Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 755/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3255/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Aufhebung und Rückzahlung dem Kläger bewilligter und ausbezahlter Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Streit.
Der 1940 geborene Kläger beantragte am 17. März 2000 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Zur Begründung gab er an, dass er sich seit 1999 wegen einer Meniskusoperation, Strahlungsschmerzen im Rücken, Diabetes sowie Herzrhythmusstörungen für erwerbsgemindert halte. Der Internist Dr. M. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten gelangte in seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten vom 18. April 2000 (Bl. M2 - Medizinische Unterlagen - Verwaltungsakte - VA -) zu dem Ergebnis, dass der Kläger allenfalls noch zweistündig bis unter halbschichtig arbeiten könne.
Der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt nach wie vor versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Beschäftigung übte er bis zum 30. April 2001 aus. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft der Firma D. Textildruck GmbH & Co KG vom 18. September 2000 (Bl. M6 VA) war der Kläger dort seit Juni 1974 in ungelernter Tätigkeit (weniger als drei Monate Anlernzeit) beschäftigt gewesen, und zwar mit dem Ausschneiden von Stoffen, als zweiter Mann am Spannrahmen, mit dem Helfen in der Druckerei. Es habe sich danach um stehende bzw. gehende Tätigkeiten gehandelt, es habe Ware bis ca. 20 kg je Stück hochgehoben und getragen werden müssen. Er bezog dann vom 1. Mai 2001 bis zum 18. Mai 2001 Krankengeld und anschließend bis zum 3. Februar 2002 Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war er vom 4. Februar 2002 bis zum 31. März 2004 erneut versicherungspflichtig beschäftigt, bevor er vom 1. April 2004 bis zum 25. März 2005 erneut Arbeitslosengeld bezog. Ab 1. Dezember 2005 erhält der Kläger Altersrente.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. April 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 (Bl. M3 VA) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er mit dem Rentenbescheid nicht einverstanden sei. Inzwischen habe sich sein gesundheitlicher Zustand auch deutlich verbessert. Auch reiche ihm die Rente aus dem Rentenbescheid nicht. Er habe beschlossen, weiter wie bisher in Vollzeit zu arbeiten.
In dem weiteren im Auftrag der Beklagten erstellten nervenärztlichen Gutachten von Dr. Ma. vom 12. Januar 2001 ging dieser darin - irrtümlich - davon aus, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz im April 2000 durch Schließung des Betriebes verloren habe (M8 VA). Unter Berücksichtigung der Einschränkung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit (Diabetes mellitus, ausgeprägte diabetische Polyneuropathie, erhebliche Voralterung mit Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit) sei die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit an einer völlig neuen Arbeitsstelle trotz der starken eigenen Motivation unrealistisch.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2001 führte der zwischenzeitliche Bevollmächtigte des Klägers aus, der Bescheid vom 17. Mai 2000 sei sachlich seines Erachtens unrichtig, da der Kläger täglich mehr als vier Stunden gearbeitet habe (acht Stunden). Der Kläger habe also überhaupt keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern allenfalls auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Kläger habe auch schon selber Widerspruch erhoben, über den bis heute nicht entschieden worden sei. Das Problem hier sei, dass der Kläger im Augenblick krankgeschrieben sei und die Krankenkasse im Hinblick auf die durch die Beklagte vorgenommene Feststellung der Erwerbsunfähigkeit kein Krankengeld zahle. Auf der anderen Seite könnte und würde der Kläger wieder arbeiten, wenn die Firma nicht inzwischen in Insolvenz gegangen wäre. Erwerbsunfähigkeit liege also auf keinen Fall vor. Er bat um Mitteilung über den Stand des Widerspruchsverfahrens und bat weiterhin um Bestätigung, dass der Kläger nicht erwerbsunfähig, sondern lediglich berufsunfähig sei.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2001 (Bl. 25 VA) teilte die Beklagte mit, dass sie das Schreiben des Klägers vom 4. Juli 2000 nicht als Widerspruch gewertet habe. Sie habe jedoch überprüft, ob weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die Erwerbsunfähigkeit sei im Gutachten vom 12. Januar 2001 bestätigt worden. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei daher weiter zu zahlen gewesen.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, dass beim Kläger keinesfalls Erwerbsunfähigkeit im üblichen Sinne vorgelegen habe, da er ja tatsächlich bis zum 30. April 2001 voll gearbeitet habe. Dr. Ma. habe zwar angenommen, dass Erwerbsunfähigkeit vorliege, weil der Kläger 60 Jahre alt sei und keinen Arbeitsplatz mehr finden könne. Tatsächlich aber habe er zu diesem Zeitpunkt vollschichtig gearbeitet. Die Feststellung von Erwerbsunfähigkeit sei daher nicht zutreffend gewesen. Darauf habe er auch im Juli 2000 ausdrücklich hingewiesen. Auch habe die Beklagte ja selbst festgestellt, dass Berufsunfähigkeitsrente gezahlt werde. Der Kläger sei also allenfalls berufsunfähig, zumindest solange er die Tätigkeit ausgeübt habe.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2001 (Bl. 30 VA) stellte die Beklagte fest, dass nur Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) nicht vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger nochmals vertrauensärztlich untersucht und eine Auskunft des Arbeitgebers über die Gestaltung des Arbeitsplatzes eingeholt worden sei. Die Überprüfung habe ergeben, dass seit Feststellung der Erwerbsunfähigkeit am 17. März 2000 keine Besserung des Leistungsvermögens eingetreten sei. Der Kläger könne aus medizinischer Sicht weiterhin nur noch Tätigkeiten unter zweistündig ausüben. Die ab Rentenbeginn ausgeübte Beschäftigung erfolge somit auf Kosten der Gesundheit und des Restleistungsvermögens. Dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe der Rente wegen Berufsunfähigkeit bestehe - jeweils zustehende Teilrente, abhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes - ergebe sich aus der Anrechnungsvorschrift des § 96a SGB VI. Dies bedeute jedoch nicht, dass Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die medizinische Beurteilung des Sachverhaltes sei unzutreffend. Dafür spreche zunächst, dass er regelmäßig tatsächlich acht Stunden gearbeitet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die tatsächliche Arbeitsleistung Indiz für die Leistungsfähigkeit. Weiterhin spreche gegen Erwerbsunfähigkeit, dass er mehr als 630,- DM verdient habe, also damit Erwerbsunfähigkeit rechtlich gar nicht vorliegen könne. Außerdem sei Dr. Ma. in seinem Gutachten von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen, er sei nämlich davon ausgegangen, dass der Kläger wegen der Krankheit einen neuen Arbeitsplatz nicht finden könne. Dies sei für ihn ein Grund gewesen, ein unter zweistündiges Leistungsvermögen anzunehmen.
Mit Bescheid vom 24. August 2001 (Bl. 40 VA) berechnete die Beklagte die Rente des Klägers aufgrund der Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes neu. Ab dem 1. Oktober 2001 ergab sich eine Bruttorente in Höhe von 859,78 DM, netto 794,44 DM.
Auch dagegen erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 42 VA). Zur Begründung machte er geltend, die Rentenhöhe sei falsch berechnet, er habe vielmehr einen Anspruch auf eine Bruttorente in Höhe von 1.265,38 DM. Seit der Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses im April 2001 habe er keinen Hinzuverdienst mehr, sodass ab diesem Zeitpunkt die volle Rente zu zahlen sei und keine Teilrente in Höhe von 794,44 DM.
Mit Bescheid vom 27. September 2001 (Bl. 46 VA) berechnete die Beklagte die Rente neu. Danach ergab sich nunmehr ab dem 1. November 2001 eine monatliche Bruttorente in Höhe von 1.289,61 DM bzw. ein monatlicher (Netto-)Zahlbetrag in Höhe von 1.191,60 DM.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 (Bl. 47 VA) erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, dass der Bescheid jetzt - soweit dem Kläger Rente zustehe - richtig sei. Allerdings sei er der Auffassung, dass der Kläger keinen Rentenanspruch habe, sodass die Zahlungen der Beklagten lediglich als Vorschuss auf andere Sozialleistungen, nämlich Arbeitslosengeld und Krankengeld, anzusehen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2001 (Bl. 51 VA) wies die Beklagte den Widerspruch vom 10. Juli 2000 gegen den Bescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 13. Juli 2001 zurück. Der Widerspruch sei nicht begründet, es läge Erwerbsunfähigkeit vor. Die Ausübung einer Beschäftigung sei für das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit unschädlich, wenn die Beschäftigung auf Kosten der Restgesundheit ausgeübt werde. Nach eingehender Prüfung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen sei der Widerspruchsausschuss der Überzeugung, dass der Kläger seit Rentenantragstellung lediglich unter zwei Stunden arbeiten könne und dass die Tätigkeit auf Kosten der Gesundheit ausgeübt werde.
Hiergegen hatte der Kläger am 5. Dezember 2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Reutlingen (Az. S 2 RJ 3219/01) mit dem Begehren erhoben, die Bescheide vom 17. Mai 2000 und vom 13. Juli 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Mit Schreiben vom 22. August 2002 (Bl. 80 VA) teilte die Beklagte dem SG im damaligen Rechtsstreit mit, dass - nachdem sie vom Gericht dazu aufgefordert worden war - die medizinischen Unterlagen des Klägers nochmals überprüft worden seien. Aus der Stellungnahme der Prüfärzte vom 5. August 2002 gehe hervor, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger tatsächlich nicht erwerbsunfähig gewesen sei, sondern durchgehend vollschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wegen fehlender medizinischer Voraussetzungen folge daraus, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente von Anfang an zu Unrecht gewährt worden sei. Gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) würde dies bedeuten, dass der Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2000 auf jeden Fall für die Zukunft und bei fehlendem Vertrauensschutz auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden könnte. Ein fehlender Vertrauensschutz könnte aus dem Schreiben des Klägers vom 4. Juli 2000 abgeleitet werden, in dem er selbst darauf hinweise, dass die Beurteilung, er sei erwerbsunfähig, nicht zuträfe, da er wieder Vollzeit arbeiten könne. Die Beklagte wies weiter darauf hin, dass ein fehlender Vertrauensschutz hier nicht nur die Aufhebung des Bescheides gemäß § 45 SGB X rechtfertige, sondern auch die Rückforderung der geleisteten Rentenbeiträge gemäß § 50 Abs. 1 SGB X.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2003 (Bl. 98 VA) hob (1.) die Beklagte den Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2001 und die auf diesen Rentenbescheid aufbauenden Folgebescheide vom 24. August 2001, 17. September 2001 und 12. Juli 2002 nach § 44 Abs. 2 SGB X von Anfang an auf. Der Rentenantrag vom 17. März 2000 wurde (2.) abgelehnt, da weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich in dem laufenden Klageverfahren ergeben habe, dass der Kläger seit Rentenantragstellung durchgehend über ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl als Textildrucker als auch für andere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfügt habe. Erwerbsunfähigkeit liege aufgrund dieses Leistungsvermögens nicht vor, sodass der Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Es liege ferner auch keine Berufsunfähigkeit vor, da der bisherige Hauptberuf als Textilarbeiter weiterhin ausgeübt werden könne und unabhängig davon eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich wäre. Die Rücknahme erfolge gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und diese Rückwirkung auch vom Kläger gewollt sei. Aufgrund dieses Bescheides werde die Rentenzahlung zum nächstmöglichen Zeitpunkt eingestellt, über die Rückforderung der seit 1. April 2000 gezahlten Rentenbeträge ergehe nach Abschluss des Klageverfahrens und Klärung eventueller Erstattungsansprüche ein gesonderter Bescheid.
Daraufhin erklärte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 24. Februar 2003 den Rechtsstreit für erledigt (Bl. 107 VA). Die Kosten trug die Beklagte in vollem Umfang.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2003 (Bl. 110 VA) hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rückforderung der im Zeitraum vom 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 überzahlten Rentenbeträge in Höhe von insgesamt 11.896,37 EUR an.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2003 (Bl. 111 VA) regte der Bevollmächtigte einerseits an, die Rente insoweit in der noch zu erwartenden Nachzahlung der Krankenkasse bzw. des Arbeitsamtes zu verrechnen. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 nicht doch § 45 SGB X mit den dort festgestellten Rechtsfolgen sei. Der Rentenbescheid sei zwar ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt. Gemäß § 44 Abs. 2 SGB X seien nur rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte aufzuheben. Insofern dürfte die Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides nicht zutreffend sein. Insoweit werde noch mal um eine Überprüfung und gegebenenfalls Erteilung eines Rücknahmebescheides gebeten, da dieser Bescheid den Kläger jetzt insoweit belaste.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2003 (Bl. 112 VA) forderte die Beklagte (1.) für den Zeitraum 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 überzahlte Rentenbeiträge in Höhe von insgesamt 11.896,37 EUR gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurück. Ferner (2.) lehnte die Beklagte die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch.
Im Zusammenhang mit einem parallel laufenden Klage- bzw. Berufungsverfahren gegen die Bundesagentur für Arbeit (Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2004 - S 9 AL 3069/02 - bzw. Berufungsverfahren L 5 AL 1690/04) wurde mit der Beklagten, die im dortigen Verfahren beigeladen war, ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass die dortige Beigeladene (hier die Beklagte) für den Zeitraum, in welchem die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Baden-Württemberg (Beklagte des dortigen Verfahrens) sich zur Leistung bereit erklärt habe, von dieser die bereits an den Kläger geleisteten Rentenzahlungen erstatte (siehe hierzu auch Bl. 155 bis 159 VA). Die Bundesagentur für Arbeit hatte sich dort bereiterklärt (mit Schriftsatz vom 3. November 2004 - Blatt 28 der Akte L 5 AL 1690/04 -) für die Zeit vom 19. Mai 2001 (Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. des Bezuges von Krankengeld) bis zum 3. Februar 2002 Arbeitslosengeld nachzuzahlen und dieses mit der Rentenrückforderung mit dem Rentenversicherungsträger insoweit zu verrechnen und gegebenenfalls den überschießenden Betrag noch auszuzahlen. Aufgrund dessen zahlte die Bundesagentur für Arbeit an die Beklagte 4.792,69 EUR, sodass sich die Rückforderung von Rentenbeträgen auf 7.103,68 EUR reduzierte (Bl. 165/169 VA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, letztlich ergebe sich für die Beklagte nach dem Schriftwechsel, dass der Rentenbescheid als belastend vom Kläger empfunden worden sei, da hier u. a. andere Sozialleistungen (Krankengeld und Arbeitslosengeld) aufgrund der Rentenbewilligung ausgeschlossen gewesen seien und diese generell höher gewesen seien als die Erwerbsunfähigkeitsrente und sich bei einer späteren Rente durch die Anrechnung weiterer rentenrechtlichere Zeiten auch rentensteigernd auswirkten. Es sei deswegen hier auch der rückwirkende Wegfall der Rente begehrt worden und daher davon auszugehen, dass auch aus objektiver Sicht der Gesamtumstände die Rentenbewilligung belastend gewesen sei. Daher sei die Rücknahme gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend erfolgt, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und dies vom Kläger auch so gewollt gewesen sei. Die Rückforderung nach § 50 SGB X habe im Übrigen zu erfolgen gehabt, da die Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht worden seien, da bereits bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Dagegen hat der Kläger am 27. Februar 2006 Klage vor dem SG Reutlingen erhoben. Der Bevollmächtigte hat hierbei die Ansicht vertreten, dass die Beklagte gegen den Kläger keinen Rückforderungsanspruch habe. Es sei bereits am 10. Juli 2000 vom Kläger mitgeteilt worden, dass er nicht erwerbsunfähig sei. Die Beklagte habe dann trotzdem die Rente weiter gezahlt. Sie habe dies in voller Kenntnis sämtlicher rechtlich relevanter Tatsachen getan. In dem Bescheid sei darauf hingewiesen worden, dass keine Besserung des Leistungsvermögens eingetreten sei. Man habe also den Gesichtspunkt der tatsächlichen Berufsausübung überhaupt nicht berücksichtigt. Der Bescheid der Beklagten sei also, da der Kläger immer gearbeitet habe, von Anfang an unrichtig gewesen. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts sei nur innerhalb von zwei Jahren ab Erlass möglich. Der ursprüngliche Bescheid datiere vom 11. Mai 2000 (gemeint wohl 17. Mai 2000). Eine Rücknahme hätte also nur bis zum 11. Mai 2002 erfolgen können. Darüber hinaus müsse dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertige. Diese positive Kenntnis sei ebenfalls im Jahr 2002 vorhanden gewesen, sodass sämtliche Fristen des § 45 SGB X zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen seien und eine Rückforderung für die Vergangenheit nicht möglich sei.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat die Auffassung vertreten, dass § 45 SGB X nicht einschlägig sei. Aber selbst wenn man § 45 SGB X als einschlägig ansehen würde, seien die Ausführungen des Klägers unzutreffend. Nachdem der Kläger selbst die Aufhebung des Rentenbescheides angestrebt habe, sei zumindest ihm die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides von Anfang an bekannt gewesen. Für die Aufhebung des Bescheides gelte deshalb die Zehnjahresfrist. Auch § 45 Abs. 4 SGB X stünde einer Aufhebung nicht entgegen, da es für die Berechnung der Jahresfrist auf den Zeitpunkt ankomme, ab dem der zuständige Sachbearbeiter des Rentenversicherungsträgers (endgültig) Kenntnis von den für den Erlass des Rücknahmebescheides notwendigen Umständen gehabt habe. Dies sei aber erst ab August 2002 der Fall gewesen.
Mit Urteil vom 12. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zunächst die Klage sachgerecht dahingehend auszulegen sei, dass sie sich nicht nur gegen den Rückforderungsbescheid vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 wende, sondern auch gegen die in beiden Bescheiden implizit enthaltene Ablehnung, den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 zurückzunehmen. Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 sei schon zweifelhaft, ob § 44 Abs. 1 SGB X überhaupt anzuwenden sei, wenn - wie hier - der aufzuhebende Verwaltungsakt selbst ein Aufhebungsverwaltungsakt sei. Dies könne letztlich aber dahinstehen, denn jedenfalls sei ein Aufhebungsbescheid nicht bereits dann zurückzunehmen, wenn er wegen Verletzung der Gutglaubensvorschriften oder Fehlern beim Ausüben von Ermessen oder der Versäumung von Fristen zu Unrecht ergangen sei. Vielmehr müsse den Betroffenen nach materiellem Recht die Leistung zugestanden haben (mit entsprechenden Hinweisen). Denn § 44 SGB X begründe keinen Anspruch auf Wiedereinräumung nach materiellem Recht nicht zustehender Rechtspositionen, die unter Verstoß gegen vertrauenschützende Vorschriften bindend entzogen worden seien. Es sei nicht Aufgabe des so genannten Zugunstenverfahrens, dem Betroffenen mehr zu gewähren, als ihm nach materiellem Recht zustehe. Dies folge aus dem Zweck des § 44 SGB X, die Konfliktsituationen zwischen der Bindungswirkung eines unrichtigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten der letzteren zu lösen. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob der Bescheid vom 3. Januar 2003 rechtswidrig sei, weil die Beklagte die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X nicht eingehalten habe, da der Kläger jedenfalls nach materiellem Recht zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehabt habe. Dies folge schon daraus, dass er während des Bewilligungszeitraumes im Wesentlichen durchgehend vollschichtig gearbeitet habe. Der tatsächlichen Berufsausübung komme nämlich - darauf habe der Kläger zu Recht hingewiesen - ein stärkerer Beweiswert zu als den medizinischen Befunden. Anzeichen dafür, dass der Kläger die Tätigkeit auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt habe, bestünden nicht. Im Übrigen sei Dr. Ma. in seinem Gutachten vom November 2000 von falschen tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Klägers ausgegangen, dieser habe nämlich keineswegs im April 2000 seinen Arbeitsplatz mit der Folge der Arbeitslosigkeit verloren. Letztlich sei auch zwischen den Beteiligten jedenfalls inzwischen unstreitig, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehabt habe. Da somit der Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 weiterhin wirksam und bestandskräftig sei, unterliege der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 auch insofern keinen Bedenken, als mit ihm die materiell zu Unrecht gezahlte Rente zurückgefordert werde. Rechtsgrundlage hierfür sei § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Für die Beurteilung des Rückerstattungsbescheides komme es nicht auf die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides an. Ausreichend sei seine Wirksamkeit (mit weiteren Hinweisen auf entsprechende Rechtsprechung des BSG als auch entsprechende Kommentarliteratur). Sei eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung nämlich unanfechtbar und bindend geworden, so könnten die für die Aufhebung rechtserheblichen Fragen nicht bei der Rechtmäßigkeit der Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X erneut geprüft werden. Rechtserheblich für die Entscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X seien daher nur solche Umstände, die die Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruches selbst beträfen.
Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 27. Juni 2007 zugestellte Urteil am 02. Juli 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte geltend, im Rahmen des vorangegangenen Klageverfahrens (S 2 RJ 3219/01) habe die Beklagte am 3. Januar 2003 einen Bescheid dahingehend erlassen, dass gemäß § 44 SGB X der Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 und die auf diesen Rentenbescheid beruhenden aufbauenden Folgebescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X von Anfang aufgehoben würden. Gleichzeitig sei der Rentenantrag vom 17. März 2000 abgelehnt worden, da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Im Tenor des Bescheides sei ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Kläger jedoch nicht tenoriert worden. Lediglich in den Gründen sei festgestellt worden, dass die Rücknahme nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend erfolge, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und diese Rückwirkung auch vom Kläger gewollt sei. Über die Rückforderung der seit 1. April 2000 gezahlten Rentenbeiträge würde nach Abschluss des Klageverfahrens und Klärung eventueller Erstattungsansprüche ein gesonderter Bescheid ergehen. Vom Empfängerhorizont sei damit absolut offen gewesen, ob und inwieweit überhaupt Erstattungsansprüche ergehen sollten. Aus klägerischer Sicht sei im Übrigen seinerzeit rechtlich nicht relevant gewesen, auf welcher Rechtsgrundlage die Rücknahme erfolgt sei. Daher habe man seinerzeit das Verfahren für erledigt erklärt. Streitgegenstand hier sei nunmehr aber, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber einen materiellen Zahlungsrückforderungsanspruch habe, der in dem Bescheid vom 3. Januar 2003 zwar als möglich bezeichnet worden sei, aber im Verfügungssatz weder festgestellt worden sei, noch Gegenstand des Bescheides geworden sei. Streitgegenstand dieses Verfahrens sei der Bescheid vom 14. Oktober 2003, der zwei Verfügungssätze enthalte, nämlich einmal die Versagung der Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 und zum anderen die Rückforderung von 11.896,37 EUR nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Aus klägerischer Sicht werde die Auffassung vertreten, dass im Vordergrund die materielle Gerechtigkeit stehen müsse. Gehe man davon aus, dass richtige Rechtsgrundlage des von Anfang an unrichtigen Bescheides aus klägerischer Sicht § 45 SGB X gewesen wäre, so hätte die Beklagte, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X nicht vorgelegen hätten, für die Vergangenheit diesen Bescheid nach § 45 SGB X nicht aufheben dürfen. Habe sie den Bescheid aber nicht nach § 45 SGB X aufheben dürfen, so wirke dies aus Sicht des Klägers auch bezüglich der Rücknahme gemäß § 44 Abs. 2 SGB X. Im Übrigen ergebe sich aus dem Gesetz, dass für die Vergangenheit ein Ermessensspielraum bestehe. Diese Ermessensausübung ergebe sich auch aus § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X, wonach bei der Rückforderung die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend anzuwenden seien. Im Übrigen habe die Beklagte ausdrücklich im Bescheid vom 14. Oktober 2003 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X geprüft. So habe die Beklagte u. a. ausgeführt, ob tatsächlich § 45 SGB X anzuwenden gewesen wäre, könne offen bleiben, weil sich auch danach keine andere Beurteilung der Rechtslage ergeben hätte. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X für eine rückwirkende Bescheidaufhebung wären ebenfalls erfüllt gewesen. Insbesondere habe der Kläger von der Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides gewusst und habe daher kein Vertrauensschutz bestanden. Insofern sei aber nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten die Beklagte in die Prüfung eingestiegen und hätte das SG auch insoweit hierauf in seinen Gründen eingehen müssen. Im Übrigen habe die Beklagte - auch hierauf sei das SG nicht eingegangen - ausdrücklich eine Rücknahme nach den §§ 44 oder 45 SGB X abgelehnt. Sie habe also ausdrücklich noch einmal neu geprüft, ob eben die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgelegen haben, sodass insoweit die Bindungswirkung des Bescheides vom 3. Januar 2003 mit der Prüfung der Rücknahme und der Entscheidung hierüber durchbrochen sei. Die Beklagte habe hierbei irrtümlich angenommen, dass erst 2002 Kenntnis vorgelegen habe, dass der Kläger erwerbsfähig sei. Wenn aber im Sinne von § 45 Abs. 4 SGB X ein Grund dafür vorgelegen habe, dass der Bescheid nicht hätte zurückgenommen werden dürfen, müsse dies zumindest bei der Ermessensausübung über die Frage, ob eine Rückforderung erfolge, berücksichtigt werden. Weiter trägt der Klägerbevollmächtigte noch vor, dass die Beklagte im Übrigen schon viel früher als erst im August 2002 positive Kenntnis davon gehabt habe, dass die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeit überhaupt nicht vorgelegen hätten. Schon die im Gutachten von Dr. Ma. genannten Diagnosen und Gesundheitsstörungen seien nicht geeignet gewesen, eine Erwerbsunfähigkeit zu begründen. Eine leichte Berufstätigkeit sei dabei vielmehr nach wie vor möglich gewesen. Alle maßgeblichen Tatsachen, insbesondere das Gutachten Dr. Ma. mit den widersprüchlichen und medizinisch nicht haltbaren Begründungen, der Umstand, dass die Rente bei Kenntnis des Verdienstes des Klägers aus gesetzlichen Gründen nicht mehr hätte gezahlt werden dürfen, weil die Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR überschritten gewesen sei, seien bereits vor dem August 2002 bekannt gewesen. In der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. J. vom 5. August 2002 werde nunmehr unter Bezugnahme auf die Begutachtungen von Dr. M. und Dr. Ma. lediglich endlich festgestellt, dass Dr. Ma. von einer falschen Annahme ausgegangen sei. Aber neue Tatsachen habe hier der Medizinische Dienst keineswegs eruiert. Darüber hinaus sei bezüglich der Aufhebung nach § 45 SGB X, da es sich um eine Sollvorschrift handele, Ermessen auszuüben. Bei dieser Ermessensausübung müsse berücksichtigt werden, ob Verschulden der Behörde vorgelegen habe, auf Grund dessen es zu der Überzahlung gekommen sei. Wäre 2001 nach der Mitteilung des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten die Zahlung gestoppt worden, wäre es nicht zu der Überzahlung gekommen. Es liege damit sicherlich insoweit ein atypischer Fall vor, unabhängig von der Jahresfrist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2007, den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 sowie den Bescheid vom 3. Januar 2003 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz (einschließlich die beigezogenen Vorakten S 2 RJ 3219/01 und L 5 AL 1690/04) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Kläger wendet sich u. a. gegen die Rückforderung von Rentenzahlungen in Höhe von noch 7.103,68 EUR.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 nicht vorliegen und die Beklagte weiter zu Recht auf Grund des Aufhebungsbescheides auch die zu Unrecht gezahlten Rentenbeträge zurückgefordert hat.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 sowie der Bescheid vom 3. Januar 2003. Der Bescheid vom 14. Oktober 2003 trifft zwei Regelungen: Erstens wird die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 abgelehnt (Verfügungssatz Nr. 2) und zweitens macht die Beklagte für den Zeitraum 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Rentenzahlungen in Höhe von 11. 896,37 EUR geltend (Verfügungssatz Nr. 1). Der Kläger wendet sich auch im Verwaltungs- und Klageverfahren sowohl gegen die abgelehnte Rücknahme des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 als auch die Rückforderung der überzahlten Rentenbeträge.
Damit ist richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Zieles die (isolierte) Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG.
Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid (hier den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003) selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Der gegenteiligen Auffassung, die eine Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungs- bzw Feststellungsklage verlangt (BSG (4. Senat) SozR 3-1300 § 44 Nr. 8 S. 19 sowie unveröffentlichtes Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R -; BSG (7. Senat) BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr. 7 S. 52; BSG (9. Senat) BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr. 18 S 43; Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2006, § 44 SGB X RdNr 16; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 54 RdNr 20c) vermochte der 2. Senat des BSG nicht zu folgen (BSG Urteil vom 5. September 2006 in SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 = BSGE 97; 54). Dass ein Verwaltungsakt nach Eintritt der Bindungswirkung nicht mehr vor Gericht angefochten, sondern nur noch im Zugunstenverfahren zurückgenommen werden kann und dass hierüber nach § 44 Abs 3 SGB X die zuständige Verwaltungsbehörde entscheidet, rechtfertigt nicht den Schluss, dass auch im Prozess über die Ablehnung des Zugunstenantrags die Rücknahmeentscheidung nicht vom Gericht ersetzt werden könne. Wäre es anders, käme eine mit dem Verpflichtungsantrag verbundene Leistungsklage - die auch von der Gegenmeinung für zulässig gehalten wird - aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Denn die Verwaltungsbehörde könnte nicht zur Leistung verurteilt werden, ehe der entgegenstehende bestandskräftige (Ausgangs-)Bescheid beseitigt wäre und solange nur die Behörde verpflichtet wäre, ihn zurückzunehmen. Richtigerweise kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (wie hier: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, Kap IV RdNr. 76; Ulmer in: Hennig, SGG, Stand: 2006, § 54 RdNr. 106). Einer Vorlage an den Großen Senat nach § 41 SGG bedurfte es nach Auffassung des 2. Senates nicht, weil diese von anderen Senaten abweichende Beurteilung der richtigen Klageart nicht entscheidungserheblich sei (vgl BSG - GrS -, Beschluss vom 18. November 1980 - GS 3/79 - BSGE 51, 23 , 25 f = SozR 1500 § 42 Nr. 7 m.w.N.; BSG - GrS -, Beschluss vom 29. Mai 1984 - GS 1/82, GS 2/82, GS 3/82 - BSGE 57, 23, 26 = SozR 2200 § 1250 Nr. 20 S 26).
2. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist im übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Mai 2006, § 44 SGB X RdNr. 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2006, K § 44 RdNr. 1b). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29, Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 5; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr 17). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 27 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119 f; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 34; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr. 18; Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 44 RdNr. 13).
Aus Entscheidungen des 9. und des 4. Senats des BSG (BSG vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr 33 und BSG vom 3. April 2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20), die in Anlehnung an die gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren (vgl §§ 578 ff der Zivilprozessordnung) oder an § 51 VwVfG ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere, ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) fordern, folgt nichts Anderes. Unabhängig von der Frage, inwieweit der aufgezeigten Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren gefolgt werden kann, ist aus Sicht des 2. Senates des BSG (Urteil vom 5. September 2006 den SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 = BSGE 97, 54) insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (ebenso BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 28 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 34).
Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 nach § 44 SGB X liegen jedenfalls insoweit nicht vor, als auf Grund dieses Verwaltungsaktes Sozialleistungen nicht zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Dabei ist durchaus zweifelhaft, ob § 44 Abs. 1 SGB X überhaupt anzuwenden ist, wenn durch den aufzuhebenden Verwaltungsakt ein leistungsbewilligender Verwaltungsakt zurückgenommen und die überzahlte Leistungen zurückgefordert worden, d. h. wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt selbst ein Aufhebungsverwaltungsakt ist (bejahend Schütze in von Wulffen SGB X, 6. Auflage 2008, Vor § 44 Rndr. 4 m.w.N., verneinend BSG im Urteil vom 16. Januar 1986 - 4b/9a RV 9/85). Der Wortlaut der Norm spricht eher dagegen, wobei auf der anderen Seite im Hinblick auf den Zweck des § 44 SGB X, der materiellen Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, diese Regelung auch entsprechend auf Aufhebungsverwaltungsakte grundsätzlich anzuwenden sein dürfte. Zumal dem Kläger mit dem Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 eine ursprünglich gewährte Sozialleistung (Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) entzogen wurde.
a.) Die Beklagte hat jedoch zu Recht die Aufhebungsentscheidung im Bescheid vom 3. Januar 2003 gem. § 44 Abs. 2 SGB X aufgehoben. Zwar handelt es sich primär bei der Bewilligung einer Sozialleistung (hier die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 17. Mai 2000) um einen begünstigenden Verwaltungsakt, wohingegen § 44 SGB X Anwendung nur bei nicht begünstigenden Verwaltungsakten findet. Ob ein Verwaltungsakt begünstigend oder nicht begünstigend ist (ob also eine Rücknahme nach § 45 oder § 44 SGB X zu erfolgen hat), richtet sich nach der gegenwärtigen subjektiven Sicht des Betroffenen (so auch BSGE 84, 281, 285 = SozR 3-2200 § 605 Nr. 1, einschränkend jedoch aaO 287 f; Steinwedel in Kasseler Kommentar § 44 SGB X Rdnr. 21). Hierfür bietet bereits der Wortlaut des Abs. 1 Satz 1 ("so weit sich ... ergibt") einen Anhalt. Zu berücksichtigen sind nicht nur die im Verwaltungsakt getroffenen Regelungen (wie hier z.B. die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit), sondern auch deren unmittelbare gesetzliche Folgen (z. B. der Ausschluss von Ansprüchen aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten, oder wie hier der Ausschluss anderer Sozialleistungen wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld). Dann aber kann eine ursprüngliche Begünstigung zur Belastung werden (so auch BSGE 50, 16 = SozR 5057 Art. 2 § 51a Nr. 36).
Da mit der Ausgangsentscheidung vom 17. Mai 2000 (Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) weder gem. § 44 Abs. 1 SGB X Sozialleistungen zu Unrecht versagt noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, hat die Beklagte daher ihre Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 44 Abs. 2 SGB X ("sonstiger rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt") gestützt. Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte auch in nicht zu beanstandender Weise den Verwaltungsakt betreffend die Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente nicht nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen, sondern im Rahmen des ihr insoweit eingeräumten Ermessens auch für die Vergangenheit. Sie hat hierbei insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger zum einen sich bereits mit Schreiben vom 4. Juli 2000 gegen die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewandt hatte und zum anderen nachdem er anwaltlich vertreten war (daher eine fachkundige Abwägung der Vor- und Nachteile des Rentenbescheides erfolgt ist) auch in der Folgezeit weiterhin den rückwirkenden Wegfall der Rente begehrt hat, er deswegen sogar Klage zum Sozialgericht erhoben (vgl. Verfahren S 2 RJ 3219/01), also auch vom Kläger von Anfang an eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides begehrt wurde. Damit hat die Beklagte in ihrer Aufhebungsentscheidung alle Umstände, insbesondere den offenkundigen Willen des Klägers ausdrücklich mitberücksichtigt.
b.) Aber auch wenn man der Auffassung des Klägerbevollmächtigten folgen wollte, dass richtige Rechtsgrundlage für den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 nicht § 44 Abs. 2 SGB X sondern § 45 SGB X sei, führt dies zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) rechtswidrig ist, darf er nach § 45 Abs. 1 SGB X, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann nach § 45 Abs. 3 Satz 3 bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe u. a. zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind. Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt nach § 45 Abs. 4 SGB V mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 17. Mai 2000 war - was auch von Klägerseite nicht bestritten wird - von Anfang an rechtswidrig. Der Kläger kannte diese Rechtswidrigkeit auch von Anfang an. Denn er musste die Rechtswidrigkeit der erfolgten Leistungsbewilligung erkennen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Sollte er dies nicht erkannt haben, fällt ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 zweiter Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Maßgebend dafür ist die persönliche Einsichtsfähigkeit des Begünstigten, also ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab (ständige Rechtsprechung BSGE 35,108; BSG 44, 264, 273). Die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt danach, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42,184). Entscheidend sind die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen d. h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten (BSGE 42,184, zum Ganzen vgl. auch: BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R). Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wird, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene die Vorschrift nicht verstanden hat (BSGE 44,264). Grobe Fahrlässigkeit liegt in der Regel vor, wenn ein Versicherter wesentliche Tatsachen nicht mitteilt, obwohl er dazu verpflichtet und auch unmissverständlich darüber belehrt worden war. Auch entbindet es nicht von der Mitteilungspflicht und führt nicht zur Entlastung, wenn der Begünstigte den fraglichen Umstand als streitig erkannt und auf die Angabe wesentlicher Umstände dennoch verzichtet hat (vgl. etwa BSG SozR 3 - 5425 § 25 Nr. 15).
Der Kläger hat selbst bereits im Juli 2000 geltend gemacht, die Bewilligung der Rente sei falsch, denn sein Gesundheitszustand habe sich gebessert und er arbeite weiter wie bisher in Vollzeit. Er hat außerdem seit Mai 2001 anwaltlich - und damit sachkundig - vertreten weiterhin geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit nicht vorgelegen hätten bzw. vorliegen würden. Damit aber musste dem Kläger auch bei einfachsten und naheliegenden Überlegungen nicht nur klar sein, dass damit auch die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rechtswidrig ist, sondern dass er auch die erhaltenen Rentenzahlungen wieder zurückzahlen muss und keinen Anspruch darauf hat, diese behalten zu dürfen.
Soweit von Klägerseite eingewandt wird, es sei hier allerdings die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X nicht gewahrt, kann der Senat dem nicht folgen. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten hegt der Senat keine Zweifel daran, dass vorliegend die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten worden ist. Nach dieser Vorschrift muss die Behörde die rückwirkende Aufhebung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen vornehmen, welche die Rücknahme des rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Das Gesetz verlangt somit nach seinem klaren Wortlaut die Kenntnis der Tatsachen, das bedeutet die hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Rücknahmebescheides. Ein bloßer Verdacht reicht ebenso wenig aus wie ein "Kennen können" oder - selbst grob fahrlässiges - "Kennen müssen" (BSG SozR 3 - 1300 § 45 Nr. 2 Seite 13). Allenfalls das missbräuchliche "sich Verschließen" vor der Kenntnis kann der Kenntnis gleichgestellt werden. Hierfür besteht im vorliegenden Fall allerdings rein tatsächlich keinerlei Anlass. Wie aus den vorliegenden Verwaltungsakten hervorgeht, hatte die Beklagte bis August 2002 keine positive Kenntnis davon, dass der Kläger tatsächlich nicht erwerbsunfähig war. Nach den vorliegenden Gutachten von Dr. Ma. und Dr. M. konnte, durfte und musste letztlich die Beklagte von Erwerbsunfähigkeit beim Kläger ausgehen. Auch der Umstand, dass der Kläger tatsächlich weiterarbeitete stand dem für sich nicht entgegen. Denn zum einen konnte dies auch zu Lasten des Gesundheit gehen (was dem Versicherten nicht verboten ist) und zum anderen hatten gerade entsprechende Nachfragen nach dem Schreiben des Klägers vom Juli 2000 zum medizinischen Sachverhalt die Einschätzungen der Gutachter jedoch bestätigt. Das heißt aber, für die Beklagte lagen bis August 2002 gerade keine Tatsachen vor, die eine hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Aufhebungsbescheides ergeben hätten. Erst nach einer vom Sozialgericht veranlassten nochmaligen Überprüfung hatte der medizinische Dienst der Beklagten im August 2002 festgestellt, dass Erwerbsunfähigkeit tatsächlich zu keinem Zeitpunkt beim Kläger vorgelegen hat. Das heißt aber weiter, erst ab diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte positive Kenntnis bezüglich aller eine Aufhebung der Bewilligung rechtfertigenden Tatsachen. Damit erfolgte die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 - entgegen der Auffassung der Klägerseite - sehr wohl innerhalb der Jahresfrist, die erst im August 2003 abgelaufen wäre.
Die Beklagte hat auch im Übrigen im Rahmen des ihr bei § 45 SGB X eingeräumten Ermessens alle bekannten Umstände, insbesondere den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger selbst sich von Anfang an gegen die Bewilligung wandte und im weiteren Verlauf auch mit anwaltlicher - und damit fachkundiger - Vertretung daran fest gehalten hatte, also auch in Kenntnis der Vor- und Nachteile einer solchen begehrten Aufhebungsentscheidung.
Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass auch wenn man als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 nicht § 44 Abs. 2 SGB X sondern § 45 SGB X heranzieht, die Entscheidung rechtmäßig erfolgt ist.
c.) Aber selbst wenn man mit dem Klägerbevollmächtigten der Auffassung sein sollte, die Jahresfrist sei von der Beklagten nicht gewahrt worden, verhilft auch dies dem Kläger nicht zum Erfolg. Denn jedenfalls ist ein Aufhebungsbescheid nicht bereits dann zurückzunehmen, wenn er wegen Verletzung der Gutglaubensvorschriften oder Fehlern beim Ausüben von Ermessen oder der Versäumung von Fristen zu Unrecht ergangen ist (Waschull in LPK - SGB X, 2004 § 44 Rdnr. 15, differenzierend Schütze a.a.O § 44 Rdnr. 17). Vielmehr muss den Betroffenen nach materiellem Recht die Leistung auch zugestanden haben (BSG-Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 -, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 1994 - L 13 V 1814/93 sowie Beschluss vom 26. September 1995 - L 5 Ar 2276/94 -, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Januar 1995 - L 13 An 9/74 -, Waschull in LPK - SGB X 2004 § 44 Nr. 15, Schütze a.a.O). Denn § 44 SGB X begründet keinen Anspruch auf Wiedereinräumung nach materiellem Recht nicht zustehender Rechtspositionen, die unter Verstoß gegen vertrauensschützende Vorschriften bindend entzogen worden sind (differenzierend Schütze a.a.O, der die Rechtsprechung des 14. und 9. Senates des BSG für überzeugend hält, wonach nach § 44 SGB X ein bestandskräftiger Rücknahmebescheid zurückzunehmen sein könne, wenn der Leistungsempfänger auf den Fortbestand einer rechtswidrigen Leistungsbewilligung habe vertrauen dürfen (mit Hinweis auf BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O). Es ist nicht Aufgabe des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, dem Betroffenen mehr zu gewähren, als ihm nach materiellen Recht zusteht (BSG Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 -, LSG Baden-Württemberg a.a.O, ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O). Dies folgt aus dem Zweck von § 44 SGB X, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines unrichtigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten der letzteren zu lösen (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 1994 - L 13 V 14/93 - m.w.N., vgl. auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 26. September 1995 - L 5 Ar 2276/94 sowie LSG Nordrhein-Westfahlen Urteil vom 20. Januar 1995 - L 13 An 9/94).
Vor diesem Hintergrund käme es nicht darauf an, ob der Bescheid vom 3. Januar 2003 rechtswidrig ist, weil die Beklagte die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X unter Umständen nicht eingehalten hat, da der Kläger jedenfalls nach materiellem Recht zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte. Dies folgt schon - in Übereinstimmung auch mit dem SG - daraus, dass der Kläger während des Bewilligungszeitraumes im Wesentlichen durchgehend vollschichtig gearbeitet hat. Der tatsächlichen Berufsausübung kommt hier - darauf hat gerade auch der Kläger zu Recht hingewiesen - ein stärkerer Beweiswert zu als den medizinischen Befunden (Urteil des BSG vom 26. September 1975 - 12 RJ 208/74 -, vgl. auch Urteil vom 29. September 1980 - 4 RJ 121/79 -). Anzeichen dafür, dass der Kläger die Tätigkeit auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt hat, bestehen nicht. Darüber hinaus war das der Annahme der Erwerbsfähigkeit des Klägers entgegenstehende Gutachten von Dr. Ma. vom 12. Januar 2001, in dem er dem Kläger attestiert hatte, in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt gewesen zu sein, schon vor dem Hintergrund zweifelhaft, als Dr. Ma. offenkundig von falschen tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Klägers ausgegangen war und gerade maßgeblich auf diesen Umstand - dass er nämlich angenommen hat, der Kläger könne trotz entsprechender Motivation unter Berücksichtigung seiner Einschränkungen keinen neuen Arbeitsplatz mehr finden - Erwerbsunfähigkeit angenommen hat. Tatsache ist, dass der Kläger im April 2000 keineswegs seinen damaligen Arbeitsplatz verloren, sondern diesen vielmehr noch bis zum April 2001 inne hatte und die ganze Zeit über auch gearbeitet hatte. Schließlich haben auch der Kläger und sein Bevollmächtigter während des gesamten Verfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass er zu keinem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen sei, vielmehr diese Feststellung im Bescheid vom 17. Mai 2000 falsch sei. Die Beklagte hat nunmehr mit dem Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 nach nochmaliger Überprüfung durch ihren sozialmedizinischen Dienst sich dieser Einschätzung angeschlossen. Der Kläger behauptet auch nicht zwischenzeitlich im Verfahren hier, dass er nunmehr doch während der ganzen Zeit schon erwerbsunfähig gewesen sei.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, weshalb seiner Meinung nach § 45 SGB X die richtige Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 (und nicht § 44 SGB X, auf die letztlich die Beklagte ihre Entscheidung seinerzeit gestützt hatte) gewesen sei, die maßgeblichen Tatsachen aber von Anfang an der Beklagten bekannt gewesen seien und die Frist nach § 45 Abs. 4 SGB X zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vom 3. Januar 2003 bereits abgelaufen gewesen sei, bräuchte dem hier schon gar nicht nachgegangen zu werden. Auf diese Frage käme es gerade nicht mehr an, da materiellrechtlich tatsächlich dem Kläger nie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die hier streitige Zeit zustand und insoweit die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 materiellrechtlich nicht zu beanstanden ist.
d.) Soweit der Klägerbevollmächtigte die Auffassung vertritt, die Beklagte sei im Bescheid vom 14. Oktober 2003 in eine Prüfung des Bescheides vom 3. Januar 2003 und der Frage, was richtige Rechtsgrundlage gewesen sei, eingetreten und habe damit auch die Bestandskraft des Bescheides vom 3. Januar 2003 durchbrochen, kann der Senat dem nicht folgen. Das Verfahren nach § 44 SGB X gibt die Möglichkeit, die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes zu durchbrechen, sofern dies notwendig ist, um der materiellen Gerechtigkeit zum Durchbruch zu helfen. Dazu prüft die betroffene Behörde den zugrundeliegenden Sachverhalt bzw. die maßgeblichen Rechtsnormen. Dies hat die Beklagte im Bescheid vom 14. Oktober 2003 getan, sie ist allerdings letztlich zum Ergebnis gelangt, dass der Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 rechtens sei (insbesondere die Voraussetzungen nach § 44 SGB X erfüllt gewesen wären bzw. auch innerhalb der maßgeblichen Frist nach § 45 Abs. 4 SGB X ergangen wäre und die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 45 SGB X vorgelegen hätten). Damit aber hat die Beklagte gerade nicht in die Bestandskraft des Bescheides vom 3. Januar 2003 eingegriffen, sie hat vielmehr die Bestandskraft bestätigt und daran festgehalten.
3. Da die Beklagte also zu Recht die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 abgelehnt hat, ist dieser weiterhin wirksam und bestandskräftig. Danach ist rückwirkend für den Zeitraum ab 1. April 2000 die dem Kläger ursprünglich bewilligte (und bis zum 31. März 2003 ausgezahlte) Erwerbsunfähigkeitsrente aufgehoben worden.
Gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Für die Beurteilung des Rückerstattungsbescheides kommt es nicht (mehr) auf die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides an. Ausreichend ist seine Wirksamkeit (BSG Urteil vom 17. Januar 1991 - 7 RAr 72/90, Urteil vom 7. August 1991 - 10 RKg 3/91, Steinwedel in Kasseler Kommentar § 50 SGB X Rdnr. 11, Schütze in von Wulffen SGB X 6. Auflage 2008 § 50 Rdnr. 18, ebenso für § 49 a Verwaltungsverfahrensgesetz Kopp/Ramsauer Verwaltungsverfahrensgesetz 9. Auflage 2005 § 49 a Rndr. 7 a., a.A. Waschull in LPK-SGB X 2004 § 50 Rdnr. 24). Ist eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung nämlich unanfechtbar und bindend geworden, so können die für die Aufhebung rechtserheblichen Fragen nicht bei der Rechtmäßigkeit nach § 50 Abs. 1 SGB X erneut geprüft werden (BSG Urteil vom 7. August 1991 - 10 RKg 3/91, Urteil vom 22. April 1987 - 10 RKg 16/85, Steinwedel a.a.O. Rndr. 11). Rechtserheblich für die Entscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X sind daher nur solche Umstände, die die Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruches selbst betreffen (BSG Urteil vom 7. August 1991). Solche Umstände, die die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides in Frage stellen, sind aber nicht ersichtlich.
Insbesondere ist hier auch entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nicht gem. § 50 Abs. 2 SGB X nochmals eine Ermessensausübung entsprechend den §§ 45, 48 SGB X durchzuführen. Diese Regelung betrifft nur die Fälle, soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden. Dann ist die eigentlich im Vorfeld bei der Aufhebungsentscheidung vorgesehene Vertrauensprüfung und Ermessensausübung in das Verfahren der Festsetzung der zu erstattenden Leistungen einbezogen. Da aber hier der Festsetzung des Rückforderungsbetrages ein Aufhebungsbescheid, nämlich der bestandskräftige vom 3. Januar 2003, vorangegangen ist, bedarf es dieser Prüfung nicht mehr.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2007 zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Aufhebung und Rückzahlung dem Kläger bewilligter und ausbezahlter Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Streit.
Der 1940 geborene Kläger beantragte am 17. März 2000 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Zur Begründung gab er an, dass er sich seit 1999 wegen einer Meniskusoperation, Strahlungsschmerzen im Rücken, Diabetes sowie Herzrhythmusstörungen für erwerbsgemindert halte. Der Internist Dr. M. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten gelangte in seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten vom 18. April 2000 (Bl. M2 - Medizinische Unterlagen - Verwaltungsakte - VA -) zu dem Ergebnis, dass der Kläger allenfalls noch zweistündig bis unter halbschichtig arbeiten könne.
Der Kläger war zum damaligen Zeitpunkt nach wie vor versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Beschäftigung übte er bis zum 30. April 2001 aus. Ausweislich der Arbeitgeberauskunft der Firma D. Textildruck GmbH & Co KG vom 18. September 2000 (Bl. M6 VA) war der Kläger dort seit Juni 1974 in ungelernter Tätigkeit (weniger als drei Monate Anlernzeit) beschäftigt gewesen, und zwar mit dem Ausschneiden von Stoffen, als zweiter Mann am Spannrahmen, mit dem Helfen in der Druckerei. Es habe sich danach um stehende bzw. gehende Tätigkeiten gehandelt, es habe Ware bis ca. 20 kg je Stück hochgehoben und getragen werden müssen. Er bezog dann vom 1. Mai 2001 bis zum 18. Mai 2001 Krankengeld und anschließend bis zum 3. Februar 2002 Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war er vom 4. Februar 2002 bis zum 31. März 2004 erneut versicherungspflichtig beschäftigt, bevor er vom 1. April 2004 bis zum 25. März 2005 erneut Arbeitslosengeld bezog. Ab 1. Dezember 2005 erhält der Kläger Altersrente.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. April 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 (Bl. M3 VA) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er mit dem Rentenbescheid nicht einverstanden sei. Inzwischen habe sich sein gesundheitlicher Zustand auch deutlich verbessert. Auch reiche ihm die Rente aus dem Rentenbescheid nicht. Er habe beschlossen, weiter wie bisher in Vollzeit zu arbeiten.
In dem weiteren im Auftrag der Beklagten erstellten nervenärztlichen Gutachten von Dr. Ma. vom 12. Januar 2001 ging dieser darin - irrtümlich - davon aus, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz im April 2000 durch Schließung des Betriebes verloren habe (M8 VA). Unter Berücksichtigung der Einschränkung seiner körperlichen Leistungsfähigkeit (Diabetes mellitus, ausgeprägte diabetische Polyneuropathie, erhebliche Voralterung mit Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit) sei die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit an einer völlig neuen Arbeitsstelle trotz der starken eigenen Motivation unrealistisch.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2001 führte der zwischenzeitliche Bevollmächtigte des Klägers aus, der Bescheid vom 17. Mai 2000 sei sachlich seines Erachtens unrichtig, da der Kläger täglich mehr als vier Stunden gearbeitet habe (acht Stunden). Der Kläger habe also überhaupt keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern allenfalls auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Kläger habe auch schon selber Widerspruch erhoben, über den bis heute nicht entschieden worden sei. Das Problem hier sei, dass der Kläger im Augenblick krankgeschrieben sei und die Krankenkasse im Hinblick auf die durch die Beklagte vorgenommene Feststellung der Erwerbsunfähigkeit kein Krankengeld zahle. Auf der anderen Seite könnte und würde der Kläger wieder arbeiten, wenn die Firma nicht inzwischen in Insolvenz gegangen wäre. Erwerbsunfähigkeit liege also auf keinen Fall vor. Er bat um Mitteilung über den Stand des Widerspruchsverfahrens und bat weiterhin um Bestätigung, dass der Kläger nicht erwerbsunfähig, sondern lediglich berufsunfähig sei.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2001 (Bl. 25 VA) teilte die Beklagte mit, dass sie das Schreiben des Klägers vom 4. Juli 2000 nicht als Widerspruch gewertet habe. Sie habe jedoch überprüft, ob weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die Erwerbsunfähigkeit sei im Gutachten vom 12. Januar 2001 bestätigt worden. Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei daher weiter zu zahlen gewesen.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, dass beim Kläger keinesfalls Erwerbsunfähigkeit im üblichen Sinne vorgelegen habe, da er ja tatsächlich bis zum 30. April 2001 voll gearbeitet habe. Dr. Ma. habe zwar angenommen, dass Erwerbsunfähigkeit vorliege, weil der Kläger 60 Jahre alt sei und keinen Arbeitsplatz mehr finden könne. Tatsächlich aber habe er zu diesem Zeitpunkt vollschichtig gearbeitet. Die Feststellung von Erwerbsunfähigkeit sei daher nicht zutreffend gewesen. Darauf habe er auch im Juli 2000 ausdrücklich hingewiesen. Auch habe die Beklagte ja selbst festgestellt, dass Berufsunfähigkeitsrente gezahlt werde. Der Kläger sei also allenfalls berufsunfähig, zumindest solange er die Tätigkeit ausgeübt habe.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2001 (Bl. 30 VA) stellte die Beklagte fest, dass nur Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) nicht vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger nochmals vertrauensärztlich untersucht und eine Auskunft des Arbeitgebers über die Gestaltung des Arbeitsplatzes eingeholt worden sei. Die Überprüfung habe ergeben, dass seit Feststellung der Erwerbsunfähigkeit am 17. März 2000 keine Besserung des Leistungsvermögens eingetreten sei. Der Kläger könne aus medizinischer Sicht weiterhin nur noch Tätigkeiten unter zweistündig ausüben. Die ab Rentenbeginn ausgeübte Beschäftigung erfolge somit auf Kosten der Gesundheit und des Restleistungsvermögens. Dass ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe der Rente wegen Berufsunfähigkeit bestehe - jeweils zustehende Teilrente, abhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes - ergebe sich aus der Anrechnungsvorschrift des § 96a SGB VI. Dies bedeute jedoch nicht, dass Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die medizinische Beurteilung des Sachverhaltes sei unzutreffend. Dafür spreche zunächst, dass er regelmäßig tatsächlich acht Stunden gearbeitet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die tatsächliche Arbeitsleistung Indiz für die Leistungsfähigkeit. Weiterhin spreche gegen Erwerbsunfähigkeit, dass er mehr als 630,- DM verdient habe, also damit Erwerbsunfähigkeit rechtlich gar nicht vorliegen könne. Außerdem sei Dr. Ma. in seinem Gutachten von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen, er sei nämlich davon ausgegangen, dass der Kläger wegen der Krankheit einen neuen Arbeitsplatz nicht finden könne. Dies sei für ihn ein Grund gewesen, ein unter zweistündiges Leistungsvermögen anzunehmen.
Mit Bescheid vom 24. August 2001 (Bl. 40 VA) berechnete die Beklagte die Rente des Klägers aufgrund der Änderung der Höhe des Hinzuverdienstes neu. Ab dem 1. Oktober 2001 ergab sich eine Bruttorente in Höhe von 859,78 DM, netto 794,44 DM.
Auch dagegen erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 42 VA). Zur Begründung machte er geltend, die Rentenhöhe sei falsch berechnet, er habe vielmehr einen Anspruch auf eine Bruttorente in Höhe von 1.265,38 DM. Seit der Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses im April 2001 habe er keinen Hinzuverdienst mehr, sodass ab diesem Zeitpunkt die volle Rente zu zahlen sei und keine Teilrente in Höhe von 794,44 DM.
Mit Bescheid vom 27. September 2001 (Bl. 46 VA) berechnete die Beklagte die Rente neu. Danach ergab sich nunmehr ab dem 1. November 2001 eine monatliche Bruttorente in Höhe von 1.289,61 DM bzw. ein monatlicher (Netto-)Zahlbetrag in Höhe von 1.191,60 DM.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 (Bl. 47 VA) erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, dass der Bescheid jetzt - soweit dem Kläger Rente zustehe - richtig sei. Allerdings sei er der Auffassung, dass der Kläger keinen Rentenanspruch habe, sodass die Zahlungen der Beklagten lediglich als Vorschuss auf andere Sozialleistungen, nämlich Arbeitslosengeld und Krankengeld, anzusehen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2001 (Bl. 51 VA) wies die Beklagte den Widerspruch vom 10. Juli 2000 gegen den Bescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 13. Juli 2001 zurück. Der Widerspruch sei nicht begründet, es läge Erwerbsunfähigkeit vor. Die Ausübung einer Beschäftigung sei für das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit unschädlich, wenn die Beschäftigung auf Kosten der Restgesundheit ausgeübt werde. Nach eingehender Prüfung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen sei der Widerspruchsausschuss der Überzeugung, dass der Kläger seit Rentenantragstellung lediglich unter zwei Stunden arbeiten könne und dass die Tätigkeit auf Kosten der Gesundheit ausgeübt werde.
Hiergegen hatte der Kläger am 5. Dezember 2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Reutlingen (Az. S 2 RJ 3219/01) mit dem Begehren erhoben, die Bescheide vom 17. Mai 2000 und vom 13. Juli 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Mit Schreiben vom 22. August 2002 (Bl. 80 VA) teilte die Beklagte dem SG im damaligen Rechtsstreit mit, dass - nachdem sie vom Gericht dazu aufgefordert worden war - die medizinischen Unterlagen des Klägers nochmals überprüft worden seien. Aus der Stellungnahme der Prüfärzte vom 5. August 2002 gehe hervor, dass davon auszugehen sei, dass der Kläger tatsächlich nicht erwerbsunfähig gewesen sei, sondern durchgehend vollschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Wegen fehlender medizinischer Voraussetzungen folge daraus, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente von Anfang an zu Unrecht gewährt worden sei. Gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) würde dies bedeuten, dass der Bewilligungsbescheid vom 17. Mai 2000 auf jeden Fall für die Zukunft und bei fehlendem Vertrauensschutz auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden könnte. Ein fehlender Vertrauensschutz könnte aus dem Schreiben des Klägers vom 4. Juli 2000 abgeleitet werden, in dem er selbst darauf hinweise, dass die Beurteilung, er sei erwerbsunfähig, nicht zuträfe, da er wieder Vollzeit arbeiten könne. Die Beklagte wies weiter darauf hin, dass ein fehlender Vertrauensschutz hier nicht nur die Aufhebung des Bescheides gemäß § 45 SGB X rechtfertige, sondern auch die Rückforderung der geleisteten Rentenbeiträge gemäß § 50 Abs. 1 SGB X.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2003 (Bl. 98 VA) hob (1.) die Beklagte den Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2001 und die auf diesen Rentenbescheid aufbauenden Folgebescheide vom 24. August 2001, 17. September 2001 und 12. Juli 2002 nach § 44 Abs. 2 SGB X von Anfang an auf. Der Rentenantrag vom 17. März 2000 wurde (2.) abgelehnt, da weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich in dem laufenden Klageverfahren ergeben habe, dass der Kläger seit Rentenantragstellung durchgehend über ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl als Textildrucker als auch für andere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfügt habe. Erwerbsunfähigkeit liege aufgrund dieses Leistungsvermögens nicht vor, sodass der Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Es liege ferner auch keine Berufsunfähigkeit vor, da der bisherige Hauptberuf als Textilarbeiter weiterhin ausgeübt werden könne und unabhängig davon eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich wäre. Die Rücknahme erfolge gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und diese Rückwirkung auch vom Kläger gewollt sei. Aufgrund dieses Bescheides werde die Rentenzahlung zum nächstmöglichen Zeitpunkt eingestellt, über die Rückforderung der seit 1. April 2000 gezahlten Rentenbeträge ergehe nach Abschluss des Klageverfahrens und Klärung eventueller Erstattungsansprüche ein gesonderter Bescheid.
Daraufhin erklärte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 24. Februar 2003 den Rechtsstreit für erledigt (Bl. 107 VA). Die Kosten trug die Beklagte in vollem Umfang.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2003 (Bl. 110 VA) hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rückforderung der im Zeitraum vom 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 überzahlten Rentenbeträge in Höhe von insgesamt 11.896,37 EUR an.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2003 (Bl. 111 VA) regte der Bevollmächtigte einerseits an, die Rente insoweit in der noch zu erwartenden Nachzahlung der Krankenkasse bzw. des Arbeitsamtes zu verrechnen. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 nicht doch § 45 SGB X mit den dort festgestellten Rechtsfolgen sei. Der Rentenbescheid sei zwar ein rechtwidriger begünstigender Verwaltungsakt. Gemäß § 44 Abs. 2 SGB X seien nur rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte aufzuheben. Insofern dürfte die Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides nicht zutreffend sein. Insoweit werde noch mal um eine Überprüfung und gegebenenfalls Erteilung eines Rücknahmebescheides gebeten, da dieser Bescheid den Kläger jetzt insoweit belaste.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2003 (Bl. 112 VA) forderte die Beklagte (1.) für den Zeitraum 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 überzahlte Rentenbeiträge in Höhe von insgesamt 11.896,37 EUR gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurück. Ferner (2.) lehnte die Beklagte die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch.
Im Zusammenhang mit einem parallel laufenden Klage- bzw. Berufungsverfahren gegen die Bundesagentur für Arbeit (Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2004 - S 9 AL 3069/02 - bzw. Berufungsverfahren L 5 AL 1690/04) wurde mit der Beklagten, die im dortigen Verfahren beigeladen war, ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass die dortige Beigeladene (hier die Beklagte) für den Zeitraum, in welchem die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Baden-Württemberg (Beklagte des dortigen Verfahrens) sich zur Leistung bereit erklärt habe, von dieser die bereits an den Kläger geleisteten Rentenzahlungen erstatte (siehe hierzu auch Bl. 155 bis 159 VA). Die Bundesagentur für Arbeit hatte sich dort bereiterklärt (mit Schriftsatz vom 3. November 2004 - Blatt 28 der Akte L 5 AL 1690/04 -) für die Zeit vom 19. Mai 2001 (Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. des Bezuges von Krankengeld) bis zum 3. Februar 2002 Arbeitslosengeld nachzuzahlen und dieses mit der Rentenrückforderung mit dem Rentenversicherungsträger insoweit zu verrechnen und gegebenenfalls den überschießenden Betrag noch auszuzahlen. Aufgrund dessen zahlte die Bundesagentur für Arbeit an die Beklagte 4.792,69 EUR, sodass sich die Rückforderung von Rentenbeträgen auf 7.103,68 EUR reduzierte (Bl. 165/169 VA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, letztlich ergebe sich für die Beklagte nach dem Schriftwechsel, dass der Rentenbescheid als belastend vom Kläger empfunden worden sei, da hier u. a. andere Sozialleistungen (Krankengeld und Arbeitslosengeld) aufgrund der Rentenbewilligung ausgeschlossen gewesen seien und diese generell höher gewesen seien als die Erwerbsunfähigkeitsrente und sich bei einer späteren Rente durch die Anrechnung weiterer rentenrechtlichere Zeiten auch rentensteigernd auswirkten. Es sei deswegen hier auch der rückwirkende Wegfall der Rente begehrt worden und daher davon auszugehen, dass auch aus objektiver Sicht der Gesamtumstände die Rentenbewilligung belastend gewesen sei. Daher sei die Rücknahme gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend erfolgt, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und dies vom Kläger auch so gewollt gewesen sei. Die Rückforderung nach § 50 SGB X habe im Übrigen zu erfolgen gehabt, da die Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht worden seien, da bereits bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe.
Dagegen hat der Kläger am 27. Februar 2006 Klage vor dem SG Reutlingen erhoben. Der Bevollmächtigte hat hierbei die Ansicht vertreten, dass die Beklagte gegen den Kläger keinen Rückforderungsanspruch habe. Es sei bereits am 10. Juli 2000 vom Kläger mitgeteilt worden, dass er nicht erwerbsunfähig sei. Die Beklagte habe dann trotzdem die Rente weiter gezahlt. Sie habe dies in voller Kenntnis sämtlicher rechtlich relevanter Tatsachen getan. In dem Bescheid sei darauf hingewiesen worden, dass keine Besserung des Leistungsvermögens eingetreten sei. Man habe also den Gesichtspunkt der tatsächlichen Berufsausübung überhaupt nicht berücksichtigt. Der Bescheid der Beklagten sei also, da der Kläger immer gearbeitet habe, von Anfang an unrichtig gewesen. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts sei nur innerhalb von zwei Jahren ab Erlass möglich. Der ursprüngliche Bescheid datiere vom 11. Mai 2000 (gemeint wohl 17. Mai 2000). Eine Rücknahme hätte also nur bis zum 11. Mai 2002 erfolgen können. Darüber hinaus müsse dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertige. Diese positive Kenntnis sei ebenfalls im Jahr 2002 vorhanden gewesen, sodass sämtliche Fristen des § 45 SGB X zum Zeitpunkt der Rücknahme abgelaufen seien und eine Rückforderung für die Vergangenheit nicht möglich sei.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat die Auffassung vertreten, dass § 45 SGB X nicht einschlägig sei. Aber selbst wenn man § 45 SGB X als einschlägig ansehen würde, seien die Ausführungen des Klägers unzutreffend. Nachdem der Kläger selbst die Aufhebung des Rentenbescheides angestrebt habe, sei zumindest ihm die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides von Anfang an bekannt gewesen. Für die Aufhebung des Bescheides gelte deshalb die Zehnjahresfrist. Auch § 45 Abs. 4 SGB X stünde einer Aufhebung nicht entgegen, da es für die Berechnung der Jahresfrist auf den Zeitpunkt ankomme, ab dem der zuständige Sachbearbeiter des Rentenversicherungsträgers (endgültig) Kenntnis von den für den Erlass des Rücknahmebescheides notwendigen Umständen gehabt habe. Dies sei aber erst ab August 2002 der Fall gewesen.
Mit Urteil vom 12. Juni 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zunächst die Klage sachgerecht dahingehend auszulegen sei, dass sie sich nicht nur gegen den Rückforderungsbescheid vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 wende, sondern auch gegen die in beiden Bescheiden implizit enthaltene Ablehnung, den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 zurückzunehmen. Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 sei schon zweifelhaft, ob § 44 Abs. 1 SGB X überhaupt anzuwenden sei, wenn - wie hier - der aufzuhebende Verwaltungsakt selbst ein Aufhebungsverwaltungsakt sei. Dies könne letztlich aber dahinstehen, denn jedenfalls sei ein Aufhebungsbescheid nicht bereits dann zurückzunehmen, wenn er wegen Verletzung der Gutglaubensvorschriften oder Fehlern beim Ausüben von Ermessen oder der Versäumung von Fristen zu Unrecht ergangen sei. Vielmehr müsse den Betroffenen nach materiellem Recht die Leistung zugestanden haben (mit entsprechenden Hinweisen). Denn § 44 SGB X begründe keinen Anspruch auf Wiedereinräumung nach materiellem Recht nicht zustehender Rechtspositionen, die unter Verstoß gegen vertrauenschützende Vorschriften bindend entzogen worden seien. Es sei nicht Aufgabe des so genannten Zugunstenverfahrens, dem Betroffenen mehr zu gewähren, als ihm nach materiellem Recht zustehe. Dies folge aus dem Zweck des § 44 SGB X, die Konfliktsituationen zwischen der Bindungswirkung eines unrichtigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten der letzteren zu lösen. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob der Bescheid vom 3. Januar 2003 rechtswidrig sei, weil die Beklagte die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X nicht eingehalten habe, da der Kläger jedenfalls nach materiellem Recht zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehabt habe. Dies folge schon daraus, dass er während des Bewilligungszeitraumes im Wesentlichen durchgehend vollschichtig gearbeitet habe. Der tatsächlichen Berufsausübung komme nämlich - darauf habe der Kläger zu Recht hingewiesen - ein stärkerer Beweiswert zu als den medizinischen Befunden. Anzeichen dafür, dass der Kläger die Tätigkeit auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt habe, bestünden nicht. Im Übrigen sei Dr. Ma. in seinem Gutachten vom November 2000 von falschen tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Klägers ausgegangen, dieser habe nämlich keineswegs im April 2000 seinen Arbeitsplatz mit der Folge der Arbeitslosigkeit verloren. Letztlich sei auch zwischen den Beteiligten jedenfalls inzwischen unstreitig, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gehabt habe. Da somit der Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 weiterhin wirksam und bestandskräftig sei, unterliege der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 auch insofern keinen Bedenken, als mit ihm die materiell zu Unrecht gezahlte Rente zurückgefordert werde. Rechtsgrundlage hierfür sei § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Für die Beurteilung des Rückerstattungsbescheides komme es nicht auf die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides an. Ausreichend sei seine Wirksamkeit (mit weiteren Hinweisen auf entsprechende Rechtsprechung des BSG als auch entsprechende Kommentarliteratur). Sei eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung nämlich unanfechtbar und bindend geworden, so könnten die für die Aufhebung rechtserheblichen Fragen nicht bei der Rechtmäßigkeit der Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X erneut geprüft werden. Rechtserheblich für die Entscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X seien daher nur solche Umstände, die die Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruches selbst beträfen.
Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 27. Juni 2007 zugestellte Urteil am 02. Juli 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte geltend, im Rahmen des vorangegangenen Klageverfahrens (S 2 RJ 3219/01) habe die Beklagte am 3. Januar 2003 einen Bescheid dahingehend erlassen, dass gemäß § 44 SGB X der Rentenbescheid vom 17. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2001 und die auf diesen Rentenbescheid beruhenden aufbauenden Folgebescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X von Anfang aufgehoben würden. Gleichzeitig sei der Rentenantrag vom 17. März 2000 abgelehnt worden, da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Im Tenor des Bescheides sei ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Kläger jedoch nicht tenoriert worden. Lediglich in den Gründen sei festgestellt worden, dass die Rücknahme nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X rückwirkend erfolge, da von Anfang an kein Rentenanspruch bestanden habe und diese Rückwirkung auch vom Kläger gewollt sei. Über die Rückforderung der seit 1. April 2000 gezahlten Rentenbeiträge würde nach Abschluss des Klageverfahrens und Klärung eventueller Erstattungsansprüche ein gesonderter Bescheid ergehen. Vom Empfängerhorizont sei damit absolut offen gewesen, ob und inwieweit überhaupt Erstattungsansprüche ergehen sollten. Aus klägerischer Sicht sei im Übrigen seinerzeit rechtlich nicht relevant gewesen, auf welcher Rechtsgrundlage die Rücknahme erfolgt sei. Daher habe man seinerzeit das Verfahren für erledigt erklärt. Streitgegenstand hier sei nunmehr aber, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber einen materiellen Zahlungsrückforderungsanspruch habe, der in dem Bescheid vom 3. Januar 2003 zwar als möglich bezeichnet worden sei, aber im Verfügungssatz weder festgestellt worden sei, noch Gegenstand des Bescheides geworden sei. Streitgegenstand dieses Verfahrens sei der Bescheid vom 14. Oktober 2003, der zwei Verfügungssätze enthalte, nämlich einmal die Versagung der Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 und zum anderen die Rückforderung von 11.896,37 EUR nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Aus klägerischer Sicht werde die Auffassung vertreten, dass im Vordergrund die materielle Gerechtigkeit stehen müsse. Gehe man davon aus, dass richtige Rechtsgrundlage des von Anfang an unrichtigen Bescheides aus klägerischer Sicht § 45 SGB X gewesen wäre, so hätte die Beklagte, da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X nicht vorgelegen hätten, für die Vergangenheit diesen Bescheid nach § 45 SGB X nicht aufheben dürfen. Habe sie den Bescheid aber nicht nach § 45 SGB X aufheben dürfen, so wirke dies aus Sicht des Klägers auch bezüglich der Rücknahme gemäß § 44 Abs. 2 SGB X. Im Übrigen ergebe sich aus dem Gesetz, dass für die Vergangenheit ein Ermessensspielraum bestehe. Diese Ermessensausübung ergebe sich auch aus § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X, wonach bei der Rückforderung die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend anzuwenden seien. Im Übrigen habe die Beklagte ausdrücklich im Bescheid vom 14. Oktober 2003 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X geprüft. So habe die Beklagte u. a. ausgeführt, ob tatsächlich § 45 SGB X anzuwenden gewesen wäre, könne offen bleiben, weil sich auch danach keine andere Beurteilung der Rechtslage ergeben hätte. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X für eine rückwirkende Bescheidaufhebung wären ebenfalls erfüllt gewesen. Insbesondere habe der Kläger von der Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides gewusst und habe daher kein Vertrauensschutz bestanden. Insofern sei aber nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten die Beklagte in die Prüfung eingestiegen und hätte das SG auch insoweit hierauf in seinen Gründen eingehen müssen. Im Übrigen habe die Beklagte - auch hierauf sei das SG nicht eingegangen - ausdrücklich eine Rücknahme nach den §§ 44 oder 45 SGB X abgelehnt. Sie habe also ausdrücklich noch einmal neu geprüft, ob eben die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgelegen haben, sodass insoweit die Bindungswirkung des Bescheides vom 3. Januar 2003 mit der Prüfung der Rücknahme und der Entscheidung hierüber durchbrochen sei. Die Beklagte habe hierbei irrtümlich angenommen, dass erst 2002 Kenntnis vorgelegen habe, dass der Kläger erwerbsfähig sei. Wenn aber im Sinne von § 45 Abs. 4 SGB X ein Grund dafür vorgelegen habe, dass der Bescheid nicht hätte zurückgenommen werden dürfen, müsse dies zumindest bei der Ermessensausübung über die Frage, ob eine Rückforderung erfolge, berücksichtigt werden. Weiter trägt der Klägerbevollmächtigte noch vor, dass die Beklagte im Übrigen schon viel früher als erst im August 2002 positive Kenntnis davon gehabt habe, dass die Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeit überhaupt nicht vorgelegen hätten. Schon die im Gutachten von Dr. Ma. genannten Diagnosen und Gesundheitsstörungen seien nicht geeignet gewesen, eine Erwerbsunfähigkeit zu begründen. Eine leichte Berufstätigkeit sei dabei vielmehr nach wie vor möglich gewesen. Alle maßgeblichen Tatsachen, insbesondere das Gutachten Dr. Ma. mit den widersprüchlichen und medizinisch nicht haltbaren Begründungen, der Umstand, dass die Rente bei Kenntnis des Verdienstes des Klägers aus gesetzlichen Gründen nicht mehr hätte gezahlt werden dürfen, weil die Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR überschritten gewesen sei, seien bereits vor dem August 2002 bekannt gewesen. In der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. J. vom 5. August 2002 werde nunmehr unter Bezugnahme auf die Begutachtungen von Dr. M. und Dr. Ma. lediglich endlich festgestellt, dass Dr. Ma. von einer falschen Annahme ausgegangen sei. Aber neue Tatsachen habe hier der Medizinische Dienst keineswegs eruiert. Darüber hinaus sei bezüglich der Aufhebung nach § 45 SGB X, da es sich um eine Sollvorschrift handele, Ermessen auszuüben. Bei dieser Ermessensausübung müsse berücksichtigt werden, ob Verschulden der Behörde vorgelegen habe, auf Grund dessen es zu der Überzahlung gekommen sei. Wäre 2001 nach der Mitteilung des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten die Zahlung gestoppt worden, wäre es nicht zu der Überzahlung gekommen. Es liege damit sicherlich insoweit ein atypischer Fall vor, unabhängig von der Jahresfrist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2007, den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 sowie den Bescheid vom 3. Januar 2003 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz (einschließlich die beigezogenen Vorakten S 2 RJ 3219/01 und L 5 AL 1690/04) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Kläger wendet sich u. a. gegen die Rückforderung von Rentenzahlungen in Höhe von noch 7.103,68 EUR.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 nicht vorliegen und die Beklagte weiter zu Recht auf Grund des Aufhebungsbescheides auch die zu Unrecht gezahlten Rentenbeträge zurückgefordert hat.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 sowie der Bescheid vom 3. Januar 2003. Der Bescheid vom 14. Oktober 2003 trifft zwei Regelungen: Erstens wird die beantragte Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 abgelehnt (Verfügungssatz Nr. 2) und zweitens macht die Beklagte für den Zeitraum 1. April 2000 bis 31. Januar 2003 die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Rentenzahlungen in Höhe von 11. 896,37 EUR geltend (Verfügungssatz Nr. 1). Der Kläger wendet sich auch im Verwaltungs- und Klageverfahren sowohl gegen die abgelehnte Rücknahme des Aufhebungsbescheides vom 3. Januar 2003 als auch die Rückforderung der überzahlten Rentenbeträge.
Damit ist richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Zieles die (isolierte) Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG.
Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid (hier den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003) selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Der gegenteiligen Auffassung, die eine Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungs- bzw Feststellungsklage verlangt (BSG (4. Senat) SozR 3-1300 § 44 Nr. 8 S. 19 sowie unveröffentlichtes Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R -; BSG (7. Senat) BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr. 7 S. 52; BSG (9. Senat) BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr. 18 S 43; Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2006, § 44 SGB X RdNr 16; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 54 RdNr 20c) vermochte der 2. Senat des BSG nicht zu folgen (BSG Urteil vom 5. September 2006 in SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 = BSGE 97; 54). Dass ein Verwaltungsakt nach Eintritt der Bindungswirkung nicht mehr vor Gericht angefochten, sondern nur noch im Zugunstenverfahren zurückgenommen werden kann und dass hierüber nach § 44 Abs 3 SGB X die zuständige Verwaltungsbehörde entscheidet, rechtfertigt nicht den Schluss, dass auch im Prozess über die Ablehnung des Zugunstenantrags die Rücknahmeentscheidung nicht vom Gericht ersetzt werden könne. Wäre es anders, käme eine mit dem Verpflichtungsantrag verbundene Leistungsklage - die auch von der Gegenmeinung für zulässig gehalten wird - aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Denn die Verwaltungsbehörde könnte nicht zur Leistung verurteilt werden, ehe der entgegenstehende bestandskräftige (Ausgangs-)Bescheid beseitigt wäre und solange nur die Behörde verpflichtet wäre, ihn zurückzunehmen. Richtigerweise kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (wie hier: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl. 2005, Kap IV RdNr. 76; Ulmer in: Hennig, SGG, Stand: 2006, § 54 RdNr. 106). Einer Vorlage an den Großen Senat nach § 41 SGG bedurfte es nach Auffassung des 2. Senates nicht, weil diese von anderen Senaten abweichende Beurteilung der richtigen Klageart nicht entscheidungserheblich sei (vgl BSG - GrS -, Beschluss vom 18. November 1980 - GS 3/79 - BSGE 51, 23 , 25 f = SozR 1500 § 42 Nr. 7 m.w.N.; BSG - GrS -, Beschluss vom 29. Mai 1984 - GS 1/82, GS 2/82, GS 3/82 - BSGE 57, 23, 26 = SozR 2200 § 1250 Nr. 20 S 26).
2. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist im übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2).
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Mai 2006, § 44 SGB X RdNr. 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2006, K § 44 RdNr. 1b). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29, Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 5; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr 17). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 27 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119 f; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 34; Vogelgesang, aaO, K § 44 RdNr. 18; Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 44 RdNr. 13).
Aus Entscheidungen des 9. und des 4. Senats des BSG (BSG vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr 33 und BSG vom 3. April 2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20), die in Anlehnung an die gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren (vgl §§ 578 ff der Zivilprozessordnung) oder an § 51 VwVfG ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere, ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) fordern, folgt nichts Anderes. Unabhängig von der Frage, inwieweit der aufgezeigten Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren gefolgt werden kann, ist aus Sicht des 2. Senates des BSG (Urteil vom 5. September 2006 den SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 = BSGE 97, 54) insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (ebenso BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 28 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119; Steinwedel, aaO, § 44 RdNr. 34).
Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 nach § 44 SGB X liegen jedenfalls insoweit nicht vor, als auf Grund dieses Verwaltungsaktes Sozialleistungen nicht zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Dabei ist durchaus zweifelhaft, ob § 44 Abs. 1 SGB X überhaupt anzuwenden ist, wenn durch den aufzuhebenden Verwaltungsakt ein leistungsbewilligender Verwaltungsakt zurückgenommen und die überzahlte Leistungen zurückgefordert worden, d. h. wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt selbst ein Aufhebungsverwaltungsakt ist (bejahend Schütze in von Wulffen SGB X, 6. Auflage 2008, Vor § 44 Rndr. 4 m.w.N., verneinend BSG im Urteil vom 16. Januar 1986 - 4b/9a RV 9/85). Der Wortlaut der Norm spricht eher dagegen, wobei auf der anderen Seite im Hinblick auf den Zweck des § 44 SGB X, der materiellen Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, diese Regelung auch entsprechend auf Aufhebungsverwaltungsakte grundsätzlich anzuwenden sein dürfte. Zumal dem Kläger mit dem Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 eine ursprünglich gewährte Sozialleistung (Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) entzogen wurde.
a.) Die Beklagte hat jedoch zu Recht die Aufhebungsentscheidung im Bescheid vom 3. Januar 2003 gem. § 44 Abs. 2 SGB X aufgehoben. Zwar handelt es sich primär bei der Bewilligung einer Sozialleistung (hier die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 17. Mai 2000) um einen begünstigenden Verwaltungsakt, wohingegen § 44 SGB X Anwendung nur bei nicht begünstigenden Verwaltungsakten findet. Ob ein Verwaltungsakt begünstigend oder nicht begünstigend ist (ob also eine Rücknahme nach § 45 oder § 44 SGB X zu erfolgen hat), richtet sich nach der gegenwärtigen subjektiven Sicht des Betroffenen (so auch BSGE 84, 281, 285 = SozR 3-2200 § 605 Nr. 1, einschränkend jedoch aaO 287 f; Steinwedel in Kasseler Kommentar § 44 SGB X Rdnr. 21). Hierfür bietet bereits der Wortlaut des Abs. 1 Satz 1 ("so weit sich ... ergibt") einen Anhalt. Zu berücksichtigen sind nicht nur die im Verwaltungsakt getroffenen Regelungen (wie hier z.B. die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit), sondern auch deren unmittelbare gesetzliche Folgen (z. B. der Ausschluss von Ansprüchen aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten, oder wie hier der Ausschluss anderer Sozialleistungen wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld). Dann aber kann eine ursprüngliche Begünstigung zur Belastung werden (so auch BSGE 50, 16 = SozR 5057 Art. 2 § 51a Nr. 36).
Da mit der Ausgangsentscheidung vom 17. Mai 2000 (Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) weder gem. § 44 Abs. 1 SGB X Sozialleistungen zu Unrecht versagt noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, hat die Beklagte daher ihre Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 44 Abs. 2 SGB X ("sonstiger rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt") gestützt. Auf dieser Rechtsgrundlage hat die Beklagte auch in nicht zu beanstandender Weise den Verwaltungsakt betreffend die Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente nicht nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen, sondern im Rahmen des ihr insoweit eingeräumten Ermessens auch für die Vergangenheit. Sie hat hierbei insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger zum einen sich bereits mit Schreiben vom 4. Juli 2000 gegen die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewandt hatte und zum anderen nachdem er anwaltlich vertreten war (daher eine fachkundige Abwägung der Vor- und Nachteile des Rentenbescheides erfolgt ist) auch in der Folgezeit weiterhin den rückwirkenden Wegfall der Rente begehrt hat, er deswegen sogar Klage zum Sozialgericht erhoben (vgl. Verfahren S 2 RJ 3219/01), also auch vom Kläger von Anfang an eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides begehrt wurde. Damit hat die Beklagte in ihrer Aufhebungsentscheidung alle Umstände, insbesondere den offenkundigen Willen des Klägers ausdrücklich mitberücksichtigt.
b.) Aber auch wenn man der Auffassung des Klägerbevollmächtigten folgen wollte, dass richtige Rechtsgrundlage für den Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 nicht § 44 Abs. 2 SGB X sondern § 45 SGB X sei, führt dies zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) rechtswidrig ist, darf er nach § 45 Abs. 1 SGB X, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann nach § 45 Abs. 3 Satz 3 bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe u. a. zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind. Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt nach § 45 Abs. 4 SGB V mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Bescheid vom 17. Mai 2000 war - was auch von Klägerseite nicht bestritten wird - von Anfang an rechtswidrig. Der Kläger kannte diese Rechtswidrigkeit auch von Anfang an. Denn er musste die Rechtswidrigkeit der erfolgten Leistungsbewilligung erkennen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Sollte er dies nicht erkannt haben, fällt ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 zweiter Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Maßgebend dafür ist die persönliche Einsichtsfähigkeit des Begünstigten, also ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab (ständige Rechtsprechung BSGE 35,108; BSG 44, 264, 273). Die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt danach, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42,184). Entscheidend sind die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen d. h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten (BSGE 42,184, zum Ganzen vgl. auch: BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R). Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wird, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene die Vorschrift nicht verstanden hat (BSGE 44,264). Grobe Fahrlässigkeit liegt in der Regel vor, wenn ein Versicherter wesentliche Tatsachen nicht mitteilt, obwohl er dazu verpflichtet und auch unmissverständlich darüber belehrt worden war. Auch entbindet es nicht von der Mitteilungspflicht und führt nicht zur Entlastung, wenn der Begünstigte den fraglichen Umstand als streitig erkannt und auf die Angabe wesentlicher Umstände dennoch verzichtet hat (vgl. etwa BSG SozR 3 - 5425 § 25 Nr. 15).
Der Kläger hat selbst bereits im Juli 2000 geltend gemacht, die Bewilligung der Rente sei falsch, denn sein Gesundheitszustand habe sich gebessert und er arbeite weiter wie bisher in Vollzeit. Er hat außerdem seit Mai 2001 anwaltlich - und damit sachkundig - vertreten weiterhin geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit nicht vorgelegen hätten bzw. vorliegen würden. Damit aber musste dem Kläger auch bei einfachsten und naheliegenden Überlegungen nicht nur klar sein, dass damit auch die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rechtswidrig ist, sondern dass er auch die erhaltenen Rentenzahlungen wieder zurückzahlen muss und keinen Anspruch darauf hat, diese behalten zu dürfen.
Soweit von Klägerseite eingewandt wird, es sei hier allerdings die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X nicht gewahrt, kann der Senat dem nicht folgen. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten hegt der Senat keine Zweifel daran, dass vorliegend die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten worden ist. Nach dieser Vorschrift muss die Behörde die rückwirkende Aufhebung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen vornehmen, welche die Rücknahme des rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Das Gesetz verlangt somit nach seinem klaren Wortlaut die Kenntnis der Tatsachen, das bedeutet die hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Rücknahmebescheides. Ein bloßer Verdacht reicht ebenso wenig aus wie ein "Kennen können" oder - selbst grob fahrlässiges - "Kennen müssen" (BSG SozR 3 - 1300 § 45 Nr. 2 Seite 13). Allenfalls das missbräuchliche "sich Verschließen" vor der Kenntnis kann der Kenntnis gleichgestellt werden. Hierfür besteht im vorliegenden Fall allerdings rein tatsächlich keinerlei Anlass. Wie aus den vorliegenden Verwaltungsakten hervorgeht, hatte die Beklagte bis August 2002 keine positive Kenntnis davon, dass der Kläger tatsächlich nicht erwerbsunfähig war. Nach den vorliegenden Gutachten von Dr. Ma. und Dr. M. konnte, durfte und musste letztlich die Beklagte von Erwerbsunfähigkeit beim Kläger ausgehen. Auch der Umstand, dass der Kläger tatsächlich weiterarbeitete stand dem für sich nicht entgegen. Denn zum einen konnte dies auch zu Lasten des Gesundheit gehen (was dem Versicherten nicht verboten ist) und zum anderen hatten gerade entsprechende Nachfragen nach dem Schreiben des Klägers vom Juli 2000 zum medizinischen Sachverhalt die Einschätzungen der Gutachter jedoch bestätigt. Das heißt aber, für die Beklagte lagen bis August 2002 gerade keine Tatsachen vor, die eine hinreichende Sicherheit für den Erlass eines Aufhebungsbescheides ergeben hätten. Erst nach einer vom Sozialgericht veranlassten nochmaligen Überprüfung hatte der medizinische Dienst der Beklagten im August 2002 festgestellt, dass Erwerbsunfähigkeit tatsächlich zu keinem Zeitpunkt beim Kläger vorgelegen hat. Das heißt aber weiter, erst ab diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte positive Kenntnis bezüglich aller eine Aufhebung der Bewilligung rechtfertigenden Tatsachen. Damit erfolgte die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 - entgegen der Auffassung der Klägerseite - sehr wohl innerhalb der Jahresfrist, die erst im August 2003 abgelaufen wäre.
Die Beklagte hat auch im Übrigen im Rahmen des ihr bei § 45 SGB X eingeräumten Ermessens alle bekannten Umstände, insbesondere den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger selbst sich von Anfang an gegen die Bewilligung wandte und im weiteren Verlauf auch mit anwaltlicher - und damit fachkundiger - Vertretung daran fest gehalten hatte, also auch in Kenntnis der Vor- und Nachteile einer solchen begehrten Aufhebungsentscheidung.
Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass auch wenn man als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 nicht § 44 Abs. 2 SGB X sondern § 45 SGB X heranzieht, die Entscheidung rechtmäßig erfolgt ist.
c.) Aber selbst wenn man mit dem Klägerbevollmächtigten der Auffassung sein sollte, die Jahresfrist sei von der Beklagten nicht gewahrt worden, verhilft auch dies dem Kläger nicht zum Erfolg. Denn jedenfalls ist ein Aufhebungsbescheid nicht bereits dann zurückzunehmen, wenn er wegen Verletzung der Gutglaubensvorschriften oder Fehlern beim Ausüben von Ermessen oder der Versäumung von Fristen zu Unrecht ergangen ist (Waschull in LPK - SGB X, 2004 § 44 Rdnr. 15, differenzierend Schütze a.a.O § 44 Rdnr. 17). Vielmehr muss den Betroffenen nach materiellem Recht die Leistung auch zugestanden haben (BSG-Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 -, LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 1994 - L 13 V 1814/93 sowie Beschluss vom 26. September 1995 - L 5 Ar 2276/94 -, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Januar 1995 - L 13 An 9/74 -, Waschull in LPK - SGB X 2004 § 44 Nr. 15, Schütze a.a.O). Denn § 44 SGB X begründet keinen Anspruch auf Wiedereinräumung nach materiellem Recht nicht zustehender Rechtspositionen, die unter Verstoß gegen vertrauensschützende Vorschriften bindend entzogen worden sind (differenzierend Schütze a.a.O, der die Rechtsprechung des 14. und 9. Senates des BSG für überzeugend hält, wonach nach § 44 SGB X ein bestandskräftiger Rücknahmebescheid zurückzunehmen sein könne, wenn der Leistungsempfänger auf den Fortbestand einer rechtswidrigen Leistungsbewilligung habe vertrauen dürfen (mit Hinweis auf BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O). Es ist nicht Aufgabe des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, dem Betroffenen mehr zu gewähren, als ihm nach materiellen Recht zusteht (BSG Urteil vom 22. März 1989 - 7 RAr 122/87 -, LSG Baden-Württemberg a.a.O, ähnlich LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O). Dies folgt aus dem Zweck von § 44 SGB X, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines unrichtigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten der letzteren zu lösen (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 30. August 1994 - L 13 V 14/93 - m.w.N., vgl. auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 26. September 1995 - L 5 Ar 2276/94 sowie LSG Nordrhein-Westfahlen Urteil vom 20. Januar 1995 - L 13 An 9/94).
Vor diesem Hintergrund käme es nicht darauf an, ob der Bescheid vom 3. Januar 2003 rechtswidrig ist, weil die Beklagte die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X unter Umständen nicht eingehalten hat, da der Kläger jedenfalls nach materiellem Recht zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte. Dies folgt schon - in Übereinstimmung auch mit dem SG - daraus, dass der Kläger während des Bewilligungszeitraumes im Wesentlichen durchgehend vollschichtig gearbeitet hat. Der tatsächlichen Berufsausübung kommt hier - darauf hat gerade auch der Kläger zu Recht hingewiesen - ein stärkerer Beweiswert zu als den medizinischen Befunden (Urteil des BSG vom 26. September 1975 - 12 RJ 208/74 -, vgl. auch Urteil vom 29. September 1980 - 4 RJ 121/79 -). Anzeichen dafür, dass der Kläger die Tätigkeit auf Kosten seiner Gesundheit ausgeübt hat, bestehen nicht. Darüber hinaus war das der Annahme der Erwerbsfähigkeit des Klägers entgegenstehende Gutachten von Dr. Ma. vom 12. Januar 2001, in dem er dem Kläger attestiert hatte, in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt gewesen zu sein, schon vor dem Hintergrund zweifelhaft, als Dr. Ma. offenkundig von falschen tatsächlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Arbeitstätigkeit des Klägers ausgegangen war und gerade maßgeblich auf diesen Umstand - dass er nämlich angenommen hat, der Kläger könne trotz entsprechender Motivation unter Berücksichtigung seiner Einschränkungen keinen neuen Arbeitsplatz mehr finden - Erwerbsunfähigkeit angenommen hat. Tatsache ist, dass der Kläger im April 2000 keineswegs seinen damaligen Arbeitsplatz verloren, sondern diesen vielmehr noch bis zum April 2001 inne hatte und die ganze Zeit über auch gearbeitet hatte. Schließlich haben auch der Kläger und sein Bevollmächtigter während des gesamten Verfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass er zu keinem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen sei, vielmehr diese Feststellung im Bescheid vom 17. Mai 2000 falsch sei. Die Beklagte hat nunmehr mit dem Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 nach nochmaliger Überprüfung durch ihren sozialmedizinischen Dienst sich dieser Einschätzung angeschlossen. Der Kläger behauptet auch nicht zwischenzeitlich im Verfahren hier, dass er nunmehr doch während der ganzen Zeit schon erwerbsunfähig gewesen sei.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, weshalb seiner Meinung nach § 45 SGB X die richtige Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 (und nicht § 44 SGB X, auf die letztlich die Beklagte ihre Entscheidung seinerzeit gestützt hatte) gewesen sei, die maßgeblichen Tatsachen aber von Anfang an der Beklagten bekannt gewesen seien und die Frist nach § 45 Abs. 4 SGB X zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes vom 3. Januar 2003 bereits abgelaufen gewesen sei, bräuchte dem hier schon gar nicht nachgegangen zu werden. Auf diese Frage käme es gerade nicht mehr an, da materiellrechtlich tatsächlich dem Kläger nie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die hier streitige Zeit zustand und insoweit die Aufhebungsentscheidung vom 3. Januar 2003 materiellrechtlich nicht zu beanstanden ist.
d.) Soweit der Klägerbevollmächtigte die Auffassung vertritt, die Beklagte sei im Bescheid vom 14. Oktober 2003 in eine Prüfung des Bescheides vom 3. Januar 2003 und der Frage, was richtige Rechtsgrundlage gewesen sei, eingetreten und habe damit auch die Bestandskraft des Bescheides vom 3. Januar 2003 durchbrochen, kann der Senat dem nicht folgen. Das Verfahren nach § 44 SGB X gibt die Möglichkeit, die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes zu durchbrechen, sofern dies notwendig ist, um der materiellen Gerechtigkeit zum Durchbruch zu helfen. Dazu prüft die betroffene Behörde den zugrundeliegenden Sachverhalt bzw. die maßgeblichen Rechtsnormen. Dies hat die Beklagte im Bescheid vom 14. Oktober 2003 getan, sie ist allerdings letztlich zum Ergebnis gelangt, dass der Aufhebungsbescheid vom 3. Januar 2003 rechtens sei (insbesondere die Voraussetzungen nach § 44 SGB X erfüllt gewesen wären bzw. auch innerhalb der maßgeblichen Frist nach § 45 Abs. 4 SGB X ergangen wäre und die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 45 SGB X vorgelegen hätten). Damit aber hat die Beklagte gerade nicht in die Bestandskraft des Bescheides vom 3. Januar 2003 eingegriffen, sie hat vielmehr die Bestandskraft bestätigt und daran festgehalten.
3. Da die Beklagte also zu Recht die Rücknahme des Bescheides vom 3. Januar 2003 abgelehnt hat, ist dieser weiterhin wirksam und bestandskräftig. Danach ist rückwirkend für den Zeitraum ab 1. April 2000 die dem Kläger ursprünglich bewilligte (und bis zum 31. März 2003 ausgezahlte) Erwerbsunfähigkeitsrente aufgehoben worden.
Gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Für die Beurteilung des Rückerstattungsbescheides kommt es nicht (mehr) auf die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides an. Ausreichend ist seine Wirksamkeit (BSG Urteil vom 17. Januar 1991 - 7 RAr 72/90, Urteil vom 7. August 1991 - 10 RKg 3/91, Steinwedel in Kasseler Kommentar § 50 SGB X Rdnr. 11, Schütze in von Wulffen SGB X 6. Auflage 2008 § 50 Rdnr. 18, ebenso für § 49 a Verwaltungsverfahrensgesetz Kopp/Ramsauer Verwaltungsverfahrensgesetz 9. Auflage 2005 § 49 a Rndr. 7 a., a.A. Waschull in LPK-SGB X 2004 § 50 Rdnr. 24). Ist eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung nämlich unanfechtbar und bindend geworden, so können die für die Aufhebung rechtserheblichen Fragen nicht bei der Rechtmäßigkeit nach § 50 Abs. 1 SGB X erneut geprüft werden (BSG Urteil vom 7. August 1991 - 10 RKg 3/91, Urteil vom 22. April 1987 - 10 RKg 16/85, Steinwedel a.a.O. Rndr. 11). Rechtserheblich für die Entscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X sind daher nur solche Umstände, die die Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruches selbst betreffen (BSG Urteil vom 7. August 1991). Solche Umstände, die die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides in Frage stellen, sind aber nicht ersichtlich.
Insbesondere ist hier auch entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nicht gem. § 50 Abs. 2 SGB X nochmals eine Ermessensausübung entsprechend den §§ 45, 48 SGB X durchzuführen. Diese Regelung betrifft nur die Fälle, soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht wurden. Dann ist die eigentlich im Vorfeld bei der Aufhebungsentscheidung vorgesehene Vertrauensprüfung und Ermessensausübung in das Verfahren der Festsetzung der zu erstattenden Leistungen einbezogen. Da aber hier der Festsetzung des Rückforderungsbetrages ein Aufhebungsbescheid, nämlich der bestandskräftige vom 3. Januar 2003, vorangegangen ist, bedarf es dieser Prüfung nicht mehr.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2007 zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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