L 10 Ar 1094/89

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 19 Ar 862/84
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 Ar 1094/89
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 BAr 97/92
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 1989 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein höheres Konkursausfallgeld zusteht, ob er insbesondere ein solches auch für Provisionsansprüche beanspruchen kann.

Der Kläger war als Niederlassungsleiter bei der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG mit Sitz in XY-Stadt beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 6. September 1979 erhielt er für seine Tätigkeit ein festes Gehalt von 8.000,00 DM monatlich sowie eine garantierte Gewinnbeteiligung in Höhe von 24.000,00 DM p.a., die anteilig monatlich abgerufen werden konnte. Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages vergütete die Gesellschaft ihrer Filiale in Z-Stadt, der der Kläger vorstand, für alle Abschlüsse, die ihr von dieser nachgewiesen werden, eine Provision entsprechend einer gesondert zu treffenden Provisionsvereinbarung. Von diesen Provisionssätzen hatte die Filiale in Z-Stadt alle entstehenden Unkosten einschließlich der Gehaltskosten des Filialleiters und der sonstigen Mitarbeiter der Filiale zu tragen. Die nach Abzug der vorstehenden Unkosten verbleibenden Beträge standen dem Filialleiter als Gewinnbeteiligung zu. Die Gewinnbeteiligung war dem Filialleiter jeweils innerhalb von vier Wochen nach Ende eines jeden Kalenderquartals auszubezahlen (§ 4 Abs. 3 des Vertrages). § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrages bestimmte weiter, daß dem Kläger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt werden sollte, dessen Kosten zu Lasten der Filiale gingen; gedacht war an einen Pkw der Preiskategorie eines BMW 520.

Mit Schreiben vom 6. September 1979 bestätigte die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG Arbeitsvertrag genannte Provisionsvereinbarung wie folgt: "Bei Abschluß von Treuhandaufträgen zugunsten unserer Gesellschaft, gerichtet auf die Errichtung von Baumaßnahmen im Rahmen des sogenannten Kölner Modells, erhält die Filiale Z-Stadt die von den jeweiligen Treugebern bzw. Bauherren an uns zu entrichtende einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3 %‚ soweit diese tatsächlich an uns gezahlt wird. Zusätzlich hierzu erhält die Filiale Z-Stadt von uns für entsprechende Abschlüsse eine Vergütung in Höhe von 3 % der Gesamtkosten, die der betreffende Treugeber bzw. Bauherr für die in dem jeweiligen Treuhandauftrag benannte Baumaßnahme zu entrichten hat. Die jeweiligen Beträge werden anteilig fällig, wenn und in dem Umfang, in dem der jeweilige Treugeber bzw. Bauherr die einmalige Bearbeitungsgebühr und sein laut Treuhandauftrag zu zahlendes Eigenkapital an uns entrichtet hat ".

Mit Wirkung zum 30. September 1983 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers als Niederlassungsleiter gekündigt, nachdem er zuvor am 13. Mai 1983 von der Arbeit freigestellt und am 1. Juni 1983 über das Vermögen der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG das Konkursverfahren eröffnet worden war. Am 20. Juni 1983 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Konkursausfallgeld. Darin machte er für den Lohnabrechnungszeitraum vom 1. bis 31. März 1983 7.969,64 DM, für den Zeitraum vom 1. bis 30. April 1983 64.803,99 DM und für den Zeitraum vom 1. bis 31. Mai 1983 8.976,64 DM als an ihn noch zu zahlendes Netto-Arbeitsentgelt geltend. Für den Lohnabrechnungszeitraum April 1983 berücksichtigte er Provisionsansprüche in Höhe von 70.032,00 DM. Mit schreiben vom 30. Juni 1983 beantragte der Kläger eine Erhöhung des zu zahlenden Konkursausfallgeldes um einen Betrag von 355,00 DM für den Monat Mai 1983. Dieser Betrag für gesondert abzurechnende Geschäftsspesen der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG sei überraschend bei ihm von der CC. infolge seiner gesamtschuldnerischen Haftung eingetrieben worden; normalerweise habe die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG diese Auslagen über Kreditkarten direkt bezahlt.

Mit "Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld‘ der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG vom 4. Juli 1983 bescheinigte der Konkursverwalter DD. offene Gehaltsansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 1983 in Höhe von brutto 12.636,99 DM. Darin enthalten waren 136,99 DM Arbeitgeberanteil für die Krankenversicherung des Klägers. Nach Abzug von Steuern (4.102,35 DM) und Sozialversicherungsbeiträgen (565,00 DM) verblieb - ausweislich der Verdienstbescheinigung - ein noch zu zahlendes Netto-Entgelt von 7.969,64 DM. Für die Monate März und April 1983 verblieb nach den Angaben des Konkursverwalters im Hinblick auf noch nicht durchgeführte Abzweigungen an die Raiffeisenbank XY-Stadt e.G. kein an den Kläger noch zu zahlendes Arbeitsentgelt.

Gegen den Rechtsanwalt DD. in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der Fa. XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG erhob der Kläger die arbeitsgerichtliche Klage (Az.: xxxxx - Arbeitsgericht Z-Stadt; yyyyy - Landesarbeitsgericht Z Stadt). Mit Schriftsatz vom 2. Juni 1987 machte er einen Anspruch auf Provisionszahlung geltend, wobei er für das 1. Halbjahr 1983 einen Überschuß an Provisionsansprüchen in Höhe von 43.002,90 DM errechnete. In der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts Z-Stadt vom 27. April 1988 schlossen der Kläger und der dortige Beklagte folgenden Vergleich:

"1. Das Arbeitsverhältnis ist aufgrund betriebsbedingter Kündigung seitens des Beklagten mit Wirkung zum 30.06.1986 beendet worden.

2. Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes sowie als Entschädigung für den Verlust der Gewinnbeteiligung und zum Ausgleich sämtlicher übriger Ansprüche des Klägers für die Zeit ab 01.01.1983 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt der Beklagte an den Kläger 360.000,- DM ".

Mit Bescheid vom 24. Mai 1984 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. März 1983 bis zum 31. Mai 1983 Konkursausfallgeld in Höhe von 23.074,87 DM. Hierauf rechnete sie einen bereits gezahlten Vorschuß (4.500,00 DM), vom Kläger für die Zeit vom 12. Mai bis zum 31. Mai 1983 gezahltes Arbeitslosengeld (1.477,30 DM) sowie die Abzweigung des Arbeitsentgelts an die Raiffeisenbank XY-Stadt e.G. (15.105,25 DM) an, so daß noch ein an den Kläger auszuzahlender Restbetrag von 1.929,32 DM verblieb. Dem darüber hinausgehenden Antrag auf Konkursausfallgeld gab die Beklagte nicht statt, weil nach Angabe des Konkursverwalters - Schreiben vom 13. Oktober 1983 - kein Anspruch auf Provision bestehe. Hiergegen legte der Kläger am 5. Juni 1984 Widerspruch ein, weil weder seine Provisionsansprüche noch der Betrag von 355,00 DM und auch nicht der Arbeitgeberzuschuß zur Krankenversicherung (136,99 DM) berücksichtigt seien. Auch habe die Beklagte nicht berücksichtigt, daß ihm ein BMW 528i zur Verfügung gestanden habe. Schließlich sei offenbar übersehen worden, daß er am 13. Mai 1983 geheiratet habe und seitdem in der Steuerklasse III zusammen mit seiner Ehefrau veranlagt werde, dadurch sei ihm eine monatliche Steuerreduzierung von 2.000,00 DM zugute gekommen, wodurch sich sein Netto-Gehalt bzw. das Konkursausfallgeld um etwa 6.000,00 DM erhöhen müsse. Nach Einholung einer Auskunft des Konkursverwalters vom 9. Juli 1984 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. August 1984).

Gegen den ihn an 20. August 1984 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19. September 1984 Klage erhoben. Das Sozialgericht Frankfurt an Main (SG) hat den Mitarbeiter des Konkursverwalters, Rechtsanwalt E. EE. uneidlich als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Februar 1987 verwiesen. Des weiteren hat das SG eine schriftliche Ergänzung des Zeugen vom 24. Februar 1987 sowie eine Auskunft des Konkursverwalters vom 21. Juli 1988 eingeholt. Sodann hat es durch Urteil vom 27. Juni 1989 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß auch Provisionsansprüche grundsätzlich zu einem Anspruch auf Konkursausfallgeld führen könnten. Voraussetzung sei jedoch, daß die Provisionsansprüche in den Konkursausfallgeld-Zeitraum fielen. Soweit im Einzelfall nichts anderes vereinbart sei, habe der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die ihm aus der Provisionsabrede entstandene arbeitsvertragliche Pflicht zu dem Zeitpunkt erfüllt, in dem der Abschluß des Geschäfts erfolge, "der Auftrag hereingebracht sei". Da es für die Zuordnung des Anspruchs auf rückständiges Arbeitsentgelt in der Konkursausfallgeldzeit nur auf den Zeitpunkt ankomme, zu dem der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Leistung erbracht habe, seien dafür alle weiteren Abreden darüber, wann der Anspruch als unbedingter erworben werden solle, ohne Bedeutung. Danach sei entgegen der Auffassung der Beklagten grundsätzlich bei Abschluß von Treuhand-Verträgen unabhängig von der Fälligkeit der Provision diese bei Abschluß des Vertrages erarbeitet. Hier bestehe jedoch deshalb kein Anspruch, weil es in der Vereinbarung vom 6. September 1979 heiße: "Bei Abschluß von Treuhand-Verträgen zugunsten unserer Gesellschaft, gerichtet auf die Errichtung von Baumaßnahmen im Rahmen des sogenannten Kölner Modells erhält die Filiale Z-Stadt ... insgesamt 6 %". Die Treuhand-Verträge über drei Eigentumswohnungen für F., G. und H. HH. vom 2. bis 9. März 1983, auf die sich der Kläger stützte, seien nicht zugunsten "unserer Gesellschaft", nämliche der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG, sondern zugunsten der Firma JJ.-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft, Steuerberatungs-Gesellschaft, XY Stadt, abgeschlossen. Dies sei ein völlig anderer Treuhänder, so daß laut Provisionsvereinbarung Vergütungsansprüche nicht hätten entstehen können. Soweit der Kläger Konkursausfallgeld für die Nutzung eines Pkw begehre, sei dies nicht möglich, weil der Pkw ausweislich des Anstellungsvertrages als Betriebsmittel und nicht als Arbeitsentgelt anzusehen sei. Soweit der Kläger Spesen von 355,00 DM geltend mache, handele es sich nicht um einen Arbeitsentgeltanspruch. Schließlich habe die Beklagte Konkursausfallgeld auch nicht nach einer anderen Steuerklasse zahlen müssen.

Gegen dieses ihm am 18. September 1989 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 5. Oktober 1989 eingelegten Berufung, mit der er die Zahlung weiterer 50.357,00 DM begehrt. Er rügt zunächst, daß das SG, das die Berufung nicht zugelassen hat, eine Überraschungsentscheidung getroffen habe. Es habe seine Auffassung, wonach im Hinblick auf die Provisionsansprüche Konkursausfallgeld deshalb nicht habe gewährt werden können, weil die Treuhandverträge mit den Herren HH. zugunsten eines völlig anderen Treuhänders - und nicht zugunsten der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG - abgeschlossen worden seien, weder schriftlich in einem Auflagenbeschluß noch je mündlich im Rahmen der Termine zur mündlichen Verhandlung geäußert oder sonst wie erkennen lassen. Zur Sache selbst führt der Kläger aus, daß mit Abschluß des Treuhandvertrages mit der JJ.-Treuhand GmbH der Treuhandvertrag "zugunsten" der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG zustande gekommen sei. Mit Abschluß des Treuhandvertrages habe das von der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG initiierte Bauherrenmodell im vorher bestimmten Sinne zur Durchführung kommen können. Für den Treuhänder sei es mangels entsprechender Vollmacht nicht möglich gewesen, mit irgend jemand anderem das Modell durchzuführen oder dieses anders zu machen, als es in dem Vertragswerk vorher bestimmt gewesen sei. Der Treuhänder habe dann auch tatsächlich im Namen der einzelnen Bauherren (hier: HH.) die Verträge abgeschlossen. Die Verträge seien auch durchgeführt worden, wie die Grundbuchabschriften bewiesen; dort seien die Herren HH. als Eigentümer eingetragen. Auch bei den anderen - vorherigen - Bauherrenmodellen sei dementsprechend verfahren worden und von den Bauherren die JJ. Treuhand GmbH als Treuhänderin beauftragt worden; diese habe dann die notwendigen Verträge im Anschluß mit der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG und den anderen Gesellschaftern abgeschlossen. Die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG habe in den entsprechenden vorherigen Fällen, also bei Abschluß des Treuhandvertrages mit der JJ ... Treuhand GmbH jeweils an den Kläger gezahlt. Auch der Konkursverwalter sei schließlich weder in seinen schriftlichen Äußerungen noch anläßlich des Termins vom 17. Februar 1987 auf die Idee gekommen, daß die Gemeinschuldnerin deswegen nicht schulden würde, weil die Treuhandverträge nicht zu ihren Gunsten abgeschlossen worden wären. Zum Beweis dafür, daß die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG selbst davon ausgegangen sei, da die Treuhandverträge betreffend die Familie HH. zugunsten der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG abgeschlossen gewesen seien, daß hierfür der Abschluß der Treuhandverträge mit der JJ.-Treuhand GmbH ausgereicht habe und vorgesehen gewesen sei, daß in der Vergangenheit immer jeder Abschluß eines Treuhandvertrages mit der JJ.-Treuhand GmbH "zugunsten" der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG als abgeschlossen angesehen worden sei und daß aufgrund von Abschlüssen von Treuhandverträgen mit der JJ.-Treuhand GmbH von seiten der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG die Provisionszahlungen auch tatsächlich geleistet worden seien, würden der Geschäftsführer der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG und die weiteren Mitarbeiter der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG sowie der Niederlassungen als Zeugen benannt. Was die Spesen von 355,00 DM angehe, handele es sich entgegen der Auffassung des SG um einen Arbeitsentgeltanspruch. Auch nach dem Formblatt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) "Erläuterungen zum Ausfüllen der Verdienstbescheinigung für Konkursausfallgeld" seien "gesondert abzurechnende Reisekosten" konkursausfallgeldfähig. Auch die Kosten der Pkw-Nutzung, die in Höhe von 500,00 DM für die Zeit vom 18. April 1983 bis zum 31. Mai 1983 pauschal geltend gemacht worden seien, seien Arbeitsentgelt. Des weiteren werde dem SG widersprochen, soweit es davon ausgegangen sei, daß die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG die Steuerkarte erst am 16. Juni 1983 erhalten und deswegen vor dem 31. Mai 1983 eine geänderte Lohnsteuerkarte nicht vorgelegen habe. Hier werde übersehen, da er - der Kläger - sehr lange habe warten müssen, bis er die Steuerkarte von der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG bekommen habe, obgleich er sie bereits vor seiner Heirat im Mai 1983 angefordert hätte. Schließlich werde sein Anspruch auf Konkursausfallgeld nicht durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 27. April 1988 berührt. Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Vergleichs seien ausschließlich Ansprüche für Januar und Februar 1983 und von Juni 1983 bis Juni 1986 gewesen, nicht dagegen Ansprüche für März, April und Mai 1983.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 1989 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. August 1984 zu verurteilen, an ihn weitere 50.357,00 DM nebst 11 % Zinsen seit dem 12. Juni 1983 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt im wesentlichen aus, daß die Auffassung des Klägers, während des erstinstanzlichen Verfahrens sei der vom SG bezüglich der streitigen Provisionsansprüche maßgebliche rechtliche Gesichtspunkt nicht Gegenstand des Streits zwischen den Beteiligten gewesen, zwar zutreffend sei. Damit sei er jedoch nicht ausgeräumt. Auch die vom Kläger dagegen nunmehr vorgebrachten Einwendungen seien nicht geeignet, den genannten Gesichtspunkt zu entkräften. Der Kläger müsse zunächst darlegen und beweisen, daß die in der gesonderten Provisionsvereinbarung vom 6. September 1979 genannte Voraussetzung für seinen Provisionsanspruch, nämlich "die Errichtung von Baumaßnahmen im Rahmen des sogenannten Kölner Modells" erfüllt sei. Dazu genüge es nicht, wenn er im Berufungsverfahren eine Sammlung von notariellen Formularverträgen vorlege, die sämtlich nicht unterschrieben seien. Es komme nicht darauf an, wie die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG "ihr Bauherrenmodell" "normalerweise" abgewickelt habe, sondern ob im konkreten Fall die Voraussetzungen eines sogenannten Kölner Modells vorgelegen hätten. Von den vom Kläger vorgelegten Urkundenrollen sei nur unterschrieben das Angebot auf Abschluß eines Treuhandvertrages. Unverzichtbar sei jedenfalls die Vorlage einer unterschriebenen "Annahmeerklärung". Die von ihm vorgelegte Annahmeerklärung, mit der die Treugeber, nämlich die Bauherren HH., das Angebot des Treuhänders, nämlich der JJ.-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ... zum Abschluß des Treuhandvertrages vom 14. Oktober 1981 angenommen hätten, enthalte keine Unterschriften. Auch die vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten Fotokopien enthielten keine Unterschrift. Für die Annahmeerklärung der Bauherren HH. habe er die Urkundenrollen 73/183, 68/83, 67/83 des Notars I. II. aus Z-Stadt vorgelegt. Auch diese Kopien beträfen nicht die Urschriften, sondern allenfalls Leseabschriften. Ohne Vorlage von Kopien der handschriftlich unterzeichneten Annahmeerklärungen der Bauherren HH. sei sie - die Beklagte - nicht bereit, diese Leseabschriften zur Kenntnis zu nehmen. Sollte sich bei der Vorlage neuer Fotokopien herausstellen, daß die drei Bauherren HH. tatsächlich das Angebot auf Abschluß eines Treuhandvertrages vom 14. Oktober 1981 angenommen hätten, so stelle sich die Frage, ob der Kläger sich auf den Abschluß der Treuhandverträge berufen könne. Nach der gesonderten Provisionsvereinbarung vom 6. September 1979 sei nämlich entscheidend gewesen, daß die einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 3 % tatsächlich an die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG gezahlt worden sei. Auch die zusätzliche Vergütung in Höhe von 3 % Gesamtkosten, die die Bauherren HH. zu entrichten gehabt hätten, müsse nach der gesonderten Provisionsvereinbarung tatsächlich an die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG entrichtet worden sein. Die vom Kläger vorgelegten Annahmeerklärungen, die vor dem Notar I. II. abgegeben worden sein sollten, enthielten zwar in § 3 den Hinweis, daß ein Teil des Eigenkapitals bei Unterzeichnung dieser jeweiligen Annahmeerklärung bereits gezahlt gewesen sei und ein weiterer Teil kurz nach Unterzeichnung habe gezahlt werden sollen. Da diesen notariellen Urkunden des Notars die Erklärung des Konkursverwalters DD. in seinem Schreiben vom 24. Februar 1987 entgegenstehe, sei es erforderlich, daß der Kläger für die Richtigkeit dieser Angaben weitere Belege vorlege. Selbst wenn der Kläger diesen Beweis erbringen könne, sei zu prüfen, ob die Treuhandverträge, deren Abschluß den Anspruch auf die Provision begründen könnte, nicht wieder storniert worden seien. Dafür spreche die Angabe des Konkursverwalters DD. im Schreiben vom 24. Februar 1987, wonach die von der Niederlassung Z-Stadt vermittelten Geschäfte "von den Kunden häufig storniert wurden und damit Rückrechnungen für tatsächlich nicht verdiente Provisionen notwendig waren". Dafür spreche auch das Angebot auf Abschluß eines Treuhandvertrages, das vor dem Notar Dr. KK. in XY-Stadt am 14. Oktober 1981 beurkundet und das Bauvorhaben Z-Stadt, Z Straße genau bezeichnet habe. Danach sei dieses Bauvorhaben eingetragen gewesen im Grundbuch von Z-Stadt. Der Kläger habe zwar in erster Instanz Grundbuchauszüge vorgelegt. Diese Wohnungsgrundbücher seien angelegt worden am 15. Oktober 1984. Als Vor-Eigentümer eingetragen sei allerdings die Firma "LL. Immobilien- und Bauträger GmbH in Z-Stadt". Diese Eintragung dürfe sich damit erklären lassen, daß nach den Angaben des Konkursverwalters DD. vom 21. Juli 1988 der Kaufvertrag zwischen der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG und den "seinerzeitigen Eigentümern" aufgehoben worden sei. Die Firma "LL. Immobilien- und Bauträger GmbH in Z-Stadt" habe die Eigentumswohnungen an die späteren Eigentümer HH. am 29. Oktober 1984 aufgelassen. Die Eintragung sei am 23. September 1985 erfolgt. Eine Eigentumsübertragung durch die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG an die Kaufleute HH. sei wegen der Voreintragung der Firma "LL." in den vorbezeichneten Wohnungsgrundbüchern auszuschließen. Schließlich komme ein Anspruch auf Konkursausfallgeld auch aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 27. April 1988 nicht in Betracht. Die Ansprüche des Klägers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber bzw. den Konkursverwalter seien gemäß Ziffer 2 des Vergleichs erloschen. Zwar habe der Kläger darüber infolge des Anspruchsübergangs (§ 141 m AFG) nicht mehr verfügen dürfen. Das negative Schuldanerkenntnis in dem Vergleich werde jedoch von ihr - der Beklagten - ausdrücklich genehmigt.

Zum Beweis dafür, daß sämtliche Annahmeerklärungen tatsächlich unterschrieben worden sind, beruft sich der Kläger auf das Zeugnis des Notars I. II ... Auch aus dem Umstand, daß die Annahmeerklärungen Ur-Nummern bekommen hätten, ergebe sich zwingend, daß sie auch unterschrieben gewesen seien. Urkunden bekämen keine Rollennummern, wenn es sich nur um Entwürfe handele. Sie würden erst dann zu Urkunden und erhielten erst dann Ur-Nummern, wenn sie auch unterschrieben worden seien.

Im übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Arbeitsgerichtsakten (xxxxx, yyyyy) und der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgemäß (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegt. Sie ist auch im übrigen zulässig.

Allerdings ist die Berufung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht zulässig bei Ansprüchen auf einmalige Leistungen. Bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Konkursausfallgeld handelt es sich um eine solche Leistung, weil es sich um ein Geschehen handelt, welches sich seiner Natur nach in einem bestimmten, verhältnismäßig kurzen Zeitraum abspielt und sich im wesentlichen in einer einzigen Handlung (Gewährung) erschöpft (BSG SozR 1500 § 144 Nr. 35 m.w.N. Meyer-Ladewig, SGG, 3. Auflage, § 144 Anmerkung 6). Doch ist vorliegend die Berufung ungeachtet ihres Ausschlusses nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG aufgrund von § 150 Nr. 2 SGG zulässig.

Der Kläger hat einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift wirksam gerügt. Das SG hat seine Entscheidung, was die Zahlung von Konkursausfallgeld für Provisionsansprüche betrifft, damit begründet, daß "die Treuhand-Verträge mit den Herren HH ... jedoch nicht zugunsten unserer Gesellschaft", d.h., der Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG, sondern zugunsten der Firma JJ.-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft, Steuerberatungs-Gesellschaft abgeschlossen worden seien. Dies sei "ein völlig anderer Treuhänder, so daß laut der Provisionsvereinbarung Vergütungsansprüche nicht entstehen konnten". Mit seinem Vortrag, das SG habe diese seine entscheidungserhebliche Auffassung weder schriftlich in einem Auflagenbeschluß noch je mündlich im Rahmen der Termine zur mündlichen Verhandlung geäußert "oder auch nur irgendwie erkennen lassen", macht der Kläger der Sache nach eine Verletzung des § 62 SGG geltend, der das Gericht verpflichtet, den Beteiligten vor jeder Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Eine "Überraschungsentscheidung" verletzt diese verfahrensrechtliche Vorschrift (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 1990 - 2 RU 14/90 - und Urteil vom 6. März 1991 13/5 RJ 68/89) und stellt einen Verfahrensmangel dar (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 62 Anm. 11).

Nach den vorliegenden Aktenunterlagen - und auch nach dem Vorbringen der Beteiligten - erscheint zutreffend, daß der für das SG entscheidungserhebliche Gesichtspunkt sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren nicht streitig gewesen ist. Die Vorinstanz hat vor der letzten mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1988 auch keinen - schriftlichen - Hinweis auf seine dem Klagebegehren möglicherweise entgegenstehende Rechtsansicht gegeben. Ob es seine Rechtsauffassung in dieser mündlichen Verhandlung, in der der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten vertreten war, zu erkennen gegeben hat, ist der Sitzungsniederschrift nicht zu entnehmen. Dagegen spricht vor allem, daß sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1988 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben. Das angefochtene Urteil ist ohne mündliche Verhandlung am 27. Juni 1989 ergangen. In der Zwischenzeit haben die Beteiligten noch zur Sache, nicht jedoch dazu vorgetragen, ob vorliegend die Firma JJ.-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft, Steuerberatungs-Gesellschaft tatsächlich ein völlig anderer Treuhänder ist als die Firma XY. Gesellschaft für Finanzplanung mbH & Co. KG. Ein dahingehender Vortrag wäre jedoch bei einem rechtlichen Hinweis des SG in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1988 zu erwarten gewesen. Hieraus muß nach § 122 SGG in Verbindung mit § 165 Zivilprozeßordnung (ZPO) geschlossen werden, daß ein Hinweis des SG nicht erfolgt ist und dementsprechend der Kläger keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Daran ändert auch nichts, daß die Sitzungsniederschrift den Hinweis enthält, das Sach- und Streitverhältnis sei mit den Beteiligten erörtert worden. Wie der 13. Senat des BSG in seinem Urteil vom 6. März 1991 13/5 RJ 68/89 - ausgeführt hat, läßt sich bei Zweifeln, ob den durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gesetzten Anforderungen im Einzelfall genügt ist, die Antwort regelmäßig nur aus in den Akten kundig gemachten Prozeßvorgängen finden, wobei der Niederschrift über die mündliche Verhandlung gemäß § 122 SGG besonders Gewicht zukomme. Der in Sitzungsniederschriften anzutreffende - in Protokollformularen auch schon mit vorgedruckte - Satz, daß das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten erörtert worden sei, sei aber für sich allein nicht geeignet, verläßlichen Nachweis für eine dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs genügende Erörterung des Streitstoffs und -standes zu liefern.

Der mithin gegebene Verfahrensmangel ist darüber hinaus auch wesentlich, weil das angefochtene Urteil auf ihm beruht oder doch beruhen kann. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß das SG zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn der Kläger Gelegenheit gehabt hätte, sich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu der vom SG als maßgebend erachteten Rechtsansicht zu äußern.

Die Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte (weitere) Anspruch auf Konkursausfallgeld nicht zu, ohne daß es vorliegend der Prüfung bedarf, ob der Kläger gegen seine frühere Arbeitgeberin in dem Konkursausfallgeldzeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Mai 1983 insbesondere Ansprüche auf Provisionszahlungen erworben hatte und ob - im Hinblick auf die Höhe der beanspruchten Provisionen, die das "übliche" Arbeitsentgelt eines "normalen" Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigen - nicht der Zweck der Konkursausfallgeldversicherung seinem Begehren entgegensteht (vgl. zu letzterem BSG SozR 4100 § 141b Nr. 26). Die für die Gewährung von Konkursausfallgeld normierten gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 141a und b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) liegen nämlich nicht vor.

Gemäß § 141a AFG haben Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers Anspruch auf Ausgleich ihres ausgefallenen Arbeitsentgelts. Diesen Anspruch konkretisiert § 141b Abs. 1 AFG dahingehend, daß den Anspruch derjenige Arbeitnehmer hat, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hat. Solche Ansprüche sind indes aufgrund des vor dem Landesarbeitsgericht Z-Stadt am 27. April 1988 geschlossenen Vergleichs zwischen dem Kläger und dem Konkursverwalter als gesetzlichem Vertreter (§ 6 Konkursordnung) der früheren Arbeitgeberin des Klägers nicht gegeben. Zwar war - wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat - der Kläger im Hinblick auf solche Entgeltansprüche, die den Konkursausfallgeld-Zeitraum betrafen, in Folge des mit dem Antrag auf Konkursausfallgeld erfolgten Anspruchsübergangs zugunsten der Beklagten (§ 141m Abs. 1 AFG; BSG SozR 4100 § 141b Nr. 11) nicht mehr verfügungsbefugt. Die Beklagte hat jedoch die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Klägers vom 27. April 1988 gemäß § 184 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausdrücklich genehmigt, wozu sie nach § 185 Abs. 2 BGB befugt war. Mangels des Vorhandenseins durchsetzbarer Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die Grundlage sowohl für das Entstehen als auch das Fortbestehen des Anspruchs auf Konkursausfallgeld sind (BSG, Urteil vom 8. April 1992 - 10 RAr 4/91 -), kann der Kläger von der Beklagten kein Konkursausfallgeld mehr verlangen.

Entgegen der Auffassung des Klägers erfaßt der Vergleich vom 27. April 1988 auch die Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die (möglicherweise) für den Konkursausfallgeld-Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Mai 1983 seitens seiner früheren Arbeitgeberin geschuldet wurden. Daran ändert nichts, daß Gegenstand des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens lediglich die Zeiträume Januar, Februar 1983. Oktober, November und Dezember 1983, sowie die Jahre 1984 und 1985 gewesen sind. Ebenso ist unerheblich, daß das Landesarbeitsgericht am 11. November 1987 eine vergleichsweise Regelung des Rechtsstreits angeregt hatte und der Kläger in dem an das Arbeitsgericht Z-Stadt gerichteten Schriftsatz vom 30. Dezember (nicht: April) 1984 darauf hingewiesen hat, das "Gehalt März 1983" sei später als Konkursausfallgeld vom Arbeitsamt geleistet worden. Darüber hinaus ist ohne Belang, daß vor Abschluß des Vergleichs im Termin zur mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 17. Februar 1987 der Zeuge EE. (Mitarbeiter des Konkursverwalters) ausgesagt hat, daß um Provisionen von März bis Mai 1983 vor dem Arbeitsgericht nicht gestritten werde.

Ausgehend von dem eindeutigen Wortlaut des Vergleichs ist vielmehr festzustellen, daß die vergleichsweise Abrede sämtliche Ansprüche erfassen sollte, die sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 1983 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (am 30. Juni 1986) beziehen. Angesichts dieser von den Parteien des Arbeitsgerichtsprozesses gewählten zeitlichen Bestimmung ist für einen gemäß § 133, 157 BGB beachtlichen Willen der Parteien, wonach bestimmte Zeiten aus der Regelung ausgeschlossen sein sollen, nichts ersichtlich. Wer eine hinsichtlich des zeitlichen Geltungsumfangs genau festgelegte Regelung in einschränkendem Sinne verstanden wissen will, muß dies verdeutlichen (vgl. BAG EZA § 794 ZPO Nr. 9). Dies gilt zumal dann, wenn - wie vorliegend - die Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens das Entstehen von Provisionsansprüchen gerade auch in dem Konkursausfallgeld-Zeitraum unterschiedlich bewertet haben. So hat der Konkursverwalter im Schriftsatz vom 15. Mai 1987 unter Beweisantritt bestritten, daß der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1983 bis zur Konkurseröffnung am 1. Juni 1983 mit seiner Niederlassung ein Geschäft zum Abschluß gebracht habe. Dem ist der Kläger in seinem Schriftsatz vom 2. Juni 1987 ausdrücklich unter Überreichung von Ablichtungen dreier mit den Herren HH. abgeschlossener Verträge, die das Objekt Z-Straße in Z-Stadt betrafen, entgegengetreten. Unter diesen Umständen ist für eine Abweichung von dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgestellten Grundsatz, nach dem die in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte allgemeine Ausgleichsklausel in der Regel alle Ansprüche ausschließt, die nicht unmißverständlich in diesem Vergleich als weiterbestehende Ansprüche bezeichnet werden, kein Raum. Eine allgemeine Ausgleichsklausel, wie sie auch in Ziff. 2 des Vergleichs vom 27. April 1988 enthalten ist, hat den Zweck, das streitige Rechtsverhältnis abschließend zu regeln; dieser Zweck wird nur erreicht, wenn alle Verpflichtungen, die nicht von der Klausel erfaßt werden sollen, ausdrücklich und unmißverständlich im Vergleich selbst bezeichnet werden (BAG AP § 794 ZPO Nr. 25; vgl. auch BAG AP § 794 ZPO Nr. 22).

Unbegründet ist die Berufung auch, soweit der Kläger höheres Konkursausfallgeld begehrt, weil bei ihm statt der Steuerklasse I die Steuerklasse III zu berücksichtigen sei. Nach § 141d AFG ist bei der Berechnung des Konkursausfallgeldes von dem Bruttoarbeitsentgelt in dem rechtserheblichen Zeitraum auszugehen, das sich um die gesetzlichen Abzüge vermindert. Gesetzliche Abzüge im Sinne des § 141d Abs. 1 Satz 1 AFG sind u.a. die Lohnsteuern (BSG SozR 4100 § 141d Nr. 2). Diese sind, wie das SG zutreffend erkannt hat, so zu berücksichtigen, wie sie der Arbeitgeber bei der Auszahlung des Entgelts zu berücksichtigen gehabt hätte (BSG SozR 4100 § 141d Nr. 3). Dieser hat die steuerlichen Abzüge unter Verwendung der für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum geltenden Lohnsteuertabellen zu ermitteln. Gemäß § 39b Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuergesetz ist für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitsentgelt die jeweilige auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Lohnsteuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge maßgebend. Die Lohnsteuerkarte des Klägers enthielt für den Konkursausfallgeld-Zeitraum die Eintragung der Steuerklasse I; entsprechend hätte der Arbeitgeber die Lohnsteuern abführen müssen. Die Beklagte hatte daher bei der Berechnung des dem Kläger zuerkannten Konkursausfallgeldes ebenfalls von dem um die Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse I geminderten Arbeitsentgelt auszugehen. Soweit der Kläger vorträgt, daß eine sofortige Änderung der Lohnsteuerkarte nach erfolgter Heirat nicht möglich gewesen sei, weil seine Arbeitgeberin ihm die Lohnsteuerkarte nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt habe, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß gemäß § 41c Einkommensteuergesetz der Arbeitgeber bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung u.a. bisher erhobene Lohnsteuern wegen der Änderung des Lohnsteuerabzugs erstatten könne. Da der Kläger erst am 13. Mai 1983 geheiratet habe, wäre dem Arbeitgeber selbst bei unverzüglicher Änderung der Lohnsteuerkarte eine Änderung des Lohnsteuerabzuges erst ab Juni 1983, also nach Beendigung des Konkursausfallgeld-Zeitraums, möglich gewesen.

Mangels eines weiteren Anspruchs auf Konkursausfallgeld steht dem Kläger auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht zu.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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