L 5 R 3888/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 4655/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3888/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.7.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze zuviel gezahlter Erwerbsminderungsrente in Höhe von 3.836,02 EUR (Zeitraum Mai 2006 bis Dezember 2007).

Am 22.8.2002 beantragte der 1952 geborene Kläger, Betriebswirt und gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann, zuletzt bis 2000 als Speditionskaufmann bei der Firma Sch. (Spedition) beschäftigt, (erstmals) Erwerbsminderungsrente. Dabei gab er an, bei seinem früheren Arbeitgeber noch eine geringfügige Beschäftigung (im erlernten Beruf und auf dem vormaligen Arbeitsplatz/Kontrolleur von Beladungen - Verwaltungsakte I S. 142, 173, 180c) auszuüben (Beginn der Tätigkeit 1.5.2002).

Nach Ablehnung des Rentenantrags mangels Mitwirkung des Klägers (Bescheid vom 24.6.2003; abgelehntes Angebot einer Reha-Behandlung) und erneuter Rentenantragstellung bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Rentenbescheid vom 17.3.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1.2.2005 bis 31.7.2005 (monatlicher Zahlbetrag 772,62 EUR). In dem Bescheid ist darauf hingewiesen, dass die Rente nicht oder in verminderter Höhe gezahlt wird, wenn bei Aufnahme bzw. Ausübung einer Beschäftigung durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) die maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese betrage ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, bei Beginn der laufenden Zahlung 345 EUR. Der Kläger sei außerdem gesetzlich verpflichtet, (u.a.) die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung unverzüglich mitzuteilen. Die Berechnung der Hinzuverdienstgrenzen und die konkreten Grenzbeträge wurden in Anlage 19 des Rentenbescheids im Einzelnen dargestellt.

Die Rente wurde (nach erstmaliger Verlängerung durch Bescheid vom 1.11.2005 bis 31.3.2006) mit Bescheid vom 18.8.2006 bis 31.3.2009 verlängert und mit Bescheid vom 2.3.2009 auf unbestimmte Zeit gewährt (Zahlbetrag ab 1.1.2011: 791,91 EUR). Auch diesen Bescheiden waren Darstellungen zur den einschlägigen Hinzuverdienstgrenzen nach dem Muster der entsprechenden Hinweise im Rentenbescheid vom 17.3.2005 beigefügt.

Auf Aufforderung der Beklagten legte der Kläger (erstmals) eine Verdienstbescheinigung der Firma Sch. vom 13.12.2005 sowie Verdienstabrechnungen für September bis November 2005 (Bruttoverdienst maximal 296 EUR) vor. Am 20.2.2009 (Verwaltungsakte III S. 506) übersandte er Verdienstbescheinigungen für die Zeit von Januar 2006 bis Januar 2009. Danach betrug das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers in der (streitigen) Zeit von Mai 2006 bis Dezember 2007 zunächst 399,60 EUR (RV-AN - Arbeitnehmeranteil - geringfügige Beschäftigung 29,97 EUR bzw. ab Juli 2006 17,98 EUR und ab Januar 2007 19,58 EUR), im Februar 2007 377,40 EUR (RV-AN 18,49 EUR), ab März bis November 2007 wieder 399,60 EUR (RV-AN 19,58 EUR) und im Dezember 2007 355,20 EUR (RV-AN 17,40 EUR).

Mit Anhörungsschreiben vom 7.4.2009 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur beabsichtigten Rückforderung überzahlter Rente in Höhe von 3.836,02 EUR (Zeitraum Mai 2006 bis Dezember 2007) Stellung zu nehmen. Der Kläger machte geltend, man müsse von seinem Bruttoeinkommen den von ihm getragenen Rentenversicherungsanteil und Fahrtkosten abziehen. Er lebe am Existenzminimum und könne den Überzahlungsbetrag nicht aufbringen.

Mit Bescheid vom 19.5.2009 berechnete die Beklagte die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab 1.5.2006 neu und gab dem Kläger auf, in der Zeit von 1.5.2006 bis 31.12.2007 zuviel gezahlte Rente in Höhe von 3.836,02 EUR zurückzuzahlen. Für die genannte Zeit stehe ihm die Rente nur in Höhe von drei Vierteln zu. Der Rentenbescheid vom 18.8.2006 werde hinsichtlich der Rentenhöhe gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) deswegen teilweise zurückgenommen. Man habe das Vorbingen des Klägers im Anhörungsverfahren bei der Ausübung des Rücknahmeermessens berücksichtigt. Auf Vertrauen könne er sich nicht berufen, weil er auf Grund der ihm gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Rentenbescheids hätte erkennen müssen. Mit den bislang ergangenen Rentenbescheiden sei über die Auswirkungen von Hinzuverdienst und die Höhe der Hinzuverdienstgrenze informiert worden. Im Hinblick auf eine etwaige Stundung möge der Kläger Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (auf einem ihm übersandten Formular) machen.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Beklagte hätte die Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstätte einkommensmindernd berücksichtigen müssen. Der Rentenversicherungsanteil für geringfügig Beschäftigte dürfe ebenfalls nicht als Einkommen angerechnet werden, da er der Beklagten zugute komme. Die Rückforderung sei unverhältnismäßig, weil er nach eigener Berechnung insgesamt nur 568,11 EUR über der Hinzuverdienstgrenze verdient habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7.9.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe zuletzt mit Schreiben vom 21.12.2005 die Einhaltung der Hinzuverdienstgrenze nachgewiesen, weshalb ihm die Rente als Vollrente gezahlt worden sei. Er wäre, worauf man ihn in den ergangenen Rentenbescheiden hingewiesen habe, verpflichtet gewesen, das seit März 2006 höhere Einkommen spätestens bei Erhalt des Rentenbescheids mitzuteilen. Vom 1.1.2006 bis 31.12.2007 habe die Hinzuverdienstgrenze für den Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente - wie dem Kläger aus den Rentenbescheiden bekannt gewesen sei - 350 EUR betragen. Ihm hätte daher die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze auffallen müssen. Fahrtkosten könnten nicht berücksichtigt werden, da auf das Bruttoeinkommen abzustellen sei. Die Überzahlung sei entstanden, weil der Kläger seine Mitteilungspflichten verletzt habe. Eine ihm günstige Ermessensentscheidung komme nicht in Betracht, zumal sie kein Mitverschulden an der Überzahlung treffe.

Am 14.9.2009 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Er trug (unter Beifügung von Arztattesten) vor, sein Arbeitgeber habe ihn wie einen "normalen" geringfügig Beschäftigten behandelt. Man habe ihm freiwillige Rentenversicherungsbeiträge als Einkommen angerechnet, obwohl sie der Beklagten zugutekämen, und außerdem die vom Arbeitgeber nicht ersetzten Kosten für Fahrten zur Arbeitsstätte nicht berücksichtigt. Die maßgeblichen Gesetze seien verfassungswidrig. Er leide unter Depressionen und Schlafapnoe mit Tagesmüdigkeit und stark verminderter Auffassungsgabe und Merkfähigkeit, weshalb ihm wegen der Verletzung der Mitteilungspflicht grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden könne. Er sei auch hoch verschuldet, schwerbehindert und suizidgefährdet. Die Rückforderung sei daher unverhältnismäßig.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.7.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 SGB X seien erfüllt. Nach näherer Maßgabe des § 96a Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bestehe Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur, wenn die in § 96a Abs. 2 SGB VI festgelegte Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde, wobei zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibe (§ 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Damit sei das Bruttoeinkommen maßgeblich. Abzüge für Fahrtkosten fänden nicht statt. In den Jahren 2006 und 2007 habe die Hinzuverdienstgrenze bei Renten wegen voller Erwerbsminderung jeweils 350 EUR monatlich (für Vollrenten) betragen. Der Kläger habe von März 2006 bis Dezember 2007 Arbeitseinkommen über der Hinzuverdienstgrenze erzielt, weswegen ihm die Rente vom 1.5.2006 bis 31.12.2007 gem. § 96a Abs. la Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3a SGB VI nur in Höhe von drei Vierteln zugestanden habe. Der Rentenbescheid vom 18.6.2006, der dies nicht berücksichtigt habe, sei daher teilweise rechtswidrig.

Der Kläger habe den (zu hohen) Hinzuverdienst pflichtwidrig nicht mitgeteilt und insoweit (jedenfalls) grob fahrlässig gehandelt. Seine Krankheit entbinde ihn nicht von der Erfüllung der Mitteilungspflicht; diese gelte auch für Bezieher von Erwerbsminderungsrenten. Die Beklagte habe das Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt und ihre Ermessenserwägungen im Widerspruchsbescheid mitgeteilt. Ein besonderer Härtefall, der zum Verzicht auf eine Rückforderung führen könnte, liege nicht vor. Dass die Hinzuverdienstgrenze nur geringfügig überschritten worden sei, genüge hierfür nicht. Da die Beklagte erst am 20.2.2009 vom höheren Hinzuverdienst des Klägers erfahren habe, sei die einjährige Rücknahmefrist gewahrt.

Auf den ihm am 20.7.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9.8.2010 Berufung eingelegt. Er wiederholt und bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Er sei auch nach Bewilligung der Erwerbsminderungsrente davon ausgegangen, dass er Anspruch auf Fahrtkostenerstattung (Weg zur Arbeit 21 Km mit dem PKW; Arbeitszeit 5.30 Uhr bis 8.00 Uhr) habe. Andernfalls hätte er das geringfügige Beschäftigungsverhältnis gekündigt, da der Stundenlohn nur 4,95 EUR (statt 7,50 EUR) betragen hätte. Insgesamt habe er im Hinblick auf die Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR von Mai 2006 bis Dezember 2007 nach seiner Berechnung nur 568,11 EUR zuviel verdient. Grob fahrlässiges Handeln liege daher nicht vor. Der Ansatz des Bruttoeinkommens bei der Hinzuverdienstgrenze sei sittenwidrig. Er hätte die Hinzuverdienstgrenze auch zweimal jährlich um das Doppelte, also insgesamt um 700 EUR, überschreiten dürfen. Durch entsprechende Verteilung der Entgeltzahlung hätte er daher die aufgelaufenen Überschreitungsbeträge (nach seiner Berechnung 2006: 396,80 EUR, 2007: 573,00 EUR) ohne Folgewirkung für die Rente erhalten können. Seit 1.1.2008 sei die Hinzuverdienstgrenze schließlich an das Einkommen aus geringfügigen Beschäftigungen (400 EUR) angepasst worden, was zuvor nicht der Fall gewesen sei.

In einem Attest des Dipl.-Psych. Dr. R. vom 3.11.2008 ist (u.a.) eine rezidivierende depressive Störung mit leicht- bis mittelgradigen depressiven Episoden mitgeteilt Der Kläger könne nicht drei Stunden täglich und mehr arbeiten, sei aber motiviert und versuche seine Nebentätigkeit zu halten.

Der Kläger hat zur weiteren Begründung der Berufung auf auszugsweise vorgelegte Urteile Bezug genommen und der Beklagten die Erstattung von 568,11 EUR (in 20 Monatsraten) angeboten; Die Beklagte hat dies abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.7.2010 und den Rentenbescheid der Beklagten vom 19.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.9.2009 insoweit aufzuheben, als darin der Rentenbescheid vom 18.8.2006 teilweise zurückgenommen und ihm aufgegeben wurde, für die Zeit vom 1.5.2006 bis 31.12.2007 überzahlte Rente in Höhe von 3.836,02 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Für den Abzug von Fahrtkosten in Ansehung der Hinzuverdienstgrenze gebe es keine Rechtsgrundlage. Der maßgebliche Bruttoverdienst sei durch die vorliegenden Verdienstbescheinigungen nachgewiesen. Die geltenden Hinzuverdienstgrenzen seien dem Kläger in den ergangenen Rentenbescheiden mitgeteilt worden. Bei Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielung von Einkommen) wäre überzahlte Rente nur in Höhe des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Einkommens zurückzufordern. Hier sei jedoch § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X (grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht) einschlägig. Damit könne der Rentenbescheid teilweise aufgehoben und die überzahlte Rente in voller Höhe zurückgefordert werden. Man sei allerdings bereit, Ratenzahlung einzuräumen.

Die Beklagte hat abschließend die Hinzuverdienstgrenzen bzw. deren Überschreitung unter Berücksichtigung des Zweimonatsprivilegs in § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI dargestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Erstattungsbetrag von 3.836,02 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat den Rentenbescheid vom 18.8.2006 rechtsfehlerfrei teilweise zurückgenommen und dem Kläger zu Recht die Erstattung in der Zeit vom 1.5.2006 bis 31.12.2007 zuviel gezahlter Rente aufgegeben.

I. Rechtsgrundlage der im Rentenbescheid vom 19.5.2009 (Widerspruchsbescheid vom 7.9.2009) verfügten (Teil-)Aufhebung des Rentenbescheids vom 18.8.2006 bzw. des Erstattungsverlangens ist § 45 Abs. 1 und 2 SGB X i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind erfüllt. Die Beklagte hat insbesondere die Bestimmung des § 96a SGB VI (i. V. m. § 100 Abs. 1 SGB VI) über das Zusammentreffen von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinzuverdienst rechtsfehlerfrei angewendet.

1.) § 45 SGB X regelt die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte, die bereits bei ihrem Erlass (Wirksamwerden gem. § 39 Abs. 1 SGB X) rechtswidrig sind (ursprüngliche Rechtswidrigkeit), während § 48 SGB X anzuwenden ist, wenn nach Erlass des (ursprünglich rechtmäßigen) Verwaltungsaktes wesentliche Änderungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht eintreten (nachträgliche Rechtswidrigkeit).

Gem. § 45 Abs. 1 SGB X darf ein (bereits bei seinem Erlass) rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - wie ein Rentenbescheid - nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X). Auf Vertrauen kann er sich gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X aber nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grobe Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Grobe Fahrlässigkeit liegt gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt worden ist. Notwendig ist, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. etwa BSG, Urt. v.8.2.2001, - B 11 AL 21/00 R -). Bezieher von Renten (Sozialleistungen nach § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) sind gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung (Rente) erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Das gilt insbesondere für die Erzielung von Hinzuverdienst. Darauf wird der Rentenbezieher in den Rentenbescheiden auch eingehend hingewiesen.

Die (teilweise) Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts steht im Ermessen der Behörde. Sie muss das Interesse des Versicherten am Behaltendürfen der rechtswidrig zuerkannten Leistung mit dem öffentlichen Interesse an deren Rückführung abwägen. Letzterem kommt grundsätzlich der Vorrang zu. Das folgt aus dem für alle Versicherungsträger geltenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 69 Abs. 2 SGB IV). Außerdem ist die Stundung oder Niederschlagung von Ansprüchen - wie Erstattungsansprüchen gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X - an enge Voraussetzungen gebunden (vgl. i. e. § 76 Abs. 2 SGB IV; auch BSG, Urt. v. 114.2002, - B 3 P 6/01 R – juris Rdnr. 21). Für eine von dieser gesetzlichen Wertung abweichende Ausübung des Rücknahmeermessens müssen damit erhebliche Gründe vorliegen, die für den Fortbestand einer rechtswidrig zuerkannten Sozialleistung sprechen. Hierfür kommen etwa grobes Verschulden der Behörde ohne Verschulden des Betroffenen oder eine besondere Härte oder die Unverhältnismäßigkeit der Rückforderung in Betracht (vgl. auch etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 27.1.2010, - L 1 KR 241/08 -). Hat der Versicherte Gesichtspunkte dieser Art nicht vorgetragen und sind solche auch sonst nicht ersichtlich, ist Rücknahmeermessen nicht zu betätigen (vgl. BSG, Urt. v. 6.9.1989, - 9/9a RVs 17/87-; Urt. v. 26.9.1990, - 9b/7 RAr 30/89 -).

Damit ist über die Frage, ob Ermessen ausgeübt werden kann und muss, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu befinden. Zunächst muss geklärt werden, ob das vom Versicherten betätigte Vertrauen in den Fortbestand des rechtswidrigen Beitragsbescheids schützenswert ist. Hierfür ist gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme der (rechtswidrigen) Begünstigung mit dem Interesse des Versicherten an deren Fortbestand vorzunehmen. Verbleiben danach keine Gesichtspunkte, die für das Ermessen Bedeutung haben könnten, so ist es auf Null reduziert (BSG, Urt. v. 5.11.1997, - 9 RV 20/96 -; Urt. v. 23.6.1993, - 9/9a RVs 1/92 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.6.2009, - L 10 KR 51/07 -), unbeschadet dessen, dass die Ermessensreduzierung auf Null im allgemeinen einen seltenen Ausnahmefall darstellt (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -). Sie kommt vor allem bei Bösgläubigkeit des Begünstigten im Sinne betrügerischen Verhaltens in Betracht (BSG, Urt. v. 11.4.2002, - B 3 P 8/01 R -; hierzu auch Senatsurteil vom 23.2.2011, - L 5 KR 5324/09 -). Ist der Verwaltungsakt gem. § 45 SGB X aufgehoben worden, sind bereits erbrachte Leistungen gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten.

2.) Das Zusammentreffen von Erwerbsminderungsrenten und Hinzuverdienst ist in § 96a SGB VI geregelt; anzuwenden ist die jeweils im streitigen (Erstattungs-)Zeitraum geltende Gesetzesfassung. Die Verfassungsmäßigkeit der Hinzuverdienstregelung ist in der Rechtsprechung geklärt (BVerfG, Beschl. v. 14.6.2007, - 1 BvR 154/05; auch BSG, Urt. v. 9.12.2010, - B 13 R 10/10 R - m.w.N.; LSG-Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.4.2011, - L 4 R 1119/09 -).

Gem. § 96a Abs. 1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird, wobei gem. § 199 Abs. 1 SGB VI jeweils auf den Monatsbeginn abzustellen ist. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze betrifft nicht unmittelbar den Rentenanspruch, sondern hat Auswirkungen allein auf die Rentenhöhe (BSG, Urt. v. 9.12.2010, B 13 R 10/10 R -). Die Hinzuverdienstgrenze wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in § 96a Abs. 2 SGB VI genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach § 96a Abs. 2 SGB V im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt (§ 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Für das gem. § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI privilegierte Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze gilt das so genannte Vormonatsprinzip. Danach ist Ausgangspunkt für die Prüfung, in welcher Höhe die Rente trotz eines Hinzuverdienstes zu zahlen ist, grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bzw. des ersten Monats des Zusammentreffens von Rente mit zu berücksichtigendem Hinzuverdienst eingehaltene (einfache) Hinzuverdienstgrenze. Die insoweit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze darf im Laufe eines jeden Kalenderjahres rentenunschädlich in zwei Kalendermonaten bis zur Höhe des Betrags, welcher der Hinzuverdienstgrenze entspricht, überschritten werden. Ob ein solches privilegiertes Überschreiten vorliegt, ist ausschließlich chronologisch ("linear") zu ermitteln, denn nach § 100 Abs. 1 SGB VI i. V. m. § 48 Abs. 1 SGB X ist die Rente in neuer Höhe zu leisten, sobald sich aus tatsächlichen (oder rechtlichen) Gründen die Voraussetzungen für die Höhe der Rente ändern. Die Prüfung, ob ein privilegiertes Überschreiten vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze. Denn ein "Überschreiten" i. S. des § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI setzt bei chronologischer Betrachtungsweise voraus, dass sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht. Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die (bisherige) Rente vom Rentenversicherungsträger ohne Weiteres in der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe (weiter) zu leisten. Ändert sich der Verdienst und wird hierdurch die im Vormonat noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten, ist weiter zu prüfen, ob das Überschreiten rentenunschädlich ist. Dies setzt voraus, dass der Hinzuverdienst innerhalb des Doppelten dieser Hinzuverdienstgrenze liegt; ein solches Überschreiten ist im Laufe eines Kalenderjahres in zwei Kalendermonaten zulässig. Aus welchen Gründen und durch welche Art von Einkünften die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, ist unbeachtlich (so BSG, Urt. v. 9.12.2010, - B 13 R 10/10 R ).

Gem. § 96a Abs. 1a Nr. 2 SGB VI wird eine Rente wegen voller Erwerbsminderung abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von drei Vierteln, in Höhe der Hälfte oder in Höhe eines Viertels gezahlt. Die Hinzuverdienstgrenze betrug in der hier maßgeblichen Zeit (1.5.2006 bis 31.12.2007) bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, die in voller Höhe geleistet wird, ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, bei Renten in Höhe von drei Vierteln das 15,6fache, in Höhe der Hälfte das 20,7fache und in Höhe eines Viertels das 25,8fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung, mindestens mit 1,5 Entgeltpunkten (§ 96a Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB VI a.F.). Maßgeblich war danach für die Rente in voller Höhe eine Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR, für die Rente in Höhe von drei Vierteln eine Hinzuverdienstgrenze von 766,83 EUR (Berechnung Senatsakte S. 38 ff.).

Was unter Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen i. S. d § 96a SGB VI zu verstehen ist, ist in §§ 14, 15 SGB IV geregelt; diese Vorschriften gelten auch für die gesetzliche Rentenversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Der Begriff des Arbeitsentgelts i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist mit dem steuerrechtlichen Begriff des Arbeitslohns nicht identisch. Für § 14 SGB IV gilt außerdem das Bruttolohnprinzip. Das folgt (u.a.) aus § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, wonach bei Vereinbarung eines Nettolohnes eine Hochrechnung auf den Bruttolohn vorzunehmen ist. Damit stellt das Gesetz für das Arbeitsentgelt nur auf die reine Einnahme ab, die im Unterschied zur Gewinnermittlung bei den Selbständigen (Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV) nicht um die Kosten und den Aufwand des Arbeitnehmers, um diese Einnahme zu erzielen, gemindert wird. Abgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und ähnliche Beträge sind vom Bruttolohn des Arbeitnehmers ohne eine dies ausdrücklich vorsehende Rechtsgrundlage daher nicht abzuziehen. Dadurch soll verhindert werden, dass Beschäftigte und Arbeitgeber durch Abschreibungen, Investitionen, Vermögensdispositionen und andere Abzüge vom Lohn die Versicherungs- und Beitragspflicht oder die Vorschriften über das Ruhen der Leistungsansprüche beim Zusammentreffen mit Einnahmen aus einer Beschäftigung umgehen (juris-PK/Werner, SGB IV § 14 Rdnr. 34 m. N. zur Rspr. des BSG). Der Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen ist ebenfalls Bestandteil des Bruttoarbeitsentgelts. Das folgt (u.a.) aus § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach der Eigenanteil dem Vermögen des Beschäftigten zugerechnet wird. Zum Bruttolohn gehört daher auch der Beitragsanteil eines geringfügig Beschäftigten, der auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hat (vgl. §§ 5 Abs. 2 Satz 2, 163 Abs. 8 SGB VI). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen die genannten Vorschriften nicht, auch nicht im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen.

II. Davon ausgehend sind die angefochtenen Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die im streitigen Zeitraum (1.5.2006 bis 31.12.2007) geltende Hinzuverdienstregelung in § 96a SGB VI a. F. (i. V. m. § 100 Abs. 1 SGB VI) zutreffend angewendet. Sie hat die seinerzeit einschlägige Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR (Vollrente) bzw. 766,83 EUR (Drei-Viertel-Rente) herangezogen und hinsichtlich der Höhe des Zuverdienstes zu Recht das dem Kläger zugeflossene Bruttoarbeitsentgelt angesetzt. Aufwendungen für Fahrten zur Arbeitsstätte sind im Hinblick auf das für § 14 SGB IV geltende Bruttoprinzip nicht abzuziehen. Auch der Anteil des (auf die Versicherungsfreiheit in der geringfügigen Beschäftigung verzichtenden) Klägers am Rentenversicherungsbeitrag kann nicht entgeltmindernd berücksichtigt werden. Er gehört ebenfalls zu seinem Bruttoarbeitsentgelt nach § 14 SGB IV.

Der Kläger hat die Hinzuverdienstgrenze für die Vollrente (350 EUR) erstmals ab März 2006 mit einem Hinzuverdienst von 370 EUR überschritten, was für März und April 2006 im Hinblick auf das Zweimonatsprivileg des § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI noch unschädlich war (doppelte Hinzuverdienstgrenze 700 EUR), jedoch ab Mai 2006 zur Verminderung der Rente auf drei Viertel der Vollrente führen musste (§ 96a Abs. 1 a Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3a SGB VI). Dabei blieb es für die Folgezeit bis Dezember 2007. Nach Maßgabe des Vormonatsprinzips war jeweils auf die im Vormonat geltende Hinzuverdienstgrenze - jetzt von 766,83 EUR für die Drei-Viertel-Rente - abzustellen, die mit dem Hinzuverdienst nicht überschritten wurde. Berechnungsfehler sind im Übrigen weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Da dem Kläger danach Erwerbsminderungsrente nur zu drei Vierteln geleistet werden durfte, ist im Rentenbescheid vom 18.8.2006 für die streitige Zeit rechtswidrig ein zu hoher Zahlbetrag festgesetzt worden. Der Rentenbescheid war insoweit bereits bei seinem Erlass (Wirksamwerden) teilweise rechtswidrig, so dass sich die (Teil-)Aufhebung nicht nach § 48 SGB X, sondern nach § 45 SGB X richtet. Die Beklagte durfte den Rentenbescheid, soweit er rechtswidrig war, gem. § 45 Abs. 1 und 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen. Er ist in den zuvor ergangenen Rentenbescheiden jeweils darauf hingewiesen worden, dass ihm die volle Erwerbsminderungsrente nur zusteht, wenn ein Hinzuverdienst (u.a.) aus abhängiger Tätigkeit die in den Bescheiden betragsmäßig benannten Hinzuverdienstgrenzen (von hier 350 EUR) nicht überschreitet und dass es hierfür auf den Bruttobetrag des Hinzuverdienstes ankommt. Der Kläger hätte daher wissen müssen, dass ihm die Erwerbsminderungsrente ab Mai 2006 nicht mehr in voller Höhe zustehen kann. Er hätte der Beklagten auch unverzüglich den seit 2006 höheren Hinzuverdienst (als noch im Jahr 2005) mitteilen müssen. Dabei hat er den jeweiligen Sachverhalt mitzuteilen; welche rechtlichen Schlussfolgerungen daraus für die Rentenberechnung im Einzelnen zu ziehen sind, ist Sache der Beklagten. Sollte er sich ungeachtet der unmissverständlichen Hinweise in den Rentenbescheiden über die Einzelheiten zur Festlegung des Bruttohinzuverdienstes im Unklaren gewesen sein, hätte er deswegen bei der Beklagten nachfragen müssen.

Die Unkenntnis der teilweisen Rechtswidrigkeit des Rentenbescheids vom 18.8.2006 beruhte auch auf grober Fahrlässigkeit. Der Kläger ist gelernter Kaufmann, hatte als solcher bis 2000 gearbeitet und übt außerdem auch nach der Berentung bei seinem vormaligen Arbeitgeber noch eine entsprechende geringfügige Beschäftigung aus. Es ist daher nichts ersichtlich, was ihn daran gehindert hätte, die den Rentenbescheiden beigefügten Mitteilungen zum Hinzuverdienst zu lesen und deren Inhalt zu erfassen. Er hat in der Vergangenheit auch Verdienstbescheinigungen (zu einem die Hinzuverdienstgrenze noch unterschreitenden Arbeitsentgelt im Jahr 2005) vorgelegt und bspw. bei der Beklagten Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt angefordert. An all dem hindern ihn seine Erkrankungen (rezidivierende depressive Störung, Schlafapnoe mit Tagesmüdigkeit) nicht, die Im Übrigen der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung bei seinem letzten Arbeitgeber ebenfalls nicht entgegenstanden bzw. entgegenstehen.

Die Beklagte hat das Rücknahmeermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Sie ist von Rechts wegen nicht verpflichtet, es ganz oder teilweise beim Fortbestand der rechtswidrigen Rentenleistung im Bescheid vom 18.8.2006 zu belassen. Das Ausmaß des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze ist dafür nicht von Belang. Im Übrigen ist die Berechnung des Klägers insoweit nicht zutreffend, als es nach dem Gesagten auf den Bruttobetrag des Arbeitsentgelts und nicht auf den vom Kläger in seine Berechnung eingestellten Nettobetrag ankommt und hinsichtlich der Privilegierung gem. § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI das Vormonatsprinzip gilt. Eine saldierende Betrachtung und Verteilung von Überschreitungsbeträgen auf den Gesamtprivilegierungsbetrag ist nicht möglich. Die Beklagte hat dem Kläger - abhängig von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen - Ratenzahlung angeboten. Zu einem weiteren Entgegenkommen ist sie nicht verpflichtet.

Die Beklagte hat schließlich auch die einschlägigen Verfahrensbestimmungen beachtet, den Kläger vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids insbesondere angehört (§ 24 Abs. 1 SGB X) und die einjährige Rücknahmefrist (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) gewahrt.

Der Kläger ist nach alledem verpflichtet, die rechtswidrig zuviel erhaltene Rente gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Ob der Erstattungsanspruch ggf. niedergeschlagen oder erlassen werden kann (§ 76 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB IV) ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Hierüber wäre zunächst ein entsprechendes Verwaltungsverfahren durchzuführen.

III. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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