L 11 R 3176/16 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2350/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3176/16 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.07.2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 38.641,02 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Vollzug einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen iHv insgesamt 154.564,08 EUR.

Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen mit dem Gegenstand Entwicklung und Vertrieb von EDV-Konzepten und Betätigung in ähnlichen Wirtschaftsbereichen. Gesellschafter sind R. G. (Geschäftsanteil 37,48%), T. S. (Geschäftsanteil 37,47%) und F. W. (Geschäftsanteil 24,05%). Einzelvertretungsbefugte und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreite Geschäftsführer sind die Gesellschafter G. (seit 01.02.2000) und S. (seit 01.01.2006). Das Stammkapital der Gesellschaft wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 04.12.2012 von 640.000 DM herabgesetzt auf 100.000 EUR. Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst (§ 6 Abs 10 des Gesellschaftsvertrags, zuletzt idF von Dezember 2013). Die Geschäftsführer G. und S. schlossen am 22.12.2009 einen Stimmbindungsvertrag ab, wonach sie sich unbefristet verpflichteten, wechselseitig ihre Stimmrechte aus den Gesellschaftsanteilen nur einheitlich auszuüben und sich vor jeder Abstimmung in einer Gesellschafterversammlung auf die Stimmrechtsausübung zu einigen. Sollte keine Einigung erzielt werden, verpflichteten sie sich, gegen den Beschlussantrag zu stimmen. In den Anstellungsverträgen der Geschäftsführer war ua geregelt, dass diese ihre volle Arbeitskraft sowie ihr ganzes Wissen und Können in die Dienste der Gesellschaft zu stellen haben, in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit frei seien, jedoch jederzeit, soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordere, zu ihrer Verfügung zu stehen und ihre Interessen wahrzunehmen hätten. Dienstsitz sei das Büro der Antragstellerin in E ... Vereinbart war weiter ein festes monatliches Gehalt (ab 2006 iHv 8.800 EUR brutto). Beiträge zur Sozialversicherung und Altersversorgung seien vom Geschäftsführer selbst zu tragen. Weiter war vereinbart eine Lohnfortzahlung für drei Monate bei unverschuldeter Erkrankung oder Dienstverhinderung und ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen.

Vorangegangene Betriebsprüfungen – zuletzt für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 (Bescheid vom 05.04.2011) - waren ohne Beanstandungen geblieben. Ab 29.06.2015 führte die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung durch. Im Rahmen der Schlussbesprechung am 12.08.2015 wurde besprochen, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Gesellschafter-Geschäftsführer separat erfolge. Mit Bescheid vom 09.10.2015 setzte die Antragsgegnerin für den Prüfzeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2014 eine Nachforderung iHv 446,10 EUR fest wegen teilweise unzutreffender Berechnung der U1-Umlage. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status der Gesellschafter bzw Geschäftsführer ggf gesondert entschieden werde.

Nach Einreichung weiterer Unterlagen hörte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25.04.2016 die Antragstellerin zur beabsichtigten Nachforderung von Beiträgen iHv 154.564,08 EUR an. Das durch die Betriebsprüfung eingeleitete Statusfeststellungsverfahren habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Geschäftsführer G. und S. jeweils ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausübten. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer könne Weisungen lediglich dann verhindern, wenn er entweder Anteile von über 50% halte oder eine Sperrminorität zu seinen Gunsten bestehe. Die Stimmrechtsvereinbarung sei zwar rechtlich zulässig, aber nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht wirkungslos zu machen.

Mit Bescheid vom 16.06.2016 setzte die Antragsgegnerin sodann die Nachforderung auf 154.564,08 EUR fest für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2015 (Beiträge zur Rentenversicherung, Arbeitsförderung und Insolvenzumlage).

Mit ihrem Widerspruch vom 30.06.2016 machte die Antragstellerin geltend, in früheren Betriebsprüfungen sei der Status der Geschäftsführer nicht beanstandet worden, es bestehe Vertrauensschutz. Aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung könnten beide Geschäftsführer Entscheidungen gegen ihren Willen verhindern. Hinsichtlich der Beiträge für 2011 werde die Einrede der Verjährung erhoben. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Bescheides. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin unter dem 07.07.2016 ab. Über den Widerspruch wurde bislang – soweit ersichtlich - nicht entschieden.

Am 14.07.2016 hat die Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie geht davon aus, dass § 7a Abs 7 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) auch für Entscheidungen nach § 28p SGB IV gelte, wenn auch über das Vorliegen einer Beschäftigung befunden werde (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz 06.01.2014, L 2 R 409/13 B ER, juris). Für ein mittelständisches Unternehmen sei die Nachzahlung erheblich und daher eine besondere Härte.

Mit Beschluss vom 22.07.2016 hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung, diese folge nicht aus § 7a Abs 7 SGB IV. Wortlaut, Enstehungsgeschichte, Systematik und teleologische Auslegung sprächen gegen eine Erstreckung der Vorschrift auf Verwaltungsakte im Rahmen von Betriebsprüfungen. Insoweit schließe sich das SG der überzeugenden, überwiegenden Auffassung der LSG an. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestünden keine Zweifel. Habe ein Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Gesellschafterstellung einen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft dahingehend, dass er Weisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne, sei regelmäßig ein Beschäftigungsverhältnis ausgeschlossen. Über eine derartige Rechtsmacht verfügten beide Gesellschafter-Geschäftsführer nicht. Die Stimmrechtsvereinbarung sei nicht geeignet, die aus dem Gesellschaftsvertrag folgende Rechtsmacht zu durchbrechen, da beide Gesellschafter diese Vereinbarung jederzeit kündigen könnten (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 26). Nach dem Inhalt der Anstellungsverträge hätten diese ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Es bestehe in der Tätigkeit für die Antragstellerin auch kein Unternehmerrisiko angesichts des monatlich festen Gehalts. Auch die Einrede der Verjährung greife nicht, da diese für die Dauer der Betriebsprüfung vom 29.06.2015 bis 19.05.2016 gehemmt gewesen sei. Durch vorangegangene Betriebsprüfungen werde kein Vertrauensschutz vermittelt, dies gelte auch für Prüfungen in kleineren Betrieben. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.

Am 17.08.2016 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie bleibt dabei, dass die aufschiebende Wirkung aus § 7a Abs 7 Satz 1 SGB IV folge. Das SG schließe sich insoweit der Mindermeinung an. Es sei unlauter, wenn die Antragstellerin mit einer Prüfung überzogen werde, die mehr als ein Jahr dauere, wobei mit der Prüfung der Gehälter erst 2016 in verjährter Zeit begonnen worden sei. Bei zeitlicher Verschleppung dürfe sich die Antragsgegnerin nicht auf die Hemmung der Verjährung berufen. Zu berücksichtigen sei, dass sich die Geschäftsführer in den letzten Jahrzehnten eine eigene Altersvorsorge geschaffen hätten. Bei Würdigung der konkreten Verhältnisse spreche alles dafür, die Geschäftsführer als Unternehmer zu sehen. Sie seien nicht in einen fremden Betrieb eingegliedert, sondern Geschäftsführer im eigenen Betrieb, sie hätten zusammen nahezu 75% der Geschäftsanteile. Als Gesellschafter trügen sie auch das unternehmerische Risiko für die GmbH. Die unternehmerische Tätigkeit dürfe nicht von Formalien abhängig gemacht werden wie dem Fehlen einer Sperrminorität. Selbst wenn das BSG anführe, jeder Stimmbindungsvertrag unterliege dem Kündigungsrecht, sei die erhebliche Machtposition der Geschäftsführer nicht zu verkennen. Zusammen könnten sie auf jeden Fall Entscheidungen der Gesellschaft blockieren. Inzwischen habe die Antragstellerin den Gesellschaftsvertrag geändert, Beschlüsse könnten nun nur mit 2/3-Mehrheit gefasst werden. Die Versicherungsträger treffe die Verpflichtung, bei den vorher durchgeführten Betriebsprüfungen die Frage der Versicherungspflicht von Geschäftsführern umfangreich zu prüfen, dies hätte sich bei der Gehaltssituation aufgedrängt. Die Antragstellerin habe daher auch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch in der Form, dass der Zustand für die Vergangenheit so bleibe und keine Beiträge nachgefordert werden könnten. Die Belastung durch die Beiträge könne bis zur Insolvenz führen. Bei jährlichen Umsätzen im Schnitt von 1,3 Millionen und einem Gewinn von ca 38.000 EUR würde die Antragstellerin keine Gewinne mehr erzielen. Für die sofortige Bezahlung der Forderung müssten Bankkredite in Anspruch genommen werden, die zu Bürgschaften der Geschäftsführer führen würden. Tue die Antragstellerin dies nicht, wäre die Firma insolvent und müssten 10 Vollzeit- und 2 Teilzeitkräfte entlassen werden. Auf jeden Fall würde die Begleichung der Forderung den Abbau des Personals um Minimum ein bis zwei Vollzeitkräfte bedeuten.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegen getreten. Soweit die Antragstellerin das Verwaltungsverfahren rüge, sei darauf hinzuweisen, dass bei der Schlussbesprechung am 12.08.2015 besprochen worden sei, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Gesellschafter-Geschäftsführer separat erfolge. Danach sei unverzüglich die Prüfung eingeleitet worden. Der Steuerberater der Antragstellerin habe mit Schreiben vom 21.12.2015 die angeforderten Unterlagen vorgelegt. Nach Auswertung sei am 25.04.2016 die Anhörung erfolgt. In der Sache hätten die Gesellschafter-Geschäftsführer beide nicht die Rechtsmacht gehabt, um auf die Geschicke der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss zu nehmen. Stimmrechtsvereinbarungen seien von ihrer rechtlichen Qualität her nicht anders zu beurteilen als eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende praktische Handhabung. Auch hierzu habe sich das BSG klar positioniert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs 1 SGG statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG). Sie ist aber nicht begründet.

Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p SGB IV nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 04.09.2013, L 11 2315/13 ER-B, 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29.07.2010, L 11 R 2595/10 ER-B, alle veröffentlicht in juris). Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Bescheid nach § 28p SGB IV um eine Grundlagenbescheid handelt und das eigentliche Vollstreckungsverfahren erst durch die Einzugsstelle erfolgt (vgl dazu BSG 28.05.2015, B 12 R 16/13 R, SozR 4-2400 § 28p Nr 5).

Im konkreten Fall liegt auch eine Betriebsprüfung iSv § 28p SGB IV vor und keine Statusfeststellung nach § 7a SGB IV. Die Antragsgegnerin hat kein getrenntes Verfahren zur Statusfeststellung eingeleitet neben der laufenden Betriebsprüfung (zu einer derartigen Konstellation vgl LSG Niedersachsen-Bremen, 20.06.2016, L 2 R 276/16 B ER, juris), sondern im Rahmen der Betriebsprüfung die inzident zu klärende Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status der Gesellschafter-Geschäftsführer zunächst ausgeklammert und nach weiteren Ermittlungen entschieden. Ausdrücklich enthielt der Betriebsprüfungsbescheid vom 09.10.2015 nur eine Teilregelung womit klargestellt war, dass das Betriebsprüfungsverfahren insgesamt noch nicht abgeschlossen war.

Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist § 7a Abs 7 SGB IV auf Bescheide, die im Rahmen einer Betriebsprüfung ergehen, nicht anwendbar (vgl Senatsbeschlüsse vom 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris und vom 17.01.2014, L 11 R 5134/13). Der Senat sieht sich insoweit nach wie vor im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung der Obergerichte (ebenso Bayerisches LSG 16.03.2010, L 5 R 21/10 B ER; LSG Hamburg 16.04.2012, L 3 R 19/12 B ER; mit ausführlicher Begründung LSG Nordrhein-Westfalen 20.12.2012, L 8 R 565/12 B ER und 11.05.2015, L 8 R 106/15 B ER; Hessisches LSG 22.08.2013, L 1 KR 228/13 B ER; Sächsisches LSG 30.08.2013, L 1 KR 129/13 B ER; Schleswig-Holsteinisches LSG 07.09.2015, L 5 KR 147/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg 15.12.2015, L 9 KR 192/15 B ER; jeweils juris; aA soweit ersichtlich nur LSG Rheinland-Pfalz 06.01.2014, L 2 R 409/13 B ER und Thüringer LSG 03.06.2015, L 12 R 539/15 B ER, juris).

Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel iSv § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B mwN, juris). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).

Das SG hat zu Recht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, denn ein Erfolg in der Hauptsache ist nicht überwiegend wahrscheinlich.

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht.

Nach im Eilverfahren gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (stRSpr, vgl zum Folgenden eingehend BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4- 2400 § 7 Nr 26; 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 24 = SGb 2015, 554, mit Anm Thees, Beitragsfalle Familiengesellschaften: Das Ende der "Schönwetter-Selbständigkeit", DB 2016, 352). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 Rn 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 Rn 16 mwN).

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R unter Hinweis auf BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Rn 25 ff).

Ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem Beschäftigungsverhältnis steht, ist ebenfalls nach den oben dargelegten Grundsätzen zu beurteilen. Dies ist grundsätzlich auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern neben deren gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20; BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG 06.03.2003, B 11 AL 25/02 R, aaO). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13; BSG 23.06.1994, 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw Entlassung nicht verhindern kann (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN zur Rechtsprechung des BSG).

Ausgehend von den Anstellungsverträgen wurde die Geschäftsführertätigkeit bei der Antragstellerin im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübt. Diese Verträge haben sowohl nach ihrer Bezeichnung als auch nach ihrem Inhalt - etwa monatlich festes Gehalt, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Tatsächliche Abweichungen von dieser Vereinbarung sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB spricht nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (BSG 29.08.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-182). Ein Anspruch auf eine Gewinntantieme (von der Antragstellerin geltend gemacht, aber nicht näher dargelegt) ist ebenfalls nicht als zwingendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten, sondern ist auch bei einer abhängigen Beschäftigung nicht ungewöhnlich (Senatsurteil vom 30.09.2014 - L 11 R 2662/13 mwN).

Am Stammkapital der Antragstellerin haben die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einen Stimmanteil von 37,48% bzw 37,47% gehalten. Da Beschlüsse im Prüfzeitraum mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassen waren und die Gesellschafter-Geschäftsführer keine Sperrminorität hatten, konnten sie kraft ihres Gesellschaftsanteils keinen bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung und Geschicke der Antragstellerin ausüben und etwaige Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall nicht jederzeit verhindern. Die insbesondere für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach bestimmte Angestellte einer Familiengesellschaft ausnahmsweise als Selbstständige zu betrachten sind, wenn sie faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen, ist für die Statusbeurteilung im sozialversicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis nicht heranzuziehen (BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 24).

Nichts anderes folgt aus der Stimmbindungsvereinbarung vom 22.12.2009. Stimmbindungsverträge stellen rein schuldrechtliche Vereinbarungen dar (BGH 25.09.1986, II ZR 272/15, NJW 1987, 890). Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl BGHZ 126, 226, 234 = NJW 1994, 2536; BGHZ 179, 13, 19 = NJW 2009, 669). Auch wenn sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, sind sie jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs 1 S 1 BGB). Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage prägen die Abwägungsentscheidung zum sozialversicherungsrechtlichen Status nicht iS einer strikten Parallelwertung zwingend vor; ihnen kommt keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Gesamtabwägung von vornherein den Ausschlag gebende, dh entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit zu (BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R Rn 23 ff, juris). Eine unterschiedliche Bewertung von Stimmrechtsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits ist durch die verschiedenen Sachstrukturen der jeweiligen Rechtsbereiche gerechtfertigt (BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R unter Hinweis auf Bernsdorff, DB 2014, 1551 (1555)). Eine Stimmabgabe ist in der Regel auch dann gültig, wenn sie entgegen einem wirksamen Stimmbindungsvertrag erfolgt; ein Mangel des Gesellschafterbeschlusses wird durch eine Stimmabgabe entgegen der Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht bewirkt (vgl Senatsurteil vom 24.06.2014, L 11 KR 5338/12; OLG Köln 25.07.2002, 18 U 60/02, juris; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl, § 47 RdNr 117). Lediglich im Innenverhältnis zwischen einzelnen Gesellschaftern wirkende Stimmrechtsvereinbarungen können daher an dem Beschäftigtenstatus des Beigeladenen zu 1) nichts ändern (Senatsurteil vom 24.06.2014, L 11 KR 5338/12; LSG Hamburg 04.09.2013, L 2 R 111/12, juris). Die außerhalb des Gesellschaftsvertrages von den Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung ist daher nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden "Rechtsmachtverhältnisse" mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu "verschieben", weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R – juris Rn 25 mwN). Auch dass Kündigungsrechte in der vorliegend zu beurteilenden Zeit tatsächlich nicht ausgeübt wurden, ist im sozialversicherungsrechtlichen Kontext ohne Bedeutung (BSG 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, juris RdNr 26).

Auch wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen konnten bzw können, steht dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Denn diese Möglichkeit besteht häufig bei leitenden Angestellten. Deren Tätigkeiten werden aber trotz fehlender Weisungen hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Ausführung der Tätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (Senatsurteil vom 30.09.2014, L 11 R 2662/13 mwN). So liegt der Fall hier, da die Gesellschafter-Geschäftsführer trotz aller eingeräumten Freiheiten von Beginn an bis heute in die Arbeitsorganisation der Antragstellerin eingebunden sind.

Damit überwiegen vorliegend ganz eindeutig die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, weshalb nach einer Berücksichtigung und Abwägung der unterschiedlichen Merkmale nach dem Gesamtbild von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist.

Gegen die Beitragsforderung kann sich die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, gilt im Grundsatz, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus Betriebsprüfungen, bei denen sich erst später herausstellt, dass die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht von Mitarbeitern vom geprüften Arbeitgeber schon im Prüfzeitraum unzutreffend beurteilt wurde, dieses im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war, keine weitergehenden Rechte herleiten können. Denn Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (BSG 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, BSGE 115, 1, SozR 4-2400 § 27 Nr 5 Rn 24 mwN). Eine Betriebsprüfung besagt nur, welches versicherungsrechtliche Ergebnis aus dem geprüften Sachverhalt hervorgeht, weshalb Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Recht haben, gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und Beitragspflicht des Arbeitnehmers in Form eines Verwaltungsaktes herbeizuführen oder das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV durchzuführen (vgl BSG 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, BSGE 115, 1, SozR 4-2400 § 27 Nr 5; 29.07.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr 1 unter Hinweis auf BSG SozR 2400 § 2 Nr 3 und BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 7).

In den Betriebsprüfungsbescheiden für die Prüfzeiträume vor dem 01.01.2011 wurden Feststellungen zum Status der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht getroffen. Die Antragsgegnerin hat ihre Befugnis zur Feststellung des versicherungsrechtlichen Status der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht verwirkt (vgl dazu etwa BSG 11.08.2015, B 9 SB 2/15 R, SozR 4-1300 § 48 Nr 31 Rn 22). Sie war auch nicht verpflichtet, vollumfängliche Prüfungen vorzunehmen und insbesondere den Status der Gesellschafter-Geschäftsführer zu klären. Aus der Rechtsprechung des BSG ergibt sich insoweit nichts anderes. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin auf die Entscheidung des BSG vom 11.11.2015 (B 12 KR 13/14 R, aaO) Bezug nimmt, wird dort zwar ausgeführt, dass es grundsätzlich im Interesse aller Beteiligten liege, die Frage der Versicherungspflicht schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären. Das BSG folgert daraus jedoch keineswegs eine umfassende Prüfungspflicht im Rahmen des § 28p SGB IV – die Entscheidung war zu § 7a SGB IV ergangen – sondern untermauert mit diesem Gesichtspunkt die Bedeutung der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Beurteilungen in Abweichung zu den Wertungen im Gesellschaftsrecht. Die Antragstellerin bzw die Gesellschafter-Geschäftsführer selbst hätten zur Klärung ihres Status jederzeit die Möglichkeit gehabt, ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV in Gang zu setzen.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Verjährung berufen. Nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Verjährung wird nach § 25 Abs 2 Satz 2 SGB IV für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Tag der Prüfung beim Arbeitgeber und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheids, spätestens nach Ablauf von 6 Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung (§ 25 Abs 2 Satz 4 SGB IV). Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB). Da ab 29.06.2015 durch die Arbeitgeberprüfung die Verjährung gehemmt war, waren auch die Beiträge für das Jahr 2011 bei Erlass des Beitragsbescheids am 16.06.2016 noch nicht verjährt.

Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 154.564,08 EUR bedeutet für die Antragstellerin keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs hat sich der Senat der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen (Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (Bayerisches LSG 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Zerstörung seiner Lebensgrundlage zur Folge hätte (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris). Dies ist hier jedoch nach den Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Senatsbeschlüsse vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B; 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier ein Viertel von 154.564,08 EUR, also 38.641,02 EUR.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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