Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 4848/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2251/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersrente ohne Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % nach § 22 Abs. 4 Fremdrentengesetz (FRG).
Die 1938 geborene Klägerin kam am 2.10.1972 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist im Besitz des Vertriebenenausweises A.
Mit Bescheid vom 31.8.1976 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden Versicherungszeiten der Klägerin fest, wobei sie die in R. vom 5.12.1954 bis 7.9.1972 zurückgelegten Versicherungszeiten als glaubhaft gemacht berücksichtigte. Am 27.9.1985 erließ die LVA Baden einen weiteren Bescheid.
Mit Bescheid vom 10.10.1997 stellte die LVA Baden die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31.12.1990, als für die Beteiligten verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren.
Hiergegen legte die Klägerin am 27.10.1997 Widerspruch ein, wandte sich gegen 1.) die Kürzung um 1/6, 2.) die Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % und begehrte 3.) die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten zusätzlich zu den Beitragszeiten.
Die LVA Baden erklärte sich nach Rücknahme des Widerspruchs zu Ziffer 1 bereit, dieses Begehren als Überprüfungsantrag gegen den Bescheid vom 31.8.1976 zu werten und hierüber zu entscheiden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.1.1998 wies die LVA Baden den Widerspruch (bezüglich Ziffer 2 und 3) zurück.
Mit Bescheid vom 10.8.1998 lehnte die LVA Baden die Rücknahme des Bescheides vom 31.8.1976 und die Berücksichtigung ungekürzter Entgeltpunkte für in R. zurückgelegten Zeiten ab, da die vorgelegte Adeverinta lediglich als Mittel der Glaubhaftmachung anzusehen sei. Hiergegen legte die Klägerin am 7.9.1998 Widerspruch ein.
Am 22.9.1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Altersrente für Frauen.
Mit Bescheid vom 27.11.1998 gewährte die LVA Baden der Klägerin ab 1.1.1999 Altersrente für Frauen mit einem monatlichen Zahlbetrag von DM 1.207,79. Dabei berücksichtigte sie die in R. zurückgelegten Beitragszeiten vom 1.9.1953 bis 30.8.1958, vom 1.1.1960 bis 22.10.1962 und vom 13.2.1963 bis 7.9.1972 als glaubhaft gemacht zu 5/6 und nahm eine Kürzung der Entgeltpunkte auf 60 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG vor.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.12.1998 Widerspruch ein und wandte sich dagegen, dass die in R. zurückgelegten Beitragszeiten nur zu 5/6 berücksichtigt und die Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 multipliziert worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 wies die LVA Baden den Widerspruch vom 7.9.1998 als unbegründet und den Widerspruch vom 14.12.1998 als unzulässig zurück. Ferner führte sie aus, auch in Bezug auf den 40 % Abschlag der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG müsse dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben.
Hiergegen hat die Klägerin am 24.3.1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg (S 4 RJ 875/99) erhoben. Nach Ruhen und Fortführung des Verfahrens unter dem Az. S 11 RJ 2980/01 erklärte sich die LVA Baden-Württemberg, Rechtsnachfolgerin der LVA Baden, bereit, die Beitrags- und Beschäftigungszeiten vom 1.9.1953 – 30.9.1956, 1.10.1956 – 2.2.1957, 3.2.1957 – 30.8.1958, 15.4.1960 – 21.1.1964 und 16.11.1971 – 7.9.1972 als nachgewiesen zu 6/6 zu berücksichtigen. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis mit Schreiben vom 9.1.2002 an und begehrte die Erstattung der außergerichtlichen Kosten von der Beklagten. Mit Beschluss vom 24.4.2002 entschied das SG, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten habe.
Mit Schreiben vom 5.11.2008, eingegangen am 7.11.2008, wandte sich die Klägerin an die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (Beklagte, Rechtsnachfolgerin der LVA Baden-Württemberg) und machte geltend, sie habe die 40 %-Rentenkürzung angefochten, aber bis heute keinen Bescheid erhalten.
Mit Bescheid vom 19.11.2008 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, im Rahmen des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 sei in Art. 6 § 4c Abs. 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) eine Vertrauensschutzvorschrift eingefügt worden. Voraussetzung für die Anwendung sei, dass über einen Rentenantrag oder einen bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Der Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides sei am 7.11.2008 und damit erst nach dem 31.12.2004 gestellt worden. Das seit dem 24.3.1999 vor dem SG Freiburg anhängig gewesene Klageverfahren sei durch das am 12.12.2001 abgegebene Anerkenntnis und die anschließende Neufeststellung der Rente mit Bescheid vom 28.5.2002 beendet gewesen.
Hiergegen legte die Klägerin am 17.12.2008 Widerspruch ein und machte geltend, sie habe gegen den Bescheid vom 27.11.1998 sowohl hinsichtlich der 5/6-Kürzung als auch hinsichtlich der Multiplikation mit dem Faktor 0,6 Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch vom 14.12.1998 sei als unzulässig zurückgewiesen worden. Das bedeute, dass über den Grund noch nicht entschieden worden sei. Da der Widerspruch nicht unzulässig gewesen sei, sondern sich gegen den Rentenbescheid gerichtet habe, sei dieser nach wie vor anhängig. Im Klageverfahren sei lediglich über die Kürzung um 1/6 entschieden worden. Nur insoweit sei ein Anerkenntnis abgegeben worden. Nur diese sei Streitgegenstand gewesen, so dass das Widerspruchsverfahren nach wie vor anhängig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.9.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Verfahren vor dem SG Freiburg (S 11 RJ 2980/01) sei durch Annahme des Anerkenntnisses vom 12.12.2001 am 9.1.2002 in der Hauptsache erledigt worden. Die Frage der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens gewesen. Insoweit sei der Bescheid vom 27.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 nicht angefochten worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.9.2009 Klage zum SG Freiburg (S 4 R 4848/09) erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente ohne Kürzung auf 60 % weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Kürzung der Entgeltpunkte auf 60 % sei im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes verfassungswidrig. In dem von der Beklagten zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 habe es sich um ein völlig anderes Verfahren gehandelt. Im vorliegenden Verfahren handle es sich aber um Personen, die als Betroffene des 2. Weltkrieges in der ehemaligen Sowjetunion gegen ihren Willen festgehalten worden seien und auch nachher ihren Wohnsitz nicht frei in Deutschland hätten nehmen können. Die von ihr an den ausländischen Versicherungsträger geleisteten Beiträge stünden den Beiträgen in der BRD gleich. Ihre Anwartschaft stehe unter dem Schutz von Art. 14 Grundgesetz (GG). Kürzungen der Entgeltpunkte um 40 % seien bei dem Personenkreis der Spätaussiedler nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.2.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Zugunstenentscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und auf Gewährung einer Rente ohne Abzug gemäß § 22 Abs. 4 FRG. Die Klägerin gehöre als Vertriebene aus R. mit Bundesvertriebenenausweis – und nicht als Spätaussiedlerin aus der ehemaligen Sowjetunion – zu dem nach § 1 S. 1 Nr. 1a FRG vom Fremdrentengesetz erfassten Personenkreis. Mit der Einführung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.9.1996 sei das Eingliederungsprinzip aufgegeben und der schon vom Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25.7.1991 eingeführte prozentuale Abschlag von 30 % auf 40 % erhöht worden. Mit Beschluss vom 13.6.2006 habe das Bundesverfassungsgericht die Absenkung der auf dem FRG beruhenden Entgeltpunkte um 40 % grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt, jedoch die damalige Übergangsregelung nicht für ausreichend gehalten. Auf diese Entscheidung hin habe der Gesetzgeber mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG eine neue Regelung geschaffen. Diese Vorschrift finde vorliegend jedoch keine Anwendung. Es fehle an einem Rentenantrag oder einem bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides, über den am 30.6.2006 noch nicht entschieden worden sei. Am Stichtag "30. Juni 2006" sei kein Antrag der Klägerin anhängig gewesen. Über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente habe die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.1998 entschieden. Dieser Bescheid sei auch – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 und des Änderungsbescheides vom 27.5.2002 – bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe sich im Klageverfahren S 4 RJ 875/99 (nach Wiederanrufung S 11 RJ 2980/01) gegen den Bescheid vom 10.8.1998 und vom 27.11.1998, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999, gewandt. Die Klägerin habe das Anerkenntnis in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 9.1.2002 – eingegangen bei Gericht am 10.1.2002 – angenommen. Die Annahme des Anerkenntnisses habe zur Erledigung des Rechtsstreits geführt (§ 101 Abs. 2 SGG). Der angefochtene Bescheid sei in der Folge in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.5.2002 (richtig: 28.5.2002) bestandskräftig geworden. Die nach alledem mangels Anwendbarkeit der Übergangsregelung im Falle der Klägerin vorzunehmende Kürzung auf 60 % durch § 22 FRG sei ebenfalls verfassungsgemäß. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.3.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.3.2010 Berufung eingelegt, auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und dieses vertieft. Die Kürzung ihrer Rente verstoße gegen Art. 14 GG und gegen Art. 3 GG. Eine Kürzung ihrer Rentenanwartschaften mit dem Faktor 0,6 führe zu einer willkürlichen Benachteiligung
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 27. November 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999, geändert durch den Bescheid vom 28. Mai 2002, Altersrente ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG auf sämtliche in R. zurückgelegte Zeiten, hilfsweise auf Zeiten der Ausbildung, Flucht und Vertreibung und andere Ersatz- und Zurechnungszeiten, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine relevanten Erkenntnisse. Es werde auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 27.11.1998, geändert durch den Bescheid vom 28.5.2002, und auf Gewährung von Altersrente für Frauen ohne Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass entgegen § 22 Abs. 4 FRG keine Absenkung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten nach dem FRG erfolgt und dass die Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG im Fall der Klägerin keine Anwendung findet. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin weder nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG noch nach der Rechtsfolgeanordnung des Bundesverfassungsgerichts und auch nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Rentenbescheides vom 27.11.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 28.5.2002 hat. Das Überprüfungsbegehren der Klägerin scheitert daran, dass die ab 1.1.1999 vorgenommene Absenkung der Entgeltpunkte für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG ohne Ausgleich gesetzesform und verfassungsgemäß ist.
§ 22 Abs. 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 3 Nr. 4 Buchst. b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461), der am 7.5.1996 in Kraft getreten ist und die Absenkung um 40 % vorsieht, hat die Beklagte zutreffend angewandt. Eine günstigere Rechtsposition ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der durch Art. 16 Nr. 2 Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 1.10.1996 (Art. 27 Abs. 2 a.a.O.) eingeführten Bestimmung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG (2007), die auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.2006 zurückzuführen ist. Denn es lag kein Rentenantrag und auch kein bis zum 31.12.2004 gestellter Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides vom 27.11.1998, geändert durch den Bescheid vom 28.5.2002, vor, über den am 30.6.2006 noch nicht entschieden worden war.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hatte die LVA Baden mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 auch über den Widerspruch der Klägerin vom 14.12.1998 hinsichtlich der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 entschieden. Unerheblich ist dabei, ob sie im Verfügungssatz den Widerspruch insoweit zu Recht – wie den Widerspruch gegen die 5/6-Kürzung – als unzulässig zurückgewiesen hat, zumal sie in der Begründung des Widerspruchsbescheides nicht auf die Unzulässigkeit des diesbezüglichen Widerspruchs abgestellt, sondern ausgeführt hat, auch in Bezug auf den 40 %-Abschlag der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG müsse dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben. Denn entscheidend ist, dass die Klägerin – nach ihren eigenen Angaben – den Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 mit der Klage vom 24.3.1999 (S 4 RJ 895/99 bzw. S 11 RJ 2980/01) lediglich hinsichtlich der 5/6-Kürzung angefochten hat, so dass der Bescheid vom 27.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hinsichtlich der 40 %-Kürzung bindend geworden ist.
Aber selbst wenn man – entgegen dem eigenen Vortrag der Klägerin – den Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 sowohl hinsichtlich der 5/6-Kürzung als auch hinsichtlich der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 als angefochten ansehen könnte, was sich mangels eines konkreten Klageantrags und einer Klagebegründung nicht feststellen lässt, hätte die Klägerin durch Annahme des Anerkenntnisses der LVA Baden-Württemberg zur Erledigung des Klageverfahrens, und nicht nur als Teilanerkenntnis unter Fortführung des Klageverfahrens, insoweit konkludent ihr Klagebegehren beschränkt und die Klage insoweit zurückgenommen. Hierfür spräche auch, dass die Klägerin begehrt hat, der LVA Baden-Württemberg die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, was die Erledigung des Klageverfahrens voraussetzte.
Einen Verstoß gegen Art. 14 und Art. 3 GG vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.6.2006 (1 BvL 9/00 u. a.) ausgeführt hat, dass die durch § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG vom 25.9.1996 erfolgte Absenkung der auf den FRG-Gesetzen beruhenden Entgeltpunkte auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn die Rentenanwartschaften, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der BRD beruhen, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterstellen wären. Die mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG 2007 getroffene Übergangsregelung wird auch nach Auffassung des Senats den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen gerecht. Damit schließt sich der Senat der vom BSG vertretenen Rechtsauffassung an (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R in Juris; Urteile vom 25.2.2010 – B 13 R 61/09 – in SozR 4-5050 § 22 Nr. 10 und vom 20.10.2009 – B 5 R 38/08 R in SozR 4-5050 § 22 Nr. 9 und in Juris), die ebenfalls von zahlreichen Landessozialgerichten vertreten wird (siehe Urteil des Senats vom 13.5.2011 – L 9 R 2001/10 – m.w.N.).
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin vorträgt, die Klägerin sei als Betroffene des 2. Weltkrieges in der ehemaligen Sowjetunion gegen ihren Willen festgehalten worden und habe auch nachher ihren Wohnsitz nicht frei in Deutschland nehmen können, weswegen die Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % bei dem Personenkreis der Spätaussiedler nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren sei, übersieht er zunächst, dass die Klägerin aus R. zugezogen ist und angesichts ihres Zuzugs am 2.10.1972 schon nicht Spätaussiedlerin ist. Unabhängig hiervon findet § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG nicht wegen der späten Zuzugs der Klägerin, sondern wegen des späteren Rentenbeginns (nach dem 1.10.1996) Anwendung.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Berücksichtigung der Zeiten der Ausbildung, Flucht und Vertreibung und anderer Ersatz- oder Zurechnungszeiten ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass die LVA Baden im Rentenbescheid vom 27.11.1998 die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 1.1.1960 bis 31.12.1960 ohne Kürzung um 40 % berücksichtigt hat. Bei den Zeiten der Vertreibung und Flucht handelt es sich um Ersatzzeiten nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und nicht um Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG, so dass § 22 Abs. 4 FRG von vornherein keine Anwendung findet.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin müsste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersrente ohne Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % nach § 22 Abs. 4 Fremdrentengesetz (FRG).
Die 1938 geborene Klägerin kam am 2.10.1972 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist im Besitz des Vertriebenenausweises A.
Mit Bescheid vom 31.8.1976 stellte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden Versicherungszeiten der Klägerin fest, wobei sie die in R. vom 5.12.1954 bis 7.9.1972 zurückgelegten Versicherungszeiten als glaubhaft gemacht berücksichtigte. Am 27.9.1985 erließ die LVA Baden einen weiteren Bescheid.
Mit Bescheid vom 10.10.1997 stellte die LVA Baden die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31.12.1990, als für die Beteiligten verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren.
Hiergegen legte die Klägerin am 27.10.1997 Widerspruch ein, wandte sich gegen 1.) die Kürzung um 1/6, 2.) die Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % und begehrte 3.) die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten zusätzlich zu den Beitragszeiten.
Die LVA Baden erklärte sich nach Rücknahme des Widerspruchs zu Ziffer 1 bereit, dieses Begehren als Überprüfungsantrag gegen den Bescheid vom 31.8.1976 zu werten und hierüber zu entscheiden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.1.1998 wies die LVA Baden den Widerspruch (bezüglich Ziffer 2 und 3) zurück.
Mit Bescheid vom 10.8.1998 lehnte die LVA Baden die Rücknahme des Bescheides vom 31.8.1976 und die Berücksichtigung ungekürzter Entgeltpunkte für in R. zurückgelegten Zeiten ab, da die vorgelegte Adeverinta lediglich als Mittel der Glaubhaftmachung anzusehen sei. Hiergegen legte die Klägerin am 7.9.1998 Widerspruch ein.
Am 22.9.1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Altersrente für Frauen.
Mit Bescheid vom 27.11.1998 gewährte die LVA Baden der Klägerin ab 1.1.1999 Altersrente für Frauen mit einem monatlichen Zahlbetrag von DM 1.207,79. Dabei berücksichtigte sie die in R. zurückgelegten Beitragszeiten vom 1.9.1953 bis 30.8.1958, vom 1.1.1960 bis 22.10.1962 und vom 13.2.1963 bis 7.9.1972 als glaubhaft gemacht zu 5/6 und nahm eine Kürzung der Entgeltpunkte auf 60 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG vor.
Hiergegen legte die Klägerin am 14.12.1998 Widerspruch ein und wandte sich dagegen, dass die in R. zurückgelegten Beitragszeiten nur zu 5/6 berücksichtigt und die Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 multipliziert worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 wies die LVA Baden den Widerspruch vom 7.9.1998 als unbegründet und den Widerspruch vom 14.12.1998 als unzulässig zurück. Ferner führte sie aus, auch in Bezug auf den 40 % Abschlag der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG müsse dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben.
Hiergegen hat die Klägerin am 24.3.1999 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg (S 4 RJ 875/99) erhoben. Nach Ruhen und Fortführung des Verfahrens unter dem Az. S 11 RJ 2980/01 erklärte sich die LVA Baden-Württemberg, Rechtsnachfolgerin der LVA Baden, bereit, die Beitrags- und Beschäftigungszeiten vom 1.9.1953 – 30.9.1956, 1.10.1956 – 2.2.1957, 3.2.1957 – 30.8.1958, 15.4.1960 – 21.1.1964 und 16.11.1971 – 7.9.1972 als nachgewiesen zu 6/6 zu berücksichtigen. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis mit Schreiben vom 9.1.2002 an und begehrte die Erstattung der außergerichtlichen Kosten von der Beklagten. Mit Beschluss vom 24.4.2002 entschied das SG, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten habe.
Mit Schreiben vom 5.11.2008, eingegangen am 7.11.2008, wandte sich die Klägerin an die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (Beklagte, Rechtsnachfolgerin der LVA Baden-Württemberg) und machte geltend, sie habe die 40 %-Rentenkürzung angefochten, aber bis heute keinen Bescheid erhalten.
Mit Bescheid vom 19.11.2008 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, im Rahmen des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 sei in Art. 6 § 4c Abs. 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) eine Vertrauensschutzvorschrift eingefügt worden. Voraussetzung für die Anwendung sei, dass über einen Rentenantrag oder einen bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides am 30.6.2006 noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Der Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides sei am 7.11.2008 und damit erst nach dem 31.12.2004 gestellt worden. Das seit dem 24.3.1999 vor dem SG Freiburg anhängig gewesene Klageverfahren sei durch das am 12.12.2001 abgegebene Anerkenntnis und die anschließende Neufeststellung der Rente mit Bescheid vom 28.5.2002 beendet gewesen.
Hiergegen legte die Klägerin am 17.12.2008 Widerspruch ein und machte geltend, sie habe gegen den Bescheid vom 27.11.1998 sowohl hinsichtlich der 5/6-Kürzung als auch hinsichtlich der Multiplikation mit dem Faktor 0,6 Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch vom 14.12.1998 sei als unzulässig zurückgewiesen worden. Das bedeute, dass über den Grund noch nicht entschieden worden sei. Da der Widerspruch nicht unzulässig gewesen sei, sondern sich gegen den Rentenbescheid gerichtet habe, sei dieser nach wie vor anhängig. Im Klageverfahren sei lediglich über die Kürzung um 1/6 entschieden worden. Nur insoweit sei ein Anerkenntnis abgegeben worden. Nur diese sei Streitgegenstand gewesen, so dass das Widerspruchsverfahren nach wie vor anhängig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.9.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Verfahren vor dem SG Freiburg (S 11 RJ 2980/01) sei durch Annahme des Anerkenntnisses vom 12.12.2001 am 9.1.2002 in der Hauptsache erledigt worden. Die Frage der Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens gewesen. Insoweit sei der Bescheid vom 27.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 nicht angefochten worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.9.2009 Klage zum SG Freiburg (S 4 R 4848/09) erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente ohne Kürzung auf 60 % weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Kürzung der Entgeltpunkte auf 60 % sei im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes verfassungswidrig. In dem von der Beklagten zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 habe es sich um ein völlig anderes Verfahren gehandelt. Im vorliegenden Verfahren handle es sich aber um Personen, die als Betroffene des 2. Weltkrieges in der ehemaligen Sowjetunion gegen ihren Willen festgehalten worden seien und auch nachher ihren Wohnsitz nicht frei in Deutschland hätten nehmen können. Die von ihr an den ausländischen Versicherungsträger geleisteten Beiträge stünden den Beiträgen in der BRD gleich. Ihre Anwartschaft stehe unter dem Schutz von Art. 14 Grundgesetz (GG). Kürzungen der Entgeltpunkte um 40 % seien bei dem Personenkreis der Spätaussiedler nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.2.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Zugunstenentscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und auf Gewährung einer Rente ohne Abzug gemäß § 22 Abs. 4 FRG. Die Klägerin gehöre als Vertriebene aus R. mit Bundesvertriebenenausweis – und nicht als Spätaussiedlerin aus der ehemaligen Sowjetunion – zu dem nach § 1 S. 1 Nr. 1a FRG vom Fremdrentengesetz erfassten Personenkreis. Mit der Einführung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.9.1996 sei das Eingliederungsprinzip aufgegeben und der schon vom Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25.7.1991 eingeführte prozentuale Abschlag von 30 % auf 40 % erhöht worden. Mit Beschluss vom 13.6.2006 habe das Bundesverfassungsgericht die Absenkung der auf dem FRG beruhenden Entgeltpunkte um 40 % grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt, jedoch die damalige Übergangsregelung nicht für ausreichend gehalten. Auf diese Entscheidung hin habe der Gesetzgeber mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG eine neue Regelung geschaffen. Diese Vorschrift finde vorliegend jedoch keine Anwendung. Es fehle an einem Rentenantrag oder einem bis zum 31.12.2004 gestellten Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides, über den am 30.6.2006 noch nicht entschieden worden sei. Am Stichtag "30. Juni 2006" sei kein Antrag der Klägerin anhängig gewesen. Über den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente habe die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.1998 entschieden. Dieser Bescheid sei auch – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 und des Änderungsbescheides vom 27.5.2002 – bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe sich im Klageverfahren S 4 RJ 875/99 (nach Wiederanrufung S 11 RJ 2980/01) gegen den Bescheid vom 10.8.1998 und vom 27.11.1998, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999, gewandt. Die Klägerin habe das Anerkenntnis in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 9.1.2002 – eingegangen bei Gericht am 10.1.2002 – angenommen. Die Annahme des Anerkenntnisses habe zur Erledigung des Rechtsstreits geführt (§ 101 Abs. 2 SGG). Der angefochtene Bescheid sei in der Folge in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.5.2002 (richtig: 28.5.2002) bestandskräftig geworden. Die nach alledem mangels Anwendbarkeit der Übergangsregelung im Falle der Klägerin vorzunehmende Kürzung auf 60 % durch § 22 FRG sei ebenfalls verfassungsgemäß. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 1.3.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.3.2010 Berufung eingelegt, auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und dieses vertieft. Die Kürzung ihrer Rente verstoße gegen Art. 14 GG und gegen Art. 3 GG. Eine Kürzung ihrer Rentenanwartschaften mit dem Faktor 0,6 führe zu einer willkürlichen Benachteiligung
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 27. November 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 1999, geändert durch den Bescheid vom 28. Mai 2002, Altersrente ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG auf sämtliche in R. zurückgelegte Zeiten, hilfsweise auf Zeiten der Ausbildung, Flucht und Vertreibung und andere Ersatz- und Zurechnungszeiten, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine relevanten Erkenntnisse. Es werde auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Bescheides vom 27.11.1998, geändert durch den Bescheid vom 28.5.2002, und auf Gewährung von Altersrente für Frauen ohne Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass entgegen § 22 Abs. 4 FRG keine Absenkung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten nach dem FRG erfolgt und dass die Übergangsregelung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG im Fall der Klägerin keine Anwendung findet. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin weder nach Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG noch nach der Rechtsfolgeanordnung des Bundesverfassungsgerichts und auch nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Abänderung des bestandskräftigen Rentenbescheides vom 27.11.1998 in der Gestalt des Bescheides vom 28.5.2002 hat. Das Überprüfungsbegehren der Klägerin scheitert daran, dass die ab 1.1.1999 vorgenommene Absenkung der Entgeltpunkte für nach dem FRG anerkannte Beitragszeiten um 40 % gemäß § 22 Abs. 4 FRG ohne Ausgleich gesetzesform und verfassungsgemäß ist.
§ 22 Abs. 4 FRG in der hier maßgeblichen Fassung von Art. 3 Nr. 4 Buchst. b Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461), der am 7.5.1996 in Kraft getreten ist und die Absenkung um 40 % vorsieht, hat die Beklagte zutreffend angewandt. Eine günstigere Rechtsposition ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der durch Art. 16 Nr. 2 Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) rückwirkend zum 1.10.1996 (Art. 27 Abs. 2 a.a.O.) eingeführten Bestimmung des Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG (2007), die auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.2006 zurückzuführen ist. Denn es lag kein Rentenantrag und auch kein bis zum 31.12.2004 gestellter Antrag auf Rücknahme des Rentenbescheides vom 27.11.1998, geändert durch den Bescheid vom 28.5.2002, vor, über den am 30.6.2006 noch nicht entschieden worden war.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hatte die LVA Baden mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 auch über den Widerspruch der Klägerin vom 14.12.1998 hinsichtlich der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 entschieden. Unerheblich ist dabei, ob sie im Verfügungssatz den Widerspruch insoweit zu Recht – wie den Widerspruch gegen die 5/6-Kürzung – als unzulässig zurückgewiesen hat, zumal sie in der Begründung des Widerspruchsbescheides nicht auf die Unzulässigkeit des diesbezüglichen Widerspruchs abgestellt, sondern ausgeführt hat, auch in Bezug auf den 40 %-Abschlag der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG müsse dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben. Denn entscheidend ist, dass die Klägerin – nach ihren eigenen Angaben – den Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 mit der Klage vom 24.3.1999 (S 4 RJ 895/99 bzw. S 11 RJ 2980/01) lediglich hinsichtlich der 5/6-Kürzung angefochten hat, so dass der Bescheid vom 27.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hinsichtlich der 40 %-Kürzung bindend geworden ist.
Aber selbst wenn man – entgegen dem eigenen Vortrag der Klägerin – den Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 sowohl hinsichtlich der 5/6-Kürzung als auch hinsichtlich der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 als angefochten ansehen könnte, was sich mangels eines konkreten Klageantrags und einer Klagebegründung nicht feststellen lässt, hätte die Klägerin durch Annahme des Anerkenntnisses der LVA Baden-Württemberg zur Erledigung des Klageverfahrens, und nicht nur als Teilanerkenntnis unter Fortführung des Klageverfahrens, insoweit konkludent ihr Klagebegehren beschränkt und die Klage insoweit zurückgenommen. Hierfür spräche auch, dass die Klägerin begehrt hat, der LVA Baden-Württemberg die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, was die Erledigung des Klageverfahrens voraussetzte.
Einen Verstoß gegen Art. 14 und Art. 3 GG vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13.6.2006 (1 BvL 9/00 u. a.) ausgeführt hat, dass die durch § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG vom 25.9.1996 erfolgte Absenkung der auf den FRG-Gesetzen beruhenden Entgeltpunkte auch dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn die Rentenanwartschaften, die auf rentenrechtlichen Zeiten sowohl in den Herkunftsgebieten als auch in der BRD beruhen, als Gesamtrechtsposition insgesamt dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu unterstellen wären. Die mit Art. 6 § 4c Abs. 2 FANG 2007 getroffene Übergangsregelung wird auch nach Auffassung des Senats den vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen gerecht. Damit schließt sich der Senat der vom BSG vertretenen Rechtsauffassung an (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 90/09 R in Juris; Urteile vom 25.2.2010 – B 13 R 61/09 – in SozR 4-5050 § 22 Nr. 10 und vom 20.10.2009 – B 5 R 38/08 R in SozR 4-5050 § 22 Nr. 9 und in Juris), die ebenfalls von zahlreichen Landessozialgerichten vertreten wird (siehe Urteil des Senats vom 13.5.2011 – L 9 R 2001/10 – m.w.N.).
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin vorträgt, die Klägerin sei als Betroffene des 2. Weltkrieges in der ehemaligen Sowjetunion gegen ihren Willen festgehalten worden und habe auch nachher ihren Wohnsitz nicht frei in Deutschland nehmen können, weswegen die Kürzung der Entgeltpunkte um 40 % bei dem Personenkreis der Spätaussiedler nicht mit Art. 3 GG zu vereinbaren sei, übersieht er zunächst, dass die Klägerin aus R. zugezogen ist und angesichts ihres Zuzugs am 2.10.1972 schon nicht Spätaussiedlerin ist. Unabhängig hiervon findet § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des WFG nicht wegen der späten Zuzugs der Klägerin, sondern wegen des späteren Rentenbeginns (nach dem 1.10.1996) Anwendung.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Berücksichtigung der Zeiten der Ausbildung, Flucht und Vertreibung und anderer Ersatz- oder Zurechnungszeiten ohne Anwendung von § 22 Abs. 4 FRG begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass die LVA Baden im Rentenbescheid vom 27.11.1998 die Zeit der beruflichen Ausbildung vom 1.1.1960 bis 31.12.1960 ohne Kürzung um 40 % berücksichtigt hat. Bei den Zeiten der Vertreibung und Flucht handelt es sich um Ersatzzeiten nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und nicht um Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach dem FRG, so dass § 22 Abs. 4 FRG von vornherein keine Anwendung findet.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin müsste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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