Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 160/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 156/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Versicherungspflicht eines mitarbeitenden Minderheitsgesellschafter, der weder tatsächlich noch rechtlich wesentliche Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschaft hat.
Allein die Stundung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitnehmer führt nicht zum Wegfall des Abhängigkeitsverhältnisses.
Allein die Stundung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitnehmer führt nicht zum Wegfall des Abhängigkeitsverhältnisses.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.03.2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Am 22.12.2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Bis 30.12.2005 sei er arbeitsunfähig erkrankt. Er gab an, als Goldschläger bei der Fa. B. Blattgoldmanufaktur C-Stadt - GmbH (B.) beschäftigt gewesen zu sein. Diese habe am 21.12.2005 Insolvenz angemeldet. An der Gesellschaft des Arbeitgebers sei er zu 30 v.H. beteiligt gewesen. Im Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab der Kläger an, nicht als Geschäftsführer bestellt gewesen zu sein. An der Gesellschaft seien neben der Geschäftsführerin M. B. (B.) auch C. (I. R.) mit jeweils 35 v. H beteiligt. Zur Mitarbeit sei er auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages verpflichtet. Ein Weisungsrecht werde nicht ausgeübt. Seine Tätigkeit könne er weitgehend frei bestimmen und den Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Sein Gehalt habe er seit April 2003 nicht mehr erhalten. Zudem sei er bereits Inhaber des Vorgängerbetriebes gewesen. Diesen Betrieb habe er im Rahmen einer Insolvenz aufgeben müssen.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Alg mit Bescheid vom 07.02.2006 ab. Die Tätigkeit des Klägers der B. sei nicht als Versicherungspflichtverhältnis anzusehen.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, er sei weder Mehrheitsgesellschafter noch Geschäftsführer gewesen. Auch verfüge er über keine Sperrminorität. Auf der Grundlage des Gesellschaftervertrages sei er nicht zur Mitarbeit in der Firma verpflichtet gewesen; dies habe sich aus dem lediglich mündlich vereinbarten Arbeitsvertrag ergeben. Der Fragebogen zur Prüfung der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung sei für einen juristischen Laien nicht zutreffend zu beantworten, sodass auf diesen nicht abgestellt werden könne. Als Meister habe er in allen Fragen der Produktion freie Hand gehabt; Unternehmensentscheidungen habe er nicht beeinflussen können. Er sei in den Betrieb eingegliedert gewesen, und die Genehmigung von Urlaub habe sich aufgrund des Umstandes erübrigt, dass die Firma Betriebsurlaub gemacht habe. Unternehmerische Entscheidungen seien von I.R. getroffen worden. Die Sozialversicherungsbeiträge seien abgeführt worden und ein Verzicht von Arbeitsentgelt sei nicht vereinbart worden. Auf die Stundung des Arbeitentgeltes habe er sich eingelassen, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Gelebt habe er von den Einkünften seiner Ehefrau. Die geplante Umgestaltung des Geschäftsbetriebes, von der er sich eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation versprochen habe, habe sich jedoch zerschlagen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2006. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung habe nicht vorgelegen. Der Kläger sei in der Arbeitsgestaltung frei gewesen, Urlaub habe er sich nicht genehmigen lassen müssen und er habe auf Gehalt verzichtet.
Mit der zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage hat der Kläger zudem darauf verwiesen, die Einzugsstelle habe seine Versicherungspflicht festgestellt (Bescheid vom 10.07.2006). Auch seien die Beiträge abgeführt worden und das geschuldete Arbeitsentgelt sei teilweise durch Barauszahlungen und Verrechnungen getilgt worden.
Das SG hat die Beklagte, gestützt auf die Angaben des Klägers, mit Urteil vom 12.03.2008 verpflichtet, diesem ab dem 31.12.2005 Alg dem Grunde nach zu bewilligen. Die Möglichkeit einer wesentlichen Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft sei nicht zu erkennen, so dass von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers auszugehen sei.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Zum Zwecke der Beweisaufnahme sind die Mitinhaberin der B., I. R. sowie deren Sohn C. (H. R.), ein früherer Geschäftsführer der B., uneidlich als Zeugen vernommen worden.
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, die Angaben des Klägers im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht seien von der Geschäftsführerin als richtig bestätigt worden. Die Feststellung der Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle beruhe auf einer abweichenden Beantwortung der Fragen gegenüber der Krankenkasse. I. R. sei auch Inhaberin der Fa. Blattgold R., die alleiniger Auftraggeber der B. gewesen sei, sodass der Kläger zwar wirtschaftlich nicht jedoch persönlich abhängig gewesen sei. Das Vorbringen des Klägers spräche gegen das Konzept einer GmbH. Auch die Aussagen der Zeugen hätten kein anderes Bild ergeben. Ein Weisungsverhältnis habe nie bestanden. Der Kläger habe insoweit seine Arbeitsleistung nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht, sondern zur Erfüllung der zwischen der B. und der Fa. R. bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Es sei auch lebensfremd, einen für ein Arbeitsverhältnis typischen Interessengegensatz anzunehmen, wenn Arbeitsentgelt für ca. 3 Jahre nicht gezahlt werde. Allein die Abführung von Steuern und Beiträge beweise nicht unwiderleglich das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes B-Stadt vom 12.03.2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 27.03.2006 abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des Amtsgerichtes B-Stadt - Insolvenzgericht - sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg vom 12.03.2008 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 07.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 27.03.2006 war aufzuheben. Die Ablehnung der Bewilligung von Alg ab dem 31.12.2005 durch die Beklagte war rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG.
Der Kläger hat für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit ab dem 31.12.2005 dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld, denn er war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos (§ 117 Abs 1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III i.V.m. § 118 SGB III) und bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (§ 117 Abs 1 Nr.2 SGB III i.V.m. § 122 SGB III).
Zudem hat der Kläger in der Folge seiner ununterbrochenen Tätigkeit bei der B. im Zeitraum vom 01.02.1998 bis 21.12.2005 die Anwartschaftszeit iSd § 117 Abs 1 Nr. 3 SGB III erfüllt, denn er hat innerhalb der Rahmenfrist des § 124 Abs 1 SGB III mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs 1 SGB III). Insoweit ist der Kläger dem Personenkreis zuzurechnen, der gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war und somit in der Arbeitslosenversicherung - wie auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung - der Versicherungspflicht unterlag (§ 24 Abs 1, § 25 Abs 1 SGB III).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche, das charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar. Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.1982 - 10 RAr 10/81 - Breith 1983, 739-742 mwN). Es darf aber nicht vollständig entfallen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dabei ist die arbeitsvertragliche Gestaltung im Zweifelsfalle unerheblich, denn maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse, sofern diese von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2001 -
B 12 KR 34/00 R - SozR 3-?2400 § 7 Nr. 17). Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R - veröffentlicht in juris)
Ausgehend von diesen Überlegungen überwiegen die Aspekte, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.02.1998 bis 22.12.2005 sprechen, sodass die Beklagte bei Ausführung des Urteils eine ununterbrochene Versicherungspflicht des Klägers seit dem 01.02.1998 zugrunde zu legen hat. Der Kläger hat zwar im Rahmen des Feststellungsbogens zur Versicherungspflicht angegeben, er sei allein auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit in der Gesellschaft verpflichtet. Eine solche Verpflichtung ergibt sich jedoch weder aus dem Gesellschaftsvertrag vom 17.02.1997 noch aus der Satzung der B ... Aus diesen vertraglichen Regelungen ließe sich allenfalls die Verpflichtung eines Geschäftsführers zur Mitarbeit ableiten. Als solcher war der Kläger jedoch - ausweislich des Auszuges aus dem Handelsregister des Amtsgerichtes B-Stadt - zu keinem Zeitpunkt bestellt. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens vorgetragen, es sei ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen gewesen und ein solcher lässt sich nach den Angaben des Zeugen H.R. im Beweisaufnahmetermin vom 03.02.2010 auch zweifelsfrei nachvollziehen.
Der Zeuge hat angegeben, dass ein Festlohn vereinbart war und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Zwischen dem Zeugen als verantwortlichem Geschäftsführer der B. und dem Kläger hat Einigkeit darüber bestanden, für die Tätigkeit des Klägers sei - auf der Grundlage eines mündlich vereinbarten Arbeitsvertrages - sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zu bezahlen. Dieses Arbeitsverhältnis haben die Vertragsparteien auch in der Form einer abhängigen Beschäftigung gelebt, denn der Kläger hat zumindest bis März 2003 Arbeitsentgelt tatsächlich erhalten und sämtliche Angaben der Zeugen im Termin am 03.02.2010 sprechen für eine persönliche Abhängigkeit des Klägers.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, der Kläger sei von der Fa. R. nur wirtschaftlich abhängig gewesen, verkennt sie, dass dies vorliegend nicht relevant ist und der Kläger als Person in keinerlei tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung zu der Fa. R. gestanden hat. Wirtschaftlich unmittelbar abhängig von der Fa. R. war allein die B., wohingegen im vorliegenden Verfahren für die Frage des Alg-Anspruches allein die Beziehung zwischen dem Kläger und der B. maßgeblich ist. Insoweit war der Kläger - wie jeder Arbeitnehmer - wirtschaftlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Die darüber hinausgehende persönliche Abhängigkeit des Klägers von seinem Arbeitgeber, der B., ergibt sich insbesondere aus der Aussage der Zeugin I.R., die für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass der Kläger in der Zeit seiner Tätigkeit für die B. allein auf Weisung der Gesellschaft, der B., und nicht mehr auf der Grundlage eigenständiger Entscheidungen gearbeitet hat.
Sie hat den wesentlichen Unterschied zwischen der Tätigkeit des Klägers während seiner Anstellung bei der B. und der vorangegangenen selbständigen Tätigkeit dadurch charakterisiert, dass sie als Inhaberin des Handelsgeschäftes R. beim Kläger zu den Zeiten seiner selbständigen Existenz wegen zu liefernder Ware nachfragen musste und auf dessen Entscheidung angewiesen war, wohingegen der Kläger während seines Anstellungsverhältnisses bei der B. Vorgaben der I.R. in deren Eigenschaft als Gesellschafterin der B. bezüglich der Art und der Menge des an die Fa. R. zu liefernden Blattgoldes zu erfüllen hatte. Raum für eigenständige unternehmerischen Entscheidungen des Klägers in Bezug auf die Geschäftsbeziehungen der B. ist somit nicht mehr zu erkennen.
Darüber hinaus steht aufgrund der Zeugenaussagen fest, dass der Kläger zwar allein über die handwerklichen Fähigkeiten verfügte, die Blattgoldmanufaktur zu betreiben; gleichwohl hatte er weder rechtliche noch tatsächliche Gestaltungsmöglichkeiten, die Geschicke der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen. Nach den Aussagen der Zeugen sollte dies vielmehr verhindert werden, denn insbesondere der Zeuge H.R. hat betont, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen seines Handelns sachgerecht einzuschätzen. Insoweit war es aus Sicht der übrigen Gesellschafter, insbesondere der I.R. und des ersten Geschäftsführers H.R., zwingend erforderlich, dass der Kläger weder über die Gesellschaftsanteile noch über eine formale Vertretungsberechtigung für die B. wesentliche Entscheidungen treffen konnte. Insoweit fehlte es bereits an der Rechtsmacht des Klägers, wesentlichen Einfluss auf die B. auszuüben zu können, und es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger die B. tatsächlich wie eine eigenes Unternehmen habe führen können. Insbesondere hat die Zeugin I.R. bestätigt, dass der Kläger tatsächlich und allein wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten als Produktionsleiter in der B. tätig geworden ist und nur für die Herstellung des Blattgoldes verantwortlich war. Dies spiegelt sich auch in der Aussage der I.R. wieder, wonach alle Gesellschafter tatsächlich gleichberechtigt gewesen seien, sodass der Kläger auch nicht derjenige Gesellschafter war, der die B. kraft überlegenen Wissens oder Autorität tatsächlich geführt und die übrigen Gesellschafter lediglich eine Strohmannfunktion innegehabt hätten. Aufgrund der Zeugenaussagen lässt sich vielmehr belegen, dass die Familie C. in Person der I.R. und ihres Sohnes H.R. als ersten Geschäftführer sowie der B. - nach Angaben der I.R. auch eine Mitarbeiterin ihrer Fa. R. und ehemalige Lebensgefährtin ihres Sohnes - die B. als Familienbetrieb geführt haben und der Kläger dort nur abhängig beschäftigt war. Dies belegen auch die Aussagen der Zeugen, die eine Eingliederung der Goldblattproduktion einschließlich des Klägers in das Handelsgeschäft R. lediglich aus steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Gründen vermeiden wollten und aus diesem Grund den Weg der GmbH-Gründung gegangen sind.
Die Einschätzung in Bezug auf die persönliche Abhängigkeit des Klägers wird auch nicht durch die von der Beklagten ins Feld geführten Argumente erschüttert. Soweit die Beklagte auf die Angaben im Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung verweist und geltend macht, der Kläger habe weder in Bezug auf Zeit oder Art der Beschäftigung einem Direktionsrecht der Gesellschaft unterlegen, dass er seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei habe bestimmen können, er sich den Urlaub nicht habe genehmigen lassen müssen und keine Kündigungsfrist vereinbart gewesen sei, sind diese Angaben auf der Grundlage der Zeugenaussagen als widerlegt anzusehen oder zumindest zu relativieren.
Hiernach hatte der Kläger aufgrund des Umstandes, dass er als Handwerksmeister als einziger Gesellschafter über die handwerklichen Fähigkeiten verfügte den Produktionsvorgang zu leiten, einen klar zugewiesenen Aufgabenbereich, der durch Weisungen der Gesellschaft im Einzelfall weder beeinflusst werden konnte noch sollte. Demgegenüber war es Ziel der Gesellschaft, den Kläger von kaufmännischen Angelegenheiten nicht nur zu entlasten, sondern ihn sogar fernzuhalten, sodass eine freie, für eine selbständige Tätigkeit typische Bestimmung des Aufgabenfeldes innerhalb der Gesellschaft gerade nicht vorgesehen war. Auch ist es nicht ungewöhnlich für abhängig Beschäftigte in einer herausgehobenen Position wie der eines Produktionsleiters, dass mehr als die tarifliche Arbeitszeit abgeleistet wird. Auch hat der Kläger die Frage nach der Genehmigungsnotwendigkeit des Urlaubs zutreffend beantwortet, weil nach den Angaben des Zeugen H.R. die B. grundsätzlich Betriebsurlaub gemacht hat, so dass kein Arbeitnehmer den Urlaub genehmigen lassen musste. Insofern ist dieses Vorbringen der Beklagten untauglich, um ein Abgrenzungskriterium für eine selbständige Tätigkeit darzustellen. Die Fragen nach dem Arbeitsvertrag und einer vereinbarten Kündigungsfrist konnte der Kläger mangels Vorliegen eines schriftlichen Vertrages, von dem die Beklagte nach ihrer Fragestellung im Beurteilungsbogen grundsätzlich ausgeht, nicht hinreichend beantworten. Nachdem das Vorliegen eines mündlichen Arbeitvertrages jedoch nach der Zeugenaussage des H.R. belegt ist, haben die gesetzlichen Kündigungsfristen gegolten, so dass sich die fehlerhaften Antworten des Klägers mit dessen mangelnden Verständnis für die Zusammenhänge erklären lassen. Dies erscheint dem Senat auch nachvollziehbar, nachdem sich - unabhängig der Fallgestaltung - manche Fragestellungen des Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung für einen juristischen Laien als missverständlich darstellen können.
Im Ergebnis muss sich der Kläger allenfalls entgegenhalten lassen über einen längeren Zeitraum auf die Auszahlung seines Arbeitsentgeltes verzichtet zu haben. Doch auch durch den vorübergehenden Verzicht auf die Auszahlung, d.h. die Stundung des Arbeitsentgeltes verliert ein Arbeitnehmer nicht seinen Status und es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im Interesse der B. auf seinen Forderungen endgültig verzichtet hätte.
Im Ergebnis sind daher keine wesentlichen Gesichtspunkte zu erkennen, die gegen eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers sprechen, sodass die Berufung zurückzuweisen und die Verurteilung der Beklagten zur Leistung dem Grunde nach zu bestätigen ist. Über eine weitergehende Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Leistung hat der Senat mangels eines Leistungsantrages des Klägers nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der Beklagten.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg).
Am 22.12.2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten persönlich arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Bis 30.12.2005 sei er arbeitsunfähig erkrankt. Er gab an, als Goldschläger bei der Fa. B. Blattgoldmanufaktur C-Stadt - GmbH (B.) beschäftigt gewesen zu sein. Diese habe am 21.12.2005 Insolvenz angemeldet. An der Gesellschaft des Arbeitgebers sei er zu 30 v.H. beteiligt gewesen. Im Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab der Kläger an, nicht als Geschäftsführer bestellt gewesen zu sein. An der Gesellschaft seien neben der Geschäftsführerin M. B. (B.) auch C. (I. R.) mit jeweils 35 v. H beteiligt. Zur Mitarbeit sei er auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages verpflichtet. Ein Weisungsrecht werde nicht ausgeübt. Seine Tätigkeit könne er weitgehend frei bestimmen und den Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Sein Gehalt habe er seit April 2003 nicht mehr erhalten. Zudem sei er bereits Inhaber des Vorgängerbetriebes gewesen. Diesen Betrieb habe er im Rahmen einer Insolvenz aufgeben müssen.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Alg mit Bescheid vom 07.02.2006 ab. Die Tätigkeit des Klägers der B. sei nicht als Versicherungspflichtverhältnis anzusehen.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, er sei weder Mehrheitsgesellschafter noch Geschäftsführer gewesen. Auch verfüge er über keine Sperrminorität. Auf der Grundlage des Gesellschaftervertrages sei er nicht zur Mitarbeit in der Firma verpflichtet gewesen; dies habe sich aus dem lediglich mündlich vereinbarten Arbeitsvertrag ergeben. Der Fragebogen zur Prüfung der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung sei für einen juristischen Laien nicht zutreffend zu beantworten, sodass auf diesen nicht abgestellt werden könne. Als Meister habe er in allen Fragen der Produktion freie Hand gehabt; Unternehmensentscheidungen habe er nicht beeinflussen können. Er sei in den Betrieb eingegliedert gewesen, und die Genehmigung von Urlaub habe sich aufgrund des Umstandes erübrigt, dass die Firma Betriebsurlaub gemacht habe. Unternehmerische Entscheidungen seien von I.R. getroffen worden. Die Sozialversicherungsbeiträge seien abgeführt worden und ein Verzicht von Arbeitsentgelt sei nicht vereinbart worden. Auf die Stundung des Arbeitentgeltes habe er sich eingelassen, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Gelebt habe er von den Einkünften seiner Ehefrau. Die geplante Umgestaltung des Geschäftsbetriebes, von der er sich eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation versprochen habe, habe sich jedoch zerschlagen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2006. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung habe nicht vorgelegen. Der Kläger sei in der Arbeitsgestaltung frei gewesen, Urlaub habe er sich nicht genehmigen lassen müssen und er habe auf Gehalt verzichtet.
Mit der zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage hat der Kläger zudem darauf verwiesen, die Einzugsstelle habe seine Versicherungspflicht festgestellt (Bescheid vom 10.07.2006). Auch seien die Beiträge abgeführt worden und das geschuldete Arbeitsentgelt sei teilweise durch Barauszahlungen und Verrechnungen getilgt worden.
Das SG hat die Beklagte, gestützt auf die Angaben des Klägers, mit Urteil vom 12.03.2008 verpflichtet, diesem ab dem 31.12.2005 Alg dem Grunde nach zu bewilligen. Die Möglichkeit einer wesentlichen Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft sei nicht zu erkennen, so dass von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers auszugehen sei.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Zum Zwecke der Beweisaufnahme sind die Mitinhaberin der B., I. R. sowie deren Sohn C. (H. R.), ein früherer Geschäftsführer der B., uneidlich als Zeugen vernommen worden.
Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, die Angaben des Klägers im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht seien von der Geschäftsführerin als richtig bestätigt worden. Die Feststellung der Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle beruhe auf einer abweichenden Beantwortung der Fragen gegenüber der Krankenkasse. I. R. sei auch Inhaberin der Fa. Blattgold R., die alleiniger Auftraggeber der B. gewesen sei, sodass der Kläger zwar wirtschaftlich nicht jedoch persönlich abhängig gewesen sei. Das Vorbringen des Klägers spräche gegen das Konzept einer GmbH. Auch die Aussagen der Zeugen hätten kein anderes Bild ergeben. Ein Weisungsverhältnis habe nie bestanden. Der Kläger habe insoweit seine Arbeitsleistung nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht, sondern zur Erfüllung der zwischen der B. und der Fa. R. bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Es sei auch lebensfremd, einen für ein Arbeitsverhältnis typischen Interessengegensatz anzunehmen, wenn Arbeitsentgelt für ca. 3 Jahre nicht gezahlt werde. Allein die Abführung von Steuern und Beiträge beweise nicht unwiderleglich das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes B-Stadt vom 12.03.2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 27.03.2006 abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Akten des Amtsgerichtes B-Stadt - Insolvenzgericht - sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg vom 12.03.2008 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 07.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 27.03.2006 war aufzuheben. Die Ablehnung der Bewilligung von Alg ab dem 31.12.2005 durch die Beklagte war rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG.
Der Kläger hat für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit ab dem 31.12.2005 dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld, denn er war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos (§ 117 Abs 1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III i.V.m. § 118 SGB III) und bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (§ 117 Abs 1 Nr.2 SGB III i.V.m. § 122 SGB III).
Zudem hat der Kläger in der Folge seiner ununterbrochenen Tätigkeit bei der B. im Zeitraum vom 01.02.1998 bis 21.12.2005 die Anwartschaftszeit iSd § 117 Abs 1 Nr. 3 SGB III erfüllt, denn er hat innerhalb der Rahmenfrist des § 124 Abs 1 SGB III mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Abs 1 SGB III). Insoweit ist der Kläger dem Personenkreis zuzurechnen, der gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war und somit in der Arbeitslosenversicherung - wie auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung - der Versicherungspflicht unterlag (§ 24 Abs 1, § 25 Abs 1 SGB III).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche, das charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar. Persönliche Abhängigkeit bedeutet Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein (vgl. BSG, Urteil vom 23.09.1982 - 10 RAr 10/81 - Breith 1983, 739-742 mwN). Es darf aber nicht vollständig entfallen. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dabei ist die arbeitsvertragliche Gestaltung im Zweifelsfalle unerheblich, denn maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse, sofern diese von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2001 -
B 12 KR 34/00 R - SozR 3-?2400 § 7 Nr. 17). Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R - veröffentlicht in juris)
Ausgehend von diesen Überlegungen überwiegen die Aspekte, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers im Zeitraum vom 01.02.1998 bis 22.12.2005 sprechen, sodass die Beklagte bei Ausführung des Urteils eine ununterbrochene Versicherungspflicht des Klägers seit dem 01.02.1998 zugrunde zu legen hat. Der Kläger hat zwar im Rahmen des Feststellungsbogens zur Versicherungspflicht angegeben, er sei allein auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit in der Gesellschaft verpflichtet. Eine solche Verpflichtung ergibt sich jedoch weder aus dem Gesellschaftsvertrag vom 17.02.1997 noch aus der Satzung der B ... Aus diesen vertraglichen Regelungen ließe sich allenfalls die Verpflichtung eines Geschäftsführers zur Mitarbeit ableiten. Als solcher war der Kläger jedoch - ausweislich des Auszuges aus dem Handelsregister des Amtsgerichtes B-Stadt - zu keinem Zeitpunkt bestellt. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens vorgetragen, es sei ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen gewesen und ein solcher lässt sich nach den Angaben des Zeugen H.R. im Beweisaufnahmetermin vom 03.02.2010 auch zweifelsfrei nachvollziehen.
Der Zeuge hat angegeben, dass ein Festlohn vereinbart war und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Zwischen dem Zeugen als verantwortlichem Geschäftsführer der B. und dem Kläger hat Einigkeit darüber bestanden, für die Tätigkeit des Klägers sei - auf der Grundlage eines mündlich vereinbarten Arbeitsvertrages - sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zu bezahlen. Dieses Arbeitsverhältnis haben die Vertragsparteien auch in der Form einer abhängigen Beschäftigung gelebt, denn der Kläger hat zumindest bis März 2003 Arbeitsentgelt tatsächlich erhalten und sämtliche Angaben der Zeugen im Termin am 03.02.2010 sprechen für eine persönliche Abhängigkeit des Klägers.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, der Kläger sei von der Fa. R. nur wirtschaftlich abhängig gewesen, verkennt sie, dass dies vorliegend nicht relevant ist und der Kläger als Person in keinerlei tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung zu der Fa. R. gestanden hat. Wirtschaftlich unmittelbar abhängig von der Fa. R. war allein die B., wohingegen im vorliegenden Verfahren für die Frage des Alg-Anspruches allein die Beziehung zwischen dem Kläger und der B. maßgeblich ist. Insoweit war der Kläger - wie jeder Arbeitnehmer - wirtschaftlich von seinem Arbeitgeber abhängig. Die darüber hinausgehende persönliche Abhängigkeit des Klägers von seinem Arbeitgeber, der B., ergibt sich insbesondere aus der Aussage der Zeugin I.R., die für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass der Kläger in der Zeit seiner Tätigkeit für die B. allein auf Weisung der Gesellschaft, der B., und nicht mehr auf der Grundlage eigenständiger Entscheidungen gearbeitet hat.
Sie hat den wesentlichen Unterschied zwischen der Tätigkeit des Klägers während seiner Anstellung bei der B. und der vorangegangenen selbständigen Tätigkeit dadurch charakterisiert, dass sie als Inhaberin des Handelsgeschäftes R. beim Kläger zu den Zeiten seiner selbständigen Existenz wegen zu liefernder Ware nachfragen musste und auf dessen Entscheidung angewiesen war, wohingegen der Kläger während seines Anstellungsverhältnisses bei der B. Vorgaben der I.R. in deren Eigenschaft als Gesellschafterin der B. bezüglich der Art und der Menge des an die Fa. R. zu liefernden Blattgoldes zu erfüllen hatte. Raum für eigenständige unternehmerischen Entscheidungen des Klägers in Bezug auf die Geschäftsbeziehungen der B. ist somit nicht mehr zu erkennen.
Darüber hinaus steht aufgrund der Zeugenaussagen fest, dass der Kläger zwar allein über die handwerklichen Fähigkeiten verfügte, die Blattgoldmanufaktur zu betreiben; gleichwohl hatte er weder rechtliche noch tatsächliche Gestaltungsmöglichkeiten, die Geschicke der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen. Nach den Aussagen der Zeugen sollte dies vielmehr verhindert werden, denn insbesondere der Zeuge H.R. hat betont, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen seines Handelns sachgerecht einzuschätzen. Insoweit war es aus Sicht der übrigen Gesellschafter, insbesondere der I.R. und des ersten Geschäftsführers H.R., zwingend erforderlich, dass der Kläger weder über die Gesellschaftsanteile noch über eine formale Vertretungsberechtigung für die B. wesentliche Entscheidungen treffen konnte. Insoweit fehlte es bereits an der Rechtsmacht des Klägers, wesentlichen Einfluss auf die B. auszuüben zu können, und es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger die B. tatsächlich wie eine eigenes Unternehmen habe führen können. Insbesondere hat die Zeugin I.R. bestätigt, dass der Kläger tatsächlich und allein wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten als Produktionsleiter in der B. tätig geworden ist und nur für die Herstellung des Blattgoldes verantwortlich war. Dies spiegelt sich auch in der Aussage der I.R. wieder, wonach alle Gesellschafter tatsächlich gleichberechtigt gewesen seien, sodass der Kläger auch nicht derjenige Gesellschafter war, der die B. kraft überlegenen Wissens oder Autorität tatsächlich geführt und die übrigen Gesellschafter lediglich eine Strohmannfunktion innegehabt hätten. Aufgrund der Zeugenaussagen lässt sich vielmehr belegen, dass die Familie C. in Person der I.R. und ihres Sohnes H.R. als ersten Geschäftführer sowie der B. - nach Angaben der I.R. auch eine Mitarbeiterin ihrer Fa. R. und ehemalige Lebensgefährtin ihres Sohnes - die B. als Familienbetrieb geführt haben und der Kläger dort nur abhängig beschäftigt war. Dies belegen auch die Aussagen der Zeugen, die eine Eingliederung der Goldblattproduktion einschließlich des Klägers in das Handelsgeschäft R. lediglich aus steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Gründen vermeiden wollten und aus diesem Grund den Weg der GmbH-Gründung gegangen sind.
Die Einschätzung in Bezug auf die persönliche Abhängigkeit des Klägers wird auch nicht durch die von der Beklagten ins Feld geführten Argumente erschüttert. Soweit die Beklagte auf die Angaben im Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung verweist und geltend macht, der Kläger habe weder in Bezug auf Zeit oder Art der Beschäftigung einem Direktionsrecht der Gesellschaft unterlegen, dass er seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei habe bestimmen können, er sich den Urlaub nicht habe genehmigen lassen müssen und keine Kündigungsfrist vereinbart gewesen sei, sind diese Angaben auf der Grundlage der Zeugenaussagen als widerlegt anzusehen oder zumindest zu relativieren.
Hiernach hatte der Kläger aufgrund des Umstandes, dass er als Handwerksmeister als einziger Gesellschafter über die handwerklichen Fähigkeiten verfügte den Produktionsvorgang zu leiten, einen klar zugewiesenen Aufgabenbereich, der durch Weisungen der Gesellschaft im Einzelfall weder beeinflusst werden konnte noch sollte. Demgegenüber war es Ziel der Gesellschaft, den Kläger von kaufmännischen Angelegenheiten nicht nur zu entlasten, sondern ihn sogar fernzuhalten, sodass eine freie, für eine selbständige Tätigkeit typische Bestimmung des Aufgabenfeldes innerhalb der Gesellschaft gerade nicht vorgesehen war. Auch ist es nicht ungewöhnlich für abhängig Beschäftigte in einer herausgehobenen Position wie der eines Produktionsleiters, dass mehr als die tarifliche Arbeitszeit abgeleistet wird. Auch hat der Kläger die Frage nach der Genehmigungsnotwendigkeit des Urlaubs zutreffend beantwortet, weil nach den Angaben des Zeugen H.R. die B. grundsätzlich Betriebsurlaub gemacht hat, so dass kein Arbeitnehmer den Urlaub genehmigen lassen musste. Insofern ist dieses Vorbringen der Beklagten untauglich, um ein Abgrenzungskriterium für eine selbständige Tätigkeit darzustellen. Die Fragen nach dem Arbeitsvertrag und einer vereinbarten Kündigungsfrist konnte der Kläger mangels Vorliegen eines schriftlichen Vertrages, von dem die Beklagte nach ihrer Fragestellung im Beurteilungsbogen grundsätzlich ausgeht, nicht hinreichend beantworten. Nachdem das Vorliegen eines mündlichen Arbeitvertrages jedoch nach der Zeugenaussage des H.R. belegt ist, haben die gesetzlichen Kündigungsfristen gegolten, so dass sich die fehlerhaften Antworten des Klägers mit dessen mangelnden Verständnis für die Zusammenhänge erklären lassen. Dies erscheint dem Senat auch nachvollziehbar, nachdem sich - unabhängig der Fallgestaltung - manche Fragestellungen des Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung für einen juristischen Laien als missverständlich darstellen können.
Im Ergebnis muss sich der Kläger allenfalls entgegenhalten lassen über einen längeren Zeitraum auf die Auszahlung seines Arbeitsentgeltes verzichtet zu haben. Doch auch durch den vorübergehenden Verzicht auf die Auszahlung, d.h. die Stundung des Arbeitsentgeltes verliert ein Arbeitnehmer nicht seinen Status und es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im Interesse der B. auf seinen Forderungen endgültig verzichtet hätte.
Im Ergebnis sind daher keine wesentlichen Gesichtspunkte zu erkennen, die gegen eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers sprechen, sodass die Berufung zurückzuweisen und die Verurteilung der Beklagten zur Leistung dem Grunde nach zu bestätigen ist. Über eine weitergehende Verurteilung der Beklagten zu einer konkreten Leistung hat der Senat mangels eines Leistungsantrages des Klägers nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen der Beklagten.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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