L 3 U 40/06

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 43/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 40/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld bzw. Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 31. Januar 2002 und die Einbeziehung der Folgen des als Wiedererkrankung geltend gemachten Ereignisses vom 31. Juli 2004 streitig.

Der Kläger war in der Zeit von 1997 bis 2003 als Berufsfussballspieler beim H.-Verein () tätig. Anschließend arbeitete er für einen türkischen Fußballverein.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Oktober 2006 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Es werde den überzeugenden Darlegungen des Chirurgen M.-C. gefolgt. Danach habe der Arbeitsunfall vom 31. Januar 2002 über den 26. Juni 2003 hinaus zu keiner Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20% geführt, so dass für die Folgezeit kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente bestehe. Die gesundheitliche Situation, die ab 31. Juli 2004 zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit geführt habe, stehe in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 31. Januar 2002, denn hier seien keine Unfallfolgen zum Tragen gekommen, sondern die Arbeitsunfähigkeit resultiere aus unfallunabhängigen Verschleißerscheinungen. Daher bestehe weder ein Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld ab 31. Juli 2004 noch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Gutachten des Chirurgen M.-C. sei nicht zu folgen. Es könne nicht überzeugen. In dem Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 30. Januar 2007 für die private Unfallversicherung werde ihm (dem Kläger) ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Kreuzbandteilruptur sowie der retropatelaren Knorpelschädigung und der Sportinvalidität bestätigt. Die Verwendung der Formulierung "posttraumatische Ergussbildung" zeige, dass dieser Sachverständige von einem Unfallzusammenhang ausgehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Oktober 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2004 und 14. Dezember 2005 in der Fassung vom 20. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente über den 26. Juni 2003 hinaus – ggf. unterbrochen von Verletztengeld ab dem 31. Juli 2007 – zu gewähren, hilfsweise dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz aus dem Schriftsatz vom 20. Oktober 2007 zu folgen.

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und weist hinsichtlich des Gutachtens des Chirurgen Dr. S. vor allem darauf hin, dass dieser nicht die gesamten medizinischen Vorgänge aus dem vorliegenden Rechtsstreit kenne und im Übrigen keinen konkreten Unfallzusammenhang diskutiere.

Im Berufungsverfahren hat der Orthopäde Dr. N. das Gutachten vom 27. September 2007 erstattet. Hinsichtlich des Inhalts wird auf das schriftliche Gutachten verwiesen. Der Sachverständige ist in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007 ergänzend gehört worden. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2007 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die angegriffenen Bescheide nicht beanstandet.

Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Anwendung, weil ein Versicherungsfall nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist. Die Gewährung von Verletztengeld setzt gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII u. a. voraus, dass der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztätige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Im Falle der Wiedererkrankung besteht der Anspruch auf Verletztengeld ab dem Zeitpunkt der Wiedererkrankung (§ 48 SGB VII). Voraussetzung für die Berücksichtigung einer (weiteren) Unfallfolge ist, dass die schädigende Einwirkung ursächlich unmittelbar oder mittelbar auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist und den Gesundheitsschaden verursacht hat. Während die einzelnen Glieder der Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist, genügt für den – doppelten – Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die auf Gewährung von Verletztenrente bzw. Verletztengeld gerichtete Klage abgewiesen und dabei dargelegt, dass die Unfallfolgen des Arbeitunfalls vom 31. Januar 2002 nach den überzeugenden Ausführungen des Chirurgen M.-C. nicht mehr eine MdE von mindestens 20% über den 26. Juni 2003 hinaus bedingen und die Arbeitsunfähigkeit ab dem 31. Juli 2004 nicht auf Folgen des Arbeitsunfalls beruht. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit Bezug auf die Begründung des sozialgerichtlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

Diese Einschätzung hat sich durch die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren bestätigt. Das Gericht folgt dabei den überzeugenden Ausführungen des Orthopäden Dr. N. in seinem schriftlichen Gutachten, ergänzt durch die Äußerungen im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2007. Danach kann es zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Beschwerden verursachenden Reizknie des Klägers um eine mittelbare Unfallfolge handelt, denn es ist denkbar, dass der Reizzustand Folge der Kreuzbandplastik ist. Ebenso ist allerdings denkbar, dass der Reizzustand Folge des Knorpelschadens ist. Der beim Kläger vorliegende Knorpelschaden kann schon wegen des Unfallhergangs keine direkte Folge des Arbeitsunfalls vom 31. Januar 2002 sein. Ausgeschlossen werden kann jedoch nicht, dass die Kreuzbandplastik zur Ausbildung des Knorpelschadens beigetragen hat. Sehr häufig sind solche Knorpelschäden degenerativen Ursprungs, jedoch ist in der medizinischen Wissenschaft auch die Ausbildung von Knorpelschäden nach dem Einsetzen einer Kreuzbandplastik beobachtet worden. Zahlen gibt es hierzu nicht. Trotz der lückenhaften Dokumentation ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf und den jeweiligen Diagnosen sowie Behandlungen eher, dass das Reizknie sich aufgrund des Knorpelschadens herausgebildet hat. Dies wird bestätigt dadurch, dass sich nach der Operation des Knorpelschadens im Allgemeinen Krankenhaus E. im November 2004 eine deutliche Beschwerdezunahme feststellen lässt. Es fehlt an ausreichenden medizinischen Erkenntnissen, um – nachdem man dem Knorpelschaden selbst seine Ursache nicht ansehen kann – von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Verursachung des Knorpelschadens durch die Kreuzbandplastik auszugehen, denn bisher kann die Wahrscheinlichkeit einer degenerativen Verursachung gegenüber einer Verursachung durch eine Plastik nicht quantifiziert werden. Aus diesen Erwägungen folgt, dass nur die auch von dem Chirurgen M.-C. in die MdE-Einschätzung einbezogenen Unfallfolgen (geringes Streck- und Beugedefizit, verschmächtigte Oberschenkelmuskulatur, geringe Lockerung der Innenbandführung bei stabilem vorderem Kreuzband) zu berücksichtigen sind, aus denen sich eine MdE von 10% ergibt. Der MdE-Einschätzung von Dr. K. ist demgegenüber nicht zu folgen. Seine Untersuchungsergebnisse vom 27. Juni 2003 stützen die Einschätzung einer solchen MdE nicht. Insbesondere zeigen die erhobenen Befunde weitgehend stabile Verhältnisse im betroffenen Knie.

Die von der Beklagten mit Bescheid vom 20. Juli 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Dezember 2005 bzw. in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2006 anerkannten Unfallfolgen bedingen – wie Dr. N. ebenfalls überzeugend in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2007 dargelegt hat – keine MdE von mindestens 20% über den 26. Juni 2003 hinaus.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 30. Januar 2007 nichts anderes. Zwar verwendet dieser dort die Formulierung "Knorpelschäden am rechten Kniegelenk mit der chronischen posttraumatischen Ergussbildung", jedoch enthält das Gutachten keine Aussage zu konkreten Unfallfolgen oder zu einer MdE-Einschätzung und keine Diskussion von Kausalzusammenhängen, denn es ist zu einer anderen Fragestellung (Sportinvalidität) ergangen. Außerdem lagen dem Sachverständigen jedenfalls nicht die Unterlagen aus dem Verfahren hier vor, denn ausweislich der Akten sind weder die Verwaltungsakten der Beklagten noch die Prozessakten im Verfahren jemals zu dem Rechtsstreit mit dem privaten Unfallversicherungsträger zugezogen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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