L 22 U 113/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 706/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 113/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen eines Arbeitsunfalls des Klägers vom 29. Oktober 1973.

Der im Jahr 1943 geborene Kläger verletzte sich nach der Unfallanzeige der seinerzeit in Berlin in der Kurfürstenstraße ansässigen Ecke & Co. KG am 29. Oktober 1973 bei seiner beruflichen Tätigkeit als Maurer. Auf einer Baustelle rutschte ihm während der Maurerarbeiten ein Mauerstein aus der Hand und fiel aus etwa 1 Meter Höhe auf seinen mit einem Lederschuh bekleideten rechten Fuß.

Im Durchgangsarztbericht vom 29. Oktober 1973 diagnostisierte der Chirurg Dr. S eine Großzehenquetschung rechts mit kleiner Knochenabsprengung vom ersten Mittelfußknochen.

Im August 2000 erfolgte beim Kläger wegen eines Hallux rigidus eine Operation am rechten Vorfuß. Im April 2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten und beantragte eine Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls.

Die Beklagte holte ein fachchirurgisches Zusammenhangsgutachten ein, das Dr. G am 26. August 2004 erstattete. Er beurteilte die im Jahr 1999 anhand einer Röntgenaufnahme festgestellte Arthrose des rechten Großzehengrundgelenks nicht als Folge des Unfalls vom 29. Oktober 1973.

Mit Bescheid vom 24. September 2004 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente ab. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 liege nicht vor. Nachstehende Folgen des Versicherungsfalls lägen vor:

"Nach keilförmiger Absprengung am körperfernen Ende des Grundgliedes der rechten Großzehe sind keine wesentlichen Unfallfolgen verblieben."

Die 26 Jahre nach dem Unfall erstmals beschriebene Arthrose des Großzehengrund- und Großzehenendgelenkes und die Behandlung ab 1999 seien nach gutachterlicher Feststellung nicht Folge des Unfalls vom 29. Oktober 1973. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2004 zurück.

Mit der am 17. November 2004 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage verfolgte der Kläger seinen Anspruch auf Gewährung einer Rente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1973 weiter: Die Voraussetzungen für die Annahme eines Kausalzusammenhangs zwischen Unfall vom 29. Oktober 1973 und den jetzigen Schäden sei gegeben. Die am 29. Oktober 1973 erfolgte keilförmige Knochenabsprengung im körperfernen Ende des Grundgliedes und die Knochenabsprengung vom Köpfchen des ersten Mittelfußknochens könnten nur durch diesen Unfall verursacht worden sein, weil der Kläger davor keine Unfälle mit Verletzungen am rechten Fuß erlitten habe. Er habe weder vor noch nach diesem Arbeitsunfall weitere Unfälle mit Verletzungen am rechten Großzehengelenk oder in der Nähe dessen erlitten. Feststehe, dass er außer im rechten Großzehengelenk keine Arthrosen in anderen Gelenken habe. Dies sei eine wichtige Tatsache, auf die bisher nicht eingegangen worden sei. Die rechte Großzehe sei nunmehr steif. Eine erhebliche Bewegungseinschränkung sei gegeben, die durch das Versorgungsamt mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet worden sei. Auffällig bleibe, dass nicht auch das linke gleich belastete Großzehengelenk oder ein anderes Gelenk von Arthrose betroffen sei. Diese Tatsache könne nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen oder als Zufall dargestellt werden. Im Pschyrembel, dem klinischen Wörterbuch, werde unter Arthrose ausgeführt, dass diese nach einem Gelenktrauma entstehen könne. Es sei hier mit keinem Wort erwähnt, dass dieses Trauma schwer genug gewesen sein müsse. Es werde sogar von Mikrofrakturen gesprochen. Dem Gutachten von Dr. G könne nicht gefolgt werden. Wiederholt wies er auf den Artikel aus der "Apothekenumschau" hin, in dem von zwei Fachärzten ausgeführt werde, dass Knochenbrüche im Gelenk oder in Gelenknähe zu einer ungleichmäßigen Belastung mit erhöhtem Knorpelverschleiß führen könnten. Auch hier sei nicht von schweren Knochenbrüchen die Rede. Demzufolge werde davon ausgegangen, dass auch leichtere Frakturen das Auftreten von Arthrose begünstigten. Er übermittelte einen Aufsatz "Gesundheit in Wort und Bild, ärztlicher Ratgeber Arthrose". Der Kläger verwies darauf, ihm dürfe nicht zum Nachteil gereichen, dass keine Röntgenbilder vom Unfalltag mehr vorliegen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2004 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente ab 01. Januar 2000 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1973 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigte die angefochtenen Entscheidungen.

Aufgrund der Beweisanordnung des SG erstattete der Arzt für Orthopädie Dr. E am 09. August 2005 ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 03. August 2005. Er gelangte zu der Beurteilung, dass der jetzt festgestellte Zustand des rechten Fußes ausschließlich auf die Operationsfolgen aus dem Jahr 2000 zurückzuführen sei. Die Operationsindikation - Arthrose des Großzehengrundgelenkes - sei nicht als Unfallfolge anzuerkennen. Eine unfallbedingte MdE sei nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit am 23. Dezember 1973 nicht zurückgeblieben.

Mit dem am 18. Mai 2006 verkündeten Urteil hat das SG die Klage abgewiesen: Die unfallbedingten Gesundheitsstörungen seien folgenlos abgeklungen. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Das SG bezog sich auf das Gutachten von Dr. E. Zudem dürften alle bei ihm bestehenden Funktionseinschränkungen im rechten Fuß unabhängig von ihrer kausalen Zuordnung nicht einmal die Einschätzung einer MdE in rentenberechtigendem Grade mindestens 20 v. H. rechtfertigen. Nach den Erfahrungswerten rechtfertige eine Versteifung des Großzehengrundgelenks in Neutralstellung eine MdE um 10 v. H.

Gegen das den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. Juni 2006 zugestellte Urteil und dem zweitinstanzlich beauftragten Prozessbevollmächtigten am 23. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 17. Juli 2006 beim SG Berlin eingegangene, vom zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte Berufung. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 19. September 2008 vorgetragen, die Bewertung von Dr. E vermöge nicht zu überzeugen. Sie sei im Zusammenhang mit diversen widersprüchlichen bzw. unverständlichen Ausführungen und Anmerkungen anzusehen. So enthalte das Gutachten auf Seite 14 die Feststellung einer "Arthrose des Großzehenendgelenks nach knöcherner Absprengung aus dem Köpfchen des Großzehengrundgliedes" sowie als Gesundheitsstörung auf orthopädischem Fachgebiet "eine schmerzhaft eingeschränkte Gehfähigkeit nach einer durch Entzündung komplizierten Operation einer Großzehengelenkarthrose rechts". Der Röntgenbefund beinhalte u. a. "keilförmige Knochenabsprengung am körperfernen Ende des Grundgliedes" mit dem apodiktischen Zusatz "kein sicherer Anhalt für frische Verletzung". Die Frage wurde aufgeworfen, worauf sich diese ärztliche Feststellung bzw. Bewertung begründe. Auf Seite 16 wiederhole sich diese spekulativ zu bezeichnende Würdigung "aufgrund der nicht mehr vorhandenen Röntgenbilder vom Unfalldatum könne die Verletzung naturgemäß nur entsprechend der Beschreibung durch den H-Arzt eingeschätzt werden. Hinsichtlich der Veränderung am Köpfchen des Großzehengrundgliedes werde die Einschätzung des D-Arztes geteilt, dass hier kein sicherer Anhalt für eine frische Verletzung vorgelegen habe. Es handele sich nach den jetzt vorliegenden Röntgenbildern am ehesten um eine Entwicklungsstörung. Eine frische knöcherne Verletzung dieser Größe wäre nach einer vierwöchigen Gipsruhigstellung sicher wieder knöchern eingeheilt." Auf dieser spekulativen Ebene bewegten sich auch die Feststellungen auf Seite 17 des Gutachtens, wie "eine wesentliche Verletzung ist mit Sicherheit nicht eingetreten", "üblicher Zustand schicksalhaft entwickelt", "jetzt festgestellter Zustand ausschließlich Operationsfolgen von 8/00" All diese angeführten Punkte würden Fragen aufwerfen, die sich als Gegenstand einer mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch Dr. E aufdrängten.

Der Kläger überreichte ein Gutachten von Dr. N vom 17. November 1980. Hierin wird ausgeführt, der Kläger leide seit 5 Jahren in zunehmendem Maße an einem Morbus Scheuermann mit Bandscheibendegeneration. Häufig seien Lumbago und Lumbalgien aufgetreten, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt haben. Da sich das Krankheitsbild ständig verschlechtert habe, habe der Untersuchte den Beruf als Maurer aufgegeben.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2004 aufzuheben und dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab 01. Januar 2000 zu zahlen

hilfsweise die Anberaumung eines neuen Termins, zu dem Dr. E zur Erläuterung seines Gutachtens zu hören ist.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

Im Berufungsverfahren wurde eine Stellungnahme von Dr. E zu den im Schriftsatz vom 19. September 2008 aufgeworfenen Fragestellungen eingeholt, die am 28. Oktober 2008 von diesem gefertigt wurde und am 03. November 2008 beim LSG einging. Auf die Fragestellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 19. September 2008 führte hinsichtlich des beschriebenen röntgenologischen Befundes im D-Arzt-Bericht aus, es sei festzustellen, dass die beschriebene "keilförmige Absprengung am körperfernen Ende des Grundgliedes ohne sicheren Anhalt auf eine frische Verletzung" nicht den Bereich des Großzehengrundgelenkes, sondern den Bereich des Großzehengelenkes betreffe. Hier seien Verknöcherungsstörungen mit der Ausbildung akzessorischer Knöchelchen bekannt. Insofern sei die Beurteilung dieses Befundes als Entwicklungsstörung gerechtfertigt. Als anzuerkennende Unfallfolge verbleibe letztlich die im D-Arzt-Bericht beschriebene stecknadelkopfgroße Knochenabsprengung vom Köpfchen des 1. Mittelfußknochens auf der dem 2. Mittelfußknochen benachbarten Seite. Diese Lokalisation betreffe eindeutig das Großzehengrundgelenk. Es handele sich um eine geringgradige Verletzung, die - wie auch der Verlauf zeigte - vollständig ausgeheilt sei. Die als Unfallfolge angeschuldigte operationspflichtige Arthrose des Großzehengrundgelenkes habe sich im Laufe der folgenden 25 Jahre entwickelt. Dieses extrem lange Intervall zwischen dem Unfallereignis und den als Unfallfolgen angeschuldigten Veränderungen am Großzehengrundgelenk spreche ebenfalls gegen eine posttraumatische Arthrose. Als grundlegende Voraussetzung der Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose gelte nach Hackenbruch ein in erheblicher Fehlstellung verheilter Bruch oder aber eine schwerwiegende Gelenkverletzung verheilt mit einer Inkongruenz der Gelenkflächen. Eine derartige Verletzung habe aber nie vorgelegen. Am 23. Februar 2009 nahm der Gutachter weiter ergänzend Stellung.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1973.

Anspruch auf Rente haben Versicherte - wie hier - im Fall des Fehlens eines Stützrententatbestandes, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) über die 26. Woche (früher die 13. Woche) nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), früher §§ 580, 581 Reichsversicherungsordnung (RVO). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 SGB VII.

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger als Versicherter im Sinne von § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII und § 539 RVO am 29. Oktober 1973 zwar einen Arbeitsunfall erlitten, als er bei seiner Tätigkeit als Maurer am 29. Oktober 1973 eine Großzehenquetschung mit kleiner Knochenabsprengung vom 1. Mittelfußknochen erlitt. Allerdings sind diese Gesundheitsschäden folgenlos ausgeheilt. Die heute vorliegenden Gesundheitsstörungen des Klägers insbesondere den Verschleißzustand des Großzehengrundgelenks rechts lassen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall als wesentliche (Teil-)Ursache zurückführen.

Nach der im Unfallversicherungsrecht geltenden maßgeblichen Kausallehre von der wesentlichen Bedingung ist eine Bedingung als (mit-)ursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, BSG, BSGE 1, 76 ff.).

Der Begriff der wesentlichen Bedingung ist ein Wertbegriff. Die Frage, ob eine Bedingung für den Erfolg wesentlich ist, beurteilt sich nach dem Wert, den ihr die Auffassung des täglichen Lebens gibt (BSGE 12, 242, 245). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Die bloße Möglichkeit hingegen reicht nicht aus.

Nach diesen Maßstäben kommt dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall nicht die Bedeutung einer wesentlichen (Teil-)Ursache des (Mit-)Entstehens von Gesundheitsstörungen des Klägers zu. Dies steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) zur Überzeugung des Senats fest. Der Senat folgt dem Gutachten von Dr. E und nimmt hierauf Bezug.

Er hat überzeugend ausgeführt, als anzuerkennende Unfallfolge verbleibe letztlich die im D-Arzt-Bericht beschriebene stecknadelkopfgroße Knochenabsprengung vom Köpfchen des 1. Mittelfußknochens auf der dem 2. Mittelfußknochen benachbarten Seite. Diese Lokalisation betreffe eindeutig das Großzehengrundgelenk. Es handele sich um eine geringgradige Verletzung, die - wie auch der Verlauf zeigte - vollständig ausgeheilt sei. Die als Unfallfolge angeschuldigte operationspflichtige Arthrose des Großzehengrundgelenkes habe sich im Laufe der folgenden 25 Jahre entwickelt. Dieses extrem lange Intervall zwischen dem Unfallereignis und den als Unfallfolgen angeschuldigten Veränderungen am Großzehengrundgelenk spreche ebenfalls gegen eine posttraumatische Arthrose.

Dem Senat ist nachvollziehbar, dass dieses lange Intervall zwischen dem Unfallereignis gegen die Entstehung eine posttraumatische Arthrose spricht, zumal keine kontinuierliche ärztliche Behandlung fortdauernder Unfallfolgen erfolgt ist.

Der bei den Begutachtungen festgestellte Befund ist nach der Beurteilung des Gutachters, der das Gericht auch insoweit folgt, ausschließlich Folge des operativen Eingriffs aus 08/00. Die Entwicklung eines Verschleißzustandes des Großzehengrundgelenkes rechts ist danach nicht auf Unfallfolgen zurückzuführen, sondern auf die im Rahmen der ausgeprägten Spreizfußbildung sich entwickelnde Fehlstellung im Großzehengrundgelenk. Hierfür - und damit gegen den Kausalzusammenhang mit dem Arbeitsunfall - spricht die symmetrische Ausbildung einer Großzehengrundgelenkarthrose. Die präoperativen Röntgenbilder zeigen einen üblichen Zustand einer Großzehengrundgelenkarthrose, wie er sich schicksalhaft meist beidseitig aber auch einseitig entwickeln kann. Er ist Folge einer sich im Rahmen einer Senk-Spreizfuß-Bildung einstellenden Fehlstellung des Großzehengrundgelenkes - Hallux valgus - mit der damit zusammenhängenden Fehlbelastung des Gelenkes.

Gegen den Kausalzusammenhang spricht auch, dass eine verletzungsbedingte Unregelmäßigkeit in den Gelenkstrukturen nicht zu erkennen ist, wie ausgeführt hat. Derartige Veränderungen sind für einen als unfallbedingt einzuschätzenden Verschleißzustand zu fordern. Dr. weist darauf hin, als grundlegende Voraussetzung der Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose gelte nach Hackenbruch ein in erheblicher Fehlstellung verheilter Bruch oder aber eine schwerwiegende Gelenkverletzung verheilt mit einer Inkongruenz der Gelenkflächen. Eine derartige Verletzung habe aber nie vorgelegen.

Seine Beurteilung steht in Übereinstimmung mit dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten von Dr. G und beide Gutachten stehen in Übereinstimmung mit der Aktenlage.

Dr. G hat am 26. August 2004 in seinem fachchirurgischen Zusammenhangsgutachten gegenüber der Beklagten die im Jahr 1999 anhand einer Röntgenaufnahme festgestellte Arthrose des rechten Großzehengrundgelenks nicht als Folge des Unfalls vom 29. Oktober 1973 beurteilt. Er hat ausgeführt, dass grundsätzlich infolge eines schweren Traumas mit Zerstörung der Gelenkflächen oder nach in Fehlstellung verheilten Brüchen eine Arthrose an den beteiligten oder benachbarten Gelenkflächen entstehen könne. Eine Arthrose könne andererseits auch ohne vorausgegangenes Trauma an einem Gelenk entstehen. Das Großzehengelenk sei ein häufig von übermäßigem Verschleiß betroffenes Gelenk mit der medizinischen Bezeichnung Hallux rigidis. Im vorliegenden Fall könne eingeschätzt werden, dass das beschriebene Trauma nicht zu einer entsprechenden Gelenkzerstörung geführt habe, da lediglich eine kleine knöcherne Absprengung am Köpfchen des ersten Mittelfußknochens aufgetreten sei. Eine kontinuierliche Behandlung wegen Beschwerden nach dem Unfall vom 29. Oktober 1973 sei nicht dokumentiert.

Die unmittelbar im Anschluss an den Unfall im Durchgangsarztbericht erhobenen Befunde wurden von den Gutachtern zugrunde gelegt. Danach wurde am 29. Oktober 1973 vom Durchgangsarzt Dr. S als Befund erhoben: "Rechte Großzehe: Weichteilschwellung und blaurötliche Hautverfärbung über dem Grundglied und Endglied und Nagelbett blau verfärbt. Lebhafte Schmerzäußerung bei Druck auf das Grundgelenk, dessen Umgebung ebenfalls geschwollen ist. Bewegungen in diesem Gelenk werden wegen Schmerzen nicht ausgeführt."

Die Röntgenaufnahme des rechten Großzehs wertete er wie folgt aus:" Keilförmige Knochenabsprengung am körperfernen Ende des Grundgliedes der rechten Großzehe (kein sicherer Anhalt für frische Verletzung!). Stecknadelkopfgroße Knochenabsprengung vom Köpfchen des ersten Mittelfußknochens auf der dem zweiten Mittelfußknochen benachbarten Seite."

Zeitnah zum Arbeitsunfall aktenkundig ist lediglich dieser Röntgenbefund von Dr. S Die seinerzeit gefertigten Röntgenaufnahmen sind nicht mehr vorhanden, so dass sein Befund nicht gutachterlich überprüft werden kann. Nachvollziehbar hat Dr. E in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2009 darauf hingewiesen, dass auch eine Auswertung der "Unfallbilder aus 1973" keine neueren Erkenntnisse bringen dürften, da die vorliegenden Röntgenbilder aus 1998 keine Verletzungszeichen des Großzehengrundgelenkes ausweisen.

Nach allem ist überzeugend, dass die Gutachter zu der Beurteilung gelangt sind, dass die unmittelbaren Unfallfolgen vollständig ausgeheilt sind.

Der Inhalt des Gutachtens von Dr. E einschließlich seiner weiteren Stellungnahmen lässt bei dem erkennenden Senat keine Fragen offen, die in mündlicher Verhandlung geklärt werden müssten.

Das vom Kläger eingereichte Gutachten von Dr. N vom 17. November 1978 verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg. Es enthält keine Angaben zu einer Entwicklung einer Arthrose. Sowohl die dort angegebenen Beschwerden als auch Befunde enthalten ausschließlich Angaben zur Wirbelsäule des Klägers, die hier nicht streitgegenständlich ist.

Soweit der Kläger sich auf allgemeine Literatur aus ärztlichen Ratgebern zur Entstehung einer Arthrose stützt, verhilft ihm dies ebenfalls nicht zur Begründung eines Kausalzusammenhangs. Hierin werden lediglich allgemeine Möglichkeiten zur Entwicklung einer Arthrose ausgeführt.

Dem Hilfsantrag des Klägers auf Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zum Zweck der Anhörung von Dr. Ehatte das Gericht nicht nachzukommen. Eine entsprechende Verpflichtung besteht nicht. Zwar steht den Beteiligten unabhängig von der im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen im Termin anzuordnen, gemäß § 116 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BVerfG vom 03. Februar 1998 - 1 BvR 909/94- NJW 1998, 2273). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, so dass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann (BSG, Urteil vom 27. November 2007 - B 5 a/5 R 60/07 B zitiert nach juris).

Diesem Recht des Klägers wurde entsprochen, nachdem er im Schriftsatz vom 19. September 2008 die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung beantragt und Punkte angeführt hatte, die aus Sicht des Klägers der Erläuterung bedürften.

Dahinstehen kann, inwieweit es sich insgesamt um objektive sachdienliche Fragestellungen handelt, die in dem Schriftsatz genannt und zum Teil angedeutet werden. Jedenfalls hat Dr mit der Stellungnahme vom 28. Oktober 2008 hierauf geantwortet.

Nach Durchsicht dieser Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009 haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter keine erläuterungsbedürftigen Punkte bezeichnet. Sie haben auch nicht Vertagung beantragt, um sich entsprechend äußern zu können. Es erfolgten keine Ausführungen, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zu einem (weiteren) Termin zu laden.

Auch wenn die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden müssen, so müssen doch die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet werden und objektiv sachdienlich sein (BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 75/07 B- und vom 27. November 2007 - B 5 a/5 R 60/07 B, zitiert nach juris). Jedenfalls muss der Antrag Ausführungen enthalten, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zu laden (BSG Urteil vom 16. Januar 1986, 4 b RV 27/85 SozR 1750 § 411 ZPO Nr. 2). Wie dargelegt fehlt es hieran.

Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved