L 1 U 3619/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 1230/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3619/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Neufeststellung einer Verletztenrente.

Der 1966 geborene Kläger ist als Gabelstaplerfahrer/Schmelzer bei D. beschäftigt. Er erlitt am 25. September 1996 einen Arbeitsunfall, als bei Kontrollarbeiten auf dem Maschinenpodest einer Druckgießmaschine sein linker Unterschenkel eingeklemmt wurde. Im Durchgangsarztbericht vom 26. September 1996 führte Dr. K., Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Städtische Kliniken E., aus, es liege eine Innenknöchelfraktur und eine Fibulaschaftfraktur vor. Am 21. Dezember 1996 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Im ersten Rentengutachten vom 28. Januar 1997 beschrieb Dr. K. eine bimalleoläre Sprunggelenksluxationsfraktur links mit Außenknöchelfraktur vom Typ Weber C und knöchernem Ausriss der vorderen Syndesmose als entstandene Verletzungen. Als wesentliche Unfallfolgen beschrieb er einen Zustand nach operativ versorgter Sprunggelenksluxationsfraktur bei noch liegendem Osteosynthesematerial, eine deutliche Gebrauchsminderung des linken Fußes für längere körperliche Arbeiten, belastungsabhängige, vor allem abendliche Schwellneigung des linken Unterschenkels und Fußes, eine Sensibilitätsminderung von der körperfernen Vorderseite des Unterschenkels bis zum Fußrücken, eine Einschränkung der Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk sowie röntgenologische Veränderungen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er vom 23. Dezember 1996 bis 24. September 1997 mit 20 v.H., danach mit 10 v.H. Mit Bescheid vom 25. März 1997 bewilligte die Beklagte vorläufige Rente als Gesamtvergütung für die Zeit vom 23. Dezember 1996 bis 30. September 1997 und erkannte als Unfallfolgen an: Bewegungseinschränkung der Sprunggelenke mit Belastungsschmerzen und Schwellneigung sowie Gefühlsstörungen im Knöchelbereich nach Brüchen des Sprunggelenks und Innenknöchels sowie des Außenknöchels mit Bandabriss links. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Im September 1997 beantragte der Kläger wegen fortbestehender Beschwerden die weitere Gewährung einer Verletztenrente. Prof. Dr. H. erstattete unter dem 27. November 1997 daraufhin das weitere Rentengutachten. Als Unfallfolgen beschrieb er einen insgesamt unauffälligen Lokalbefund mit guter Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk links. Er sah keine HinW. für eine lokale Reizerscheinung und beschrieb eine auch röntgenologisch nachgewiesene knöcherne Konsolidierung in achsgerechter Stellung. Bei den vom Kläger angegebenen Belastungsschmerzen sei eine Aggravation nicht auszuschließen. Die angegebenen Parästhesien seien morphologisch schwer einzuordnen und am ehesten auf eine Schädigung der sensiblen Innervation infolge der Operation zurückzuführen. Diese werde sich zunehmend regenerieren. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22. Januar 1998 schlug er eine MdE um 10 v.H. vom 1. Oktober bis 24. November 1997 und von unter 10 v.H. ab 25. November 1997 bis auf weiteres vor.

Mit Bescheid vom 11. März 1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 1998 zurückgewiesen. Das sich anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG, Az.: S 1 U 4124/98) endete durch Klagerücknahme.

Im Januar 2002 teilte der Facharzt für Allgemeinmedizin L. der Beklagten mit, die Unfallfolgen hätten sich verschlimmert. Durchgangsarzt Prof. Dr. D., Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Städtische Kliniken E., berichtete unter dem 28. Januar 2002 und 21. April 2004 über einen Zustand nach bimalleoläerer OSG-Fraktur links und Osteosynthese sowie chronischen Schmerzen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. beschrieb in seinem Arztbrief vom 21. Februar 2002 eine distale sensible Störung des Nervus ulnaris-Narbenbereichs ohne funktionelle Bedeutung. Er führte aus, es bestünden neurologisch keine weiterführenden Auffälligkeiten.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Prof. Dr. D. am 29. November 2004 das Rentengutachten. Er beschrieb einen Zustand nach bimalleolärer Sprunggelenksfraktur links, diese sei knöchern achsgerecht konsolidiert mit geringgradiger endgradiger Bewegungseinschränkung für Plantarflexion und Dorsalextension. Weiter führte er aus, die Gelenkfläche des linken Sprunggelenks sei normal konfiguriert und zeige allenfalls eine geringgradige Gelenkspaltverschmälerung ohne wesentliche osteophytären Aufziehungen. Derzeit bestehe auch kein Hinweis auf relevante Arthrosezeichen. Die MdE belaufe sich auf 10 v.H.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2005 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 7. März 2005 Klage zum SG erhoben. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. B., Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, am 22. August 2005 ein Gutachten erstattet. Er hat ausgeführt, beim Kläger am 7. Juli 2005 eine Arthroskopie durchgeführt zu haben. Dabei habe sich eine erhebliche bis massive Gewebsvermehrung der Gelenkschleimhaut im linken Sprunggelenk gezeigt mit einer erheblichen Verkleinerung des freien Gelenkraums im vorderen Gelenkabschnitt. Zum Teil habe die Gelenkschleimhaut an der vorderen Kante der Schienbeingelenkfläche angeheftet. Es lägen narbige, strangförmige Veränderungen zum Innenknöchel hin vor. Tiefergehende Knorpeldefekte seien nicht nachzuW.n. Das am 3. März 2005 durchgeführte Kernspintomogramm habe darüber hinaus eine zystische Osteonekrose im Bereich der dorsomedialen distalen Tibiagelenkfläche sowie eine diskrete Sprunggelenksarthrose gezeigt. Hinzu komme eine deutliche Einschränkung der Sprunggelenksbeweglichkeit. Eine MdE um 20 v.H. sei zu vertreten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2006 hat der Vertreter der Beklagten das Zusammenhangsgutachten des Prof. Dr. W. vom 6. Februar 2006 zu den Akten gegeben.

Durch Urteil vom 30. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, beim Kläger liege lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung des Sprunggelenks vor. Auch wenn Dr. B. im Rahmen seiner Untersuchung eine wesentlich schlechtere Beweglichkeit mitgeteilt habe, sei diese bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 29. August 2005 doch wieder deutlich verbessert gewesen, so dass eine MdE um 10 v.H. die bestehenden funktionellen Einschränkungen angemessen berücksichtige.

Gegen das ihm am 13. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Juli 2006 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht, Dr. B. habe aufgrund seiner Untersuchungen zutreffend die MdE um 20 v.H. eingeschätzt. Außerdem liege eine besondere berufliche Betroffenheit vor, da der Kläger aufgrund seiner überwiegend stehenden Tätigkeit besonders unter den Belastungsschmerzen und der Schwellneigung leide.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2006 sowie den Bescheid vom 13. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. ab 27. Mai 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Gericht hat den Facharzt für Orthopädie Dr. M. mit der Erstellung eines orthopädischen Fachgutachtens beauftragt, das dieser unter dem 18. Januar 2007 erstellt und zu dem er am 22. Februar 2007 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben hat. Auf das Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme wird inhaltlich verwiesen.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweisen Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wobei die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII). Dabei richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente hat, da seine Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Bei seiner Beurteilung stützt sich der Senat auf das schlüssige und überzeugende Gutachten von Dr. M. sowie seine ergänzende Stellungnahme.

Dr. M. hat ausgeführt, die mehrfach durchgeführte Bewegungsmessung im oberen und unteren Sprunggelenk habe ergeben, dass das Fußheben links um etwa 5 Grad gegenüber rechts eingeschränkt sei und das Senken des Fußes mit 30 Grad beiderseits seitengleich möglich gewesen sei. Bei forcierter Bewegungsprüfung im oberen Sprunggelenk sei es zu keiner gestischen oder verbalen Schmerzäußerung gekommen. Eine vermehrte supinatorische Aufklappung liege nicht vor. Die Bewegungsprüfung im unteren Sprunggelenk habe eine allenfalls minimale Einschränkung des Hebens des Fußaußenrandes von maximal 1/5 erbracht. Die Zehengelenksbeweglichkeit sei beiderseits gleich. Bei der Umfangsmessung im Seitenvergleich haben sich seitengleiche Umfangmaße am Oberschenkel, eine minimale Umfangvermehrung der Knöchelregion um 1 cm bei seitengleichem Wadenumfang ergeben. Die Fußsohlenbeschwielung sei seitengleich, Blutumlaufstörungen liegen nicht vor.

Darüber hinaus liegen unfallursächlich eine geringfügige, beginnende, posttraumatische Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenkspaltes sowie im Kernspintomogramm vom 3. März 2005 erkennbare cystische Läsionen im Bereich der gelenknahen Anteile des Schienbeins vor.

Wie Dr. M. überzeugend ausgeführt hat, ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger, wie von ihm geschildert, seit dem Unfall tatsächlich unter einer zunehmenden Verschlechterung des Befunds und einer Verschlimmerung der Beschwerden leidet. Denn die seitengleiche Ausprägung der Beinmuskulatur spricht in der Tat für eine gute Gebrauchsfähigkeit und insbesondere den tatsächlichen, gleichmäßigen Gebrauch der unteren Extremitäten. Wenn es schmerzbedingt zu einer erheblichen Einschränkung der Belastbarkeit kommen würde, müsste man eine deutliche Muskelminderung, insbesondere im Bereich der Wadenmuskulatur erkennen können. Dies ist aber nicht der Fall.

Dr. M. hat für den Senat anhand der mitgeteilten funktionellen Einschränkungen, die für die Feststellung der MdE allein maßgeblich sind, schlüssig abgeleitet, dass weiterhin eine MdE um 10 v.H. vorliegt (vgl. insoweit auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 746).

Soweit Dr. B. im Rahmen seiner Messungen eine mit 0-0-20 deutlich eingeschränkte Beweglichkeit des Sprunggelenks gemessen hat, hat Dr. M. zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Bewegungseinschränkung durch im Kernspintomogramm drei Tage später festgestellte Reizung der Gelenkschleimhaut erklärt werden kann, diese entzündliche Veränderung aber schon bald wieder abgeklungen war, wie die Messung von Prof. Dr. W. im August 2005 sowie die von Dr. M. selbst festgestellten Messwerte belegen.

Soweit der Kläger weitergehende Beschwerden formuliert, sind diese durch die klinischen und radiologischen Befunde nicht zu objektivieren.

Dem Kläger steht auch unter dem Gesichtspunkt der besonderen beruflichen Betroffenheit kein Rentenanspruch zu.

Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte, von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

Die Höhe der MdE richtet sich grundsätzlich nicht nach den Beeinträchtigungen im erlernten oder ausgeübten Beruf. Die MdE ist vielmehr ein Maßstab, der sich an den theoretisch verbliebenen Einsatzmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens orientiert (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII - Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung). Eine Höherbewertung der die MdE rechtfertigenden Nachteile nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII kommt deshalb nur ausnahmsW. dann in Betracht, wenn unter Wahrung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führt (vgl. BSG in SozR 3 2200, § 581 Nr. 1 m.w.N.). Als wesentliches Merkmal für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand bezeichnet, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete. Unter Berücksichtigung des Einzelfalls ist eine Höherbewertung der MdE nur gerechtfertigt, wenn der Verletzte die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann (BSG in SozR 2200, § 581 Nr. 10). Ein solcher Abstieg liegt im Allgemeinen nicht schon dann vor, wenn ein gelernter Handwerker gezwungen ist, seinen Beruf aufzugeben (so z.B. auch: LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4. November 2004, Az.: L 5 U 166/03; Kasseler Kommentar § 56 SGB VII Rdnr. 28 mit NachW.n aus der Rechtsprechung). Dabei ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen (zum Ganzen: Ricke, in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 56 SGB VII, Rdnr. 28 ff.).

Bei der Prüfung der besonderen beruflichen Betroffenheit sind strenge Maßstäbe anzulegen, um eine Aufweichung der den Versicherten überwiegend begünstigenden abstrakten Schadensberechnung zu vermeiden und dem Ausnahmecharakter der Vorschrift als Härteklausel gerecht zu werden (Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung Rdnr. 12 zu § 56). Eine zumutbare Verweisbarkeit auf annähernd gleichwertige Tätigkeiten steht einer Erhöhung der MdE entgegen. Die Verweisungstätigkeit muss keinen vollen Ersatz der verlorenen Möglichkeiten bieten. Grundsätzlich ist auch eine durch Umschulung wegen des Versicherungsfalls erschlossene Tätigkeit zumutbar (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 6).

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte liegt im vorliegenden Fall keine besondere Härte vor. Der Kläger ist 1966 geboren und hat keinen Beruf erlernt. Es ist also weder hinsichtlich seines Alters noch der beruflichen Ausbildung eine besondere Härte zu erkennen. Er hat bei seiner Tätigkeit als Schmelzer auch nicht solche Fertigkeiten erworben, die im Sinne einer überragenden Spezialisierung bewertet werden könnten. Dass der Kläger bei seinem jetzigen Arbeitgeber eine sehr gut bezahlte Arbeit hat, die gewisse körperliche Leistungen von ihm abverlangt, und diese Arbeit schon seit 1985 ausübt, kann eine andere Bewertung nicht rechtfertigen. Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Kläger besitzt, kann er auch ohne Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens einsetzen, ggf. nach einer Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz im gleichen Großbetrieb wie bisher oder nach einer beruflichen Qualifizierung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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