Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 4/1 U 100/73
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 345/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 1975 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Dauerrente.
Die Klägerin, von Beruf medizinisch-technische Assistentin, erkrankte im Jahre 1967 an einer infektiösen Gelbsucht, die vom Beklagten als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 37 "Infektionskrankheit” der Anlage zur Sechsten Berufskrankheiten-Verordnung (6. BKVO) vom 28. April 1961 –BGBl. I S. 505– anerkannt wurde. Nachdem der Beklagte der Klägerin zunächst wegen "Zustandes nach chronisch-persistierender Hepatitis mit zum Teil noch schwerem posthepatitischem Beschwerdekomplex” vorübergehend die Vollrente als Dauerrente gewährt hatte, setzte er im Jahre 1970 die Rente auf eine Teilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. und ab 1. März 1972 gestützt auf das Gutachten vom 30. Dezember 1971 der Dres. S. und W. von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses in K. auf eine MdE um 30 v.H. herab (Bescheid vom 25. Januar 1972). Auf Grund des von ihm veranlaßten Gutachtens vom 23. Mai 1973 des Internisten Dr. B., F., vom 23. Mai 1973, wonach Zeichen für einen aktiven Leberprozeß nicht mehr bestanden, entzog der Beklagte durch Bescheid vom 25. Juni 1973 die bisherige Dauerrente mit Ablauf des Monats Juli 1973, weil die Erwerbsfähigkeit durch Folgen der BK nicht mehr in meßbarem Grade gemindert werde.
Die am 12. Juli 1973 erhobene Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (SG) Wiesbaden durch Urteil vom 23. Mai 1975 abgewiesen, nachdem das Gutachten vom 3. Februar 1975 des Professor Dr. S. und Dr. L. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt W. vorlag. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Bescheid vom 25. Juni 1973 formell rechtmäßig und auch sachlich nicht zu beanstanden sei.
Nachdem die laborchemischen Werte seit 1971 normal geblieben seien, müsse in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Professors Dr. S. und Dr. L. eine Ausheilung der Lebererkrankung angenommen werden, was gegenüber den Verhältnissen von 1971 eine wesentliche Besserung bedeute.
Am 22. Juli 1975 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Über die Berufung – die Beteiligten hatten sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt – hat der erkennende Senat am 3. November 1976 mit dem Ergebnis beraten, daß das Urteil des SG und der Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 1973 aufzuheben seien. Eine entsprechende Urteilsformel wurde schriftlich abgefaßt. Ohne Wissen der Berufsrichter des Senats hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Urteilsformel dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt. Am 5. Januar 1977 hat der Senat wiederum über die Berufung beraten und nunmehr entschieden, daß das Urteil des SG und der Bescheid des Beklagten nicht allein aus formellen Gründen aufgehoben werde dürften und im übrigen der Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche. Dieses Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Revision der Klägerin durch Urteil vom 14. Dezember 1978 – 2 RU 23/77 – mit der Begründung aufgehoben, daß der Senat an das Urteil vom 3. November 1976 gebunden gewesen sei, weil der Urkundsbeamte dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Entscheidung bekanntgegeben habe. Der Beklagte hat daraufhin gegen das Urteil des Senats vom 3. November 1976 Revision eingelegt. Durch Urteil vom 31. Januar 1980 – 8 a RU 16/79 – hat das BSG diese Urteil, das nach Eingang der Revision des Beklagten in vollständiger Form abgefaßt wurde, aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil die erst nach zwei Jahren und vier Monaten abgefaßten Entscheidungsgründe das Beratungsergebnis nicht mehr zutreffend wiedergäben.
Die Klägerin bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend: Einer erneuten Entscheidung des Senats stehe die Vorschrift des § 141 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entgegen, da das BSG am 31. Januar 1980 über ein Urteil entschieden habe, das niemals mit dem am 3. November 1976 abgesetzten Urteil identisch sein könne. Dieses sei ihr bis heute noch nicht zugestellt worden. Das angefochtene Urteil des SG sei in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden. Es sei zunächst nicht ordnungsgemäß verkündet worden. Das Protokoll des Verkündungstermins sei nicht von der Kammervorsitzenden, sondern lediglich von der Schriftführerin unterzeichnet worden und enthalte keine Angaben darüber, mit wem das Urteil beraten und gefällt worden sei und welche Beisitzer bei der Verkündung anwesend gewesen seien. Es sei ferner nicht den passiv legitimierten Beklagten zugestellt worden und im übrigen auch sachlich unrichtig. Der Entziehungsbescheid des Beklagten sei schon aus formellen Gründen aufzuheben, weil er unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sei. Es sei nicht festzustellen, wer bei der Beschlussfassung mitgewirkt habe. Die nach § 1589 Reichsversicherungsordnung (RVO) erforderliche Unterschrift des Vorsitzenden des Rentenausschusses fehle. Die bei den Akten befindliche Urschrift des Bescheides, die entscheidend sei, sei nicht, mit vollem Namenszug, sondern lediglich mit Handzeichen unterzeichnet. In den Folgen der BK sei außerdem seit dem Bescheid vom 25. Januar 1972 keine wesentliche Besserung i.S.d. § 622 RVO eingetreten. In den Fällen, in denen zur Begründung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse Erfahrungssätze der medizinischen Wissenschaft herangezogen würden, sei das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte erforderlich, daß sich die medizinischen Erfahrungssätze auch im konkreten Fall bewahrheitet hätten. Der bloße Zeitablauf genüge nicht, den Nachweis der wesentlichen Änderung zu erbringen. Daß die laborchemischen Werte seit 1971 im wesentlichen konstant geblieben seien und im Normalbereich lägen, spreche vielmehr dafür, daß seit dem Gutachten des Dr. S. vom 15. November 1971 eine Veränderung nicht eingetreten sei.
In keinem Fall könne davon die Rede sein, daß die chronisch persistierende Hepatitis ausgeheilt sei und überhaupt keine MdE mehr bedinge. Dies könne selbst dem Gutachten des Professors Dr. S. vom 3. Februar 1975 nicht entnommen werden. Dieses vom SG verwertete Gutachten sei im übrigen nicht entsprechend der Beweisanordnung von "Professor Dr. B. oder Vertreter” erstellt worden. Es werde gebeten zu prüfen, ob angesichts der dargelegten Sach- und Beweislage nicht doch Professor Dr. B. gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gutachtlich gehört werden solle.
Die Klägerin beantragt,
den Rechtsstreit zu vertagen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 1975 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 1973 aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, weiterhin als BK einen "Zustand nach histologisch gesicherter chronisch-persistierender Hepatitis” anzuerkennen und ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere seien formelle Mängel des Bescheides nicht zu erkennen. Die Entziehung der Verletztenrente sei lt. Sitzungsniederschrift am 25. Juni 1973 durch den Rentenausschuß, dem der Bescheid vom 25. Juni 1973 in vollem Wortlaut vorgelegen habe, beschlossen worden. Der Geschäftsführer, der dem Rentenausschuß mit beratender Stimme angehöre, sei von diesem zur Unterzeichnung des auf Grund des Beschlusses ausgefertigten Bescheides ermächtigt gewesen. Die dem Versicherten zugestellte Ausfertigung des Bescheides enthalte stets auch den vollen Namenszug. Alles dies könnten die Mitglieder des Rentenausschusses bezeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Unfallakten des Beklagten – Az.: XXXXX (2 Bände) –, der Revisionsakten 8a RU 16/79 und 2 RU 23/77, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin und ihres Prozeßbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da in der ordnungsgemäß und rechtzeitig (§ 62 SGG) am 24. Dezember 1980 erfolgten Ladung darauf hingewiesen worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand April 1980, Anm. 3 zu § 110 SGG). Die für die beantragte Vertagung im Schriftsatz vom 5. Januar 1981 angeführten Gründe sind nicht erheblich im Sinne von § 202 SGG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO), worauf der Prozeßbevollmächtigte durch die Entscheidung des Vorsitzenden vom 9. Januar 1981 bereits hingewiesen worden ist.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 145, 151 SGG). Eine den. Senat bindende Entscheidung darüber in Form des Urteils vom 3. November 1976 liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mehr vor, nachdem das BSG dieses Urteil vom 3. November 1976 – nicht nur die später abgefassten Entscheidungsgründe – aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.
Allerdings ist Beklagter des vorliegenden Rechtsstreits das Land Baden-Württemberg und nicht – wie vom SG angenommen – die Ausführungsbehörde selbst (vgl. § 766 Abs. 2 RVO – Urteil des BSG vom 30. Januar 1975 – 2 RU 200/72). Dies war richtigzustellen. Ob infolgedessen auch bei der Zustellung des Urteils ein Fehler unterlaufen ist, kann dahinstehen, da dieser die Rechtsstellung der Klägerin jedenfalls nicht berührt und vor allem das Urteil des SG nicht unwirksam machte. Auch sonstige, die Unwirksamkeit des Urteils begründende Mängel, die ohne nähere Sachprüfung eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erforderlich machen könnten (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), liegen nicht vor. Insbesondere kann die von der Klägerin den Umständen nach erhobene Rüge einer fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Verkündung des Urteils sowie einer u.U. nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts in dieser Weise nicht durchgreifen. Das Urteil wurde am 23. Mai 1975 nach mündlicher Verhandlung in der vollen Besetzung der Kammer gefällt und an dem lt. Sitzungsniederschrift durch Beschluss anberaumten Verkündungstermin – 13. Juni 1975 – nach der dazu gefertigten Niederschrift von diesem Tage ebenfalls in voller, wenn auch anderer Besetzung der Kammer – was zulässig ist – durch Verlesung der schriftlich am 23. Mai 1975 niedergelegten und von der Vorsitzenden sowie den beiden ehrenamtlichen Richtern dieses Termins namentlich unterzeichneten Urteilsformel verkündet (vgl. dazu Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG. Anm. 3 bis 5 zu § 132). Ein entsprechender Vermerk befindet sich auf der Urteilsformel selbst. Soweit die Klägerin den Nachweis der Verkündung des Urteile deshalb nicht als erbracht ansieht, weil die Niederschrift vom 13. Juni 1975 nur von der Protokollführerin, nicht aber von der Vorsitzenden Richterin namentlich, unterschrieben wurde (§ 122 SGG i.V. mit §§ 160 Abs. 3 Nrn. 6 und 7, 163, 165 ZPO) ändert dies an der Wirksamkeit des Urteils nichts. Abgesehen davon, daß in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 163 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Unterschrift der Urkundsbeamtin für die Protokollführung als ausreichend anzusehen sein könnte, wurde das Urteil jedenfalls mit seiner Zustellung wirksam (§ 133 SGG – BSGE 3, 209; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 8 zu § 132). Eine bloß fehlerhafte Verlautbarung stellte auch keinen wesentlichen, eine Zurückverweisung zumindest rechtfertigenden Verfahrensmangel dar, weil das am 23. Mai 1975 gefällte Urteil darauf ersichtlich nicht beruht.
Die Entscheidung des SG, die Klage abzuweisen, ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden. Insbesondere hat es zu Recht den angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 1973 nicht schon aus formellen Gründen aufgehoben. Ein Verfahrens –, Form- und Zuständigkeitsverstoß ist mit dieser Maßgabe grundsätzlich nur beachtlich, wenn er zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führt, d.h. besonders grob und schwerwiegend und zudem offenkundig ist (vgl. BSGE 24, 162). In Betracht zu ziehen ist insoweit u.a. insbesondere der Fall, daß die vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten wird (vgl. dazu BSGE 13, 269), unter einem schriftlich zu erteilenden Bescheid die Unterschrift fehlt oder der Bescheid die erlassene Behörde nicht erkennen läßt (vgl. BSG SGb 1976, S. 459; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 30 zu § 54; so auch jetzt § 40 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – SGB 10 – vom 18. August 1980 – BGBl. I 1469) und oder die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde evident, d.h. "absolut” ist (BSGE 9, 171; 15, 282; 24, 162). Auf alles dies kann die Klägerin sich jedoch nicht berufen. Insbesondere ist kein schwerer Verstoß gegen die bis zum 30. Juni 1977 geltenden Vorschriften der §§ 1583, 1589 RVO zu ersehen, wonach in Fällen der förmlichen Feststellung die zur Feststellung berufene Stelle einen schriftlichen Bescheid zu erteilen hat, der zu begründen und zu unterzeichnen ist. Die im Falle der Klägerin nach § 1569 a Abs. 1 Nr. 2 RVO vorgeschriebene förmliche Feststellung des Anspruchs erfolgte entsprechend § 1583 RVO durch schriftlichen Bescheid. Dieser war auch ohne weiteres als von dem Beklagten herrührend erkennbar. Der Bescheid machte zudem durch entsprechende Hinweise deutlich, daß die darin ausgesprochene Entziehung der Rente von dem für die Feststellung des Anspruchs zuständigen Rentenausschusses (§§ 1568, 1583 Abs. 1 RVO) u.a. unter Beteiligung eines Vertreters des Versicherten beschlossen worden war und dieser Beschluss durch die Behörde, vertreten durch die Geschäftsführung, bescheidmäßig mitgeteilt wurde. Der Bescheid war schließlich auch im Sinne von § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterschrieben (§ 1589 RVO – vgl. dazu Peters-Sautter-Wolff, a.a.O. Anm. 2 b, aa zu § 54, Seite 164). Zwar ist das in der Akte befindliche Original des Bescheides nur mit dem Handzeichen eines Vertreters der Geschäftsführung versehen; wie die Beklagte vorgetragen hat und von der Klägerin weder widerlegt noch bestritten wurde, war jedoch zumindest die ihr übersandte Ausfertigung mit vollem Namenszeichen eigenhändig unterzeichnet, was entgegen der Auffassung der Klägerin ausreichend ist (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 9. Auflage, Stand August 1980, Band I/2 S. 232 w). Ob der Bescheid richtigerweise von den Mitgliedern des Rentenausschusses selbst oder dem Vorsitzenden des Ausschusses namentlich hätte unterzeichnet werden müssen (so Urteil des Senats vom 4. Dezember 1968 – L 3/U – 123/68 in Breithaupt 1969, S. 628; a. A. Brackmann, a.a.O., S. 232 x) und in dem Fehlen dieser Unterschrift (en) ein Verstoß gegen die §§ 1583, 1589 RVO zu erblicken ist, kann hier letztlich dahinstehen. Selbst wenn den gesetzlichen Vorschriften entnommen werden müßte, daß die Befugnis zur Verlautbarung der Beschlüsse des gem. § 1569 RVO mit der Feststellung des Anspruchs betrauten Rentenausschusses einer anderen, grundsätzlich zur Entscheidung und zur Vertretung der Behörde nach außen hin berufenen Stelle nicht vorbehalten bleiben darf oder von dem Ausschuß nicht (zurück-)übertragen werden kann und eine entsprechende Regelung bei dem Beklagten entgegen seiner unter Beweisantritt vorgetragenen Behauptung im Streitzeitraum nicht bestand, so folgte daraus nicht die Nichtigkeit des Bescheides. Führt ein Verfahrens-, Form- und Zuständigkeitsverstoß aber nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes, so ist der Fehler unbeachtlich und eine Zurück Verweisung an die Verwaltung allein aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt, sofern bei Beachtung der verletzten Verfahrens-, Form- und Zuständigkeitsvorschrift keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Dieser in der Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannte Grundsatz (vgl. Peters-Sautter-Wolff, a.a.O. Anm. 2 zu § 54 S. 172/25 ff. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung u.a. BSGE 9, 277; 24, 134 26, 177; 34, 211; 36, 181) findet nunmehr seinen Ausdruck in der im vorliegenden Verfahren allerdings nicht anwendbaren Vorschrift des § 42 SGB 10 (vgl. ebenso § 44 Abs. 1 Verwaltung. Verfahrensgesetz – VwVfG –). Er gilt uneingeschränkt zumindest dann, wenn der Verfahrensverstoß insgesamt nicht derart schwer wiegt, daß unbeschadet der sachlichen Richtigkeit des Bescheides eine neue Entscheidung der Verwaltung notwendig erscheint. Davon ist hier aber auszugehen, zumal der Nachweis der Beteiligung des Rentenausschusses an der förmlichen Feststellung als solche durch die von dem Beklagten vorgelegte und von den Ausschußmitgliedern eigenhändig unterzeichnete Niederschrift über die Verhandlung vom 25. Juni 1973 zweifelsfrei erbracht werden kann. An diesem Tag beschloß der Ausschuß – entsprechend dem Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides – in der Angelegenheit der Klägerin die "Entziehung der bisherigen 30%igen Rente”, weil "die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert ist.”
Danach kann die Klägerin die Beseitigung des Bescheides vom 25. Juni 1973 nur dann erreichen, wenn dieser materiell-rechtlich unrichtig ist. Auch dies hat das SG zutreffend verneint. Der Beklagte durfte die der Klägerin bisher gewährte Dauerrente entziehen, weil in den für die letzte rechtsverbindlich gewordene Feststellung der Dauerrente im Bescheid vom 25. Januar 1972 objektiv maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung – Besserung – im Sinne von § 622 Abs. 1 RVO eingetreten ist. Diese hängt von dem Gesamt zustand des Leidens ab und kann ausnahmsweise trotz im wesentlichen gleichbleibender Befunde auch im Zeitablauf liegen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Auflage, Stand April 1980, Anm. 2 c ff. zu § 622 unter Hinweis auf RVA in AN 1891 S. 221; Baumer, Die gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Stand 1978, Anm. 5 b cc zu § 622, S. 557), z.B. wenn bei einer früher aktiven, ihrer Natur nach zu Rückfällen neigenden Krankheit Aktivitätszeichen längere Zeit ausbleiben (vgl. Urteile des BSG vom 27. Februar 1963 – 9 RV 790/60 in BVBl. 1963 S. 123 und vom 15. Oktober 1963 – 11 RV 236/61 – sowie Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen, Neuausgabe 1973, Nr. 21 S. 35). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Schon Professor Dr. B. und Dr. D. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt W. haben im Zusammenhang mit den früheren Untersuchungen und Begutachtungen der Klägerin im September 1968 und 1969 sowie Januar 1970 unter Hinweis auf die Fachliteratur und bestätigt durch Professor Dr. W. von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K. dargelegt, daß charakteristisch für die chronisch-persistierende Hepatitis ihr protrahierter Verlauf mit schubweise auftretenden Aktivitätszeichen ist. Bei der dem letzten Dauerrentenbescheid zugrundeliegenden Kontrolluntersuchung der Klägerin vom 15. November 1971 durch die Dres. S. und Wiese von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K. konnte anhand der Leberfunktionsproben eine solche Aktivität des Leberprozesses nicht mehr nachgewiesen werden. Es fand sich auch keine Störung der Leberfunktion, was in der normalen Bromthaleinretention und dem normalen Verteilungsmuster der Elektrophorese sowie dem ebenfalls normalen Immunglobulinmuster bestätigt wurde. Die Gutachter nahmen eine MdE um 30 v.H. jedoch wegen der auch ihnen bekannten möglichen Diskrepanzen zwischen Leberfunktionsproben und Leberhistologie an. Da die Klägerin sowohl eine Laparoskopie als auch eine Blindpunktion wegen der damit verbundenen Risiken ablehnte konnten diese Ärzte mithin eine Ausheilung der Hepatitis zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen. Sie äußerten sich andererseits aber dahin, daß bei "weiterhin normalisierten Leberfunktionsproben” eine Ausheilung anzunehmen sei. Diese Feststellung hat dann der Internist Dr. B. in seinem Gutachten vom 23. Mai 1973 anhand der konstant gebliebenen laborchemischen Werte treffen können. So lagen die Transaminasen SGOT und SGPT wie auch die Gamma-GT im Normalbereich und auch die Serumelektrophorese zeigte nur eine geringfügige Verminderung der Albumine beim Fehlen einer nachweisbaren Vermehrung der Gamma-Globuline. Da der objektive Befund somit keine wesentlichen Abweichungen von der Norm mehr ergab, hat Dr. Berg zu Recht eine klinische Ausheilung der chronisch-persistierenden Hepatitis und damit eine wesentliche Besserung bejaht, was angesichts des stabilen, aktivitätsfreien Prozesses von 1 1/2 Jahren nunmehr auch ohne histologische Untersuchung geschehen konnte, welche von der Klägerin nach wie vor abgelehnt wird. Auf die Leber zu beziehende Beschwerden wurden von Dr. Berg auch nicht mehr objektiviert. Die Klägerin selbst gab an, daß es ihr deutlich besser gehe, sie zur Zeit keine Medikamente einnehme und eine lockere Diät einhalte. Die von ihr noch geklagte leichte Ermüdbarkeit hat Dr. B. einleuchtend mit dem niedrigen Blutdruck (100/70) bei einer durch Professor Dr. W. bereits zuvor diagnostizierten Eisenmangelanämie erklärt. Ein rentenberechtigender Grad von mindestens 20 v.H. (§ 581 Abs. 1 RVO) wurde hierdurch und durch die noch angegebene Neigung zur Verstopfung jedenfalls nicht mehr bedingt. Die Richtigkeit dieser Bewertung ergibt sich auch aus den von Günther-Hymmen, Unfallbegutachtung (6. Auflage, 1972, S. 73) mitgeteilten Rentensätzen, wonach nur Erkrankungen und Verletzungen der Leber und der Gallenwege mit Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit mit einer MdE von 20 v.H. bis 40 v.H. zu berenten sind. Daß die Feststellung eines die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab August 1973 in diesem Umfang nicht mehr mindernden Zustandes der Ausheilung ihrer im Jahre 1967 aufgetretenen, histologisch gesicherten chronisch-persistierenden Hepatitis medizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen widerspricht oder die für eine solche Feststellung erforderliche Sicherheit sich entgegen der Überzeugung der Dres. S. und W. und des Dr. B. im allgemeinen oder zumindest im Falle der Klägerin nicht auf eine länger andauernde aktivitätsfreie Entwicklung gründen kann, ist nicht ersichtlich. Nach dem Gutachten von Professor Dr. B. und Dr. D. vom 15. Januar 1970 und den übrigen ärztlichen Äußerungen lief die chronisch-persistierende Hepatitis der Klägerin durchaus im üblichen Rahmen ab. Auch Professor Dr. B. und Professor Dr. W. haben in ihren Gutachten stets die wegen der fehlenden Neigung zur Progredienz günstigen Aussichten der vollständigen Heilung einer chronisch-persistierenden Hepatitis betont. Professor Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 15. Januar 1970 in Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Literatur und mit Zustimmung des Professors Dr. W. dabei eine von Aktivitätsschüben begleitete Verlaufsdauer von einem Jahr bis zu mehreren Jahren, längstens von 10 Jahren beschrieben und im einzelnen auf eine Untersuchung des Professors Dr. W. verwiesen, wonach bei 24 v.H. beobachteter Fälle nach 63 Monaten eine völlige Heilung festgestellt werden konnte, während bei 74 v.H. der Fälle weiterhin Aktivitätszeichen bestanden. Diese waren bei der Klägerin im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B. aber bereits seit 1 1/2 Jahren nicht mehr vorhanden. Daß der daraus gezogene Schluß der Ausheilung tatsächlich gerechtfertigt war, wird zusätzlich durch die von Professor Dr. S. und Dr. L. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt Wiesbaden im Gutachten vom 3. Februar 1975 mitgeteilten Befunde bestätigt. Dieses Gutachten ist zwar nicht als Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 106, 118 SGG, § 411 ZPO verwertbar, weil es nicht von einem Arzt erstattet wurde, den das SG zum Sachverständigen ernannt hatte (§ 404 ZPO – BSG SozR § 128 SGG Nr. 71; vgl. auch SozR § 128 SGG Nrn. 73 und 93). Es ist jedoch ebenso wie die von den Beteiligten eingereichten oder sich in den beigezogenen Akten befindlichen Gutachten im Wege des Urkundenbeweises bei der Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 SGG) einzubeziehen (vgl. BSG SozR § 128 SGG Nr. 81). Es bestätigt angesichts der an den mitgeteilten leberspezifischen Laborwerten und körperlichen Befunden ablesbaren weiterhin normalisierten Leberfunktion insoweit die Richtigkeit der vorherigen ärztlichen Beurteilungen und macht es mit diesen wahrscheinlich, daß die chronisch-persistierende Hepatitis der Klägerin im Zeitpunkt der Entziehung der Verletztenrente einen zum Bezug dieser Rente nicht mehr berechtigenden Zustand der Ausheilung erreicht hatte. Die Klägerin hat auch seither keine Befunde vorgelegt oder behauptet, die diese Feststellung in Zweifel ziehen könnten. Allein der Umstand, daß sie die gegenüber Dr. B. eingeräumte deutliche Besserung ihres subjektiven Befindens später wieder einschränkte, bot dem Senat nach alledem auch keinen Anlaß, weitere Ermittlungen anzustellen bzw. der Anregung der Klägerin zu folgen, Professor Dr. B. doch noch als Sachverständigen zu hören. Dabei kann dahinstehen, ob es sich insoweit überhaupt um einen Beweisantrag gehandelt hat. Selbst wenn dem so wäre, bestand für den Senat kein Grund, ihm nachzugehen, weil er den Sachverhalt nach den vorliegenden ärztlichen Befunden und Äußerungen für hinreichend geklärt hält und von einer gutachterlichen Anhörung des Professor Dr. B. keine weiteren Aufschlüsse erwartet. Von der ihr bekannten Möglichkeit, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren ebensowenig wie im Klageverfahren Gebrauch gemacht.
Die Berufung war danach zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §.193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Dauerrente.
Die Klägerin, von Beruf medizinisch-technische Assistentin, erkrankte im Jahre 1967 an einer infektiösen Gelbsucht, die vom Beklagten als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 37 "Infektionskrankheit” der Anlage zur Sechsten Berufskrankheiten-Verordnung (6. BKVO) vom 28. April 1961 –BGBl. I S. 505– anerkannt wurde. Nachdem der Beklagte der Klägerin zunächst wegen "Zustandes nach chronisch-persistierender Hepatitis mit zum Teil noch schwerem posthepatitischem Beschwerdekomplex” vorübergehend die Vollrente als Dauerrente gewährt hatte, setzte er im Jahre 1970 die Rente auf eine Teilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. und ab 1. März 1972 gestützt auf das Gutachten vom 30. Dezember 1971 der Dres. S. und W. von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses in K. auf eine MdE um 30 v.H. herab (Bescheid vom 25. Januar 1972). Auf Grund des von ihm veranlaßten Gutachtens vom 23. Mai 1973 des Internisten Dr. B., F., vom 23. Mai 1973, wonach Zeichen für einen aktiven Leberprozeß nicht mehr bestanden, entzog der Beklagte durch Bescheid vom 25. Juni 1973 die bisherige Dauerrente mit Ablauf des Monats Juli 1973, weil die Erwerbsfähigkeit durch Folgen der BK nicht mehr in meßbarem Grade gemindert werde.
Die am 12. Juli 1973 erhobene Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (SG) Wiesbaden durch Urteil vom 23. Mai 1975 abgewiesen, nachdem das Gutachten vom 3. Februar 1975 des Professor Dr. S. und Dr. L. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt W. vorlag. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Bescheid vom 25. Juni 1973 formell rechtmäßig und auch sachlich nicht zu beanstanden sei.
Nachdem die laborchemischen Werte seit 1971 normal geblieben seien, müsse in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Professors Dr. S. und Dr. L. eine Ausheilung der Lebererkrankung angenommen werden, was gegenüber den Verhältnissen von 1971 eine wesentliche Besserung bedeute.
Am 22. Juli 1975 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Über die Berufung – die Beteiligten hatten sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt – hat der erkennende Senat am 3. November 1976 mit dem Ergebnis beraten, daß das Urteil des SG und der Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 1973 aufzuheben seien. Eine entsprechende Urteilsformel wurde schriftlich abgefaßt. Ohne Wissen der Berufsrichter des Senats hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Urteilsformel dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt. Am 5. Januar 1977 hat der Senat wiederum über die Berufung beraten und nunmehr entschieden, daß das Urteil des SG und der Bescheid des Beklagten nicht allein aus formellen Gründen aufgehoben werde dürften und im übrigen der Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche. Dieses Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Revision der Klägerin durch Urteil vom 14. Dezember 1978 – 2 RU 23/77 – mit der Begründung aufgehoben, daß der Senat an das Urteil vom 3. November 1976 gebunden gewesen sei, weil der Urkundsbeamte dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Entscheidung bekanntgegeben habe. Der Beklagte hat daraufhin gegen das Urteil des Senats vom 3. November 1976 Revision eingelegt. Durch Urteil vom 31. Januar 1980 – 8 a RU 16/79 – hat das BSG diese Urteil, das nach Eingang der Revision des Beklagten in vollständiger Form abgefaßt wurde, aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil die erst nach zwei Jahren und vier Monaten abgefaßten Entscheidungsgründe das Beratungsergebnis nicht mehr zutreffend wiedergäben.
Die Klägerin bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend: Einer erneuten Entscheidung des Senats stehe die Vorschrift des § 141 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entgegen, da das BSG am 31. Januar 1980 über ein Urteil entschieden habe, das niemals mit dem am 3. November 1976 abgesetzten Urteil identisch sein könne. Dieses sei ihr bis heute noch nicht zugestellt worden. Das angefochtene Urteil des SG sei in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden. Es sei zunächst nicht ordnungsgemäß verkündet worden. Das Protokoll des Verkündungstermins sei nicht von der Kammervorsitzenden, sondern lediglich von der Schriftführerin unterzeichnet worden und enthalte keine Angaben darüber, mit wem das Urteil beraten und gefällt worden sei und welche Beisitzer bei der Verkündung anwesend gewesen seien. Es sei ferner nicht den passiv legitimierten Beklagten zugestellt worden und im übrigen auch sachlich unrichtig. Der Entziehungsbescheid des Beklagten sei schon aus formellen Gründen aufzuheben, weil er unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sei. Es sei nicht festzustellen, wer bei der Beschlussfassung mitgewirkt habe. Die nach § 1589 Reichsversicherungsordnung (RVO) erforderliche Unterschrift des Vorsitzenden des Rentenausschusses fehle. Die bei den Akten befindliche Urschrift des Bescheides, die entscheidend sei, sei nicht, mit vollem Namenszug, sondern lediglich mit Handzeichen unterzeichnet. In den Folgen der BK sei außerdem seit dem Bescheid vom 25. Januar 1972 keine wesentliche Besserung i.S.d. § 622 RVO eingetreten. In den Fällen, in denen zur Begründung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse Erfahrungssätze der medizinischen Wissenschaft herangezogen würden, sei das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte erforderlich, daß sich die medizinischen Erfahrungssätze auch im konkreten Fall bewahrheitet hätten. Der bloße Zeitablauf genüge nicht, den Nachweis der wesentlichen Änderung zu erbringen. Daß die laborchemischen Werte seit 1971 im wesentlichen konstant geblieben seien und im Normalbereich lägen, spreche vielmehr dafür, daß seit dem Gutachten des Dr. S. vom 15. November 1971 eine Veränderung nicht eingetreten sei.
In keinem Fall könne davon die Rede sein, daß die chronisch persistierende Hepatitis ausgeheilt sei und überhaupt keine MdE mehr bedinge. Dies könne selbst dem Gutachten des Professors Dr. S. vom 3. Februar 1975 nicht entnommen werden. Dieses vom SG verwertete Gutachten sei im übrigen nicht entsprechend der Beweisanordnung von "Professor Dr. B. oder Vertreter” erstellt worden. Es werde gebeten zu prüfen, ob angesichts der dargelegten Sach- und Beweislage nicht doch Professor Dr. B. gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gutachtlich gehört werden solle.
Die Klägerin beantragt,
den Rechtsstreit zu vertagen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 23. Mai 1975 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 1973 aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, weiterhin als BK einen "Zustand nach histologisch gesicherter chronisch-persistierender Hepatitis” anzuerkennen und ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere seien formelle Mängel des Bescheides nicht zu erkennen. Die Entziehung der Verletztenrente sei lt. Sitzungsniederschrift am 25. Juni 1973 durch den Rentenausschuß, dem der Bescheid vom 25. Juni 1973 in vollem Wortlaut vorgelegen habe, beschlossen worden. Der Geschäftsführer, der dem Rentenausschuß mit beratender Stimme angehöre, sei von diesem zur Unterzeichnung des auf Grund des Beschlusses ausgefertigten Bescheides ermächtigt gewesen. Die dem Versicherten zugestellte Ausfertigung des Bescheides enthalte stets auch den vollen Namenszug. Alles dies könnten die Mitglieder des Rentenausschusses bezeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Unfallakten des Beklagten – Az.: XXXXX (2 Bände) –, der Revisionsakten 8a RU 16/79 und 2 RU 23/77, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin und ihres Prozeßbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da in der ordnungsgemäß und rechtzeitig (§ 62 SGG) am 24. Dezember 1980 erfolgten Ladung darauf hingewiesen worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand April 1980, Anm. 3 zu § 110 SGG). Die für die beantragte Vertagung im Schriftsatz vom 5. Januar 1981 angeführten Gründe sind nicht erheblich im Sinne von § 202 SGG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozeßordnung (ZPO), worauf der Prozeßbevollmächtigte durch die Entscheidung des Vorsitzenden vom 9. Januar 1981 bereits hingewiesen worden ist.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 145, 151 SGG). Eine den. Senat bindende Entscheidung darüber in Form des Urteils vom 3. November 1976 liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mehr vor, nachdem das BSG dieses Urteil vom 3. November 1976 – nicht nur die später abgefassten Entscheidungsgründe – aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.
Allerdings ist Beklagter des vorliegenden Rechtsstreits das Land Baden-Württemberg und nicht – wie vom SG angenommen – die Ausführungsbehörde selbst (vgl. § 766 Abs. 2 RVO – Urteil des BSG vom 30. Januar 1975 – 2 RU 200/72). Dies war richtigzustellen. Ob infolgedessen auch bei der Zustellung des Urteils ein Fehler unterlaufen ist, kann dahinstehen, da dieser die Rechtsstellung der Klägerin jedenfalls nicht berührt und vor allem das Urteil des SG nicht unwirksam machte. Auch sonstige, die Unwirksamkeit des Urteils begründende Mängel, die ohne nähere Sachprüfung eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erforderlich machen könnten (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), liegen nicht vor. Insbesondere kann die von der Klägerin den Umständen nach erhobene Rüge einer fehlenden oder nicht ordnungsgemäßen Verkündung des Urteils sowie einer u.U. nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts in dieser Weise nicht durchgreifen. Das Urteil wurde am 23. Mai 1975 nach mündlicher Verhandlung in der vollen Besetzung der Kammer gefällt und an dem lt. Sitzungsniederschrift durch Beschluss anberaumten Verkündungstermin – 13. Juni 1975 – nach der dazu gefertigten Niederschrift von diesem Tage ebenfalls in voller, wenn auch anderer Besetzung der Kammer – was zulässig ist – durch Verlesung der schriftlich am 23. Mai 1975 niedergelegten und von der Vorsitzenden sowie den beiden ehrenamtlichen Richtern dieses Termins namentlich unterzeichneten Urteilsformel verkündet (vgl. dazu Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG. Anm. 3 bis 5 zu § 132). Ein entsprechender Vermerk befindet sich auf der Urteilsformel selbst. Soweit die Klägerin den Nachweis der Verkündung des Urteile deshalb nicht als erbracht ansieht, weil die Niederschrift vom 13. Juni 1975 nur von der Protokollführerin, nicht aber von der Vorsitzenden Richterin namentlich, unterschrieben wurde (§ 122 SGG i.V. mit §§ 160 Abs. 3 Nrn. 6 und 7, 163, 165 ZPO) ändert dies an der Wirksamkeit des Urteils nichts. Abgesehen davon, daß in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 163 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Unterschrift der Urkundsbeamtin für die Protokollführung als ausreichend anzusehen sein könnte, wurde das Urteil jedenfalls mit seiner Zustellung wirksam (§ 133 SGG – BSGE 3, 209; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 8 zu § 132). Eine bloß fehlerhafte Verlautbarung stellte auch keinen wesentlichen, eine Zurückverweisung zumindest rechtfertigenden Verfahrensmangel dar, weil das am 23. Mai 1975 gefällte Urteil darauf ersichtlich nicht beruht.
Die Entscheidung des SG, die Klage abzuweisen, ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden. Insbesondere hat es zu Recht den angefochtenen Bescheid vom 25. Juni 1973 nicht schon aus formellen Gründen aufgehoben. Ein Verfahrens –, Form- und Zuständigkeitsverstoß ist mit dieser Maßgabe grundsätzlich nur beachtlich, wenn er zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führt, d.h. besonders grob und schwerwiegend und zudem offenkundig ist (vgl. BSGE 24, 162). In Betracht zu ziehen ist insoweit u.a. insbesondere der Fall, daß die vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten wird (vgl. dazu BSGE 13, 269), unter einem schriftlich zu erteilenden Bescheid die Unterschrift fehlt oder der Bescheid die erlassene Behörde nicht erkennen läßt (vgl. BSG SGb 1976, S. 459; Meyer-Ladewig, a.a.O., Anm. 30 zu § 54; so auch jetzt § 40 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – SGB 10 – vom 18. August 1980 – BGBl. I 1469) und oder die sachliche Unzuständigkeit der erlassenden Behörde evident, d.h. "absolut” ist (BSGE 9, 171; 15, 282; 24, 162). Auf alles dies kann die Klägerin sich jedoch nicht berufen. Insbesondere ist kein schwerer Verstoß gegen die bis zum 30. Juni 1977 geltenden Vorschriften der §§ 1583, 1589 RVO zu ersehen, wonach in Fällen der förmlichen Feststellung die zur Feststellung berufene Stelle einen schriftlichen Bescheid zu erteilen hat, der zu begründen und zu unterzeichnen ist. Die im Falle der Klägerin nach § 1569 a Abs. 1 Nr. 2 RVO vorgeschriebene förmliche Feststellung des Anspruchs erfolgte entsprechend § 1583 RVO durch schriftlichen Bescheid. Dieser war auch ohne weiteres als von dem Beklagten herrührend erkennbar. Der Bescheid machte zudem durch entsprechende Hinweise deutlich, daß die darin ausgesprochene Entziehung der Rente von dem für die Feststellung des Anspruchs zuständigen Rentenausschusses (§§ 1568, 1583 Abs. 1 RVO) u.a. unter Beteiligung eines Vertreters des Versicherten beschlossen worden war und dieser Beschluss durch die Behörde, vertreten durch die Geschäftsführung, bescheidmäßig mitgeteilt wurde. Der Bescheid war schließlich auch im Sinne von § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterschrieben (§ 1589 RVO – vgl. dazu Peters-Sautter-Wolff, a.a.O. Anm. 2 b, aa zu § 54, Seite 164). Zwar ist das in der Akte befindliche Original des Bescheides nur mit dem Handzeichen eines Vertreters der Geschäftsführung versehen; wie die Beklagte vorgetragen hat und von der Klägerin weder widerlegt noch bestritten wurde, war jedoch zumindest die ihr übersandte Ausfertigung mit vollem Namenszeichen eigenhändig unterzeichnet, was entgegen der Auffassung der Klägerin ausreichend ist (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 9. Auflage, Stand August 1980, Band I/2 S. 232 w). Ob der Bescheid richtigerweise von den Mitgliedern des Rentenausschusses selbst oder dem Vorsitzenden des Ausschusses namentlich hätte unterzeichnet werden müssen (so Urteil des Senats vom 4. Dezember 1968 – L 3/U – 123/68 in Breithaupt 1969, S. 628; a. A. Brackmann, a.a.O., S. 232 x) und in dem Fehlen dieser Unterschrift (en) ein Verstoß gegen die §§ 1583, 1589 RVO zu erblicken ist, kann hier letztlich dahinstehen. Selbst wenn den gesetzlichen Vorschriften entnommen werden müßte, daß die Befugnis zur Verlautbarung der Beschlüsse des gem. § 1569 RVO mit der Feststellung des Anspruchs betrauten Rentenausschusses einer anderen, grundsätzlich zur Entscheidung und zur Vertretung der Behörde nach außen hin berufenen Stelle nicht vorbehalten bleiben darf oder von dem Ausschuß nicht (zurück-)übertragen werden kann und eine entsprechende Regelung bei dem Beklagten entgegen seiner unter Beweisantritt vorgetragenen Behauptung im Streitzeitraum nicht bestand, so folgte daraus nicht die Nichtigkeit des Bescheides. Führt ein Verfahrens-, Form- und Zuständigkeitsverstoß aber nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes, so ist der Fehler unbeachtlich und eine Zurück Verweisung an die Verwaltung allein aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt, sofern bei Beachtung der verletzten Verfahrens-, Form- und Zuständigkeitsvorschrift keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Dieser in der Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannte Grundsatz (vgl. Peters-Sautter-Wolff, a.a.O. Anm. 2 zu § 54 S. 172/25 ff. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung u.a. BSGE 9, 277; 24, 134 26, 177; 34, 211; 36, 181) findet nunmehr seinen Ausdruck in der im vorliegenden Verfahren allerdings nicht anwendbaren Vorschrift des § 42 SGB 10 (vgl. ebenso § 44 Abs. 1 Verwaltung. Verfahrensgesetz – VwVfG –). Er gilt uneingeschränkt zumindest dann, wenn der Verfahrensverstoß insgesamt nicht derart schwer wiegt, daß unbeschadet der sachlichen Richtigkeit des Bescheides eine neue Entscheidung der Verwaltung notwendig erscheint. Davon ist hier aber auszugehen, zumal der Nachweis der Beteiligung des Rentenausschusses an der förmlichen Feststellung als solche durch die von dem Beklagten vorgelegte und von den Ausschußmitgliedern eigenhändig unterzeichnete Niederschrift über die Verhandlung vom 25. Juni 1973 zweifelsfrei erbracht werden kann. An diesem Tag beschloß der Ausschuß – entsprechend dem Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides – in der Angelegenheit der Klägerin die "Entziehung der bisherigen 30%igen Rente”, weil "die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Grade gemindert ist.”
Danach kann die Klägerin die Beseitigung des Bescheides vom 25. Juni 1973 nur dann erreichen, wenn dieser materiell-rechtlich unrichtig ist. Auch dies hat das SG zutreffend verneint. Der Beklagte durfte die der Klägerin bisher gewährte Dauerrente entziehen, weil in den für die letzte rechtsverbindlich gewordene Feststellung der Dauerrente im Bescheid vom 25. Januar 1972 objektiv maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung – Besserung – im Sinne von § 622 Abs. 1 RVO eingetreten ist. Diese hängt von dem Gesamt zustand des Leidens ab und kann ausnahmsweise trotz im wesentlichen gleichbleibender Befunde auch im Zeitablauf liegen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Auflage, Stand April 1980, Anm. 2 c ff. zu § 622 unter Hinweis auf RVA in AN 1891 S. 221; Baumer, Die gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Stand 1978, Anm. 5 b cc zu § 622, S. 557), z.B. wenn bei einer früher aktiven, ihrer Natur nach zu Rückfällen neigenden Krankheit Aktivitätszeichen längere Zeit ausbleiben (vgl. Urteile des BSG vom 27. Februar 1963 – 9 RV 790/60 in BVBl. 1963 S. 123 und vom 15. Oktober 1963 – 11 RV 236/61 – sowie Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen, Neuausgabe 1973, Nr. 21 S. 35). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Schon Professor Dr. B. und Dr. D. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt W. haben im Zusammenhang mit den früheren Untersuchungen und Begutachtungen der Klägerin im September 1968 und 1969 sowie Januar 1970 unter Hinweis auf die Fachliteratur und bestätigt durch Professor Dr. W. von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K. dargelegt, daß charakteristisch für die chronisch-persistierende Hepatitis ihr protrahierter Verlauf mit schubweise auftretenden Aktivitätszeichen ist. Bei der dem letzten Dauerrentenbescheid zugrundeliegenden Kontrolluntersuchung der Klägerin vom 15. November 1971 durch die Dres. S. und Wiese von der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses K. konnte anhand der Leberfunktionsproben eine solche Aktivität des Leberprozesses nicht mehr nachgewiesen werden. Es fand sich auch keine Störung der Leberfunktion, was in der normalen Bromthaleinretention und dem normalen Verteilungsmuster der Elektrophorese sowie dem ebenfalls normalen Immunglobulinmuster bestätigt wurde. Die Gutachter nahmen eine MdE um 30 v.H. jedoch wegen der auch ihnen bekannten möglichen Diskrepanzen zwischen Leberfunktionsproben und Leberhistologie an. Da die Klägerin sowohl eine Laparoskopie als auch eine Blindpunktion wegen der damit verbundenen Risiken ablehnte konnten diese Ärzte mithin eine Ausheilung der Hepatitis zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen. Sie äußerten sich andererseits aber dahin, daß bei "weiterhin normalisierten Leberfunktionsproben” eine Ausheilung anzunehmen sei. Diese Feststellung hat dann der Internist Dr. B. in seinem Gutachten vom 23. Mai 1973 anhand der konstant gebliebenen laborchemischen Werte treffen können. So lagen die Transaminasen SGOT und SGPT wie auch die Gamma-GT im Normalbereich und auch die Serumelektrophorese zeigte nur eine geringfügige Verminderung der Albumine beim Fehlen einer nachweisbaren Vermehrung der Gamma-Globuline. Da der objektive Befund somit keine wesentlichen Abweichungen von der Norm mehr ergab, hat Dr. Berg zu Recht eine klinische Ausheilung der chronisch-persistierenden Hepatitis und damit eine wesentliche Besserung bejaht, was angesichts des stabilen, aktivitätsfreien Prozesses von 1 1/2 Jahren nunmehr auch ohne histologische Untersuchung geschehen konnte, welche von der Klägerin nach wie vor abgelehnt wird. Auf die Leber zu beziehende Beschwerden wurden von Dr. Berg auch nicht mehr objektiviert. Die Klägerin selbst gab an, daß es ihr deutlich besser gehe, sie zur Zeit keine Medikamente einnehme und eine lockere Diät einhalte. Die von ihr noch geklagte leichte Ermüdbarkeit hat Dr. B. einleuchtend mit dem niedrigen Blutdruck (100/70) bei einer durch Professor Dr. W. bereits zuvor diagnostizierten Eisenmangelanämie erklärt. Ein rentenberechtigender Grad von mindestens 20 v.H. (§ 581 Abs. 1 RVO) wurde hierdurch und durch die noch angegebene Neigung zur Verstopfung jedenfalls nicht mehr bedingt. Die Richtigkeit dieser Bewertung ergibt sich auch aus den von Günther-Hymmen, Unfallbegutachtung (6. Auflage, 1972, S. 73) mitgeteilten Rentensätzen, wonach nur Erkrankungen und Verletzungen der Leber und der Gallenwege mit Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit mit einer MdE von 20 v.H. bis 40 v.H. zu berenten sind. Daß die Feststellung eines die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ab August 1973 in diesem Umfang nicht mehr mindernden Zustandes der Ausheilung ihrer im Jahre 1967 aufgetretenen, histologisch gesicherten chronisch-persistierenden Hepatitis medizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen widerspricht oder die für eine solche Feststellung erforderliche Sicherheit sich entgegen der Überzeugung der Dres. S. und W. und des Dr. B. im allgemeinen oder zumindest im Falle der Klägerin nicht auf eine länger andauernde aktivitätsfreie Entwicklung gründen kann, ist nicht ersichtlich. Nach dem Gutachten von Professor Dr. B. und Dr. D. vom 15. Januar 1970 und den übrigen ärztlichen Äußerungen lief die chronisch-persistierende Hepatitis der Klägerin durchaus im üblichen Rahmen ab. Auch Professor Dr. B. und Professor Dr. W. haben in ihren Gutachten stets die wegen der fehlenden Neigung zur Progredienz günstigen Aussichten der vollständigen Heilung einer chronisch-persistierenden Hepatitis betont. Professor Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 15. Januar 1970 in Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Literatur und mit Zustimmung des Professors Dr. W. dabei eine von Aktivitätsschüben begleitete Verlaufsdauer von einem Jahr bis zu mehreren Jahren, längstens von 10 Jahren beschrieben und im einzelnen auf eine Untersuchung des Professors Dr. W. verwiesen, wonach bei 24 v.H. beobachteter Fälle nach 63 Monaten eine völlige Heilung festgestellt werden konnte, während bei 74 v.H. der Fälle weiterhin Aktivitätszeichen bestanden. Diese waren bei der Klägerin im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B. aber bereits seit 1 1/2 Jahren nicht mehr vorhanden. Daß der daraus gezogene Schluß der Ausheilung tatsächlich gerechtfertigt war, wird zusätzlich durch die von Professor Dr. S. und Dr. L. von der Medizinischen Klinik II der Kliniken der Landeshauptstadt Wiesbaden im Gutachten vom 3. Februar 1975 mitgeteilten Befunde bestätigt. Dieses Gutachten ist zwar nicht als Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 106, 118 SGG, § 411 ZPO verwertbar, weil es nicht von einem Arzt erstattet wurde, den das SG zum Sachverständigen ernannt hatte (§ 404 ZPO – BSG SozR § 128 SGG Nr. 71; vgl. auch SozR § 128 SGG Nrn. 73 und 93). Es ist jedoch ebenso wie die von den Beteiligten eingereichten oder sich in den beigezogenen Akten befindlichen Gutachten im Wege des Urkundenbeweises bei der Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 SGG) einzubeziehen (vgl. BSG SozR § 128 SGG Nr. 81). Es bestätigt angesichts der an den mitgeteilten leberspezifischen Laborwerten und körperlichen Befunden ablesbaren weiterhin normalisierten Leberfunktion insoweit die Richtigkeit der vorherigen ärztlichen Beurteilungen und macht es mit diesen wahrscheinlich, daß die chronisch-persistierende Hepatitis der Klägerin im Zeitpunkt der Entziehung der Verletztenrente einen zum Bezug dieser Rente nicht mehr berechtigenden Zustand der Ausheilung erreicht hatte. Die Klägerin hat auch seither keine Befunde vorgelegt oder behauptet, die diese Feststellung in Zweifel ziehen könnten. Allein der Umstand, daß sie die gegenüber Dr. B. eingeräumte deutliche Besserung ihres subjektiven Befindens später wieder einschränkte, bot dem Senat nach alledem auch keinen Anlaß, weitere Ermittlungen anzustellen bzw. der Anregung der Klägerin zu folgen, Professor Dr. B. doch noch als Sachverständigen zu hören. Dabei kann dahinstehen, ob es sich insoweit überhaupt um einen Beweisantrag gehandelt hat. Selbst wenn dem so wäre, bestand für den Senat kein Grund, ihm nachzugehen, weil er den Sachverhalt nach den vorliegenden ärztlichen Befunden und Äußerungen für hinreichend geklärt hält und von einer gutachterlichen Anhörung des Professor Dr. B. keine weiteren Aufschlüsse erwartet. Von der ihr bekannten Möglichkeit, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren ebensowenig wie im Klageverfahren Gebrauch gemacht.
Die Berufung war danach zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §.193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved