L 5 AS 285/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 AS 1498/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 285/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eheähnliche Gemeinschaft
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Juli 2009 wird klarstellend wie folgt neugefasst:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig vom 4. Juni 2009 an bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 30. September 2009, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 630,93 EUR für Juni 2009 und im Übrigen in Höhe von 709,03 EUR monatlich zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Höhe der dem Antragsteller und Beschwerdegegner zustehenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Streitig ist, ob zwischen dem Antragsteller und seiner Mitbewohnerin Frau B. S. (im Folgenden: Zeugin) eine Bedarfsgemeinschaft besteht. Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin geht – anders als das Sozialgericht Magdeburg (SG) – davon aus, dass es sich um eine eheähnliche Gemeinschaft handele.

Der im Jahr 1962 geborene Antragsteller lebt seit dem 1. November 2007 mit seinem im Jahr 1984 geborenen Sohn und der Zeugin in einer 6-Zimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 175 m². Der Sohn ist aufgrund einer geistigen Behinderung als schwerbehinderter Mensch anerkannt und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Weiter bezieht er das Kindergeld iHv 164,00 EUR/Monat sowie ergänzende Leistungen der Grundsicherung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII).

Mieter sind nach dem Mietvertrag vom 3. Oktober 2007 der Antragsteller und die Zeugin. Die Gesamtmiete für die Wohnung beträgt 655,40 EUR (Grundmiete 550,00 EUR und Betriebskostenvorauszahlung 105,40 EUR). Aufwendungen für Heizung und Warmwasserbereitung fallen nicht an. Ausweislich eines Schreiben des Vermieters vom 8. Mai 2009 bestanden für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2009 Mietrückstände i.H.v. 2.231,60 EUR. Einen 9 m² großen Raum nutzt der Antragsteller nach seinen Angaben für die selbstständige Tätigkeit. Auf der Grundlage eines zwischen der Zeugin und dem Antragsteller geschlossenen Untermietvertrags vom 30. Oktober 2007 hat sie für zwei der Zimmer mit einer Gesamtwohnfläche von 46,40 m² sowie für die Mitbenutzung von Küche, Bad, Garage und Garten eine monatliche Miete iHv 250,00 EUR in bar sowie weitere 25,00 EUR für Wasser, Strom und Müllentsorgung zu zahlen.

Der Antragsteller beantragte am 13. März 2009 Leistungen nach dem SGB II und gab an, mit seinem Sohn in einer Bedarfsgemeinschaft sowie mit einer Untermieterin in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. Er sei selbstständig tätig, von der Rentenversicherungspflicht befreit und sei bisher nicht krankenversichert gewesen. Im Zeitraum von März bis August 2009 werde er voraussichtlich keine Einnahmen bei voraussichtlichen Ausgaben in Höhe von 8.094,00 EUR haben. Er zahle keine Beiträge für eine geförderte Altersvorsorge nach § 82 Einkommensteuergesetz (EStG). Ausweislich einer Bestätigung der A. Lebensversicherungs-AG hat der Antragsteller im Jahr 2008 einen Gesamtbeitrag von 600,00 EUR für eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG als sog. Rürup-Rente berücksichtigungsfähige "Basisrente" gezahlt. Nach seinen Angaben besitzt er kein eigenes Girokonto, sondern wickelt die Geldgeschäfte über das Girokonto seines Sohns ab.

Der Antragsteller, der nach seinen Angaben keine Fahrerlaubnis hat, gab ferner an, einen Pkw Ford Mondeo des Baujahrs 1995 mit dem amtlichen Kennzeichen - zu besitzen. Eigentümerin und Versicherungsnehmerin sei die Zeugin. Er hat eine mit ihr abgeschlossene Nutzungsvereinbarung vorgelegt, nach der die Firma T. E. (Ast.) verpflichtet ist, die anfallenden Kosten (Kfz-Versicherung und -steuern) zu tragen.

Am 2. April 2009 stellte auch die seit dem 6. August 2002 geschiedene Zeugin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Sie arbeite als Innen- und Unterhaltsreinigerin und erhalte derzeit Krankengeld. Sie sei Eigentümerin eines Pkw Ford Ka mit dem amtlichen Kennzeichen -G -. Für eine nach § 82 EStG geförderte Altersvorsorge bezahle sie monatlich 20,00 EUR. Ausweislich der vom Antragsteller ausgestellten Mietbescheinigung vom 17. April 2009 sei eine monatliche Kaltmiete von 225,00 EUR zuzüglich 25,00 EUR Nebenkosten vereinbart. Dazu legte die Zeugin fünf Quittungen über die Barzahlung der Miete iHv jeweils 250,00 EUR für die Monate Oktober 2008 bis Februar 2009 vor.

Am 14. Mai 2009 erfolgte auf Veranlassung der Antragsgegnerin ein unangemeldeter Hausbesuch. Dabei erklärten der Antragsteller und die Zeugin, sie seien eine reine Wohngemeinschaft. Er arbeite im Normalfall auf Montage und habe jemanden gebraucht, der sich in seiner Abwesenheit um den Sohn kümmere. Sie würden sich bereits seit vielen Jahren kennen und hätten schon gemeinsam in Z. und F. gewohnt. Die Zeugin habe alle Vollmachten, um den Sohn versorgen zu können. Für den Einkauf von dessen Verpflegung erhalte sie Geld vom Antragsteller. Im Übrigen wirtschafte jeder eigenständig; es erfolge keine finanzielle Unterstützung. Die Wäsche werde in zwei Waschmaschinen separat gewaschen. Die Zeugin erklärte, sie habe eine Beziehung zu einem anderen Mann, wolle jedoch nicht mit ihm zusammen wohnen. Die Wohnungsbesichtigung habe ergeben, dass zwei Räume der Wohnung für die Benutzung durch die Zeugin vorgesehen und eingerichtet seien. Für den Antragsteller gebe es ein Büro und ein Wohnzimmer, in welchem er auch schlafe. Eine eheähnliche Gemeinschaft habe nicht nachgewiesen werden können.

Mit Bescheid vom 25. Mai 2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und der Zeugin als Bedarfsgemeinschaft vorläufig Leistungen ab dem 13. März 2009. Sie gehe wegen des längeren Zusammenlebens sowie der Pflege und Betreuung des behinderten Sohns von einer eheähnlichen Gemeinschaft aus. Für die Monate April bis September 2009 bewilligte sie monatlich insgesamt 755,56 EUR (Regelleistungen iHv 85,64 EUR und 85,65 EUR EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) iHv 218,48 EUR und 218,46 EUR, für den Antragsteller einen Zuschuss nach § 26 SGB II zur Krankenversicherung iHv 129,54 EUR sowie zur Pflegeversicherung iHv 17,79 EUR). Dabei setzte sie vom Gesamtbedarf ein bereinigtes Einkommen der Zeugin aus Krankengeld iHv 460,71 EUR ab. Da die Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit im Bewilligungszeitraum noch nicht feststünden, seien die Leistungen vorläufig festgesetzt worden. Eine Neuberechnung erfolge, sobald ein Lohnnachweis der Zeugin vorgelegt werde; auch insoweit sei der Bescheid vorläufig.

Dagegen hat der Antragsteller am 3. Juni 2009 Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, es bestehe keine eheähnliche Partnerschaft. Die Zeugin sei seine Untermieterin, sie hätten getrennte Konten und keine gemeinsamen Versicherungen. Der Zusammenzug habe sich aus seiner Montagetätigkeit ergeben, sein behinderter Sohn habe in der Zeit seiner Abwesenheit eine Betreuung haben sollen.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2009 änderte die Antragsgegnerin den Bewilligungsbescheid vom 25. Mai 2009 für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 2009 ab und bewilligte - bei ansonsten gleichbleibenden Leistungen - nunmehr vorläufig 92,64 EUR bzw. 92,65 EUR als Regelleistung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2009 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück, da sie von einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft ausgehe. Der Antragsteller und die Zeugin seien bereits mehrfach gemeinsam umgezogen und lebten schon länger gemeinsam. Sie pflege schon seit Jahren seinen Sohn, wenn der Antragsteller aufgrund seiner beruflichen Verpflichtungen verhindert sei. Hierzu habe sie alle notwendigen Vollmachten. Der Untermietvertrag sei unbeachtlich, da der Antragsteller und die Zeugin Hauptmieter der Wohnung und somit Gesamtschuldner für den Mietzins seien. Die Zeugin habe dem Antragsteller sogar ihren Pkw zu beruflichen Zwecken überlassen. Dagegen hat der Antragsteller Klage beim SG erhoben (S 12 AS 1898/09).

Bereits am 4. Juni 2009 hat er beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und zur Begründung ergänzend ausgeführt, der Untermietvertrag werde erfüllt. Die Zeugin zahle die Miete an ihn und nur er nehme Zahlungen an den Vermieter vor. Der Entschluss zum gemeinsamen Bezug einer Wohnung sei seinerzeit auch gefallen, um Kosten zu sparen. Eine Wirtschaftsgemeinschaft liege nicht vor. Sie führten getrennte Kassen, die Zeugin habe sogar einen eigenen Kühlschrank. Die Lebensbereiche seien, soweit dies innerhalb einer Wohnung möglich sei, getrennt. Sie hätten keine intime Beziehung. Es bestünden zwischen ihnen keine so engen Bindungen, dass von einem gegenseitigen Einstehen ausgegangen werden könne.

Die Antragsgegnerin hat ergänzend ausgeführt, die Lebensbereiche überschnitten sich schon seit Jahren in vielen Punkten. Die konkreten Lebensumstände reichten aus, um eine über das übliche Maß der Beziehung zu einer zuverlässigen Hilfsperson hinausgehenden Verbindung zwischen dem Antragsteller und der Zeugin anzunehmen. Das Vorhandensein eines zweiten Kühlschranks oder das Fehlen einer Kontovollmacht träten dahinter zurück.

Im Erörterungstermin am 2. Juli 2009 sind der Antragsteller befragt sowie die Zeugin und der Sohn des Antragstellers vernommen worden. Wegen ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift des SG verwiesen.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2009 hat das SG die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für den Zeitraum vom 4. Juni 2009 bis zum 30. September 2009 - längstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - Leistungen nach dem SGB II monatlich iHv 701,03 EUR und ab dem 1. Juli 2009 iHv 709,03 EUR monatlich zu zahlen. Der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen -grund glaubhaft gemacht. Die Indizien sprächen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dagegen, dass er mit der Zeugin nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Aufgrund der glaubhaften Aussagen des Antragstellers und der Zeugin sei nach summarischer Prüfung von einer Wohngemeinschaft auszugehen. Er habe glaubhaft dargelegt, dass er mit seinem Sohn im Großen und Ganzen für sich lebe und wirtschafte. Dies werde durch den Bericht des Hausbesuchs gestützt. Die Lebensbereiche seien, soweit möglich, getrennt. Die gemeinsame Nutzung von Küche, Bad und einem Gemeinschaftsraum reiche bei den Wohnumständen nicht aus, um ein gemeinsames Wirtschaften anzunehmen. Dass die Zeugin in der Hausratversicherung des Antragstellers miterfasst sei, sei bei Wohngemeinschaften üblich. Die Haushaltsführung sei getrennt, Mahlzeiten würden getrennt eingenommen. Der Sohn des Antragstellers benötige bei dessen Abwesenheit einen Ansprechpartner oder jemanden, der Fahrdienste leiste. Er sei aber im Allgemeinen in der Lage, seinen Alltag selbst zu bewältigen und bedürfe nur in Ausnahmefällen der Unterstützung. Daher übernehme die Zeugin keine Personensorge. Der Antragsteller habe Anspruch auf die Regelleistung für Alleinstehende sowie die anteiligen KdU iHv 202,70 EUR/Monat. Weiter bestehe ein Anspruch auf einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung iHv 147,33 EUR/Monat.

Dagegen hat die Antragsgegnerin am 5. August 2009 Beschwerde eingelegt. Die Zeugin sei gemeinsam mit dem Antragsteller die mietvertragliche Verpflichtung eingegangen und hätte damit deutlich gemacht, ihren Lebensmittelpunkt für eine unbestimmte Zeit mit ihm teilen zu wollen. Ob ihre Angaben zu einem anderen Partner zuträfen, sei zweifelhaft. Die vorgelegten Quittungen seien kein Beleg für eine regelmäßige Mietzahlung. Im Rahmen des Hausbesuchs habe der Antragsteller noch erklärt, dass die Zeugin zur Versorgung des Sohns sämtliche Vollmachten besitze. Im Erörterungstermin habe sie aber angegeben, keine schriftlichen Vollmachten zu haben. Es bestehe eine starke Bindung zwischen ihr und dem Sohn, für den sie Verantwortung übernommen habe. Sie sei nicht nur in die Hausratversicherung des Antragstellers einbezogen, sondern stelle ihm einen Pkw zur Verfügung. Nach den Äußerungen im Erörterungstermin stehe nicht zweifelsfrei fest, dass die Beteiligten sich in Notlagen nicht finanziell unterstützen würden. Getrennte Schlafzimmer oder fehlende wechselseitige Kontovollmachten seien auch in Ehen nicht untypisch. Angesichts der Indizien könne die gemeinsame Wohnung nicht lediglich als zweckgerichtete Wohnform zur Kostenminimierung angesehen werden.

Die beantragte einstweilige Aussetzung der Vollziehbarkeit des angefochtenen Beschlusses hat der Senatsvorsitzende mit Beschluss vom 22. September 2009 abgelehnt.

Mit Änderungsbescheid vom 12. August 2009 hat die Antragsgegnerin das von der Zeugin erzielte Erwerbseinkommen auf die Leistungsbewilligung der Bedarfsgemeinschaft angerechnet. Für Juni 2009 hat sie der Bedarfsgemeinschaft 780,27 EUR, für Juli 2009 869,14 EUR und für die Monate August und September 2009 je 828,89 EUR bewilligt. Für die beiden letztgenannten Monate hat sie ein fiktives Erwerbseinkommen von 650,00 EUR/Monat netto angerechnet.

Mit Bescheid vom 24. September 2009 hat die Antragsgegnerin den Beschluss des SG für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis zum 30. September 2009 umgesetzt und dem Antragsteller die Differenzbeträge zu den bewilligten Leistungen ab Juli 2009 nachgezahlt.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 21. September 2009 hat die Antragsgegnerin ihm mit Bescheid vom 24. September 2009 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 wiederum vorläufige Leistungen iHv 709,03 EUR monatlich bewilligt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat Quittungen sowie Überweisungsbelege über die Mietzahlungen seit Juli 2008, die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 sowie Kontoauszüge des Girokontos seines Sohns vom 2. Januar bis zum 9. Oktober 2009 vorgelegt. Darüber hinaus hat er den Beschluss des Amtsgerichtes Magdeburg vom 3. Juni 2009 (3XX IN 3XX/09 (34X) S) über die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens für sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit zu den Akten gereicht.

Auf Nachfrage des Senats hat die Zeugin handschriftlich gekennzeichnete Kontoauszüge vom 2. Mai bis zum 30. September 2009 vorgelegt, aus denen sich Geldabhebungen zur Begleichung der Miete ergeben sollen. Weiter hat sie Gehaltsabrechnungen für die Monate Mai bis einschließlich August 2009 vorgelegt.

Dazu hat die Antragsgegnerin ausgeführt, die Kontoauszüge belegten nicht zweifelsfrei, dass die Abhebungen tatsächlich für Mietzahlungen verwendet worden seien.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2009 den Antragsteller befragt und die Zeugin, den Sohn des Antragstellers sowie Herrn E. S. als Zeugen vernommen. Wegen ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats ergänzend Bezug genommen.

II.

A. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des SG ist form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Wert des Beschwerdegegen-stands übersteigt hier 750,00 EUR, denn die Verpflichtung zur weiteren Leistungsgewährung im angefochtenen Beschluss des SG beläuft sich - abzüglich der bereits bewilligten Leistungen - auf rund 200 EUR monatlich. Bezogen auf den streitgegenständlichen viermonatigen Bewilligungszeitraum ist der Beschwerdewert somit überschritten.

B. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Antragsgegnerin zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig höhere Leistungen nach dem SGB II für alleinstehende Leistungsberechtigte sowie ohne Anrechnung von Einkommen der Zeugin zu erbringen.

Das SG hat das Begehren des Antragstellers richtigerweise als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung behandelt. Nach 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrundes (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruches (hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Nr. 16d).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch für die geltend gemachten höheren vorläufigen Leistungen glaubhaft gemacht.

1. Ein Anordnungsgrund liegt hier vor. Grundsätzlich sollen die Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht vollständig gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrunds. Erforderlich ist vielmehr eine existentielle Notlage.

Diese liegt hier in Ansehung des monatlichen Fehlbetrags von rund 200 EUR vor. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Einkommensverhältnisse des Antragstellers wesentlich gebessert hätten.

2. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass auch ein Anordnungsanspruch für die begehrte vorläufige höhere Leistungsbewilligung glaubhaft gemacht worden ist. Der Antragsteller hat mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargelegt, dass im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 4. Juni 2009 (Zeitpunkt des Eingangs des einstweiligen Rechtsschutzantrags beim SG) bis zum 30. September 2009 (Ende des laufenden Bewilligungsabschnitts) keine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II mit der Zeugin bestanden hat.

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

a. Der Senat hat keinen Anlass zu Zweifeln am Vorliegen der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers und seines gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland.

b. Da die Antragsgegnerin im Rahmen der bisherigen, vorläufigen Leistungsbewilligung von der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers mangels eigenen Einkommens aus der selbstständigen Tätigkeit i.S.v. § 9 Abs. 1 Ziffer 2 SGB II im streitigen Zeitraum ausgegangen ist, war diese durch den Senat nicht zu überprüfen.

c. Die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht wegen gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II anrechenbaren Einkommens der Zeugin teilweise entfallen. Danach sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen, wenn dieser mit dem Antragsteller in einer Bedarfsgemeinschaft lebt.

Zur Bedarfsgemeinschaft im vorgenannten Sinne gehören der erwerbsfähige Hilfebedürftige und u.a. gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eine Person, die mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Darlegungspflichtig für das Vorliegen der Vermutungstatsachen sowie weiterer Indizien ist die Antragsgegnerin (vgl. für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, 14 AS 6/08 R (15 f.), m.w.N.). Die gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden, dafür ist jedoch der Antragsteller beweispflichtig (vgl. Münder in LPK SGB II, 3. Auflage 2009. § 7 RN 83 f.).

1.1. Der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II liegt hier vor, denn der Antragsteller und die Zeugin leben bereits deutlich länger als ein Jahr zusammen. Sie teilen bereits seit dem Jahr 2001 Wohnraum und sind in der Vergangenheit bereits mehrfach zusammen umgezogen. Gemeinsam haben sie auch im November 2007 die derzeit bewohnte Wohnung bezogen. Das Zusammenleben wird auch durch den zusätzlich abgeschlossenen Untermietvertrag nicht in Frage gestellt.

2.2. Weiter liegen die Voraussetzungen von § 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II vor, denn es wird ein Angehöriger im Haushalt versorgt. Unerheblich für das Vorliegen dieser Vermutungstatsache ist, dass der Sohn des Antragstellers nicht das gemeinsame Kind des Antragstellers und der Zeugin ist. Dies ergibt sich schon aus dem insoweit gesondert geregelten Vermutungstatbestand gemäß § 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II. Durch den Gesetzeswortlaut "Angehörige im Haushalt versorgen" wird deutlich, dass es insoweit maßgeblich um eine Aufnahme von Verwandten oder nahestehende Personen geht, die unabhängig vom Alter einer Versorgung und Obhut bedürfen. Zu dieser Personengruppe gehört der Sohn des Antragstellers. Für eine Versorgung im Haushalt ist nicht erforderlich, dass die aufgenommene Person einer umfassenden Sorge und Pflege bedarf.

Hier wird zur Überzeugung des Senats faktisch die Sorge um den volljährigen, aber in Teilbereichen aufgrund seiner Behinderung hilfebedürftigen Sohn des Antragstellers geteilt. Denn immer dann, wenn der Antragsteller, der sich nach seinen insoweit glaubhaften Bekundungen bei Ortsanwesenheit allein um seinen Sohn kümmert, beruflich (etwa durch eine auswärtige Montagetätigkeit, von der er nur an Wochenenden an den Wohnort zurückkehrt) verhindert ist, fungiert die Zeugin als Ansprechpartnerin für den Sohn und überwacht nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats auch die täglichen Abläufe und die Ausführung der dem Sohn vom Vater aufgetragenen Aufgaben (Pflichten). Auch wenn der Sohn weitgehend selbstständig seinen Alltag bewältigt, genügt die von der Zeugin beschriebene Funktion als Ansprechpartnerin in Not- und Problemfällen und die Überwachung des Alltags, um das Merkmal einer gemeinsamen Versorgung im Haushalt zu bejahen.

3.3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist hingegen die Indiztatsache des § 7 Abs. 3a Nr. 4 SGB II nicht belegt, denn die Beteiligten sind zur Überzeugung des Senats nicht befugt, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen.

Zwar hat sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der Bekundungen im Verhandlungstermin ergeben, dass die behauptete vollständige wirtschaftliche Trennung der finanziellen Bereiche nicht besteht. Es wird nicht Buch geführt über die finanziellen Verflechtungen, die unzweifelhaft in einem nicht nur geringfügigen Ausmaß bestehen. So hat die Zeugin - nach ihren Angaben wegen einer Schufa-Klausel - erst seit April 2009 ein eigenes Girokonto. Alle bargeldlosen Transaktionen der im Haushalt lebenden Personen wurden bis dahin über das Konto des Sohns des Antragstellers abgewickelt. Auch Gehalts- und Krankengeldzahlungen für die Zeugin gingen auf diesem Konto ein. Versicherungsbeiträge (Pkw-Haftpflichtversicherung, Rechtsschutzversicherung und Beiträge zu der Riesterrente) sowie Zahlungen für Zeitschriftenabonnements wurden darüber abgewickelt.

Gleichwohl hat der Antragsteller im Verfahren mehrfach betont, dass gegenseitig keine Kontovollmachten bestünden und getrennt gewirtschaftet werde. Es ist zur Überzeugung des Senats in der mündlichen Verhandlung insoweit glaubhaft gemacht worden, dass trotz der teilweisen Abwicklung aller Geldgeschäfte über ein Girokonto jeder "sein Geld" bekam. Soweit der Antragsteller allerdings behauptet hat, alleine er habe im Bedarfsfall Geld für die Zeugin abgehoben und ihr jeweils gegeben, geht der Senat nicht von der Richtigkeit dieser Behauptung aus. Vielmehr folgt er der Schilderung der Zeugin, dass diese zwar keine Vollmacht für das Konto des Sohns und auch keinen Zugriff auf die EC-Karte hatte, jedoch gemeinsam mit dem Sohn die nötigen Transaktionen vornehmen durfte.

Sowohl der Antragsteller als auch die Zeugin geben an, die Zuordnung und Verwendung der Geldflüsse auf dem Konto überwacht zu haben. Ob der Antragsteller insoweit einen vollständigen Überblick hatte, mag dahin stehen. Der Umstand, dass er hinsichtlich der Höhe der von der Zeugin verlangten Mietanteile und Stromkostenbeteiligung mehrfach widersprüchliche Angaben gemacht hat, weist auch darauf hin, dass er eine cent-genaue Abrechnung nicht erwartet hat. Eine gegenseitige Vermögensverfügungsbefugnis lässt sich aus dieser "laxen" Art der Trennung der finanziellen Verhältnisse aber noch nicht ableiten.

Jedenfalls die Zeugin hatte nach ihren überzeugenden Bekundungen das aufgrund ihrer Einkünfte resultierende Guthaben immer im Blick und darauf geachtet, dass sie nicht mehr Geld abhob als sie verdient hatte. Die Kontoauszüge konnte sie nicht einsehen, sie hat jedoch anhand der Überweisungsträger den Überblick über ihre finanziellen Verfügungen behalten. Von anderen Geldeingängen auf diesem Konto hatte sie nach ihren Angaben keine Kenntnis.

Der Umstand, dass die Zeugin das Konto des Sohnes für Geldeingänge nutzte, obwohl sie darüber keine Verfügungsberechtigung hatte, weist zwar auf ein erhebliches Vertrauen in die Vermögensbetreuung durch den Antragsteller hin. Dies lässt jedoch keinen Rückschluss auf eine Befugnis zu, über ihr Einkommen oder Vermögen verfügen zu dürfen.

Insoweit verkennt der Senat nicht, dass angesichts der finanziellen Verflechtung von Teilen der Lebensbereiche anzunehmen ist, dass in "wirtschaftlich engen Zeiten" der Antragsteller und die Zeugin offensichtlich bereit sind, einander finanziell auszuhelfen. Eine solche zwischen den Beteiligten anzunehmende Solidarität lässt sich auch dem Umstand entnehmen, dass die Zeugin Eigentümerin und Halterin des vom Antragsteller genutzten Pkw ist. Zwar hat der Antragsteller hierfür das Argument einer kostengünstigeren Versicherung genannt. Dennoch ist sie bereit gewesen, das wirtschaftliche Risiko für den Betrieb des Autos zu tragen. Der vorgelegte Nutzungsvertrag über den Pkw entbindet sie nicht aus der Verantwortung für beispielsweise die Entrichtung der Versicherungsbeiträge. Gleichermaßen war es für den Antragsteller offensichtlich kein Problem, dass die Zeugin als Untermieterin ihren Anteil an der Miete von 250,00 EUR monatlich zuzüglich Stromkosten von 25,00 EUR oder 30,00 EUR nicht pünktlich bzw. überwiegend in Teilbeträgen bezahlte. Andererseits zeigen die von der Zeugin geleisteten Teilzahlungen und Nachzahlungen, sobald Geldeingänge zu verzeichnen waren, dass sie ihre untermietvertragliche Zahlungsverpflichtung ernst nimmt und die ihr obliegenden Beiträge für die gemeinsame Wohnung zu leisten gewillt ist.

Richtig ist insoweit der Einwand der Antragsgegnerin, dass die vorgelegten Quittungen über Mietzahlungen keinen Beweis für einen tatsächlichen Geldfluss darstellen und auch nicht exakt mit den Kontoabhebungen in Übereinstimmung zu bringen sind. Wären jedoch die Quittungen nur zum Schein erstellt worden, machte es wenig Sinn, Belege über Teilzahlungen zu erstellen und diese zudem noch deutlich nach Fälligkeit der jeweiligen Forderung zu datieren. Es wird für den Senat vielmehr deutlich, dass die Zeugin bemüht war, ihren vereinbarten Mietanteil iHv 250,00 EUR monatlich zuzüglich anteiliger Stromkosten zu bezahlen, und hierfür - immer wenn ihr Konto ein entsprechendes Guthaben aufwies - zumindest Teilzahlungen erbrachte.

Besondere Bedeutung hat für den Senat insoweit die Erklärung der Zeugin zu den Umständen der Überweisung einer Mietkostennachforderung für ihren Sohn Christian vom Konto des Sohns des Antragstellers am 5. Januar 2009. Der Antragsteller hat in diesem Punkt anlässlich seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung von der Zeugin abweichende Angaben gemacht und behauptet, das Geld sei ihm von dem Sohn der Zeugin in bar überreicht worden. Die Zeugin hat hingegen erklärt, dass sie selbst dem Antragsteller das Geld gegeben hat, und die Summe vorher von ihrer Mutter bekommen hatte. Die emotionale Reaktion der Zeugin, der das Einräumen der Notwendigkeit des Geldleihens von ihrer Mutter für Schulden ihres Sohns sichtlich unangenehm war, hat den Senat von der Richtigkeit ihrer Schilderung überzeugt.

Der Umstand, dass die Zahlung für den Sohn nicht einfach vom Konto überwiesen worden ist, sondern die Zeugin zuerst das Geld von Dritten geliehen und dann an den Antragsteller zur Überweisung weitergereicht hat, ist für den Senat ein Beleg dafür, dass die Angaben eines getrennten Wirtschaftens - trotz nur eines zur Verfügung stehenden Girokontos - nicht falsch gewesen sind.

Der Senat ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Antragsteller und die Zeugin - trotz der aufgezeigten finanziellen Verflechtungen und Nachlässigkeiten in der Abrechnung gegenseitigen Zahlungspflichten - intern nicht befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des jeweils anderen zu verfügen.

4.4. Trotz des Vorliegens der oben beschriebenen beiden Indiztatsachen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass im vorliegenden Fall das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 3c SGB II mit hinreichender Wahrscheinlichkeit widerlegt worden ist.

Das BSG hat in seinen Entscheidungen zu eheähnlichen Gemeinschaften (vgl. Urteil vom 27. Januar 2009, B 14/7b AS 14/07 R, SGb 2009, 154; Urteil vom 13. November 2008, B 14 AS 2/08 R, SGb 2009, 32; Urteil vom 17. Oktober 2002, B 7 AL 96/00 R, BSGE 90, 90) betont, dass an das Vorliegen einer solchen Einstandsgemeinschaft strenge Anforderungen zu stellen sind. Ansonsten könnten Regelungen des SGB II, die nicht den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen, sondern über diese hinausgehen, gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen. Denn nur bei familienhaften Beziehungen dürfe der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass die Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Leistungen entsprechend der individuellen Bedarfe erfolgt. Dabei dürfe er auch einen gegenseitigen Willen, für einander einzustehen, voraussetzen, der über bestehende Unterhaltspflichten hinausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, a.a.O., (27)). Nur wenn eine solche familienhafte oder eheähnliche Konstellation vorliegt, ergebe sich aus dem das SGB II bestimmenden Grundsatz der Subsidiarität (§ 3 Abs. 3 SGB II), dass zur Überwindung einer Notlage zunächst der Partner einer ehelichen oder vergleichbaren Lebensgemeinschaft in Anspruch zu nehmen ist, bevor staatliche Hilfe gewährt wird.

Unter Anlegung dieser Maßstäbe besteht keine eheähnliche Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft. Es handelt sich vielmehr um eine Zweckgemeinschaft, die zwar in Teilen Züge einer Lebensgemeinschaft trägt. Jedoch fehlen ihr die für eine eheähnliche Gemeinschaft typischen Aspekte einer engen persönlichen Bindung, einer bewusst gelebten Dauerhaftigkeit der Beziehung sowie die Bereitschaft, füreinander in einer Weise einzustehen, die über ein Aushelfen in vorübergehenden finanziellen Engpässen hinausgeht.

Das Zusammenleben des Antragstellers und der Zeugin in einer Art Wohngemeinschaft hat zwar in der Außenwirkung teilweise Züge einer Partnerschaft zum beiderseitigen Vorteil. Der Zeuge S. beschreibt allerdings die vom Antragsteller und der Zeugin praktizierte Lebensform als eine reine Wohngemeinschaft, in der jeder "seins" mache. Zur Überzeugung des Senats fehlt dem Zusammenleben aber auch ein gemeinsamer Lebenszweck, der über Praktikabilitätserwägungen hinausgeht. Jeder zieht seinen eigenen Nutzen aus der Lebensform. Dieser liegt für den Antragsteller vornehmlich darin, in Zeiten seiner Abwesenheit eine zuverlässige Betreuungsperson für seinen Sohn zu haben. Hinzu kommen Kostenminderungsaspekte. Er legt Wert auf möglichst viel Wohn- und Abstellraum (für sein Gewerbe), ohne allein die damit verbundenen finanziellen Lasten tragen zu müssen. Für die Zeugin ist die Wohnform ein stützendes System, das ihr einen hinreichenden Freiraum zur Verfolgung ihrer eigenen Lebensinteressen bietet. Sie legt Wert auf das Vorhandensein des "starken Partners", dessen Unterstützung und Ansprache sie nach Gewalterfahrungen in ihrer früheren Ehe in Anspruch nehmen möchte und auch psychisch benötigt. Das Vorhandensein dieses Schutzes ermöglicht ihr ein selbstbewusstes und unbefangenes Leben.

Gemeinsame Mahlzeiten, welchen gemeinhin eine wesentliche Bedeutung für die Pflege einer Partnerschaft zukommt, werden nach den überzeugenden Angaben der Zeugin praktisch nie eingenommen. Auch schmiert sich die Zeugin, wenn sie zu Abend isst, meist "eine Stulle und sitzt in ihrer Stube" und nicht etwa in den gemeinschaftlichen Räumen. An Feiertagen oder an Geburtstagen, die in einer Partnerschaft regelmäßig gemeinsam verbracht werden, ist sie nach ihren Angaben immer außer Haus.

Beide Beteiligten geben schließlich glaubhaft an, keine intimen Beziehungen zueinander zu unterhalten. Insoweit hat der Zeuge S. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er etwa seit dem Jahr 2004 mit der Zeugin eine Affäre hat. Dies ist dem Antragsteller nach seinem Bekunden bekannt, berührt ihn aber offenkundig emotional nicht.

Die von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorbrachten Argumente für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft erschüttern die aus der Gesamtheit der Beweisaufnahme gewonnene Einschätzung des Senats nicht.

Aus der mietvertraglichen Gestaltung als solcher kann nicht auf eine gemeinsame Entscheidung für eine eheähnliche Partnerschaft mit Bindungswillen geschlossen werden. Der Antragsteller und die Zeugin haben in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass sie von Anfang an ein Untermietverhältnis beabsichtigt hatten. Der Vermieter der Wohnung hatte allerdings darauf bestanden, beide als Hauptmieter in den Vertrag aufzunehmen. Dies ist auch plausibel, weil es für einen Gläubiger immer günstiger ist, mehrere Schuldner gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen zu kön-nen. Im Übrigen haben die Beteiligten sich auch nicht weitergehend verpflichtet als es bei reinen Wohngemeinschaften üblich ist. Im Kern haben der Antragsteller und die Zeugin bestätigt, dass die Suche nach einer neuen Wohnung von ihm ausgegangen ist, und er sie dann gefragt hat, ob sie mit umziehen wolle. Der Senat hat keinen Hinweis darauf, dass der Antragsteller einen Umzug in die jetzige Wohnung ohne die Zeugin unterlassen hätte, um weiter mit ihr gemeinsam wohnen bleiben zu können.

Zutreffend rügt die Antragsgegnerin zwar, dass die Angaben zu den für eine Betreuung des Sohns erteilten Vollmachten widersprüchlich sind. Dabei handelt es sich nach Auffassung des Senats jedoch lediglich um eine Frage des Unterschieds von Laienwertungen und rechtlichem Handeln. Es ist leicht gesagt, jemand habe "alle Vollmachten", um für einen Dritten im Notfall tätig zu werden (so beim Hausbesuch). Dies bedeutet nicht, dass tatsächlich entsprechende schriftliche Urkunden vorhanden oder bei Betreuungsstellen (wie bei der WfbM) hinterlegt sein müssen.

Es ist auch zutreffend, dass die Zeugin im Abwesenheitsfall des Antragstellers Verantwortung für den Sohn übernommen hat. Dies ist jedoch nach Einschätzung des Senats nicht Ausdruck ihres Einstandswillens für ihren Lebenspartner, sondern ein im eigenen Interesse geleisteter Beitrag zum Fortbestand dieser Form der Zweckgemeinschaft.

Die wechselseitige Einbeziehung in Versicherungen kann zwar Hinweis auf einen bestehenden Verantwortungs- und Einstandswillen sein. Im vorliegenden Fall ist dies aber nach Einschätzung des Senats ausschließlich aus Kostengesichtspunkten geschehen. Da in seiner Hausratversicherung eine Mitbewohnerin kostenfrei mitversichert werden konnte, wenn sie als "Lebensgefährtin" bezeichnet wird, hat der Antragsteller dies als günstige Gelegenheit genutzt, auch die Zeugin in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Da andererseits die Zeugin günstigere Konditionen für die Pkw-Versicherung als er bekommen hat, fungiert sie als Versicherungsnehmerin und Halterin des Pkw unabhängig davon, ob dies tatsächlich zutrifft. Mutmaßlich ist die Interessenlage, was die Eigentümerstellung an dem vom Antragsteller genutzten Pkw anbelangt, ähnlich. Da der Antragsteller aufgrund seiner Verschuldung beim Vorhandensein von Vermögen einen Gläubigerzugriff befürchten muss, ist es für ihn günstiger, formell nicht Eigentümer zu sein.

Der Senat verkennt bei seiner Würdigung nicht, dass der Antragsteller im gesamten Verfahren und anlässlich seiner Befragung durch das SG und den Senat teilweise ungenaue, widersprüchliche und somit unglaubhafte Angaben gemacht hat. Der Senat hat aber den Eindruck gewonnen, dass dies zum Teil auf eine weitschweifige, ausweichende Persönlichkeitsstruktur zurückzuführen ist. Der Antragsteller nimmt es mit der Wahrheit seiner Angaben nicht so genau. Anderenteils diente der Vortrag erkennbar dem Ziel, die für sein Begehren sprechenden Umstände in ein für ihn günstigeres Licht zu stellen. So hat der Antragsteller etwa noch im Widerspruchsverfahren behauptet, es bestünden keine gemeinsamen Versicherungen. Tatsächlich sind aber Hausratversicherung und Rechtsschutzversicherung für den Antragsteller und die Zeugin abgeschlossen worden. Ferner hat er das Vorhandensein von zwei angeblich in seinem Eigentum befindlichen Waschmaschinen im Haushalt als Beleg für streng getrennte Lebensbereiche angeführt. Beim näheren Befragen in der mündlichen Verhandlung stellte sich dann heraus, dass der Antragsteller selbst nicht weiß, welche Waschmaschine ihm gehört und offensichtlich sowohl er als auch die Zeugin mit derselben Waschmaschine waschen. Übereinstimmend haben jedoch beide zu der Nutzung der beiden Kühlschränke ausgesagt. Danach wird auch der in der Küche befindliche Kühlschrank sowohl vom Sohn des Antragstellers als auch von der Zeugin benutzt.

Trotz aller Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Antragstellers zu Einzelheiten des gemeinsamen Wohnens ist der Senat davon überzeugt, dass im Kern die Angaben der Beteiligten, sie seien wechselseitig nicht bereit, Verantwortung für den anderen zu tragen und füreinander einzustehen, zutreffen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht zwischen dem Antragsteller und der Zeugin keine familienhafte Beziehung mit gegenseitigem Verantwortungs- und Einstandswillen. Es handelt sich um eine weitgehende Zweckgemeinschaft ohne einen darüber hinausgehenden Bindungswillen, die solange besteht, wie für beide Beteiligte die Vorteile des gemeinsamen Wohnens überwiegen.

3.a. Da somit keine Bedarfsgemeinschaft iSv § 7 Abs. 2 SGB II besteht, hat der Antragsteller vorläufig Anspruch auf weitere als die bewilligten Leistungen in der vom SG ermittelten Höhe.

Ihm steht der ungekürzte Regelsatz für Alleinstehende (359,00 EUR) ohne Anrechnung von Einkommen der Zeugin zu.

Hinzu kommen die Leistungen für die anteilige KdU gemäß der vom SG zu Grunde gelegten 202,70 EUR. Die Antragsgegnerin selbst ist in ihren Bewilligungsbescheiden von einem auf den Antragsteller entfallenden KdU-Anteil iHv 218,48 EUR ausgegangen, den das SG unterschritten hat. Der Antragsteller hat sich nicht gegen den Beschluss des SG gewendet, so dass der Senat den Betrag keiner weitergehenden Prüfung zu unterziehen hatte.

Dasselbe gilt für den bewilligten Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen nach § 26 SGB II. Insoweit hat das SG den bewilligten Leistungsbetrag iHv 147,33 EUR übernommen, so dass der Antragsgegner durch die Entscheidung nicht beschwert ist.

b. In zeitlicher Hinsicht hat das SG in nicht zu beanstandender Weise den Zeitraum der Regelungsanordnung vom 4. Juni bis zum 30. September 2009 festgelegt.

Das Gericht ist hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung seines Ausspruchs im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nicht gesetzlich beschränkt. Üblicherweise werden einstweilige Anordnungen bei Leistungen nach dem SGB II auf den Bewilligungszeitraum beschränkt (Wertung nach § 41 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II). Hier endete der Bewilligungsabschnitt ausweislich des Bescheids vom 25. Mai 2009 i.d.F. des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009 am 30. September 2009. Es war daher sachgerecht, eine vorläufige Regelung bis zu diesem Zeitpunkt - und nicht für einen kürzeren Zeitraum - zu treffen.

Der hinsichtlich des Endzeitpunkts missverständlich formulierte Tenor des Beschlusses ist vom Senat klarstellend neu gefasst worden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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