L 11 R 152/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1605/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 152/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit ist, ob der Kläger als freiberuflich tätiger Englischlehrer in der Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.

Der 1950 geborene Kläger, britischer Staatsangehöriger, ist seit Dezember 1988 in der Bundesrepublik Deutschland als freiberuflicher Englischlehrer tätig. Auftraggeber sind Fachhochschulen, Hochschulen, private Sprachschulen u.a., mit denen der Kläger Honorar- bzw. Lehraufträge abschließt.

Mit Bescheid vom 25. Februar 1999/Widerspruchsbescheid vom 25. November 1999 hatte die als Einzugsstelle zuständige AOK B.-W. Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund einer Lehrtätigkeit als Sprachlehrer des "i. Sprachzentrums" in O. (Vertrag über freie Mitarbeit vom 9. September 1994) festgestellt. In dem deswegen vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) geführten Klageverfahren (S 11 KR 3825/99), zu dem der Kläger beigeladen war, wurde der Bescheid mit Urteil vom 16. Mai 2002 aufgehoben, da die für eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechenden Merkmale eindeutig überwogen hätten.

Am 26. September 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige, die aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit am 31. Dezember 1998 der Versicherungspflicht unterlagen und vor dem 10. Dezember 1998 eine anderweitige Altersvorsorge getroffen hatten. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 11. April 2003/Widerspruchsbescheid vom 9. März 2004 ab, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass er vor dem 10. Dezember 1998 eine ausreichende anderweitige Altersvorsorge getroffen habe. Seine Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 19. August 2005 (S 11 R 1206/04) nahm der Kläger zurück (L 5 R 3924/05).

Mit Schreiben vom 29. Mai 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach ihren Feststellungen sei er aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit als Englischlehrer ab 1. Dezember 1988 versicherungspflichtig. Die Beiträge vom 1. Dezember 1988 bis 30. November 2001 seien gemäß § 25 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch (SGB IV) verjährt. Die Beklagte unterrichtete den Kläger weiter über die Höhe der Regelbeiträge und anderweitige Möglichkeiten der Beitragsberechnung. Dem Kläger wurde ein Fragebogen zwecks weiterer Angaben zur Beitragszahlung übersandt. Darin gab der Kläger an, er arbeite als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Arbeitgebern, z.B. Fachhochschulen, private Sprachschulen. Er sei für die Fachhochschulen O. und K. sowie das I. Sprachzentrum tätig. Der Kläger bejahte, dass bereits durch eine Krankenkasse für diese Tätigkeit festgestellt worden sei, dass er nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe, und beantragte bei bestehender Versicherungspflicht eine einkommensgerechte Beitragsbemessung nach seinem Arbeitseinkommen von ca. 12.000 bis 14.000,- EUR jährlich, höchstens bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Der Kläger fügte Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2000 (20.750,- DM), 2001 (26.747,- DM), 2002 (15.084,- EUR), 2003 (12.087,- EUR), 2004 (13.292,- EUR) und 2005 (14.489,- EUR), Lehraufträge der Hochschule O. vom 13. September 2005 und der Fachhochschule K. vom 11. Oktober 2005, eine ab 1. Januar 2003 gültige Honorarvereinbarung mit dem I. Sprachzentrum sowie den Beitragsbescheid der AOK B.-W. vom 10. März 2005 bei.

Mit Bescheid vom 1. November 2006 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Lehrer in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 2 SGB VI seien selbständige Lehrer, Erzieher und Pflegepersonen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten. In der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. November 2001 habe zwar Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI bestanden, die Beiträge für diese Zeit seien jedoch nach § 25 SGB IV verjährt. Die Beiträge ab dem 1. Dezember 2001 seien noch nicht verjährt und noch zu zahlen.

Mit weiterem Bescheid vom 1. November 2006 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers ab 1. Dezember 1988 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI fest. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit. Ein Verzicht, d.h. ein freiwilliges Ausscheiden aus der Versicherungspflicht sei nicht möglich. Die Versicherungspflicht ende mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht wegfielen. Die Höhe des Monatsbeitrags und der bisher fälligen Beiträge seien der als Anlage beigefügten Beitragsrechnung zu entnehmen. Darin sind Beiträge in folgender Höhe ausgewiesen: 331,29 DM ab 1. Dezember 2001, 173,59 EUR ab 1. Januar 2002, 222,02 EUR ab 1. September 2002, 230,09 EUR ab 1. Januar 2003, 251,24 EUR ab 1. September 2003, 251,98 EUR ab 1. September 2003, 197,75 EUR ab 1. September 2004, 200,70 EUR ab 1. Januar 2005, 217,03 EUR ab 1. September 2005, 217,81 EUR ab 1. Januar 2006 und 233,33 EUR ab 1. Juli 2006. Insgesamt beläuft sich die Summe der Forderung bis 30. November 2006 auf 13.045,94 EUR.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, die Berufsbezeichnung "selbständiger Lehrer" treffe für ihn nicht zu. Er sei Freiberufler und arbeite als freier Mitarbeiter für verschiedene Auftraggeber. Alle Arbeitgeber bestimmten allein über seinen jeweiligen Stundenlohn, bereits aus diesem Grund sei er nicht selbständig tätig. Daher seien auch die Forderungen im Ganzen nicht berechtigt.

Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 unter Hinweis auf das Urteil des SG vom 16. Mai 2002, dass er als selbständig tätiger Sprachlehrer kraft Gesetzes der Versicherungspflicht unterliege. Die Vorschrift des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erfasse alle Selbständigen, soweit ihre Tätigkeit der Art nach darin bestehe, anderen Unterricht zu erteilen. Sie stelle nicht darauf ab, auf welchen Gebieten Wissen und Kenntnisse vermittelt würden, auf welche Weise der Lehrer seine Kenntnisse und die Lehrtätigkeit erworben habe oder wie er den Wissensstoff anderen vermittle. Der Kläger übe als freier Mitarbeiter eine Lehrtätigkeit aus und sei demnach als selbständiger Sprachlehrer rentenrechtlich beurteilt worden.

Der Kläger wandte dagegen ein, das Urteil vom 16. Mai 2002 habe bewiesen, dass er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum I. Sprachzentrum stehe. Es habe nicht bewiesen, ob er ein selbständiger Englischlehrer sei. Er arbeite nicht wie ein Rechtsanwalt, der sein eigenes Honorar bestimme, sondern wie ein freiberuflicher Journalist, der als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Arbeitgebern arbeite und dessen Gehalt ausschließlich von seinem Arbeitgeber bestimmt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil er als freier Mitarbeiter eine Lehrtätigkeit ausübe und demnach als selbständiger Sprachlehrer rentenrechtlich beurteilt worden sei. Aufgrund der Verjährung beginne die Beitragspflicht erst ab dem 1. Dezember 2001.

Mit seiner dagegen am 19. März 2007 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bisher habe er von der Beklagten keine klare Definition von "Selbständigkeit" erhalten. Die Beklagte scheine entweder unfähig oder unwillig, eine klare Definition zu geben, weil sie nur die Arbeitsbedingungen in Betracht gezogen habe. Die kritische Frage der Vergütung habe sie ignoriert. Überdies gehe sie davon aus, wenn man nicht beschäftigt sei, müsse man selbständig sein. Das Argument sei irreführend, weil es den verschiedenen Formen von beruflicher Tätigkeit nicht entspreche. Er sei Freiberufler und arbeite als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Auftraggebern. Nicht er, sondern seine Auftraggeber bestimmten seine Vergütung. Dies sei ein klares Merkmal dafür, dass er nicht selbständig tätig sei. Er setze kein eigenes Kapital, sondern nur seine Arbeitskraft als freier Mitarbeiter ein. Die Verfügungsmöglichkeit über seine eigene Arbeitskraft sei stark begrenzt, auch könne er die Arbeitszeit nicht wesentlich selbst bestimmen, da er sich in den Stundenplan einfügen müsse. Er sei nicht frei, seine Tätigkeit so zu gestalten, wie er wolle. Er müsse die Wünsche seiner Auftraggeber berücksichtigen und könne nicht unterrichten, was er wolle.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien selbständig Tätige alle Personen, die mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft oder in einem Gewerbebetrieb oder eine sonstige, insbesondere freiberufliche Arbeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausübten. Zu den selbständig Tätigen gehörten somit u.a. Gewerbetreibende und Freiberufler. Zur freiberuflichen Tätigkeit gehörten u.a. die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erziehende Tätigkeit. Der Kläger habe in seinem Widerspruch bekräftigt, freiberuflich unterrichtend tätig zu sein. Er sei demzufolge zweifelsfrei selbständig erwerbstätig im Sinne von § 2 SGB VI. Der Kläger habe selbst am 26. September 2001 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige, die aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit am 31.12.1998 der Versicherungspflicht unterlagen, gestellt. Aus dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres 1998 gehe hervor, dass der Kläger Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. Dezember 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine Tätigkeit zu Unrecht als freiberufliche und damit selbständige Tätigkeit bewerte. Auch wenn die Auftraggeber die Höhe der Vergütung maßgeblich vorgäben, so überwögen doch die für freiberufliche Tätigkeit sprechenden Merkmale. Die freie Aushandelbarkeit der Vergütung Selbständiger unterliege stets den durch die Marktsituation, insbesondere die Angebots- oder Nachfragesituation vorgegebenen Einschränkungen. Wie sich aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Sprachschule im Klageverfahren S 11 KR 3825/99 ergebe, habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, ihm angebotene Aufträge abzulehnen. Er habe deshalb auch, wie er im Termin zur mündlichen Verhandlung im Klageverfahren S 11 KR 3825/99 ausweislich der Niederschrift erklärt habe, Aufträge abgelehnt. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Unterrichtstätigkeit unterliege er keinen Weisungen. Seine Tätigkeit unterscheide sich wesentlich von der der angestellten Mitarbeiter der Sprachschule. Von einer Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers könne nicht ausgegangen werden. Der Kläger habe auch ein Unternehmerrisiko zu tragen, weil er für den Fall des Ausbleibens von Aufträgen, der Erkrankung und sonstiger Verhinderungen keine Vergütung beanspruchen könne. Da auch hinsichtlich der Lehraufträge an der Hochschule O. und der Fachhochschule K. keine Umstände ersichtlich seien, die gegen die vom Kläger mitgeteilte Freiberuflichkeit sprächen, sei die Annahme im angefochtenen Bescheid, der Kläger über die Tätigkeit als Lehrer selbständig aus, nicht zu beanstanden.

Dagegen richtet sich die vom Kläger am 10. Januar 2008 eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Die Tatsache, dass er als Ausländer voraussichtlich nach England zurückkehre und nach dortigen Maßstäben hinreichend Vorsorge für das Alter getroffen habe, sei ebenso wenig berücksichtigt worden wie seine konkrete wirtschaftliche Situation. Die Festsetzung der Beiträge ohne Prüfung der Voraussetzungen einer Stundung, einer Niederschlagung oder eines Erlasses von Beitragsforderungen im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV (richtig § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV) sei rechtswidrig, da eine solche Anwendung der Vorschrift nicht den Vorgaben in der Verfassung Rechnung trage. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2007 (1 BvR 2204/00 und 1 BvR 1355/03) festgestellt, dass eine Anwendung der Regelungen des § 2 SGB VI nur dann den Vorschriften der Verfassung entspreche, wenn gleichzeitig auch die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV geprüft würden. Die Anwendung der gesetzlichen Regelung in § 2 SGB VI auf seine Verhältnisse führe zu grob ungerechten Ergebnissen und sei auch mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Die EU garantiere jedem Bürger ein Recht zur Grenzüberschreitung (Freizügigkeit) und einen Schutz gegen Ungleichbehandlung wegen der Staatsangehörigkeit (Diskriminierungsgebot). Es solle auch keine überflüssigen Doppelversicherungen und keine ungerechtfertigte Häufung von Sozialleistungen aus mehreren EU-Staaten geben, wovon in seinem Fall aber auszugehen sei, da er in England über eine entsprechende Altersvorsorge verfüge.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Dezember 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, streitgegenständlich sei allein die Frage der Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Lehrer nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Inwieweit die Frage der wirtschaftlichen Situation des Klägers und die Frage einer Stundung, Niederschlagung oder eines Erlasses von Bedeutung sein sollte, könne nicht erkannt werden. Bevor diese Frage überhaupt relevant werden könne, sei denknotwendigerweise die Frage zu beantworten, ob Versicherungspflicht vorliege. Mit dem zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei im Übrigen die Frage der Rentenversicherungspflicht von selbständigen Lehrern und die für einen begrenzten Zeitraum bestandene Möglichkeit, auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit zu werden, nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger noch das Merkblatt für Lehraufträge der Hochschule O., einen Lehrauftrag der Hochschule K. vom 13. März 2009, eine Abrechnung vom 3. Februar 2009, einen Honorarvertrag mit der Deutschen Angestellten Akademie GmbH F./Nebenstelle O. vom 15. Dezember 2008 und Abrechnungen vom 30. Januar 2009, 27. Februar 2009 und 6. März 2009 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Vorakten des SG (S 11 KR 3825/99) und des LSG (L 5 R 3924/05), die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, die keiner Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Streitgegenstand ist allein, ob der Kläger als freiberuflicher Englischlehrer der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI unterliegt und die von der Beklagten ermittelten Beiträge ab 1. Dezember 2001 zu zahlen hat. Die Berücksichtigung der persönlichen Situation des Klägers insbesondere im Rahmen der Prüfung einer Stundung, eines Erlasses oder Niederschlagung der Beiträge ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da hierüber weder die Beklagte noch das SG entschieden haben. Der Tatbestand und die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts über die Festsetzung der Beitragsforderung ist streng von denen einer Maßnahme gemäß § 76 SGB IV zu unterscheiden. Mit der gebundenen Grundentscheidung wird festgelegt, was im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der spezialgesetzlichen Regelung rechtens sein soll. Die Ermessensnorm des § 76 Abs 2 SGB IV betrifft dagegen den Vollzug des Verwaltungsaktes; sie ermöglicht eine Ausnahmeentscheidung darüber, ob von dem Grundsatz, dass Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind (§ 76 Abs 1 SGB IV), aus Billigkeitsgründen vorübergehend oder endgültig Abstand genommen wird. Eine Stundung, die die Fälligkeit eines Anspruchs hinausschiebt, und ein Erlass, der den Anspruch zum Erlöschen bringt, setzen schon begriffsnotwendig voraus, dass vorher überhaupt ein entsprechender Anspruch entstanden ist (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1991, 13/5 RJ 36/90, SozR 3-2400 § 76 Nr 19).

Für die Feststellung der Versicherungspflicht Selbständiger und die Befreiung von derselben ist die Beklagte und nicht die Einzugsstelle zuständig. Letztere ist bei der Beitragsentrichtung der versicherungspflichtigen Selbständigen nicht beteiligt (§§ 134, 190 a, 173 Satz 1 SGB VI).

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sind selbständig tätige Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig. Lehrer in diesem Sinne sind Personen, die durch Erteilung von theoretischem oder praktischem Unterricht anderen Allgemeinbildung oder spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, § 2 SGB VI Rdnr. 8, BSG, Urteil vom 12.10.2000 - B 12 RA 2/99 R -). Es ist unbeachtlich, ob selbständige Lehrer ihre Erwerbstätigkeit innerhalb eines eigenen Betriebs ausüben oder nicht, § 2 Nr. 1 SGB VI verlangt auch nicht, dass der Lehrer über eine pädagogische Ausbildung verfügt. Die Vorschrift erfasst vielmehr alle Selbständigen, soweit ihre Tätigkeit der Art nach darin besteht, anderen Unterricht zu erteilen und stellt nicht darauf ab, auf welchen Gebieten Wissen und Kenntnisse vermittelt werden, auf welche Weise der Lehrer seine Kenntnisse und die Lehrfähigkeit erworben hat oder wie er den Wissensstoff anderen vermittelt (vgl. BSG a.a.O).

Der Kläger ist Lehrer in diesem Sinne, denn er vermittelt Teilnehmern an Vorlesungen bzw. Kursen spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten in der englischen Sprache. Als solcher ist er nicht abhängig beschäftigt, sondern freiberuflich selbständig tätig. Er übte und übt seine Tätigkeit für verschiedene Bildungszentren aus, nämlich für das I.-Sprachzentrum in K., die Fachhochschule bzw. die Hochschule K., die Hochschule O. und die Deutsche Angestellten-Akademie. Mit diesen Auftraggebern hat der Kläger Verträge über Lehrverpflichtungen bzw. Honorarverträge abgeschlossen. Er beschäftigt im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, auch ist er - zumindest was den Zeitraum der Beitragsforderungen betrifft - mehr als in geringfügigem Umfang im Sinne des § 8 Abs. 1 und 3 SGB VI tätig und somit nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungsfrei gewesen.

Die Gesetzgebung zur Sozialversicherung selbst anerkennt, dass der Beruf eines Lehrers sowohl in Form abhängiger Beschäftigung als auch in Form selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden kann. Demgemäß sind in der Rechtsprechung Lehrer je nach den Umständen des Einzelfalles als selbständig Tätige (vgl. z.B. BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 5 Seite 30 m.w.N.; BSG SozR 2200 § 166 Nr. 5: Volkshochschuldozentin; SozR 2200 § 165 Nr. 45 Lehrbeauftragter an einer Fachhochschule; SozR 2200 § 165 Nr. 61: Lehrbeauftragter an einer Universität) oder als abhängige Beschäftigte angesehen worden (vgl. z.B. BSG SozR Nr. 1 zu § 166 RVO: Musiklehrerin an einer pädagogischen Hochschule).

Der Kläger selbst bezeichnet sich als freiberuflich, wendet sich jedoch gegen die Zuordnung als selbständig tätiger Lehrer. Die Bezeichnung "freiberuflich" sagt indes für sich allein nichts darüber aus, ob eine Tätigkeit selbständig oder abhängig ausgeübt wird. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr.7, und Urteil vom 4. Juli 2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8 setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung.

Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in zahlreichen Entscheidungen mit der Frage befasst, ob Lehrer und Dozenten Selbständige oder Arbeitnehmer sind. Es hat entscheidend darauf abgestellt, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann. Für Lehrkräfte außerhalb von Universitäten und Hochschulen hat das BAG diese Grundsätze wie folgt konkretisiert: Diejenigen, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, sind in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn sie ihren Unterricht nebenberuflich erteilen (vgl. z.B. BAG AP Nr. 133 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten - Dozent an einer technischen Akademie -; BAG Urteil vom 11. Oktober 2000 - 5 AZR 289/99 - Dozent an einer Volkshochschule mit dem Fach "Deutsch als Fremdsprache").

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien haben das SG und die Beklagte zutreffend entschieden, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Sprachlehrer im Fach Englisch bzw. Verwaltungsenglisch oder Wirtschaftsenglisch nicht abhängig beschäftigt war und ist. Der Kläger hat im Berufungsverfahren insoweit nichts vorgetragen, was zu einer anderen Beurteilung veranlassen könnte. Mit der I.-Sprachzentrum GmbH hatte der Kläger einen Vertrag über freie Mitarbeit ab 9. September 1994 geschlossen (Bl. 25 f. SG-Akte S 11 KR 3825/99). Darin war u.a. geregelt, dass der Kläger bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben keinen Weisungen der Firma unterliegt und selbst auch keine Weisungsbefugnis gegenüber deren Angestellten hat, jedoch die organisatorischen Rahmenbedingungen der Firma akzeptieren muss. Der Kläger erhält von der Firma leihweise das benötigte Unterrichtsmaterial und verpflichtet sich zur Rückgabe. Im Übrigen ist der Kläger bei seiner Tätigkeit in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei, er darf auch für andere Unternehmen tätig sein, hat jedoch hierbei den nach diesem Vertrag obliegenden Aufgaben den gebührenden Rang einzuräumen. Die Leistungen des Klägers für I. wurden durch ein Stundenhonorar abgegolten. Der Vertragsbezeichnung kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R -). Der Kläger trägt damit ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko, weil der Umfang seiner Tätigkeit auch die Höhe der Vergütung bestimmt. Bei einer Reduzierung der Kurse trägt der Kläger das Risiko. Die vom Kläger erstellten Honorarabrechnungen mit im Einzelnen festgelegten Leistungen entsprechen dieser vertraglichen Gestaltung. Ausweislich der Niederschrift vom 16. Mai 2002 im Verfahren S 11 KR 3825/99 gab der Kläger selbst an, dass er die Verfügbarkeitszeiten dem Sprachzentrum nicht mitteilen musste und auch völlig frei war in der Entscheidung, ob er Zwischentests durchführe oder nicht. Er gab weiter an, dass er auch schon einen Kurs abgelehnt habe, weil er einen anderen, besser bezahlten bei einem anderen Auftraggeber durchgeführt habe. Er sei nicht gezwungen gewesen, einen Kurs durchzuführen, auch dann nicht, wenn er seine Verfügbarkeitszeiten abgegeben habe. Von der Möglichkeit, in ein Anstellungsverhältnis zu wechseln, habe er wegen des Vorteils als freier Mitarbeiter einen angebotenen Kurs auch ablehnen zu können, nicht Gebrauch gemacht (Bl. 104 SG-Akte). Dass der Kläger hinsichtlich Zeit, Ort und äußerem Rahmen seiner Tätigkeit bestimmten Bedingungen des I.-Sprachzentrums unterlag, kann die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht begründen. Die Vorgabe bestimmter allgemeiner äußerer Umstände einer Tätigkeit schließt ihre Selbständigkeit grundsätzlich nicht aus. Andere zeitlich begrenzte und klar definierte Aufgaben wie z.B. die Teilnahme an Lehrerkonferenzen wurden gesondert vergütet. Hierdurch wurde der Kläger nicht wie ein Lehrer an allgemeinbildenden Schulen derart in den Bildungsbetrieb eingegliedert, dass von einer persönlichen Abhängigkeit in Gestalt einer Weisungsunterworfenheit unter das Direktionsrecht eines Arbeitgebers gesprochen werden könnte. Dass das Honorar im Wesentlichen vom Auftraggeber bestimmt wurde, ist kein entscheidendes Merkmal für eine Abhängigkeit, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Insgesamt sprechen vorliegend jedenfalls mehr Indizien für eine selbständige Tätigkeit.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vorliegenden Lehraufträgen der Hochschule O., der Hochschule für öffentliche Verwaltung K. und dem Honorarvertrag des Klägers mit der Deutschen Angestellten-Akademie GmbH. Darin werden der Vertragsbeginn und das Vertragsende bzw. die vom Lehrauftrag umfassten Arbeiten beschrieben und die Stundenzahl sowie der Anspruch auf Vergütung festgelegt. Dass auch hier bestimmte Rahmenbedingungen festgelegt sind, kann - wie oben ausgeführt - die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht begründen. Insbesondere lässt sich eine Weisungsgebundenheit des Klägers im Sinne von Einzelanordnungen nicht erkennen. Regeln und Normen, die die Grenzen der Handlungsfreiheit mehr in generell-abstrakter Weise umschreiben, genügen nicht. Auch die grundsätzliche Verpflichtung für alle Lehrenden der Hochschule K., den Unterricht evaluieren zu lassen, lässt nicht auf eine Weisungsgebundenheit schließen. In dem Honorarvertrag mit der Deutschen Angestellten-Akademie heißt es unter Ziffer 2 im Übrigen ausdrücklich: Umfang und Lage der Tätigkeitszeiten sowie der Tätigkeitsort ist zwischen den Vertragspartnern bei bzw. vor Vertragsschluss einvernehmlich vereinbart worden. Etwaige Änderungen und Verlegungen werden ausschließlich einvernehmlich vorgenommen; eine entsprechende Weisungsgebundenheit des freien Mitarbeiters besteht nicht. Unter Ziffer 8 ist geregelt, dass die Auftraggeberin dem freien Mitarbeiter keine methodischen und/oder didaktischen Anweisungen erteilt; Letzterer ist nicht weisungsgebunden. Es besteht keine Verpflichtung, Vertretungsstunden zu erteilen. Bestimmungen über Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Umfang des zustehenden Jahresurlaubs gibt es nicht. Dieser Vertragsgestaltung entsprechen die vom Kläger vorgelegten Einzelnachweise. Der Kläger trägt damit auch hier ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko, weil der Umfang seiner Tätigkeit und seine Arbeitskraft die Höhe der Vergütung mitbestimmt.

All dies zeigt auf, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers als Lehrer nicht um eine abhängige Beschäftigung, sondern vielmehr um eine selbständige Tätigkeit handelt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Vorschrift des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auch nicht auf Lehrer zu begrenzen, die über keine ausreichende sonstige Altersvorsorgung verfügen. Eine derartige Begrenzung findet sich im Gesetz nicht.

Die weite Auslegung des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Anordnung der Versicherungspflicht für selbständige Lehrer in der Rentenversicherung verletzt weder das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit noch verstößt es gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz oder das europarechtliche Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 12.10.2000 - B 12 RA 2/99 SozR 3-2600 § 2 Nr 5). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an und verweist auf die überzeugende Begründung dieser Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Parallelentscheidung des BSG - B 12 RA 4/00 R - wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 26.06.2007 - 1 BvR 2204/00 SozR 4-2600 § 2 Nr 10). Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verletzung von Verfassungsrechten ausdrücklich verneint und entgegen dem Vorbringen des Klägers auch keine Prüfung der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV damit verknüpft.

Im Ergebnis ist daher die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Gegen die Höhe der Beitragsforderung hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben, Fehler der Beklagten sind insoweit für den Senat auch nicht ersichtlich.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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