Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 AY 25/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die in § 2 Abs. AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII.
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Antrag, der darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, bleibt ohne Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, d.h. einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Seinem Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt, die ihm von der Antragsgegnerin noch bis 31.05.2015 in analoger Anwendung der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gem. § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gewährt worden waren, steht § 22 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sind, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt, §§ 27 ff.) und Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, §§ 41 ff.) des SGB XII. Nach Satz 2 können in besonderen Härtefällen Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.
§ 22 Abs. 1 SGB XII ist vorliegend anwendbar. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Dass diese Voraussetzungen für den Anspruch auf Analogleistungen in der Person des Antragstellers grundsätzlich vorlagen, ist offenbar zwischen den Beteiligten unstreitig und kann daher für das Eilverfahren unterstellt werden. Die in § 2 Abs. 1 AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 – L 23 B 1008/05 AY ER; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 03/12, Rn. 1; Oppermann, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 AsylbLG, Rn. 129; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 2 AsylbLG, Rn. 12; a.A. – allerdings bezogen auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG – OVG Münster, Beschluss vom 15.06.2001 – 12 B 795/00 –, juris, zur Vorgängervorschrift § 26 Bundessozialhilfegesetz –BSHG).
Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor. Der Antragsteller ist Auszubildender, da er seit 01.02.2015 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Wassertechnik absolviert, die voraussichtlich am 31.07.2018 beendet sein wird (vgl. den Berufsausbildungsvertrag vom 19.01.2015, Bl. 64 ff. Verwaltungsakte). Die Ausbildung ist auch nach § 57 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig, da es sich um eine betriebliche Berufsausbildung handelt, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird (vgl. die Verordnung über die Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker vom 24.06.2003, BGBl. I S. 1012, 1439, geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 29.07.2003, BGBl. I S. 1543) und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Infolgedessen erhält der Antragsteller auch tatsächlich neben seiner Ausbildungsvergütung iHv 410,- EUR Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) von der Bundesagentur für Arbeit iHv 214,- EUR monatlich (Bescheid vom 18.05.2015).
Eine der nach § 22 Abs. 2 SGB XII vorgesehenen Ausnahmen vom Leistungsausschluss liegt im Falle des Antragstellers nicht vor. Für die überhaupt nur in Betracht zu ziehende tatbestandliche Alternative des § 22 Abs. 2 Ziff. 2 SGB XII müsste sich der Bedarf des Antragstellers nach § 62 Abs. 1 SGB III bemessen. Diese Vorschrift betrifft indes den Bedarf für den Lebensunterhalt bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, um die es sich hier nicht handelt.
Der Antragsteller kann auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für sich in Anspruch nehmen.
Der Begriff des besonderen Härtefalles unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dabei ist in systematischer Hinsicht zunächst der Ausnahmecharakter der Vorschrift im Verhältnis zu dem in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII grundsätzlich angeordneten Leistungsausschluss zu beachten, womit eine restriktive Auslegung angezeigt ist. In sprachlicher Hinsicht wird der Ausnahmecharakter durch den Zusatz "besondere" betont. Darüber hinaus ist der Zweck des angeordneten Leistungsausschlusses zu berücksichtigen, der darin besteht, die Inanspruchnahme von ergänzender Sozialhilfe zu verhindern, wenn die Notlage durch eine abstrakt förderungsfähige Ausbildung verursacht wird (Voelzke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 22 Rn. 20; vgl. auch zur Parallelvorschrift § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch BSG, Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 145/10 R –, juris). Bereits mit der Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG sollte in Fällen, in denen eine Förderung nach dem BAföG oder dem SGB III und damit gleichsam sondergesetzlich ausgeschlossen war, eine "versteckte" Förderung auf der Ebene des Sozialhilferechts verhindert werden (OVG Hamburg, Beschluss vom 09.09.1997 – Bs IV 36/97 –, NordÖR 1998, 211). Mit § 22 SGB XII beabsichtigte der Gesetzgeber, den früheren § 26 BSHG "inhaltsgleich" zu übertragen (BT-Drs. 15/1514, S. 57).
Ausgehend davon ist ein besonderer Härtefall nur anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und auch mit Rücksicht auf den genannten Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d. h. als unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheinen (BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 16/91 – BVerwGE 94, 224, 228; BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R –, juris).
Im Falle des Antragstellers sind keine solchen Gründe erkennbar. Der vorliegende Sachverhalt ist damit nicht als außergewöhnlich, also vom Regelfall der Versagung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII abweichend, zu qualifizieren. Der Antragsteller steht bei fehlender Bewilligung von Leistungen durch die Antragsgegnerin vor der Schwierigkeit, seine trotz Ausbildungsvergütung und BAB vorhandene Bedarfslücke zu schließen. Es handelt sich dabei aber gerade um das typische Problem aller Auszubildenden, die eine nicht bedarfsdeckende Ausbildungsförderung erhalten. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass es sich bei Auszubildenden regelmäßig um junge Menschen handelt, die einerseits ihre Lebensführung vorübergehend einschränken können und von denen andererseits erwartet werden kann, dass sie sich etwas hinzuverdienen (Voelzke aaO Rn. 58).
Der Antragsteller fällt auch nicht unter die in der Rechtsprechung als möglicher Härtefall anerkannte Gruppe jener Auszubildenden, die in absehbarer Zeit vor dem Abschluss stehen (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R –, juris: Belegt bspw. durch Meldung zur Abschlussprüfung) und denen durch den Abbruch wegen einer plötzlichen Notlage der Verlust der Ergebnisse ihrer bisherigen Bemühungen drohen. Denn der Antragsteller hat bislang erst ein gutes Jahr der insgesamt dreieinhalb Jahre dauernden Ausbildung absolviert.
Soweit in der Rechtsprechung ein besonderer Härtefall darüber hinaus angenommen wird, sofern eine nach dem BAföG oder dem SGB III förderungsfähige Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, Urteil vom 01.07.2009 aaO), trifft dies auf den Antragsteller ebenfalls nicht zu.
Es liegen darüber hinaus auch weder gesundheitliche noch soziale Gründe vor, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten. Dabei hat das Gericht zur Kenntnis genommen, dass der Antragsteller offenbar im Jahre 2012 ein therapeutisches Erstgespräch bei einer Diplom-Psychologin der Einrichtung "h. –G." geführt hat (Bericht vom 04.06.2012, Vorheftung Verwaltungsakte), ohne dass aber Näheres erkennbar oder vorgetragen wäre.
Auch verkennt das Gericht nicht die Integrationsleistung des 2011 in die Bundesrepublik eingereisten Antragstellers. Gleichwohl begründet dies keine atypische Situation. Vielmehr handelt es sich dabei um Herausforderungen und erforderliche Bemühungen, mit denen sich alle zugewanderten Personen konfrontiert sehen.
Soweit schlussendlich die Verwaltungsvorschriften der Antragsgegnerin (Ziffer 2.1. der Konkretisierungen zu § 22 SGB XII – Sonderregelung für Auszubildende vom 01.01.2005 –, Gz.: SI 224/111.20-3-1-13) die Möglichkeit vorsehen, einen Härtefall auch bei Personen anzunehmen, für deren soziale Integration bereits öffentliche Mittel aufgewandt wurden, insbesondere, wenn die Verweigerung der Hilfe zum Lebensunterhalt zum Zweck der Ausbildung dem mit dem Einsatz der öffentlichen Mittel verfolgten Ziel zuwiderliefe, vermitteln diese Erwägungen keinen Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Leistung.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
I. Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Antrag, der darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, bleibt ohne Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, d.h. einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen.
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Seinem Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt, die ihm von der Antragsgegnerin noch bis 31.05.2015 in analoger Anwendung der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gem. § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gewährt worden waren, steht § 22 Abs. 1 SGB XII entgegen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig sind, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel (Hilfe zum Lebensunterhalt, §§ 27 ff.) und Vierten Kapitel (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, §§ 41 ff.) des SGB XII. Nach Satz 2 können in besonderen Härtefällen Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.
§ 22 Abs. 1 SGB XII ist vorliegend anwendbar. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Dass diese Voraussetzungen für den Anspruch auf Analogleistungen in der Person des Antragstellers grundsätzlich vorlagen, ist offenbar zwischen den Beteiligten unstreitig und kann daher für das Eilverfahren unterstellt werden. Die in § 2 Abs. 1 AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 – L 23 B 1008/05 AY ER; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 03/12, Rn. 1; Oppermann, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 AsylbLG, Rn. 129; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 2 AsylbLG, Rn. 12; a.A. – allerdings bezogen auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG – OVG Münster, Beschluss vom 15.06.2001 – 12 B 795/00 –, juris, zur Vorgängervorschrift § 26 Bundessozialhilfegesetz –BSHG).
Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII liegen vor. Der Antragsteller ist Auszubildender, da er seit 01.02.2015 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Wassertechnik absolviert, die voraussichtlich am 31.07.2018 beendet sein wird (vgl. den Berufsausbildungsvertrag vom 19.01.2015, Bl. 64 ff. Verwaltungsakte). Die Ausbildung ist auch nach § 57 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig, da es sich um eine betriebliche Berufsausbildung handelt, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt wird (vgl. die Verordnung über die Berufsausbildung zum Anlagenmechaniker vom 24.06.2003, BGBl. I S. 1012, 1439, geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 29.07.2003, BGBl. I S. 1543) und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Infolgedessen erhält der Antragsteller auch tatsächlich neben seiner Ausbildungsvergütung iHv 410,- EUR Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) von der Bundesagentur für Arbeit iHv 214,- EUR monatlich (Bescheid vom 18.05.2015).
Eine der nach § 22 Abs. 2 SGB XII vorgesehenen Ausnahmen vom Leistungsausschluss liegt im Falle des Antragstellers nicht vor. Für die überhaupt nur in Betracht zu ziehende tatbestandliche Alternative des § 22 Abs. 2 Ziff. 2 SGB XII müsste sich der Bedarf des Antragstellers nach § 62 Abs. 1 SGB III bemessen. Diese Vorschrift betrifft indes den Bedarf für den Lebensunterhalt bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, um die es sich hier nicht handelt.
Der Antragsteller kann auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für sich in Anspruch nehmen.
Der Begriff des besonderen Härtefalles unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dabei ist in systematischer Hinsicht zunächst der Ausnahmecharakter der Vorschrift im Verhältnis zu dem in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII grundsätzlich angeordneten Leistungsausschluss zu beachten, womit eine restriktive Auslegung angezeigt ist. In sprachlicher Hinsicht wird der Ausnahmecharakter durch den Zusatz "besondere" betont. Darüber hinaus ist der Zweck des angeordneten Leistungsausschlusses zu berücksichtigen, der darin besteht, die Inanspruchnahme von ergänzender Sozialhilfe zu verhindern, wenn die Notlage durch eine abstrakt förderungsfähige Ausbildung verursacht wird (Voelzke, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 22 Rn. 20; vgl. auch zur Parallelvorschrift § 7 Abs. 5 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch BSG, Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 145/10 R –, juris). Bereits mit der Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG sollte in Fällen, in denen eine Förderung nach dem BAföG oder dem SGB III und damit gleichsam sondergesetzlich ausgeschlossen war, eine "versteckte" Förderung auf der Ebene des Sozialhilferechts verhindert werden (OVG Hamburg, Beschluss vom 09.09.1997 – Bs IV 36/97 –, NordÖR 1998, 211). Mit § 22 SGB XII beabsichtigte der Gesetzgeber, den früheren § 26 BSHG "inhaltsgleich" zu übertragen (BT-Drs. 15/1514, S. 57).
Ausgehend davon ist ein besonderer Härtefall nur anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und auch mit Rücksicht auf den genannten Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d. h. als unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheinen (BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 16/91 – BVerwGE 94, 224, 228; BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R –, juris).
Im Falle des Antragstellers sind keine solchen Gründe erkennbar. Der vorliegende Sachverhalt ist damit nicht als außergewöhnlich, also vom Regelfall der Versagung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII abweichend, zu qualifizieren. Der Antragsteller steht bei fehlender Bewilligung von Leistungen durch die Antragsgegnerin vor der Schwierigkeit, seine trotz Ausbildungsvergütung und BAB vorhandene Bedarfslücke zu schließen. Es handelt sich dabei aber gerade um das typische Problem aller Auszubildenden, die eine nicht bedarfsdeckende Ausbildungsförderung erhalten. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass es sich bei Auszubildenden regelmäßig um junge Menschen handelt, die einerseits ihre Lebensführung vorübergehend einschränken können und von denen andererseits erwartet werden kann, dass sie sich etwas hinzuverdienen (Voelzke aaO Rn. 58).
Der Antragsteller fällt auch nicht unter die in der Rechtsprechung als möglicher Härtefall anerkannte Gruppe jener Auszubildenden, die in absehbarer Zeit vor dem Abschluss stehen (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R –, juris: Belegt bspw. durch Meldung zur Abschlussprüfung) und denen durch den Abbruch wegen einer plötzlichen Notlage der Verlust der Ergebnisse ihrer bisherigen Bemühungen drohen. Denn der Antragsteller hat bislang erst ein gutes Jahr der insgesamt dreieinhalb Jahre dauernden Ausbildung absolviert.
Soweit in der Rechtsprechung ein besonderer Härtefall darüber hinaus angenommen wird, sofern eine nach dem BAföG oder dem SGB III förderungsfähige Ausbildung die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (BSG, Urteil vom 01.07.2009 aaO), trifft dies auf den Antragsteller ebenfalls nicht zu.
Es liegen darüber hinaus auch weder gesundheitliche noch soziale Gründe vor, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten. Dabei hat das Gericht zur Kenntnis genommen, dass der Antragsteller offenbar im Jahre 2012 ein therapeutisches Erstgespräch bei einer Diplom-Psychologin der Einrichtung "h. –G." geführt hat (Bericht vom 04.06.2012, Vorheftung Verwaltungsakte), ohne dass aber Näheres erkennbar oder vorgetragen wäre.
Auch verkennt das Gericht nicht die Integrationsleistung des 2011 in die Bundesrepublik eingereisten Antragstellers. Gleichwohl begründet dies keine atypische Situation. Vielmehr handelt es sich dabei um Herausforderungen und erforderliche Bemühungen, mit denen sich alle zugewanderten Personen konfrontiert sehen.
Soweit schlussendlich die Verwaltungsvorschriften der Antragsgegnerin (Ziffer 2.1. der Konkretisierungen zu § 22 SGB XII – Sonderregelung für Auszubildende vom 01.01.2005 –, Gz.: SI 224/111.20-3-1-13) die Möglichkeit vorsehen, einen Härtefall auch bei Personen anzunehmen, für deren soziale Integration bereits öffentliche Mittel aufgewandt wurden, insbesondere, wenn die Verweigerung der Hilfe zum Lebensunterhalt zum Zweck der Ausbildung dem mit dem Einsatz der öffentlichen Mittel verfolgten Ziel zuwiderliefe, vermitteln diese Erwägungen keinen Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Leistung.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
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