Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 12 AS 4647/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 41 Abs.2 SGB II erschöpft sich in einer bloßen Verfahrensvereinfachung, so daß hierdurch keine Individualinteressen im Sinne der Schutznormtheorie geschützt werden. Daher ist-- wenn und soweit eine Neufeststellung der Grundsicherungsleistungen nicht geboten ist -- ein eigenständiger Anspruch des Empfängers von Grundsicherungsleistungen auf Auskehrung des sich nach Aufrundung auf volle Euro-Beträge ergebenden Differenzbeträge nicht gegeben.
2. Das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren konkretisiert sich im Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Bei der Entscheidung über eine Aktenversendung kann die Behörde die begründeten eigenen Belange ausreichend berücksichtigen. Entstehende Verfahrensverzögerungen können ebenso in die Ermessensentscheidung einfließen wie der Umstand, daß die Akten laufend benötigt werden.
2. Das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren konkretisiert sich im Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Bei der Entscheidung über eine Aktenversendung kann die Behörde die begründeten eigenen Belange ausreichend berücksichtigen. Entstehende Verfahrensverzögerungen können ebenso in die Ermessensentscheidung einfließen wie der Umstand, daß die Akten laufend benötigt werden.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Kostengrundentscheidung nach näherer Maßgabe des § 193 Abs. 1 Satz 3 So-zialgerichtsgesetz (SGG) nach Erledigung der Hauptsache.
Die Klägerin hatte zunächst unter dem 2. November 2009 beim Sozialgericht Nordhausen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26. August 2009 in der Fassung der Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 und vom 5. November 2009 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 23. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 insoweit abzuändern, daß der Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in gesetzlicher Höhe bewilligt werden und die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 dahingehend abzuändern, daß die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Kläger vollumfänglich zu erstatten hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2011 hat die Beklagte sich verpflichtet, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 14,23 Euro zuzuwenden. In Ansehung dieses Anerkenntnisses hat die Klägerin den Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Kläger aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
zu erkennen, daß die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.
II.
Nach angenommenem Anerkenntnis der Klägerin vom 4. Mai 2011 und dadurch bedingter Verfahrensbeendigung nach § 101 Abs. 2 SGG ist auf Antrag (nur noch) über die Kostentragungspflicht zu entscheiden, § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Maßgeblich für das auszuübende sachgemäße Ermessen ist dabei einerseits das in § 91a Zivilprozessordnung verankerte Unterlegensprinzip, wonach summarisch der vermutliche Ausgang des Verfahrens zu ermitteln und danach die Kostenlast zu verteilen ist. Andererseits ist in sozialgerichtlichen Verfahren auch das Veranlassungs- und Verursachungsprinzip zu beachten, wonach kostenrelevant sein kann, ob eine Behörde Anlaß für eine unbegründete Klage gegeben hat (MEYER-LADEWIG/KELLER/LEITHERER, SGG, 9. Auflage, § 193 Rn. 13). Schließlich kann das Verhalten der Prozeßbeteiligten relevant sein. Schließlich kann das Verhalten der Prozeßbeteiligten relevant sein.
Hieran gemessen erscheint es sachgerecht, der Beklagten keine Kostentragungspflicht aufzuerlegen. Dabei läßt sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten:
Das Gericht nimmt in den Blick, daß der Abzug der Kosten der Warmwasseraufbereitung rechtsfehlerbehaftet war (vgl. Niederschrift vom 4. Mai 2010) und die Klägerin den von der Beklagten anerkannten Nachzahlungsbetrag in Höhe von ca. 14 Euro beanspruchen konnte. Das Gericht berücksichtigt aber auch, daß der Klägerin während des hier streitbefangenen Zeitraumes Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 3.490 Euro bewilligt wurden. Klage und Widerspruch wurden nicht beschränkt; - die Klägerin forderte jeweils die vollständige rechtliche und inhaltliche Prüfung ein. In Ansehung dessen ist das Obsiegen der Klägerin im Ergebnis der mündlichen Verhandlung derart begrenzt, daß es billigem Ermessen entspricht, der Beklagten keine -auch keine anteilige- Kostenlast aufzuerlegen. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der ausgesprochenen Gewährung von Prozeßkostenhilfe; denn auch bei nur teilweise zu bejahender Erfolgsaussicht ist in der Regel in gerichtskostenfreien Verfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rn. 7a). Die Höhe des Obsiegens der Klägerin aber gibt dem Gericht im vorliegenden Fall auch keine Veranlassung, die Frage einer etwaigen Bagatellgrenze eingehender zu erörtern (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. März 2011, Az. 1 BvR 2493/10).
Bei Gelegenheit dieser Entscheidung weist das Gericht noch auf Folgendes hin:
Ohne Erfolg hat die Klägerin in der Klageschrift die Verletzung des § 41 Abs. 2 SGB II gerügt.
Denn die Bestimmung des § 41 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) begründet kein - eigenständiges - subjektives Recht. Denn der Sinn und Zweck der Regelung erschöpft sich in einer intendierten Verfahrensvereinfachung, hier der Vermeidung einer Auszahlung von Bagatellbeträgen (vgl. EICHER/SPELLBRINK, SGB II, 2. Aufl., § 41 Rn. 7). Demgemäß weist auch die Gesetzesbegründung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drucks. 15/1516, S. 157) aus, daß die Rundungsregelung sicherstellen soll, daß sich immer volle Euro-Beträge ergeben.
In Ansehung dessen kann die Klägerin keine -durch § 41 Abs. 2 SGB II- im Sinne der Schutznormtheorie geschützten Individualinteresssen aufzeigen. Denn ein Eingriff in sog. Reflexrechte, das heißt in Rechtspositionen, die auf Normen beruhen, welche ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienen sollen und nur als Nebenwirkung dem Individualinteresse zu Gute kommen, ohne daß die Norm dies beabsichtigt (MEYER-LADEWIG/ KELLER/ LEITHERER, SGG, § 54 Rn. 12), kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
Gegenteiliges ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch nicht unter besonderer Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn auch soweit das Bundessozialgericht wiederholt herausgestellt hat, daß die Gesamtbeträge nach § 41 Abs. 2 SGB II auf ganze Eurobeträge zu runden sind (vgl. beispielhaft Urteil des BSG vom 17. März 2009, Az. B 14 AS 63/07 R, m.w.N.), wäre eine solche Rundung nur im Kontext einer -bereits aus anderen materiellrechtlichen Gründen zu erfolgenden- Neufeststellung der Grundsicherungsleistungen zu beachten. Hieran aber fehlt es im Streitfall.
Auch hat die Beklagte eine beantragte Akteneinsicht nicht abgelehnt, so daß auch insoweit eine abweichende Kostenentscheidung nicht veranlaßt ist.
Dabei geht das Gericht im Grundsatz davon aus, daß es sich bei der Akteneinsicht respektive bei der Aktenübersendung um eine Ausgestaltung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 62 SGG) handelt (vgl. ausführlich PAWLITA, Die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts im gerichtlichen und behördlichen Verfahren durch Überlassung der Akten in die Rechtsanwaltskanzlei, AnwBl. 1986, 1 ff., 7).
Im sozialgerichtlichen Verfahren haben die Beteiligten ein Recht auf Einsicht in die Akten nach näherer Maßgabe des § 120 SGG. Hiernach steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden, einem Rechtsanwalt die Akten zur Einsichtnahme in dessen Kanzlei zu übersenden. Ein Rechtsanspruch auf Übersendung der Akten ist nicht gegeben (KELLER in MEYER/LADEWIG/KELLER/LEITHERER, SGG, 9. Aufl., § 120 Rn. 4).
Gleiches gilt für die Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Bestimmung des § 84a SGG, weil nach der einschlägigen Gesetzesbegründung das Akteneinsichtsrecht durch die Bestimmung des § 84a SGG lediglich "verbessert und künftig wie im Gerichtsverfahren gewährt (Möglichkeit der Aktenübersendung)" werden soll (BT-Drucks. 11/7817, 143). Das Recht auf Akteneinsicht konkretisiert sich im Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Bei der Entscheidung über eine Aktenversendung kann die Behörde die begründeten eigenen Belange ausreichend berücksichtigen. Daher können entstehende Verfahrensverzögerungen ebenso in die Ermessensentscheidung einfließen wie der Umstand, dass die Akten laufend benötigt werden (vgl. PAWLITA, AnwBl. 1986, 1 ff., 7).
Der Behörde ist es aber verwehrt, eine Akteneinsicht pauschal abzulehnen. Das Gericht erachtet es -in Ausgestaltung der Grundsätze eines fairen Verfahrens- auch nicht für zulässig, die Akteneinsicht an Amtsstelle in schikanöser Weise auszugestalten. Daher wäre eine Beschränkung der Akteneinsicht auf einzelne Stunden oder Wochentage unzulässig; die Akteneinsicht wird vielmehr regelmäßig während der allgemeinen Öffnungszeiten zu erfolgen haben.
Diesen rechtlichen Vorgaben hat die Beklagte umfänglich entsprochen, denn in der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2011 hat sie allgemein dargelegt (vgl. Az. S 12 AS 4693/10), daß sie auf Antrag Akteneinsicht an Amtsstelle während der allgemeinen Öffnungszeiten gewähre. Anhaltspunkte dafür, daß dieser Sachvortrag der Beklagten wahrheitswidrig wäre, sind nicht bekannt geworden; auch wird ein solcher Vorwurf von Seiten der Kläger nicht erhoben. Soweit sich daher die von den Klägern geltend gemachte verweigerte Akteneinsicht ihrem Wesen nach auf die Rüge beschränkt, daß die Beklagte die Verwaltungsakten nicht zur Einsichtnahme in die Kanzleiräume des Prozeßbevollmächtigten übersendet hat, kann das Gericht keine Ermessensfehler aufzeigen. Denn nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen durfte die Beklagte im Interesse eines geordneten Verwaltungsablaufs die Akteneinsicht auf eine Einsichtnahme an Amtsstelle beschränken. Das Gericht setzt auch eine ‚Nichtübersendung’ der Akten einer ‚Ablehnung des Akteneinsichtsgesuchs’ nicht gleich.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG.
Gründe:
I.
Streitig ist die Kostengrundentscheidung nach näherer Maßgabe des § 193 Abs. 1 Satz 3 So-zialgerichtsgesetz (SGG) nach Erledigung der Hauptsache.
Die Klägerin hatte zunächst unter dem 2. November 2009 beim Sozialgericht Nordhausen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26. August 2009 in der Fassung der Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 und vom 5. November 2009 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 23. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 insoweit abzuändern, daß der Klägerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in gesetzlicher Höhe bewilligt werden und die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2009 dahingehend abzuändern, daß die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Kläger vollumfänglich zu erstatten hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2011 hat die Beklagte sich verpflichtet, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 14,23 Euro zuzuwenden. In Ansehung dieses Anerkenntnisses hat die Klägerin den Rechtsstreit sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Kläger aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
zu erkennen, daß die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.
II.
Nach angenommenem Anerkenntnis der Klägerin vom 4. Mai 2011 und dadurch bedingter Verfahrensbeendigung nach § 101 Abs. 2 SGG ist auf Antrag (nur noch) über die Kostentragungspflicht zu entscheiden, § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Maßgeblich für das auszuübende sachgemäße Ermessen ist dabei einerseits das in § 91a Zivilprozessordnung verankerte Unterlegensprinzip, wonach summarisch der vermutliche Ausgang des Verfahrens zu ermitteln und danach die Kostenlast zu verteilen ist. Andererseits ist in sozialgerichtlichen Verfahren auch das Veranlassungs- und Verursachungsprinzip zu beachten, wonach kostenrelevant sein kann, ob eine Behörde Anlaß für eine unbegründete Klage gegeben hat (MEYER-LADEWIG/KELLER/LEITHERER, SGG, 9. Auflage, § 193 Rn. 13). Schließlich kann das Verhalten der Prozeßbeteiligten relevant sein. Schließlich kann das Verhalten der Prozeßbeteiligten relevant sein.
Hieran gemessen erscheint es sachgerecht, der Beklagten keine Kostentragungspflicht aufzuerlegen. Dabei läßt sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten:
Das Gericht nimmt in den Blick, daß der Abzug der Kosten der Warmwasseraufbereitung rechtsfehlerbehaftet war (vgl. Niederschrift vom 4. Mai 2010) und die Klägerin den von der Beklagten anerkannten Nachzahlungsbetrag in Höhe von ca. 14 Euro beanspruchen konnte. Das Gericht berücksichtigt aber auch, daß der Klägerin während des hier streitbefangenen Zeitraumes Grundsicherungsleistungen in Höhe von ca. 3.490 Euro bewilligt wurden. Klage und Widerspruch wurden nicht beschränkt; - die Klägerin forderte jeweils die vollständige rechtliche und inhaltliche Prüfung ein. In Ansehung dessen ist das Obsiegen der Klägerin im Ergebnis der mündlichen Verhandlung derart begrenzt, daß es billigem Ermessen entspricht, der Beklagten keine -auch keine anteilige- Kostenlast aufzuerlegen. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der ausgesprochenen Gewährung von Prozeßkostenhilfe; denn auch bei nur teilweise zu bejahender Erfolgsaussicht ist in der Regel in gerichtskostenfreien Verfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rn. 7a). Die Höhe des Obsiegens der Klägerin aber gibt dem Gericht im vorliegenden Fall auch keine Veranlassung, die Frage einer etwaigen Bagatellgrenze eingehender zu erörtern (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24. März 2011, Az. 1 BvR 2493/10).
Bei Gelegenheit dieser Entscheidung weist das Gericht noch auf Folgendes hin:
Ohne Erfolg hat die Klägerin in der Klageschrift die Verletzung des § 41 Abs. 2 SGB II gerügt.
Denn die Bestimmung des § 41 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) begründet kein - eigenständiges - subjektives Recht. Denn der Sinn und Zweck der Regelung erschöpft sich in einer intendierten Verfahrensvereinfachung, hier der Vermeidung einer Auszahlung von Bagatellbeträgen (vgl. EICHER/SPELLBRINK, SGB II, 2. Aufl., § 41 Rn. 7). Demgemäß weist auch die Gesetzesbegründung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drucks. 15/1516, S. 157) aus, daß die Rundungsregelung sicherstellen soll, daß sich immer volle Euro-Beträge ergeben.
In Ansehung dessen kann die Klägerin keine -durch § 41 Abs. 2 SGB II- im Sinne der Schutznormtheorie geschützten Individualinteresssen aufzeigen. Denn ein Eingriff in sog. Reflexrechte, das heißt in Rechtspositionen, die auf Normen beruhen, welche ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienen sollen und nur als Nebenwirkung dem Individualinteresse zu Gute kommen, ohne daß die Norm dies beabsichtigt (MEYER-LADEWIG/ KELLER/ LEITHERER, SGG, § 54 Rn. 12), kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.
Gegenteiliges ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch nicht unter besonderer Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn auch soweit das Bundessozialgericht wiederholt herausgestellt hat, daß die Gesamtbeträge nach § 41 Abs. 2 SGB II auf ganze Eurobeträge zu runden sind (vgl. beispielhaft Urteil des BSG vom 17. März 2009, Az. B 14 AS 63/07 R, m.w.N.), wäre eine solche Rundung nur im Kontext einer -bereits aus anderen materiellrechtlichen Gründen zu erfolgenden- Neufeststellung der Grundsicherungsleistungen zu beachten. Hieran aber fehlt es im Streitfall.
Auch hat die Beklagte eine beantragte Akteneinsicht nicht abgelehnt, so daß auch insoweit eine abweichende Kostenentscheidung nicht veranlaßt ist.
Dabei geht das Gericht im Grundsatz davon aus, daß es sich bei der Akteneinsicht respektive bei der Aktenübersendung um eine Ausgestaltung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 62 SGG) handelt (vgl. ausführlich PAWLITA, Die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts im gerichtlichen und behördlichen Verfahren durch Überlassung der Akten in die Rechtsanwaltskanzlei, AnwBl. 1986, 1 ff., 7).
Im sozialgerichtlichen Verfahren haben die Beteiligten ein Recht auf Einsicht in die Akten nach näherer Maßgabe des § 120 SGG. Hiernach steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden, einem Rechtsanwalt die Akten zur Einsichtnahme in dessen Kanzlei zu übersenden. Ein Rechtsanspruch auf Übersendung der Akten ist nicht gegeben (KELLER in MEYER/LADEWIG/KELLER/LEITHERER, SGG, 9. Aufl., § 120 Rn. 4).
Gleiches gilt für die Akteneinsicht im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Bestimmung des § 84a SGG, weil nach der einschlägigen Gesetzesbegründung das Akteneinsichtsrecht durch die Bestimmung des § 84a SGG lediglich "verbessert und künftig wie im Gerichtsverfahren gewährt (Möglichkeit der Aktenübersendung)" werden soll (BT-Drucks. 11/7817, 143). Das Recht auf Akteneinsicht konkretisiert sich im Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Bei der Entscheidung über eine Aktenversendung kann die Behörde die begründeten eigenen Belange ausreichend berücksichtigen. Daher können entstehende Verfahrensverzögerungen ebenso in die Ermessensentscheidung einfließen wie der Umstand, dass die Akten laufend benötigt werden (vgl. PAWLITA, AnwBl. 1986, 1 ff., 7).
Der Behörde ist es aber verwehrt, eine Akteneinsicht pauschal abzulehnen. Das Gericht erachtet es -in Ausgestaltung der Grundsätze eines fairen Verfahrens- auch nicht für zulässig, die Akteneinsicht an Amtsstelle in schikanöser Weise auszugestalten. Daher wäre eine Beschränkung der Akteneinsicht auf einzelne Stunden oder Wochentage unzulässig; die Akteneinsicht wird vielmehr regelmäßig während der allgemeinen Öffnungszeiten zu erfolgen haben.
Diesen rechtlichen Vorgaben hat die Beklagte umfänglich entsprochen, denn in der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2011 hat sie allgemein dargelegt (vgl. Az. S 12 AS 4693/10), daß sie auf Antrag Akteneinsicht an Amtsstelle während der allgemeinen Öffnungszeiten gewähre. Anhaltspunkte dafür, daß dieser Sachvortrag der Beklagten wahrheitswidrig wäre, sind nicht bekannt geworden; auch wird ein solcher Vorwurf von Seiten der Kläger nicht erhoben. Soweit sich daher die von den Klägern geltend gemachte verweigerte Akteneinsicht ihrem Wesen nach auf die Rüge beschränkt, daß die Beklagte die Verwaltungsakten nicht zur Einsichtnahme in die Kanzleiräume des Prozeßbevollmächtigten übersendet hat, kann das Gericht keine Ermessensfehler aufzeigen. Denn nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen durfte die Beklagte im Interesse eines geordneten Verwaltungsablaufs die Akteneinsicht auf eine Einsichtnahme an Amtsstelle beschränken. Das Gericht setzt auch eine ‚Nichtübersendung’ der Akten einer ‚Ablehnung des Akteneinsichtsgesuchs’ nicht gleich.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG.
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