Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1542/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5175/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. September 2009 hinsichtlich des Sanktionsbescheides vom 09. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Alg II).
Die 1958 geborene Klägerin bezieht seit 01. Januar 2005 Arbeitslosengeld II (ALG II), das gesondert durch die Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Träger, den Rhein-Neckar-Kreis, erbracht wird. Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2008 bis zum 30. April 2009 durch Bescheid vom 01. Oktober 2008 Leistungen in Höhe von 351,- EUR monatlich (Regelleistung), gegen den die Klägerin erfolglos wegen der Höhe der Regelleistung Widerspruch eingelegt hatte (Widerspruchsschreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2008; Widerspruchsbescheid vom 10. November 2008).
Am 07. November 2008 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, die durch die Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 09. August 2009 abgelöst wurde. Als Ziel wurde festgehalten, dass die Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im kaufmännischen Bereich, vorrangig im Personalbereich aufnimmt. Die Klägerin verpflichtete sich u.a., mindestens vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber eine Liste der Bewerbungen einschließlich der Antworten der Arbeitgeber vorzulegen. Die Beklagte sagte zu, die Klägerin bei ihren Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von Kosten für die schriftlichen Bewerbungen auf vorherige Antragstellung und schriftlichen Nachweis nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 45 ff. SGB III zu unterstützen, wobei Bewerbungskosten bis zu einem Betrag von 260,- EUR jährlich übernommen werden könnten.
Am 13. und 16. Februar 2009 unterbreitete die Beklagte der Klägerin Vermittlungsvorschläge für Tätigkeiten als Personalsachbearbeiterin. Am 23. Februar 2009 übermittelte die Beklagte der Klägerin einen weiteren Vermittlungsvorschlag für eine Vollzeittätigkeit als Personalsachbearbeiterin bei der Firma B. E. GmbH in W. mit der Aufforderung, sich umgehend per E-Mail, über das Internet oder schriftlich zu bewerben. Dem Vermittlungsvorschlag war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, die im Wesentlichen aus einer Wiedergabe der gesetzlichen Reglung besteht. Die Klägerin bewarb sich auf die Vermittlungsvorschläge der Beklagten nicht. Sie teilte mit Schreiben vom 25. Februar 2009 unter Beifügung der Vermittlungsvorschläge mit, dass sie im Februar 2009 bereits acht Bewerbungen abgesendet habe und sie aufgrund der damit zusammenhängenden Kosten die zusätzlichen drei Bewerbungen aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht mehr ausführen könne.
Daraufhin senkte die Beklagte mit Bescheid vom 09. März 2009 das ALG II für die Zeit vom 01. April 2009 bis zum 30. Juni 2009 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des der Klägerin zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, in Höhe von monatlich 105,- EUR ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung für diesen Zeitraum gem. § 48 Abs. 1 SGB X auf. Der Klägerin sei am 23. Februar 2009 eine Arbeit als Personalsachbearbeiterin bei der Firma B.E. angeboten worden. Dieses Angebot sei ihr unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen. Trotz der Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Klägerin durch ihr Verhalten das Zustandekommen dieser Tätigkeit vereitelt. Sie habe sich auf die Stelle weder beworben noch sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt. Gründe, die dieses Verhalten rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zunächst mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2009 zurück, gegen den die Klägerin erneut Widerspruch einlegte und die Verletzung ihres Anhörungsrechts rügte. Daraufhin hob die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 25. März 2009 auf, gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme (Schreiben vom 2. April 2009) und wies mit Widerspruchsbescheid vom 07. April 2009 den Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als unbegründet zurück.
Mit Bescheid vom 06. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 30. Oktober 2009 ALG II in Höhe der Regelleistung von monatlich 351,- EUR und setzte in der Zeit vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2009 ein Minderungsbetrag von monatlich 105,- EUR ab. Widerspruch und Klage vor dem SG wegen der Höhe der Regelleistung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009; SG Mannheim, Urteil vom 22. Oktober 2009 - S 6 AS 1898/09 -; das Berufungsverfahren L 12 AS 5557/09 ist noch nicht abgeschlossen).
Den am 22. April 2009 gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Lebensmittelgutscheins in Höhe von monatlich 130,- EUR für die Monate April bis Juni 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2009 ab. Widerspruch und Klage vor dem SG blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009; SG Mannheim, Urteil vom 22. Oktober 2009 - S 6 AS 1996/09 -; das Berufungsverfahren L 12 AS 5558/09 ist noch nicht abgeschlossen).
Am 11. Mai 2009 hat die Klägerin gegen den Sanktionsbescheid vom 09. März 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Auszahlung der ungekürzten Regelleistung begehrt. Die Klägerin trägt zur Begründung u.a. vor, dass sie nach der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet sei, vier Bewerbungen im Monat abzufassen. Mit vier Bewerbungen seien die vertraglichen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung erfüllt. Die Arbeitsagentur erstatte nur vier Bewerbungen im Monat. Zu Sondervergütungen oder einer Erhöhung der Bewerbungskosten habe sich die Arbeitsagentur nicht bereit erklärt. Die gesetzliche Rückerstattung sehe nur 260,- EUR im Jahr vor, was bei der pauschalen Erstattung von 5,- EUR je Bewerbung 4,3 Bewerbungen im Monat ergäbe. Jede darüber hinausgehende erzwungene Bewerbung stelle eine unrechtmäßige Kürzung des ALG II dar, da in diesem keine Bewerbungskosten enthalten seien. In einer Bewerbungsverpflichtung einer Eingliederungsvereinbarung dürfe nichts verlangt werden, was der Erwerbslose nicht leisten könne, sei es finanzieller oder tatsächlicher Art. Sie - die Klägerin - sei in den Monaten Februar und März 2009 ihrer vertraglichen Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung nachgekommen. Die von der Beklagten im Februar 2009 geforderten drei Mehrbewerbungen zuzüglich der neun abgesandten Bewerbungen würden von der Pauschalvergütung von 260,- EUR jährlich nicht umfasst. Aus diesem Grund habe sie die Bewerbungsvorschläge der Beklagten zurückgereicht. Vor Erlass des Sanktionsbescheides vom 09. März 2009 habe die Beklagte kein Anhörungsverfahren durchgeführt, was die Sanktionierung nichtig mache. Es habe keinerlei Kontakt zwischen der Firma B. E. GmbH und der Klägerin bestanden. Sie habe auch keine Arbeitsstelle ausgeschlagen. Bewerbungen über das Internet seien nicht kostenlos. Sie - die Klägerin - verfüge über keine verfilmten Bewerbungsunterlagen und über keine technischen Voraussetzungen, um verfilmte Bewerbungen per Computer zu versenden.
Das SG hat die Klage mit dem Rechtsstreit S 5 AS 1542/09 hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 22. Mai 2009).
Die Ablehnungsgesuche der Klägerin gegen Richter am Sozialgericht von Au hat der Senat mit Beschlüssen vom 23. Juli 2009 (L 12 SF 2706/09 A) und 08. September 2009 (L 12 SF 3621/09 A) zurückgewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. September 2009 abgewiesen. Der Sanktionsbescheid der Beklagten vom 09. März 2009 sei nicht zu beanstanden. Es könne dahin stehen, ob dieser Bescheid ohne die erforderliche Anhörung erlassen worden sei. Die erforderliche Anhörung sei spätestens dadurch nachgeholt worden, dass die Klägerin in ihrem erhobenen Widerspruch ihre Einwendungen gegen den Sanktionsbescheid dargelegt habe. Auch inhaltlich sei der Sanktionsbescheid nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert, indem sie auf eine ihr angebotene Stelle keine Bewerbungsbemühungen unternommen habe. Der Klägerin sei mit Schreiben vom 23. Februar 2009 eine ihr zumutbare Stelle als Personalsachbearbeiterin unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Verweigerung einer Annahme dieser Arbeit tatsächlich angeboten worden. Sie habe keinen wichtigen Grund dafür nachgewiesen, dass sie sich nicht per E-Mail oder über das vom Arbeitgeber ausgeschriebene Online-Stellenformular beworben habe. Die am 09. Februar 2009 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung habe sich nicht allein auf die Verpflichtung der Klägerin zu Bemühungen aus eigener Initiative bezogen, wie sich aus der gewählten Formulierung "mindestens vier Bewerbungsbemühungen" ergebe, die klarstelle, dass neben der Eingliederungsvereinbarung bestehende Obliegenheiten der Klägerin zur Stellensuche dadurch nicht ausgeschlossen würden. Neben der Verpflichtung zu Eigenbemühungen bestehe die Verpflichtung des Arbeitslosen fort, eine ihm von der Beklagten angebotene zumutbare Arbeit anzunehmen bzw. die Anbahnung einer solchen Arbeit nicht durch eigenes Verhalten zu vereiteln. Der Klägerin wäre eine Bewerbung bei der Firma Bell auch ohne wesentliche Kosten möglich gewesen. Eine Bewerbung per E-Mail bzw. über die Ausfüllung eines Online-Stellenformulars verursache zunächst keine ins Gewicht fallenden Kosten. Sie hätte zumindest auf das Stellenangebot beim Arbeitgeber sich melden und ihr Interesse an einer Anstellung zeigen können. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung sei unzulässig. Gegen das der Klägerin am 09. Oktober 2009 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 09. November 2009 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des Sanktionsbescheides (L 12 AS 5175/09 NZB) und ihre am gleichen Tag erhobene Berufung hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung (L 12 AS 5176/09). Es sei grundsätzlich zu klären, ob die Beklagte willkürlich von einer Eingliederungsvereinbarung abweichen könne, bei der Formulierung von Eingliederungsvereinbarungen unbestimmte Rechtsbegriffe/Zahlenbegriffe verwenden dürfe, die Arbeitsagentur eine überobligationsmäßige Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung ohne vorherige Kostenzusage verlangen dürfe, ob die Arbeitsagentur ihren Aufklärungs- und Fürsorgepflichten gerecht werde, indem sie trotz positiver Kenntnis der materiellen Notlage Mehrbewerbungen ohne Zusage der Kostenübernahme fordere und ob ein Arbeitsvertrag durch das Versenden einer Bewerbungsmappe bzw. einer E-Mail zustande komme. Das SG habe zu Unrecht und entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim 11 Ca 218/09 das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages fingiert. Das Urteil beruhe auf inkorrekten Tatsachen und einem falschen Rechtsverständnis der Sanktionsregelung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II lägen nicht vor. Die Nichtzulassungsbeschwerde zur Berufung sei zuzulassen, da das Urteil des SG in Verweigerung des rechtlichen Gehörs, unter Einschränkung der Prozessgrundrechte, Nichtladung von Zeugen, der unzutreffenden Rechtsauslegung und Missachtung von höchstrichterlicher Rechtsprechung ergangen sei. Sie - die Klägerin - habe nicht die technischen Voraussetzungen zur Versendung kompletter Online-Bewerbungen mit verfilmten Anhängen. Zur Versendung von E-Mail-Bewerbungen habe kein Anlass bestanden, da sie ihre Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung überobligationsmäßig erfüllt habe. Entweder gelte die vertragliche Vereinbarung oder es gelten Willkür und Rechtsmissbrauch. Eine Nachholung der Anhörung sei nicht möglich gewesen. Der Sanktionsbescheid sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, denn das physiologische Existenzminimum der Klägerin sei aufgrund der Sanktionierung nicht gesichert gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Verwaltungsakten der Beklagten (Bd. IV) sowie die Akten des LSG Baden-Württemberg L 12 AS 5176/09 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts des streitigen Absenkungsbetrages (3 Monate - 105,00 EUR = 315,00 EUR) und des Sanktionszeitraums nicht gegeben. Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass das SG die Klage gegen den Sanktionsbescheid mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009, die nicht § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG unterfällt, verbunden hat. Zwar ist der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes bei mehreren Berufungen gem. § 202 SGG i.V.m. § 5 ZPO zusammen zu rechnen. Doch gilt die Berufungsbeschränkung nur für Klagen, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt zum Gegenstand haben. Insoweit können von einer Zusammenrechnung nach § 5 ZPO auch nur Klagen erfasst sein, die auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gerichtet sind (bspw. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03. Dezember 2010 - L 13 AS 2698/09 NZB -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. September 2010 - L 10 AS 886/10 - m.w.N.). Andere, also nicht auf die in § 144 Abs. 1 S. 1 SGG genannten Streitgegenstände gerichtete Klagen, können hierzu nicht hinzugerechnet werden. Werden im Wege objektiver Klagehäufung - die auch durch eine Verbindung mehrerer ursprünglich selbständiger Klagen nach § 113 SGG entstehen kann - einerseits Ansprüche verfolgt, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte zum Gegenstand haben, und andererseits Ansprüche anderer Art, so können die auf diese verschiedenen Ansprüche entfallenden Gegenstandswerte nicht zusammengerechnet werden (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). § 144 Abs. 1 S. 1 SGG knüpft für diese Differenzierung an den Streitgegenstand an und erst innerhalb der dort beschriebenen Klagen an den Wert des Beschwerdegegenstandes. Die Beschränkung der Berufungsmöglichkeit hängt also zunächst nicht vom Wert des Beschwerdegegenstandes, sondern vom Streitgegenstand der Klage ab. Damit mag es noch vereinbar sein, den Wert des Beschwerdegegenstandes mehrerer Klagen zusammenzurechnen, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte betreffen. Das System des § 144 Abs. 1 S. 1 SGG würde indes durchbrochen, wenn zum Wert des Beschwerdegegenstandes auch noch der Streitwert von Ansprüchen hinzugerechnet wird, die durch § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht erfasst werden. Damit führt die Verbindung der zwei Klagen durch das SG nicht dazu, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil bereits wegen der Verbindung mit der von § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht erfassten Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung zulässig wäre.
Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 23. September 2009 die Berufung auch nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht gegeben. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich nicht um klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfragen im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG handelt. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr. 28; § 160 Rdnr. 6 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer a.a.O., § 144 Rdnr 28 f.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein. Hinsichtlich der die Absenkung begründenden Arbeitsablehnung i.S. des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II ist ausreichend Rechtsprechung des BSG zur Sperrzeit nach dem SGB III (vgl. § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III) vorhanden ist, die auf das SGB II übertragbar ist und zur Auslegung des § 31 SGB II herangezogen werden kann (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 60/07 R-), so dass insofern keine Klärungsbedürftigkeit vorliegt. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen betreffend die Eingliederungsvereinbarung sind nicht entscheidungsrelevant und damit nicht klärungsfähig. Denn die Beklagte und das SG haben die Absenkung nicht auf eine Verletzung der in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Pflicht zu Eigenbemühungen gestützt (§ 31 Abs. 1 Nr. 1b SGB II), sondern auf die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit nach Erteilung eines Stellenangebots durch die Beklagte. Die Frage der Übernahme der Bewerbungskosten ist gesetzlich geregelt (§§ 16 Abs. 2 SGB II, 45 SGB III) und zudem in der vorliegenden Fallgestaltung, in der die Klägerin jegliche Kontaktaufnahme (Telefon, E-Mail) abgelehnt hat, nicht relevant. Auch rügt die Klägerin in erster Linie die aus ihrer Sicht bestehende materielle Unrichtigkeit des Urteils des SG; hierauf kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden.
Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz zu einer Entscheidung höherinstanzlicher Gerichte nicht vorliegt. Insbesondere hat das SG keinen Rechtssatz im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages aufgestellt, sondern sich zur Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses geäußert, die eine Weigerung der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit i.S. des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II darstellen kann.
Schließlich liegt auch kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Mangel des gerichtlichen Verfahrens vor, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Bei der Beurteilung, ob dem SG ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (Leitherer, § 144 Rdnr. 32a und 35). Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht ist nicht gegeben (§ 103 SGG). Das SG musste sich auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung nicht gedrängt fühlen, den Sachverhalt von Amts wegen, bspw. durch Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen, weiter aufzuklären. Denn das SG hat unabhängig von der Frage der Übernahme der Bewerbungskosten die Klägerin als verpflichtet angesehen, sich auf das Stellenangebot der Beklagten beim (potentiellen) Arbeitgeber zu melden. Die Klägerin vermag auch mit der erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art. 103 GG) nicht durchzudringen. Das Gericht ist im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe eines Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (BVerfGE 96, 205; BSG, Beschluss vom 05. Oktober 2010 - B 8 SO 62/10 B -). Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör gemäß § 62 SGG, Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich und offensichtlich haltlos sind (BSG, a.a.O.). Danach war das SG nicht verpflichtet, sich mit den ausführlichen Darlegungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 und zum arbeitsgerichtlichen Verfahren mit der Firma Bell auseinanderzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und mit in seine Erwägung einzubeziehen hat. Dieses ist grundsätzlich anzunehmen, wenn das Gericht den Vortrag entgegengenommen hat (vgl. Keller in Mayer-Ladewig, 9. Auflage 2008, § 62 Rdnr. 7). In den Entscheidungsgründen muss nicht zu den vorgetragenen Ausführungen Stellung genommen werden. Das SG hat in den Entscheidungsgründen die das Urteil aus seiner Sicht tragenden Umstände dargelegt und damit hinreichend den Vortrag der Klägerin berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung (§ 177 SGG) wird das angefochtene Urteil des SG vom 23. September 2009 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Alg II).
Die 1958 geborene Klägerin bezieht seit 01. Januar 2005 Arbeitslosengeld II (ALG II), das gesondert durch die Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Träger, den Rhein-Neckar-Kreis, erbracht wird. Die Beklagte bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 01. November 2008 bis zum 30. April 2009 durch Bescheid vom 01. Oktober 2008 Leistungen in Höhe von 351,- EUR monatlich (Regelleistung), gegen den die Klägerin erfolglos wegen der Höhe der Regelleistung Widerspruch eingelegt hatte (Widerspruchsschreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2008; Widerspruchsbescheid vom 10. November 2008).
Am 07. November 2008 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, die durch die Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 09. August 2009 abgelöst wurde. Als Ziel wurde festgehalten, dass die Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im kaufmännischen Bereich, vorrangig im Personalbereich aufnimmt. Die Klägerin verpflichtete sich u.a., mindestens vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber eine Liste der Bewerbungen einschließlich der Antworten der Arbeitgeber vorzulegen. Die Beklagte sagte zu, die Klägerin bei ihren Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von Kosten für die schriftlichen Bewerbungen auf vorherige Antragstellung und schriftlichen Nachweis nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit §§ 45 ff. SGB III zu unterstützen, wobei Bewerbungskosten bis zu einem Betrag von 260,- EUR jährlich übernommen werden könnten.
Am 13. und 16. Februar 2009 unterbreitete die Beklagte der Klägerin Vermittlungsvorschläge für Tätigkeiten als Personalsachbearbeiterin. Am 23. Februar 2009 übermittelte die Beklagte der Klägerin einen weiteren Vermittlungsvorschlag für eine Vollzeittätigkeit als Personalsachbearbeiterin bei der Firma B. E. GmbH in W. mit der Aufforderung, sich umgehend per E-Mail, über das Internet oder schriftlich zu bewerben. Dem Vermittlungsvorschlag war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, die im Wesentlichen aus einer Wiedergabe der gesetzlichen Reglung besteht. Die Klägerin bewarb sich auf die Vermittlungsvorschläge der Beklagten nicht. Sie teilte mit Schreiben vom 25. Februar 2009 unter Beifügung der Vermittlungsvorschläge mit, dass sie im Februar 2009 bereits acht Bewerbungen abgesendet habe und sie aufgrund der damit zusammenhängenden Kosten die zusätzlichen drei Bewerbungen aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht mehr ausführen könne.
Daraufhin senkte die Beklagte mit Bescheid vom 09. März 2009 das ALG II für die Zeit vom 01. April 2009 bis zum 30. Juni 2009 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des der Klägerin zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, in Höhe von monatlich 105,- EUR ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung für diesen Zeitraum gem. § 48 Abs. 1 SGB X auf. Der Klägerin sei am 23. Februar 2009 eine Arbeit als Personalsachbearbeiterin bei der Firma B.E. angeboten worden. Dieses Angebot sei ihr unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen. Trotz der Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Klägerin durch ihr Verhalten das Zustandekommen dieser Tätigkeit vereitelt. Sie habe sich auf die Stelle weder beworben noch sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt. Gründe, die dieses Verhalten rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zunächst mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2009 zurück, gegen den die Klägerin erneut Widerspruch einlegte und die Verletzung ihres Anhörungsrechts rügte. Daraufhin hob die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 25. März 2009 auf, gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme (Schreiben vom 2. April 2009) und wies mit Widerspruchsbescheid vom 07. April 2009 den Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als unbegründet zurück.
Mit Bescheid vom 06. April 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 30. Oktober 2009 ALG II in Höhe der Regelleistung von monatlich 351,- EUR und setzte in der Zeit vom 01. Mai bis zum 30. Juni 2009 ein Minderungsbetrag von monatlich 105,- EUR ab. Widerspruch und Klage vor dem SG wegen der Höhe der Regelleistung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009; SG Mannheim, Urteil vom 22. Oktober 2009 - S 6 AS 1898/09 -; das Berufungsverfahren L 12 AS 5557/09 ist noch nicht abgeschlossen).
Den am 22. April 2009 gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Lebensmittelgutscheins in Höhe von monatlich 130,- EUR für die Monate April bis Juni 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2009 ab. Widerspruch und Klage vor dem SG blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03. Juni 2009; SG Mannheim, Urteil vom 22. Oktober 2009 - S 6 AS 1996/09 -; das Berufungsverfahren L 12 AS 5558/09 ist noch nicht abgeschlossen).
Am 11. Mai 2009 hat die Klägerin gegen den Sanktionsbescheid vom 09. März 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Auszahlung der ungekürzten Regelleistung begehrt. Die Klägerin trägt zur Begründung u.a. vor, dass sie nach der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet sei, vier Bewerbungen im Monat abzufassen. Mit vier Bewerbungen seien die vertraglichen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung erfüllt. Die Arbeitsagentur erstatte nur vier Bewerbungen im Monat. Zu Sondervergütungen oder einer Erhöhung der Bewerbungskosten habe sich die Arbeitsagentur nicht bereit erklärt. Die gesetzliche Rückerstattung sehe nur 260,- EUR im Jahr vor, was bei der pauschalen Erstattung von 5,- EUR je Bewerbung 4,3 Bewerbungen im Monat ergäbe. Jede darüber hinausgehende erzwungene Bewerbung stelle eine unrechtmäßige Kürzung des ALG II dar, da in diesem keine Bewerbungskosten enthalten seien. In einer Bewerbungsverpflichtung einer Eingliederungsvereinbarung dürfe nichts verlangt werden, was der Erwerbslose nicht leisten könne, sei es finanzieller oder tatsächlicher Art. Sie - die Klägerin - sei in den Monaten Februar und März 2009 ihrer vertraglichen Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung nachgekommen. Die von der Beklagten im Februar 2009 geforderten drei Mehrbewerbungen zuzüglich der neun abgesandten Bewerbungen würden von der Pauschalvergütung von 260,- EUR jährlich nicht umfasst. Aus diesem Grund habe sie die Bewerbungsvorschläge der Beklagten zurückgereicht. Vor Erlass des Sanktionsbescheides vom 09. März 2009 habe die Beklagte kein Anhörungsverfahren durchgeführt, was die Sanktionierung nichtig mache. Es habe keinerlei Kontakt zwischen der Firma B. E. GmbH und der Klägerin bestanden. Sie habe auch keine Arbeitsstelle ausgeschlagen. Bewerbungen über das Internet seien nicht kostenlos. Sie - die Klägerin - verfüge über keine verfilmten Bewerbungsunterlagen und über keine technischen Voraussetzungen, um verfilmte Bewerbungen per Computer zu versenden.
Das SG hat die Klage mit dem Rechtsstreit S 5 AS 1542/09 hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 22. Mai 2009).
Die Ablehnungsgesuche der Klägerin gegen Richter am Sozialgericht von Au hat der Senat mit Beschlüssen vom 23. Juli 2009 (L 12 SF 2706/09 A) und 08. September 2009 (L 12 SF 3621/09 A) zurückgewiesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. September 2009 abgewiesen. Der Sanktionsbescheid der Beklagten vom 09. März 2009 sei nicht zu beanstanden. Es könne dahin stehen, ob dieser Bescheid ohne die erforderliche Anhörung erlassen worden sei. Die erforderliche Anhörung sei spätestens dadurch nachgeholt worden, dass die Klägerin in ihrem erhobenen Widerspruch ihre Einwendungen gegen den Sanktionsbescheid dargelegt habe. Auch inhaltlich sei der Sanktionsbescheid nicht zu beanstanden. Die Klägerin habe die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert, indem sie auf eine ihr angebotene Stelle keine Bewerbungsbemühungen unternommen habe. Der Klägerin sei mit Schreiben vom 23. Februar 2009 eine ihr zumutbare Stelle als Personalsachbearbeiterin unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Verweigerung einer Annahme dieser Arbeit tatsächlich angeboten worden. Sie habe keinen wichtigen Grund dafür nachgewiesen, dass sie sich nicht per E-Mail oder über das vom Arbeitgeber ausgeschriebene Online-Stellenformular beworben habe. Die am 09. Februar 2009 abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung habe sich nicht allein auf die Verpflichtung der Klägerin zu Bemühungen aus eigener Initiative bezogen, wie sich aus der gewählten Formulierung "mindestens vier Bewerbungsbemühungen" ergebe, die klarstelle, dass neben der Eingliederungsvereinbarung bestehende Obliegenheiten der Klägerin zur Stellensuche dadurch nicht ausgeschlossen würden. Neben der Verpflichtung zu Eigenbemühungen bestehe die Verpflichtung des Arbeitslosen fort, eine ihm von der Beklagten angebotene zumutbare Arbeit anzunehmen bzw. die Anbahnung einer solchen Arbeit nicht durch eigenes Verhalten zu vereiteln. Der Klägerin wäre eine Bewerbung bei der Firma Bell auch ohne wesentliche Kosten möglich gewesen. Eine Bewerbung per E-Mail bzw. über die Ausfüllung eines Online-Stellenformulars verursache zunächst keine ins Gewicht fallenden Kosten. Sie hätte zumindest auf das Stellenangebot beim Arbeitgeber sich melden und ihr Interesse an einer Anstellung zeigen können. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung sei unzulässig. Gegen das der Klägerin am 09. Oktober 2009 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 09. November 2009 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des Sanktionsbescheides (L 12 AS 5175/09 NZB) und ihre am gleichen Tag erhobene Berufung hinsichtlich der Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung (L 12 AS 5176/09). Es sei grundsätzlich zu klären, ob die Beklagte willkürlich von einer Eingliederungsvereinbarung abweichen könne, bei der Formulierung von Eingliederungsvereinbarungen unbestimmte Rechtsbegriffe/Zahlenbegriffe verwenden dürfe, die Arbeitsagentur eine überobligationsmäßige Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung ohne vorherige Kostenzusage verlangen dürfe, ob die Arbeitsagentur ihren Aufklärungs- und Fürsorgepflichten gerecht werde, indem sie trotz positiver Kenntnis der materiellen Notlage Mehrbewerbungen ohne Zusage der Kostenübernahme fordere und ob ein Arbeitsvertrag durch das Versenden einer Bewerbungsmappe bzw. einer E-Mail zustande komme. Das SG habe zu Unrecht und entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim 11 Ca 218/09 das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages fingiert. Das Urteil beruhe auf inkorrekten Tatsachen und einem falschen Rechtsverständnis der Sanktionsregelung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c SGB II lägen nicht vor. Die Nichtzulassungsbeschwerde zur Berufung sei zuzulassen, da das Urteil des SG in Verweigerung des rechtlichen Gehörs, unter Einschränkung der Prozessgrundrechte, Nichtladung von Zeugen, der unzutreffenden Rechtsauslegung und Missachtung von höchstrichterlicher Rechtsprechung ergangen sei. Sie - die Klägerin - habe nicht die technischen Voraussetzungen zur Versendung kompletter Online-Bewerbungen mit verfilmten Anhängen. Zur Versendung von E-Mail-Bewerbungen habe kein Anlass bestanden, da sie ihre Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung überobligationsmäßig erfüllt habe. Entweder gelte die vertragliche Vereinbarung oder es gelten Willkür und Rechtsmissbrauch. Eine Nachholung der Anhörung sei nicht möglich gewesen. Der Sanktionsbescheid sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, denn das physiologische Existenzminimum der Klägerin sei aufgrund der Sanktionierung nicht gesichert gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Verwaltungsakten der Beklagten (Bd. IV) sowie die Akten des LSG Baden-Württemberg L 12 AS 5176/09 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts des streitigen Absenkungsbetrages (3 Monate - 105,00 EUR = 315,00 EUR) und des Sanktionszeitraums nicht gegeben. Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass das SG die Klage gegen den Sanktionsbescheid mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009, die nicht § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG unterfällt, verbunden hat. Zwar ist der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes bei mehreren Berufungen gem. § 202 SGG i.V.m. § 5 ZPO zusammen zu rechnen. Doch gilt die Berufungsbeschränkung nur für Klagen, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt zum Gegenstand haben. Insoweit können von einer Zusammenrechnung nach § 5 ZPO auch nur Klagen erfasst sein, die auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt gerichtet sind (bspw. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03. Dezember 2010 - L 13 AS 2698/09 NZB -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. September 2010 - L 10 AS 886/10 - m.w.N.). Andere, also nicht auf die in § 144 Abs. 1 S. 1 SGG genannten Streitgegenstände gerichtete Klagen, können hierzu nicht hinzugerechnet werden. Werden im Wege objektiver Klagehäufung - die auch durch eine Verbindung mehrerer ursprünglich selbständiger Klagen nach § 113 SGG entstehen kann - einerseits Ansprüche verfolgt, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte zum Gegenstand haben, und andererseits Ansprüche anderer Art, so können die auf diese verschiedenen Ansprüche entfallenden Gegenstandswerte nicht zusammengerechnet werden (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). § 144 Abs. 1 S. 1 SGG knüpft für diese Differenzierung an den Streitgegenstand an und erst innerhalb der dort beschriebenen Klagen an den Wert des Beschwerdegegenstandes. Die Beschränkung der Berufungsmöglichkeit hängt also zunächst nicht vom Wert des Beschwerdegegenstandes, sondern vom Streitgegenstand der Klage ab. Damit mag es noch vereinbar sein, den Wert des Beschwerdegegenstandes mehrerer Klagen zusammenzurechnen, die Geldleistungen oder hierauf gerichtete Verwaltungsakte betreffen. Das System des § 144 Abs. 1 S. 1 SGG würde indes durchbrochen, wenn zum Wert des Beschwerdegegenstandes auch noch der Streitwert von Ansprüchen hinzugerechnet wird, die durch § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht erfasst werden. Damit führt die Verbindung der zwei Klagen durch das SG nicht dazu, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil bereits wegen der Verbindung mit der von § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht erfassten Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung zulässig wäre.
Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 23. September 2009 die Berufung auch nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist nicht gegeben. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich nicht um klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfragen im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG handelt. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr. 28; § 160 Rdnr. 6 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer a.a.O., § 144 Rdnr 28 f.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein. Hinsichtlich der die Absenkung begründenden Arbeitsablehnung i.S. des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II ist ausreichend Rechtsprechung des BSG zur Sperrzeit nach dem SGB III (vgl. § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III) vorhanden ist, die auf das SGB II übertragbar ist und zur Auslegung des § 31 SGB II herangezogen werden kann (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 60/07 R-), so dass insofern keine Klärungsbedürftigkeit vorliegt. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen betreffend die Eingliederungsvereinbarung sind nicht entscheidungsrelevant und damit nicht klärungsfähig. Denn die Beklagte und das SG haben die Absenkung nicht auf eine Verletzung der in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Pflicht zu Eigenbemühungen gestützt (§ 31 Abs. 1 Nr. 1b SGB II), sondern auf die Ablehnung einer zumutbaren Arbeit nach Erteilung eines Stellenangebots durch die Beklagte. Die Frage der Übernahme der Bewerbungskosten ist gesetzlich geregelt (§§ 16 Abs. 2 SGB II, 45 SGB III) und zudem in der vorliegenden Fallgestaltung, in der die Klägerin jegliche Kontaktaufnahme (Telefon, E-Mail) abgelehnt hat, nicht relevant. Auch rügt die Klägerin in erster Linie die aus ihrer Sicht bestehende materielle Unrichtigkeit des Urteils des SG; hierauf kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden.
Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz zu einer Entscheidung höherinstanzlicher Gerichte nicht vorliegt. Insbesondere hat das SG keinen Rechtssatz im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages aufgestellt, sondern sich zur Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses geäußert, die eine Weigerung der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit i.S. des § 31 Abs. 1 Nr. 1c SGB II darstellen kann.
Schließlich liegt auch kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Mangel des gerichtlichen Verfahrens vor, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Bei der Beurteilung, ob dem SG ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensmangel unterlaufen ist, muss von der Rechtsauffassung des SG ausgegangen werden (Leitherer, § 144 Rdnr. 32a und 35). Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht ist nicht gegeben (§ 103 SGG). Das SG musste sich auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung nicht gedrängt fühlen, den Sachverhalt von Amts wegen, bspw. durch Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen, weiter aufzuklären. Denn das SG hat unabhängig von der Frage der Übernahme der Bewerbungskosten die Klägerin als verpflichtet angesehen, sich auf das Stellenangebot der Beklagten beim (potentiellen) Arbeitgeber zu melden. Die Klägerin vermag auch mit der erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art. 103 GG) nicht durchzudringen. Das Gericht ist im Rahmen des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen auch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Insbesondere ist es nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten einzugehen, die im Laufe eines Verfahrens von der einen oder der anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (BVerfGE 96, 205; BSG, Beschluss vom 05. Oktober 2010 - B 8 SO 62/10 B -). Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör gemäß § 62 SGG, Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht angenommen werden, wenn das Gericht Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich und offensichtlich haltlos sind (BSG, a.a.O.). Danach war das SG nicht verpflichtet, sich mit den ausführlichen Darlegungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung vom 09. Februar 2009 und zum arbeitsgerichtlichen Verfahren mit der Firma Bell auseinanderzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und mit in seine Erwägung einzubeziehen hat. Dieses ist grundsätzlich anzunehmen, wenn das Gericht den Vortrag entgegengenommen hat (vgl. Keller in Mayer-Ladewig, 9. Auflage 2008, § 62 Rdnr. 7). In den Entscheidungsgründen muss nicht zu den vorgetragenen Ausführungen Stellung genommen werden. Das SG hat in den Entscheidungsgründen die das Urteil aus seiner Sicht tragenden Umstände dargelegt und damit hinreichend den Vortrag der Klägerin berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung (§ 177 SGG) wird das angefochtene Urteil des SG vom 23. September 2009 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
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