Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 282/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 234/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 14/07 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 6. Juli 2005 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 4. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2004 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen.
Der 1940 geborene Kläger war seit 01.12.1975 Mitglied der Beklagten und ist seit Erreichen des Ruhestandes ab 01.01.2004 in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten pflichtversichert.
Der Kläger wendet sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 04.06.2004/Widerspruchsbescheide vom 11.08.2004, wonach er ab 01.08.2004 einen höheren monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten sollte. Die Beklagten machten insoweit geltend, der Kläger habe am 01.07.2004 aus einer Lebensversicherung aus betrieblicher Versorgung EUR 29.059,27 erhalten. Hieraus sei ab 01.08.2004 für die Beitragsberechnung 1/120 zugrunde zu legen, so dass insoweit für die Krankenversicherung ein Beitrag von EUR 36,81 und für die Pflegeversicherung von EUR 4,12 abzuführen sei. Die Kapitalleistung beruhe auf einer Gruppenversicherung, die der vormalige Arbeitgeber des Klägers, die D.-Versicherungen am 01.06.1974 zu seinen Gunsten abgeschlossen habe. Insoweit handle es sich um eine Leistung aus betrieblicher Altersversorgung, welche der Beitragsberechnung zugrundezulegen sei. Hieran ändere nichts, dass der Kläger zum 01.07.1984 die Versicherungssumme von ursprünglich DM 10.000,- auf DM 25.000,- aufgestockt und in der Folge bis zur (um ein Jahr vorverlegten) vorzeitigen Auflösung am 01.07.2004 die Beiträge selbst entrichtet habe.
Mit Urteil vom 06.07.2005 hat das Sozialgericht Bayreuth die Bescheide/Widerspruchsbescheide dahingehend abgeändert, dass die Beklagten aus der Kapitalleistung lediglich einen Versorgungsbezug in Höhe von EUR 12.823,54 berücksichtigen dürften. Dieser Betrag ergebe sich entsprechend der Auskunft des Versicherungsunternehmens, falls zum 01.07.1987, dem frühestmöglichen Zeitpunkt zu welchem Unterlagen vorhanden seien, ausschließlich die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge aus der Direktversicherung berücksichtigt würden und die eigenen Leistungen des Klägers für die Folgezeit außer Betracht blieben. Insoweit hat das Sozialgericht ausgeführt, die vom Kläger nach Erweiterung der Versicherungssumme allein getragene Beitragslast habe dazu geführt, dass der Kapitalbetrag insoweit nicht als Versorgungsbezug zu qualifizieren sei.
Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt mit der Begründung, auch der weitere Teilbetrag der Kapital-Lebensversicherung sei beitragspflichtig. Insoweit bestehe ein direkter Zusammenhang mit der vom vormaligen Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung, also einer Form der betrieblichen Altersversorgung. Dies führe dazu, dass die gesamten Leistungen aus dem Versicherungsvertrag einen direkten Bezug zum Berufsleben aufwiesen und dass Versorgungsbezüge anzunehmen seien, die der Beitragsbemessung unterworfen werden müssten. Im Übrigen wäre eine Teilung der Kapitalleistung unpraktikabel, zumal das Versicherungsunternehmen zum exakten Änderungszeitpunkt keine Angaben mehr machen könne.
Im Verhandlungstermin am 27.03.2007 haben sich der Kläger und die Beklagte zu 2) daraufhin verständigt, die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung analog zur Krankenversicherung vorzunehmen und nur in Bezug auf diese den Rechtsstreit fortzuführen.
Die Beklagte zu 1) beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.07.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004 auch im übrigen abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten zu 1) ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet.
Bei der am 01.07.2004 dem Kläger ausgezahlten Leistung aus einer Kapitallebensversicherung handelt es sich in vollem Umfang um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung und somit um Versorgungsbezüge, die vollumfänglich in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner beitragspflichtig sind.
Streitgegenstand ist nur noch der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004, nachdem sich die Beklagte zu 2) und der Kläger im Verhandlungstermin im Vergleichswege darauf verständigt haben, die strittige Beitragspflicht nur in Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen und die Beitragspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung entsprechend dem Ausgang des Rechtsstreites zu behandeln.
Die Beklagte zu 1) war seit In-Kraft-Treten der Rechtsänderung zum 1. Januar 2004 gegenüber dem Kläger nach Auszahlung der Kapitallebensversicherung zum 01.07.2004 grundsätzlich berechtigt, gemäß § 229 Abs.1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 248 Satz 1 SGB V von dem in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner pflichtversicherten Kläger Beiträge auch aus der einmaligen Kapitalzahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu verlangen. Nach § 237 SGB V ist außer dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (§ 237 Satz 1 Nr.2 SGB V) zugrundezulegen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen, als Versorgungsbezüge, gegen deren Berücksichtigung für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge versicherungspflichtiger Rentner verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (BVerfG SozR 2200 § 180 Nr.46 S.194 ff.), gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 237 Satz 2, § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V).
Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung zählen auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs.1 BetrAVG (vom 19. Dezember 1974, BGBl.I S.3610) gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelte es sich im vorliegenden Fall, denn die vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers zum 01.06.1974 abgeschlossene Lebensversicherung bei der D. war nach dem gesamten Akteninhalt eine Gruppenversicherung mit Versicherungsbeginn am 01.12.1975 und mit Fälligkeit beim Tode des Klägers, spätestens aber am 01.12.2005. Diese hatte der Arbeitgeber als Direktversicherung zu Gunsten des Klägers abgeschlossen und zunächst allein die entsprechenden Prämien bezahlt.
Auf Angebot des Arbeitgebers vom 22.10.1984, wegen Ausscheidens aus seinen Diensten entweder die Versicherungssumme auszahlen zu lassen oder als Einzelversicherung bei der V. Versicherungs AG weiter zu führen, entschloss sich der Kläger gemäß Erklärung vom 25.10.1984 für die zweite Möglichkeit. Die V. Lebensversicherung AG führte sodann diese Versicherung fort (Fortsetzungsversicherung gemäß Schreiben vom 01.03.1985) bei Aufstockung der Versicherungssumme auf DM 25.828,- und Weiterführung bis zum ursprünglich verabredeten Beendungsdatum 01.12.2005. Diese Änderungen haben nicht dazu geführt, dass die Lebensversicherung den Charakter einer betrieblichen Altersversorgung verloren hat. Denn Leistungen aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs.2 BetrAVG verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug nicht deshalb, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen (vgl. BSGE 70, 105, 108 f; BSG SozR 3-2500 § 229 Nr.13 S.69 f). An dieser sog. institutionellen Abgrenzung ist auch im streitigen Fall festzuhalten, in welchem der Kläger nicht erst ab vollständiger Beendigung der Erwerbstätigkeit die Beitragspflicht allein übernommen und durch Aufstockung der Versicherungssumme erweitert hat, sondern bereits mit dem Ausscheiden aus den Diensten des ursprünglichen, die Direktversicherung tragenden Arbeitgebers. Hierfür sprechen insbesondere Gründe der Praktikabilität. Andernfalls wäre die Beklagte im Rahmen der Massenverwaltung in den häufigen Fällen der Änderung einer Direktversicherung veranlasst, umfangreiche Ermittlungen zur Beitragsgrundlage und komplexe versicherungsmathematische Berechnungen durchzuführen. Im hier zu entscheidenden Fall kommt hinzu, dass die entsprechenden Ermittlungen und Berechnungen zum exakten Änderungsdatum 01.01.1985 nicht durchgeführt werden können, weil der Versicherungsträger über die erforderlichen Unterlagen nicht mehr verfügt. Aus diesen Gründen ist die vom Sozialgericht vorgenommene Aufteilung der Kapitalleistung abzulehnen und das Urteil aufzuheben.
An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts deshalb, weil der Kläger, anstatt den vereinbarten spätesten Fälligkeitstermin 01.12.2005 abzuwarten, die Lebensversicherung aus privaten, finanziellen Gründen bereits zum 01.07.2004 hat auflösen und sich auszahlen lassen. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Kläger bereits 63 Jahre alt und aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, so dass die Leistung der Absicherung der Lebensgrundlage im Rentenalter diente.
Im Übrigen ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass die Erhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nicht zu beanstanden ist (BSG, Urteil vom 24.08.2005 - B 12 KR 29/04 R, B 12 KR 3, 5, 6, 7, 9, 10, 13, 21 sowie 23/05 R; vgl. auch in Bezug auf die Beiträge zur Pflegeversicherung BSG-Urteil vom 29.11.2006 - B 12 RJ 4/05 R). Denn Versorgungsbezüge sind bereits seit 1983 als beitragspflichtige Einnahmen in der Krankenversicherung zu berücksichtigen, insoweit bestehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht (BVerfG SozR 2200 § 180 Nr.46). Die faktische Verdoppelung durch die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes nach § 248 Satz 1 SGB V ab 01.01.2004 ist rechtmäßig. Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts war der Gesetzgeber wegen der immer mehr ansteigenden, sich auf 40 Milliarden Euro/Jahr bewegenden Kos-tenunterdeckung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner veranlasst, Konsolidierungsmaßnahmen einzuleiten und durfte eine Beitragserweiterung vornehmen. Er war auch berechtigt, die systemwidrige, nur hälftige Beitragsbelastung von Versorgungsbezügen, zu beseitigen.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) war deshalb das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hatte und die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen, weil die vom Versicherten in der Fortsetzungsversicherung vorgenommene Aufstockung der Versicherungssumme bislang nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen.
Der 1940 geborene Kläger war seit 01.12.1975 Mitglied der Beklagten und ist seit Erreichen des Ruhestandes ab 01.01.2004 in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten pflichtversichert.
Der Kläger wendet sich gegen die Bescheide der Beklagten vom 04.06.2004/Widerspruchsbescheide vom 11.08.2004, wonach er ab 01.08.2004 einen höheren monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten sollte. Die Beklagten machten insoweit geltend, der Kläger habe am 01.07.2004 aus einer Lebensversicherung aus betrieblicher Versorgung EUR 29.059,27 erhalten. Hieraus sei ab 01.08.2004 für die Beitragsberechnung 1/120 zugrunde zu legen, so dass insoweit für die Krankenversicherung ein Beitrag von EUR 36,81 und für die Pflegeversicherung von EUR 4,12 abzuführen sei. Die Kapitalleistung beruhe auf einer Gruppenversicherung, die der vormalige Arbeitgeber des Klägers, die D.-Versicherungen am 01.06.1974 zu seinen Gunsten abgeschlossen habe. Insoweit handle es sich um eine Leistung aus betrieblicher Altersversorgung, welche der Beitragsberechnung zugrundezulegen sei. Hieran ändere nichts, dass der Kläger zum 01.07.1984 die Versicherungssumme von ursprünglich DM 10.000,- auf DM 25.000,- aufgestockt und in der Folge bis zur (um ein Jahr vorverlegten) vorzeitigen Auflösung am 01.07.2004 die Beiträge selbst entrichtet habe.
Mit Urteil vom 06.07.2005 hat das Sozialgericht Bayreuth die Bescheide/Widerspruchsbescheide dahingehend abgeändert, dass die Beklagten aus der Kapitalleistung lediglich einen Versorgungsbezug in Höhe von EUR 12.823,54 berücksichtigen dürften. Dieser Betrag ergebe sich entsprechend der Auskunft des Versicherungsunternehmens, falls zum 01.07.1987, dem frühestmöglichen Zeitpunkt zu welchem Unterlagen vorhanden seien, ausschließlich die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge aus der Direktversicherung berücksichtigt würden und die eigenen Leistungen des Klägers für die Folgezeit außer Betracht blieben. Insoweit hat das Sozialgericht ausgeführt, die vom Kläger nach Erweiterung der Versicherungssumme allein getragene Beitragslast habe dazu geführt, dass der Kapitalbetrag insoweit nicht als Versorgungsbezug zu qualifizieren sei.
Dagegen haben die Beklagten Berufung eingelegt mit der Begründung, auch der weitere Teilbetrag der Kapital-Lebensversicherung sei beitragspflichtig. Insoweit bestehe ein direkter Zusammenhang mit der vom vormaligen Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung, also einer Form der betrieblichen Altersversorgung. Dies führe dazu, dass die gesamten Leistungen aus dem Versicherungsvertrag einen direkten Bezug zum Berufsleben aufwiesen und dass Versorgungsbezüge anzunehmen seien, die der Beitragsbemessung unterworfen werden müssten. Im Übrigen wäre eine Teilung der Kapitalleistung unpraktikabel, zumal das Versicherungsunternehmen zum exakten Änderungszeitpunkt keine Angaben mehr machen könne.
Im Verhandlungstermin am 27.03.2007 haben sich der Kläger und die Beklagte zu 2) daraufhin verständigt, die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung analog zur Krankenversicherung vorzunehmen und nur in Bezug auf diese den Rechtsstreit fortzuführen.
Die Beklagte zu 1) beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 06.07.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004 auch im übrigen abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten zu 1) ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet.
Bei der am 01.07.2004 dem Kläger ausgezahlten Leistung aus einer Kapitallebensversicherung handelt es sich in vollem Umfang um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung und somit um Versorgungsbezüge, die vollumfänglich in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner beitragspflichtig sind.
Streitgegenstand ist nur noch der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 04.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004, nachdem sich die Beklagte zu 2) und der Kläger im Verhandlungstermin im Vergleichswege darauf verständigt haben, die strittige Beitragspflicht nur in Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen und die Beitragspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung entsprechend dem Ausgang des Rechtsstreites zu behandeln.
Die Beklagte zu 1) war seit In-Kraft-Treten der Rechtsänderung zum 1. Januar 2004 gegenüber dem Kläger nach Auszahlung der Kapitallebensversicherung zum 01.07.2004 grundsätzlich berechtigt, gemäß § 229 Abs.1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 248 Satz 1 SGB V von dem in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner pflichtversicherten Kläger Beiträge auch aus der einmaligen Kapitalzahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu verlangen. Nach § 237 SGB V ist außer dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (§ 237 Satz 1 Nr.2 SGB V) zugrundezulegen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen, als Versorgungsbezüge, gegen deren Berücksichtigung für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge versicherungspflichtiger Rentner verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (BVerfG SozR 2200 § 180 Nr.46 S.194 ff.), gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 237 Satz 2, § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V).
Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung zählen auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs.1 BetrAVG (vom 19. Dezember 1974, BGBl.I S.3610) gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelte es sich im vorliegenden Fall, denn die vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers zum 01.06.1974 abgeschlossene Lebensversicherung bei der D. war nach dem gesamten Akteninhalt eine Gruppenversicherung mit Versicherungsbeginn am 01.12.1975 und mit Fälligkeit beim Tode des Klägers, spätestens aber am 01.12.2005. Diese hatte der Arbeitgeber als Direktversicherung zu Gunsten des Klägers abgeschlossen und zunächst allein die entsprechenden Prämien bezahlt.
Auf Angebot des Arbeitgebers vom 22.10.1984, wegen Ausscheidens aus seinen Diensten entweder die Versicherungssumme auszahlen zu lassen oder als Einzelversicherung bei der V. Versicherungs AG weiter zu führen, entschloss sich der Kläger gemäß Erklärung vom 25.10.1984 für die zweite Möglichkeit. Die V. Lebensversicherung AG führte sodann diese Versicherung fort (Fortsetzungsversicherung gemäß Schreiben vom 01.03.1985) bei Aufstockung der Versicherungssumme auf DM 25.828,- und Weiterführung bis zum ursprünglich verabredeten Beendungsdatum 01.12.2005. Diese Änderungen haben nicht dazu geführt, dass die Lebensversicherung den Charakter einer betrieblichen Altersversorgung verloren hat. Denn Leistungen aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs.2 BetrAVG verlieren ihren Charakter als Versorgungsbezug nicht deshalb, weil sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers beruhen (vgl. BSGE 70, 105, 108 f; BSG SozR 3-2500 § 229 Nr.13 S.69 f). An dieser sog. institutionellen Abgrenzung ist auch im streitigen Fall festzuhalten, in welchem der Kläger nicht erst ab vollständiger Beendigung der Erwerbstätigkeit die Beitragspflicht allein übernommen und durch Aufstockung der Versicherungssumme erweitert hat, sondern bereits mit dem Ausscheiden aus den Diensten des ursprünglichen, die Direktversicherung tragenden Arbeitgebers. Hierfür sprechen insbesondere Gründe der Praktikabilität. Andernfalls wäre die Beklagte im Rahmen der Massenverwaltung in den häufigen Fällen der Änderung einer Direktversicherung veranlasst, umfangreiche Ermittlungen zur Beitragsgrundlage und komplexe versicherungsmathematische Berechnungen durchzuführen. Im hier zu entscheidenden Fall kommt hinzu, dass die entsprechenden Ermittlungen und Berechnungen zum exakten Änderungsdatum 01.01.1985 nicht durchgeführt werden können, weil der Versicherungsträger über die erforderlichen Unterlagen nicht mehr verfügt. Aus diesen Gründen ist die vom Sozialgericht vorgenommene Aufteilung der Kapitalleistung abzulehnen und das Urteil aufzuheben.
An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts deshalb, weil der Kläger, anstatt den vereinbarten spätesten Fälligkeitstermin 01.12.2005 abzuwarten, die Lebensversicherung aus privaten, finanziellen Gründen bereits zum 01.07.2004 hat auflösen und sich auszahlen lassen. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Kläger bereits 63 Jahre alt und aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, so dass die Leistung der Absicherung der Lebensgrundlage im Rentenalter diente.
Im Übrigen ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass die Erhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nicht zu beanstanden ist (BSG, Urteil vom 24.08.2005 - B 12 KR 29/04 R, B 12 KR 3, 5, 6, 7, 9, 10, 13, 21 sowie 23/05 R; vgl. auch in Bezug auf die Beiträge zur Pflegeversicherung BSG-Urteil vom 29.11.2006 - B 12 RJ 4/05 R). Denn Versorgungsbezüge sind bereits seit 1983 als beitragspflichtige Einnahmen in der Krankenversicherung zu berücksichtigen, insoweit bestehen verfassungsrechtliche Bedenken nicht (BVerfG SozR 2200 § 180 Nr.46). Die faktische Verdoppelung durch die Einführung des allgemeinen Beitragssatzes nach § 248 Satz 1 SGB V ab 01.01.2004 ist rechtmäßig. Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts war der Gesetzgeber wegen der immer mehr ansteigenden, sich auf 40 Milliarden Euro/Jahr bewegenden Kos-tenunterdeckung in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner veranlasst, Konsolidierungsmaßnahmen einzuleiten und durfte eine Beitragserweiterung vornehmen. Er war auch berechtigt, die systemwidrige, nur hälftige Beitragsbelastung von Versorgungsbezügen, zu beseitigen.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) war deshalb das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hatte und die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen, weil die vom Versicherten in der Fortsetzungsversicherung vorgenommene Aufstockung der Versicherungssumme bislang nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war.
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