L 12 KO 1693/11 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KO 1005/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 KO 1693/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. April 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

In dem beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) geführten Verfahren S 4743/10 (vormals S 5 R 1406/09) ging es um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Dezember 2009 wurde der Beschwerdeführer auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG unter Beifügung der Gerichts- und Verwaltungsakten (insgesamt ca. 281 Blatt) zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung der Klägerin gebeten. Am 16. November 2010 hat der Antragsteller ein 22-seitiges fachinternistisches Gutachten (30.815 Anschläge) erstattet, dem ein 12-seitiges Literaturverzeichnis und die Anlagen X64 (Diagnostik und Therapie der Lyme-Borreliose), X52 (Textbaustein Anlage X52), X35 (Aufsatz "Lyme Disease") sowie das Laborblatt beigefügt waren. Für das Gutachten hat er mit Rechnung vom 21. Dezember 2010 eine Vergütung in Höhe von 1932,13 EUR verlangt. Abgerechnet hat er 21 Stunden a 60,- EUR, technische Untersuchungsleistungen, Schreibgebühren sowie Umsatzsteuer.

Die Kostenbeamtin des SG hat die Vergütung mit Schreiben vom 22. Februar 2011 auf 1390,11 EUR herabgesetzt unter Anwendung der Honorargruppe M 2 und 13 Stunden Zeitaufwand berücksichtigt.

Im Einzelnen stehen sich folgende Bewertungen gegenüber: Antragsteller Kostenbeamtin Analyse Lyme Borreliose 3 h à 60 EUR Aktenstudium 7 h à 60 EUR 3 h à 60 EUR Untersuchung 4 h à 60 EUR 4 h à 60 EUR Diktat Anamnese/Befunde 2 h à 60 EUR 2 h à 60 EUR Beurteilung, Beantwortung Beweisfragen 2 h à 60 EUR 3 h à 60 EUR Stellungnahme zu Vorgutachten 2 h à 60 EUR Korrektur 1 h à 60 EUR 1 h à 60 EUR Gesamtzeitaufwand (gerundet) 21 h à 60 EUR 13 h à 60 EUR Technische Untersuchungsleistungen 283,17 EUR 293,61 EUR Schreibauslagen 74,66 EUR 84,55 EUR Porto 10 EUR 10 EUR Umsatzsteuer 304,18 EUR 221,95 EUR Summe 1.932,13 EUR 1.390,11 EUR

Auf den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf richterliche Festsetzung hat das SG mit Beschluss vom 1. April 2011 die Vergütung für das Gutachten auf 1.390,11 EUR festgesetzt. Dem Beschwerdeführer stehe ein Anspruch auf Vergütung eines höheren Zeitaufwandes als 13 Stunden ebenso wenig zu wie eine Entschädigung unter Berücksichtigung der Honorargruppe M3 anstatt M2. Der angegebene zeitliche Aufwand von 20 Stunden sei für die Erstellung eines Gutachtens im Umfang von 30.815 Zeichen zu hoch. Grundlage des Vergütungsanspruchs sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG. Danach erhalte der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen sei. Aus § 8 Abs. 2 Satz1 JVEG ergebe sich, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht danach orientiere, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufgewandt habe, sondern daran, wie viele Stunden insoweit objektiv tatsächlich erforderlich gewesen seien. Die Vergütung des Sachverständigen sei anhand von Erfahrungswerten auf ihre Plausibilität hin zu prüfen. Hierzu habe der Kostensenat des LSG Baden-Württemberg Rechtsgrundsätze zu einzelnen Bemessungsrundlagen aufgestellt, denen das SG folge. Danach stehe dem Beschwerdeführer für die Erstellung seines Gutachtens eine Entschädigung allein im Umfang von 13 Zeitstunden zu. Der Zeitaufwand für das Aktenstudium und die Vorbereitungen sei mit 3 Stunden anzusetzen. Welche Tätigkeit der Antragsteller unter der Bezeichnung "Analyse der Lyme Borreliose" abgerechnet habe, erschließe sich dem SG nicht. Die Entschädigung für die Anamneseerhebung und Untersuchung, für Abfassung und Diktat von Anamnese und Befunden sowie für die Korrektur habe die Kostenbeamtin entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers festgesetzt. Auch gegen den von der Kostenbeamtin entschädigten Zeitaufwand von 3 Stunden für Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen unter Berücksichtigung auch des Zeitaufwands der Stellungnahme zu dem vom Antragsteller auszuwertenden Vorgutachten sei nichts zu erinnern. Denn dieser sei nicht zu gering ausgefallen. Die Leistungen habe der Beschwerdeführer auf 5 Gutachterseiten erbracht, die 2,5 Standardseiten zuzurechnen seien. Unter Berücksichtigung eines Plausibilitätsmaßstandes von 2,5 Standardseiten je Stunde sei deshalb ein entschädigter Zeitaufwand von 3 Stunden nicht nur nicht unangemessen niedrig, sondern eher wohlwollend ausgefallen. Der Zeitaufwand berücksichtige dabei auch die inhaltliche Auseinandersetzung des Antragstellers mit den aktenkundigen medizinischen Unterlagen. Keine Entschädigung könne der Beschwerdeführer für die Auswertung und Bereitstellung von Fachliteratur beanspruchen. Die Kostenbeamtin habe das Gutachten auch zurecht der Honorargruppe M2 zugeordnet. Dies entspreche der eigenen Zuordnung des Beschwerdeführer in seinem Entschädigungsantrag. Überdies sei die Zuordnung zur Honorargruppe M2 auch der Sache nach nicht zu beanstanden. Bei dem Gutachten des Beschwerdeführer handele es sich um ein typisches Gutachten im Rahmen einer Streitigkeit um eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dies entspreche der Honorargruppe M2 gem. § 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. der hierzu ergangenen Anlage 1. Allein aus der Tatsache, dass mehrere Vorgutachten vorlagen, könne eine besondere Schwierigkeit nicht gefolgert werden. Daraus ergebe sich eine Entschädigung des reinen Zeitaufwandes des Beschwerdeführers für die Erstellung seines Gutachtens im Umfang von 780,- EUR. Darüber hinaus habe er Anspruch auf Entschädigung der von ihm durchgeführten technischen Untersuchungsleistungen, der Schreibgebühren, des Portos und der Umsatzsteuer wie von der Kostenbeamtin festgesetzt.

Gegen den Beschluss richtet sich die am 15. April 2011 eingelegte Beschwerde, mit welcher sich der Beschwerdeführer gegen die Einstufung in Honorargruppe M2 und den berücksichtigten Zeitaufwand wendet. Zur Begründung führt er aus, dass es sich bei seinem Gutachten um ein hoch kompliziertes medizinisches Dokument, das mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen nicht zu erstellen sei, handele. Der übliche Zeitaufwand sei in Anbetracht der schwierigen Materie nicht angemessen. Bei der Lyme-Borreliose sei die Abgrenzung zahlreicher Krankheiten im Sinne einer Differenzialdiagnose erforderlich. Zudem sei es erforderlich, die zahlreichen medizinischen strittigen Punkte durch entsprechende Literatur zu belegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz - JVEG) Anwendung, weil der Gutachtensauftrag dem Beschwerdeführer nach dem 30. Juni 2004 erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).

Vorliegend entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG der Berichterstatter als Einzelrichter. Gründe für die Übertragung des Verfahrens auf den Senat liegen nicht vor.

Die nach § 4 Abs. 3 JVEG statthafte Beschwerde ist nicht begründet, da das SG die Vergütung des Beschwerdeführers für sein Gutachten vom 12. November 2010 zutreffend auf 1.390,11 EUR festgesetzt hat.

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Nach § 9 Abs. 1 JVEG erhalten medizinische Sachverständige für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 50, 60 oder 85 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG zuzuordnen ist. Dabei hat sich der Gesetzgeber an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert, wobei die Vergütung aufwandsbezogen gestaltet sein soll (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 186). Im Einzelnen lautet die Regelung (soweit der Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betroffen sein könnte):

Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten Honorar M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung 50 EUR M2 Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacherer medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten • in Verfahren nach dem SGB IX, • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität, • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebung (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen)

60 EUR M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalfragen), insbesondere Gutachten • zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, • in Verfahren nach dem OEG • zur Geschäfts-, Testier- oder Prozessfähigkeit, • zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten.

85 EUR

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 22. September 2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A - MedR 2006, 118 ff.) gilt insoweit, dass einfachere gutachtliche Beurteilungen mit einer Vergütung nach Honorargruppe M 1 solche sind, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten (Anhaltspunkte) oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa augen- und ohrenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Seh- oder Hörminderung sowie Gutachten unabhängig vom Sachgebiet ohne schwierige Diagnostik, wenn die Beurteilung im Wesentlichen auf Zustand und Funktion eines Organs/Organpaares bzw. Körperteils gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen sind. Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad sind solche, bei denen die diagnostischen oder ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX und die Leidensverbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung oder im sozialen Entschädigungsrecht unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung oder des sozialen Entschädigungsrechts, wenn die zu klärenden Kausalfragen keine besonders schwierigen Überlegungen erfordern, insbesondere wenn sich die Beantwortung der Kausalfragen ohne kritische Auseinandersetzung allein an den Standardwerken der unfallmedizinischen Literatur (z.B. Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit) orientiert. Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad nach der Honorargruppe M 3 liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, z.B. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier Zusammenhangsgutachten in der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht einzuordnen, die sich im notwendigen Umfang mit den im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten auseinander setzen sowie Zustandsgutachten bei sehr komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer nach dem Schwierigkeitsgrad völlig gleichmäßigen Abstufung die betragsmäßig ungleichmäßige, aber vom Gesetz verbindlich vorgegebene unterschiedliche Vergütung der Honorargruppen von 50 EUR über 60 EUR bis zu 85 EUR nicht nachvollziehbar erscheinen würde. Eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 fordert daher gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M 2 bewertet werden, einen deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss. Es genügt daher für eine Vergütung nach der Honorargruppe M 3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben worden ist. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielschichtigen bzw. vielseitigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Entschädigung des Gutachtens des Beschwerdeführers mit einem Stundensatz von 60,- EUR nach Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG vorzunehmen, zumal die Einordnung in Honorargruppe M2 der ursprünglichen Einschätzung des Beschwerdeführers in seinem Antrag auf Entschädigung vom 21. Dezember 2010 entspricht. Nach den mit dem Gutachtensauftrag gestellten Beweisfragen war zu klären, ob und inwieweit sich die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen auf ihr berufliches Leistungsvermögen auswirken. Es handelt sich um ein typisches Gutachten im Rahmen einer Streitigkeit um eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Antragsteller hatte in erster Linie die auf seinem Fachgebiet bei der Klägerin vorhandenen Funktionsstörungen und deren Ausmaß festzustellen und zu bewerten gehabt. Dies entspricht der Honorargruppe M2 gem. § 9 Abs. 1 JVEG in Verbindung mit der hierzu ergangenen Anlage 1. Als Regelbeispiel für die Honorargruppe M2 werden u.a. Begutachtungen "zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität" genannt. Um einer derartige Fragestelle hat es sich auch im vorliegenden Fall gehandelt. Dass hier schon verschiedene Vorgutachten, insbesondere das internistische Gerichtsgutachten Dr. S., und sachverständige Stellungnahmen der behandelnden Ärzte vorlagen, führt nicht schon zu einer besonderen Schwierigkeit. Da die besonderen Schwierigkeiten eines Gutachtens, die zur Anwendung einer höheren Honorargruppe führen können, in jedem Fall aus dem Gutachten selbst ersichtlich sein müssen, ist zu fordern, dass aus dem Gutachten erkennbar ist, welche besonderen Schwierigkeiten aufgetreten sind. Dies ist hier nicht der Fall. Der Beschwerdeführer hat seine Beurteilung mit den von ihm getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der Vorgutachten und aktenkundigen Befunde getroffen. Seine Ausführungen zum Akteninhalt, zur Anamnese, zu den Untersuchungsbefunden und zur Beurteilung sind zwar ausführlich, eine besondere Schwierigkeit lässt sich daraus nicht entnehmen. Es ist aus dem Gutachten nicht erkennbar, dass die Beantwortung der Beweisfragen besonders schwierige, eingehende Überlegungen erforderte. Auch soweit der Beschwerdeführer differentialdiagnostische Überlegungen in Abgrenzung zu einer Lyme-Borreliose vorgenommen haben will, die freilich in seinem Gutachten nicht deutlich zum Ausdruck kommen, ist dies nicht zu verwechseln mit den Anforderungen, die an einen Sachverständigen z.B. im Rahmen einer unfallversicherungsrechtlichen Begutachtung gestellt werden, von dem erwartet wird, dass er möglichst genau die Ursachen sowie das jeweils hieraus folgende Ausmaß einer Beeinträchtigung darlegt. Insgesamt liegt der Schwierigkeitsgrad im Vergleich zu einem durchschnittlichen Zustandsgutachten im Bereich des Rentenversicherung jedenfalls nicht so viel höher, als dass eine Vergütung nach Honorargruppe M3 gerechtfertigt wäre.

Hinsichtlich des streitigen Zeitaufwands besteht kein Anspruch des Beschwerdeführers auf Entschädigung von mehr als 13 Stunden. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Dementsprechend wird es gemäß § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Die Zeit, die erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl., § 8 Rdnr. 8.48). Wie bisher schon kann auch unter der Geltung des JVEG davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig sind und dass die vom Sachverständigen zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig waren. Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt (Beschluss des Senats vom 22. September 2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A -). Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so (Beschluss vom 5. April 2005 - L 12 SB 795/05 KO-A - (juris)), dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2.700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Fall der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Fall eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und ggf. vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung unter Mitteilung seines tatsächlichen Zeitaufwandes entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Hinweisblatt mitgeteilt worden sind. Diese Anforderungen hat der Antragsteller erfüllt.

Das vorliegende Gutachten mit 30.815 Zeichen entspricht 11,4 Standardseiten mit 2.700 Anschlägen. Angesichts der vorgelegten 22 Seiten beträgt der Umrechnungsfaktor 0,52. Danach ergibt sich im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ein Zeitaufwand von gerundet allenfalls 13 Stunden (3 Stunden Aktenstudium, 4 Stunden Anamnese/Untersuchung, 2 Stunden Diktat Befunde, 3 Stunden Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen und 1 Stunde Korrektur).

Beim Zeitaufwand für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts ist auch das Ausmaß der gutachtensrelevanten Aktenteile (einschlägige Befundberichte der behandelnden Ärzte, Vorgutachten, Rehabilitationsberichte, Beschwerdeschilderungen beispielsweise in der Widerspruchs-, Klage- und Berufungsbegründung) zu berücksichtigen. Dabei legt der Senat seine eigenen Erfahrungswerte aus dem richterlichen Bereich zu Grunde. Danach ist - bei Gutachten auf Grund ambulanter Untersuchung - für bis zu 200 Aktenseiten mit bis zu 50% gutachtensrelevantem Anteil bei der Plausibilitätsprüfung eine Stunde für Durchsicht und erforderliches Diktat anzusetzen. Der Kostenbeamte hat großzügig für die Durchsicht der dem Beschwerdeführer übersandten ca. 280 Blatt Akten 3 Stunden veranschlagt. Dass der gutachtensrelevante Anteil der Gerichts- und Verwaltungsakten 50% nicht überschritten hat, hat das SG zutreffend dargelegt. Der Beschwerdeführer vermochte es nicht, den geltend gemachten Zeitaufwand von 9 Stunden für "Aktenstudium einschl. Diktat der Aktenlage" ansatzweise zu erklären.

Der vom SG angesetzte Zeitaufwand für die Untersuchung von 4 Stunden entspricht den Angaben des Beschwerdeführers. Gleiches gilt für den berücksichtigten Zeitaufwand von 2 Stunden für das Diktat der Anamnese und der Befunde sowie von 1 Stunde für die Korrektur einschließlich abschließender Durchsicht. Für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen (ohne deren Wiedergabe und sonstige Wiederholungen) sind insgesamt 5 Seiten entsprechend 2,6 Standardseiten zu berücksichtigen, wofür sich rein nach der Plausibilität (1 Stunde für 2 ½ Standardseiten) ein Zeitaufwand ca. 1. Stunde ergibt. Die Kostenbeamtin hat den Zeitaufwand auf 3 Stunden angehoben und damit großzügig die erforderliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den aktenkundigen medizinischen Unterlagen, insbesondere mit dem Vorgutachten des Internisten Dr. S., berücksichtigt. Der geltend gemachte Zeitaufwand von 3 Stunden für eine "Analyse der Lyme Borreliose" war nicht anzusetzen, da der Beschwerdeführer nicht kenntlich gemacht hat, welche vergütungspflichtige Sachverständigentätigkeit er überhaupt unter dieser Bezeichnung abrechnen will.

Das Ergebnis der Plausibilitätsprüfung ist indes kritisch zu hinterfragen, da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Sachverständige seine aufgewendeten Stunden zutreffend angibt. Daher ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Gutachter den durch die Plausibilitätsprüfung gezogenen Rahmen nur geringfügig überschreitet (maximal um 10 %); liegt eine nur geringfügige Überschreitung vor, wird er antragsgemäß entschädigt. Vorliegend macht der Beschwerdeführer allerdings eine um mehr als 10 % von der Plausibilitätsprüfung abweichende Stundenzahl geltend, weswegen aus diesem Gesichtspunkt eine Erhöhung der Stundenzahl nicht erfolgen kann.

Liegen darüber hinaus Anhaltspunkte oder Angaben des Gutachters vor, die einen höheren Stundensatz rechtfertigen, so sind die höheren Stunden zugrunde zu legen (vgl. Beschluss des Senats vom 9. Mai 2005 - L 12 U 1512/05 KO-A). Hierfür ergeben sich vorliegend allerdings keine Hinweise. Allein die Tatsache, dass zur Beurteilung nicht nur die eigenen Befunde berücksichtigt werden mussten, sondern auch Vorgutachten, begründet keinen besonderen, überdurchschnittlichen Zeitaufwand, sondern hält sich im üblichen Rahmen der Anforderungen. Auch ist ein zusätzlicher Zeitaufwand für die Auswertung und Bereitstellung von Fachliteratur nicht zu rechtfertigen. Grundsätzlich gilt, dass ein allgemeines Literaturstudium, das lediglich auf den Erwerbs des von einem Gutachter zu erwartenden Kenntnisstandes gerichtet ist, nicht zu vergüten ist (z.B. Senatsbeschluss vom 17. September 2009 - L 12 U 3620/09 KO-A -). Das SG hat in Anwendung dieses Grundsatzes zutreffend darauf hingewiesen, dass zwar mit der Lyme-Borreliose eine spezielle Gesundheitsstörung vorlag, deren Auswirkungen auf das gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin zu beurteilen waren, jedoch die Klägerin den Beschwerdeführer gerade im Hinblick auf dessen besondere Fachkenntnisse ausgewählt hat. Die entsprechende Fachkenntnisse in Bezug auf eine Lyme-Borreliose-Erkrankung sind angesichts der beruflichen Qualifikation des Beschwerdeführers vorauszusetzen, so dass nicht angenommen werden kann, er habe sich zum Zwecke der Gutachtenerstellung in die Problematik eingehend einlesen und die entsprechende Literatur studieren müssen.

Das SG hat mithin die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 12. November 2010 unter Berücksichtigung von 780,- EUR (Zeitaufwand), 291,63 EUR (technische Untersuchungsleistungen), 84,55 EUR (Schreibauslagen), 10,- EUR (Porto) und 221,95 EUR (Umsatzsteuer) zutreffend auf insgesamt 1.390,11 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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