L 8 U 2051/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 7483/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2051/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt und ihr deswegen eine Verletztenrente zusteht.

Die 1948 geborene Klägerin war von 12.04.1976 bis 31.08.2003 bei der Firma E. als Maschinenbedienerin beschäftigt. Danach war sie arbeitslos und bezog ab 25.07.2005 Krankengeld.

Am 22.02.2005 machte sie bei der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (eine Rechtsvorgängerin der Beklagten; im folgenden nur noch Beklagte) eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit geltend. Die Beklagte holte u.a. die HNO-ärztlichen Berichte des M.-hospitals in S vom 26.05. und 28.07.2003 mit Tonaudiogrammen vom 14.09.2004 und 25.10.2002/07.05.2003 sowie von Dr. D. vom 15.11.2005 (Erstbehandlung am 11.08.1996) ein. Sie hörte den Arbeitgeber an, der in seiner Auskunft vom 07.11.2005 eine Lärmbelastung verneinte, und veranlasste die Stellungnahme der Präventionsabteilung vom 09.12.2005. Darin wurde für die Tätigkeit der Klägerin als Maschinenbedienerin an Wickelmaschinen und Bestückerin mit Handbestückung von Leiterplatten im Zeitraum von April 1976 bis August 2003 ein Beurteilungspegel von 75-78 dB(A) angenommen.

Mit Bescheid vom 17.01.2006 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Berufskrankheiten-Liste (Lärmschwerhörigkeit) und die Gewährung von Leistungen ab. Lärmeinwirkungen von mindestens 85 dB(A) sei die Klägerin nicht ausgesetzt gewesen, aber nur solche seien geeignet, eine Lärmschwerhörigkeit zu verursachen.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2006 zurückgewiesen.

Die Klägerin erhob am 11.10.2006 Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17.01.2008 machte die Klägerin ergänzende Angaben. Das Sozialgericht hörte schriftlich die früheren Arbeitskolleginnen der Klägerin, die Zeuginnen S.-R. (Aussage vom 18.09.2008) und P. A. (Aussage vom 03.12.2008), an und zog vom Hörgeräteakustiker der Klägerin den Anpassbericht vom 20.03.2007 mit Audiogramm vom 01.03.2007 bei.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, der Nachweis, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Berufskrankheit vorgelegen hätten, sei nicht geführt. Der Betrieb existiere nicht mehr, weshalb die Einschaltung eines externen Sachverständigen nicht mehr möglich sei. Die Zeugin A. habe nichts über eine erhöhte Lärmbelastung berichten können. Dies stehe zwar im teilweisen Widerspruch zu Angaben der Zeugin S.-R., die in Übereinstimmung zum Vortrag der Klägerin angegeben habe, eine Unterhaltung sei wegen der Lautstärke beim Lauf der Maschinen nicht möglich gewesen. Allerdings sei zu beachten, dass auch eine Lautstärke bis zu 78 dB(A), wie von der Beklagten angenommen, bereits ein erhebliches Lärmpotenzial beinhalte. Ein krähender Hahn verursache ein Geräusch von bis zu 70 dB(A), Meeresbrandung, Kirchenglocken, Rasenmäher oder ein Pkw mit 100 km/h Fahrgeschwindigkeit verursachten bis zu 80 dB(A). Die Angabe der Klägerin, auf die vorgegebene Distanz nicht mit den Arbeitskollegen kommunizieren zu können, sei somit schon bei der von der Beklagten angenommen Geräuschbelastung gegeben. Ebenfalls sprächen die vorgelegten Tonaudiogramme gegen eine Lärmschwerhörigkeit. Der unterschiedliche Entwicklungsverlauf hinsichtlich beider Ohren lege nahe, dass die Klägerin keiner einheitlichen Geräuschbelastung ausgesetzt gewesen sei bzw. die Veränderung des linken Ohres eine andere Ursache haben müsse. Eine isolierte Belastung eines einzelnen Ohres entspreche nicht dem medizinischen Kenntnisstand zur Entwicklung einer Lärmschwerhörigkeit.

Gegen den der Klägerin am 06.04.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 04.05.2009 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt mit der Begründung, aufgrund der Zeugenaussage sei ein erhöhter Lärm über 2 Jahrzehnte festzustellen. Auch bei einem Abstand von 5-10 m sei eine entsprechende Kommunikation selbst durch "Schreien" nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 02.04.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 17.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.09.2006 aufzuheben und bei ihr eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV festzustellen, sowie die Beklagte zu verpflichten, Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ausweislich der arbeitstechnischen Beurteilung des Präventionsdienstes vom 09.12.2005 sei die Klägerin einem Beurteilungspegel von höchstens 78 dB ausgesetzt gewesen. Die Zeugenaussagen hätten auf diese Beurteilung keinen Einfluss. Die Aussage der Zeugin S.-R. enthalte keine belastbare Information, da weder zur Anordnung noch zur Anzahl der ehemals im Arbeitsbereich benutzten Maschinen Angaben gemacht worden seien. Einer technischen Analyse zugängliche validen Daten seien nicht genannt. Eine isolierte Betrachtung nur der Aussage dieser Zeugin stehe auch einer objektiven Sachverhaltsaufklärung entgegen. Die Klägerin verkenne, dass die Zeugin A. eine andere Wahrnehmung wiedergegeben habe. Ihrer Aussage nach habe ein Gespräch ganz normal geführt werden können, mit normaler Lautstärke.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 07.12.2009 erläutert die Klägerin, dass es sich um vier Maschinen gehandelt habe, die im Maschinenraum des Arbeitgebers gestanden hätten. Nachdem sie einen Hörsturz erlitten habe, habe der Arbeitgeber an der Decke eine Isolierung angebracht.

Die Beklagte hat in Erfüllung einer Auflage des Gerichts die ergänzende Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung vom 22.12.2009 vorgelegt. Danach habe laut einer Telefonnotiz vom Dezember 2005 des damaligen Lärmmesstechnikers der geplante Besuchstermin im Januar 2006 nicht wahrgenommen werden können, da die Firma zum Jahresende geschlossen worden sei. Nach Auskunft der Firmenleitung habe die E. GmbH in der Fertigung elektronische Schalter (diverse Zeitschalter und Ähnliches) hergestellt. Es seien 25-30 Mitarbeiter in einer größeren Halle beschäftigt gewesen. Die Bereiche Wickelei, elektronische Fertigung und Schaltermontage seien offen in der Halle betrieben worden. Die Klägerin sei überwiegend in der Wickelei, nach Bedarf auch in der elektronischen Fertigung eingesetzt worden. In der Wickelei habe die Klägerin eine Maschine bedient, an der kleine Spulen für elektronische Schalter gewickelt worden seien. Es seien drei Wickelmaschinen und drei Wickelautomaten vorhanden gewesen. In der elektronischen Fertigung seien Lötarbeiten an Spulen und Schaltern sowie Handbestückungen von kleinen Leiterplatten durchgeführt worden. Die Einschätzung eines personenbezogenen Tages-Lärmexpositionspegels von 75-78 dB(A) beruhe auf Erfahrungswerten, da zu dem Unternehmen kein Lärmkataster vorliege, der Arbeitsplatz nie besichtigt worden sei und im Betrieb keine Messungen erfolgt seien. Nach Auswertung der Lärmdatenbank ergebe sich, dass unter den 111 erfassten Messwerten von Wickelmaschinen bzw. Wickelautomaten Lärmpegel von 60 bis 96 dB(A) aufgeführt seien. Die Auswertung der Verteilung zeige, dass 90 % aller gemessenen Maschinen bzw. Automaten einen Lärmpegel von weniger als 85 dB(A) verursachten. Da es sich um Immissionsmesswerte handele, seien darin auch Lärmeinflüsse weiterer Maschinen in der Umgebung enthalten. Vorliegend habe es sich eher um kleinere Wickelmaschinen und Wickelautomaten gehandelt, da nur kleinere Spulen für elektronische Schalter und ähnliches gefertigt worden seien. Die Lärmmesswerte der genutzten Maschinen dürften sich daher eher im unteren Bereich der Lärmmesswerte aus der Datenbank wieder finden. Im Falle der Klägerin könne hinsichtlich der Maschinen-/Automatengröße und des Einflusses anderer Maschinen aus der direkten Arbeitsumgebung von einer Lärmimmission von maximal 80-82 dB(A) ausgegangen werden, eine Lärmbelastung von mehr als 85 dB(A) sei gesichert auszuschließen.

Die Klägerin hat sich zum Beweisergebnis nicht geäußert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2006 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Hörstörung als Berufskrankheit und hat daher auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 enthalten.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität ist auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität zu bezeichnen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, aaO). Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.

Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).

Nach diesen Grundsätzen ist für die geltend gemachte Schwerhörigkeit bereits die erforderliche Einwirkungskausalität für die Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV nicht hinreichend wahrscheinlich. Die versicherte Tätigkeit der Klägerin bei der Firma E. als Bedienerin von Wickelmaschinen und Wickelautomaten und Bestückerin von Leiterplatten war zwar mit einer Geräuschexposition verbunden. Für die dem Betrieb der Maschinen zuzurechnenden Lärmeinwirkungen ist jedoch nicht das Ausmaß und die Intensität, die zu einer Lärmschwerhörigkeit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV führen, nachgewiesen. Der Beurteilungspegel lag nach der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Stellungnahme ihres Präventionsdienstes zur arbeitsplatzbezogenen Lärmexposition in der Zeit vom 12.04.1976 bis 31.08.2003 allenfalls bei 80 bis 82 dB(A) und damit unter einem Beurteilungspegel von wenigstens 85 dB(A), der nach dem derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand Voraussetzung für die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit ist. Bei einem Lärmpegel von weniger als 85 dB(A) kann eine Lärmschwerhörigkeit nach medizinischen Erfahrungen nicht entstehen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 328f unter Bezugnahme auf das Königsteiner Merkblatt; Mehrtens/Brandenburg, aaO, M 2301 Anm. 2). Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und verweist auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid (Seite 9 bis 13).

Das Berufungsvorbringen der Klägerin zwingt zu keiner anderen Beurteilung. Die auf Veranlassung des Senats vorgelegte ergänzender Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 22.12.2009 ist nachvollziehbar. Darin ist plausibel dargelegt, dass eine gesundheitsgefährdende Lärmeinwirkung nicht angenommen werden kann. Eine weitergehende Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse im Verlauf der versicherten Tätigkeit der Klägerin von 1976 bis 2003 ist nicht möglich, da der Betrieb zum Dezember 2005 eingestellt worden ist. Lärmmessungen wurden bis dahin im Betrieb in der Vergangenheit weder von der Beklagten noch von anderen Stellen durchgeführt bzw. solche Stellen sind dem Gericht nicht bekannt gegeben worden. Zutreffend hat das Sozialgericht zudem ausgeführt, dass den sich teilweise widersprechenden Zeugenaussagen kein Beweiswert zukommt, weil der subjektiven Einschätzung der Lärmintensität durch die Zeugen keine verwertbaren Ansätze zur Berechnung oder zuverlässigen Einschätzung des lärmbelastenden Beurteilungspegels zu entnehmen sind.

Gegen eine gesundheitsrelevante Lärmbelastung spricht im Übrigen auch das Indiz, dass die bei der Klägerin diagnostizierte Schwerhörigkeit weder im Verlauf noch im Krankheitsbild einer typischen Lärmschwerhörigkeit entspricht. Auch darauf hat das Sozialgericht überzeugend hingewiesen. Nach eigenen Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht habe sie ab 2001/2002 in der Elektronikmontage gearbeitet, wo es nach ihrer Erinnerung deutlich ruhiger gewesen sei. Gleichwohl lassen die vorgelegten Audiogramme von Oktober 2002 und Mai 2003 eine deutliche Verschlechterung des Hörvermögens in diesem Zeitraum erkennen, was sich auch nach endgültiger Beendigung der Lärmexposition im Jahre 2003 ausweislich des vom Hörgeräteakustiker vorgelegten Ton- und Sprachaudiogramms aus dem Jahre 2007 fortsetzt. Erfahrungsgemäß verläuft aber nach Ende einer gesundheitsgefährdenden Lärmexposition die Lärmschwerhörigkeit nicht progredient (Schönberger u.a, a.a.O., Seite 330 f). Außerdem entspricht die asymmetrische Hörstörung der Klägerin, deren linkes Ohr nach den vorgelegten Audiogrammen deutlich größere Hörverluste in allen Frequenzbereichen gegenüber dem rechten Ohr aufweist, auch keiner typischen Lärmschwerhörigkeit, weil eine Arbeitsplatzanordnung mit einer nur einseitigen Lärmbeeinträchtigung auf der linken Körperseite den vom Präventionsdienst ermittelten und den von den Zeugen geschilderten Arbeitsplatzbedingungen nicht zu entnehmen ist. Auffallend ist auch die Mitbeteiligung der tiefen Frequenzen mit Hörverlusten auf dem linken Ohr zwischen 20 und 40 dB bzw. 60 und 80 dB im Frequenzbereich von 125-500 Hz nach den frühesten vorliegenden Tonaudiogrammen vom Oktober 2002 und Mai 2003. Die Lärmschwerhörigkeit äußert sich vorrangig in Hörverlusten im Hochfrequenzbereich (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Seite 333). Inwieweit die Einbeziehung der tiefen Frequenzen den progredienten Entwicklungsstand einer bereits früher einsetzenden Hochtonschwerhörigkeit darstellt, ist nicht aufzuklären, weil Audiogramme aus früheren Jahren nicht vorliegen bzw. keine entsprechenden HNO-ärztlichen Untersuchung erfolgt sind. Eine HNO-ärztliche Untersuchung am 11.08.1996 ergab einen unauffälligen Spiegelbefund (Bericht von Dr. D. vom 17.11.2005 an die Beklagte), Anlass für eine Hörprüfung mit Erstellung eines Audiogramms bestand damals offensichtlich nicht.

Diese Aspekte des medizinischen Bildes sind als - zusätzliches - Indiz für eine nicht gehörschädigende Intensität der Lärmeinwirkung am Arbeitsplatz auch Gegenstand der Erörterung im nichtöffentlichen Termin vor dem Landessozialgericht am 07.12.2009 gewesen. Die Klägerin hat sich hierzu in der Folge nicht weiter geäußert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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