Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 6 RA 235/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 RA 23/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.04.2003 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 28.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung nach einem am 22.01.2007 eingetretenen Leistungsfall ab 01.02.2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat 1/5 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin - geboren 1950 - ist gelernte Schneiderin und angelernte Kontoristin. Nach der Lehre war sie ab April 1968 bei verschiedenen , Arbeitgebern, zuletzt von 1972 bis Februar 1981 bei der Kreissparkasse L, versicherungspflichtig als Belegsachbearbeiterin und zuletzt als Telefonistin in der Telefonzentrale tätig. Sie war tariflich nach BAT VII eingestuft (Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert- vgl Arbeitgeberauskunft vom 5.9.2003 -Gerichtsakte Bl. 147ff). Danach bezog sie AFG-Leistungen bis 4.5.1998, danach sind Pflichtbeitragszeiten bis 09.03.1999 und erneut ab 7.11.2005 wegen Bezugs von AlgII-Leistungen in ihrem Versicherungsverlauf gespeichert. Im Anschluss an eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die in der Zeit vom 16.02. bis 09.03.1999 in der orthopädischen Fachklinik L1 in Bad O zur Durchführung gelangte (u.a. wg. Gonarthrose rechts bei Zustand nach Arthroskopie-OP und Verdacht auf Innmeniskusschädigung links) stellte die Klägerin am 12.04.1999 einen Antrag auf Zahlung der Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung durch den Arzt für Orthopädie Dr. T, der in dem Gutachten vom 17.12.1999 Verschleißerkrankungen vor allem im Bereich der Brust, Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke diagnostizierte, weswegen die Klägerin nur noch Arbeiten zweistündig bis unter halbschichtig verrichten könne. Der Beratungsärztliche Dienst der Beklagten folgte dieser Bewertung nicht. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28.01.2000 den Rentenantrag mit der Begründung ab, trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen (Kniegelenksarthrose rechts, Brust- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom, beginnende Sprunggelenksarthrose links, Spreizfüße, Übergewicht) sei die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig, weil sie noch in der Lage sei, im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit dem am 28.02.2000 eingelegten Widerspruch und machte geltend, nach einer Knieoperation und einem Sturz Anfang 1998 hätten sich im Schulter-Arm-Bereich starke Beschwerden hin bis zu Bewegungseinschränkung der rechten Hand eingestellt. Bei einer Untersuchung durch den Medizinischen Dienst sei daraufhin eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden und deshalb auch der Reha-Antrag als Rentenantrag zu werten.
Die Rehabilitationsmaßnahme in Bad O habe keine Besserung gebracht, auch seien die wahren Beschwerden nicht abgeklärt worden. Die Beklagte forderte daraufhin Befundberichte an von dem behandelnden Orthopäden Dr. L2 und von der behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. S. Dr. L2 teilte mit, bei der Klägerin u.a. Innenmeniskusschaden rechts, beg. Gonarthrore rechts mehr als links, Tendinose Schulter-Nacken-Muskulatur bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall L4/5 bei thorakaler Osteochondrose und lumbaler Spondylose diagnostiziert zu haben (Bericht vom 05.07.2000). Dr. S berichtete, die Klägerin u.a. wegen eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms und einer chronischen Bronchitis behandelt zu haben(Bericht vom 23.06.2000). Anschließend erstattete der Arzt für Nervenheilkunde Dr. habil. L3 unter dem 23.08.2000 für die Beklagte ein Gutachten. Er diagnostizierte eine Lumboischialgie ohne wesentliche neurologische Funktionsausfälle und ein zervikozephales Syndrom bei Bandscheibenprotrusion bei C6/7 ohne neurologische Funktionsausfälle. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten im selbstgewählten Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne häufige Rumpfbeugungen vollschichtig verrichten. Der Sachverständige verneinte eine Beschränkung der Wegefähigkeit. Der Widerspruch wurde daraufhin durch Widerspruchsbescheid vom 27.09.2000 mit der Begründung zurückgewiesen, die zusätzlich eingeholten Befundberichte und die durchgeführte fachärztliche Begutachtung hätten keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben. Am 27.10.2000 hat die Klägerin Klage beim SG Köln erhoben. Sie ist der Überzeugung, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand falsch beurteile. Sie steht auf dem Standpunkt, dass nach so vielen Jahren der Krankheit eine Besserung nicht zu erwarten sei, zumal sich an den vorhandenen Schmerzen nichts mehr ändern könne. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.05.1999 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten von dem Arzt für Orthopädie Dr. C und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. Dr. C hat in seinem orthopädischen Sachverständigengutachten 25.05.2001 folgende Diagnosen gestellt: - Chronisches Cervico-Brachialsyndrom, links-betont bei degenerativen Veränderungen der unteren Halswirbelsäule in Kombination mit einem engen Spinalkanal, - Chronisches Thoracalsyndrom bei mäßiger Fehlstellung, Spondylose und Osteochondrose der unteren Brustwirbelsäule, - Chronisches Lumbalsyndrom links-betont bei erheblicher statischer Insuffizenz bei Fehlhaltung und beginnender Spondylose der oberen Lendenwirbelsäule, sowie einem lumbalen medio-lateralen Bandscheibenvorfall L4/5 links, - Pangonarthrosen und Femoro-Patellararthrosen beiderseits, rechts stärker als links, Beginnende Arthrose des oberen Sprunggelenks links, Senk-Spreizfüße, erhebliche Adipositas (97 kg) bei festgestellter Schilddrüsenunterfunktion. Der Sachverständige ist zu der Beurteilung gekommen, die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten mit wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen mit angepasstem ergonomischen Bürostuhl vollschichtig verrichten. Der neurologisch-psychiatrische Sachverständige Dr. K hat in seinem Gutachten vom 12.12.2002 psychiatrischerseits eine verminderte seelische Belastbarkeit sowie neurologischerseits ein cerviko-cephales Schmerzsyndrom ohne Funktionsstörungen relevanter neuronaler Strukturen, Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf Nervenwurzelschädigung sowie ein elektrodiagnostisch objektivierbares beginnendes Carpaltunnel-Syndrom beidseits mit leichten sensibel-motorischen Funktionsstörungen der linken Hand diagnostiziert. Er hat die Klägerin noch für fähig erachtet, körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen im regelmäßigen Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne besondere Anforderungen an die feinmotorische Geschicklichkeit der linken Hand, einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von schweren Gegenständen sowie ohne Gefährdung durch Temperaturschwankungen und Zugluft unter Normalschichtbedingungen vollschichtig zu verrichten.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4.4.2003 abgewiesen. Die Klägerin könne noch vollschichtig Erwerbstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Gegen das am 15.04.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.05.2003 Berufung eingelegt. Der Senat hat zunächst eine Arbeitgeberauskunft (vgl. oben) und Befundberichte von den behandelnden Ärzten angefordert. Auf den Inhalt der Berichte wird verwiesen. Sodann hat der Senat eine internistisch-sozialmedizinische Begutachtung durch Dr. Q veranlasst, der auftragsgemäß ein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten von Dr. F und ein orthopädisches Zusatzgutachten von Dr. T1 berücksichtigt hat. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der erstatteten Sachverständigengutachten verwiesen. Die Beklagte hat aufgrund der im Berufungsverfahren durchgeführten orthopädischen Begutachtung einen am 22.01.2007 eingetretenen Leistungsfall voller Erwerbsminderung bei der Klägerin anerkannt. Sie ist der Ansicht, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien bezogen auf diesen Leistungsfall nicht erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar. Die Klägerin hat daraufhin nur noch Rentenansprüche ab 1.2.2007 auf der Grundlage des von der Beklagten anerkannten Leistungsfalles geltend gemacht. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2007 zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist, soweit sie in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten worden ist, begründet. Insoweit ist der Bescheid vom 28.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 rechtswidrig, weil der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2007 nach einem am 22.01.2007 eingetretenen Leistungsfall zusteht. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinden Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (BSG Urteil vom 21.03.2006 - B 5 RJ 51/04 R - mit weiteren Nachweisen). Der Zeitpunkt des Leistungsfalles folgt bereits aus dem entsprechenden, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten Anerkenntnis der Beklagten. Die Beklagten hat mit diesem Anerkenntnis, wie bereits schriftsätzlich angekündigt, die Konsequenz aus dem Ergebnis der vom Senat veranlassten orthopädischen Begutachtung gezogen. Danach steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin spätestens seit der Untersuchung durch den Sachverständigen am 20.1.2007 nicht mehr in der Lage ist, wegen der bei ihr bestehenden arthrotischen Veränderungen im Bereich des linken Knies vor allem aber des linken Sprunggelenkes nur noch weniger als 500 Meter in jeweils 15-20 Minuten zurückzulegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Gewährung der Rente erfüllt. Zwar erfordert § 43 Abs. 2 SGB VI neben der - hier unstreitigen - Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsminderung grundsätzlich, dass Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen haben. Diese Voraussetzungen sind nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf hier nur bis zum 30.04.2001 erfüllt. Denn die Klägerin hat nach den zuletzt bis zum 9.3.1999 Beiträgen erst wieder ab 07.11.2005 eine Beitragsentrichtung nachgewiesen, ohne dass der Zwischenzeitraum durch sogenannte Aufschubtatbestände (vgl. 43 Abs. 4 SGB VI) überbrückt wird. Es sind jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen auf den anerkannten Leistungsfall nach der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt. Nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist.
Nach Abs. 2 Satz 2 derselben Vorschrift ist für Kalendermonate, für die eine Beitragsentrichtung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten vor dem 1. Januar 1984 erfüllt, denn bis zum 31.12.1983 sind 199 Monate an Beitragszeiten zurückgelegt. Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufes ist im Anschluss daran bis März 1999, also bis zum Kalendermonat der am 12.April 1999 erfolgten Rentenantragstellung, jeder Kalendermonat mit Beitrags und Anwartschaftserhaltungszeiten (hier Arbeitslosigkeit) belegt. Der Klägerin steht damit ein Recht zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit zwischen Rentenantragstellung, die inzidenter auch einen Antrag auf Entrichtung der zur Realisierung eines Rentenanspruchs erforderlichen Beiträge einschließt, und dem Kalendermonat vor Eintritt des Leistungsfalles zu. Für die Prüfung der Frage, ob eine Beitragszahlung noch zulässig ist, kommt es zwar auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung an. Nach § 197 SGB VI sind freiwillige Beiträge grundsätzlich nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Diese Frist zur Beitragsentrichtung wird aber gemäß § 198 VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen. Damit ist die rückwirkende Beitragsentrichtung zur Schließung der entstandenen versicherungsrechtlichen Lücke hier noch zulässig, der Senat folgt mithin der von der Beklagten selbst noch im Schriftsatz vom 11.04.2006 vertretenen Auffassung. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI reicht eine Befugnis zur Nachentrichtung von Beiträgen aus, um eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten als nicht erforderlich anzusehen. Die tatsächliche Entrichtung der Beiträge wird vom Gesetz nicht verlangt, um die Gewährung der Erwerbsminderungsrente nach dem eingetretenen Leistungsfall beanspruchen zu können. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung (§160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin - geboren 1950 - ist gelernte Schneiderin und angelernte Kontoristin. Nach der Lehre war sie ab April 1968 bei verschiedenen , Arbeitgebern, zuletzt von 1972 bis Februar 1981 bei der Kreissparkasse L, versicherungspflichtig als Belegsachbearbeiterin und zuletzt als Telefonistin in der Telefonzentrale tätig. Sie war tariflich nach BAT VII eingestuft (Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert- vgl Arbeitgeberauskunft vom 5.9.2003 -Gerichtsakte Bl. 147ff). Danach bezog sie AFG-Leistungen bis 4.5.1998, danach sind Pflichtbeitragszeiten bis 09.03.1999 und erneut ab 7.11.2005 wegen Bezugs von AlgII-Leistungen in ihrem Versicherungsverlauf gespeichert. Im Anschluss an eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die in der Zeit vom 16.02. bis 09.03.1999 in der orthopädischen Fachklinik L1 in Bad O zur Durchführung gelangte (u.a. wg. Gonarthrose rechts bei Zustand nach Arthroskopie-OP und Verdacht auf Innmeniskusschädigung links) stellte die Klägerin am 12.04.1999 einen Antrag auf Zahlung der Versichertenrente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung durch den Arzt für Orthopädie Dr. T, der in dem Gutachten vom 17.12.1999 Verschleißerkrankungen vor allem im Bereich der Brust, Lendenwirbelsäule und beider Kniegelenke diagnostizierte, weswegen die Klägerin nur noch Arbeiten zweistündig bis unter halbschichtig verrichten könne. Der Beratungsärztliche Dienst der Beklagten folgte dieser Bewertung nicht. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28.01.2000 den Rentenantrag mit der Begründung ab, trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen (Kniegelenksarthrose rechts, Brust- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom, beginnende Sprunggelenksarthrose links, Spreizfüße, Übergewicht) sei die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig, weil sie noch in der Lage sei, im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit dem am 28.02.2000 eingelegten Widerspruch und machte geltend, nach einer Knieoperation und einem Sturz Anfang 1998 hätten sich im Schulter-Arm-Bereich starke Beschwerden hin bis zu Bewegungseinschränkung der rechten Hand eingestellt. Bei einer Untersuchung durch den Medizinischen Dienst sei daraufhin eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden und deshalb auch der Reha-Antrag als Rentenantrag zu werten.
Die Rehabilitationsmaßnahme in Bad O habe keine Besserung gebracht, auch seien die wahren Beschwerden nicht abgeklärt worden. Die Beklagte forderte daraufhin Befundberichte an von dem behandelnden Orthopäden Dr. L2 und von der behandelnden Ärztin für Innere Medizin Dr. S. Dr. L2 teilte mit, bei der Klägerin u.a. Innenmeniskusschaden rechts, beg. Gonarthrore rechts mehr als links, Tendinose Schulter-Nacken-Muskulatur bei Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall L4/5 bei thorakaler Osteochondrose und lumbaler Spondylose diagnostiziert zu haben (Bericht vom 05.07.2000). Dr. S berichtete, die Klägerin u.a. wegen eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms und einer chronischen Bronchitis behandelt zu haben(Bericht vom 23.06.2000). Anschließend erstattete der Arzt für Nervenheilkunde Dr. habil. L3 unter dem 23.08.2000 für die Beklagte ein Gutachten. Er diagnostizierte eine Lumboischialgie ohne wesentliche neurologische Funktionsausfälle und ein zervikozephales Syndrom bei Bandscheibenprotrusion bei C6/7 ohne neurologische Funktionsausfälle. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten im selbstgewählten Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne häufige Rumpfbeugungen vollschichtig verrichten. Der Sachverständige verneinte eine Beschränkung der Wegefähigkeit. Der Widerspruch wurde daraufhin durch Widerspruchsbescheid vom 27.09.2000 mit der Begründung zurückgewiesen, die zusätzlich eingeholten Befundberichte und die durchgeführte fachärztliche Begutachtung hätten keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben. Am 27.10.2000 hat die Klägerin Klage beim SG Köln erhoben. Sie ist der Überzeugung, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand falsch beurteile. Sie steht auf dem Standpunkt, dass nach so vielen Jahren der Krankheit eine Besserung nicht zu erwarten sei, zumal sich an den vorhandenen Schmerzen nichts mehr ändern könne. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.05.1999 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten von dem Arzt für Orthopädie Dr. C und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. Dr. C hat in seinem orthopädischen Sachverständigengutachten 25.05.2001 folgende Diagnosen gestellt: - Chronisches Cervico-Brachialsyndrom, links-betont bei degenerativen Veränderungen der unteren Halswirbelsäule in Kombination mit einem engen Spinalkanal, - Chronisches Thoracalsyndrom bei mäßiger Fehlstellung, Spondylose und Osteochondrose der unteren Brustwirbelsäule, - Chronisches Lumbalsyndrom links-betont bei erheblicher statischer Insuffizenz bei Fehlhaltung und beginnender Spondylose der oberen Lendenwirbelsäule, sowie einem lumbalen medio-lateralen Bandscheibenvorfall L4/5 links, - Pangonarthrosen und Femoro-Patellararthrosen beiderseits, rechts stärker als links, Beginnende Arthrose des oberen Sprunggelenks links, Senk-Spreizfüße, erhebliche Adipositas (97 kg) bei festgestellter Schilddrüsenunterfunktion. Der Sachverständige ist zu der Beurteilung gekommen, die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten mit wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen mit angepasstem ergonomischen Bürostuhl vollschichtig verrichten. Der neurologisch-psychiatrische Sachverständige Dr. K hat in seinem Gutachten vom 12.12.2002 psychiatrischerseits eine verminderte seelische Belastbarkeit sowie neurologischerseits ein cerviko-cephales Schmerzsyndrom ohne Funktionsstörungen relevanter neuronaler Strukturen, Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf Nervenwurzelschädigung sowie ein elektrodiagnostisch objektivierbares beginnendes Carpaltunnel-Syndrom beidseits mit leichten sensibel-motorischen Funktionsstörungen der linken Hand diagnostiziert. Er hat die Klägerin noch für fähig erachtet, körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen im regelmäßigen Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen ohne besondere Anforderungen an die feinmotorische Geschicklichkeit der linken Hand, einseitige Körperhaltungen, häufiges Bücken, Heben und Tragen von schweren Gegenständen sowie ohne Gefährdung durch Temperaturschwankungen und Zugluft unter Normalschichtbedingungen vollschichtig zu verrichten.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4.4.2003 abgewiesen. Die Klägerin könne noch vollschichtig Erwerbstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Gegen das am 15.04.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.05.2003 Berufung eingelegt. Der Senat hat zunächst eine Arbeitgeberauskunft (vgl. oben) und Befundberichte von den behandelnden Ärzten angefordert. Auf den Inhalt der Berichte wird verwiesen. Sodann hat der Senat eine internistisch-sozialmedizinische Begutachtung durch Dr. Q veranlasst, der auftragsgemäß ein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten von Dr. F und ein orthopädisches Zusatzgutachten von Dr. T1 berücksichtigt hat. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der erstatteten Sachverständigengutachten verwiesen. Die Beklagte hat aufgrund der im Berufungsverfahren durchgeführten orthopädischen Begutachtung einen am 22.01.2007 eingetretenen Leistungsfall voller Erwerbsminderung bei der Klägerin anerkannt. Sie ist der Ansicht, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien bezogen auf diesen Leistungsfall nicht erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar. Die Klägerin hat daraufhin nur noch Rentenansprüche ab 1.2.2007 auf der Grundlage des von der Beklagten anerkannten Leistungsfalles geltend gemacht. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.01.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2007 zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist, soweit sie in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhalten worden ist, begründet. Insoweit ist der Bescheid vom 28.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 rechtswidrig, weil der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.02.2007 nach einem am 22.01.2007 eingetretenen Leistungsfall zusteht. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinden Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (BSG Urteil vom 21.03.2006 - B 5 RJ 51/04 R - mit weiteren Nachweisen). Der Zeitpunkt des Leistungsfalles folgt bereits aus dem entsprechenden, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten Anerkenntnis der Beklagten. Die Beklagten hat mit diesem Anerkenntnis, wie bereits schriftsätzlich angekündigt, die Konsequenz aus dem Ergebnis der vom Senat veranlassten orthopädischen Begutachtung gezogen. Danach steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin spätestens seit der Untersuchung durch den Sachverständigen am 20.1.2007 nicht mehr in der Lage ist, wegen der bei ihr bestehenden arthrotischen Veränderungen im Bereich des linken Knies vor allem aber des linken Sprunggelenkes nur noch weniger als 500 Meter in jeweils 15-20 Minuten zurückzulegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Gewährung der Rente erfüllt. Zwar erfordert § 43 Abs. 2 SGB VI neben der - hier unstreitigen - Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsminderung grundsätzlich, dass Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen haben. Diese Voraussetzungen sind nach dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf hier nur bis zum 30.04.2001 erfüllt. Denn die Klägerin hat nach den zuletzt bis zum 9.3.1999 Beiträgen erst wieder ab 07.11.2005 eine Beitragsentrichtung nachgewiesen, ohne dass der Zwischenzeitraum durch sogenannte Aufschubtatbestände (vgl. 43 Abs. 4 SGB VI) überbrückt wird. Es sind jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen auf den anerkannten Leistungsfall nach der Übergangsvorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt. Nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist.
Nach Abs. 2 Satz 2 derselben Vorschrift ist für Kalendermonate, für die eine Beitragsentrichtung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten vor dem 1. Januar 1984 erfüllt, denn bis zum 31.12.1983 sind 199 Monate an Beitragszeiten zurückgelegt. Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufes ist im Anschluss daran bis März 1999, also bis zum Kalendermonat der am 12.April 1999 erfolgten Rentenantragstellung, jeder Kalendermonat mit Beitrags und Anwartschaftserhaltungszeiten (hier Arbeitslosigkeit) belegt. Der Klägerin steht damit ein Recht zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit zwischen Rentenantragstellung, die inzidenter auch einen Antrag auf Entrichtung der zur Realisierung eines Rentenanspruchs erforderlichen Beiträge einschließt, und dem Kalendermonat vor Eintritt des Leistungsfalles zu. Für die Prüfung der Frage, ob eine Beitragszahlung noch zulässig ist, kommt es zwar auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung an. Nach § 197 SGB VI sind freiwillige Beiträge grundsätzlich nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Diese Frist zur Beitragsentrichtung wird aber gemäß § 198 VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen. Damit ist die rückwirkende Beitragsentrichtung zur Schließung der entstandenen versicherungsrechtlichen Lücke hier noch zulässig, der Senat folgt mithin der von der Beklagten selbst noch im Schriftsatz vom 11.04.2006 vertretenen Auffassung. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI reicht eine Befugnis zur Nachentrichtung von Beiträgen aus, um eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten als nicht erforderlich anzusehen. Die tatsächliche Entrichtung der Beiträge wird vom Gesetz nicht verlangt, um die Gewährung der Erwerbsminderungsrente nach dem eingetretenen Leistungsfall beanspruchen zu können. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung (§160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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