichtkontrolle ausüben müssen. Er habe nie ohne Lupe arbeiten können, die ihm von dem Arbeitgeber gestellt worden sei. Die mangelnde Sehfähigkeit habe sich auch auf den Arbeitsplatz ausgewirkt, der speziell für ihn eingerichtet worden sei. Der Kläger legte unter anderem ein Attest des Facharztes für Anästhesie Pa. (Chefarzt der Abteilung Anästhesie/Intensivmedizin/Weaning, Schmerztherapie der Klinik L.) vom 20. Februar 2014 vor (ambulante schmerztherapeutische Behandlung des Klägers seit dem 10. Dezember 2013, stationäre Behandlung vom 10. bis 21. Februar 2014, Diagnosen: Lendenwirbel- und Halswirbelsäulensyndrom bei Spinalkanalstenose C3, C6 und C7 und Zustand nach "LPP-OP" (gemeint wohl NPP-OP) L4/5, Zustand nach Nephrektomie rechts bei Carcinom, Zustand nach Orchiektomie rechts wegen Abszess, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen, Grad II nach Kohlmann/Raspe mit schwergradiger, reaktiver, depressiver Anpassungs- und Schlafstörung; der Kläger sei im Stande, ca. drei Stunden pro Tag und einer begrenzt körperlichen Belastung von ca. fünf Kilogramm nachzugehen) sowie dessen Entlassbericht vom 10. Februar 2014 über die genannte stationäre Behandlung.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte sozialmedizinische Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Pf. vom 6. August 2013, vom 19. September 2013, vom 13. Februar 2014 und vom 7. August 2014 vor. Neben den im Widerspruchsbescheid genannten Tätigkeiten könne der Kläger auch Tätigkeiten als Registrator oder Poststellenmitarbeiter bei einer Behörde regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich ausüben.

Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Ärztin für Augenheilkunde Dr. St. berichtete unter dem 18. Mai 2013, dass sich der Kläger erstmals am 2. Februar 2010 bei ihr vorgestellt habe. Es sei eine Gleitsichtbrille verordnet worden. Am rechten Auge habe die Sehschärfe in der Ferne 60 Prozent, am linken Auge die Sehschärfe auf einen Meter 1/50 betragen, so dass links ein Ausgleichsglas verordnet worden sei. Im Nahbereich habe der Kläger damit 50 Prozent gesehen. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Doppelbildangaben gegeben. Am 29. April 2013 habe sich der Kläger erneut zur Nachkontrolle vorgestellt. Es sei eine Brillenunverträglichkeit und Doppelbilder angegeben worden. Der Kläger habe nur eine Fernbrille gehabt. Eine Gleitsichtbrille sei nicht vorhanden gewesen. Die erneute Sehschärfenbestimmung habe für die Ferne am rechten Auge 60 Prozent, am linken Auge 1/50 mit exzentrischer Fixation ergeben. Bei Nahsicht mit Korrektur sei eine Sehschärfe von zehn Prozent angegeben worden. Ferner seien Doppelbilder in allen Blickrichtungen angegeben worden. Eine Vorstellung des Klägers am 24. Mai 2013 in der Sehschule habe ergeben, dass seit einem Jahr Doppelbilder bei Aufblick aufgefallen seien. Doppelbilder stünden übereinander, es handele sich um ein einäugiges Doppelbild mit dem rechten Auge bei Aufblick, am linken Auge sehe er nur Lichtschein. Die Sehschärfe habe beidäugig nur 0,8 mit Computerbrille, bei rechten Auge mit Korrektur 0,7 bis 0,8, beim linken Auge mit Korrektur beim Blick geradeaus Handbewegung bis fraglich Fingerzählen, mit exzentrischer Fixation bei Kopfdrehung 1/50 mit größter Mühe betragen. Es sei erneut eine Gleitsichtbrille für Ferne und Nähe verordnet worden, die auf Grund der Alterssichtigkeit und nachlassender Naheinstellungsfähigkeit der Linse unbedingt notwendig sei. Die Brille sollte ständig getragen werden. Der Kläger sei darüber aufgeklärt worden, dass er nicht auf Leitern oder Gerüsten gehen sollte, da das Doppelbild bei Blick nach oben auftrete, ferner sollten auch keine Tätigkeiten erfolgen, bei denen beidäugiges Sehen und somit räumliches Sehen zwingend notwendig seien, da er funktionell einäugig sei nach dem Unfall. Internist Dr. L. teilte unter dem 20. Juni 2013 mit, dass er es für möglich halte, dass der Kläger über drei Stunden täglich bei besonderen Bedingungen arbeiten könne. Wegstrecken über 500 Meter zu Fuß könnten nicht zurückgelegt werden. Urologe Dr. Tr. teilte unter dem 26. Juli 2013 mit, dass er denke, dass der Kläger ca. dreieinhalb Stunden täglich arbeiten könne. Neurologe und Psychiater Dr. Hä. teilte unter dem 3. Februar 2014 mit, dass der Kläger in der Lage sei, zwischen drei und vier Stunden täglich an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu arbeiten. Eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei seines Erachtens nur eingeschränkt möglich, da der Arbeitsplatz entsprechend ergonomisch gestaltet sein müsste, was auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eher unwahrscheinlich sei. Wege von über 500 Metern könnten zu Fuß zurückgelegt werden, öffentliche Verkehrsmittel könnten genutzt werden.

Das SG bestellte Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sc. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen. Dr. Sc. erstattete auf Grund einer Untersuchung des Klägers vom 5. Juni 2014 unter dem 11. Juni 2014 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Er diagnostizierte auf diesem Fachgebiet eine leichte Gangstörung bei sensibler Polyneuropathie letztlich unklarer Genese, depressive Verstimmungen im Sinne von Anpassungsstörungen bei körperlicher Erkrankung und belastender sozialer Situation sowie einen Zustand nach Alkoholmissbrauch (abstinent seit 20 Jahren) sowie als weitere Diagnosen ein Wirbelsäulensyndrom (operierte Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule im Juli 2010 ohne signifikante sensomotorische Ausfälle), Schultergelenksbeschwerden rechts, eine arterielle Verschlusskrankheit (Zustand nach interventionellen Eingriffen 2011), fortbestehende abdominelle Beschwerden letztlich unklarer Ursache, einen Zustand nach Nierenentfernung rechts 2008, einen Zustand nach Hodenentfernung rechts, eine Hyperakusis beidseits (mittels Hörgeräten ausreichend korrigiert), eine Diplopie, einen Zustand nach Augenverletzung links im Rahmen eines Arbeitsunfalles 1983 sowie eine Fettstoffwechselstörung (medikamentös behandelt). Der Kläger habe bei der Untersuchung eine gute geistige Flexibilität aufgewiesen. Kognitive Defizite relevanten Ausmaßes hätten nicht vorgelegen. Es hätten sich auch keine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung gezeigt. Dies sei auch so der Schilderung des Alltags nicht zu entnehmen gewesen. Eine soziale Phobie liege nicht vor. Es bestehe keine soziale Desintegration. Das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Der Kläger besitze die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Einschränkungen der Handlungsfähigkeit lägen nicht vor. Er könne sein Handeln einschätzen und entsprechend reagieren bzw. modifizieren. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld seien nicht eingeschränkt. Eine unüberwindbare psychische Hemmung oder Sucht liege nicht vor. Die psychische Symptomatik entziehe sich nicht der zumutbaren Willensanstrengung. Der Kläger sei durchaus in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzutreten. Es ergebe sich unter Berücksichtigung der Aktenlage, der Anamnese und der jetzt erhobenen Untersuchungsbefunde kein ausreichender Grund für die Annahme einer Einschränkung des Durchhaltevermögens bei Berücksichtigung der Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild. Die kognitiven Funktionen, insbesondere die Denkfunktionen seien nicht leistungsrelevant eingeschränkt. Auch ergäben sich keine Einschränkungen der Psychomotorik. Der Kläger sei bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage, seinen Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Es bestünden keine Einschränkungen des Zeitmanagements. Auch lägen keine nachvollziehbaren relevanten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Eine weitgehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit lägen beim Kläger nicht vor. Eine organisch bedingt vermehrte Erschöpfbarkeit bestehe nicht. Eine auffallende Erschöpftheit sei in der Gutachtenssituation nicht erkennbar. Im EEG zeigten sich aktuell keine Vigilanzschwankungen oder gar -minderungen. Ein Summationseffekt der Beschwerden bedingt durch Leiden verschiedener Fachgebiete untereinander in dem Ausmaß, dass das zeitliche Leistungsvermögen eingeschränkt wäre, liege nicht vor. Relevante Störungen der Feinmotorik der Hände und Finger bestünden nicht. Die psychische Symptomatik sei nicht derart ausgeprägt bzw. entziehe sich nicht der zumutbaren Willensanstrengung, dass hier ein unüberwindbares Hemmnis für die Aufnahme und Ausführung einer Tätigkeit im Umfang von arbeitstäglich mindestens sechs Stunden darstellen würde. Es liege aus neurologischer-psychiatrischer und internistischer Sicht ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vor. Der Kläger könne eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Werkzeugmachers sei nicht leidensgerecht. Der Kläger könne leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen in Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht verrichten. Nachtschicht als psychogener Stressor halte er für nicht vertretbar. Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und auch psychischen Belastungen seien nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen. Das Umstellungs- und Anpassungsvermögen sei nicht eingeschränkt. Auch das Verantwortungsbewusstsein sei nicht eingeschränkt. Tätigkeiten mit üblichem Publikumsverkehr seien dem Kläger möglich. Tätigkeiten mit vermehrten psychischen Belastungen halte er nicht für leidensgerecht. Vermehrte Anforderungen an das Seh- oder Hörvermögen seien nicht zu stellen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei nicht eingeschränkt. Die Tätigkeiten sollten zu ebener Erde erfolgen. Wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten seien nicht leidensgerecht. Hierzu gehörten Tätigkeiten mit häufigem Bücken oder Zwangshaltungen der Wirbelsäule. Auch seien Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzten, nicht vertretbar. Dies beruhe auf der Polyneuropathie. Tätigkeiten mit Erschütterung oder Vibrationen seien auf Grund der Polyneuropathie ebenfalls nicht möglich. Widrige klimatische Bedingungen seien weitestgehend auszuschließen, gelegentlich seien diese jedoch möglich. Auch Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr seien nicht leidensgerecht. In Betracht kämen Berufsbilder in den Bereichen des Verpackens leichter Industrie- und Handelserzeugnisse oder entsprechender Prüftätigkeiten. Es könnten Montier-, Sortier- oder Reinigungsarbeiten oder andere leichte Hilfsarbeiten wie das Zureichen, Abnehmen, Zusammensetzen oder Kleben von Teilen, im Aufnehmen von Produkten von einem Band oder einer Maschine oder die Bedienung von Hebel- oder Steuerungspulten erbracht würden. Es bestehe keine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers. Der Kläger sei in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Er könne auch zweimal arbeitstäglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten nutzen. Die Polyneuropathie, die periphere Verschlusskrankheit und die orthopädischen Leiden seien nicht derart ausgeprägt, dass hierdurch die Wegefähigkeit sozialmedizinisch relevant eingeschränkt wäre.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. August 2015 ab. Der Kläger sei nach wie vor in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies habe der Sachverständige Dr. Sc. unter sorgfältiger Erhebung der Anamnese, der Darlegung der anlässlich seiner Untersuchung erhobenen Befunde sowie der Würdigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen wohlbegründet dargelegt. Er sei auch nicht berufsunfähig. Der Kläger sei sozial zumutbar zumindest auf die Tätigkeit als Schloss- oder Schlüsselmacher oder auch als Registrator/Poststellenmitarbeiter bei einer Behörde verweisbar. Ob der Kläger daneben auch auf die Tätigkeit als Qualitätskontrolleur in der Metallindustrie verwiesen könne, stoße auf Grund der Beeinträchtigung seiner Augen auf erhebliche Zweifel, könne aber vorliegend dahinstehen. Dem Kläger sei sowohl die regelmäßig leichte und nur selten mittelschwere Tätigkeit eines Schloss- und Schlüsselmachers als auch die Tätigkeit als Registrator und/oder Poststellenmitarbeiters vollschichtig zumutbar.

Gegen den ihm am 10. August 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. September 2015 beim SG Berufung eingelegt. Er sei als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktionen tätig gewesen. Seine Aufgabe habe u. a. darin bestanden, neu eingestellte Mitarbeiter in den unterschiedlichen Maschinen bzw. Arbeitsbereichen einzulernen und zu überwachen. Außerdem habe er ihm zugeteilte Auszubildende an Dreh- und Schleifmaschinen unterwiesen. Er sei zusätzlich zu seinen Aufgaben noch Sicherheitsbeauftragter, Gefahrstoffbeauftragter, Umweltbeauftragter und Suchtbeauftragter sowie Kommissionsmitglied bei der Bewertung für Arbeitsplätze und Entgeltbewertung gewesen. Die Auskunft der Arbeitgeberin zu Vorgesetztenfunktion sei dadurch geprägt, dass man ihn nicht entsprechend seiner Funktion und seiner Leistung entlohnt hätte. Aus diesem Grunde behaupte die Arbeitsgeberin, dass er nicht in einer Vorgesetztenfunktion tätig gewesen sei. Wer aber Lehrlinge ausbilde und Jungfacharbeiter, Leiharbeitnehmer und Ferienjobber einweise und überwache, habe eine Vorgesetztenfunktion. Sein linkes Auge sei so stark beschädigt, dass er auf einem Auge blind sei. Er habe sich wegen eines Karzinoms sowohl eine Niere als auch einen Hoden entfernen lassen müssen. Er leide unter einer fortschreitenden Gangstörung, unter einem chronischem Schmerzsyndrom, unter einer Depression, unter einem Wirbelsäulensyndrom, unter Schultergelenksbeschwerden sowie unter einer arteriellen Verschlusskrankheit. Er verweise auf die Leistungseinschätzungen des Dr. L., des Dr. Tr. und des Dr. Hä ... Die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sc. widerspreche der Einschätzung des Chefarzts Pa ... Dieser habe bei ihm ein Chronifizierungsstadium III nach Gerbershagen bzw. nach Kohlmann/Rasp zweiten Grades mit schwergradiger reaktiver depressiver Anpassung und Schlafstörung festgestellt. Diese Äußerung vom 20. Februar 2014 gelte nach wie vor. Der Kläger hat eine Arbeitsplatzbeschreibung seiner Arbeitgeberin vom 25. Oktober 2006 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass er mit der Betreuung von Ferienjobbern, Leiharbeitnehmern und Jungfacharbeitern beauftragt gewesen sei. Die Einweisung von Mitarbeitern sei in Absprache mit dem Vorgesetzten erfolgt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. August 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. August 2012 zu gewähren, hilfsweise ein Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz bei Prof. Dr. Br. einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest. Der Kläger sei nicht als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktionen tätig gewesen. Er sei als Facharbeiter zu betrachten und zumutbar auf die Tätigkeit als Registrator oder Poststellenmitarbeiter bei einer Behörde zu verweisen. Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. vom 11. Dezember 2015 vorgelegt.

Der Senat hat die Akte des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg L 6 SB 296/15 beigezogen. In diesem Berufungsverfahren hat Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Br. das nervenärztliche Gutachten über den Kläger vom 16. Oktober 2015 erstattet. Darin kommt Prof. Dr. Br. zu folgenden Diagnosen: eine Schwerhörigkeit beidseits, eine Sehbehinderung, eine depressive Verstimmung, funktionelle Organbeschwerden, ein Verlust der rechten Niere, ein Verlust des rechten Hodens, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Spinalkanalstenose, ein operierter Bandscheibenschaden und eine schwere dissoziative Störung (Konversionsneurose). In Folge der Einschränkung seines Gehvermögens habe der Kläger nicht unerhebliche Schwierigkeiten, ohne Gefahr für sich und andere in der Lage zu sein, Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden könnten. Der Kläger zeige deutliche Aggravationstendenzen vor allem im Rahmen der körperlichen Untersuchungen.

Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 – dem Kläger am 3. November 2015 zugestellt – auf die fehlenden Erfolgsaussichten seiner Berufung hingewiesen und angekündigt, ihm dies in einem Erörterungstermin darzulegen. Am 7. Januar 2016 hat der Berichterstatter Termin zur Erörterung des Sachverhaltes auf dem 4. März 2016 bestimmt; die Ladung ist dem Kläger am 8. Januar 2016 zugegangen. Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 4. März 2016 erörtert. Der Kläger hat in diesem Termin die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Er hat am 10. März 2016 hierfür Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. R. benannt. Am 12. April 2016 hat er beantragt, Prof. Dr. Br. nach § 109 SGG zu hören. Prof. Dr. Br. könne das von ihm bereits erstellte Gutachten ohne größeren Aufwand und wahrscheinlich auch im schriftlichen Verfahren ohne weitere Begutachtung auf die Frage übertragen, ob er in der Lage sei, Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedarf insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. August 2012.

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten kann.

(1) Der Kläger leidet unter einer leichten Gangstörung bei sensibler Polyneuropathie letztlich unklarer Genese, unter depressiven Verstimmungen im Sinne von Anpassungsstörungen bei körperlicher Erkrankung und belastender sozialer Situation sowie einem Zustand nach Alkoholmissbrauch (abstinent seit 20 Jahren) sowie unter einem Wirbelsäulensyndrom (operierte Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule im Juli 2010 ohne signifikante sensomotorische Ausfälle), Schultergelenksbeschwerden rechts, einer arteriellen Verschlusskrankheit (Zustand nach interventionellen Eingriffen 2011), fortbestehenden abdominellen Beschwerden letztlich unklarer Ursache, einem Zustand nach Nierenentfernung rechts 2008, einem Zustand nach Hodenentfernung rechts, einer Hyperakusis beidseits (mittels Hörgeräten ausreichend korrigiert), einer Diplopie, einem Zustand nach Augenverletzung links im Rahmen eines Arbeitsunfalles 1983 sowie einer Fettstoffwechselstörung (medikamentös behandelt). Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Sc ... Die von ihm mitgeteilten Diagnosen stimmen im Wesentlichen mit denen der anderen im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Ärzte überein.

Die Feststellungen Dr. Sc. stehen auch im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Diagnosen im beigezogenen Gutachten des Prof. Dr. Br., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51). Über die Diagnosen Dr. Sc. hinaus hat Prof. Dr. Br. lediglich schwerwiegende dissoziative Störungen festgestellt. Das allgemeine Kennzeichen der dissoziativen oder Konversionsstörungen besteht nach der Erläuterung zu F44 im ICD-10 in teilweisem oder völligem Verlust der normalen Integration der Erinnerung an die Vergangenheit, des Identitätsbewusstseins, der Wahrnehmung unmittelbarer Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen. Der Senat kann sich nicht die Überzeugung verschaffen, dass diese Erkrankung beim Kläger vorliegt. Dr. Sc. hat diese Diagnose nicht gestellt. Zweifel gehen nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass nicht nur Dr. Sc. Hinweise für eine Verdeutlichung bzw. Aggravation, sondern auch Prof. Dr. Br. deutliche Aggravationstendenzen des Klägers festgestellt hat.

(2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränken das berufliche Leistungsvermögen des Klägers in qualitativer Hinsicht ein. Ausgeschlossen sind Nachtschichten, Tätigkeiten mit vermehrt geistigen und auch psychischen Belastungen, Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, Tätigkeiten mit vermehrten psychischen Belastungen und mit vermehrten Anforderungen an das Seh- oder Hörvermögen, wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten (einschließlich Tätigkeiten mit häufigem Bücken oder Zwangshaltungen der Wirbelsäule), Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte Gang- und Standsicherheit voraussetzen, sowie Tätigkeiten mit Erschütterung oder Vibrationen und mit erhöhter Unfallgefahr. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Sc ...

Zur Überzeugung des Senats steht aber fest, dass der Kläger trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen leichte bis gelegentlich schwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Auch insoweit folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Sc., die im Hinblick auf die von ihm erhobenen Befunde plausibel ist. Dr. Sc. hat festgestellt, dass das Umstellungs- und Anpassungsvermögen des Klägers und sein Verantwortungsbewusstsein nicht eingeschränkt sind. Der Kläger hat bei der Untersuchung eine gute geistige Flexibilität aufgewiesen. Kognitive Defizite relevanten Ausmaßes lagen nicht vor. Es zeigten sich auch keine Antriebsminderung oder gar eine psychomotorische Hemmung. Dies war auch so der Schilderung des Alltags nicht zu entnehmen gewesen. Eine soziale Phobie lag nicht vor. Es besteht keine soziale Desintegration. Einschränkungen der Handlungsfähigkeit liegen nicht vor. Der Kläger kann sein Handeln einschätzen und entsprechend reagieren bzw. modifizieren. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld sind nicht eingeschränkt. Eine unüberwindbare psychische Hemmung oder Sucht liegt nicht vor. Die psychische Symptomatik entzieht sich nicht der zumutbaren Willensanstrengung. Die kognitiven Funktionen, insbesondere die Denkfunktionen sind nicht leistungsrelevant eingeschränkt. Auch bestehen keine Einschränkungen der Psychomotorik. Der Kläger ist in der Lage, seinen Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Es bestehen keine Einschränkungen des Zeitmanagements. Auch liegen keine nachvollziehbaren relevanten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Eine weitgehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit liegen beim Kläger nicht vor. Eine organisch bedingt vermehrte Erschöpfbarkeit besteht nicht. Eine auffallende Erschöpftheit war in der Gutachtenssituation nicht erkennbar. Im EEG zeigten sich keine Vigilanzschwankungen oder gar -minderungen. Ein Summationseffekt der Beschwerden bedingt durch Leiden verschiedener Fachgebiete untereinander in dem Ausmaß, dass das zeitliche Leistungsvermögen eingeschränkt wäre, liegt nach den Feststellungen Dr. Sc. ebenfalls nicht vor.Die gegenteiligen Einschätzungen der sachverständigen Zeugen Dr. L., Dr. Tr. und Dr. Hä. sowie des Chefarztes Pa. bezüglich der Leistungsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht überzeugen den Senat nicht. Diese Einschätzungen bleiben ohne (tragfähige) Begründung bei im Wesentlichen gleichen Befunden, wie diese der gerichtliche Sachverständige Dr. Sc. erhoben hat. Bei Prof. Dr. Br. folgt der Senat – siehe oben – bereits der darüber hinaus gehenden Diagnose einer Konversionsneurose nicht, so dass sein Gutachten auch nicht zur Grundlage der Leistungseinschätzung gemacht werden kann.

(3) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.

(4) Allerdings liegt eine schwere spezifische Leistungsbehinderung. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Der Senat nimmt zu Gunsten des Klägers an, dass aufgrund der Diplopie und der Einschränkungen der Sehfähigkeit des linken Auges eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert. Die Beklagte hat unter anderem die Verweisungstätigkeit als Registrator benannt; diese Tätigkeit ist dem Kläger auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Einschränkungen auf augenärztlichem Fachgebiet zumutbar.

(5) Der Senat kann nicht feststellen, dass die Wegefähigkeit des Klägers entfallen ist. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen. Dr. Hä. und der Sachverständige Dr. Sc. gehen von einer erhaltenen Wegefähigkeit aus. Die gegenteiligen Einschätzungen Dr. L. und Prof. Dr. Br. überzeugen den Senat nicht. Dr. L. hat für seine Einschätzung keine Begründung abgegeben, sondern lediglich darauf verwiesen, dass der Kläger von Angehörigen und Freunden zur Arbeitsstelle gefahren werde. Prof. Dr. Br. stützt seine Einschätzung auf das von ihm angenommene Krankheitsbild des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet, das der Senat aber – siehe oben – nicht für erwiesen erachtet. Der Senat berücksichtigt insoweit auch, dass der Kläger sich wegen der behaupteten Gangstörung schon zu der Zeit in Behandlung begab, als er noch seine rein stehende Tätigkeit (Bericht des Reha-Beratung der Beklagten Lang vom 23. Oktober 2012, Bl. 29 Reha-Akte) als Schleifer an einer Schleifmaschine verrichtete und seinen damaligen Arbeitsplatz erreichen konnte. Anlässlich der Untersuchungen im Universitätsklinikum Tübingen gab der Kläger zur Anamnese an, Symptome der Gangstörung bestünden seit acht Jahren (Bericht des Prof. Dr. M. vom 21. Dezember 2011, Bl. 45 SG-Akte S 15 SB 1207/14) und ihm sei bereits seit 1994 unter anderem ein Laufen wie betrunken aufgefallen (Bericht des Prof. Dr. S. vom 17. April 2012, Bl. 64 SG-Akte S 15 R 1211/13). Belegt wird dies weiter durch den Entlassungsbrief des Prof. Dr. He. vom 24. Juni 2011 über die stationäre Behandlung vom 28. April bis 6. Mai 2011 (Reha-Akte). Danach gab der Kläger an, wegen bei körperlicher Anstrengung auftretenden Spasmen mit Gangunsicherheit "vor vier Jahren", mithin 2007, im M. S. – Neurologische Klinik – eine Myopathie unklarer Genese diagnostiziert worden. Auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. Br. gab der Kläger an, sein Gehvermögens sei schon seit "längerer Zeit" sehr beeinträchtigt (Seite 15 des Gutachtens, Bl. 29 LSG-Akte).

(6) Aus der Anerkennung eines Grades der Behinderung von 100 folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechselwirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3). Für die Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI sind die Erwerbsmöglichkeiten des Betroffenen maßgeblich, während § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14. Januar 2015 geltenden Fassung und § 159 Abs. 7 SGB IX in der seit dem 15. Januar 2015 geltenden Fassung (geändert durch Art. 1a des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl. II, S. 15) auf die abstrakten Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 SB 5/01 B – juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 – 5b BJ 156/87 – juris, Rn. 3).

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R –juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R –juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).

(2) Der Kläger war während seines gesamten Erwerbslebens und auch zuletzt ohne Ausbildungsabschluss als Werkzeugmacher beschäftigt. Seine Tätigkeit bestand in der Bedienung einer manuellen Schleifmaschine. Diese Tätigkeit ist allenfalls der Gruppe der (einfachen) Facharbeiter zuzuordnen. Der Kläger ist nicht als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion oder als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter einzustufen. Zu diesen Gruppen zählen nur die Facharbeiter, die wegen der geistigen und persönlichen Anforderungen ihrer Tätigkeit die Facharbeiter deutlich überragen und die deswegen in die Spitzengruppe der Lohnskala eines entsprechend differenzierten Tarifvertrages eingestuft sind (BSG, Urteil vom 21. Februar 1995 – 8 RKn 5/93 – juris, Rn. 21 m.w.N. – auch zum Folgenden). Für die Zuordnung zur Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" ist im Einzelnen erforderlich, dass der Versicherte in der Regel keinen Weisungen eines anderen im Arbeiterverhältnis stehenden Beschäftigten unterworfen war; ferner, dass er nicht lediglich als "schlichter Vorarbeiter" die gleichen Arbeiten wie seine Facharbeiterkollegen verrichtete, und dass er nicht nur in engem Rahmen eine herausgehobene Stellung innerhalb einer Gruppe von Ungelernten und Angelernten innehatte.

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Dies gilt auch und gerade, wenn man seinen eigenen Vortrag zugrunde legt, dass er neu eingestellte Mitarbeiter eingelernt und überwacht sowie Auszubildende unterwiesen habe, und wenn man die Angaben in der Arbeitsplatzbeschreibung der früheren Arbeitgeberin berücksichtigt, wonach der Kläger mit der Betreuung von Ferienjobbern, Leiharbeitnehmern und Jungfacharbeitern beauftragt war und die Einweisung von Mitarbeitern in Absprache mit dem Vorgesetzten erfolgte. Diese Einweisungs- und Überwachungsaufgabe hebt den Kläger nicht in der erforderlichen Weise aus dem Kreis der Facharbeiter, um als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gelten zu können.

Nichts anderes gilt mit Blick darauf, dass der Kläger nach seinem Vortrag Schwerbehindertebeauftragter, Sicherheitsbeauftragter, Gefahrstoffbeauftragter, Umweltbeauftragter und Suchtbeauftragter seiner Arbeitgeberin sowie Mitglied in verschiedenen Gremien für die Gestaltung der Arbeitsplätze und die Entgeltbewertung war. Solche Zusatzaufgaben prägen die versicherungspflichtige Beschäftigung nicht in einer Weise, dass hieraus erhöhter Berufsschutz erwachsen könnte.

Mit dem Berufsschutz des Facharbeiters kann der Kläger auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Berufsgruppe des genannten Mehrstufenschemas bzw. auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber bzw. der tarifvertraglichen Eingruppierung oder auf Grund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen, wobei der Kläger imstande sein muss, die Tätigkeit nach einer Einweisungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig zu verrichten. All das ist hinsichtlich der Tätigkeit des Registrators der Fall (so etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v., sowie Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 3668/14 – n.v.).

Die Wertigkeit der Arbeit des Registrators als für Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit folgt aus ihrer Einstufung in das nach Qualitätsmerkmalen geordnete Lohngruppen- bzw. Entgeltgruppengefüge der einschlägigen Tarifverträge; darin spiegelt sich ihr qualitativer Rang wider (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v. – auch zum Folgenden). Die Tätigkeit des Registrators im öffentlichen Dienst ist nach Schwierigkeitsgraden gestaffelt und reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach Vergütungsgruppe X Bundesangestellten-Tarifvertrag [BAT] a.F. vergütet) über einfachere Arbeiten (Vergütungsgruppe IX BAT a.F.), schwierigere Tätigkeiten (Vergütungsgruppe VIII BAT a.F.) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (Vergütungsgruppe VII bis V BAT a.F.). Die Vergütungsgruppe VIII BAT a.F. erfasste Angestellte im Büro-, Registratur-, Kassen-, Buchhalterei-, Sparkassen-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigerer Tätigkeit. Bei Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe VIII BAT a.F. handelte es sich um angelernte Tätigkeiten, die sich mit einer erforderlichen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten von ungelernten Arbeiten ganz einfacher Art abheben. Im Hinblick darauf ist in der Rechtsprechung des BSG und des LSG Baden-Württemberg wiederholt entschieden worden, dass Facharbeiter sich auf diese Tätigkeit sozial zumutbar verweisen lassen müssen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 27. November 1991 – 5 RJ 91/89 – juris, Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 11. Oktober 2006 – L 5 R 4635/05 – n.v. – m.w.N und vom 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 –, juris Rn. 35). Die neuere Entwicklung im Tarifwesen gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Facharbeitern ist die Arbeit als Registrator (in der Wertigkeit der Vergütungsgruppe BAT VIII a.F.) auch weiterhin sozial zumutbar (Beschluss des Senats vom 1. Juli 2013 – L 4 R 1965/12 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.; LSG Bayern, Urteil vom 28. April 2010 – L 1 R 807/09 – juris, Rn. 39).

Die früher in Vergütungsgruppe VIII BAT a.F. eingruppierte Tätigkeit des Registrators im öffentlichen Dienst ist nunmehr der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) zugeordnet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.; LSG Bayern, Urteil vom 28. April 2010 – L 1 R 807/09 – juris, Rn. 39; LSG Bayern, Urteil vom 13. August 2013 – L 1 R 702/11 – juris, Rn. 60 f.) und – nach wie vor – ihrer Wertigkeit nach als Verweisungsberuf für Facharbeiter geeignet (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Februar 2013 – L 2 R 1704/11 – juris, Rn. 47; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. März 2011 – L 5 R 4032/10 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 – juris, Rn. 31 ff.; Bayerisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – L 13 R 596/09 – juris, Rn. 35).

(3) Der Kläger kann dem fachlichen Leistungsprofil des Registratorenberufs gerecht werden.

Das fachliche Leistungsprofil der jetzt in Entgeltgruppe 3 TVöD eingruppierten Arbeit eines Registrators mit schwierigerer Tätigkeit (Vergütungsgruppe VIII BAT a.F.) wird gekennzeichnet durch die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, das Führen von Brieftagebüchern schwieriger Art und von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien sowie solchen Karteien, deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt, buchhalterische Übertragungsarbeiten, Zinsstaffelberechnungen oder Kontenführung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v. – auch zum Folgenden m.w.N.; LSG Bayern, Urteil vom 28. April 2010 – L 1 R 807/09 – juris, Rn. 40). Es müssen von den zuständigen Sachbearbeitern zu bearbeitende Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen sortiert oder betriebsintern weitergeleitet, Statistiken oder Terminüberwachungslisten und Karteien geführt, Ordner oder Akten gezogen und abgestellt oder archiviert werden. Der Registrator ist außerdem ggf. verantwortlich für das Vergeben von Aktenzeichen nach Aktenplänen oder -ordnungen und das Anlegen neuer Akten oder die Aussonderung von Altakten unter Beachtung von Aufbewahrungsfristen. Die schwierigere Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe VIII BAT a. F. liegt deutlich erkennbar über der einfacheren Tätigkeiten nach Vergütungsgruppe IXb BAT a.F., etwa der Arbeit nach Schema, oder der bloßen Postabfertigung in einer Poststelle nach Vergütungsgruppe X BAT a.F., erfordert aber nicht die Anwendung gründlicher Fachkenntnisse, wie eingehender Kenntnisse im Geschäftsbereich, namentlich hinsichtlich des Geschäftsablaufs der jeweiligen Behörde, oder in der Weiterführung und im Ausbau einer Registratur; diese sind für die in Vergütungsgruppe VII BAT a. F. (aufwärts) eingruppierten Registratoren notwendig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – m.w.N., n.v.). Unbeschadet dessen, dass sich die schwierigere Tätigkeit nach Vergütungsgruppe BAT VIII a.F. danach durch Verantwortlichkeit, große Selbständigkeit, eigene Initiative, Arbeitseinsatzentscheidung oder besondere eigene Überlegung von der einfacheren Tätigkeit nach Vergütungsgruppe BAT IXb a.F. abhebt, handelt es sich im Kern aber um eine weitgehend nicht komplex strukturierte Bürotätigkeit, für die keine geistigen Anforderungen erforderlich sind, die über das normal übliche Maß hinausgehen. Vorkenntnisse sind ohne Bedeutung (Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 3668/14 – n.v.; LSG Bayern, Urteil vom 28. April 2010 – L 1 R 807/09 – juris, Rn. 42 m.w.N.; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. September 2009 – L 4 R 54/06 – juris, Rn. 51 für Poststellenmitarbeiter). Für die Verrichtung der genannten Tätigkeiten mag zwar gleichwohl eine abgeschlossene Ausbildung, etwa in einem kaufmännischen oder einem Verwaltungsberuf bzw. zum Verwaltungsfachangestellten, von Vorteil sein, sie ist aber nicht Voraussetzung für den Zugang zu diesem Beruf (Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 3668/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. März 2011 – L 5 R 4032/10 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 – juris Rn. 33).

Der Kläger kann die für die Ausübung des Registratorenberufs in der Qualität der vormaligen Vergütungsgruppe VIII BAT a.F. bzw. der Entgeltgruppe 3 TVöD erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von drei Monaten erwerben. Das gilt auch für die im Rahmen der Arbeit als Registrator ggf. notwendigen Fähigkeiten zum Umgang mit dem Computer bzw. der Bedienung von EDV-Programmen. Dass insoweit an Registratoren besondere Anforderungen gestellt würden, ist weder ersichtlich noch geltend gemacht. Die Arbeit des Registrators weist vielmehr weder einen hohen Anteil an Bildschirmarbeit auf noch erfordert sie umfangreiche – innerhalb von drei Monaten nicht zu vermittelnde – Computerkenntnisse (Beschluss des Senats vom 1. Juli 2013 – L 4 R 1965/12 – n.v.; Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 3668/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Januar 2005 – L 11 RJ 4993/03 – juris, Rn. 46, unter Hinweis auf eine Auskunft des Landesarbeitsamts Baden-Württemberg; Bayerisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – L 13 R 596/09 – juris, Rn. 37). Auch wenn die bloße Begabung für die bisherige Facharbeitertätigkeit eine höchstens dreimonatige Einarbeitungszeit nicht allgemein bedingt (BSG, Urteil vom 8. September 1982 – 5b RJ 16/81 – juris, Rn. 11), darf von einem Versicherten, der den Berufsschutz eines Facharbeiters reklamiert, erwartet werden, dass er bereit und im Hinblick auf seine Facharbeiterqualifikation auch in der Lage ist, die Grundkompetenz zum Einsatz des PC jedenfalls innerhalb des genannten Zeitraums, vielfach aber in weit kürzerer Zeit, zu erwerben (Urteil des Senats vom 27. März 2015 – L 4 R 3668/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.).

Wer auf der einen Seite die Qualifikation des Facharbeiters, die Qualifikationsmerkmale nicht nur hinsichtlich der praktischen Berufsfertigkeiten, sondern auch hinsichtlich der theoretischen Berufskenntnisse einschließt, für sich in Anspruch nimmt, weil er einen Facharbeiterberuf mit regelmäßig dreijähriger Ausbildungszeit erlernt oder entsprechend hochwertige Arbeit geleistet hat, kann sich auf der anderen Seite nicht für außerstande erklären, innerhalb der genannten Zeit den Umgang mit dem PC – um besondere Computerkenntnisse geht es nicht – zu erlernen, zumal dessen Verwendung in weiten Teilen der Arbeitswelt (jedenfalls des Facharbeiters) wie im Alltagsleben angesichts der fortschreitend vereinfachten Bedienung mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit geworden ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v.).

(4) Eine Tätigkeit als Registrator ist dem Kläger auch unter gesundheitlichen Gesichtspunkten zumutbar.

Das gesundheitliche Belastungsprofil der Registratorentätigkeit ist geprägt durch Arbeiten im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen mit gewisser Regelmäßigkeit bei leicht überwiegend sitzender Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. November 2014 – L 5 R 2514/14 – n.v. – auch zum Folgenden; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 28. April 2010 – L 1 R 807/09 – juris, Rn. 40). In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. In Einzelfällen mögen das Heben und Tragen von Lasten bis zu fünf Kilogramm (Stehordner, gebündelte Akten), kurzzeitige Zwangshaltungen, wie Überkopfarbeiten durch das Einstellen von Ordnern in Regale, und je nach Registratur auch das kurzzeitige Steigen auf Stehleitern vorkommen. Die körperlichen Belastungen hängen aber weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation ab; das Handhaben schwererer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen oder häufige Überkopfarbeiten und das (eigentliche) Arbeiten auf Leitern (über das kurzzeitige Steigen auf Stehleitern zur Einstellung von Aktenstücken in Regale hinaus) ist nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – L 13 R 596/09 – juris, Rn. 37). Besonderen psychischen Belastungen sind Registratoren nicht ausgesetzt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Januar 2005 – L 11 RJ 4993/03 – juris, Rn. 42, unter Hinweis auf das damalige Landesarbeitsamt Baden-Württemberg).

Mit den oben festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers ist eine solche Tätigkeit vereinbar.

(5) Derartige Tätigkeiten existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch in ausreichendem Umfang (so bereits Beschluss des Senats vom 1. Juli 2013 L 4 R 1965/12 – n.v., im Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urteil von 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 – juris, Rn. 32, dort unter Hinweis auf eingeholte Arbeitgeberauskünfte im Bereich des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen sowie auf den Umstand tarifvertraglicher Erfassung).

d) Dem Antrag des Klägers, Prof. Dr. Br. nach § 109 Abs. 1 SGG gutachtlich zu hören, war nicht zu folgen. Gemäß § 109 Abs. 2 SGG kann ein solcher Antrag abgelehnt werden, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreites verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat den Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht. Er wusste bereits aufgrund des ihm 3. November 2015 zugegangenen Schreibens des Berichterstatters, dass die Berufung nach dessen Auffassung keine Aussicht Erfolg hat und dass er beabsichtigt, die mangelnden Erfolgsaussichten in einem Erörterungstermin darzulegen. Die Ladung zu dem angekündigten Erörterungstermin am 4. März 2016 ist dem Kläger am 8. Januar 2016 zugegangen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls aber im Erörterungstermin selbst hätte es ihm oblegen, einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG zu stellen. Der Kläger hat einen solchen Antrag indes im Erörterungstermin bloß angekündigt, nämlich in dem Termin noch keinen Arzt, der gehört werden soll, benannt. Einen Arzt – Dr. R. – hat er gegenüber dem Senat erst am 10. März 2016, Prof. Dr. Br., auf den sich nunmehr sein Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG bezieht, sogar erst am 12. April 2016 benannt. Würde der Senat nun einen Kostenvorschuss nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG anfordern und nach dessen Eingang Prof. Dr. Br. zum Sachverständigen ernennen, wäre mit einer weiteren Verzögerung des Verfahrens um mindestens drei Monate allein hierdurch zu rechnen, selbst wenn Prof. Dr. Br. ein Gutachten nach Aktenlage erstellen würde. Hinzu käme noch weiterer Zeitbedarf aufgrund der Notwendigkeit, den Beteiligten nach Vorlage des Gutachtens Prof. Dr. Br. hierzu rechtliches Gehör zu gewähren. Ein Abschluss des Verfahrens in der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2016 wäre in jedem Fall unmöglich gewesen. Der Senat übt das ihm zustehende Ermessen daher dahingehend aus, den Antrag des Klägers abzulehnen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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