Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 13/10 J 3043/91
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 J 40/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
vor BSG-ZVW LSG-Az.: L 2 J 1073/93
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die 1947 geborene Klägerin hat zwischen April 1961 und Juni 1975 als Montagearbeiterin versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend bezog sie abgesehen von zwei Kurzzeittätigkeiten im Jahre 1976 - Leistungen von der Arbeitsverwaltung bis 22. November 1986 (Wegfall der Arbeitslosenhilfe). Für die Folgezeit vom 23. November 1986 bis 31. Januar 1990 enthält ihr Versicherungsverlauf eine Lücke. Vom 1. Februar 1990 bis 20. Juni 1990 arbeitete die Klägerin versicherungspflichtig als Hausangestellte. Im Juni 1990 erlitt sie einen Herzinfarkt und ist seitdem erwerbsunfähig.
Den am 19. April 1991 von der Klägerin gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 1991 wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. Der dagegen erhobene Widerspruch war erfolglos (Bescheid vom 29. November 1991), ebenso das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 23. September 1993) und das anschließende Berufungsverfahren (Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe zwar die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit erfüllt und sei seit dem Infarktgeschehen am 11. Juni 1990 nicht mehr in der Lage, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Sie habe jedoch nicht - wie es seit 1984 erforderlich sei - zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Selbst bei Berücksichtigung von sogenannten Aufschubzeiten seien während der letzten 60 Kalendermonate vor Eintritt des Versicherungsfalles am 11. Juni 1990 nur 22 und nicht die erforderlichen 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Der Versicherungsfall sei auch nicht durch einen der in § 1252 der Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Tatbeständen eingetreten und auch die Übergangsregelung des Artikel 2 § 6 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) komme nicht zum Zuge, weil die Klägerin nicht nach 1984 fortlaufend freiwillige Beiträge entrichtet habe. Die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge, wie sie es angeboten habe, könne nicht mehr erfolgen.
Auf die Beschwerde der Klägerin wurde die Revision gegen den Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994 zugelassen. Mit ihrer Revision machte die Klägerin geltend, die Arbeitslosenhilfe sei ihr entzogen worden, weil sie aufgrund der Zahlung von Pflegegeld vom Sozialamt nicht mehr bedürftig gewesen sei und aufgrund der umfassenden Pflegebedürftigkeit ihres Vaters dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Das Arbeitsamt habe von diesem Sachverhalt gewußt, sie aber seinerzeit bei dem Entzug der Arbeitslosenhilfe nicht dahin beraten, daß sie sich nunmehr freiwillig versichern müsse, um ihre Rentenanwartschaften für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht zu verlieren. Bei entsprechender Beratung hätte sie rechtzeitig während der Pflege ihres Vaters freiwillige Beiträge aus dem Pflegegeld und nach dem Tode ihres Vaters aus ihren Einkünften als nicht versicherungspflichtig beschäftigte Hausangestellte entrichtet und so ihre Anwartschaften aufrechterhalten. Das Unterlassen der Beratung durch das Arbeitsamt sei der Beklagten zuzurechnen, so daß ihr, der Klägerin, im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entsprechend ihrem Antrag die Nachentrichtung der fehlenden Beiträge für den noch offenen Zeitraum zu gestatten sei. Das Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei bisher nicht geprüft worden, obwohl sie die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge angeboten habe.
Durch Beschluss vom 22. Oktober 1996 hob das Bundessozialgericht den Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994 auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurück. Die Frage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Beitragsnachentrichtung müsse noch geprüft werden. Hier insbesondere, ob dem Arbeitsamt im November 1986 bekannt gewesen sei oder habe bekannt sein müssen, daß die Klägerin in eine Lage kommen würde, in der ihr die weitere Aufrechterhaltung ihrer Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit unmöglich würde und sie Gefahr liefe, insoweit ungesichert zu sein. Davon wäre etwa auszugehen, wenn die Klägerin bei ihren abschließenden Kontakten mit dem Arbeitsamt geäußert hätte, sie werde auf unbestimmte Zeit ihren Vater pflegen. Sofern nach den noch anzustellenden Ermittlungen das Arbeitsamt nicht (ausreichend) informiert habe, sei weiter zu prüfen, ob die Pflichtverletzung für den eingetretenen sozialrechtlichen Nachteil kausal gewesen sei. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin bei rechtzeitiger zutreffender Beratung bereit und in der Lage gewesen wäre, ab Dezember 1986 laufend freiwillige Beiträge zu entrichten. Die Kausalität zwischen Beitragsunterlassung und Nichtentrichtung der Beiträge wäre auch dann zu verneinen, wenn die Klägerin die Möglichkeit zur Klärung bestehender Zweifel in grob fahrlässiger Weise nicht genutzt hätte. Falls die Klägerin danach unzureichend beraten worden und dies ursächlich für ihr Handeln (unterlassene rechtzeitige Beitragsentrichtung) gewesen sei, könne sie von der Beklagten die Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn diese sich pflichtgemäß verhalten hätte. Dies bedeute die Zulassung zur Beitragsnachentrichtung für die nicht belegten Monate von Dezember 1986 bis Dezember 1989 oder die Inanspruchnahme eines Rentenanpruchs ab 1. Januar 1992 (§§ 240 Abs. 2 Satz 2, 241 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch - SGB - IV).
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung einen Befundbericht des Arztes Dr. D. vom 9. September 1997 eingeholt, ferner Akten beigezogen vom Sozialamt der Stadt E., dem Versorgungsamt G. und dem Arbeitsamt H., von dem eine zusätzliche Stellungnahme vom 20. August 1997 veranlaßt wurde. Das Arbeitsamt H. Dienststelle F. hat zur Senatsanfrage ausgeführt:
"Bewerberdaten sind von Frau A. bei meiner Dienststelle nicht mehr vorhanden. Insofern beziehen sich meine Aussagen nicht auf konkrete Unterlagen sondern auf allgemein übliche Geschäftspraktiken. Aussagen zum Rentenrecht werden von meinen Mitarbeitern/innen rechtsverbindlich nicht getätigt. Es erfolgen konkrete Verweisungen an den zuständigen Rentenversicherungsträger bzw. an die bekannten Rentenberater. Im Falle der Frau A. gehe ich davon aus, daß im Hinblick auf rentenrechtliche Auswirkungen keine Hinweise gegeben wurden. Die Leistungseinstellung erfolgte wegen fehlender Verfügbarkeit ab dem 24.11.86. Der Aufhebungsbescheid der Leistungsabteilung enthält im Hinblick auf das Rentenrecht keinerlei Hinweise (s. Bl ... 190 und 191 d.A.). Gleiches ist auch im Hinblick auf weitere Bescheide wegen der Ablehnung von Arbeitslosenhilfe am 22.3.88 und der Ablehnung von Arbeitslosengeld am 1.11.91 festzustellen (Bl. 196 und 206 d.A.). Zu den Aufgaben eines Arbeitsvermittlers gehört es mit Sicherheit nicht, rentenrechtliche Aussagen zu treffen. Hinweise können nur allgemein gegeben werden, zumal die Rechtssituation permanenten Änderungen unterworfen ist. Folglich verbleibt letztendlich nur die Verweisung an zuständige Stellen und oft auch nur dann, wenn konkrete Fragen an den Arbeitsvermittler herangetragen werden, Solche Fragen waren mit Sicherheit nicht Bestandteil der seinerzeitigen Erörterungen. Die Dauer der Pflege des Vaters war mit Sicherheit auch mit dessen Lebensdauer verbunden. Insofern war nicht abzuschätzen, wie lange diese Pflege andauern würde. Der Sachverhalt war im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten zu entscheiden. Ob Frau A. sich dahingehend geäußert hat, daß sie ihren Vater auf unbestimmte Zeit pflegen wolle, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Reha-Unterlagen sind nicht vorhanden."
Außerdem wurde eine Auskunft vom Sozialamt des Kreises H. vom 24. September 1997 eingeholt. Unterlagen über Pflegegeldzahlungen an den Vater der Klägerin stünden nicht mehr zur Verfügung, da der Fall bereits 1988 eingestellt worden sei.
Die Klägerin trägt ergänzend vor, ihr Vater habe neben seiner eigenen Rente in Höhe von ca. 1.400,00 DM monatlich in der Zeit von Oktober 1986 bis zu seinem Tode im März 1988 Pflegegeld in Höhe von 812,00 DM monatlich erhalten. Wegen seiner Rente sei der Vater auf das Pflegegeld nicht angewiesen gewesen. Davon hätte sie - die Klägerin - Beiträge zur Aufrechterhaltung ihres Versicherungsschutzes in der Rentenversicherung leisten können, wenn das Arbeitsamt sie informiert hätte. Weder der Aufhebungsbescheid vom November 1986 noch der Bescheid vom März 1988, betreffend die Ablehnung der Zahlung von Arbeitslosenhilfe, hätten einen entsprechenden Hinweis enthalten. Dabei habe sie im Jahre 1986 der Arbeitsverwaltung, Dienststelle F. des Arbeitsamtes H., mitgeteilt, daß sie künftig ihren Vater pflegen werde. Aufgrund dieser Mitteilung seien die Leistungen der Bundesanstalt wegen fehlender Verfügbarkeit eingestellt worden; es sei aber kein Hinweis zum Versicherungsschutz ergangen. Ebenso wie sie im Februar 1987 beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung gestellt habe, hätte sie auch hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung verfahren können. In diesem Falle wäre das Sozialamt verpflichtet gewesen, die Beiträge zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft zu übernehmen. Darüber hinaus hätte sie die nach dem Tode ihres Vaters seit März 1988 eingegangenen Beschäftigungsverhältnisse wegen der Rentenversicherung nicht als geringfügig gestaltet. Dazu wären Absprachen mit ihren damaligen Arbeitgebern, aber auch dem Sozialamt möglich gewesen. Schließlich seien auch ihre beiden Brüder finanziell bereit und in der Lage gewesen, sie nach dem Tode ihres Vaters zu unterstützen, was unter Zeugenbeweis gestellt werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1991 zu verurteilen, ihr ab 1. April 1991 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit unter der Bedingung fristgemäßer Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zugunsten der Klägerin nicht für gegeben. Eine "Rundumberatung" könne nicht Aufgabe der Arbeitsverwaltung sein, zumal dort die Rentenbiographie eines Versicherten nicht bekannt sei. Anhand der wirtschaftlichen Situation sei der Vortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar, sie hätte bei entsprechender Belehrung durch das Arbeitsamt freiwillige Beiträge von Dezember 1986 bis Januar 1990 zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten können. Die Klägerin habe während der Zeit der Pflege ihres Vaters bis März 1988 Leistungen aus der Sozialhilfe erhalten (monatlich 320,00 DM). Die freiwilligen Mindestbeiträge hätten sich im Jahre 1986 auf monatlich 92,00 DM, im Jahre 1987 auf monatlich 94,00 DM und im Jahre 1988 auf monatlich 96,00 DM belaufen. Selbst wenn von einer Beratungsunterlassung durch das Arbeitsamt auszugehen wäre, fehle es an einer Kausalität zwischen Beratungsunterlassung und Nichtentrichtung der Beiträge. Wenn die Klägerin zwischen 1988 und 1990 statt einer versicherungsfreien Beschäftigung und Sozialhilfebezug eine versicherungspflichtige Beschäftigung gewählt hätte, was ihr nach eigenem Vorbringen möglich gewesen wäre, dann hätte sich das Problem der Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenbezug nicht gestellt. Selbst wenn unterstellt werde, bis zum Tode des Vaters im März 1988 hätte aus dessen Pflegegeld eine Beitragszahlung an die Rentenversicherung erfolgen können, wäre die Klägerin nach dem Tod des Vaters dazu nicht mehr in der Lage gewesen, wie auch die aus der Sozialamtsakte bekannten Einkünfte ihrer Brüder bestätigten. Eine Beitragsübernahme durch das Sozialamt wäre nicht erfolgt, weil eine Rentengewährung an die Klägerin zur damaligen Zeit nicht absehbar gewesen sei. Dazu hat die Beklagte eine Stellungnahme des Kreisausschusses des Landkreises J. Sozialamt - vom 1. August 1996 vorgelegt und beantragt, Auskünfte des Hessischen Städtetages und des Hessischen Landkreistages einzuholen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich unbegründet.
Die nach Maßgabe des zurückverweisenden BSG-Urteils getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen zur Frage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen einer Beitragsnachentrichtung hat der Senat vorgenommen. Danach ist ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen eines Beratungsmangels der Arbeitsverwaltung gegen die Beklagte auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen vorliegend nicht gegeben.
Zunächst kann nicht festgestellt werden, ob dem Arbeitsamt H. im November 1986 bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, daß die Klägerin in eine Lage kommen würde, in der ihr die weitere Aufrechterhaltung ihrer Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit unmöglich würde und sie Gefahr liefe, insoweit ungesichert zu sein. Dazu ergeben weder die vom Senat eingeholte Auskunft des Arbeitsamtes vom 20. August 1997 noch die beigezogenen Leistungsakten ausreichend konkrete Hinweise. Zwar enthalten weder der Aufhebungsbescheid des Arbeitsamtes vom 16. Januar 1987 über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) noch der Ablehnungsbescheid vom 23. März 1988 über die Ablehnung des Antrages auf Alhi vom 4. März 1988 einen Hinweis auf rentenrechtliche Vorschriften oder Konsequenzen. Dies erscheint aber unter Berücksichtigung der primären Aufgabenstellung der Arbeitsverwaltung (Arbeitsvermittlung), des damaligen Lebensalters der Klägerin und ihrer damals zweifelsfrei vorhandenen Leistungsfähigkeit verständlich, zumal weitere Informationen und Unterlagen zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation dem Arbeitsamt offenbar nicht vorgelegen haben. Dort war auch nicht bekannt, ob sich die Klägerin dahin geäußert hatte, daß sie ihren Vater auf unbestimmte Zeit pflegen wollte. Der Aufhebungsbescheid vom 16. Juni 1987 (mit Wirkung vom 24. November 1986) gründet sich auf eine Erklärung der Klägerin anläßlich ihrer Vorsprache beim Arbeitsamt am 24. November 1986, ihr Vater sei ein Pflegefall und sie müsse ihn ganztags pflegen; sie könne nicht arbeiten und keinen Lehrgang machen (Bl. 186 der L-Akte). Aus dieser Erklärung läßt sich die beabsichtigte Dauer der Pflege nicht ableiten. Schließlich war der Versicherungsschutz der Klägerin in der Rentenversicherung auch nicht unmittelbar mit der Übernahme der Pflegetätigkeit für den Vater entfallen, sondern erst nach Ablauf der Dreijahresfrist der §§ 1246/1247 Abs. 2a RVO. Die vom Senat getroffenen Feststellungen führen nicht zu der Überzeugung, daß sich eine Beratung der Klägerin in rentenversicherungsrechtlicher Hinsicht für die Arbeitsverwaltung als naheliegend aufgedrängt hätte. Auch auf der Grundlage seiner allgemein üblichen Geschäftspraktiken, die das Arbeitsamt H. unter dem 20. August 1997 geschildert hat, ist ein Beratungsmangel gegenüber der Klägerin nicht abzuleiten. Dafür ist die konkrete damalige Beratungssituation maßgebend. Diese ist aber nicht mehr nachvollziehbar.
Aber selbst wenn man von einem Beratungsmangel ausgehen wollte, fehlt es im konkreten Fall an der erforderlichen Kausalität zwischen Beratungsunterlassung und Nachentrichtung der Beiträge durch die Klägerin. Aufgrund ihrer damaligen wirtschaftlichen Situation, wie sie jedenfalls anhand der beigezogenen Sozialhilfeakte dokumentiert ist, war die Klägerin allein wirtschaftlich nicht in der Lage, die erforderlichen monatlichen freiwilligen Mindestbeiträge für die Aufrechterhaltung ihrer Rentenanwartschaft zu bezahlen. Darauf hat die Beklagt in ihrem Schriftsatz vom 8. Juli 1997 zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat seit 1. Februar 1987 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten, dies auch während der Zeit der Pflege ihres im März 1988 verstorbenen Vaters. Der ihr bewilligte Regelsatz in Höhe von 320,00 DM monatlich reichte keineswegs aus, um regelmäßig monatlich freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung aufbringen zu können, selbst wenn ein Pflegegeld in monatlicher Höhe von 812,00 DM berücksichtigt wird, das der Vater neben seiner Rente bezog. Unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation war aber das eigene Verhalten der Klägerin ursächlich für die fehlenden anwartschaftserhaltenden Beiträge zur Rentenversicherung. Die Klägerin hat sich selbst damals keinerlei Gedanken um ihre rentenversicherungsrechtliche Situation gemacht. Dafür spricht die Annahme von geringfügigen (versicherungsfreien) Beschäftigungsverhältnissen nach dem Tode ihres Vaters im März 1988, obwohl sie nach eigenem Vorbringen hätte rentenversicherungspflichtig arbeiten können und ihr Antrag vom 4. März 1988 auf Alhi vom Arbeitsamt abgelehnt worden war. Bei Wiederaufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Tode ihres Vaters ab April 1988 hätte die Klägerin mehr als die fehlenden 14 Monate Versicherungszeit erwerben können und zur Zeit des Infarktgeschehens im Juni 1990 die Anwartschaft erhalten. Die Änderung der gesetzlichen Vorschriften zum 1. Januar 1984 durch das Haushaltsbegleitgesetz und der dadurch erschwerte Zugang zum Erhalt von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit war allgemein bekanntgemacht worden. Diese Kenntnis muß auch die Klägerin gegen sich gelten lassen. Damit war das eigene Handeln der Klägerin nach dem Tode ihres Vaters kausal für die Nichterfüllung der Anwartschaft. Eine Übernahme von Beiträgen zur Rentenversicherung durch das Sozialamt hätte bei dieser Sachlage für die Zeit nach dem Tode des Vaters im März 1988 ermessensfehlerfrei nicht erfolgen dürfen, denn die Klägerin hätte sich durch Übernahme versicherungspflichtiger Beschäftigungen - anstelle der geringfügigen versicherungsfreien - selbst helfen können.
Damit kommt auch unter dem Gesichtspunkt eines Herstellungsanspruchs eine Beitragsnachentrichtung zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die 1947 geborene Klägerin hat zwischen April 1961 und Juni 1975 als Montagearbeiterin versicherungspflichtig gearbeitet. Anschließend bezog sie abgesehen von zwei Kurzzeittätigkeiten im Jahre 1976 - Leistungen von der Arbeitsverwaltung bis 22. November 1986 (Wegfall der Arbeitslosenhilfe). Für die Folgezeit vom 23. November 1986 bis 31. Januar 1990 enthält ihr Versicherungsverlauf eine Lücke. Vom 1. Februar 1990 bis 20. Juni 1990 arbeitete die Klägerin versicherungspflichtig als Hausangestellte. Im Juni 1990 erlitt sie einen Herzinfarkt und ist seitdem erwerbsunfähig.
Den am 19. April 1991 von der Klägerin gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 1991 wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. Der dagegen erhobene Widerspruch war erfolglos (Bescheid vom 29. November 1991), ebenso das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 23. September 1993) und das anschließende Berufungsverfahren (Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe zwar die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit erfüllt und sei seit dem Infarktgeschehen am 11. Juni 1990 nicht mehr in der Lage, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten. Sie habe jedoch nicht - wie es seit 1984 erforderlich sei - zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt. Selbst bei Berücksichtigung von sogenannten Aufschubzeiten seien während der letzten 60 Kalendermonate vor Eintritt des Versicherungsfalles am 11. Juni 1990 nur 22 und nicht die erforderlichen 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Der Versicherungsfall sei auch nicht durch einen der in § 1252 der Reichsversicherungsordnung (RVO) genannten Tatbeständen eingetreten und auch die Übergangsregelung des Artikel 2 § 6 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) komme nicht zum Zuge, weil die Klägerin nicht nach 1984 fortlaufend freiwillige Beiträge entrichtet habe. Die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge, wie sie es angeboten habe, könne nicht mehr erfolgen.
Auf die Beschwerde der Klägerin wurde die Revision gegen den Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994 zugelassen. Mit ihrer Revision machte die Klägerin geltend, die Arbeitslosenhilfe sei ihr entzogen worden, weil sie aufgrund der Zahlung von Pflegegeld vom Sozialamt nicht mehr bedürftig gewesen sei und aufgrund der umfassenden Pflegebedürftigkeit ihres Vaters dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Das Arbeitsamt habe von diesem Sachverhalt gewußt, sie aber seinerzeit bei dem Entzug der Arbeitslosenhilfe nicht dahin beraten, daß sie sich nunmehr freiwillig versichern müsse, um ihre Rentenanwartschaften für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nicht zu verlieren. Bei entsprechender Beratung hätte sie rechtzeitig während der Pflege ihres Vaters freiwillige Beiträge aus dem Pflegegeld und nach dem Tode ihres Vaters aus ihren Einkünften als nicht versicherungspflichtig beschäftigte Hausangestellte entrichtet und so ihre Anwartschaften aufrechterhalten. Das Unterlassen der Beratung durch das Arbeitsamt sei der Beklagten zuzurechnen, so daß ihr, der Klägerin, im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entsprechend ihrem Antrag die Nachentrichtung der fehlenden Beiträge für den noch offenen Zeitraum zu gestatten sei. Das Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei bisher nicht geprüft worden, obwohl sie die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge angeboten habe.
Durch Beschluss vom 22. Oktober 1996 hob das Bundessozialgericht den Senatsbeschluß vom 24. Januar 1994 auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurück. Die Frage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Beitragsnachentrichtung müsse noch geprüft werden. Hier insbesondere, ob dem Arbeitsamt im November 1986 bekannt gewesen sei oder habe bekannt sein müssen, daß die Klägerin in eine Lage kommen würde, in der ihr die weitere Aufrechterhaltung ihrer Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit unmöglich würde und sie Gefahr liefe, insoweit ungesichert zu sein. Davon wäre etwa auszugehen, wenn die Klägerin bei ihren abschließenden Kontakten mit dem Arbeitsamt geäußert hätte, sie werde auf unbestimmte Zeit ihren Vater pflegen. Sofern nach den noch anzustellenden Ermittlungen das Arbeitsamt nicht (ausreichend) informiert habe, sei weiter zu prüfen, ob die Pflichtverletzung für den eingetretenen sozialrechtlichen Nachteil kausal gewesen sei. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin bei rechtzeitiger zutreffender Beratung bereit und in der Lage gewesen wäre, ab Dezember 1986 laufend freiwillige Beiträge zu entrichten. Die Kausalität zwischen Beitragsunterlassung und Nichtentrichtung der Beiträge wäre auch dann zu verneinen, wenn die Klägerin die Möglichkeit zur Klärung bestehender Zweifel in grob fahrlässiger Weise nicht genutzt hätte. Falls die Klägerin danach unzureichend beraten worden und dies ursächlich für ihr Handeln (unterlassene rechtzeitige Beitragsentrichtung) gewesen sei, könne sie von der Beklagten die Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn diese sich pflichtgemäß verhalten hätte. Dies bedeute die Zulassung zur Beitragsnachentrichtung für die nicht belegten Monate von Dezember 1986 bis Dezember 1989 oder die Inanspruchnahme eines Rentenanpruchs ab 1. Januar 1992 (§§ 240 Abs. 2 Satz 2, 241 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch - SGB - IV).
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung einen Befundbericht des Arztes Dr. D. vom 9. September 1997 eingeholt, ferner Akten beigezogen vom Sozialamt der Stadt E., dem Versorgungsamt G. und dem Arbeitsamt H., von dem eine zusätzliche Stellungnahme vom 20. August 1997 veranlaßt wurde. Das Arbeitsamt H. Dienststelle F. hat zur Senatsanfrage ausgeführt:
"Bewerberdaten sind von Frau A. bei meiner Dienststelle nicht mehr vorhanden. Insofern beziehen sich meine Aussagen nicht auf konkrete Unterlagen sondern auf allgemein übliche Geschäftspraktiken. Aussagen zum Rentenrecht werden von meinen Mitarbeitern/innen rechtsverbindlich nicht getätigt. Es erfolgen konkrete Verweisungen an den zuständigen Rentenversicherungsträger bzw. an die bekannten Rentenberater. Im Falle der Frau A. gehe ich davon aus, daß im Hinblick auf rentenrechtliche Auswirkungen keine Hinweise gegeben wurden. Die Leistungseinstellung erfolgte wegen fehlender Verfügbarkeit ab dem 24.11.86. Der Aufhebungsbescheid der Leistungsabteilung enthält im Hinblick auf das Rentenrecht keinerlei Hinweise (s. Bl ... 190 und 191 d.A.). Gleiches ist auch im Hinblick auf weitere Bescheide wegen der Ablehnung von Arbeitslosenhilfe am 22.3.88 und der Ablehnung von Arbeitslosengeld am 1.11.91 festzustellen (Bl. 196 und 206 d.A.). Zu den Aufgaben eines Arbeitsvermittlers gehört es mit Sicherheit nicht, rentenrechtliche Aussagen zu treffen. Hinweise können nur allgemein gegeben werden, zumal die Rechtssituation permanenten Änderungen unterworfen ist. Folglich verbleibt letztendlich nur die Verweisung an zuständige Stellen und oft auch nur dann, wenn konkrete Fragen an den Arbeitsvermittler herangetragen werden, Solche Fragen waren mit Sicherheit nicht Bestandteil der seinerzeitigen Erörterungen. Die Dauer der Pflege des Vaters war mit Sicherheit auch mit dessen Lebensdauer verbunden. Insofern war nicht abzuschätzen, wie lange diese Pflege andauern würde. Der Sachverhalt war im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten zu entscheiden. Ob Frau A. sich dahingehend geäußert hat, daß sie ihren Vater auf unbestimmte Zeit pflegen wolle, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Reha-Unterlagen sind nicht vorhanden."
Außerdem wurde eine Auskunft vom Sozialamt des Kreises H. vom 24. September 1997 eingeholt. Unterlagen über Pflegegeldzahlungen an den Vater der Klägerin stünden nicht mehr zur Verfügung, da der Fall bereits 1988 eingestellt worden sei.
Die Klägerin trägt ergänzend vor, ihr Vater habe neben seiner eigenen Rente in Höhe von ca. 1.400,00 DM monatlich in der Zeit von Oktober 1986 bis zu seinem Tode im März 1988 Pflegegeld in Höhe von 812,00 DM monatlich erhalten. Wegen seiner Rente sei der Vater auf das Pflegegeld nicht angewiesen gewesen. Davon hätte sie - die Klägerin - Beiträge zur Aufrechterhaltung ihres Versicherungsschutzes in der Rentenversicherung leisten können, wenn das Arbeitsamt sie informiert hätte. Weder der Aufhebungsbescheid vom November 1986 noch der Bescheid vom März 1988, betreffend die Ablehnung der Zahlung von Arbeitslosenhilfe, hätten einen entsprechenden Hinweis enthalten. Dabei habe sie im Jahre 1986 der Arbeitsverwaltung, Dienststelle F. des Arbeitsamtes H., mitgeteilt, daß sie künftig ihren Vater pflegen werde. Aufgrund dieser Mitteilung seien die Leistungen der Bundesanstalt wegen fehlender Verfügbarkeit eingestellt worden; es sei aber kein Hinweis zum Versicherungsschutz ergangen. Ebenso wie sie im Februar 1987 beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die Krankenversicherung gestellt habe, hätte sie auch hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung verfahren können. In diesem Falle wäre das Sozialamt verpflichtet gewesen, die Beiträge zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft zu übernehmen. Darüber hinaus hätte sie die nach dem Tode ihres Vaters seit März 1988 eingegangenen Beschäftigungsverhältnisse wegen der Rentenversicherung nicht als geringfügig gestaltet. Dazu wären Absprachen mit ihren damaligen Arbeitgebern, aber auch dem Sozialamt möglich gewesen. Schließlich seien auch ihre beiden Brüder finanziell bereit und in der Lage gewesen, sie nach dem Tode ihres Vaters zu unterstützen, was unter Zeugenbeweis gestellt werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 1991 zu verurteilen, ihr ab 1. April 1991 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit unter der Bedingung fristgemäßer Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zugunsten der Klägerin nicht für gegeben. Eine "Rundumberatung" könne nicht Aufgabe der Arbeitsverwaltung sein, zumal dort die Rentenbiographie eines Versicherten nicht bekannt sei. Anhand der wirtschaftlichen Situation sei der Vortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar, sie hätte bei entsprechender Belehrung durch das Arbeitsamt freiwillige Beiträge von Dezember 1986 bis Januar 1990 zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten können. Die Klägerin habe während der Zeit der Pflege ihres Vaters bis März 1988 Leistungen aus der Sozialhilfe erhalten (monatlich 320,00 DM). Die freiwilligen Mindestbeiträge hätten sich im Jahre 1986 auf monatlich 92,00 DM, im Jahre 1987 auf monatlich 94,00 DM und im Jahre 1988 auf monatlich 96,00 DM belaufen. Selbst wenn von einer Beratungsunterlassung durch das Arbeitsamt auszugehen wäre, fehle es an einer Kausalität zwischen Beratungsunterlassung und Nichtentrichtung der Beiträge. Wenn die Klägerin zwischen 1988 und 1990 statt einer versicherungsfreien Beschäftigung und Sozialhilfebezug eine versicherungspflichtige Beschäftigung gewählt hätte, was ihr nach eigenem Vorbringen möglich gewesen wäre, dann hätte sich das Problem der Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenbezug nicht gestellt. Selbst wenn unterstellt werde, bis zum Tode des Vaters im März 1988 hätte aus dessen Pflegegeld eine Beitragszahlung an die Rentenversicherung erfolgen können, wäre die Klägerin nach dem Tod des Vaters dazu nicht mehr in der Lage gewesen, wie auch die aus der Sozialamtsakte bekannten Einkünfte ihrer Brüder bestätigten. Eine Beitragsübernahme durch das Sozialamt wäre nicht erfolgt, weil eine Rentengewährung an die Klägerin zur damaligen Zeit nicht absehbar gewesen sei. Dazu hat die Beklagte eine Stellungnahme des Kreisausschusses des Landkreises J. Sozialamt - vom 1. August 1996 vorgelegt und beantragt, Auskünfte des Hessischen Städtetages und des Hessischen Landkreistages einzuholen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich unbegründet.
Die nach Maßgabe des zurückverweisenden BSG-Urteils getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen zur Frage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen einer Beitragsnachentrichtung hat der Senat vorgenommen. Danach ist ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen eines Beratungsmangels der Arbeitsverwaltung gegen die Beklagte auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen vorliegend nicht gegeben.
Zunächst kann nicht festgestellt werden, ob dem Arbeitsamt H. im November 1986 bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, daß die Klägerin in eine Lage kommen würde, in der ihr die weitere Aufrechterhaltung ihrer Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit unmöglich würde und sie Gefahr liefe, insoweit ungesichert zu sein. Dazu ergeben weder die vom Senat eingeholte Auskunft des Arbeitsamtes vom 20. August 1997 noch die beigezogenen Leistungsakten ausreichend konkrete Hinweise. Zwar enthalten weder der Aufhebungsbescheid des Arbeitsamtes vom 16. Januar 1987 über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) noch der Ablehnungsbescheid vom 23. März 1988 über die Ablehnung des Antrages auf Alhi vom 4. März 1988 einen Hinweis auf rentenrechtliche Vorschriften oder Konsequenzen. Dies erscheint aber unter Berücksichtigung der primären Aufgabenstellung der Arbeitsverwaltung (Arbeitsvermittlung), des damaligen Lebensalters der Klägerin und ihrer damals zweifelsfrei vorhandenen Leistungsfähigkeit verständlich, zumal weitere Informationen und Unterlagen zur persönlichen und wirtschaftlichen Situation dem Arbeitsamt offenbar nicht vorgelegen haben. Dort war auch nicht bekannt, ob sich die Klägerin dahin geäußert hatte, daß sie ihren Vater auf unbestimmte Zeit pflegen wollte. Der Aufhebungsbescheid vom 16. Juni 1987 (mit Wirkung vom 24. November 1986) gründet sich auf eine Erklärung der Klägerin anläßlich ihrer Vorsprache beim Arbeitsamt am 24. November 1986, ihr Vater sei ein Pflegefall und sie müsse ihn ganztags pflegen; sie könne nicht arbeiten und keinen Lehrgang machen (Bl. 186 der L-Akte). Aus dieser Erklärung läßt sich die beabsichtigte Dauer der Pflege nicht ableiten. Schließlich war der Versicherungsschutz der Klägerin in der Rentenversicherung auch nicht unmittelbar mit der Übernahme der Pflegetätigkeit für den Vater entfallen, sondern erst nach Ablauf der Dreijahresfrist der §§ 1246/1247 Abs. 2a RVO. Die vom Senat getroffenen Feststellungen führen nicht zu der Überzeugung, daß sich eine Beratung der Klägerin in rentenversicherungsrechtlicher Hinsicht für die Arbeitsverwaltung als naheliegend aufgedrängt hätte. Auch auf der Grundlage seiner allgemein üblichen Geschäftspraktiken, die das Arbeitsamt H. unter dem 20. August 1997 geschildert hat, ist ein Beratungsmangel gegenüber der Klägerin nicht abzuleiten. Dafür ist die konkrete damalige Beratungssituation maßgebend. Diese ist aber nicht mehr nachvollziehbar.
Aber selbst wenn man von einem Beratungsmangel ausgehen wollte, fehlt es im konkreten Fall an der erforderlichen Kausalität zwischen Beratungsunterlassung und Nachentrichtung der Beiträge durch die Klägerin. Aufgrund ihrer damaligen wirtschaftlichen Situation, wie sie jedenfalls anhand der beigezogenen Sozialhilfeakte dokumentiert ist, war die Klägerin allein wirtschaftlich nicht in der Lage, die erforderlichen monatlichen freiwilligen Mindestbeiträge für die Aufrechterhaltung ihrer Rentenanwartschaft zu bezahlen. Darauf hat die Beklagt in ihrem Schriftsatz vom 8. Juli 1997 zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat seit 1. Februar 1987 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten, dies auch während der Zeit der Pflege ihres im März 1988 verstorbenen Vaters. Der ihr bewilligte Regelsatz in Höhe von 320,00 DM monatlich reichte keineswegs aus, um regelmäßig monatlich freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung aufbringen zu können, selbst wenn ein Pflegegeld in monatlicher Höhe von 812,00 DM berücksichtigt wird, das der Vater neben seiner Rente bezog. Unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation war aber das eigene Verhalten der Klägerin ursächlich für die fehlenden anwartschaftserhaltenden Beiträge zur Rentenversicherung. Die Klägerin hat sich selbst damals keinerlei Gedanken um ihre rentenversicherungsrechtliche Situation gemacht. Dafür spricht die Annahme von geringfügigen (versicherungsfreien) Beschäftigungsverhältnissen nach dem Tode ihres Vaters im März 1988, obwohl sie nach eigenem Vorbringen hätte rentenversicherungspflichtig arbeiten können und ihr Antrag vom 4. März 1988 auf Alhi vom Arbeitsamt abgelehnt worden war. Bei Wiederaufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Tode ihres Vaters ab April 1988 hätte die Klägerin mehr als die fehlenden 14 Monate Versicherungszeit erwerben können und zur Zeit des Infarktgeschehens im Juni 1990 die Anwartschaft erhalten. Die Änderung der gesetzlichen Vorschriften zum 1. Januar 1984 durch das Haushaltsbegleitgesetz und der dadurch erschwerte Zugang zum Erhalt von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit war allgemein bekanntgemacht worden. Diese Kenntnis muß auch die Klägerin gegen sich gelten lassen. Damit war das eigene Handeln der Klägerin nach dem Tode ihres Vaters kausal für die Nichterfüllung der Anwartschaft. Eine Übernahme von Beiträgen zur Rentenversicherung durch das Sozialamt hätte bei dieser Sachlage für die Zeit nach dem Tode des Vaters im März 1988 ermessensfehlerfrei nicht erfolgen dürfen, denn die Klägerin hätte sich durch Übernahme versicherungspflichtiger Beschäftigungen - anstelle der geringfügigen versicherungsfreien - selbst helfen können.
Damit kommt auch unter dem Gesichtspunkt eines Herstellungsanspruchs eine Beitragsnachentrichtung zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
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